Ich tanze nur für dich von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Nächtlicher Schnee ----------------------------- *Worauf hab ich mich da bloß eingelassen?* Seit zehn Minuten konnte Akane keinen anderen Gedanken fassen, als diesen. Am liebsten wäre sie aufgestanden und weggelaufen, irgendwohin, wo sie von niemand gesehen werden konnte. Aber dafür war es nun zu spät. Sie saß fest. Nicht, das der große Pandabär, der neben ihr saß, sie bedroht oder zurückgehalten hätte, aber sie war gefangen durch die Rolle, die sie hier spielte. Durch das enge Kleid, dass sie zu diesem Anlass angezogen hatte und das ihr noch zuhause als so schön und passend erschienen war. Jetzt hätte sie es sich am liebsten vom Leib gerissen und zusammen mit dem Ballettsaal, dem Publikum, der Ballettgruppe und dem rothaarigen Mädchen, das da vor ihr auf der Bühne kauerte und ihr Spiegelbild in einer Quelle aus Seide bewunderte, zum Teufel gejagt. Aber weder das eine noch das andere konnte sie tun. Ihr blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten und zu hoffen, das sie unentdeckt bleiben würde. Obwohl sie aufrecht sitzen blieb und sich nicht um einen Zentimeter bewegte, drückte sie sich tiefer in den Sessel, wie in dem sinnlosen Wunsch sich kleiner zu machen, zu verschwinden, wie eine Maus im Mauseloch. Aber ihre Hoffnung blieb unerhört. Das Mädchen mit dem weißen Ballettkostüm und dem silbernen Krönchen in der feuerroten Mähne hob in einer perfekt berechneten und von einem einzigen langen Ton begleiteten Bewegung den Kopf und ließ dabei seine Augen über das Publikum schweifen. Zuerst schien es, das sie wirklich unerkannt geblieben war aber dann sah Akane, wie sich Ranma’s Augen mit einem kleinen Ruck auf sie fixierten. Sie spürte einen stechenden Schmerz irgendwo aber nicht in ihrem Körper, als sie den Schock in diesen Augen sah. *Wenn jetzt etwas schief läuft, ist das meine Schuld.* Innerhalb von Sekundenbruchteilen rasten entsetzliche Bilder durch ihren Kopf. Ranma, die von der Bühne rannte, Ranma die mit den Augen auf sie gerichtet einfach erstarrt blieb, Ranma die sich einfach weigerte, mit Akane im Publikum weiterzuspielen, Ranma, Ranma, Ranma, immer wie der Ranma. Aber nichts schreckliches geschah. Für einen Moment sah es so aus, als wäre das Mädchen erstarrt, aber dann fügte sie sich wieder in den fliesenden Rhythmus der Musik ein. Akane sah ihr wie gebannt zu. Mit weichen Bewegungen ging Ranma’s Bewunderungsspiel über in einen spielerischen Tanz der Heiterkeit und Sorglosigkeit. Immer schneller wurden ihre Bewegungen, immer höher die Sprünge. Akane saß da und versank völlig in dem Wundervollen Bild das ihr Verlobter abgab, der dort in einem weiblichen Körper und einem weiblichen Kostüm tanzte. Akane vergaß die Zeit. Sie übersah, dass das Bühnebild sich veränderte, das mehrere Personen auf die Bühne kamen und wieder gingen. Für sie gab es nur dieses Mädchen mit den roten Haaren und dem weissen Kostüm. Sie hätte nicht sagen können, ob eine Stunde oder ein Jahr vergangen war, als der Vorhang sich zur Pause senkte. Traumverloren saß sie in dem sich lehrenden Saal. Erst als Herr Saotome brummend und drängelnd vorbei wollte, kam sie zu sich. Und in ihr stieg die Reue auf. Sie lief rot an und schaffte es grade noch, sich zwischen den plaudernden, Sekt trinkenden Gästen durch die überfüllte Aula zur Toilette zu schieben, wo sie sich in einer Kabine einschloss und nachdachte. *Wie konnte ich Ranma dass nur antun?* dachte sie und beschloss, sich während dem zweiten Akt irgendwo zu verstecken. schon während der Proben hatte Ranma ihr andauernd verboten zu kommen. Er wollte sie nicht in der Nähe haben, weil sie ihn ablenkte. Dabei gab sie sich so viel Mühe sich so ruhig wie möglich zu verhalten. Aber irgendwie schaffte sie es doch immer wieder um ihn aus seiner Rolle zu bringen. Dann räusperte sie sich im falschen Moment dann bewegtete sie sich im falschen Moment. Immer hatte er etwas an ihrer Anwesenheit aus zu setzen. Nach der vierten Probe war sie einfach nicht mehr gekommen. Und nun... es musste ihn unglaubliche Mühe gekostet haben um so graziös zu tanzen. gewiss war er böse auf sie. Sie wartete bis die Glocke ging und es in der Aula still wurde. Dann schlüpfte sie aus dem WC und sah sich um. Wo könnte sie sich verbergen. Es wiederstrebte ihr, in der Aula zu warten, und in der Gaderobe war es zu kalt. Langsam ging sie einen langen Gang entlang, in dem Fotografien verschiedener Ballettaufführungen aufgehängt waren. Da entdeckte sie einen kleinen Raum, der offensichtlich für die Gäste kleinerer Privatvorstellungen als Pausenraum gedacht war. Überall standen Tischchen und rund um den Raum führte an der Wand entlang eine weich gepolzterte Bank, die mit hellgelben Stoff bespannt war. Vor den großen fenstern hingen lange Vorhänge aus rotem Vorhangsamt. Hinter einen solchen Vorhang legte sich Akane. Sie spürte die weiche Bank unter sich und schob sich ihre Handtasche unter den Kopf. Immer wieder und wieder sah sie Ranmas Augen vor sich. Diese Augen, denen der entsetzliche Schock deutlich anzusehen war, diese verzweifelten Augen, in denen die Angst blinkte, wenn es auch nur für einen Moment gewesen war. Diese Augen umgaben Akane und machten ihr Angst. Sie schloss ihre eigenen Augen um die Bilder zu verscheuchen und weil ihr das gelang, hielt sie sie geschlossen. Sie fühlte eine bleischwere Müdigkeit auf ihren Augen und keine Minute später war Akane in ihrem weichen, warmen Vorhangversteck eingeschlafen. Das Ballettstück war zu Ende. Als der Vorhang sank und der aufbrausende Applaus alles zu überdröhnen schien und ein Tänzer nach dem anderen seinen Beifall entgegen nahm, sparte jeder im Saal mit Klatschen. Denn alle wollten sich den Hauptapplaus für die Ehrung der weiblichen Hauptrolle aufheben. Aber die Hoffnung aller Zuschauer wurde enttäuscht. Das Mädchen mit dem roten Haar, dass so gut getanzt hatte kam nicht. Sie verbeugte sich nicht und trat auch sonst nicht in Erscheinung. Obwohl die einzelnen Tänzer nun schon zum dritten Mal vortraten ohne das die Zuckerprinzessin ihren Beifall entgegen genommen hatte, waren alle Augen auf die Bühne gerichtet in der Hoffnung, sie müsste doch nun erscheinen. Darum sah niemand, wie ein Junge mit einem schwarzen Zopf den Zuschauerraum durchquerte und ins Foyer schlüpfte. Ranma wollte Akane suchen. Als er sie am Anfang gesehen hatte war er erschreckt gewesen, aber dann hatte er um so besser und bedachter getanzt. Denn er wollte, das seine Darbietung Akane gefiel. Schon während der Pausen hatte es ihn Mühe gekostet um sich zu konzentrieren. Er war zu perfektionistisch wenn sie zusah, wollte alles schon können ohne übung und das führte dazu dass er ungeschickt wurde und schlecht tanzte. Er hatte gefürchtet dass sie gar nicht kommen würde, weil er sie so oft weggeschickt hatte und ihre Anwesenheit bekrittelt hatte wo er nur konnte. Und doch war sie gekommen Aber beim zweiten Aufzug hatte er vergeblich nach ihr ausgespäht. Sie war weder während des zweiten, noch während des dritten Aufzugs erschienen und Ranma machte sich Sorgen, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte. Er hatte keine Ahnung, wo er sie suchen sollte, also verlies er das Gebäude und rief in die Nacht hinaus ihren Namen. „AKANE! AKANE, WO BIST DU?!“ Keine Antwort. Ranma bekam Angst. Wenn sie nun während der Pause nach draußen gegangen war und von einem Auto angefahren war und nun irgendwo lag und vielleicht... //NEIN!// unterbrach Ranma seine Gedanken. So etwas durfte er nicht einmal denken. Bestimmt saß sie nur irgendwo auf einer Bank und ... und ... Ranma konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was Akane jetzt tun sollte. *Wahrscheinlich hat ihr bloß die Aufführung nicht gefallen und sie ist nach Hause gegangen. Ja, so muss es sein.* Aber ganz ließ sich seine Unruhe nicht bewältigen. Viel schneller als nötig machte er sich auf den Weg und je näher er dem Tendo-Haus kam, desto schneller lief er. Schließlich preschte er in Höchstgeschwindigkeit durch den Garten, stieß die Tür auf und stürmte ins Haus. Auf direktem Wege schoss er die Treppe hinauf und blieb erst vor Akane’s Tür stehen. Er zwang sich, ruhig zu atmen und klopfte dann leise an. Als keine Antwort kam, flüsterte er Akane’s Namen und klopfte stärker. Als es weiterhin still blieb öffnete er vorsichtig die Tür. Aber das Zimmer war leer. Ranma machte sich nicht die Mühe die Tür zu schließen, sondern lies sie weit offen stehen und hechtete die Treppe wieder hinunter. Im Flur prallte er beinahe mit Kazumi zusammen, die gerade aus der Küche kam. Ranma hielt sich nicht mit einem Gruß auf. „Wo ist Akane?“ fragte er hastig. „Ich weiß nicht? Ich dachte sie wäre im ...“ Weiter kam Kazumi nicht, den Ranma war schon wieder draußen und rannte zum Dojo, dann ums Haus und schließlich die Straße entlang. Im Park, da musste Akane sein. Aber soviel Ranma auch die langen Kieswege entlang rannte, auch hier war keine Akane. Schließlich gab er auf und sank auf eine Bank. Den Kopf in die Hände gestützt saß er da und versuchte krampfhaft, einen klaren Gedanken zu fassen, aber alles was immer und immer wieder wie das Flakkern eines Graphen durch seinen Kopf schoss, war *Akane – Akane – Akane...* Und obwohl er nicht wusste warum, stand er auf einmal auf und machte sich auf den Weg zurück zum Theater. Zehn Minuten später kam er an dem großen Gebäude an. Er wäre beinahe vorbeigerannt, so anders und ungewohnt sah es aus. Alle Lichter waren ausgelöscht und die Vorhänge zugezogen. Ranma ruckelte an der Tür und drückte den Klingelknopf in seiner Angst tief in die Wand hinein, aber nichts geschah. Ranma war verzweifelt. Aber noch wollte er nicht aufgeben. Von einer Bank schwang er sich in einen Baum, der jetzt im Spätherbst schon alle Blätter verloren hatte und sprang von dort auf das Dach des Hauses. Und tatsächlich, an der Rückseite stand ein Dachfenster offen. Er drückte es ganz auf und schlüpfte ins innere des Hauses. Er befand sich in einer Art Requisitenkammer. Überall standen Gestängte mit Kleidern und von den Wänden starrten ihn Masken an. Es war dunkel aber durch das Fenster fiel genug Licht, daß Ranma die Tür ohne Probleme finden konnte. Aber dahinter empfing ihn völlige Dunkelheit. Er lehnte die Tür hinter sich an, machte einen Schritt nach vorne und trat ins Leere. Einen Moment lang dachte Ranma, das er nun stürzen würde aber da traf sein Fuss auf harte Holzbohlen. Es war eine Treppe. Ranma tastete sich am Geländer hinunter und suchte mit den Füßen jeweils nach der nächsten Stufe als er von einem plötzlichen hellen Licht geblendet wurde und zurücktaumelte. Aber als sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten sah er, dass er ganz einfach mit der Schulter gegen den Lichtschalter gekommen war. Über sich selbst lächelnd ging er weiter, durch einen langen Gang dessen Wände mit Fotografien von früheren Aufführungen behängt waren. Er kam an den großen Flügeltüren vorbei, die zum Ballettsaal führten, aber alle waren verschlossen. Erst nach einiger Zeit kam er an eine kleine Tür, die nur angelehnt war. Dahinter befand sich ein kleiner Pausenraum, der mit seiner gelben Wandbank und den roten Vorhängen einen gemütlichen Eindruck machte. Es gab hier nichts besonderes und Ranma wollte schon wieder gehen, als ihm auffiel, das an einer Stelle der Vorhang über die Bank hing und seltsam ausgebeult war. Ranma ging auf Zehenspitzen darauf zu und zog den Vorhang zur Seite. Auf der Bank lag Akane. Sie hatte die Augen geschlossen und schlief. Ihre Wangen hatten sich ein wenig gerötet und die Haare waren verwirrt, aber sie sah so hilflos und süß aus, dass Ranma sicher fünf Minuten nur dastand und sie ansah. Dann bückte er sich nach vorne und strich ihr mit einer sanften Bewegung die Haare aus dem Gesicht. Erst schien es, das Akane erwachen würde, aber sie murmelte nur etwas im Schlaf und Ranma, der sich erschrocken aufgerichtet hatte, versank wieder in ihren Anblick. Nein, er wollte sie nicht wecken. Sie sollte schlafen. Vorsichtig schob er seine Arme unter ihren Körper und hob sie sanft auf. Daruaf bedacht, sie so wenig wie möglich zu bewegen, ging Ranma den Gang zurück, stieg die Treppe hinauf, durchquerte das Kostümzimmer und verließ das Gebäude durch das Dachfenster. Mit zwei geschmeidigen Sprüngen stand Ranma auf der Straße, seine Verlobte immer noch in den Armen. Sie schlief still weiter und Ranma machte sich mit seiner kostbaren Last auf den Heimweg. Ohne daß er es merkte begannen feine, weiße Flocken vom Himmel zu fallen. Der erste Schnee ging über Tokio nieder. Traumverloren schritt ein Junge mit einem Zopf durch den Schnee. In seinen Armen lag ein Mädchen, das tief schlief und während sich über Straße und Dächern eine Weise, kalte Decke legte, beugte sich der Junge vor und schirmte das Mädchen mit seinen Schultern vor dem Schnee ab. Er lauschte auf ihren gleichmäßige Atem und war, vielleicht zum ersten mal seit langer Zeit wirklich glücklich. ---TO BE CONTINUED--- Für Kruemelchen: 'Ganz gut'...hm, ich hoffe ich werde noch besser. Danke fürs lesen! Für Bienchen1709: Ja, ich arbeite an einer Fortsetzung. Bitteschön. viel Spass An alle anderen anonymen Leser: Danke fürs Lesen, bleibt mir treu und schreibt mir mal nen Kommie. Bis zum nächsten Kapitel Johannes Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)