100% Sorglospunks! von abranka ================================================================================ Kapitel 3: Der Gestiefelte Kater und die Sorglospunks ----------------------------------------------------- Es war einmal eine Band. Diese Band hieß Sorglospunks und war die imaginärste beste Band der Welt. Ihre Mitglieder hießen Easy, Jack und Chris. Easy war die dynamische Frontfrau und Leadgitarristin, Chris der Bassist und Jack wahlweise Schlagzeugerin, Triangelistin oder erste Flöte. Dann gab es noch das Bandmaskottchen, Kiwi, eine recht ungewöhnliche, eigenwillige und nur scheinbar stinknormale Katze. Diese Band hatte auch eine Muse – mich. Und ich bin es auch, die diese Geschichte erzählt, denn ich bin immer dabei. Wie es eben die Aufgabe guter Musen ist. Und die Band besaß ein geniales Management, das ihnen immer wieder Auftritte in ganz Deutschland vermittelte. Dieses Mal war es ein Auftritt in einem kleinen Szeneclub in Berlin. Das hieß: Bahnfahrt. Lange Bahnfahrt. Vor allem, wenn das Geld nur für ein Wochenendticket reichte und man vom schönen Schwabenland bis Berlin mit Regionalbahnen fahren musste. Es war Nacht und die Band war müde. Jack und Chris schliefen bereits fest, nur Easy starrte noch aus dem Fenster. Da es draußen dunkel und der Zug beleuchtet war, konnte sie nichts weiter sehen als ihr eigenes Spiegelbild und das ganze Drumherum. Sie sah die Spiegelungen von Jack und Chris, dem herrenlosen Koffer zwei Sitze weiter und – der Katze. Moment, Kiwi war doch zuhause geblieben, oder nicht? Easys Kopf flog herum. Katze? Im Zug? Eine Katze mit... Stiefeln? Und einem reichlich altmodischen... Hut? Das war eindeutig nicht Kiwi! Vor allem nicht, weil diese Katze sie angrinste. „Hallo, Easy.“ Okay, und diese Katze sprach! Das war etwas, wozu sich Kiwi bisher nicht hatte aufraffen können, obwohl Easy insgeheim vermutete, dass diese Katze zu weitaus mehr in der Lage war, als sie verriet. „Hi...“, stammelte die Sorglospunks-Frontfrau und musterte die Katze misstrauisch, die sich jetzt neben ihr niederließ, den Hut zog und ihr die Pfote freundlich entgegenstreckte. Skeptisch schüttelte sie die weiche Pfote. Zumindest hatte ihr das Tier noch keine Krallen in die Hand gerammt. Das war schon mal gut. Vermutete sie jedenfalls. „Ich bin der Gestiefelte Kater. Vielleicht hast du ja schon einmal von mir gehört.“ Der Kater grinste breit und ordnete die Federn auf seinem Hut, ehe er ihn wieder aufsetzte. „Ja... Die Kindergartenfrau hat mal von dir vorgelesen. Und du warst im Fernsehen...“ Easy war noch immer verwirrt, ein Gefühl, das einfach nicht verschwinden wollte. Sie saß hier und sprach mit einem verdammten Kater! „Nun ja... Also, wie du dich sicher erinnern kannst, gab es da einen Müllersohn, dem ich mal tierisch auf die Sprünge geholfen habe, ja?“ Easy nickte stumm. Düster kamen die Erinnerungen an das Märchen zurück. Ja, das war etwas gewesen. Der Kater hatte alle ausgetrickst und am Ende konnte der Müllerjunge die Prinzessin heiraten. „Willst du mir einen Prinzen besorgen?“ Easys Augen wurden kugelrund. Männer... Die bedeuteten doch meistens nichts als Ärger, drauf verlassen konnte man sich nicht und die guten waren eh immer besetzt. Okay, es gab da so einen Spruch: Nicht alle Männer sind Idioten, einige sind Vollidioten. Das war auch der Grund, warum sie meist die Finger von den Groupies ließ. „Nun... Wenn du willst, können wir uns auch darum kümmern.“ Der Kater grinste noch breiter und seine gelben Augen glitzerten in dem Neonlicht. „Ich dachte vielmehr daran, der Band ein wenig auf die Sprünge zu helfen. Zum Beispiel, indem ich einen Talentscount in diesen Club lotse...“ „Das würdest du tun?“ Fieberhaft suchte Easy nach dem Haken an der Sache. Irgendwo musste da doch einer sein. Definitiv musste da einer sein. Nur... wo? Okay, da war es einfacher, das direkt zu fragen, anstatt wie bescheuert danach zu suchen. „Und wo ist der Haken an der Sache?“ Der Kater hüstelte leise. „Nun ja... Ich würde es begrüßen, wenn du bei Kiwi ein gutes Wort für mich einlegen würdest. Sie hat offenbar keine besonders hohe Meinung von Katern...“ Tja, woher mochte das nur kommen? „Kein Thema!“ Easy strahlte das Felltier an. „Das mache ich jederzeit gerne!“ Kurz kratzte das schlechte Gewissen an der Tür, dass sie Kiwi gerade sozusagen verkaufte, aber andererseits würde sie ja nur ein gutes Wort einlegen – das hieß ja immer noch, dass Kiwi ihre Entscheidung selbst zu treffen hatte. Wenn Kiwi nicht wollte – das war ja dann wohl nicht Easys Problem! „Wunderbar.“ Der Kater strahlte sie an und stand dann auf. „Also werde ich mich auf den Weg machen. Bis in Berlin!“ Winkend huschte er zwischen den Sitzreihen davon. Easy schüttelte benommen den Kopf. Wow... Damit hatte sie nun nicht gerechnet... Aber Chancen musste man ergreifen, wenn sie sich zeigten. Das hatte die Bandmanagerin immer wieder betont. Und das hier war so eine Chance. Schlappe sechs Stunden später trudelten die drei in Berlin ein. Chris und Jack hatten Easy für bescheuert erklärt, als sie von dem Gestiefelten Kater berichtet hatte. Nun, aber das war etwas, woran die Frontfrau schon längst gewöhnt war. Überdrehte Fantasie war eben etwas, das nicht jeder verstand und das manche Menschen sogar mit Wahnsinn verwechselten. Was im Übrigen eine ziemliche Beleidigung für uns Musen ist, denn letztlich sind wir es ja, die die Ideen spenden und für Kreativität und Fantasie zuständig sind. Kein Wunder, dass wir solche Leute sehr schnell meiden wie die Pest. Aber ich schweife ab. Die Band krallte sich das nächstbeste Taxi und ließ sich zum Club bringen. Netterweise hatte man ihnen dort wenigstens das Schlagzeug zur Verfügung gestellt. Schon allein das Reisen mit der Gitarre und dem Bass war nicht gerade das angenehmste gewesen – vor allem, weil noch für jeden eine Tasche mit Klamotten, Futter und Co hinzukam. Und wer einmal mit vollen Zügen gefahren ist und sich mit zwei Taschen durchkämpfen musste, weiß, was für eine Qual das für die drei gewesen war. Sie schwiegen, als sie endlich vor dem Club standen. „Also los...“, entschied Chris schließlich und schob die beiden Mädels in Richtung Hintereingang. Die Begrüßung war nett, die Musterung skeptisch und die Umkleide spartanisch. Aber immerhin bekamen sie Wasser und ein paar Salzstangen hingestellt. Das war mehr als in den meisten Clubs. „Meinst du wirklich, dass da heute Abend ein Talentscout auf uns wartet?“ Jack war ein nervliches Wrack. Easy musterte ihre Zwillingsschwester und lächelte dann. „Nein, natürlich nicht. Das war wohl nur ein dummer Traum, der real wirkte...“ Angesichts von Jacks Nervosität war das wohl die beste Antwort. Sie selbst wusste natürlich, dass der Kater kein Traum gewesen war. Sie hatte schließlich sein Fell gefühlt! Und so was tat man in Träumen bekanntlich eigentlich nicht. Chris hockte auf dem durchgesessenen Sofa, aus dem die Sprungfedern schon hervorlugten, und stimmte noch einmal sicherheitshalber Bass und Gitarre. Besonders bei der Gitarre gab er sich Mühe, denn bei Easy wusste man nie. Und genauso war er sich nicht sicher, ob nicht vielleicht doch irgendetwas an dieser Talentscoutsache dran war und die Band nicht vielleicht doch ihre große Chance heute Abend hatte. Denn, so wie er von ihrer Managerin gelernt hatte, musste man Chancen ergreifen, wenn sie in Reichweite kamen. Und falls diese Chance heute Abend wirklich vorbeischaute, dann wollte er sie ergreifen. Zu verlieren gab es schließlich nichts. „Was spielen wir?“, fragte er und schaute in die Runde. Ihren Plan erstellten sie immer erst im letzten Moment. „Kapitalismus, Zeitschriftenabo und Nichts“, entschied Easy. Das waren die drei Titel, die bisher am besten standen. An allen anderen Liedern feilte sie noch immer herum. Die drei konnte man einem Talentscout präsentieren fand sie, spiegelten sie doch die komplette Bandbreite der Band wider. „Du hast die Hymne vergessen“, ergänzte Jack trocken. Easy schlug die Hand vor den Kopf. Klar, die Hymne! Wie konnte sie nur? „Und welche?“ Denn die Sorglospunks waren die einzige Band, die zwei Bandhymnen besaß. „Schillers Erben“, kam es von Chris. „Da hast du den Riff besser drauf.“ Und mit der Hymne begann die Show. Der Club war relativ klein, aber brechend voll. Die Managerin hatte einen verdammt guten Griff getan, denn dieser Club präsentierte meist die Bands von morgen. Diejenigen, die über Nacht groß werden würden. Diejenigen, die im Morgenrot als neuer Stern am Musikhimmel aufgehen würden. Wenigstens meistens. Ein paar stürzten vor Sonnenaufgang auch schon wieder ab in die Tiefen der Vergessenheit. Und die Sorglospunks hatten die Chance auch nur bekommen, weil die Managerin einige gute Kontakte hatte. Auch, um dafür zu sorgen, dass ihre Schützlinge die Chance einer anderen Band bekamen, die aufgrund akuter Krankheit ausgefallen war. Ein Schelm, der dabei böses dachte. Wahrscheinlich hatte Kiwi da ihre Pfoten mit im Spiel... Das Bandmaskottchen spekulierte noch immer auf den Durchbruch der Band, weil es dann Kaviar und Lachs en masse geben würde und kein langweiliges Dosenfutter mehr. Also, die Hymne stand am Anfang. „Wir sind Schillers Erben! Wir rocken drauflos! Bis in den Tod! Wir sind Schillers Erben! Punkig, sorglos, kreativ - Sorglospunks!“ Das letzte Wort des Refrain verhallte und leises Gemurmel machte sich breit. War die Frage, ob das eine gute Reaktion war. Irgendwer fing dann plötzlich an zu jubeln und der Rest des Publikums stimmte ein. Easys Augen suchten die Menschenmenge ab. Irgendwo hinten in der Ecke entdeckte sie einen großen Federhut. Der Kater war wirklich da. Es war kein Traum gewesen. Ganz eindeutig nicht! „Danke schön!“, rief Easy ins Mikro und fügte sofort hinzu: „Und als nächstes: Zeitschriftenabo!“ Jack gab den Takt vor und gleich darauf begann die Frontfrau mit der ersten Strophe. „Es war 'ne schöne Zeit, ich war zu allem bereit, doch du, du warst es nicht. Jetzt kommt die Wahrheit ans Licht. Deine großen Gefühle waren nichts als Show, so wie du weintest und dabei meintest, zu gewinnen - whoho.“ Die Skepsis des Publikums war greifbar. Irgendwie... fehlte noch der Funke... Der Kater grinste hinten in der Ecke und huschte zu der Beleuchtung. Keine zwei Minuten später war die Bühne düsterer als vorher und die Scheinwerfer malten einen Sensenmann an die Wand. „In der Zeitschrift meines Lebens is 'ne Todesanzeige von dir. Du versuchst vergebens, dass ich dich reanimier’...“ Der Funke kam. Die Menge zog ihre Feuerzeuge hervor und schwenkte sie im Rhythmus mit. Es passte! Es passte einfach alles! Und jetzt, wo die Scheinwerfer nicht mehr ganz so grell in ihr Gesicht stachen, konnte Easy auch zwei Männer und eine Frau ausmachen, die total schnieke gekleidet waren und sich ständig Notizen machten. Einer hatte sogar ein Handy am Ohr und ließ immer wieder irgendwen mithören. Sie spielten weiter. Es folgten noch – wie geplant – Kapitalismus und Nichts, dann zog sich die Band hinter die Bühne und in ihre Garderobe zurück. „Wir waren gut!“ Chris strahlte und bekam von Jack eine Kopfnuss. „Nein, wir waren genial!“, jubilierte Jack und hopste im Kreis herum. „Da waren drei Talentscouts...“, sagte Easy leise. „Es waren...“ Jack brach ab, weil ihre Kinnlade gen Boden wanderte. „Das ist nicht dein Ernst!“ „Doch...“ Easy nickte schwach. „Die Sache mit dem Kater ist wirklich wahr???“ Chris’ Augen waren tellergroß. „Klar. Oder glaubst du etwa, dass ich nur eine Illusion bin?“ Der Kater tauchte hinter ihm scheinbar aus dem Nichts auf und stemmte die Hände in die Taille. Die drei Sorglospunks wirbelten herum und blickten den Kater an. Chris und Jack sichtlich schockiert, Easy mehr erfreut. „Und?“, erkundigte sie sich und sah den Kater hoffnungsvoll ab, der wieder einmal an den Federn seines Hutes herumspielte. „Schaut gut aus. Sie wollen gleich vorbeikommen. Also macht einen guten Eindruck, klar?“ Der Kater grinste breit. „Wir sehen uns nachher...“ Er winkte und huschte davon. Keine drei Minuten später klopfte es an die Garderobentür und die drei schnieke gekleideten Herrschaften standen davor. „Guten Abend“, sagte der junge Mann mit den zurückgekämmten Haaren und der Nickelbrille. „Wir kommen von der Agentur“, fuhr der zweite Mann mit dem verwegenen Piratenhaarschnitt fort. „Lux, Luxis & Music“, beendete die Frau in dem roten Kostüm den Satz. „Wir fanden.“ „Ihren Auftritt.“ „Wirklich bemerkenswert.“ Easy hatte das Gefühl, dass man bei den dreien auf Dauer Kopfschmerzen bekam, wenn sie immer so weiterredeten. „Und wir haben.“ „Kontakt mit einer Plattenfirma aufgenommen.“ „In deren Konzept Ihre Band passend würde.“ „Sie haben doch noch.“ „Keinen Vertrag.“ „Oder?“ Benommen schüttelte die Band den Kopf. „Wunderbar.“ „Hier ist unsere.“ „Karte.“ Die Frau drückte Easy die Visitenkarte in die Hand. „Rufen Sie uns.“ „Morgen.“ „An.“ „Dann.“ „Besprechen wir.“ „Alles Weitere.“ Ein erneutes, benommenes Nicken, dann waren die drei Talentscouts wieder verschwunden. „Seltsame Menschen.“ Chris schüttelte sich. „Aber sie bringen uns voran!“, warf Jack ein. „Ja... Und Chancen...“, begann Easy, woraufhin ihr Satz von Jack und Chris im Chor beendet wurde: „Muss man ergreifen, wenn sie sich zeigen. Wir waren bei der gleichen Managerin in der Lehre.“ „Na, dann ist doch alles klar!“ Easy grinste breit. „Wir rufen da morgen an!“ Irgendwie war es dem Kater gelungen, ihnen ein Hotel für die Nacht zu besorgen, denn eigentlich hatten sie den nächsten Zug gen Heimat nehmen wollen. Aber so... Sie mussten das Zimmer noch nicht einmal bezahlen. Wusste der Teufel, wie der Kater das geschafft hatte. Gut, es war ein Zimmer mit Doppelbett für drei Personen, aber das passte schon. Jack wurde dazu verdonnert, als Abstandshalter zwischen Chris und Easy zu dienen und auf der berüchtigten Ritze zu schlafen. Am nächsten Morgen kam dann der Anruf bei der Agentur, wobei Easy sehr erleichtert war, nur einen der drei am Apparat zu haben. Ein solcher Wechselgesang am Telefon hätte sie wahrscheinlich noch an den Rande des Wahnsinns und darüber hinaus geschubst. „11 Uhr bei dem Label.“ Sie legte vollkommen erschlagen auf. „Die wollen uns potenziell haben!“ „Wow!“ „Wahnsinn!“ Chris und Jack sprangen wie zwei Duracellhasen auf Smiliepillen durch das Zimmer. „Hallo, Erde an durchgeknallte Sorglospunks! Wir haben eine halbe Stunde, um da anzukommen!“ Die beiden stolperten durcheinander und landeten in einem Wirrwarr aus Armen, Beinen und Köpfen auf dem Boden. „Wir müssen uns fertig machen! Bewegt euch!“ Keine fünf Minuten später verließ die Band samt Instrumenten das Zimmer. Man wusste ja nicht, ob sie nicht vielleicht doch noch mal vorspielen sollten. „Ich hoffe, die haben ein Schlagzeug“, hatte Jack noch leise gemurmelt. Keine weitere drei Minuten später saßen sie in einem Taxi, das der Kater organisiert hatte. Und so wie es schien, war er mit dem Fahrer bereits so schnell per Du und bester Kumpel, dass sie die Fahrt noch nicht einmal bezahlen mussten! „Wow...“, meinte Easy, als sie ausgestiegen waren und vor dem Hochhaus standen, in dem das Label sein Büro hatte. „Wie machst du das?“ „Oh, ich hab ihm ein paar Tipps bei seiner Katze gegeben. Was meinst du, wie viele Menschen Katzen haben und die einfach nicht richtig verstehen?“ Der Kater grinste fröhlich. „Aber jetzt... auf geht’s! Wir haben schließlich ein Label zu überzeugen!“ Sie wurden in den Räumlichkeiten des Labels bereits erwartet, sowohl von den drei Talentscouts, die noch etwas von einem Vertrag murmelten, als auch von einer Sekretärin, die sie alle in einen Raum weiterführte, in dem bereits ein Schlagzeug bereitstand und drei Herrschaften hinter einem großen Tisch saßen. Die drei besaßen akute Ähnlichkeit mit der DSDS-Jury. „Guten Tag...“, brachte Easy schließlich als erste verschüchtert hervor. „Guten Tag“, kam die Antwort von der Jury. „Also, ihr wollt in das Label? Dann spielt uns jetzt mal etwas vor... Die Agentur hat ihren Teil gemacht, jetzt seid ihr gefragt!“ Easy nickte schwach und packte die Gitarre aus. Sie suchte den Kater, doch der war irgendwie verschwunden. Mistvieh. Verschwand einfach so, wenn man ihn brauchte. Nur so als Rückversicherung natürlich... Sie sah ihre Kollegen an, die nicht weniger unsicher ihre musikalischen Werkzeuge in die Hand nahmen. „Also dann... Wir sind die Sorglospunks und spielen für Sie heute... Nichts!“ Easy haute in die Seiten. „Als du sagtest, du gehst, hab ich nicht geweint. Warum sagt man 'Nur kurz', wenn man 'Für immer' meint? Und nichts, nichts ist es, das bleibt...“ Als das Lied vorbei war, blickte die Band die Jury fragend an. „Ja, also...“ Der Dieter-Bohlen-Verschnitt zog eine Schnute. „Ich weiß nicht so recht... Gefühl war ja da, aber die Power fehlte...“ Die Anja-Lukaseder-Doppelgängerin widersprach. „Nein, finde ich gar nicht. Ich finde die drei toll! Erfrischend, gerade in ihrer Unbeholfenheit. Und sie sehen süß aus.“ „Ja, was habt ihr denn noch mitgebracht?“, erkundigte sich der Heinz-Henn-Klon bei den Sorglospunks. „Kapitalismus...?“, antwortete Easy schüchtern. „Na, dann spielt mal.“ „Okay...“ Easy blickte Jack an, die sofort den Takt anschlug. „Kapitalismus ich liebe dich, Kommerz ich find dich geil, meistens da kassiert ihr mich (ab) und zerstört mein Seelenheil... Seelenheil!!“ Die Band gab alles. Sie rockte, sie punkte. Easy rutschte über den Boden, Chris machte einen Kniefall vor der Jury und spielte den Bass eine Weile mit den Zähnen, Jack schlug das Schlagzeug zwischendurch mit den Füßen, um mehr Power reinzubringen und aktivierte gleichzeitig ihre heißgeliebte Triangel. Wenn sie ihre Blockflöte dabei gehabt hätte, hätte sie wahrscheinlich sogar versucht, die noch zusätzlich zu spielen. Sie waren vollkommen außer Atem, als sie das Lied endlich über die Bühne gebracht hatten. „Hammermäßig! Oberhammermäßig!“ „Ich sag doch, sie sind süß. Die Show hat etwas von ein paar Welpen...“ „Ja... Definitiv gut“, kamen die Antworten der Jury. Der Gestiefelte Kater lugte hinter Bohlens Stuhl hervor und grinste breit. „Ihr seid im Recall!“ „Re...call?“ Easys Augen wurden groß. „Was...“ „Easy... Easy! Verdammt, jetzt mach die Augen auf!“ Jemand rüttelte sie unsanft an der Schulter und die Frontfrau schlug die Augen auf. Ihre Wange löste sich unangenehm von der Scheibe und sie musste feststellen, dass sie dagegen gesabbert hatte. „Verdammt, Easy! Wir sind in Magdeburg! Wir müssen umsteigen! Beweg dich endlich!“ Jack ließ sie los und sprang auf. Verdattert sah Easy ihr zu, wie Jack ihre Tasche hochwuchtete und ihr den Gitarrenkoffer hinhielt. „EASY!“ „Ja, ja...“ Easy stand auf und kämpfte einen Augenblick ums Gleichgewicht, als der Zug anhielt. Sie nahm den Koffer und ihre Tasche. Langsam trottete sie hinter Chris und Jack her. Doofe Muse. Hatte die ihr doch schon wieder so einen bescheuerten Traum verpasst. Gestiefelter Kater, DSDS-Jury. Was für ein Blödsinn! Was sie nicht sah, war der Kater mit dem großen Hut und den Lederstiefeln, der sich auf einem der Sitze räkelte und leise vor sich hinschnarchte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)