100% Sorglospunks! von abranka ================================================================================ Kapitel 46: Es geschah im März... --------------------------------- I. Reif für die Insel „Ich hab langsam die Nase voll von dem ewigen Schnee!“ Missmutig vergrub Jack ihre Hände noch tiefer in den Manteltaschen und drückte ihre Nase gegen den warmen Schal, den sie sich mehrfach um ihren Hals gewickelt hatte. Während Jacks Zwillingsschwester Easy voraushüpfte und sichtlich Spaß am Schnee hatte, marschierte Chris ähnlich missmutig neben Jack her. Die beiden Sorglospunks konnten die Begeisterung ihrer Frontfrau absolut nicht teilen. Immerhin hatte der Winter dieses Jahr schon sehr viele schnee- und schlittenreiche Tage mit sich gebracht – was ja an sich auch schön war, doch irgendwann musste der Frühling auch endlich einmal beginnen. Jack und Chris hegten langsam eine beständig wachsende und sehr große Sehnsucht nach Frühling, Sonnenschein, frischem Grün und wärmeren Temperaturen. Eine Sehnsucht, die Nifen und Abranka eindeutig teilten. Allerdings hatten sich diese zwei dafür entschieden, den drei Sorglospunks den Ausflug zum WWWB-Markt zwecks dringend notwendigem wöchentlichen Einkauf allein zu überlassen und selbst lieber im Warmen zu bleiben. Außerdem wartete Nifen noch auf der Ergebnis ihrer aktuellen Ebay-Versteigerung. Als Bandmanagerin versteigerte sie nämlich alle naselang die Auftritte der Sorglospunks über die bekannteste Auktionsplattform der Welt. Glücklicherweise ahnten Jack, Chris und Easy momentan nicht, dass ihre Managerin sie wieder einmal als Zielobjekt eingestellt hatte. Immerhin hatten sie schon reichlich kuriose und seltsame Erfahrungen mit denjenigen gemacht, die ihre Auftritte ersteigert hatten. Derartige Erfahrungen, dass Jack rigoros gesagt hatte, dass sie nie wieder versteigert werden wollte. Nicht, dass das Nifen beeindruckt hätte… Und deswegen hatte sich Jack nach einigem zähen Verhandeln zu ihren Bedingungen doch dazu bereiterklärt, diesen „Weg der Chancen“, wie Nifen gern sagte, zu gehen. Die Muse Abranka schaute ihr gerade über die Schulter und verfolgte aufmerksam, wie die Sekunden verrannen. Dann war die Aktion zu Ende. Niemand hatte geboten. „Mist.“ Nifen schlug mit der Hand auf den Schreibtisch. „Ob unsere Anforderungen zu hoch waren?“ „Du meinst…“ Abranka räusperte sich und las dann vor: „1. Keine Untoten, Monster, Geister oder Ähnliches. 2. Wir tragen keine albernen Kostüme und kleiden uns besonders nicht wie Cowboys. 3. Wir erwarten auch eine tatsächliche Bezahlung. 4. Wir retten nicht schon wieder die Welt. Rettet sie doch endlich mal selber!“ Nifen grinste und hob die Schultern. „Wenn man uns nicht kennt, klingt das doch glatt ein wenig verrückt, oder?“ „Japp.“ Abranka lächelte. „Aber das waren nun einmal Jacks Bedingungen…“ „Und ich wette, sie wusste, was das heißt.“ In der Zwischenzeit waren die drei Sorglospunks beim WWWB-Markt angekommen und freuten sich, ins Warme zu kommen. Der typische Supermarktgeruch, vermischt mit einer Extradosis Mandarine, umwehte sie. „Ich hole den Kaffee!“, verkündete Easy und damit stürmte die ungestüme Frontfrau der Band bereits davon. Jack seufzte leise. „Lass uns zusammenbleiben, okay?“, wandte sie sich an Chris. „Sonst muss ich hinterher euch beide suchen.“ Chris grinste breit. „Du weißt doch…“ „Du bist bei der Gitarrenpolitur. Ja…“ Jack entfuhr ein erneuter Seufzer. „Aber ich habe keine Lust, den ganzen Rest allein zusammenzusuchen und dann nach Hause zu schleppen, weil ihr schon weg seid.“ Chris überlegte einen Moment und stimmte dann der Drummerin und heimlichen Bandleaderin zu. „Irgendwie ja doch nachvollziehbar. Dann bin ich heute dein Einkaufswagenfahrer, okay?“ Ein dankbares Lächeln legte sich auf Jacks Gesicht. Manchmal waren ihre beide Bandkollegen nämlich weitaus schwerer zu hüten als der berühmte Sack Flöhe. Dummerweise war Chris nur fünf Minuten später samt Einkaufswagen verschwunden. So langsam reichte das. Jack schmollte jetzt und wer wusste, wie sie tickte, wenn sie denn schmollte, machte dann gleich einen sehr großen Bogen um sie. Mit verschränkten Armen und einem äußerst missmutigen Gesichtsausdruck marschierte sie durch die Gänge des Supermarktes und hatte jetzt nur noch das Ziel, einen Schwung Schokolade und das Kiwi versprochene Katzenfutter einzusacken, und dann zu verschwinden. Sollten die anderen doch sehen, wie sie ohne sie klarkamen! Sie hatte die Nase gestrichen voll! Schwungvoll bog sie um die Obsttheke herum, schnitt wie gewohnte die Kurve und prallte vollkommen überrascht gegen ein Hindernis, das dort sonst nicht stand. Sie keuchte, als sich die Kante des Tisches in ihren Bauch bohrte. Und sobald sie wieder Luft dazu hatte, fluchte sie ausgiebig. „Ist dir etwas passiert?“ Der junge Mann, der hinter dem Tisch gestand hatte, war sofort zur Seite gesprungen und bereit gewesen, ihr zu helfen. „Das gibt einen blauen Fleck“, jammerte Jack leise und fuhr sich durch die Haare. Dieser Tag war doch so was von verkorkst! Draußen das ätzende Wetter, hier drinnen ihre ätzenden Bandkollegen und ihre noch viel ätzendere Schwester. Sie wollte nach Hause. Jetzt, sofort! Und sich da ins Bett kuscheln, Schokolade essen und erst wieder rauskommen, wenn es richtiger Frühling mit Sonnenschein und blühenden Blumen und zwitschernden Vögeln war. Und nicht eher! „Es tut mir so Leid! Ich hätte den Tisch anders aufstellen sollen. So, dass man ihn besser sieht“, entschuldigte sich der junge Mann weiter. Jack musterte ihn kurz. Er sah nett aus. Lange dunkle Haare, im Nacken zusammengebunden, weiche braune Augen, perlweiße Zähne und Grübchen, wenn er lächelte, dazu ein recht lässiges Outfit in kräftigem Grün, das ein wenig an einen Ranger erinnerte (besonders die hohen Stiefel). Die Ohren waren spitz und insgesamt erinnerte er sie arg an Legolas aus dem „Herrn der Ringe“. Jack winkte ab. „Kein Problem. Ich werd’s überleben.“ „Komm, als Entschädigung nimm an dem Gewinnspiel hier teil. Bei dem Pech gerade musst du dabei einfach Glück haben.“ „Was kann man denn gewinnen?“ „Urlaub auf einer schönen Frühlingsinsel für dich und deine Freunde.“ „Wie viele Freunde?“, hakte Jack aufmerksam nach. „Bis zu drei.“ Jack grinste breit. Das würde sogar für die nervigen Bandkollegen reichen. Falls sie nett war und diese mitnahm… „Okay… Her mit dem Zeugs.“ Noch immer grinsend streckte Jack die Hand nach den Gewinnspielunterlagen aus und fing dann fleißig an, diese auszufüllen. Es war eine Chance aus diesem tristen deutschen Pseudofrühling herauszukommen und endlich in echten Frühling einzutauchen! II. Die Insel der Abenteuer „Ich habe gewonnen!“ Jack hopste fassungslos vor lauter Freude durch das Wohnzimmer der Sorglospunks-WG. „Ich hab gewonnen! Gewonnen, gewonnen, gewonnen!“ Sogar, dass Kiwi zielsicher zwischen ihren Füßen herumturnte und sie beinahe zu Fall brachte, störte sie nicht weiter. Sie hopste glücklich weiter und wedelte mit einem Briefumschlag in der einen Hand herum. „Was hast du denn gewonnen?“, erkundigte sich Nifen und löste ihrer Aufmerksamkeit von ihrer hübschen Neopetspuzzlearbeit. „Urlaub auf einer Frühlingsinsel!“ „Wow.“ „Nur du alleine?“, erkundigte sich Chris sofort. „Oder darfst du noch jemanden mitnehmen?“ „Nun…“ Jack grinste. „Wenn ihr liebt seid, nehme ich euch alle drei mit. Und Abranka natürlich auch.“ „Aber ich brauche ja kein Ticket, schon klar.“ Die Muse winkte grinsend ab. Da die meisten Menschen sie nicht sehen konnten – jedenfalls dann nicht, wenn sie es nicht wollte –, konnte sie sich recht problemlos überall dorthin bewegen, wo sie hinwollte. „Oh, wir sind lieb, wir sind lieb!“ Easy kam mit einer großen Tasse Kaffee aus der Küche gehopst – wusste der Teufel, wie sie dort Jacks Stimme hatte hören können. Jack grinste breit. Ihre Enttäuschung und ihren Frust von dem misslungenen gemeinsamen Einkauf hatte sie bereits vergessen. Bei jemandem, der zu den Sorglospunks gehörte und mit Easy sowie Chris zusammenlebte, gehörte das wohl zur grundlegenden Überlebensstrategie. „Na gut. Weil ihr es seid. Und weil wir alle etwas Frühling gebrauchen können.“ „Zeig mal.“ Nifen schnappte Jack, die nun einen gemeinsamen Hüpftanz mit Easy, der Kaffeetasse sowie dem hinzugestoßenen Chris um Kiwi herum hinlegte, das Papier aus der Hand. Abranka sah der Bandmanagerin neugierig über die Schulter. „Willkommen auf der Insel der Abenteuer“, stand dort. „Betreten Sie ein Paradies des wunderbarsten Frühlings der Welt und gehen Sie auf Ihr eigenes Abenteuer, entdecken Sie die Insel – und entdecken Sie vor allem sich selbst.“ Während Nifen eine Augenbraue hochzog und sich akute Skepsis in ihr breit machte, zeigte Abranka fröhlich auf die Fotos. „Sieht dort doch nett aus. Und schlimmer als die Hölle kann es ja nicht werden, oder?“ Die Bandmanagerin musste wider Willen lachen. „Nein, vermutlich nicht.“ Damit war es besiegelt. Sie würden die Reise auf die Inseln der Abenteuer antreten. Zwei Tage später stiegen die Sorglospunks aus einem kleinen Wasserflugzeug und kletterten auf einen schmalen Steg. Es war angenehm warm. Nicht sommerheiß und nicht frühjahrsfrisch, sondern es waren genau diese tollen Frühlingstemperaturen, die das Schwabenland seiner berühmt-berüchtigsten Band verweigert hatte. „Herrlich!“, schnaufte Jack begeistert und sah sich um. Die Bäume, die hinter dem Kai die schmalen Straßen des malerischen Dorfs säumten, standen in voller Blüte und verströmten einen angenehmen Duft. Vögel trillerten, Bienen summten. Kurzum: Das war ein Paradies. Eindeutig. „Herrlich!“, entfuhr es auch Easy, Nifen, Chris und Abranka als diese ebenfalls das Flugzeug verlassen hatten und hinter Jack hergekommen waren. „Oh, und da ist der Empfang für die Gewinnerin!“, rief Easy aufgeregt und deutete auf eine regelrechte Prozession grün gekleideter Inselbewohner. Vor Begeisterung stieß sie Jack so heftig in die Seite, dass diese beinahe in das klare Wasser der Lagune fiel. „Pass doch auf“, schimpfte diese, nur um einen Sekundenbruchteil später schon zu strahlen und sich auf die Begrüßung zu freuen. Sie war schließlich so eine Art Ehrengast hier! Erwartungsvoll blickten die Sorglospunks der Prozession der Insulaner entgegen. „Die sind ja alle blond“, stellte Easy leise fest. „Und sie tragen gar keine Baströckchen…“, schmollte Chris. „Willst du Baströckchen an Männern sehen?“, erkundigte sich Abranka mit einem süffisanten Grinsen. „Pst!“, machte Jack unwirsch, denn jetzt hatten die Insulaner die Gruppe erreicht. Staunend bemerkte die Bandleaderin, dass an der Spitze der Gruppe blondhaariger, spitzohriger junger Leute – Männlein wie Weiblein – niemand anderes stand als der junge Mann, bei dem sie die Gewinnspielunterlagen im WWWB-Markt im fernen Schwabenland unterzeichnet hatte. „Du?“, fragte sie mit großen Augen. „Äh, ja.“ Er lächelte verlegen. „Eigentlich sollte die Begrüßung etwas anders ausfallen, aber ja, ich.“ „Lass dich nicht ablenken und sag die Begrüßung, die du vorhattest“, mischte sich nun Nifen ein. Sie besaß einen sehr guten Sinn dafür, wenn etwas potenziell noch etwas Anderes verbarg. Und das hier verbarg irgendetwas. Jack nickte nur stumm und mit offenem Mund, was der blonde Pseudoelf zum Anlass nahm, tatsächlich seinen vorbereiteten Begrüßungstext zu sprechen. „Wir heißen euch herzlich auf der Insel der Abenteuer willkommen.“ Ein Tusch erklang, die Inselbewohner warfen mit Blüten um und sangen leise eine klangvolle Melodie. „Ich bin Logales vom Stamm der Frühlingsstimmen und begrüße euch im Namen meines Volkes.“ Logales machte eine ausgreifende Armbewegung, die die gesamte Insel in seine Begrüßung mit einschloss. Dann zögerte er. „Ah, jetzt kommt der interessante Teil.“ Nifen grinste, war ihr einen unsanften Ellenbogenstoß von Jack einbrachte. „Nun… Und wir bitten euch um eure Hilfe.“ „Argh!“ Jack stöhnte auf. „So viel zu Urlaub, tollen Abenteuern, Frühlingsluft genießen und so weiter. Wahrscheinlich war das auch Absicht, dass wir hierher gekommen sind, oder?“ Das schuldbewusste Gesicht von Logales sorgte dafür, dass sie nur noch lauter aufstöhnte. „Okay, Leute, wir verschwinden.“ Damit packte sie Easy und Chris am Schlafittchen und zerrte die beiden in Richtung Steg zurück, um wieder in das Flugzeug zu steigen. Dummerweise hob dieses jedoch gerade ab und sollte erst in vier Wochen wieder zurückkommen, um sie abzuholen. Während Jack einen Haufen Geräusche ausstieß, die ihren Frust zum Ausdruck brachten, wandte sich Nifen an Logales. „Warum sollen ausgerechnet wir euch helfen und vor allem wobei?“, erkundigte sie sich freundlich. „Nun, wir haben euch hierher gebracht, weil wir bisher nur Gutes von euch gehört haben und ihr nahezu Experten darin seid, ausweglose Situationen zu meistern.“ „Und unsere Partnerstadt Tristesse hat uns von euch erzählt!“, warf eine junge Frau ein. „Ah, Tristesse also.“ Nifen nickten. „Haben die auch etwas über Belohnung und so gesagt?“ „Äh, nein.“ Logales blickte sie mit großen Augen an. „Gut, gut, gut… Wir geben ein Konzert am Ende des Abenteuers und für das Konzert werden wir angemessen bezahlt. In Ordnung?“ Logales ergriff augenblicklich Nifens Hand und schüttelte sie energisch. Er hatte offenbar mit Schlimmerem gerechnet. „Jack, komm endlich wieder her!“, verlangte in dem Augenblick Abranka. Easy und Chris hatten sich bereits wieder zu der Gruppe gesellt, nur Jack saß noch schmollend auf dem Steg. „Ich glaube, ich sollte vielleicht einmal mit ihr reden“, bot sich Logales an und schob sich an den anderen vorbei. „Seid ihr eigentlich Elfen?“, erkundigte sich Easy neugierig, während Logales schon über den Steg ging. „Jack, bitte, sei nicht wütend“, sagte er leise und hockte sich neben die Drummerin der Sorglospunks. „Ich schmolle. Natürlich bin ich wütend“, gab sie zurück. „Weißt du… Ihr seid unsere einzige Chance und wir wollten nicht, dass…“ „Dass wir eine Entscheidung treffen können? Hallo, jemand zu Hause?“ Sie klopfte mit dem Knöchel des Zeigefingers an seine Stirn. „Du hättest einfach fragen können!“ „Ja, aber als wir uns getroffen haben, warst du so zornig und da hielt ich das für keine so gute Idee…“ „Aber mich mit einem Gewinnspiel reinzulegen und mir vorzugaukeln, ich hätte doch endlich einmal in meinem Leben etwas gewonnen – das ist eine bessere Idee gewesen?“ „Offenkundig nicht.“ Geknickt ließ Logales den Kopf hängen. „Es tut mir Leid.“ „Geht doch.“ Jack rappelte sie auf. „Entschuldigung angenommen und jetzt fangen wir an, euch zu helfen. Jedenfalls sobald ihr uns verraten habt, wobei wir euch eigentlich helfen sollen.“ Verblüfft sah Logales sie an. Die anderen Bandmitglieder sowie die Crew kannten Jacks Vermögen schlagartig zu verzeihen und alles gut sein zu lassen bereits zugenüge. Wenn man mit Easy zusammen lebte, war das eine Fähigkeit, die man sich schnell aneignete und die voll und ganz nützlich war. Und außerdem schien man als Sorglospunk einfach dazu ausersehen u sein, die Welt zu retten und allen möglichen Leuten zu helfen. Anstatt das wichtige Thema stehend am Pier zu besprechen, zog man es vor, sich eine halbe Stunde später in der Empfangshalle des gemütlichen kleinen Hotels zu treffen, in dem auch die Sorglospunks untergebracht waren. Und dort erfuhren die als Retter Auserkorenen auch endlich, worum es eigentlich ging. An sich war die Sache recht leicht, wie Nifen nachher bei einer Lagebesprechung unter vier bzw. zehn Augen zusammenfasste: Es galt eine Tasse zu finden. Aber nicht irgendeine Tasse. Das Volk der Frühlingsstimmen hatte sein größtes Heiligtum verloren, eine sprechende Tasse. Neben der Funktion als Heiligtum erfüllte die Tasse außerdem noch einen bestimmten Zweck: Sie machte Vorhersagen, schlichtete Streit und ernannte die neuen Stammesführer. Kurzum: Sie tat eigentlich all das, was die Gesellschaft der Frühlingsstimmen harmonisch erhielt, und sorgte dafür, dass die grundsätzlichen Dinge funktionierten. Dass der Verlust dieser Tasse somit natürlich einer gigantischen Katastrophe glich, lag auf der Hand. Nur: Wo suchte man nach dieser sprechenden Tasse? Die beste Empfehlung gab ihnen der kurzfristig hinzugezogene und derzeitige Interimsführer der Frühlingsstimmen, Logales: Man fragte ihre Großtante, die sprechenden Kaffeekanne. III. Drohendes Unheil Da die Sorglospunks bereits einige ungewöhnliche Erfahrungen gemacht hatten, war für sie das Gespräch mit einer Kaffeekanne nicht ganz so verwirrend und unnormal wie für den typischen Otto-Normalbürger. Die Kaffeekanne stand in einem speziellen Raum im so genannten Ratshaus auf einem Sockel und war von flackerndem Kerzenlicht sowie duftenden Blumengestecken umgeben. „Ah, die Sorglospunks“, sagte die Kanne und ihre Tülle schien jeden einzelnen der Band- und Crewmitglieder gesondert zu fixieren. Außerdem hatten sie alle noch nie ein Geschirrelement erlebt, das derart herablassend wirkte. „Äh, ja.“ Jack grinste unsicher und blickte zu Nifen und Easy herüber, waren es diese beiden doch sonst immer, die schnell das Wort ergriffen und sich in jeder noch so ungewohnten Situation zurechtfanden. Wenn es darum ging, resolut und energisch zu sein, war Jack immer die erste, bei Diplomatie und Reden überließ sie aber lieber den anderen das Feld. „Hallo… Großtante“, begann Nifen vorsichtig. „Wir sind hier…“ „Weil man euch um Hilfe gebeten hat“, erwiderte die Kanne überheblich und mit dem unangenehmen Klang des Allwissens. „Fein, dann weißt du sicher auch schon, was wir dich fragen wollen, oder?“, kam es patzig von Abranka, der dieses Getue sichtlich auf die Nerven ging. Sie hatte zu oft mit Göttern und anderen mächtigen Geschöpfen zu tun, als dass sie sich diese Attitüde von einer simplen Kaffeekanne gefallen ließ. „Ihr wollt wissen, wo meine Großnichte ist.“ „Exakt. Wie wäre es mit der Antwort darauf?“ Die Muse war sichtlich ungeduldig. Die Kanne räusperte sich mit einem seltsamen, tiefklingenden Geräusch und erklärte dann feierlich: „Folge dem Weg des Großen Schwan Singe in der Nacht der klirrenden Farn’ Horche dem Wort der tanzenden Aras Und steige hinab mit Pythagoras.“ „Hä, was hat denn Pythagoras mit ner Tasse zu tun?“ Easy standen die Fragezeichen regelrecht auf die Stirn geschrieben. Immerhin war ihr Pythagoras mit seinem Satz noch aus dem Mathematikunterricht bekannt. Wenn eine Tülle jemals herablassend blicken konnte, dann tat es diese jetzt auf jeden Fall. „Das müsst ihr schon selbst herausfinden“, verkündete die Kanne pikiert. „Ihr müsst das Rätsel lösen und die Tasse finden, nicht ich.“ „Na super. Bist echt ne große Hilfe.“ Schmollend verschränkte Chris die Arme vor der Brust. „Los, lasst uns gehen und herausfinden, was dieses Stück Geschirr meint.“ Nifen stand auf und streckte sich. „Je eher wir anfangen, desto eher haben wir hier Urlaub.“ „Super Idee!“ Jack strahlte. Doch noch ehe die Sorglospunks den Raum verlassen konnten, gab ihnen die Kaffeekanne noch eine Warnung mit auf den Weg: „Hütet euch vor den großen Echsen und seid gewarnt, dass großes Unheil über uns kommen wird, falls ihr versagt.“ Als sie wieder draußen an der frühlingswarmen frischen Luft standen, war es Chris, der als erstes das Wort ergriff. „Können wir nicht einfach wieder nach Hause fahren?“ Jack und Easy sahen sich an und ihre Mienen brachten deutlich zum Ausdruck, dass sie das ernsthaft in Erwägung zogen. Nifen und Abranka hatten dazu jedoch eine ganz andere Meinung. Zwar waren sie von der Situation auch nicht gerade begeistert, aber sie würden mit Sicherheit niemanden im Stich lassen, der wirklich ihre Hilfe brauchte. „Okay, okay…“ Jack seufzte und strich damit demonstrativ die Segel. „Und wie sollen wir das bitte angehen? Wo sollen wir denn bitte anfangen?“ „Wie war das noch mal?“, griff Chris das Rätsel auf, das ihnen die Kaffeekanne genannt hatte. „Folge dem Weg des Großen Schwan Singe in der Nacht der klirrenden Farn’ Horche dem Wort der tanzenden Aras Und steige hinab mit Pythagoras.“ „Wir fragen Logales, wo es hier Wasservögel gibt“, entschied Abranka. „Und wir fragen nach einer Karte für die Insel!“, ergänzte Easy überraschend hilfreich. Logales hatte sie schnell mit dem Gewünschten ausgestattet und ihnen erklärt, dass es einen kleinen See gab, wo man viele Schwäne finden konnte. Er bat auch seine Hilfe an, doch nach einer kurzen heftigen Diskussion, bei der Jack ausdrücklich auf die angenehme Nähe des hübschen Elfen verwies (offenbar gefiel er ihr sogar besser als ihr Fußballfanclub), wurde diese abgewiesen. Die Truppe verspürte doch das Gefühl, dass sie dieses Abenteuer allein bewältigen mussten. Schließlich sollten sie auf dieser Insel doch ihr ganz eigenes Abenteuer erleben und sich dabei selbst entdecken. Und das funktionierte schließlich schlecht, wenn man einen Führer an seiner Seite hatte, der mit der Umgebung bestens vertraut war. Nachdem sie sich mit Lebensmitteln und Wasser ausgestattet hatten, marschierten die fünf los. Der schmal, dem sie durch den dichten Wald folgten, war schmal, jedoch nicht unwegsam und sie kamen gut voran. Keine halbe Stunde später hatten sie den Weiher erreicht, auf dem sich tatsächlich einige Schwäne tummelten. Schweigend sahen sich die Sorglospunks um und suchten nach irgendwelchen Zeichen. „Mhm… Hier ist nichts, das wie der Weg eines Schwans aussieht“, räumte Chris schließlich ein und stemmte die Hände in die Hüften. „Nein, wirklich nicht.“ Jack schüttelte den Kopf. Nachdenklich sahen sie sich um und umkreisten den kleinen See einmal. „Nein, nichts. Gar nichts.“ Chris war frustriert. „Können wir nicht doch wieder nach Hause fahren?“ „Erst, wenn wir fertig sind“, gab Abranka genervt zurück. „Verdammt, irgendetwas muss hier doch sein.“ Nifen kniff die Augen zusammen und musterte den See. „Abranka, schau dir das Ganze doch mal von oben an. Vielleicht hilft uns ja eine Änderung der Perspektive weiter.“ „Geht klar.“ Und schon sauste die Muse mit ihrer Wolke mehrere Meter in die Höhe und sah sich um. Doch da war nichts. Gar nichts. Sie sah nach unten und wollte das gerade herunterrufen, als sie es erblickte. Es war der See. Der See sah aus wie ein fliegender Schwan, der in Richtung Berge blickte und offenbar dorthin fliegen wollte. „Ich habe es! Wir müssen Richtung Berge. Osten.“ Aufgeregt mit den Armen wedelnd gesellte sich die Muse wieder zu den anderen. „Zu den Bergen?“ Easy blickte zu dem Mittelpunkt der Insel hin, wo sich zwei grünbewachsene Berge in den Himmel reckten. „Das ist weit…“ „Jammer nicht, lauf lieber“, beschied ihr Jack. „Und haltet die Augen nach Farnen offen. Irgendwo dort finden wir den nächsten Hinweis“, erinnerte Nifen noch, ehe sie voranmarschierte. „Das ist mehr eine langweilige Pfadfinderschatzsuche als ein cooles, megatolles Abenteuer“, moserte Easy genervt und mit wunden Füßen, als sie gleichzeitig mit der Abenddämmerung den Fuß der Berge erreichten. Chris stimmte ihr zu und äußerste nur einen Sekundenbruchteil später die Beschwerde darüber, dass sie den Abend nicht im Hotel verbrachten und er somit nicht mit Umeko chatten konnte, was einfach nur grausam und schrecklich war. „Regt euch wieder ab.“ Jack hatte zu ihrer resoluten Ader wiedergefunden und übernahm ihre Führungsrolle in der Band wieder anstandslos. „Wir scheinen hier übrigens richtig zu sein“, warf in diesem Augenblick Nifen ein. „Seht euch doch mal um. Wir stehen in einem Meer aus Farn!“ „Cool!“ Easy war sofort aufgekratzt und hibbelig. „Wie geht es dann von hier aus weiter?“ „Tja… ‚Singe in der Nacht der klirrenden Farn’’ heißt es in dem Rätsel…“ Abranka runzelte die Stirn. „Also ruhen wir uns erst mal aus und machen dann etwas Musik“, entschied Jack. „Das ist auch ganz praktisch, dann kann Easy gleich einen neuen Song schreiben.“ „Das ist nicht fair!“, jammerte diese sofort los. „Du bist fies und gemein und…“ „Deine Schwester und dein Bandleader.“ Ein breites Grinsen machte sich auf dem Gesicht der älteren Zwillingsschwester breit. Es dauerte rund eine Stunde, bis sich die Gruppe etwas erholt hatte und Jack schließlich mit etwas Getrommel auf einem Baumstumpf die Musiksession des Abends startete. Chris hatte einige Grashalme gefunden, auf denen er pfeifen konnte, und klopfte dazu rhythmisch mit dem Fuß. Und Easy ließ sich zwangsweise einen Text einfallen, der irgendwie wenigstens etwas zu dieser Wald- und Wiesenmelodie passte. „Auf einer fernen Insel Unter einem vollen Mond (vollem Mond, vollem Mond) wird es sich erweisen Ob der Weg der richtige ist Auf einer fernen Insel Unter einem Sternenhimmel (Sternenhimmel, Sternenhimmel) sitze ich nun und frage mich woooohiiiiiin…“ „Hörst du das?“, fragte Nifen leise und ganz aufgeregt Abranka. Sie wollte die Sorglospunks nicht stören, damit diese nicht mit der Musik aufhörten. „Der Farn klirrt…“ Abranka grinste. „Scheint so.“ Die Bandmanagerin nickte. „Und jetzt brauchen wir nur noch…“ „Horch!“ Die Muse unterbrach sie. Schweigend lauschten die beiden und versuchten die Geräusche jenseits der Musik klarer auszumachen. „Das sind Vögel. Vögel, die von der Musik angelockt werden…“ Beide sahen hinauf in die Bäume, wo sich tatsächlich Vogel um Vogel niederließ. „Papageien?“ Abranka nickte. „Aras, wenn mich meine Augen nicht täuschen, obwohl das hier wohl nicht ganz ihre Heimat sein dürfte.“ „Egal. Hauptsache, sie sind da.“ Und dann erfüllte der krächzende Gesang der Aras die Lichtung. Und in dem Gekrächze konnten Abranka und Nifen schließlich einige Wörter ausmachen. „Hinab, hinab, hinab Durch die Höhle, Höhle, Höhle Hinab, hinab, hinab Zu den Echsen, Echsen, Echsen…“ „Eine Höhle also…“ Abranka grinste. Damit wussten sie, wo sie weitermachen mussten. Nur das mit den Echsen gefiel ihr nicht so besonders. Schließlich hatte sie die Kaffeekanne doch vor den großen Echsen gewarnt… IV. Auf der Tasse Spuren Nach dem nächtlichen Konzert hatten sich die Sorglospunks ein Lager in den Farnen geschaffen und bis zum Sonnenaufgang geschlafen. Nach einem kurzen Frühstück ging es dann weiter. Sie suchten den Eingang zu der Höhle, von der die Aras gesprochen hatten. „Nur was hat es mit Pythagoras auf sich?“, überlegte Abranka laut, während sie die Umgebung untersuchten. „Wir werden es schon merken“, gab Jack zurück und steuerte auf einen Felswand zu. „Ich hab was gefunden!“, schallte in diesem Augenblick Easys Stimme zu ihnen herüber. Schnell eilten sie zu der Songwriterin und fanden sie neben einen schmalen Riss im Fels, durch den sich vermutlich mit Müh und Not ein Mensch hindurchquetschen konnte. „Seht euch das an!“ Aufgeregt zeigte Easy auf eine Zeichnung, die tief in den Fels hineingekratzt worden war. Sie zeigte ein rechtwinkliges Dreieck, über dessen Seiten wiederum Quadrate gezeichnet waren. Die grafische Darstellung des Satzes des Pythagoras. „Dort müssen wir hinein“, stellte Nifen nüchtern fest – und ließ dann Abranka den Vortritt, damit diese mit etwas Wetterleuchten aus ihrer Wolke den Weg für sie alle erhellen konnte. Dann begannen sie langsam ihren Weg in den Berg hinein. Es war ein beschwerlicher Weg. Zwar wurde der Spalt nach einer Weile breiter, jedoch ging es irgendwann immer steiler bergab und sie mussten sich langsam voranhangeln. Nur Abranka hatte es recht leicht, weil sie ja schließlich auf ihrer Wolke saß. Es kam ihnen vor, als wenn sie bereits seit einer endlosen Zeit durch die Hölle gegangen waren, als sie endlich einen großen Hohlraum erreichten. Hier reichte das Licht von Abrankas Wolke weder bis zur Decke noch zu den Wänden, so groß war der Raum. „Und jetzt?“, fragte Easy sichtlich unbehaglich. „Wir suchen uns den weiteren. Das ist doch sicher einfach.“ Abranka flog voran in die Mitte der Höhle. Die anderen folgten ihr notgedrungen, war sie doch schließlich ihre einzige Lichtquelle hier unten. Und klammheimlich verfluchte der eine oder andere, dass er nicht rauchte und kein Feuerzeug stets bei sich trug, Sie waren rund zwanzig Meter weit in die Höhle vorgedrungen, als Chris mit dem Fuß gegen etwas stieß und ins Stolpern geriet. „Hey! Jetzt fallen einen hier schon die Steine an!“, knurrte er unwirsch und hielt dann inne, als er zu Boden sah und erblickte, worüber er gestolpert war. Das waren Knochen. Die Knochen eines Tieres, das in etwa die Größe hatte wie ein Mensch und durch den Spalt dort oben passte… Was…?` Weiter kam er nicht. Hinter ihnen erklang ein unangenehmes und äußerst bedrohliches Knurren. „Lauft!“, brüllte Abranka in diesem Augenblick auch schon. Chris sah über die Schulter und befolgte gedankenschnell den Rat der Bandmuse. Hinter ihnen erhob sich ein gigantischer Tyrannosaurus Rex in der Dunkelheit der Höhle. Seine Haut war schneeweiß und regelrecht durchscheinend, was verriet, dass er hier wohl immer hier unten gelebt hatte. Seine Augen waren milchig grau und offensichtlich blind. Doch dafür hatte er garantiert eine gute Nase und sehr scharfe Ohren. „Und wohin?“, fragte Easy nach Luft schnappend. Abranka sauste voran und leuchtete ihnen den Weg. Der T-Rex kam mit weit ausholenden Schritten schnell näher. Es war nur Abrankas scharf geschossenen Ideenblitzen zu verdanken, dass der Dinosaurier nicht schneller voran kam und die Sorglospunks als schnelle Zwischenmahlzeit verspeiste. „Rein die Höhle!“, schrie Abranka und die Sorglospunks stürzten in einen schmalen Durchgang hinein. Da dieser nach nur zwei Metern steil nach unten abfiel, purzelten sie über einander in die Dunkelheit hinab. Sie hatten Glück, dass sie weich landeten. Genauer gesagt landeten sie auf einer dicken mit trockenen Blättern gepolsterten Matte. Kaum, dass sie diese berührt hatten, erklang eine schrille Glocke und kündete von ihrer Ankunft. „Wo sind wir hier?“, fragte Nifen und kämpfte sich aus dem Wirrwarr aus Armen und Beinen und Sorglospunks frei. Dann erst begriff sie, dass es um sie herum hell war. Offenbar war einer der Berge ein erloschener Vulkan und sie befanden sich jetzt auf dem Boden des Vulkankegels. Nifen blickte blinzelnd zu dem Sonnenlicht empor. Jetzt wusste sie jedenfalls, warum die Kaffeekanne sie vor großen Echsen gewarnt hatte. Wenn der T-Rex nicht groß gewesen war, was denn bitteschön dann? „Wir bekommen Besuch“, merkte Abranka an und deutete auf eine Hand voll menschengroßer Echsen, die ihnen mit gezückten Speeren entgegen kamen. Sie gingen auf den Hinterbeinen, trugen primitive Kleidung und muteten trotzt ihrer Schuppen und dem fremdartigen Äußeren doch sehr menschlich an. „Ihr habt die erssste Prüfung bessstanden“, wurden sie von einer der Echsen begrüßt. Ihre Stimme klang zischelnd wie die einer Schlange – und erinnerte ein wenig an die Art, wie die Furien ihre Worte artikulierend. Auf jeden Fall sorgte allein ihre Aussprache dafür, dass die Sorglospunks auf der Hut waren. „Prüfung? Das Vieh war eine Prüfung???“, explodierte Easy. „Ihr habt sie doch nicht mehr alle!“ Abschätzend Blicke aus kalten Echsenaugen musterten sie. „Der Grossssse Weissssse lässssst nur diejenigen vorbei, die ssschnell und mutig genug sssind.“ Damit wandte sich die Wortführerin ab. „Folgt mir.“ Die auf sie gerichteten Speere gaben den Ausschlag, dass sie der nicht besonders erklärungsfreudigen Echse folgten. Sie wurden zwischen blühenden Bäumen und üppig wuchernden Farnen hindurch in ein Dorf geführt und dort in eine große Hütte gebracht. „Sssetzzzt euch.“ Kommentarlos ließen sich die vier nieder. Abranka blieb neben ihnen schweben und musterte die Echsen aufmerksam. Diese hatten sie zwar wahrgenommen, sie aber bisher noch nicht anders behandelt als die Sorglospunks und ihre Managerin. Sie war sich noch nicht so sicher, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. „Hey, wie heißt du überhaupt?“, platzte Jack auf einmal heraus. „Ich will wenigstens wissen, wie die Leute heißen, die uns gefangen halten!“ Die Echse fixierte sie kurz und antwortete dann: „Mein Namen ist Sssisssasss. Und ihr befindet euch bei den Sssasssasss.“ „Na, super auszusprechen“, seufzte Easy leise und bekam einen unsanften Ellbogenstüber von Jack zu spüren. „Klappe und zuhören“, raunte diese ihrer Zwillingsschwester zu. „Die Tassssse wird entsssscheiden, wassss mit euch gessschieht“, erklärte Sssisssasss. Die Wachen stampften mit ihren Speeren auf den Boden und durch die Tür wurde eine Sänfte hereingetragen, in deren Mitte das stand, wonach sie gesucht hatten: die sprechende Tasse. „Wie geil“, entfuhr es Easy und hielt dann krampfhaft den Mund, um nicht schon wieder von Jack attackiert zu werden. „Ssschweigt. Die Tassssse sssspricht zu euch!“, forderte Sssisssasss herrisch und verneigte sich dann vor der Tasse. Ihre Stimme klang ähnlich wie die von der Kaffeekanne, wenn auch bei weitem nicht so überheblich. „Euch hat man also geschickt, um mich zu holen“, sagte die Tasse und ihr Henkel schien die Fünf der Reihe nach zu mustern. „Sagt mir, warum ich euch nicht dem Großen Weißen vorwerfen lassen soll.“ „Weil wir Musiker sind und keine Helden!“, rief Chris sofort. „Genau. Wir wollten nur helfen, aber niemandem Schaden zufügen“, ergänzte Easy freundlich. „Und ich wollte eh sofort wieder abreisen“, schmollte Jack. Die Tasse lachte. „Ihr seid wirklich authentisch.“ „Sag mal… Warum bist du eigentlich hier bei dem Echsenvolk und nicht bei den Frühlingsstimmen?“, erkundigte sich Nifen neugierig. Die Tasse ließ sich nicht lange bitten und erklärte, was geschehen war. Nicht nur die Frühlingsstimmen benötigten bei der Organisation ihrer Gesellschaft Hilfe, sondern auch die Sssasssasss. Daher hatten einige Krieger der Sssasssasss die Tasse entführt und diese hatte damit auch kein Problem gehabt, war sie dadurch doch den Krallen ihrer tyrannischen Großtante entkommen. Dennoch hatte sie vorhergesehen, dass die Frühlingsstimmen jemanden schicken wurden, um nach ihr zu suchen und sie zurückzubringen. „Aber zurück willst du nicht?“, fragte Abranka. Ein Henkelzucken begleitete die Antwort der Tasse. „Nun, es ist meine Pflicht zu helfen und Struktur in das Chaos zu bringen, jedoch… brauchen mich beide.“ „Und warum solltest du nicht beiden helfen können? Wenn man dich auf halbem Weg zwischen beiden Dörfern unterbringt und dir Schutz von den Frühlingsstimmen und den Sssasssasss zur Verfügung stellt, müsste das doch möglich sein, oder nicht? Dann kannst du noch verlangen, dass deine Großtante schön weit weg bleibt und dich nicht nervt“, schlug Nifen vor. Die Tasse legte den Henkel schief und blickte die Sorglospunks nachdenklich an. „Ich glaube, das könnte tatsächlich die Lösung sein.“ Zwei Tage später fand die Einweihungsfeier der neuen Tassen-Hütte statt, wie das neue Heim der sprechenden Tasse von den beiden Völkern genannt wurde. Es hatte zwar einige Konflikte und Vorurteile zwischen den beiden Völkern gegeben, doch schlussendlich hatten Sssisssasss und Logales gemeinsam mit der Tasse für ein friedliches Nebeneinander sorgen können. Sehr zum Unwillen der Kaffeekanne, die jedoch keiner nach ihrer Meinung gefragt hatte. Wenn die Frühlingsstimmen ehrlich waren, dann hatten sie ihr herrisches Wesen eh längst satt und waren auf jeden Fall froh, ihre Tasse zurückzuhaben, selbst wenn sie diese nun teilen mussten. Die Einweihungsfeier war außerdem der Augenblick, in dem die Sorglospunks ihren abgemachten Auftritt hinlegen konnten. Und wie so oft durfte ein neuer Song natürlich nicht fehlen. „Auf einer nicht einsamen Insel in ewigem Frühling tanzt der Große Weiße lässig zu unserem Beat Vorher jagte er uns, jetzt tanzt er Uhuuuu jetzt tanzt er Und wir, wir rocken Und wir, wir rocken Bis die Bäume hüpfen Und wir, wir rocken Und wir, wir rocken Bis die Aras singen Auf ner nicht einsamen Insel im ewigen Frühling singt mit uns eine Tasse und droht einer Kaffeekanne ja, da singt mit uns eine Tasse - und wir haben doch alle im Schrank! Und wir, wir rocken Und wir, wir rocken Bis die Bäume hüpfen Und wir, wir rocken Und wir, wir rocken Bis die Aras singen!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)