100% Sorglospunks! von abranka ================================================================================ Kapitel 35: Der Schatz der pinken Pinkapinkopinkapinks ------------------------------------------------------ „Schaut mal, ich hab eine Schatzkarte gekauft!" Bis Easy diesen Satz rief, war der Flohmarktbesuch der Sorglospunks – die da waren: Sängerin Easy, Multipercussionswunder Jack, Bassist und Gitarrist Chris sowie Managerin Nifen und Bandmuse Abranka (meine Wenigkeit) – vollkommen ruhig und eher langweilig verlaufen. „Oh, toll“, antwortete Jack sarkastisch und warf nur einen sehr kurzen Blick auf das vergilbte Papier, das ihre Zwillingsschwester in der Hand hielt. „Cool!“ Chris war da weitaus begeisterter. „Und um welchen Schatz geht es? El Dorado?“ „Nein, das ist die Karte zum Schatz der pinken Pinkapinkopinkapinks!“ Easy blickte strahlend in die Runde, während wir uns allesamt skeptische Blicke zuwarfen. „Ähm, Easy, wo hast du die gekauft? Bei dem Kinderstand?“ „Ja! Und die Kinder haben die von einem alten Seemann! Und der hat die wiederum von…“ „Easy, ich glaube, ich muss dir mal etwas über die Menschen erklären…“ Jack legte ihr den Arm um die Schultern und führte sie fort, während sie leise auf Easy einredete. Dabei wurde die Miene der sorglosesten Frontfrau der Welt immer trüber. „Also gibt das keinen Schatz?“, fragte sie schließlich traurig. „Nein, ich fürchte nicht.“ Jack lächelte schwach und fuhr ihrer Schwester kurz durch die Haare. Easy zog einen Flunsch und drückte dann mir die Karte in die Hand. So etwa Enttäuschendes wollte sie nicht mehr haben! Ich blickte auf die Karte. Wirklich eine gut gemachte Fälschung. Das musste man dem kreativen Kopf hinter dieser Sache lassen. Wenn nicht die einzige Karte zu diesem sagenumwobenen Schatz – denn als Muse wusste ich natürlich ein wenig mehr über sagenumwobene Schätze Bescheid, bin ich doch selbst ein eher sagenumwobenes Geschöpf – schon seit einem guten Dutzend Jahrhunderten als unrettbar verloren galt. Schade, wirklich schade… Ich schaute noch einmal auf die Karte und erstarrte dann. Der Lichtwechsel, während sich meine Wolke weiterbewegte und ich dabei auf den Bogen Pergament geblickt hatte, besaß einen erstaunlichen Effekt. Die Schrift schillerte auf einmal Pink! Moment! Konnte es wirklich sein, dass… Hastig hielt ich die Karte gegen das Sonnenlicht. Tatsächlich! Da war das in den Ruinen von Olmaracho überlieferte und in der Bibliothek des Olymp verzeichnete Pinkapinkopinkapink-Wasserzeichen! Und das war so speziell mit pinkfarbenen Farben in das Papier eingearbeitet, dass diese Karte nur echt sein konnte! „Easy!“, rief ich aus. „Easy, du hast eine echte Karte gefunden!“ „Ach, Quatsch mit Soße“, gab diese grummelnd zurück. „Jack hat Recht. Alle wollen sie einen über den Tisch ziehen – und dabei am besten noch gleich das Geld aus der Tasche.“ „Unsinn! Äh, nein, stimmt schon, aber in diesem Fall nicht. Die Karte ist echt! Musenehrenwort!“ Das ließ die Band samt Managerin wiederum aufhorchen. „Kein Scherz?“, fragte Chris mit großen Augen. „Wenn sie uns das Musenehrenwort gibt, dann ist das absolut ernst gemeint“, erwiderte Nifen. Ein Musenehrenwort war schließlich mindestens doppelt soviel wert wie ein Indianerehrenwort. „Wahnsinn!“ Easy jubelte los. „Wir suchen einen Schatz! Wir suchen einen Schatz!“ „Yeah.“ Jack starrte mich noch immer verblüfft an. „Wir suchen echt nen Schatz.“ Kaum zurück im Sorglospunks-Hauptquartier aka unserer Wohngemeinschaft machten wir uns an die Planung. „Schau, das hier, das sieht aus wie Südamerika…“, schlussfolgerte Easy und deutete auf einen Küstenstreifen auf der Karte. „Quatsch, das ist Madagaskar!“, gab Jack zurück. „Oh, nein, ganz eindeutig Neuseeland“, mischte sich Chris ein. Nifen und ich sahen uns an. „Ihr liegt total falsch.“ „So? Und was ist es dann?“, kam es von den dreien zurück. „Na, ganz eindeutig ist das sagenumwobene Pinkaponka“, kam mein Einwurf. „Na toll. Und wo ist das?“, stöhnte Easy auf. Nifen grinste breit. „Auf den Azoren. Wenn man sich diese Küstenlinie hier ansieht und diese Hügelkette hier und den Vergrößerungsfaktor berücksichtigt…“ „Geil!“ Easy jubelte und tanzte durch das Zimmer, noch ehe Nifen ausgesprochen hatte. „Wir fahren auf die Azoren! Wir fahren auf die Azoren!“ Und damit legte sie einen Spontantanz im Wohnzimmer hin. „Easy, du hast da eine Kleinigkeit vergessen...“, nahm Jack erneut ihre Rolle als Misepeter der Nation, pardon, Band, wahr. „Und was?“ Mit großen Kulleraugen blickte diese ihre Schwester an. „Wie sollen wir denn da hinkommen? Wir haben kein Geld für den Flug!“ „Na, ist doch easy.“ Nifen grinste. „Wir haben doch den Teufel als Freund, oder nicht?“ „Chiiiiiii!“ Und damit flitzte Easy auch schon Richtung Telefon und wählte die teuflische Rufnummer – die übrigens mehrfach das Zahlenbündel 666 enthielt. Natürlich war Chibichi sehr gerne bereit, ihre liebste Lieblingsband bei einer Schatzsuche nicht nur zu unterstützen, indem sie uns mit dem teuflisch-zauberhaften Wunderauto Baby auf die Azoren brachte, sondern sich unserer Expedition gleich anzuschließen. Wir landeten auf der Insel Pico – übrigens die zweitgrößte Insel der Azoren – und dort im Hochland. Hier war es menschenleer und vor uns erstreckte sich die weite Ebene, bis sie Richtung Meer abfiel. Hinter uns erhoben sich die Berge, unter denen der Vulkan Ponta de Pico in den Himmel ragte. Und genau dieser war nach genauerer Betrachtung der Karte – und einer hitzigen Diskussion, wo sich denn nun Norden befand, der erst durch Chibichis äußerst vielseitig einsetzbares Hell-o-Berry Abhilfe geschaffen werden konnte – unser Ziel. „Irgendwie bei dem Vulkan muss der Schatz sein!“, verkündete Easy, während wir in dem teuflischen Wunderauto über die unebene Schotterpiste sausten. „Und warum bist du dir da so sicher?“, erkundigte sich Chris neugierig, hatte sich Easy bisher doch nicht gerade als kartenlesefähig erwiesen. „Na, die ganzen Ps sind doch ein ganz eindeutiger Hinweis!“ Was wir nicht bemerkten, während wir munter und aufgekratzt regelrecht über die Hochebene flogen, war, dass wir nicht allein waren, sondern sich jemand an unsere Fersen geheftet hatte. Jemand, der uns nichts Gutes wollte… Nachdem wir etwa 500 Höhenmeter hinter uns gebracht hatten, hatte auch das teuflische Wunderauto die Grenzen seiner Fähigkeiten erreicht. Somit mussten wir nun zu Fuß weitergehen. Bereits nach fünf Minuten kam es von Easy: „Wie weit ist es denn noch?“ „Nicht mehr weit“, antwortete Jack mit einem Blick zu mir monoton. Sowohl ihr als auch Easy, Nifen und Chris war anzusehen, dass sie auch gerne auf meiner Wolke Platz genommen hätten. Doch da nur übersinnliche Wesen wie Musen und der Teufel nicht durch die weiche Wattemasse fielen, mussten die vier laufen, während Chibichi und ich den Wolkentransport genossen. Dafür lasen wir aber auch die Karte und lotsten so unsere tapferen Sorglospunks sicher den Pfad entlang, ohne einen Irrweg zu machen. Endlich erreichten wir einen schmalen Durchgang an einer steil aufragenden Felswand. „Müssen wir etwa dort hinein?“, quietschte Chris erschrocken. Seitdem wir in die Hölle hinabgestiegen waren und eine recht furchterregende Begegnung mit den drei Furien gehabt hatten, hielt er nicht mehr allzu viel von solch ähnlichen Orten. „Exakt.“ Chibichi lächelte ihm aufmunternd zu. „Mach dir keine Gedanken. Wir sind schließlich bei dir“, fügte Jack hinzu, was Chris zu dem Schneiden einer Grimasse verleitete. „Deswegen mache ich mir ja eher mehr Sorgen! Zusammen ziehen wir immer irgendwelche komischen Dinge an. Und es geht immer alles schief“, entgegnete er besorgt. „Ach, jetzt übertreibst du aber…“, winkte Jack ab. „Ja, ja, und wie war das mit den Werwölfen und dem Angst-Doktor und…“ „Rede nicht so viel, sondern komm lieber mit!“, unterbrach ihn Easy in diesem Augenblick. Denn während sich Chris noch echauffierte, hatten wir anderen uns bereits durch den schmalen Durchgang gequetscht. Leise fluchend kam Chris hinterher. In dem Fels war es – natürlich – dunkel. Nur gut, dass die sorglospunkige Schatzsucherausrüstung neben einer großen Thermoskanne Kaffee für jeden Teilnehmer – für Nifen Tee – und der obligatorischen Tafel Schokolade auch jeweils eine dicke Taschenlampe enthielt. Langsam tasteten wir uns über Schutt, Knochenresten von Tieren und diversen Dingen, von denen wir gar nicht wissen wollten, worum es sich dabei handelte, vorwärts. Immer wieder knirschte oder knackte etwas unter den Füßen der mutigen Schatzsucher. Es war still. Unheimlich still, denn Stille war etwas, das die Sorglospunks normalerweise nicht umgab. Endlich fand der schier endlose Gang, der sich immer tiefer unter die Erde wand, ein Ende. Vor uns erhob sich eine große Höhle, die mit Stalagmiten und Stalaktiten erfüllt war. „Guckt mal, da ist ne Tür!“, rief Easy aufgeregt und stürmte voraus. Die Bezeichnung Tür war für das vor uns gen Decke ragende Tor eine eklatante Untertreibung. Aber auf jeden Fall war das ein Zeichen, wo es weitergehen sollte. Dummerweise öffnete sich das Tor jedoch nicht, auch nicht, als wir uns alle gemeinsam an den Türgriff hängten und daran zogen. „Und jetzt?“, fragte Nifen resigniert. „Tja…“ Ich legte die Stirn in Falten und sah Chibichi an, die mit den Schultern zuckte. „Guck mal, da steht was“, stellte Jack in dem Moment fest und deutete auf ganz feine, pinkfarbene Einkerbungen in der Tür. Da stand wirklich etwas. Nur dummerweise war das auf Pinkapinko. „Und da is noch nen Piktogramm!“, fügte Chris hinzu und zeigte mit dem Finger auf eine verblasstes Graffiti an der steinernen Wand. „Sieht aus wie jemand mit ner Lampe…“ „Klar, Licht! Wir brauchen Licht, um das Tor zu öffnen!“, schlussfolgerte Easy jubelnd, zückte ihre Taschenlampe und hielt sie auf das Symbol, das nun auch hübsch Pink glitzerte. Das war es aber auch schon. Chibichi und ich sahen uns an. „Think pink!“, sagten wir beide synchron und grinsten. Nur gut, dass wir das Hell-o-Berry dabei hatten. Flugs wurde das Hintergrundbild ein wenig anders eingefärbt und dann die Lichtstärke hochgedreht. Damit hatten wir einen regelrechten pinkfarbenen Scheinwerfer. Und der beeindruckte die Tür jetzt auch. Knarrend öffnete sie sich vor uns. „Schatz, wir kommen!“, trillerte Easy und hüpfte voraus. Ich musste angesichts ihrer Worte grinsen, folgte dann aber den anderen sorglos voranpreschenden Schatzsuchern. Die Tür konnte man sicher nur mit pinkfarbenem Licht wieder schließen, von daher gab es keinen Grund, uns Sorgen zu machen. …nicht wahr? „Schau, schau, schau!“ Begeistert hüpfte Easy zwischen einigen Truhen umher, die sie in dem riesigen Gewölbe ausgemacht hatte. Jack bestaunte einige Wandteppich, die hauptsächlich in der Farbe Pink gehalten waren, während Nifen einige antike – älter noch als antike – Schriftrollen entdeckt hatte. Chris blieb vor einer Statue stehen, die ein hübsches junges Mädchen darstellte und in unterschiedlichen Pinktönen bemalt war. Chibichi und ich betrachteten das alles mit etwas mehr Abstand, waren wir doch gewisse Dinge anders gewohnt. Und antike Schätze gehörten dazu. Dennoch verspürten auch wir ein gewisses Gefühl der Erhabenheit und Begeisterung. Wir hatten den verlorenen Schatz der pinken Pinkapinkopinkapinks wirklich gefunden! Ein Geräusch hinter uns, aus der Nähe des Tores, ließ uns herumfahren. „Ssssieh an, sssssieh an!“, lispelte Alecto und lächelte uns hinterhältig an. Hinter ihr standen ihre zwei Schwestern Megaira und Tisiphone. Alle drei zusammen waren niemand anderes als die gefürchteten Furien und unsere Erzfeindinnen seit unserem Trip in die Hölle. Sie hielten mit pinkfarbenen Schleiern umhüllte Lampen in den Händen und wirkten damit nach einem Augenblick des Begreifens nicht mehr lächerlich, sondern äußerst gefährlich. „Viel Sssspassss dabei, auf ewig hier zu versssschmoren!“, grollte Megaira und richtete das pinkfarbene Licht auf die Tür. Langsam begannen sich die Torflügel zu schließen. „Oh nein!“, kam es von Jack. Sie griff sich einen Wandteppich und stürmte vorwärts. „Think sorglos!“, gellte Easys Kampfschrei hinterher und sie warf einige schwere goldene mit pinkfarbenen Juwelen – sogenannten Pinkinen – besetzte Schmuckstücke in Richtung der Furien. Bei Megaira landete sie auch einen Volltreffer und diese sank ohnmächtig zu Boden. Für einen Augenblick verharrten die Torflügel, dann hatte Tisiphone die Lampe emporgerissen, den Schleier gerichtet und bestrahlte das magische Symbol weiterhin. Doch jetzt war Jack da. Mit einem wilden Kampfschrei warf sie den Wandteppich über die Furie und kugelte mit ihrem sich heftig wehrenden, aber eingewickelten Opfer über den Boden. Nun war es Alecto, die die Lampe schwang, und sich, ohne sich um ihre Schwestern zu kümmern, an die teuflische Arbeit machte. Sie hatte aber nicht mit uns gerechnet. Chris und Easy stürzten sich gleichzeitig auf sich, während Chibichi ihr die Lampe mit einem zuckersüßen Lächeln abnahm. Nifen kam mit einigen Goldketten herbeigeeilt, mit denen wir die Furien dingfest machten. „Also, die werden gefeuert!“, grollte Chibichi und stemmte die Hände in die Hüften. „Ganz definitiv werden die gefeuert. Und da können mir Luzifer und Beelzebub noch so sehr mit Kündigungsschutz kommen!“ „Uah, wir haben die Furien gefangen! Wir haben die Furien gefangen! Uh yeah, wir haben den Schatz gefunden! Wir haben den Schatz gefunden!“, improvisierte Easy und sang fröhlich vor sich hin. Sie verstummte allerdings, als die Erde auf einmal anfing zu zittern. „Was ist das?“, fragte Chris angsterfüllt. „Die Höhle stürzt ein!“, erkannten Chibichi und Nifen die Situation zeitgleich. „Her mit den Gefangenen!“ Die Furien wurden auf meine Wolke gewuchtet, die sich glücklicherweise auch ein wenig ausdehnen konnte, wenngleich sie sich damit auch verdünnte, sodass es reichlich unbequem auf ihr wurde, auf ihr zu sitzen. Kaum waren die drei bei mir verstaut, ging die wilde Jagd auch schon los. „Verdammt, warum kracht das auf einmal alles zusammen?“, fluchte Jack, während wir zwischen Stalaktiten und Stalagmiten hindurchrannten. „Ich schätze, die Wandteppiche haben eine Falle verborgen!“, gab Chibichi zurück. „Haltet die Klappe und lauft! Diskutieren könnt ihr später!“, erwiderte ich und sauste voraus, um den Weg zu beleuchten. Gerade so gelang es uns, aus dem Felsspalt ins Freie zu kommen. Direkt hinter Chris, der als letztes den Berg verließ, krachte ein riesiger Felsbrocken hinunter und versiegelte den Eingang zu dem sagenumwobenen Schatz der pinken Pinkapinkopinkapinks. Vermutlich für immer. „Und damit hatten wir mal nen Schatz…“, murmelte Jack traurig. Alle finanziellen Sorgen waren damit wieder da und nicht so schön fortgeweht, wie es vorher schien. „Aber dafür hatten wir ein Abenteuer.“ Easy strahlte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)