100% Sorglospunks! von abranka ================================================================================ Kapitel 28: Das Mathematiker-Gefängnis in Greifswald oder Ich bin ein Sorglospunk – holt mich hier raus! -------------------------------------------------------------------------------------------------------- „Sie sind verhaftet!“ „Was???“ Vollkommen entgeistert starrte Easy die beiden Polizisten an, von denen ihr der eine jetzt Handschellen anlegte. Perplex ließ sie das geschehen. „Warum???“ „Wegen Vergehen gegen die unermessliche Reinheit der Mathematik“, erklärte Polizist eins und blickte sie so strafend an, als wenn es ein Unding war, dass sie nichts von ihren Verbrechen wusste. „Vergehen gegen die Mathematik???“ Langsam lief Easy, die sonst so sorglosen Frontfrau der jungen und aufstrebenden Band Sorglospunks, Gefahr, dass ihr die Fragezeichen ausgingen. „Was habe ich denn getan???“ „In der ersten Klasse...“, begann Polizist zwei und listete ihr eine wahre Wagenladung von Rechenfehlern und mathematischen Schnitzern auf. Konsterniert hörte Easy zu, während sie in den Polizeiwagen verfrachtet wurden und Polizist eins losfuhr. Polizist zwei las immer noch ihre Vergehensliste vor. „Aber... das ist doch teilweise Jahre her!“, unterbrach sie ihn schließlich fassungslos. „Und wo bringen Sie mich überhaupt hin???“ Mittlerweile waren sie auf der Autobahn Richtung Stuttgart, wie sie unschwer erkennen konnte – und wie sie es seit einem Ausflug ins Ruhrgebiet wusste. „In das Mathematiker-Gefängnis in Greifswald.“ „Aaaaaaaahhhhhhh!“ Nach einer schier endlosen Fahrt kamen sie endlich an dem Gefängnis an. Finster erhob es sich auf einem künstlichen Berg am Rande der Stadt. Easy schauderte und fragte sich, warum sie nicht schon viel eher von diesem Ort gehört hatte. Das war doch so etwas wie das deutsche Alcatraz oder Askaban! Grausig! Gruselig! Schauerlich! „Ich will nicht!“, jammerte sie, während sie von ihren beiden Bewachern gnadenlos in Richtung Tor gezerrt wurde. „Keine Gnade“, knurrte Polizist zwei. Am Tor gab es einen keinen Moment der Pause, weil noch einige Formalitäten geklärt werden mussten. Easy nutzte den Augenblick zu einem Fluchtversuch, wurde jedoch nach zwanzig Metern von Polizist zwei zu Boden geworfen und zurückgeschleppt. „Hilfe!!!“ Doch jegliches Rufen, Flehen und Betteln brachte nichts. Das große eiserne Tor schloss sich hinter Easy und würde sich – so fürchtete sie – so bald nicht mehr wieder öffnen. In der Zelle war es still. Mathematische Formeln prangten auf den hell gestrichenen Wänden und hoben sich dunkelrot davon ab. Die Vorhänge vor den schwedischen Gardinen waren mit griechischen Zeichen übersät, die Bettwäsche war mit dem kleinen Einmaleins bedruckt und in der täglichen Suppe gab es Zahlen- und Buchstabennudeln. Die Bibliothek bot nur Mathematik-Bücher und das Fernsehprogramm zeigte die Mathematik-Folgen des Schulfernsehens. Es war die Hölle! Easy war zwar erst seit zwei Tagen hier, aber mittlerweile nervlich ein Wrack. Das war eindeutig viel zu viel Mathe um sie herum! Und wenn das hier wenigstens ein Albtraum gewesen wäre wie der mit den Buchhaltungsjobs, aber nein... Sie hatte sich an die hundertmal gekniffen, bis sie schließlich aufgegeben hatte. Das hier war kein Traum – das war bittere mathematische Realität! Sie stieß ein verzweifeltes Aufheulen aus. Und das schlimmste war, dass sie noch nicht einmal einen Prozess bekommen hatte! „Ich bin ein Sorglospunk, holt mich hier raus...“, murmelte sie leise – und stutzte. Na, warum nicht? Das war doch eine Art von friedlichem Protest, nicht wahr? Schreibzeug hatte sie jedenfalls genug, auch wenn das eher für das Lösen mathematischer Aufgaben gedacht war. Nur eine Stunde später scholl das erste Sorglospunks-Solo-A-Capella-Konzert der Welt durch die Mauern des düsteren Gefängnisses. „Ohoooo Ohoooo Ohoooo... Mathe war nie mein Lebenselixier! Mathe war nie mein Lebenselixier! Musik, ja, die steht mir! Musik, ja, die steht mir! Also hört mir zu: Ich bin ein Sorglospunk – holt mich hier raus! Ich bin ein Sorglospunk – holt mich hier raus! Ich bin ein Sorglospunk – holt mich hier raaaauuuus! Mathe war nur Schülerqual, Schülerqual! Mathe war nur Schülerqual, Schülerqual! Musik, ja, die gehört zu mir! Musik, ja, die gehört zu mir! Also hört mir zu: Ich bin ein Sorglospunk – holt mich hier raus! Ich bin ein Sorglospunk – holt mich hier raus! Ich bin ein Sorglospunk – holt mich hier raaaauuuus! Ich bin ein Sorglospunk, ein Sorglospunk, Sorglospunk! Und werde nie, nie, nie, was anderes sein! Ich bin ein Sorglospunk, ein Sorglospunk, Sorglospunk! Und werde nie, nie, nie, was anderes sein! Mathe war nie mein Lebenselixier! Mathe war nie mein Lebenselixier! Musik, ja, die steht mir! Musik, ja, die steht mir! Also hört mir zu: Ich bin ein Sorglospunk – holt mich hier raus! Ich bin ein Sorglospunk – holt mich hier raus! Ich bin ein Sorglospunk – holt mich hier raaaauuuus!“ „Easy! Easy, verdammt, wach endlich auf! Easy!“ Eine nervtötende Stimme und eine kräftig rüttelnde Hand an ihrer Schulter ließ Easy aufschrecken. „Ja, was...?“ „Himmel, wir brauchen ja einen neuen Song, aber du musst doch nicht gleich im Schlaf singen!“ Jack, Easys Zwillingsschwester, schüttelte den Kopf. „Alles klar?“ „Ich habe geträumt? Das Gefängnis war nur ein Traum? Nichts als ein dummer kafkaesker Traum?“ „Äh... Ja...“ Irritiert blickte Jack ihre Schwester an. Ob man da nicht vielleicht einen Arzt rufen sollte? „Supi!“ Easy sprang in die Luft. „Es gibt kein Mathematiker-Gefängnis in Greifswald! Ja! Es gibt kein Mathematiker-Gefängnis in Greifswald! Ja!“ Fröhlich tanzte sie aus dem Zimmer in Richtung Küche, um sich dort einen zahlenfreien Kaffee zu gönnen. Jack sah ihrer Schwester verwirrt hinterher. Also manchmal, da zweifelte sie ja ernsthaft an Easys Geisteszustand, aber da sie Zwillinge waren, behielt sie das lieber für sich. Wobei... Gerade kratzte eine Erinnerung an ihren Gedanken. Hatte ihre Grundschullehrerin nicht immer mit einem Mathematiker-Gefängnis gedroht, wenn sie sich in Mathe keine Mühe gaben? Jack zuckte mit den Schultern. War ja auch egal. Hauptsache, Easy gelang es, einen neuen Song zu schreiben, damit sie weiter an dem Durchbruch arbeiten konnten. Und damit machte auch sie sich auf den Weg in die Küche, um dort zum einen ebenfalls einen Kaffee zu trinken und zum anderen Easy ein wenig motivationstechnisch in Sachen Songwriting auf die Sprünge zu helfen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)