Comfortable Collision von Nihilnisi ================================================================================ Kapitel 1: Finde mich! ---------------------- Unbekümmert, aber frierend schlenderte Akira den alltäglichen Weg zur Bushaltestelle entlang. Seine kleinen Füße hinterließen leichte Spuren in der strahlend weißen Schneedecke, die auf dem Gehweg lag. Seine Wangen waren beinahe blutrot, seine Finger taub, und doch lag ein seichtes Lächeln auf seinen Lippen. Schließlich war es der letzte Tag vor den Ferien, wie konnte Akira da schlechte Laune haben? Er würde die paar Stunden unterricht noch mit Mühe überleben, und sich dann mit voller Wucht auf sein warmes, weiches Bett werfen und einfach nur dahindösen. Er hatte seine ganzen Ferien durchgeplant: In der ersten Woche würde er zusammen mit seiner Familie nach Hokkaido fliegen, die Woche danach war an jedem Tag mit einem anderen Termin besetzt. „Eigentlich schade…“, dachte er, „Wenn ich Freunde hätte, könnte ich mit denen in die Stadt gehen… oder mich besaufen… einfach nur Spaß haben.“ Akira hatte keine Freunde an seiner Schule, nur ein paar Leute, mit denen er im Internet chattete. Er war nicht unbedingt ruhiger, als andere Jungen mit 18 Jahren, aber er hatte Probleme damit, neue Kontakte zu knüpfen, auf andere Leute zuzugehen. Aber eigentlich brauchte er auch nur sich selbst. So ging er jeden Morgen ohne Begleitung zur Haltestelle, an der er auch ganz alleine auf den Bus wartete, wie es auch diesen Morgen sein würde. Gedankenverloren steuerte er die letzten paar Meter an, als er plötzlich gegen jemanden knallte. „ARGH… hey!“, rief der Mann energisch, mit dem er gerade kollidiert war, „pass doch auf, wo du hinläufst!“ „E… es… entschuldigen sie vielmals, bitte!“, stotterte Akira nervös. Das Schicksal hatte ihn mal wieder auf eine harte Probe gestellt. Er musste sich jetzt zusammenreißen. Wenn er immer der Schwache sein wird, wird er es im Leben nicht leicht haben. Der Mann starrte Akira mit grimmiger Miene an. Auch Akira musterte ihn, nachdem er kurz verlegen weggeschaut hatte: Der Mann war bestimmt gut einen Kopf größer als er, und mindestens 3 Jahre älter. Sein schmales Gesicht war durch seine sehr hellen Augen gekennzeichnet, langes rabenschwarzes Haar glitt seine breiten Schultern hinab. In einen im Wind flatternden dunklen Mantel gehüllt stand er da, direkt vor ihm. Akiras Gesicht lief puterrot an. „Ist was?“, fragte der Mann ihn auf einmal mit einer ganz anderen Stimme, als gerade eben. Er klang wirklich besorgt, sanft und gutmütig. „Schon okay… wirklich“, antwortete Akira und zum ersten Mal in seinem Leben spürte er einen Funken Mut in seinen Worten. Es war ein erhebendes Gefühl, er wollte nicht, dass es endet, weshalb er auf der Stelle weiter sprach: „Mein Name ist Akira Tomohiro. Tut mir Leid wegen des Zusammenstoßes. Geht es ihnen gut?“ „Immer langsam, Kleiner“, lachte der Mann, „beruhig dich erstmal.“ Akira atmete kurz auf, setzte sich dann auf die Sitzbank der Haltestelle. Der Mann fuhr fort: „Hiroto Kondo, freut mich. Und ja, mir geht es gut. Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.“ Akiras Gesicht, was gerade eben wieder einen leichten Rosaton erreicht hatte, färbte sich innerhalb von Nanosekunden wieder knallrot. „Was mach ich da eigentlich? Das ist mir doch sonst nie passiert“, dachte er. „Kondo-san“, fragte er, „wohnen sie eigentlich hier in der Gegend?“ „Ja, gleich hier um die Ecke“, antwortete Kondo und lächelte dabei. In dem Moment hielt der Bus an der Haltestelle an. „Ah, tut mir Leid, Kondo-san, aber ich muss los!“, platzte es aus Akira heraus. „Vielleicht sehen wir uns ja heute Nachmittag noch mal wieder“, meinte Kondo, „Wäre schön.“ „Ja, bis dann!“, rief Akira ihm nach, stieg in den Bus ein, setzte sich auf einen der vielen freien Plätze und fühlte, wie sein Herz vor Aufregung pochte. Kapitel 2: Halte mich! ---------------------- Ehe Akira sich versah, hatte der Schulgong bereits zum vorerst letzten Mal geschlagen. Massenweise Schüler liefen freudig aus ihren Klassenräumen, jubelten, umarmten und verabschiedeten sich herzlich, wünschten sich gegenseitig schöne Ferien und einen guten Rutsch ins neue Jahr und entschwanden in verschiedene Richtungen. Nur Akira war wieder einmal alleine. Niemand ging mit ihm zusammen zur Haltestelle, niemand war da, mit dem er sich während der Busfahrt unterhalten konnte, niemand begleitete ihn auf den Weg zu seinem Haus. Geistesabwesend zückte er den Hausschlüssel, trat ein und ging ohne Umschweife in sein Zimmer. Seine Eltern waren noch nicht von der Arbeit zurück, das machte ihm aber nichts aus, im Gegenteil. Er war froh, für einige Stunden alleine sein zu können, und über das nachzudenken, was diesen Morgen passiert war. Gedankenverloren ließ er sich in sein frisch gemachtes Federbett sinken, kuschelte sich an sein Kopfkissen und begann, über seine Gefühle nachzudenken. „Wäre es möglich…“, überlegte er, „vielleicht empfinde ich ja… nein, das geht nicht. Wir kennen uns doch erst seit heute Morgen, da kann so etwas nicht… und wenn doch… nein… aber… ahrg!“ Es machte ihn fast wahnsinnig, dass er seine Gefühle und Gedanken nicht kontrollieren konnte. Sein Kopf schien förmlich zu rauchen, er war überhaupt nicht in der Lage, klar zu Denken. „Ich glaub, ich geh mal besser was an die frische Luft…“, entschied er und begab sich langsam zum in der Nähe gelegenen Spielplatz. Wären es wirklich Schmetterlinge im Bauch, es wären abertausende von Raupen gewesen, die sich von innen durch sein Fleisch fraßen, denn Akira hatte keine Gewissheit, ob er wirklich so für Kondo empfand. Mit brummendem Schädel und dem Gefühl, als hätte er gerade einen Massenmord begangen, ließ er sich auf einer morschen Bank unter einer Trauerweide auf dem Spielplatz nieder und starrte sinnlos Löcher in die kalte Luft. Sein Atem, ein dichter Nebel, legte sich wie ein Schleier um sein Gesicht. „Warum… was… was soll das eigentlich? Ich hab keinen Bock, mich so fühlen!“, fuhr es ihm durch den Kopf, „ich will jetzt endlich mal wissen, warum ich das hier durchmachen muss!“ „So ein Mist aber auch!“, brach es aus ihm heraus. „Nana, was hat das denn für einen Beweggrund, so zu fluchen?“, fragte eine ihm bekannte Stimme plötzlich hinter ihm. Akira drehte sich schlagartig um, um zu sehen, wer dort war: Es war Kondo. Kaum hatte er ihn erblickt, machte sein Gesicht jeder Tomate wieder ärgste Konkurrenz. „AH… Kondo-san… was… ach ja, sie wohnen ja hier… sorry…“, sagte Akira und wurde zum Satzende hin immer leiser. „Warum so schüchtern?“, wollte Kondo wissen, „Heute Morgen warst du doch noch so aufgeschlossen und voller Energie… was ist los mit dir?“ Willst du nicht mal darüber reden?“ „Doch, schon...“, meinte Akira darauf, „es ist einfach… ach, Kondo-san, irgendwas stimmt mit mir nicht. Ich weiß zwar nicht, was, aber auf jeden Fall nichts Gutes.“ Für einen Moment herrschte pure Stille, wie auf einem Friedhof, dann seufzte Kondo und schlug Akira vor: „Weißt du was? Wir gehen jetzt einfach mal zu mir nach Hause, trinken zusammen Glühwein, und dann kommst du schon auf andere Gedanken.“ Akira wurde mulmig zumute, er hatte bisher noch nie Alkohol getrunken, obwohl er bereits volljährig war. Er wusste, dass man davon nicht zu viel trinken sollte. „Ähm… okay, Kondo-san“, antwortete er zögerlich. „Gut, dann komm“, sagte Kondo, erfreut über Akiras Entscheidung, und nahm ihn an die Hand, woraufhin Akira sich vertraut an ihn schmiegte. Es war ihm egal, dass er Kondo noch nicht so lange kannte, er brauchte nun einfach eine Stütze, die ihn aufrecht hielt. Sie verließen den Spielplatz, machten sich auf den Weg und Akira spürte, wie die Wärme Kondos langsam aber sicher in jeden Winkel seines fast unterkühlten Körpers überging. Kapitel 3: Verführe mich! ------------------------- Einige Minuten später standen sie zusammen eng aneinander vor einem eisernen schwarzen Zauntor. Akira sah sich erstaunt um: Es war ein großes altes Backsteinhaus, Efeu überwucherte die Fassade an einigen Stellen, im Vorgarten waren Büsche, deren Grün bereits abgeworfen war, einen steinernen Gehweg bis zur Eingangstür entlang gepflanzt worden. Schnee bedeckte das gesamte Dach, von dem ungewöhnlich große spitze Eiszapfen bedrohlich hinunter hingen. Kondo öffnete das schwere Eisentor, bat Akira, hindurchzugehen, folgte ihm, und schloss das Tor bedächtig wieder. „So, jetzt gehen wir aber schnell rein, du frierst bestimmt, oder?“, fragte er. Akira nickte stumm und zitterte dabei, wie Espenlaub. Kondo machte die Haustür auf und machte eine einladende Geste. „Nach dir, Akira“, sagte er freundlich. „Da… danke“, antwortete Akira und trat ein. Akira staunte wieder nicht schlecht. Das Haus entsprach genau seinen Erwartungen, die er hatte, als er das Haus von außen sah: Dunkle rustikale Möbel, warme gediegene Farbtöne und ein wohlig warmes Licht, welches Unmengen von Kerzen durch die Räume warfen, machten es zu einer unwahrscheinlich gemütlichen Behausung. „Schönes Haus, Kondo-san“, murmelte Akira, immer noch von dieser faszinierenden Atmosphäre in ihren Bann gezogen. Sein Haus dagegen war trist und kalt, hier hingegen fühlte er sich richtig wohl. „Freut mich, dass es dir gefällt“, meinte Kondo zufrieden, „Ich muss dir nachher auch noch das Schlafzimmer zeigen.“ Akira sah zu ihm auf. „Okay…“, nuschelte er. „Ich geh mal eben den Glühwein machen, setz dich ruhig hin, fühl dich wie zu Hause“, verkündete Kondo und verschwand in Richtung Küche. Akira ließ sich sanft ins Sofa fallen und träumte eine Zeit vor sich hin, bis Kondo aus der Küche kommen würde. „Akira, der Glühwein ist fertig!“, rief Kondo mit freudiger Stimme aus der offenen Küche. Kurz darauf erschien er mit einem Silbertablett auf der Hand, auf denen zwei randvolle Tassen balancierten. Der angenehme Duft stieg Akira in die Nase und taute langsam sein Gemüt auf. Da reichte Kondo ihm vorsichtig eine der Tassen. „Trink nur, keine Sorge, mit einer Tasse Glühwein kann man sich nicht betrinken“, versicherte er ihm. Und Akira trank. Er trank recht behutsam, er wollte nichts überstürzen, und doch hatte er sein heißes Getränk binnen weniger Minuten bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken. „Vielen Dank, Kondo-san“, hauchte Akira, stand auf und verbeugte sich tief vor Kondo, der es sich in einem Sessel gemütlich gemacht hatte und lächelte. „Hat er dir geschmeckt…?“, wollte er wissen. „J… ja, sogar sehr…“, antwortete Akira, „Dürf… dürfte ich vielleicht bitte noch etwas haben?“ Kondo lachte auf. „Aber natürlich, Akira. Gib mir nur deine Tasse, ich bring dir noch was.“ So verschwand Kondo wieder in die Küche und kam zügig wieder, die Tasse wieder randvoll gefüllt. Die Zeit verging, es war draußen bereits stockdunkel geworden. Sie unterhielten sich prächtig, und nach Akiras dritter Tasse Glühwein unterbrach Kondo ihn plötzlich: „Akira ich wollte dir doch noch mein Schlafzimmer oben zeigen.“ Akira nickte stillschweigend, fast wie in Trance. Er stand auf, Akira folgte ihm. Hintereinander trotteten sie die Treppen hoch. 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