HOLLOW von Creep (A Vampire Story) ================================================================================ Kapitel 13: Love Hurts ---------------------- Und weiter im Text...Wie schon angekündigt: Dieses Mal trifft es (mal wieder) Hizumi und Saga. Ich will gar nicht zu viel veraten, außer, dass es endlich mal zum lang ersehnten, ersten Kuss zwischen den beiden kommt...Wie die Sache dann allerdings ausgeht, lest ihr am besten selbst. Ich versuche das 14. Kapitel noch vor Xmas hochzuladen, damit ihr was zu lesen habt, während ihr auf eure Geschenke wartet ;) enjoy! *-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*- Sagas POV Nächster Morgen, Sagas/Tsukasas Wohnung, Küche... Geistesabwesend rührte ich in meiner Teetasse herum und mein Kopf schien kurz vor dem Platzen zu sein. Mein Arm schmerzte immer noch höllisch, doch im Gegensatz zur Schmerzintensität des Vorabends, war es nun halbwegs erträglich. Tsukasa saß auf der Anrichte und blätterte durch die Tageszeitung, er war den ganzen Morgen bereits ungewöhnlich still. Obwohl es verständlich war, dass er fertig mit den Nerven war (Mir ging es nicht anders!), gefiel mir seine extrem stille Art überhaupt nicht. Irgendetwas störte mich ganz gewaltig! „Tsukasa?“, fragte ich und versuchte so normal wie möglich zu klingen. Er zuckte zusammen und sah mich erschrocken an. „Was denn?“, antwortete er hastig und strich sich fahrig eine Haarsträhne hinters Ohr. „Ist alles ok bei dir?“, bohrte ich vorsichtig nach und ließ ihn nicht aus den Augen. Er seufzte tief und fuhr sich erneut durch die Haare. (Das tut er öfters, wenn er nervös ist.) „Bei mir schon. Ich frage mich eher, ob bei dir alles ok ist.“ Ich nickte mechanisch. „Mir geht’s den Umständen entsprechend gut. Du brauchst dir keine Gedanken um mich zu machen.“ Tsukasa nickte kurz, dann breitete sich ein sehr gezwungen wirkendes Lächeln auf seinem Gesicht aus. „Eigentlich hast du Recht. Sorgen muss ich mir jetzt wirklich nicht mehr machen. Zumindest nicht darüber, dass du dich noch einmal mit diesem Stück Dreck triffst.“ „Hör sofort auf so über ihn zu reden!“, fuhr ich meinen Bruder an und plötzlich stieg eine nie gekannte Wut in mir auf. Tsukasa schnaubte verächtlich. „Saga, bei aller Liebe. Was muss er dir noch antun, damit du endlich merkst was für ein Monster er ist? „Er ist kein Monster! Du hast ihn provoziert. Kein Wunder, dass er ausgerastet ist! Ich würde auch ausrasten, wenn ich den Mörder meiner Familie wiedersehen würde!“, blaffte ich. Irgendwie begann ich scheinbar langsam zu realisieren was am gestrigen Abend genau geschehen war. Und etwas an Tsukasas gelangweiltem, teilweise schon fast gehässigem Gesichtsausdruck machte mich unglaublich wütend. Unwillkürlich kratzten meine Fingernägel über die Tischplatte. „So, du nennst mich also einen Mörder?“ Er klang belustigt. „Ja! Das tue ich! Als was würdest du es denn bezeichnen? Du hast seine Familie umgebracht. Das ist Mord! Demnach bist du also ein Mörder!“ „So, bin ich das? Schön dass du deinen Bruder als Mörder betitelst.“ „Wie sollte ich es denn sonst nennen!?“ „Nenn es wie du willst. Aber hast du jemals auch nur einen einzigen Gedanken daran verschwendet, was dein kleiner Untoter Freund tut, um am Leben zu bleiben?“, konterte Tsukasa und lehnte sich lässig gegen die Küchenschränke. Ich schwieg. „Aber... Er tut es, um am Leben zu bleiben. Du tust es... Einfach so.“, sagte ich etwas kleinlaut und ließ Tsukasa nicht aus den Augen. „Saga verdammt! Fang an zu denken, Junge! Dieser Kerl müsste tot sein. Seit was weiß ich wie langer Zeit! Er hat kein Recht mehr hier zu existieren und das auch noch wohlgemerkt auf die Kosten von wirklich lebendigen Menschen. Das sind Leichen, verstehst du was ich dir hier sage? Das sind Leichen, die aus irgendwelchen unnatürlichen Gründen, die sie wahrscheinlich selbst nicht kennen, nicht verwesen und immer noch fälschlicherweise neben uns her existieren.“ Sein Ton war eindringlich und ich spürte deutlich, dass es nicht mehr viel brauchte, um meinen Bruder endgültig zur Weißglut zu treiben. In seinen Augen loderte ein unbändiger Hass, der mich zutiefst schockierte. Ich konnte mich nicht erinnern, ihn je so gesehen zu haben. Aber in den letzten Stunden war mein Bild von Tsukasa sowieso heftig ins Wanken geraten. „Warum hasst du sie so?“, fragte ich leise. In verächtliches Lachen war die direkte Antwort auf diese Frage. „Ich hasse sie, weil sie Schmarotzer sind. Sie sind Monster. Tiere! Weiter nichts. Sie töten nicht nur um zu existieren, sie haben Spass daran. Alle. Auch dein Hizumi! Du bist allerdings so naiv, dass du nur allzu gern die Augen davor verschließt. Aber wenn du ganz ehrlich bist, dann weißt du es. Im tiefsten Innern weißt du, dass er ein Monster ist. Du hast Angst vor ihm.“ Treffer und Versenkt. Ich biss mir fest auf die Unterlippe. Tsukasa hatte Recht. Mal wieder. Ja, ich hatte Angst vor Hizumi. Es war eine merkwürdige Mischung aus tiefer Zuneigung und Angst, die ich für den Vampir empfand, doch trotz allem konnte und wollte ich nicht einsehen, dass Hizumi wirklich so schlecht war, wie mein Bruder mir hier seit geraumer Zeit weiß machen wollte. Ich konnte nicht behaupten ihn wirklich zu kennen und einschätzen zu können, aber ich wusste, was ich gesehen hatte. Und das, was ich gesehen hatte, zeigte mir, dass er eben nicht das blutgeile Monster war, das Tsukasa in ihm sah. „Du kennst ihn überhaupt nicht!“ Wieder hatte Tsukasa nur ein mitleidiges Lachen für mich und meine schon fast verzweifelten Argumente übrig. „Sag mal kannst du es nicht begreifen, oder willst du es nicht begreifen? Die sind alle gleich! Das sind instinktgesteuerte Monster. Das ist Ungeziefer, das es zu beseitigen gilt!“ Ich hörte schweigend zu, schüttelte dann vage den Kopf. „Nein Tsukasa, das sind sie nicht. Du redest hier nicht über Hizumi. Du beschreibst dich im Moment eher selbst. Du bist hier das Monster.“ Zeros Villa... Vorsichtig öffnete der Vampir die Zimmertür. Das Bett glich einem Schlachtfeld. Ein undurchdringliches Deckenknäuel gab den Blick auf einen zerzausten Haarschopf frei und ein dünner Arm hing seitlich von der Bettkante. Zero konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und betrat vorsichtig das Zimmer. Doch seine Absicht leise zu sein wurde zu nichte gemacht, denn sein Fuß verfing sich in Toshiyas Rucksack und um nicht der Länge nach hin zu fallen, musste er sich zwangsläufig am Nachtschrank festhalten. Das führte dazu, dass der Wecker mit einem Höllenlärm, der Tote hätte wecken können, herunter fiel und Zero wahrscheinlich einen Herzinfarkt erlitten hätte, wäre das physisch noch möglich gewesen. Während Zero sich aufrappelte und den Funkwecker wieder an seinen ihm zugeteilten Platz stellte, regte sich etwas im Deckenhaufen. Ein leises Grummeln ertönte und langsam schob sich ein verpennt dreinblickendes Gesicht an die Oberfläche. Toshiya blinzelte und rieb sich die Augen. „Guten Morgen.“, lächelte er verschlafen, als er Zero bemerkte. Der lehnte, immer noch etwas schockiert über seine Unachtsamkeit, an der Wand und pustete sich eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. „Morgen, Schlafmütze.“ Toshiya setzte sich auf und streckte sich ausgiebig. „Ist irgendwas? Du siehst so verstört aus.“, fragte er vorsichtig und warf Zero einen besorgten Blick zu. „Ich hätte mich eben fast aufs Maul gelegt, weil ich gestolpert bin, das ist alles.“ Er grinste kurz. „Was ist? Hast du Hunger? Frühstück steht in der Küche.“ Mit diesen Worten verließ der Ältere das Zimmer und ließ Toshiya allein zurück. Eine Viertelstunde später stand selbiger frisch geduscht und angezogen in der Küchentür. Der Vampir saß, mit dem Rücken zur Tür, am Küchentisch und las die Tageszeitung. Er schien Toshiyas Anwesenheit sofort zu bemerkten und drehte sich um. „Du solltest dir vielleicht die Haare föhnen, nicht dass du dich erkältest.“ Toshiya schüttelte lächelnd den Kopf. „Nein, das geht schon in Ordnung. So schwach ist mein Immunsystem auch nicht. Außerdem ist es hier warm.“ Er ging zum Tisch und setzte sich. Während der 19-jährige mit Brötchen schmieren beschäftigt war, studierte Zero eingängig die Zeitung und runzelte von Zeit zu Zeit die Stirn über merkwürdige Schlagzeilen. „Hast du Lust auf einen kleinen Spaziergang nach dem Essen? Draußen regnet es zur Abwechslung mal nicht und es ist bewölkt, also hol ich mir keinen Sonnenbrand oder Ähnliches.“, nuschelte Zero über den Rand seiner Zeitung hinweg. Als Antwort erhielt er ein strahlendes Lächeln und ein aufgeregtes „Das wär toll!“ Etwa eine halbe Stunde später stand ein (schon wieder) glücklich strahlender Toshiya (Mit geföhnten Haaren!) im Hausflur und sah interessiert zu, wie Zero sich seinen Mantel anzog. „Hast du nichts zum drüber ziehen? Die Jacke sieht ziemlich dünn aus.“, bemerkte Zero, ohne Toshiya wirklich anzusehen. Der blickte an sich herab. „Ähm, das ist meine einzige Jacke.“ Noch bevor er seine Antwort ausführlicher gestalten konnte, hatte Toshiya einen dicken Wollschal im Gesicht. „Dann nimm wenigstens den, sonst erkältest du dich noch.“ Etwas verwirrt wickelte der Junge sich das schwarz-weiß gestreifte Wollungetüm um den Hals. „Dankeschön.“, sagte er lächelnd. „Schon gut. So, ich bin fertig. Wollen wir gehen?“ Bevor Zero seinen Satz beendet hatte war Toshiya bereits durch die Haustür nach draußen verschwunden. Der Vampir konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen und folgte ihm in angemessenem Tempo. Eine Weile gingen beide schweigend nebeneinander her, dann spürte Zero Toshiyas fragenden Blick auf sich ruhen. „Was ist los?“, fragte er ruhig und Toshiya sah hastig vor sich auf die Straße. „Darf ich dich was fragen?“, murmelte er in seinen Schal. „Natürlich.“ „Wieso hast du mich damals einfach so aufgesammelt? Hast du von Anfang an gewusst, dass ich... auch so eine Art Vampir sein könnte?“, fragte der Größere so leise, dass Zero Mühe hatte, ihn überhaupt zu verstehen. „Naja, wenn du jetzt eine rationale Antwort auf diese Frage verlangst. Die kann ich dir nicht geben. Ich weiß um ehrlich zu sein selber nicht wieso ich dich aufgesammelt habe. Normalerweise halte ich mich fern von Menschen. Aber bei dir hatte ich irgendwie das Gefühl, dass du... Ich weiß nicht wie ich das jetzt ausdrücken soll.“ Zero verzog kurz den Mund „Ich hatte das Gefühl, dass du etwas Besonderes bist, dass du noch irgendeine wichtige Rolle spielen könntest.“ Toshiyas dunkelbraune Augen weiteten sich und er sah Zero überrascht an. „Meinst du das ernst?“ „Würde ich es sonst sagen?“ Verlegen über die kurze, etwas barsche Antwort senkte Toshiya erneut den Blick und vergrub die Hände in seinen Hosentaschen. Wieder herrschte Stille und wieder war es Toshiya, der sie nach einer Zeit durchbrach. „Macht dir das gar nichts aus? Einfach so am helllichten Tag rumzulaufen?“ „Nein, mittlerweile macht es mir nichts mehr aus. Würde ich es wollen, dann könnte ich sogar tagelang bei Sonnenschein herumlaufen, ohne, dass es mich beeinträchtigen würde. Aber ich mag die Sonne einfach nicht, ich bekomme recht schnell Sonnenbrand.“ Toshiya hörte gespannt zu und nickte beeindruckt. „Wow, dann stimmt es also gar nicht, was in den ganzen Geschichten immer erzählt wird? Von wegen Vampire können keine Sonne vertragen?“ „Das stimmt teilweise schon. Junge Vampire haben so ihre Probleme mit Sonnenlicht. Aber je älter man wird, desto weniger macht es einem aus. Es ist wie mit den Menschen. Wäre ich zum Beispiel erst 100 oder 200 Jahre alt, wäre es mir kaum möglich, einfach so neben dir her zu gehen, ohne den Wunsch zu verspüren, dich zu fressen.“ Zero grinste, als er Toshiyas leicht entsetztes Gesicht sah „Aber da ich schon eine ganze Ecke älter bin, macht es mir absolut nichts aus, wenn du in meiner Nähe bist. Du brauchst also keine Panik zu schieben. Ich werde dir nichts tun, solange ich es nicht wirklich will.“ „Willst du mir Angst machen?“ „Ein bisschen vielleicht.“, sagte der Vampir breit grinsend und warf Toshiya einen nicht zu deutenden Blick zu. Der fühlte sich ein wenig überfordert und lächelte unsicher. „Und... Hast du wirklich keine Familie? Oder hast du das nur gesagt, weil es was damit zu tun haben könnte, dass du ein Vampir bist?“ Zero senkte den Blick. „Nein, das war die Wahrheit. Ich hab wirklich keine Familie mehr. Keine richtige. Gut, ich habe meinen Clan, aber das ist eher eine Art Zweckgemeinschaft. Als ich noch ein Mensch war, hatte ich in der Tat eine Familie. Ich hatte eine Frau und zwei Kinder. Aber als ich gebissen wurde, war es natürlich unmöglich weiter bei ihnen zu bleiben.“, erklärte Zero absolut sachlich. Toshiya schwieg eine Weile betreten. „Das tut mir Leid. Das muss schlimm für dich gewesen sein.“ Er warf Zero einen kurzen Blick zu. „Am Anfang war es das auch. Aber irgendwann findet man sich mit der Einsamkeit ab, die die Ewigkeit mit sich bringt.“ „Und warst du denn danach nie mehr verliebt? Ich meine in einen anderen Vampir, oder sowas.“, fragte Toshiya zögerlich. Zero schüttelte den Kopf. „Nein, nicht wirklich. Die meisten von ihnen sind sowieso absolut gefühlskalt geworden. Und ich kann mich nunmal nicht in Personen verlieben, die mir zu ähnlich sind.“ Zero lächelte kurz, sah jedoch weiterhin auf den Weg vor sich. Toshiya sah den Vampir stirnrunzelnd an. „Aber das stimmt nicht. Du bist nicht gefühlskalt. Das bildest du dir ein!“ „Das kannst du gar nicht wissen.“ „Kann ich doch!“, sagte Toshiya trotzig „Wenn du gefühlskalt wärst, dann würdest du nicht auch ab und zu mal lächeln. Und dann würdest du auch nicht diese ganzen kleinen, lieben Dinge tun.“ „Was für Dinge?“ „Zum Beispiel eben. Du hast mir einen Schal angedreht, weil du Angst hattest, dass ich mich erkälte. Das ist nicht gefühlskalt. Das ist nett.“ Zero schnaubte. „Wenn du meinst.“, murmelte er in seinen nicht vorhandenen Bart. „Ja, meine ich.“ Toshiya lachte. „Du bist richtig niedlich, wenn du schmollst!“ „Ich schmolle nicht!“ „Tust du doch.“ Zero verdrehte die Augen, konnte sich ein kleines Grinsen jedoch nicht vergreifen. Schon nach Sekundenbruchteilen rief er sich jedoch selbst zur Ordnung und setzte einen, wie immer, gleichgültigen Gesichtsausdruck auf. Auf Toshiyas Lippen hielt sich jedoch immer noch ein glückliches Lächeln. Schweigend gingen beide eine Zeit lang nebeneinander her und der Jüngere sah sich von Zeit zu Zeit um. Eine halbe Stunde später kam Zeros dunkle Villa in Sichtweite. Plötzlich gab Toshiya einen überraschten Laut von sich. „Es fisselt!“ Langsam aber stetig begann es zu regnen, doch aus dem Nieselregen wurde schon nach wenigen Sekunden ein wahrer Platzregen. „Ach du Scheiße. Meine Haare!“, rief Zero, griff nach Toshiyas Hand und begann zu rennen. Als beide die Haustür erreichten, war Toshiya, im Gegensatz zu Zero, vollkommen außer Atem und beide durchnässt bis auf die Knochen. „Na ganz toll!“, murrte der Vampir und schloss die Haustür auf. „Wieso passiert sowas immer, wenn ich mal vor die Tür gehe?“ Toshiya wischte sich kurz mit der Hand über die Augen, dann warf er Zero einen kurzen Blick zu und begann zu lachen. „Was ist denn nun schon wieder.“ Der Kleinere klang entnervt und war gerade dabei seine Stiefel in die nächstbeste Ecke zu werfen. „Du siehst klasse aus, wirklich!“, brachte Toshiya zwischen zwei Lachattacken hervor. Verwirrt sah Zero in den runden Spiegel, der im Hausflur an der Wand hing und bereute es sofort. Seine sonst so geliebten und gepflegten Haare schienen auf einmal ihre Anzahl verdoppelt zu haben und standen wirr und durchnässt in alle Himmelsrichtungen. Der Untote schnaubte und begann entschlossen einen zum Scheitern verurteilten Versuch, seine Haarpracht wieder zu richten. Hinter seinem Rücken hatte Toshiya sich mittlerweile von seinem Lachkrampf erholt und sah Zero nun grinsend über die Schulter. „Ich finde du siehst niedlich aus.“ Zero schnaubte beleidigt. „Nenn mich nicht so!“ „Wieso denn nicht?“ „Weil es... blöd klingt!“ Diese Antwort brachte Toshiya erneut zum Lachen und er ließ es sich nicht nehmen, Zero mit der Hand durch die Haare zu wuscheln, was einen undefinierbaren Laut aus dessen Mund verursachte. Toshiya verschwand im Badezimmer und kam wenig später mit zwei Handtüchern bewaffnet zurück in den Flur. Lächelnd hielt er Zero eines der Tücher unter die Nase. „Hier, vielleicht hilft das.“ Dankend nahm Zero das Handtuch an und begann seine Mähne zu frottieren. Auch Toshiya machte sich daran, seine Haare abzutrocknen. „Willst du nen Tee?“, fragte Zero beiläufig. Ein Nicken folgte als Antwort. 5 Minuten später saßen beide in der Küche und schlürften viel zu heißen, grünen Tee. Zeros Haare hatten ihren Normalzustand fast wieder erreicht und auch Toshiya hatte keine Ähnlichkeit mehr mit einem aufgeplatzten Sofakissen. „Zero?“, fragte Toshiya plötzlich unvermittelt. „Ja?“ „Ich hab dich lieb...“ Sagas Zimmer... Sagas POV Ich lag auf meinem Bett, alle Viere von mir gestreckt und dachte nach. Ich dachte an Tsukasas schockierten Gesichtsausdruck, als ich ihn ein „Monster“ genannt hatte, ich dachte an Hizumi und an das Blut das an seiner Hand geklebt hatte, ich dachte an Karyu und dessen Worte, die ich fast vollständig sinngemäß an diesem Morgen widerholt hatte. Um es zusammen zu fassen: Ich dachte an viel zu viel auf einmal! Mein Kopf drohte zu platzen und irgendwie war mir schlecht. In gewisser Hinsicht tat es mir Leid, dass mein Bruder jetzt scheinbar ziemlich down wegen den von mir gewählten Worten war, andererseits empfand ich eine gewisse Genugtuung. Es war nicht richtig was er tat. Punkt. Es war unfair, Hizumi so voreingenommen entgegenzutreten. Karyu mochte ja so sein, wie Tsukasa sich seine Vampire immer ausmalte, aber Hizumi war anders. Da war ich mir sicher. Schon wieder schweiften meine Gedanken ab. Zu den wenigen Sekunden am Vorabend, in denen ich das vermeintliche Monster im Arm gehalten hatte. Zu dem Gefühl, das sich in mir breit gemacht hatte, als er die Umarmung erwidert, sich sogar vorsichtig an mich gelehnt hatte. Ein leises Seufzen entfuhr mir und ich warf einen Blick zu meinem dick bandagierten Arm. Er tat weh. Immer noch. Mittlerweile hatte ich mich an den dumpfen Schmerz gewöhnt, was es jedoch nicht wirklich besser machte. Ich ließ meine letzte schöne Erinnerung an Hizumi in der Endlosschleife Revue passieren, wusste ich doch, dass es in er Tat die letzte gewesen war. Wenn man Tsukasa glauben konnte, dann würde es weh tun, jedes Mal, sobald ich mich auch nur in der Nähe irgendeines Vampirs aufhalten würde. Hizumi logischerweise mit eingeschlossen. Draußen begann es zu regnen und zwar nicht zu knapp. Toll. Das Wetter passte sich mal wieder meiner Stimmung an. Ich spürte das wachsende Bedürfnis, mich bei meinem Bruder zu entschuldigen. Die Frage war nur, ob das überhaupt so sinnvoll war. Entweder würde er die Entschuldigung nicht annehmen, oder er würde sie zwar annehmen, sein Verhalten aber trotzdem nicht ändern. Keine wirklich rosigen Aussichten. Auf der anderen Seite fand ich es ziemlich bescheuert, mich mit meinem Bruder in den Haaren zu haben. Ok, ich hatte Grund genug dazu, er auch. Aber trotzdem. Wirklich cool war das alles nicht. Ich war mit der Gesamtsituation unzufrieden, um es genauer auszudrücken. Vorsichtig, um meinen Arm nicht wieder zum schmerzen zu bringen, stand ich auf und ging in die Küche. Tsukasa war verschwunden. Etwas nervös sah ich mich um und beschloss in seinem Schlafzimmer nachzusehen. Nichts. Blieb nur noch das Wohnzimmer (Im Bad würde er wohl kaum sein, die Tür stand offen.). Doch auch hier herrschte Tsukasa-freie Zone. Na toll. Eigentlich wollte ich nicht wissen wo genau er jetzt schon wieder war. Ich ließ mich aufs Sofa fallen und schloss für einen Moment die Augen. Plötzlich kam mir ein Gedanke, der so logisch und gleichzeitig so schockierend war, dass mein Herz kurz davor war, stehen zu bleiben. Was war, wenn er bei Hizumi war? Was war, wenn er, frei nach dem Motto „Jetzt erst recht!“, gerade dabei war, den letzten Überlebenden eines gewissen Clans zu töten? Mir wurde übel. Kotzübel. Sofort stand ich auf, ignorierte dabei das protestierende Stechen in meinem Arm und rannte in mein Zimmer, auf der Suche nach meinem altersschwachen Handy. Mit zitternden Fingern wählte ich Tsukasas Handynummer. Es tutete. //Geh ran, verdammt nochmal!// Mein großer Bruder ließ wie immer auf sich warten, meldetet sich dann aber tatsächlich und zu meiner Erleichterung, mit einem monotonen „Ja?“ „Tsukasa. Ich bin's. Tut mir Leid wegen eben. Das war nicht so gemeint, ich war sauer. Wo zur Hölle bist du?“, sprudelte es aus mir heraus und langsam erreichte mein Puls wieder eine einigermaßen normale Frequenz. Wenn er ans Handy ging, dann konnte er schonmal nicht dabei sein gerade einen Vampir zu töten. Das war bestimmt schon Arbeit genug. Da ging man nicht ans Handy! „In der Stadt. Wieso, was ist los?“ Auf meine Entschuldigung ging er gar nicht erst ein. Gut, er war beleidigt. Das hörte ich ihm an! Na das konnte heiter werden. „Nichts ist passiert. Ich... wollte nur wissen wo du bist. Wann kommst du wieder?“ „Wieso interessiert es dich wo ich bin?“, fragte er und klang dabei reichlich angepisst. Eine kurze Pause entstand. „Achso. Warte. Jetzt wird mir einiges klar. Du hast Schiss, dass ich deinem Blutsauger was tue, hab ich Recht?“ Empört plusterte ich die Backen auf. Das war ja wohl die Höhe! Wieso wusste der Kerl eigentlich immer alles? Manchmal war er mir unheimlich! „Hast du's denn vor?“ „Wer weiß. Das passende Werkzeug um ihn zu erledigen hätte ich dabei.“ „Tsukasa! Untersteh dich ihm was zu tun!“, blaffte ich in die Leitung und versuchte dabei nicht allzu verzweifelt zu klingen. Am anderen Ende hörte ich ein trockenes Lachen. „Meine Güte Saga, du müsstest dich mal hören. Es ist schon irgendwie lächerlich, wie sehr du dich für ihn einsetzt.“ „Halt's Maul! Ich liebe ihn, ok?“ Ich drückte energisch den roten Knopf und schmiss mein Handy in die nächstbeste Zimmerecke. Mir doch egal, ob das Teil jetzt endgültig kaputt ging. Das war eh blöd! Langsam dämmerte mir, was ich da eben lauthals von mir gegeben hatte. Mir wurde heiß und der Wunsch mich meines Mageninhalts zu entleeren wuchs von Sekunde zu Sekunde. Hatte ich das wirklich gesagt? Kurz zog ich in Erwägung, Tsukasa noch einmal anzurufen und nachzufragen, ob ich wirklich gerade meine Liebe zu Hizumi beteuert hatte, doch irgendwie erschien mir das als keine gute Idee. Ich ließ mich zurückfallen und starrte die Decke an. Spitze. Nicht nur, dass ich mich mit meinem Bruder in der Wolle hatte, jetzt hatte ich auch noch, ganz unbewusst und ohne darüber nachzudenken, erklärt, dass ich mich in einen untoten Kerl verliebt hatte. Ein gequältes Stöhnen entfuhr mir und meine Hand drückte sich wie von selbst auf meine Augen. Wenn ich die Augen zu machte war das Elend vielleicht nicht ganz so schlimm. Einen Versuch war es wert. Zu meiner Enttäuschung klappte das mit dem Augenzuhalten nicht halb so gut, wie ich es mir erhofft hatte. Mir war immernoch schlecht, mein Arm tat weh und meine Gedanken überschlugen sich förmlich. Langsam kam mir eine gezielte Frage in den Sinn. Stimmte es? War ich wirklich verliebt? Ich presste die Hand weiterhin auf meine Augen und versuchte mich zu beruhigen. Normalerweise erzählten alle immer irgendeinen Mumpitz von wegen „Wenn du deine große Liebe vor dir stehen siehst, dann merkst du das sofort.“ Aha. Hizumi war aber nicht groß. Der war höchstens 1.68 cm! Und das war nicht groß. Ok, große Liebe also schonmal nicht. Aber wenn man also das Wort „groß“ strich, blieb immer noch „Liebe“. War es das wirklich? Wieder entfuhr mir ein Seufzen. Genau das sind die Momente, für die große Geschwister für gewöhnlich gut sind. Pech nur, wenn der große Bruder stinksauer auf einen und das Hauptproblem, über das es mit dem großen Bruder zu reden bedarf, ein durchaus gut aussehender, sympathischer Untoter ist. Noch größeres Pech, wenn der große Bruder das dringende Bedürfnis zu haben scheint, besagten Untoten endgültig aus der Welt zu schaffen. Es war wieder so ein Moment, in dem ich mir ein ganz normales Leben wünschte. Mit ganz normalen Familienmitgliedern. So wie noch vor ein paar Wochen. Da war noch alles ok gewesen! Ich war der Ansicht, dass Tsukasa ein freundlicher, etwas merkwürdiger Kerl war, der seine Abende hinter komischen Büchern und mit irgendwelchen Uni-Forschungsprojekten verbrachte. Des weiteren dachte ich felsenfest, zu mindestens 80% hetero zu sein und nur auf hübsche Mädchen mit möglichst blonden Haaren zu stehen. Und Vampire gehörten in Märchenbücher! Pustekuchen! Das Leben ist kein Baumarkt und ihr kriegt nichts geschenkt! Blöder Satz, aber meistens wahr. Irgendwie kam es mir momentan jedoch so vor, als würde jeder andere Freak Werbegeschenk-Bleistifte einsacken, nur ich nicht. Mehr noch! Irgendein fieser Typ (Der höchstwahrscheinlich in diesem Baumarkt arbeitete!) fand es cool mich leiden zu sehen, davon war ich fest überzeugt! Ich beschloss in diesem Moment niemals wieder einen Baumarkt zu betreten. Sollten die doch sehen wo sie blieben! Die konnten ihre doofen Bleistifte behalten! Der Hass auf die Bauindustrie hatte die Gedanken an Hizumi für ein paar Sekunden vertrieben, doch jetzt kehrten sie mit voller Wucht zurück. Ok. Rational denken und kombinieren. Ich hatte eben folgende Worte losgelassen: „Halt's Maul. Ich liebe ihn, ok?!“ So weit, so schlecht. Was sagte mir das? Gute Frage. Das Problem war, dass mir jegliches Wissen über „Anzeichen“ des, von allen so hochgelobten Verliebtseins fehlte. Affären und auch feste Beziehungen hatte ich mittlerweile zur Genüge gehabt. Aber die wirkliche, wahre Liebe war nie unter ihnen gewesen. Die Leute faselten von Schmetterlingen im Bauch, unbändigem Verlangen, kitschigen Zärtlichkeitsanfällen und Familienplanungsgedanken. Letzteres fiel bei Hizumi wohl schon mal flach. Der Rest allerdings auch. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals irgendwelche fliegenden Insekten in der Magengegend gespürt zu haben, weder bei Hizumi, noch bei sonstwem. Unbändiges Verlangen. Na gut. Heiß war er schon. Aber wirkliche Gedanken in Richtung „Unbändiges Verlangen“ waren mir jetzt so auf die Schnelle noch nie gekommen. Und Zärtlichkeitsanfälle? Ein bisschen vielleicht. Tatsächlich hatte Hizumis Umarmung ein merkwürdiges Gefühl in mir ausgelöst. Aber reichte das schon, um von Liebe zu sprechen? Ich atmete lautstark aus und ließ den Kopf an der Bettkante herunterbaumeln. Langsam öffnete ich die Augen und entfernte meine Hand. Momentan stand mein Zimmer auf dem Kopf. Genauso wie der Rest meiner Welt. Passte perfekt. Langsam jedoch formte mein geniales Hirn eine Idee, die mal wieder absolut durchgeknallt und irgendwie lebensmüde war, aber mittlerweile hatte ich mich an diese Art von Ideen gewöhnt. Der einzige Weg herauszufinden, ob ich wirklich etwas für Hizumi empfand, war, ihn noch einmal zu sehen. (Ok... so neu war die Idee nun auch nicht.) Nebenbei könnte ich auch noch nachprüfen, ob Hizumi nicht vielleicht sogar ähnliche Gefühle für mich hatte. Wobei ich daran irgendwie zweifelte. Was bitte sollte ein Vampir mit einem Menschen wollen? Trotzdem. Ich wollte Klarheit! Egal wie groß der Schmerz sein würde. Vor Hizumis Wohnung, ca 19.30 Uhr... Sagas POV Ich stand nun also vollkommen durchgefroren vor seiner Tür und versuchte die Tränen zu unterdrücken. Nein, noch hatte ich keine Abfuhr bekommen, daran wollte ich jetzt auch gar nicht denken. Die aufkommenden Tränen rührten schlichtweg daher, dass mein Arm sich anfühlte, als würde er in den nächsten Sekunden in tausend kleine Fetzen reißen. Der Schmerz war fast unerträglich und ich rechnete fest damit, dass die Wunde in den nächsten paar Minuten aufreißen würde, wenn ich mich nicht endlich mal in Bewegung setzen und etwas sinnvolles tun würde! Ich atmete tief durch, versuchte den Schmerz mehr oder weniger zu verdrängen und drückte den Klingelknopf. Augen zu und durch. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis sich endlich etwas auf der anderen Seite der Tür zu regen schien. Doch dann hörte man wie auf der Türinnenseite ein Schlüssel herumgedreht wurde und nur wenig später starrten mich Hizumis helle Augen ungläubig an. „Was suchst du denn hier?!“ Er sah mich entgeistert an. Scheinbar sollte diese Frage aufgebracht und wütend klingen, aber in meinen Ohren klang Hizumis Tonfall eher ein wenig mitleiderregend. „Hizumi, ich muss mit dir reden. Bitte. Schick mich nicht schon wieder weg!“, sagte ich und stellte sicherheitshalber meinen Fuß zwischen Tür und Türrahmen. Immerhin hatte ich ja schon meine Erfahrungen gesammelt. „Sag mal spinnst du? Ach warum frag ich überhaupt?! Du musst doch Schmerzen haben!“ Ich zuckte die Schultern und schaffte es sogar, ein schiefes Grinsen auf mein Gesicht zu zaubern. „Ja, hab ich in der Tat. Deswegen würdest du mir einen großen Gefallen tun, wenn du die verdammte Tür jetzt endlich richtig aufmachen würdest, damit ich hinter mich bringen kann, was ich vorhabe, ok? Je schneller ich das hinter mir habe, desto schneller verschwinde ich je nachdem auch wieder.“ Das schien ihm einzuleuchten und ohne mich aus den Augen zu lassen öffnete er die Tür. Erst jetzt sah ich, dass einen Pullover anhatte, der ihm fast bis zu den Knien reichte. Die viel zu langen Ärmel waren bis auf Handgelenkhöhe umgeschlagen und das erste Wort, das mir in den Sinn kam war 'süß'. Ich musste mich beherrschen, um mir ein reflexbedingtes Augenverdrehen, ausgelöst durch meine irgendwie schon wieder unglaublich schwulen Gedanken (Schockschwere Not!), zu verkneifen. Doch das änderte auch herzlich wenig. Er sah süß aus, das musste ich mir jetzt wohl oder übel eingestehen. Mittlerweile hatte er die Tür ganz geöffnet und sah mich fragend an. „Was ist denn?“ Ich setzte an etwas zu sagen, doch irgendwie fiel mir nichts sinnvolles ein. Also beschloss ich es auf die harte Tour zu versuchen und Taten sprechen zu lassen! Noch bevor Hizumi überhaupt verstand was ich da gerade tat, nahm ich sein blasses Gesicht vorsichtig in die Hände und küsste ihn. Die ersten Sekunden, in denen ich realisierte, was ich gerade eigentlich tat, die ersten Sekunden, in denen ich seine kühlen, weichen Lippen auf meinen eigenen spürte, glichen einem Schlag vor den Kopf. In vielerlei Hinsicht. Zum einen meldete sich mein verwundeter Arm mit einer Art von Schmerz, die mich fast ohnmächtig werden ließ. Und zum anderen glaubte ich plötzlich zu wissen, was genau die Leute meinten, wenn sie von Insekten in der Magengegend sprachen. Ein ungewohntes Kribbeln machte sich in meinen Eingeweiden breit und mein Herz hämmerte fast schon schmerzhaft gegen meinen Brustkorb. Hizumi schien in eine Art Schockstarre verfallen zu sein, seine rechte Hand war ruckartig zu meiner Schulter hinauf geschossen und er versuchte mich so auf Distanz zu halten, wenn auch anscheinend eher etwas halbherzig. Aber so leicht gab ein Saga nicht auf! Zögernd bewegte ich meine Lippen gegen Hizumis und ganz allmählich schien er aufzutauen. Ich spürte, wie etwas Warmes meinen Unterarm hinab lief, doch das war jetzt nebensächlich, denn Hizumi begann endlich den Kuss zu erwidern, wenn auch noch ziemlich schüchtern. Genau das war der Moment, in dem mein rationaler Verstand auf Sparflamme schaltete! Wie von selbst schlossen sich meine Augen und die Schmetterlinge (Oder was auch immer das jetzt für Viecher sein sollten.) begannen von neuem zum fliegen,diesmal noch heftiger als ohnehin schon. Ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals eine solche Reaktion auf einen der Art unschuldigen Kuss gezeigt zu haben. Ich merkte, wie Hizumis Hand, die immernoch unverändert auf meiner Schulter ruhte, ihren Griff lockerte, doch gerade, als ich Anstalten machte, den Kuss zu vertiefen, löste sich mein Objekt der Begierde von mir. Langsam öffnete ich die Augen, immernoch schlug mir das Herz bis zum Hals und erst jetzt bemerkte ich, dass ich die ganze Zeit das Atmen vergessen hatte. Hastig pumpte ich Luft in meine Lungen und warf nebenbei einen Blick auf meinen Arm, der unverändert auf Hizumis Schulter ruhte. Dunkle Flüssigkeit sickerte durch meinen grauen Mantel. Blut. Scheinbar war die Wunde aufgerissen. Unwillig ließ ich sein Gesicht los und plötzlich machte sich ein bedrückendes Gefühl in mir breit. Hizumis helle Augen blickten mich verwirrt und ziemlich verständnislos an. Ich wusste nicht, ob es Einbildung war, aber irgendwie schien es mir, als ob Hizumis Wangen von einem leichten Rotschimmer überzogen waren. Konnten Vampire rot werden? Er schien nach Worten zu suchen, schließlich fand er sie. „Was... Saga was hatte das zu bedeuten?“ Er sprach leise und seine Stimme klang rau. Ja. Was hatte das zu bedeuten? Ich schloss für einen kurzen Moment die Augen, um mich zu sammeln. „Hizumi. Ich glaube ich hab mich ehrlich in dich verliebt.“, gab ich zu und das bedrückende Gefühl in mir wuchs, je länger ich in seine hellbraunen Augen blickte. „Meinst du das ernst?“ Ich hatte Mühe diese, fast schon geflüsterten, Worte zu verstehen und zu meiner Überraschung nickte ich, noch bevor er geendet hatte. Und plötzlich wurde mir etwas klar. Ich meinte es ernst. Ich meinte es tatsächlich ernst! Ja, ich war verliebt und zwar in einen 200 Jahre alten, 1.68 großen Vampir. „Ja, ich meine es ernst. Sonst wäre ich nicht hier.“ Halb gelogen, aber egal. Ich musste ihm ja nicht unbedingt gleich nach dem ersten Kuss unter die Nase binden, dass die Aktion hier eigentlich eher eine Art Test gewesen war. Wie auch immer. Die Kernaussage stimmte und nur das war entscheidend! Hizumi nickte schwach und sein Blick wanderte hinunter zu meinem rechten Unterarm, den ich fest gegen meinen Bauch gepresst hatte. Ein erbärmlicher Versuch, die Blutung zu stoppen. „Du solltest jetzt gehen, Saga. Ich weiß nicht, wie lange ich es noch aushalte dein Blut direkt vor der Nase zu haben.“, murmelte er und sah zu Boden. Langsam aber sicher spürte ich, wie sich ein unsichtbares Seil um meine Kehle zu legen schien, das sich mit jedem Wort, das seinem Mund entkam, ein kleines Stück weiter zusammen zog. Ich schnappte unwillkürlich nach Luft. „Was... heißt das jetzt?“, fragte ich leise. Doch im tiefsten Innern kannte ich die Antwort bereits. Ich las es in seinen Augen. „Tut mir Leid. Ich mag dich... Aber die Gefühle, die du mir entgegenbringst, kann ich nicht erwiedern.“, flüsterte er, ohne mir in die Augen zu sehen. Ich nickte mechanisch. Der unsichtbare Strick um meinen Hals verstärkte seinen Druck. „Ok...“ Mehr fiel mir nicht ein. Hizumi sah betreten zu Boden, blickte dann kurz auf und ich konnte erkennen, dass seine Augen langsam hell wurden. „Geh jetzt.“ Wieder nickte ich. „Mach's gut. Du wirst mir fehlen.“ Mit diesen Worten machte ich auf dem Absatz kehrt und verließ das modern gestaltete Gebäude, in dessen zweiter Etage ich gerade die wohl verletzendste Abfuhr meines bisherigen Lebens bekommen hatte. Ich bemerkte auf dem Weg nach Hause kaum, dass der Schmerz in meinem Arm mit jedem Schritt nachließ, genauso wenig bemerkte ich, dass die Hälfte meines Ärmels blutdurchtränkt war. Das einzige, das ich wirklich wahrnahm, war diese andere Form des Schmerzes, die Form, die sich nicht mit ein paar Pflastern und Salbe wieder heilen lässt. Seelischer Schmerz, Verlust gepaart mit einer ordentlichen Portion Liebeskummer. Denn soeben hatte ich begriffen, dass dies ein für alle mal das letzte Treffen zwischen Hizumi und mir gewesen sein sollte. Mir war schlecht und der Gedanke an diesen einen, kurzen Kuss, den ich vor wenigen Minuten erlebt hatte, versetzte mir einen heftigen Stich. Ich fühlte mich leer und ausgebrannt. Verletzt. So leise wie möglich öffnete ich die Tür, in der Hoffnung, einfach ohne weitere Gesprächsversuche oder Fragen meines großen Bruders, in mein Zimmer verschwinden zu können. Doch da mir das Glück an diesem Abend scheinbar einen Arschtritt verpassen wollte, saß besagter Bruder natürlich schon lauernd im Wohnzimmer. „Da bist du ja, ich hab mir schon -“ Er starrte entsetzt auf meinen Arm. „Wo warst du?!“ Und wieder einmal stand da jemand kurz vor dem alles vernichtenden Ausraster, doch an diesem Abend fehlte mir die Kraft zum Gegenargumente schleudern vollkommen. „Kannst du dir das nicht eh denken?“, fragte ich tonlos und unternahm einen ersten Versuch an Tsukasa vorbei in mein Zimmer zu gelangen, der natürlich vollkommen zwecklos war, da mein werter Bruder sich mir mit verschränkten Armen in den Weg stellte. „Saga jetzt erklärst mir bitte, wieso zum Teufel du ständig dein Leben riskierst! Du warst wieder bei diesem Blutsauger, stimmts?“ „Lass mich in Ruhe, ok?“, war alles, was ich auf diese sinnlose Frage entgegnete. Tsukasa kannte die Antwort sowieso, was sollte also dieser unnütze Drang zur Bestätigung? Er seufzte. „Nein, ich werde dich nicht in Ruhe lassen. Das muss verbunden werden!“ Er deutete vage auf meinen blutenden Arm. „Jetzt sag schon! Was wolltest du bei ihm?“ „Ich hab ihm gesagt was ich für ihn empfinde und er hat mir nen Korb gegeben, reicht dir das als Antwort?“, schrie ich meinen verblüfften Bruder an und machte Anstalten ihm den Rücken zu zu kehren. Ich hatte kein Lust mir schon wieder Vorwürfe und Moralpredigten anzuhören. Ein zweites Mal versuchte ich mich an Tsukasa vorbei zu drängen, für einen Moment glaubte ich sogar fast daran es zu schaffen, denn als ich einen Schritt an ihm vorbei ging, hielt er mich nicht zurück. Doch kurz bevor ich meine Zimmertür erreicht hatte, legte sich eine Hand auf meine Schulter und drehte mich langsam herum. „Dann war da also kein Scherz? Heute am Telefon?“, fragte mein Bruder leise. Ich schüttelte wahrheitsgetreu den Kopf. Ich sah Tsukasa regelrecht an, dass ihm etwas auf der Zunge lag, doch scheinbar schaffte er es, seine Worte hinunter zu schlucken. Stattdessen zerrte er mich ins Badezimmer und begann dort, meine Wunde zu verarzten. Wir schwiegen uns an, während er sich um meinen blutenden Arm kümmerte. Ich wusste nicht, was ich ihm sagen sollte. Oder vielmehr konnte. Noch etwas, das mich zusätzlich psychisch in die tiefsten Untiefen hinunter zog. So wie es aussah, vertraute ich meinem eigenen Bruder nicht mehr. Unwohlsein erfüllte mich und ich erhob mich augenblicklich, nachdem Tsukasa das Verbandszeug wieder bei Seite gelegt hatte. Ohne ein Wort machte ich einen dritten Anlauf endlich in mein Zimmer verschwinden, und mit mir und meinen Sorgen allein sein zu können. Doch wieder machte Tsukasa mir einen Strich durch die Rechnung. Dieses mal allerdings mit etwas, das ich zu diesem Zeitpunkt nicht von ihm erwartet hatte. Er nahm mich in den Arm. Einfach so. Ohne giftige Bemerkungen über Hizumi oder andere Untote, ohne blöde Belehrungen und ohne dämliche Kommentare. Zugegebenermaßen brauchte ich eine ganze Weile, bis ich mich in der Lage dazu fühlte, die Umarmung zu erwiedern. Doch es half. Ein bisschen wenigstens. Ich fühlte mich nicht mehr ganz so alleine und zurückgewiesen. Ich konnte nicht einschätzen, wie lange wir so, schweigend und uns in den Armen haltend, im Badezimmer standen. „Willst du jetzt lieber allein sein?“, fragte Tsukasa schließlich in seinem gewohnt ruhigen Tonfall. Ich nickte. „Ok. Wenn du reden willst... oder so... Ich bin im Wohnzimmer.“ Ein winziges, kaum sichtbares Lächeln schlich sich auf meine Züge. „Danke.“ Kurz lehnte ich den Kopf an Tsukasas Schulter, dann löste ich mich von ihm und verbarrikadierte mich in meinem Zimmer. Ich warf mich aufs Bett und versuchte mich an diese dämlichen Tipps gegen Liebeskummer zu erinnern, die man in jeder Zeitschrift und in jeder billigen Fernsehshow eingetrichtert bekam. Schokolade essen, sich ablenken, Weiber aufreißen, was mit Freunden unternehmen, Hassbriefe an die Person schreiben, die sich des Herzbruchs schuldig gemacht hat. Aber keines Falls abschicken. Immer schön direkt nach dem Schreiben zerreißen! Ich griff nach meinem Kopfkissen und drückte es mit beide Händen energisch auf mein Gesicht. Momentan wollte ich nicht das geringste Fitzelchen von dieser ätzenden, ungerechten Welt mitbekommen. Nichts sehen und nichts hören! Und diese dämlichen Liebeskummerbewältigungstricks konnten sich die blöden Redakteure dieser Klatschblätter mal gepflegt in den Hintern schieben! Hassbriefe schreiben war sinnfrei. Immerhin war ich verliebt in den Kerl, (noch) nicht mit ihm verfeindet. Bescheuerte Idee also! Schokolade essen war keine schlechte Idee, aber langfristig gesehen ziemlich mies, denn wenn ich jetzt auch noch fett werden würde, dann Ade, schnödes Leben. Noch mehr Depression würde mein, sowieso schon angeknackstes, Herz nicht vertragen können. Und einen drauf machen mit Kumpels. Auch beschissen. Ich wollte niemanden sehen, schon gar keine dämlichen Weiber die sich billig und willig auf meinem Schoß breit machten. Spitze. Jetzt dachte ich schon Dinge wie „dämliche Weiber“. Im tiefsten Innern schloss ich einen Pakt mit mir selbst: Zu 100% (Nicht nur zu 80%, wie bisher!) hetero werden, sobald diese Hizumi-Sache überwunden war. Falls sie das je vollkommen sein würde... *-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-* Und Schluss. Tja, ist halt nicht so einfach sich als Mensch einen Vampir zu angeln u_u Aber drücken wir Saga mal die Daumen, vielleicht findet sich ja doch noch eine Möglichkeit ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)