100% Sorglospunks! von abranka ================================================================================ Kapitel 72: Bring den Knoten zum Platzen! ----------------------------------------- Easy brütete über dem weißen Blatt Papier. Die Frontfrau, Sängerin und leider Gottes auch Songwriterin der sorglosesten Band der Welt, den Sorglospunks, stand kurz vor der absoluten Verzweiflung. Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn ihre beiden Bandgenossen – ihre Zwillingsschwester und Multipercussionswunder Jack sowie Gitarrist Chris – sie wenigstens in Ruhe gelassen hätten. Aber Ruhe war im Sorglospunkshauptquartier mitten im wunderschönen Schwabenländle üblicherweise immer fehl am Platz und absolute Mangelware. Chris hüpfte zwischendurch vorbei und suchte irgendetwas, während Jack ständig reinschaute und schlaue Sprüche von sich gab. Außerdem strich auch das Bandmaskottchen, die Katze Kiwi, ständig um sie herum. „Das ist doch alles ganz easy, Easy!“, rief Jack. Chris suchte sein Gitarrenpoliermittel. Kiwi sprang auf Easys Schoß. „Entspann dich, dann fließen die Worte schon“, meinte Jack. Chris suchte seine Socken. Kiwi bestand auf Streicheleinheiten. „Schreib doch über den Sonnenuntergang“, sagte Jack. Chris suchte das Laptopnetzteil. Kiwi sprang wieder runter. „Schreib doch über uns“, schlug Jack vor. Chris suchte sein Lieblings-T-Shirt. Kiwi sprang auf den Schreibtisch und spielte mit Easys Stift fangen. „Schreib doch über diesen Typen, den du mal so toll fandest“, kicherte Jack. Chris suchte eine rote Socke. Kiwi legte sich mitten auf das weiße Blatt Papier. „Hey, schreib doch über Kiwi!“, begeisterte sich Jack. Chris suchte eine grüne Socke. Kiwi rollte sich einmal quer über den Schreibtisch. „Denk daran, dass ich gutes Schlagzeugsolo brauche“, erinnerte Jack. Chris suchte neue Gitarrensaiten. Kiwi sprang laut klagend wieder runter. „Hey, Easy, was hast du bisher?“, fragte Jack. Chris brauchte dringend das Fernsehprogramm. Kiwi maunzte ganz kläglich, dass sie hier ja wohl noch verhungern müsse. „Bring den Knoten zum Platzen!“, steuerte Jack die ultimative Weisheit bei. Chris schaute nur kurz rein und sprang dann in Deckung. Kiwi verschwand in Richtung Küche. Zumindest sorgt der letzte Spruch dafür, dass Easys Geduldsfaden riss. „Verpeif dich! Sonst schreib ich über dich und das wird nicht nett!“ Easy warf ihren Kugelschreiber hinter Jack her und erntete zumindest leises Lachen ihrer Schwester. Das war aber auch echt empörend. Wie sollte sie denn bitte so einen neuen Song schreiben? Und das Dumme war ja sowieso, dass Jack Recht hatte. Irgendwie musste sie diesen Knoten zum Platzen bringen. Momentan brachte ja noch nicht einmal mehr Abrankas Inspirationskonfetti etwas. Die Bandmuse war die ganze Zeit über nicht von Easys Seite gewichen und hatte sie immer wieder mit Inspirationskonfetti und Ideenbonbons versorgt. Easy argwöhnte, dass die Muse die meiste Zeit entweder träumte oder las. Aber immerhin verkniff sie sich jegliches Zutexten oder sonstwie geartetes Nerven. Das war das letzte, was Easy gerade gebrauchen konnte. „Alexander der Große hat den Gordischen Knoten ja einfach mit einem Schwert zerschlagen“, sagte Abranka in diesem Augenblick. „Vielleicht musst du nur dein Schwert finden.“ „Ein Schwert gegen einen Anti-Ideenknoten?“, grummelte Easy leise. „Im übertragenden Sinne.“ Abranka zwinkerte ihr zu. „Ich geh einen Kaffee trinken...“ Easy seufzte und erhob sich. Dann streckte sie sich ausgiebig und flitzte so heimlich wie möglich in die Küche. Kaffee war schließlich die ultimative Waffe gegen alles, aber sie wollte gleichzeitig nicht unbedingt ihren nervigen Bandkollegen über den Weg laufen. Große Heimlichkeit war hier aber nicht möglich, da dort die Bandmanagerin Nifen stand und Kekse backte. Leckere Double-Schoki-Cookies. Sie mopste sich welche frisch vom Backblech und verschwand dann mit ihrem Kaffee zusammen wieder an den Schreibtisch. „Viel Erfolg beim Schreiben!“, rief Nifen ihr nach. „Ich habe übrigens einen Auftritt nächste Woche beim Fußballrudelgucken organisiert!“ Easy stöhnte auf und vergrub das Gesicht in den Händen. „Okay, die wollen einen geplatzten Knoten, die kriegen einen geplatzten Knoten“, grummelte sie schließlich und griff nach dem Stift. Einen Augenblick später seufzte sie, stand auf und holte den Kugelschreiber aus dem Flur zurück. Sie hatte vergessen, dass sie Jack mit ihrem einzigen Lieblingsstift beworfen hatte. Dann flitzte der Stift nur so über das Papier und eine halbe Stunde später brüllte sie: „Chris, schlepp deine Gitarre her! Jack, bring deine Minitrommel mit! Wir haben einen Song!“ Neugierig kamen die beiden Sorglospunks mit Nifen im Schlepp ins Wohnzimmer herüber. Abranka grinste nur wissend und lehnte sich auf ihrer Wolke zurück. Sie fand ja, dass der neue Song etwas hatte. Easy räusperte sich und legte dann los: „Ich sitze hier vor dem weißen Blatt und dieser blöde Knoten macht mich ganz matt. Lass mich los, lass mich frei, verpfeif dich doch! Lass mich los, lass mich frei, verpfeif dich doch! Doch nein, nein, nein, ich sitz noch immer hier und nichts geht weg, nichts lässt mich los, nichts lässt mich frei, nichts verpfeift sich. Nichts lässt mich los, nichts lässt mich frei, nichts verpfeift sich. Komm, hol mein Schwert! (Ich hol dein Schwert!) Komm, hol mein Schwert! (Ich hol dein Schwert!) Und ich zerschlag den Knoten! Ich zerschlag den Knoten! Und der Knoten macht 'Platz'! Und der Knoten macht 'Platz'! Jahahaaaa, der Knoten macht 'Platz'! (pla-pla-pla-platz den Knoten platz den Knoten pla-pla-pla-platz den Knoten!) Komm, hol mein Schwert! (Ich hol dein Schwert!) Komm, hol mein Schwert! (Ich hol dein Schwert!) Und ich zerschlag den Knoten! Ich zerschlag den Knoten!“ Easy hielt inne und strahlte in die Runde. „Na?“ „Joa...“, machte Chris. „Ich mag den Beat und dass wir Background singen dürfen. Das ist cool.“ „Joa...“, kam es von Jack. „Knotig, würd ich sagen.“ „Passt schon“, gab Nifen dazu und reichte lauwarme Kekse herum. „Hmpf.“ Easy verschränkte die Arme vor der Brust. „Dann platzt ihr das nächste Mal doch eure eigene Knoten.“ „Nee, deine sind viel schöner.“ Jack lachte und wuschelte ihr durch die Haare. „Iss einen Keks.“ Seufzend nahm Easy einen Keks und knabberte schnell genussvoll daran. Abranka griff derweil die Melodie auf und summte den Refrain vor sich hin. Also, sie war sich sicher, dass das Lied das Potenzial zu einem modernen Klassiker hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)