100% Sorglospunks! von abranka ================================================================================ Kapitel 57: Die Reise ins Chris‘ -------------------------------- „Hilfe!“, gellte Nifens Stimme durch die Sorglospunks-Residenz mitten im schönen Schwabenländle. Während die Sorglospunks-Zwillingen Jack und Easy augenblicklich in Richtung Managementbüro stürmten, kam ihnen Kiwi entgegengeschossen. Das katzige Bandmaskottchen hielt nicht viel davon, sich im lauten Chaos aufzuhalten und wenn die sonst so gelassene Nifen schon laut schrie, dann stand das Chaos nicht nur vor der Tür, sondern war schon unbemerkt durch die Hintertür oder eine Fußbodenritze eingedrungen. Abranka, die Bandmuse, zischte auf ihrer Wolke an den Zwillingen vorbei und sauste mit eingezogenem Kopf dicht unter dem Türrahmen hindurch in das Büro. Die Bandmanagerin Nifen stand mit hilflos wedelnden Armen neben dem Computer, vor dem der Gitarrist Chris hockte. Im ersten Moment hofften sie noch darauf, dass der Streit um den schnellen Rechner mal wieder etwas eskaliert war, doch Nifens Worten ließen anderes ahnen: „Er sagt nichts! Ich habe ihn angestoßen und er reagiert nicht. Er macht gar nichts mehr!“ Abranka flog etwas näher und hielt Chris die Hand vor die Nase. „Doch, er atmet.“ „Na, immerhin“, gab Nifen sarkastisch zurück. „Aber… aber…“, keuchte Easy hektisch. „Was machen wir denn jetzt?“ „Einen Arzt rufen“, schlug die Bandvernunft Jack vor, die gewohnt ruhig blieb. „Ich glaube nicht, dass das ein Fall für einen Arzt ist.“ Abranka wedelte mit der Hand vor Chris‘ Gesicht herum. „Das sieht mehr nach einem magisch-übersinnlichen Problem aus.“ „Wie kommst du darauf?“, erkundigte sich Nifen. Magisch-übersinnlich klang noch immer nicht gut, aber auf jeden Fall besser als die Vorstellung, dass Chris ernsthaft krank war und einen Gehirnschlag erlitten hatte oder so. „Instinkt.“ Abranka zuckte mit den Schultern. „Außerdem hat er gerade diese komische Homepage da offen.“ Sie deutete auf den Monitor. Die zwei verbliebenen Sorglospunks und ihre Managerin beugten sich vor den Bildschirm. ‚Die Reise ins Ich – explorieren Sie sich selbst und entdecken Sie Ihr Innerstes!‘ stand dort in wabernd grünen Lettern auf einem dunkelblauen Hintergrund. „Klingt nach einem Fall für Hime“, murmelte Jack. Die Bandfreundin und Hexe Himeka war schließlich die Universalhilfe der Sorglospunks und hatte sicher irgendein Ass im Ärmel, mit dem sie ihnen weiterhelfen konnte. „Und Chiiii rufen wir auch an!“, rief Easy, die immer auf die gewaltigen Kräfte des Teufels zählte. Gesagt, getan. Eine Viertelstunde später flitzte Himeka auf ihrem Besen Jensen durch das Fenster ins Büro. Die Vier hatten sich nämlich nicht getraut, Chris zu bewegen, sondern ließen ihn sicherheitshalber erst einmal dort sitzen. Auch Chibichi tauchte kurz darauf auf und warf gemeinsam mit Himeka einen nachdenklichen Blick auf den außer Gefecht gesetzten Sorglospunk. „Reise ins Ich, hm?“ Chibichi legte die Stirn in Falten und fuhr sich durch die roten Haare. „In der Tat.“ Himeka kratzte sich den Nacken. „Klingt nach einem Zweifronteneinsatz.“ „Sehe ich genauso.“ „Gut.“ Chibichi grinste, während sie sich den vier ungeduldig wartenden Freundinnen zuwandte. „Himeka holt was, womit ihr Chris vor Ort helfen könnt. Und ich werde in der Zwischenzeit mal sehen, was ich über den Autor dieser Homepage herausfinden kann, denn da sind so einige Dämonenflüche im Spiel. Und zwar verdammt alte Flüche.“ Sie runzelte die Stirn. „Klingt nicht gut“, sagte Nifen trocken. „Nein, gar nicht gut.“ Der Teufel schüttelte den Kopf. „Ich mache mich schon mal an die Arbeit.“ Sie nickte kurz und zog dann ihr Hell-o-Berry aus der Tasche, um einige Mails zu schreiben und ein paar Leute anzubrüllen. Normalerweise funktionierte das schließlich. Während Chibichi ihre höllische Basis – mit Kiwi auf ihren Knien, da die Katze den Teufel abgöttisch liebte – im Wohnzimmer aufgebaut hatte, machten sich die Sorglospunks und Himeka in Nifens Büro breit. Matratzen waren auf dem Boden verteilt worden und Himeka hatte jedem der Vier eine Schlafbrille in die Hand gedrückt. „Ich werde euch gleich mit einem Hypnosemator beschießen. Eure Hypnosesensoren – die Schlafbrillen da – werden diesen verstärken und die Signale in eure Gehirne schicken. Dann wirke ich einen Verbindungszauber, der euch in Chris‘ Verstand hinein bringt. Wenn irgendetwas ist und ihr raus wollt, müsst ihr das Losungswort sagen. Es lautet Petunie.“ „Petunie? Warum nicht Kaffee oder Kiwi?“, erkundigte sich Jack. „Weil es etwas sein muss, dem ihr in eurem Alltag nicht allzu oft begegnet, denn sonst ruft ihr es ganz schnell aus und seid schwups wieder bei mir und wir dürfen noch einmal von vorne anfangen. Alles klar?!“ „Jupp.“ „Passt schon.“ „Fang an.“ „Ready!“ Die Vier legten sich hin und ließen sich von Himeka in Chris‘ Ich hineinkatapultieren. Sie landeten mitten im Nirgendwo an einer Kreuzung. „Ah, ja, und hier finden wir also mal eben Chris‘ Selbst, ja?“, fragte Jack mit ätzender Stimme. „Klang irgendwie einfacher…“, murmelte Abranka, die tatsächlich ohne Wolke materialisiert war und mit ihren antiken Sandalen laufen musste. „Ich hätte Turnschuhe anziehen sollen“, fügte sie mit einem Blick auf ihre Füße hinzu. „Ach, meckert doch nicht. Auf geht’s.“ Easy strahlte in die Runde. „Und wohin?“, erkundigte sich Nifen. „Wohin sollen wir gehen?“ „Na, den Schlappen nach. Ist doch logisch.“ Die Sängerin der Sorglospunks deutete mit ausgestrecktem Finger auf ein Paar fußleere Schlappen, die wenige Meter von ihnen entfernt den Pfad entlangschlappten, der in eine dunstige Ferne führte. Die anderen sahen sich an, zuckten mit den Schultern und entschieden sich, Easys Vorschlag geschlossen anzunehmen, denn einen besseren hatten sie schlichtweg nicht zu bieten. Also folgten sie den Schlappen. Kurz darauf begann Easy zu singen: „Mit nem Affen auf der Schulter und nem Bier in der Hand, ziehn wir weiter, immer weiter, bis dahin ins ferne Land!“ Der Weg zog sich lang und eintönig in leichten Windungen über eine triste Ebene aus totem Gras. Der Himmel war schmutziggrau und verbesserte ihre Stimmung nicht gerade. Nunmehr schweigend stapften sie dahin. „Lauft!“ Urplötzlich brüllte Easy dieses eine Wort in die Leere hinein und sprintete los. Ohne nur einen Gedanken an den Grund dafür zu verschwenden, rannten Nifen und Abranka ihr hinterher. Jack dagegen warf einen Blick zurück und wollte wissen, was los war. Nur einen Wimpernschlag später folgte sie ihren Freundinnen. Diese Bestie, die sie da gerade jagte, war wirklich nicht hübsch. Sie sah aus wie ein Alien aus der berühmten Filmreihe, das mit Fell bedeckt war und Ballons hinter sich herzog. „Nicht umdrehen! Rennen!“, presste Easy aus ihren angestrengten Lungen hervor. „Da vorne ist ein Abgrund!“, kreischte Abranka entsetzt, als sie einen Hügel hinabhetzten und das schwarze Loch sichtbar wurde. „Prima! Wir müssen fallen!“ „Du bist doch bescheuert, Easy!“ Jack besaß kaum noch Luft, um diese Worte herauszupressen. „Vertraut mir!“ Mit einem energischen Satz sprang Easy in das schwarze Loch hinein. Auf den Lippen hatte sie den wilden Kampfschrei der Sorglospunks: „Aufi!“ Mit geschlossenen Augen sprang Abranka hinterher, dann kam Nifen, die fassungslos in das Nichts unter sich starrte und noch während sie fiel, gar nicht glauben konnte, dass sie gerade tatsächlich gesprungen war. Jack machte eine Vollbremsung. Kies und Sand polterten hinab und verloren sich nach Sekundenbruchteilen im dunklen Nichts. „Hey!“, schrie sie hinter den Dreien her, doch der Schall verlor sich so schnell, dass sie noch nicht einmal mehr Easys Schrei hören konnte. Der Boden dröhnte und das befellte Alien war fast heran. Geifer tropfte ihm von dem aufgerissenen Mal mit den scharfen Zähnen. „Oh, verdammt!“ Mit geschlossenen Augen und einem gellenden Schrei auf den Lippen sprang sie. Wider Erwarten landete Jack weich. Sie saß in einem Haufen Federkissen und wühlte sich langsam daraus hervor. Easy, Nifen und Abranka hockten unweit entfernt. „Boah, Easy! Woher wusstest du, dass wir nicht sterben würden???“, fragte Jack atemlos. Langsam rappelte sie sich auf und ging zu den anderen. „Typisches Traumpanorama. Man landet als erstes an einem komischen Ort, dann rennt man vor was Fiesem weg und dann fällt man.“ Easy zuckte die Schultern. „Ist dir das noch nie aufgefallen?“ Jack schüttelte den Kopf und fuhr sich durch die Haare. „Und was kommt jetzt?“ „Na ja, jetzt kommt Stufe 2, was bedeutet, dass vermutlich irgendetwas Skurriles passieren wird, das wir ganz normal finden.“ „Und das bedeutet, wir sind unserem Ziel etwas näher gekommen.“ Nifen grinste. „Das Biest vorhin war quasi die erste Verteidigungslinie.“ „Supi. Ich weiß gar nicht, ob ich die nächste kennenlernen will“, gab Abranka zur Antwort. „Kopf hoch, Muse. Wir brauchen dich für die guten Ideen, wenn Easys Intuition nicht mehr reicht.“ Freundschaftlich tätschelte Nifen ihr den Rücken. „Also, wir haben die Wahl zwischen dem Dschungel da hinten, dem komischen Schloss da vorne und, dem Raumschiffding auf der anderen Seite.“ Jack knautschte die Stirn. „Easy, was meinst du?“ „Ist egal. Passieren wird es überall.“ „Dann das Raumschiff!“, rief Abranka aus. „Das sieht aus wie die Enterprise!“ „War ja klar.“ Jack rollte mit den Augen. „Du bist dir schon darüber im Klaren, dass du Schuld an der Anwesenheit dieses Raumschiffes hier bist, weil es bei dir in letzter Zeit immer nur Star Trek hier, Star Trek da, Star Trek juchie, Star Trek juchei heißt?“ „Na und?“ Die vier Mädels zogen los und betraten alsbald das Raumschiff. „Schnell, wir müssen den Warpkern abwerfen!“ Umeko, Chris‘ japanische Freundin, gekleidet in eine Sternenflottenkapitänsuniform, stand auf einmal vor ihnen. „Äh, was?“ Jack und Nifen guckten perplex, während Abranka über beide Ohren strahlte und Easy der Traum-Umeko um den Hals fiel. „Umeko! Schön, dich zu sehen.“ „Ja, ja, und jetzt los, Kadetten!“ Damit stürmte die Sternenflotten-Umeko davon und in Ermangelung anderer Möglichkeiten folgten sie ihr. Wie aus dem Nichts trugen sie auf einmal Kadettenuniformen. „Wo sind denn die anderen alle?“, fragte Abranka schnaufend, als sie kurz nach Captain Umeko im Maschinenraum ankamen. „Die Crew hat das Schiff bereits verlassen. Die Borg entern das Schiff. Wir müssen noch den Warpkern abwerfen, ehe wir weg können.“ Umeko begann hektisch auf einer Bedienungstafel herumzuhacken. „Äh… Und warum soll der Warpkern abgeworfen werden? Können wir nicht einfach das Schiff in die Luft jagen? Selbstzerstörung und so?“, erkundigte sich Nifen. „Na, deswegen werfen wir den Warpkern ja ab“, sagte Umeko und begann über technische Details zu sprechen, die selbst Abranka nicht mehr nachvollziehen konnte. „Kurz gesagt: Der Warpkern jagt das Borg-Schiff in die Luft, ja?“, fasste Abranka die Situation schließlich zusammen. „Exakt. Und jetzt helft mir!“ „Aye!“ Abranka war sofort Feuer und Flamme und nahm sich Bedienungstafeln vor, die sie noch nie zuvor von Nahem gesehen hatte, aber die sie nun perfekt bedienen konnte. „Nifen, kalibrier die Phasergewehre neu, damit wir uns gegen die Borg wehren können!“, brüllte Umeko. Schlagartig war es laut geworden. Es schien, als wenn eine mechanische Armee durch das Schiff stapfte. „Wenn ich den Energiekontrollkonverter quer mit der Phasenvarianz von Pi-Drittel hoch acht verbinde und eine energetische Rückkopplungsschaltung in gegenseitiger Verknüpfung mit Energieausstoß und dem vertikalen Zielfinder auf Basis der Junktionstheorie erzeuge, dann müsste das gehen!“, rief Nifen über den Lärm zurück und machte sich an die Arbeit. Easy bibberte vor Angst und wartete auf das erste fertig kalibrierte Gewehr, während Jack die Augen rollte. „Absurd“, murmelte sie leise. „Alles total absurd.“ Auch als die ersten Borg durch die Tür marschierten und Easy das Feuer eröffnete, fand Jack es nicht weniger absurd, schnappte sich jedoch ebenfalls ein Gewehr und deckte die todbringenden Aliens mit dichtem Energiefeuer ein. „Macht schneller!“, schrie sie Captain Umeko und Abranka zu, die sich nahezu überschlugen. „Warpkern ist ausgestoßen!“ Umekos Stimme drang kaum durch den Kampflärm. Dann verschwand die Welt in dem gleißenden Licht der Explosion. „Boah, ey. Nie wieder!“, schimpfte Jack, als sie sich auf einer friedlichen Lichtung in einem wildwucherndem unberührten Wald wiederfanden. „Was nie wieder?“, fragte Nifen keck. „Träume! Aliens! Star Trek!“ Jack wollte noch weiter zetern, brach dann aber ab, als sie sah, dass sie nicht mehr allein waren. „Chris! Endlich!“ „Oh, ihr hier?“, erkundigte sich der Gitarrist überrascht. „Können wir nach Hause gehen? Irgendwie hab ich mich hier verirrt.“ „Klar.“ Easy grinste breit und ehe die anderen auch nur den Versuch machen konnten, Details zu der Situation zu verlangen, rief sie auch schon: „Petunie!“ Die Sorglospunks erwachten in Nifens Büro. „Chris!“ Easy war als erstes auf den Beinen und fiel ihm um den Hals. „Äh, was war eigentlich los? Ich hab doch nur geträumt, oder?“, fragte Chris verwirrt und streckte dann seine steifen Arme. „Autsch.“ „Nein, du warst eher… weggetreten“, erklärte Himeka vergnügt, die sorgfältig über die Sorglospunks gewacht hatte. „Und warum?“ „Na, das wüssten wir auch gerne“, warfen Abranka und Nifen unisono ein. „Ich hab zumindest eine Spur gefunden“, kam es von Chibichi, die die fröhliche Rückkehr hatte hören können und herüber gekommen war. „Du hast eine Homepage geöffnet, die mit Dämonenflüchen bedeckt ist. Ziemlich kompliziertes, gemeines Zeug, die den Nutzer bei Aktivierung – ich wette, du hast da ein paar Sachen angeklickt – in seinem Innersten einsperren. Warum weiß ich leider nicht. Was war es denn, was du gesehen hast?“ „Ein wilder, sehr urwüchsiger Wald voller Tiere und – logischerweise – Pflanzen. Da waren Wölfe, Bären und Luchse.“ Chris’ schauderte. Jack meinte dazu trocken: „Klingt nach einem Verfechter von ‚Zurück zur Natur‘.“ „In der Tat.“ Chibichi zog die Nase kraus. „Ein paar radikale Umweltschützer vertreten ja die Ansicht, dass die Menschheit ausgeschaltet werden muss, damit die Natur eine Chance hat. Und es wäre durchaus logisch, die Menschen nach und nach in sich selbst einzusperren und dort mit der idealen Natur zu konfrontieren… Ich werde mal meine dämonischen Kontakte darauf ansprechen. Und immerhin haben wir einen Namen: Shirokko.“ „Na, aber wir müssen dieser Shirokko ja nicht unbedingt noch einmal wiederbegegnen…“, meinte Easy und lächelte. Für sie war alles jetzt vorbei. „Wer weiß, wer weiß…“, murmelte Abranka leise und schaute Chibichi an. In den Augen des Teufels las sie die gleiche Ahnung, die auch sie verspürte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)