100% Sorglospunks! von abranka ================================================================================ Kapitel 1: Eine Muse, Werwölfe, Heino, Wodka und mitten drin Sorglospunks ------------------------------------------------------------------------- Was haben eine Muse, eine Horde Werwölfe, Heino und drei Tüten hochprozentiger Wodka gemeinsam? Nichts, sagt ihr? Ihr irrt euch. Zuallererst möchte ich mich vorstellen. Mein Name ist Abranka und ich bin eine Muse. Aber nicht irgendeine Muse, wie sie auf dem Olymp in Scharen herumhoppeln, auf ihre Wolken springen und über die Welt sausen, um dann den Menschen ihre Ideen ins Ohr zu flüstern. Nein, ich bin die Bandmuse der Sorglospunks, ihres Zeichens die beste imaginäre Band der Welt. Bandmuse zu sein ist an sich eine wirklich tolle Sache. Man bekommt viele geniale Ideen allein durch das Umfeld: Musik macht kreativ, auch wenn diese Musik noch in den Kinderschuhen und auf dem Weg von der Imagination zur Realität steckt. Dennoch: Ich liebe meinen Job. Allerdings... Die Muse der Sorglospunks zu sein, bedeutet aber auch, mit vollkommen unvorhersehbaren Schwierigkeiten fertig werden und die lebensrettende Idee – im wahrsten Sinne des Wortes – parat zu haben. Letzten Dienstag war wieder einer dieser Tage... Die Band spielte – wie so oft – umsonst in einer kleinen Kneipe, was durch die Reihe Blind Concerts organisiert worden war – diese sorgten dafür, dass junge aufstrebende Bands vermittelt wurde, um des Nachts zu spielen, was aber nicht zuvor angekündigt wurde, damit das potenzielle Publikum nicht fliehen konnte – und war sehr glücklich, nicht wieder mit Tomaten beworfen zu werden. Das passierte hin und wieder, wenn Easy eine zu lange Ansprache hielt oder aber Jack mit ihrer Triangel durcheinander kam... Oder Chris zu anzügliche Bemerkungen gegenüber dem weiblichen Part des Publikums machte. Aber das war harmlos. Vor allem gegenüber dem, was uns an diesem Abend bevorstand... Mir kam die ganze Sache hier ja schon spanisch vor, als ich die blitzende Leuchtreklame über der Tür sah. Ein Wolfskopf mit blutigen Fangzähnen. Daneben der Name: Die Wolfshöhle. Jeder vernünftige Mensch sollte da doch stutzig werden, nicht wahr? Aber nicht so die drei. Nein, die doch nicht. Die scheffelten schließlich in Gedanken schon die ersten Millionen und dagegen kam der kleine besorgte Gedanke, den ich Easy schickte, gar nicht an. Geld besitzt eben die größte Macht. Dummerweise. Also konnte ich die drei nur hineinbegleiten, wohlwissend, dass die ganze Geschichte nach Schwierigkeiten roch. Nur gut, dass Musen zum einen unsichtbar sind und sich zum anderen auf einer kleinen fliegenden Wolke fortbewegen, sodass ich für mich nichts zu befürchten hatte. Aber für Easy... und natürlich den Rest der Band. Aber für Easy ganz besonders – denn was ist eine Muse schon ohne ihren Menschen? Doch nichts weiter als ein Fitzelchen Ideenstaub. Wir hatten natürlich gerade Vollmond. Wenn man sich auf eines wirklich verlassen kann, dann darauf, dass ein gewisser Murphy immer eine Breitseite für die Band parat hält. Wahrscheinlich, weil er eifersüchtig ist, dass die drei Pseudomusiker zumindest den Versuch machen, das Nichtschwimmerbecken der Imagination zu verlassen, um in dem Meer der Realität zu schwimmen. Blöder Neid, blöde Eifersucht. In diesem Fall bescherte uns das einen Haufen Werwölfe in einem Werwolfsclub mit einem aufsteigenden Vollmond und drei saftigen Menschenfleischlieferanten auf der Bühne, die verzweifelt versuchten, Stimmung in die düstere Bude zu bringen. Doch wie schafft man das, wenn an der Wand eine Totenkopfsammlung hängt, Blut ausgeschenkt wird und überall steht, dass Silber verboten ist? Easy, Jack und Chris versuchten es jedenfalls. Wenn auch sehr vergeblich. „Äh... Seht ihr auch, wie die Leute immer haariger werden?“, erkundigte sich Easy schließlich mitten in einem Lied. Es hörte eh keiner wirklich zu. Die drei wurden nur sabbernd angestarrt. „Der da vorne bekommt einen Schwanz – wie ein Hund...“, murmelte Jack nicht weniger schockiert. „Ieh, ich hasse zu haarige Frauen!“, kam es in dem Augenblick von Chris, dessen zwei Angebetete gerade von einem wahren Fellschub übermannt – eher: überfellt – wurden. „Äh... Wir sind in Schwierigkeiten...“ Immerhin hatte Easy das kapiert. Wunderbar. Aber wie rettete man drei wirklich sorglose Sorglospunks aus einem verdammten Werwolfsnest? Meine Wolke leuchtete schon, so sehr dachte ich nach. Die Wand hinter mir fing langsam an zu kokeln, als die Ideenblitze aus der weißen Watte zuckte und wieder verglühten. Nichts, gar nichts. Bis auf... „Okay, ‚Enzian’!“, rief Easy in die Menge und griff nach dem Mikro. „Easy – bist du jetzt vollkommen durchgeknallt?“ Jack und Chris benahmen sich beinahe wie die Zwillinge, die sie nicht waren. „Nein. Ich rette uns den Hals! Chris, Jack – spielt!“, befahl Easy. Die beiden zuckten nur mit den Schultern und griffen nach ihren Instrumenten. „Ja, ja, so blau, blau blau blüht der Enzian Wenn beim Alpenglühn wir uns wiedersehn Mit ihren ro-, ro-, ro-, roten Lippen fing es an Die ich nie vergessen kann!“, schmetterte Easy mit aller Kraft in das Mikrofon. Ein Heulen ging durch die Menge. Pfoten flogen an zu empfindliche Ohren und hielten sie zu. Das Heulen wurde durchdringender, vermochte aber nicht, Easys Stimme zu übertönen, die von Todesangst motiviert immer lauter wurde. „Wenn des Sonntags früh um viere die Sonne aufgeht Und das Schweizer Madel auf die Alm naufgeht Bleib ich ja so gern am Wegrand stehn, ja, stehn Denn das Schweizer Madel sang so schön Holla hia hia holla di holla di ho Holla hia hia holla di holla di ho Blaue Blumen dann am Wegrand stehn, ja, stehn Und das Schweizer Madel sang so schön!“ Chris und Jack fielen mit ein, gaben dem Refrain noch mehr Stärke und brachten den Club zum Beben. „Ja, ja, so blau, blau blau blüht der Enzian Wenn beim Alpenglühn wir uns wiedersehn Mit ihren ro-, ro-, ro-, roten Lippen fing es an Die ich nie vergessen kann!“ Die ersten Werwölfe traten die Flucht an und stürmten durch die Tür. Es dauerte keine zwei Wiederholungen, da war die Kneipe vollkommen geleert. „Äh, wir sollten gehen, denke ich...“, sagte Easy und sprang von der Bühne. Diesmal hatten Chris und Jack keinerlei Einwände und keine fünf Minuten später rannten die drei durch die Straßen. „Nie wieder Wolfshöhlen! Nie wieder!“, keuchte Chris beim Laufen. „Garantiert nicht! Und nie wieder Blind Concerts!“, stimmte Jack zu. Easy nickte nur. Bloß keine unnötige Luft zum Reden verbrauchen. Okay, das war der Moment, wo ich eingreifen musste. Wenn die Sorglospunks keine Blind Concerts mehr annahmen, konnten sie ihre weitere Laufbahn so gut wie vergessen. Also mussten sie diesen Tag vergessen. Oder zumindest so weit in ihren Gedanken abändern, dass das nichts weiter war als ein komischer Traum... Oder eine alkoholvernebelte Idee... Ein Fingerschnipsen und Easy hatte wieder eine Idee. „Hey, auf den Schreck brauchen wir erst einmal einen Schluck.“ Sprach’s und der nächste Supermarkt wurde zur Zwischenstation. Um drei Plastiktüten voller Hochprozentigem reicher galt es, die nächste Bank anzusteuern. Dort saßen sie dann wie die Hühner auf der Stange, die Gesichter noch immer blass vom Schock. Wenigstens noch für fünf Minuten. Danach änderte es sich. Denn Alkohol wirkt durchdringend. Vor allem, wenn es schöner Wodka ist... Der mit dem hübschen blauen Etikett. Ihr wisst schon. Die drei waren wirklich sehr schnell vollkommen blau. Easy fing als erste an zu lachen und erzählte von lauter extrem behaarten Menschen, die Heinofans waren, und stellte eine Theorie auf, dass Enzian das perfekte Heilmittel für diese Art der Körperbehaarung war. Chris dagegen fantasierte von zwei wunderschönen Frauen, die ihm in einer Wolfshöhle zu Diensten waren, während Jack eine Werwolfsmodellshow im Fernsehen erdachte. Sorglospunks’ Next Werewolf Topmodel. Das Lachen nahm überhand und wie es so oft bei Alkohol ist, endete es in einer großen Kotzorgie und einer Nacht im Freien. Aber zumindest... Ja, zumindest hatten sie diese Geschichte vergessen. Ebenso wie die Sache mit den Elchen, den Vampiren, ach ja und den Drachen... Von den Zwergen, den singenden Pilzen und den tanzenden Kakteen wollen wir mal gar nicht erst reden. Wirklich, es gibt so Momente, da bin ich sehr sehr froh, dass es diesen Wodka mit dem blauen Etikett gibt. Es gibt kaum eine bessere Idee, um Gehirne zu verwirren und die Realität vollkommen imaginär werden zu lassen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)