Methadon von Tattoo (Kyo x Kaoru x Ryo) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- ~1~ Beängstigend laut quietschend und ächzend rollte das eiserne Gitter des Tores beiseite und gab den Weg für die beiden gigantischen Busse frei, die wenige Augenblicke später auf dem weitläufigen Parkplatz zum Stehen kamen. Bei dem hinteren öffnete sich die Tür sofort und alle Roadies kamen heraus, um das Gepäck und Equipment zu entladen. Kurz darauf zeigten sich auch die Bewohner des ersten Busses, sie traten einer nach dem anderen hinaus in die Nachmittagssonne und genossen die frische Luft, an der es ihnen unterwegs des öfteren gemangelt hatte. Kein Wunder, bei fünf Kerlen und einem Hund auf engstem Raum. "Na endlich..." seufzte Die erleichtert während er sich, die Arme zum Himmel gerichtet, ausgiebig streckte. Seine Bemerkung ließ Toshiya grinsen. "Wenn dich das Touren so stört, dann genieße mal schön die nächsten zehn Wochen. Du weißt ja, im Juli geht's wieder los." Seine Anspielung auf die geplante 'Keen under the sun' Tour hatte allerdings nicht den gewünschten Effekt, denn der Rothaarige zuckte nur gelassen mit den Schultern. "Ja schon, aber das sind immerhin nur drei Wochen. Diese Tour hat dagegen ganze fünf Wochen gedauert, das ist ja wohl ein Unterschied." Da tippte ihm jemand von hinten auf die Schulter und der Gitarrist drehte sich zu einem kritisch dreinblickenden Kaoru um. "Du redest so, als wäre sie schon vorbei. Darf ich dich daran erinnern, dass wir noch zwei Auftritte vor uns haben, den ersten davon übermorgen und den zweiten am Tag darauf?! Nur weil sie hier in Tokyo stattfinden heißt das noch lange nicht, dass wir nicht mehr auf Tour sind. Oder soll ich mich jetzt schnell nach einem Ersatz für dich umsehen, hm?" Die's Reaktion auf die Worte seines Leaders war ein breites Grinsen, welches Toshiya's bei weitem übertraf, und er legte einen Arm um Kaoru. "Ach Kao, als könntet ihr mich jemals ersetzen." Dabei zwinkerte er dem Älteren zu und dieser musste schmunzeln. "Ganz schön eingebildet, der Herr..." "Stimmt, aber er kann es sich auch leisten." meldete sich nun der Kleinste von ihnen zu Wort, der mit verschränkten Armen an der Außenwand des Busses gelehnt und seine Bandkollegen beobachtet hatte. "Siehst du, wenn Kyo das sagt, dann muss es wohl stimmen!" flötete Die glücklich, Kaoru sah darin allerdings wenig Logik. "Kyo hat, abgesehen von Shinya, am wenigsten Ahnung vom Gitarrespielen, also würde ich auf seine Meinung nicht allzu viel geben." Beleidigt zog der Sänger eine Schnute, doch da kam auch schon Die freudestrahlend auf ihn zu und Kyo's Gesicht hellte sich wieder etwas auf... allerdings nur so lange, bis der Größere ihm mit den Worten "Ach hör nicht hin, der ist ja bloß eifersüchtig weil du so lieb zu mir bist!" durch die Haare wuschelte. Aber er schluckte seinen Ärger über die mutwillige Zerstörung seiner Frisur hinunter und lächelte zurück. "Genau. Und weil ich so lieb zu dir bin, macht es dir doch sicher nichts aus, meine beiden Koffer zu meinem Wagen zu schlepp- ähm, ich meine zu tragen, ne?!" Die's Grinsen fiel augenblicklich in sich zusammen und der Gitarrist trottete wenige Augenblicke später, begleitet von Toshiya's schadenfrohem Gelächter und Kaoru's gemurmeltem "Das ist mein Wagen...", zum Gepäckraum, der bereits offen stand. Als er den ersten schweren Koffer über den Parkplatz wuchtete, kam ihm Shinya entgegen, der mit Miyu gleich nach ihrer Ankunft eine kleine Runde gedreht und die Hündin dann schon mal im Wagen gelassen hatte. Beim Anblick seines sich abrackernden Kollegen schüttelte der Drummer ungläubig, aber dennoch belustigt, den Kopf. "Hat er es etwa schon wieder geschafft? Du fällst aber auch wirklich jedes Mal darauf rein, Die." "Gar nicht wahr, ich mache das aus reinster Gutherzigkeit und Nächstenliebe!" entgegnete dieser wenig überzeugend und marschierte erhobenen Hauptes weiter, Shinya ging in die entgegengesetzte Richtung zurück zu den anderen. Die waren ebenfalls dabei, ihr Gepäck zusammen zu suchen und zu verstauen, außer Kyo natürlich, der jetzt nur noch eine Tasche mit Kleinkram zu tragen hatte und seinen Freunden daher gutgelaunt zusah und eine Zigarette rauchte. Etwa zehn Minuten später war es vollbracht, auch die Roadies waren in dieser Zeit mit ihrer Arbeit fertig geworden, und nachdem Dir en grey's Mitglieder sich von ihrer Crew verabschiedet hatten, wollten auch sie für die nächsten zwei Tage getrennter Wege gehen. Doch Kaoru erinnerte seine Schäfchen vorsorglich noch einmal an die genaue Uhrzeit, zu der sie sich übermorgen in der Halle zum Soundcheck einfinden sollten. Leicht genervt verdrehte Toshiya die Augen. "Das sagst du uns jetzt schon zum hundertsten Mal, Kao. Denkst du nicht, dass wir es langsam begriffen haben?" Der Leader schüttelte als Antwort auf diese eher rhetorische Frage aber lediglich den Kopf, weshalb der Bassist erst einmal gar nicht wusste, was er sagen sollte. Auf einen sarkastischen Spruch hätte er problemlos ebenso schlagfertig reagieren können, aber was erwiderte man denn bitteschön auf ein einfaches Kopfschütteln? Alles, was ihm schließlich einfiel, war ein schwaches "Haben wir aber.", dann winkte er einmal in die Runde, drehte sich um und schlenderte zu seinem Wagen. Shinya verabschiedete sich ebenfalls und ließ Kaoru, Kyo und Die stehen, um endlich nach Hause zu fahren. Auch den Rothaarigen zog es heimwärts, aber vorher musste er unbedingt noch etwas loswerden. "Du, Kyo..." Als der Angesprochene zu Die aufsah, verfinsterte sich dessen Blick etwas. "Vor der nächsten Tour besorgst du dir aber gefälligst Rollkoffer, verstanden?" Er wirkte allerdings nicht wirklich angsteinflößend auf den Sänger, denn dieser konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen (abgesehen davon, dass er es sich auch gar nicht verkneifen wollte) und antwortete mit einem lässigen "Mal sehen." Damit musste Die sich wohl oder übel zufrieden geben, und nachdem er seinen beiden Kollegen noch kurz zugenickt hatte, machte auch er sich auf den Weg. Kyo sah dem Gitarristen schmunzelnd hinterher, drehte sich dann zu Kaoru um und wollte etwas sagen, doch es stellte sich heraus, dass die Luft sein einziger Gesprächspartner war. Also klappte er den Mund schnell wieder zu und ließ seinen Blick suchend über den Parkplatz schweifen, entdeckte den anderen auch gleich auf dem Weg zu ihrem Wagen und folgte ihm zähneknirschend. 'Frechheit, mich einfach so stehen zu lassen...' Dort angekommen stiegen sie wortlos ein und der Ältere startete den Motor, woraufhin Kyo sich sofort am Autoradio zu schaffen machte. Aber statt von Musik wurden sie während der Fahrt von den Nachrichten unterhalten, die ihnen mitteilten was zur Zeit in der Welt vor sich ging und dass das Leben in Tokyo trotz Dir en grey's Abwesenheit nicht zum Stillstand gekommen war. Sie hatten es nicht weit bis zu ihrer Wohnung, und gerade als der Nachrichtensprecher das Wort an seinen Kollegen vom Wetterdienst übergeben wollte, bog Kaoru in die Einfahrt zur Tiefgarage ein. So begann die Wettervorhersage mit einem sehr informativen Rauschen und Kyo schaltete das Radio wieder aus. Nachdem Kaoru eingeparkt hatte und sie ausgestiegen waren, starrte der Jüngere von beiden nachdenklich in den vollgepackten Kofferraum. "Ich vermisse Die..." murmelte er und sah seinen Freund dann mit großen, flehenden Augen an. Dieser war dagegen zum Glück schon längst immun. "Brauchst mich gar nicht so ansehen, ich denke gar nicht daran. Du trägst deinen Kram, und ich trage meinen." Der bettelnde Ausdruck auf Kyo's Gesicht verschwand augenblicklich und er runzelte die Stirn. "Aber du hast Rollkoffer!" zischte er mit der Absicht, bedrohlich zu wirken, und seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Völlig unbeeindruckt davon hievte Kaoru einen der besagten Koffer heraus, den anderen hatte er wegen Kyo's sperrigem Gepäck auf der Rückbank verstauen müssen. Und einen links und den anderen rechts hinter sich herrollend ging er, nachdem er dem schmollenden Sänger noch die Wagenschlüssel in die Hand gedrückt hatte, hinüber zur Garagentür. Ein kurzer Blick über die Schulter ließ seine gleichgültige Miene allerdings sofort verschwinden, und ein kleines Grinsen fand seinen Weg auf die Lippen des Leaders. Es war aber auch zu drollig mitanzusehen, wie der Kleinere sich mit den beiden schweren Gepäckstücken abmühte. Aber er war ja selbst Schuld, und Kaoru vermutete stark, dass Kyo sich vor der nächsten Tour freiwillig nach neuen Koffern umsehen würde. Es dauerte tatsächlich ganze fünf Minuten, in denen Kaoru sich bereits ans Auspacken gemacht hatte, bis ein Keuchen aus dem Flur zu hören war und die Wohnungstür nicht gerade sanft geschlossen wurde. Kurz darauf betrat ein erschöpfter Sänger ihr Schlafzimmer, eines der beiden Ungetüme hinter sich herschleifend. "Sei so gut und erklär mir doch noch mal, warum wir nicht in einem Gebäude mit Lift, dafür aber im fünften Stock wohnen." schnaufte er und ließ sich wie ein Stein aufs Bett fallen, während sein Freund sich weiter mit dem Verstauen seiner Sachen beschäftigte. "Weil dir die Gegend und besonders die Nähe zu Gara so gefällt und du dich immer geweigert hast, auszuziehen." erinnerte Kaoru ihn ganz beiläufig und ein gedämpftes "Ach stimmt ja..." drang an sein Ohr, da das Gesicht des Jüngeren zur Zeit in ein Kissen vergraben war. Kyo blieb auch noch eine ganze Weile so liegen, er dachte offensichtlich nicht daran, in den nächsten Minuten aufzustehen, geschweige denn seine Koffer auszupacken. Kaoru dagegen war inzwischen fertig, es hatte auch nicht allzu lange gedauert weil der Hauptteil seiner Wäsche benutzt war und jetzt in einem großen Haufen auf dem Boden lag. Dieser würde noch beachtlich anwachsen, sobald Kyo sich irgendwann aufraffte und Kaoru's gutem Beispiel folgte. Mit einem Fuß schob der Gitarrist den Wäscheberg etwas beiseite, warf noch einen Blick auf den anderen, um abzuschätzen ob er schon schlief, und meinte dann "Ich geh Tee kochen." Das Grummeln, welches sein Freund als Antwort von sich gab, brachte ihn zum schmunzeln, und damit verließ er das Zimmer. Auf seinem Weg machte er noch einen kurzen Abstecher ins Bad, um Shampoo, Duschgel und was er sonst noch alles mit auf Tour genommen hatte, wieder an ihren gewohnten Platz zu stellen, anschließend setzte er in der Küche Teewasser auf. Nichts davon ahnend, dass Kyo sich gerade mal wieder wegen ihm den Kopf zerbrach. **** Satt und zufrieden schob Kaoru an diesem Abend die leere Schüssel von sich, in der vor wenigen Minuten noch dampfende Nudeln geschwommen hatten, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und schloss kurz die Augen. Er war froh, wieder zuhause zu sein. Auch wenn ihm das Touren Spaß machte, so hatte Die doch nicht ganz Unrecht damit gehabt, dass fünf Wochen ziemlich lang waren. Immerhin bestand so ein Tourtag nur aus Schlafen, Essen, Soundcheck, Umziehen, Schminken und Auftritt, man hatte für nichts anderes Zeit, und das ging nach einer Weile wirklich ganz schön an die Substanz. Also würde er, sobald die letzten beiden Konzerte hinter ihnen lagen, erst einmal nichts machen, was auch nur im Entferntesten etwas mit Arbeit und Verpflichtung zu tun hatte, und das mindestens einen Monat lang. Zum Glück war für dieses Jahr kein neuer Album-Release geplant, es standen lediglich die Aufnahmen für ihre nächste Single an, und Mitte Juli gingen sie wieder auf Tour. Eventuell auch noch mal kurz im Herbst, aber das war noch nicht sicher. Also stand ihm relativ viel Freizeit bevor, und bei dem Gedanken daran lächelte er, ohne sich dessen bewusst zu sein. Sein Gegenüber war so freundlich, ihn darauf hinzuweisen. "Was grinst du denn so blöd?" Kaoru öffnete die Augen und sah Kyo an, der seine Portion Nudeln auch endlich geschafft hatte und ihn nun skeptisch musterte. "Sehr charmant, wirklich. Aber wenn es dich so brennend interessiert... Ich habe mich gerade an der Vorstellung erfreut, wie du morgen unseren Berg an Dreckwäsche zur Reinigung bringst und danach einkaufen gehst, weil wir nichts mehr im Kühlschrank haben und das hier die letzten Nudeln waren." kam die trockene (und nicht ganz wahrheitsgetreue) Antwort des Älteren, die Kyo aber offensichtlich überhaupt nicht in den Kram passte, wie man seiner verbalen Reaktion entnehmen konnte. "Wie bitte?! Geht's noch?! Dich hat man wohl bei deiner Geburt auf den Kopf fallen lassen!! Wie kommst du auf die selten dämliche Idee, dass ich das alles mache??" wetterte er los und starrte seinen Freund dabei mit einem entgeisterten, aber zugleich auch drohenden Blick an, der jedem anderen das Blut in den Adern hätte gefrieren lassen. Kaoru aber nahm es gewohnt gelassen hin und zuckte einfach mit den Schultern. "Aber du bist dran, ich war nämlich das letzte Mal einkaufen, das weiß ich genau. Und die Reinigung liegt auf dem Weg, also-" "Nichts 'also', ich denke gar nicht dran!! Ist das wirklich das einzige, was dich interessiert, sobald wir wieder zurück sind?? Essen und Wäsche?? Ist das dein Leben??" keifte Kyo, inzwischen anscheinend wirklich sauer, weiter und seinem Freund stand nun doch die Verwirrung ins Gesicht geschrieben. "Was ist denn jetzt kaputt? Wieso regst du dich deswegen gleich so auf?" Da hielt der Angesprochene in seinem kleinen Ausbruch inne und man sah ihm an, dass ihm etwas auf der Zunge lag und wie er mit sich kämpfte, die Worte zurückzuhalten. Schließlich hatte Kyo seine Beherrschung wiedererlangt, stützte die Ellbogen auf der Tischplatte ab und massierte mit beiden Händen seine Stirn. "Sorry, ich wollte nicht so austicken. Ich geh raus und dreh mal 'ne kleine Runde..." Damit stand er langsam auf und schlurfte, ohne Kaoru noch einmal anzusehen, aus der Küche. Dieser hörte kurz darauf die Wohnungstür ins Schloss fallen und starrte nachdenklich auf die leeren Schüsseln vor ihm auf dem Tisch. Er konnte sich Kyo's Überreaktion nur damit erklären, dass er erschöpft und müde von der Tour war, also nahm er sich dessen Worte – deren Bedeutung überhaupt nicht zu ihm durchgedrungen war - auch nicht weiter zu Herzen. Und so fand der Jüngere ihn ganz sorglos und unbeschwert am PC im Wohnzimmer sitzend vor, als er etwa eine Stunde später zurückkam. Der zweite seiner beiden Monsterkoffer stand noch immer im Flur und wurde auch diesmal nicht beachtet, stattdessen hockte Kyo sich vor das CD-Regal neben ihrer unverschämt teuren Stereoanlage und zog nach kurzer Suche eine Hülle heraus. Während er die CD einlegte, sah Kaoru zu ihn hinüber. "Alles klar?" fragte er nur und Kyo nickte, ohne den Blick von der Anlage zu wenden, an der er gerade die Lautstärke einstellte. Das genügte seinem Freund offenbar, denn er widmete sich sogleich wieder dem Internet. Kaoru vermutete – nein, eigentlich wusste er es sogar ganz genau – dass Kyo sein Lieblingsalbum von X Japan eingelegt hatte und sich gleich mit seinen Kopfhörern auf ihre Couch legen und die Zimmerdecke anstarren würde. Das tat er immer, um sich zu beruhigen oder zu entspannen. Und der Gitarrist behielt Recht. Als Kyo aber nach einer Weile plötzlich neben ihm stand und meinte, er würde schon mal ins Bett verschwinden, war Kaoru doch überrascht. Er hatte beim Surfen jegliches Zeitgefühl verloren und merkte erst jetzt, dass es draußen bereits dunkel war. Die Uhr in der unteren Ecke seines Monitors zeigte 22:15 an, normalerweise noch nicht wirklich ihre Zeit, um schlafen zu gehen, aber nach einer Tour war es durchaus verständlich. Kaoru nickte, murmelte "Ich mach auch nicht mehr lange..." und drehte sich dabei schon wieder zu seinem PC um. Der erwartungsvolle Blick des Jüngeren entging ihm komplett, ebenso wie die Tatsache, dass dieser noch ganze fünf Minuten im Türrahmen zwischen Wohnzimmer und Flur stand und seinen vernachlässigten Koffer anstarrte, bevor er sich ins Bad trollte. Eine halbe Stunde später konnte Kaoru sich endlich von dem Rechner losreißen, den er während seiner Abwesenheit ziemlich vermisst hatte, und schaltete das Licht im Zimmer aus. Kopfschüttelnd registrierte er den Koffer, der seit Stunden keinen Zentimeter mehr bewegt worden war, ließ ihn aber ebenso zurück wie Kyo es zuvor getan hatte. War schließlich nicht seine Aufgabe, das Ding wegzuräumen. Im Schlafzimmer versuchte er ganz leise zu sein, um Kyo nicht zu wecken, bis dieser mit müder Stimme darauf hinwies, dass er noch wach war. Also zog Kaoru sich nicht mehr ganz so langsam und vorsichtig um, kroch dann ins Bett und hauchte seinem Freund flüchtig einen kleinen Kuss auf die Lippen. "Gute Nacht." war alles, was dieser noch zu hören bekam, und schon hatte der Größere sich auf die andere Seite gedreht und in seine Decke gekuschelt. Die in der Dunkelheit funkelnden Augen des Sängers bohrten sich in seinen Hinterkopf, aber davon bemerkte er nichts und war bald darauf tief und fest eingeschlafen. Im Gegensatz zu Kyo. **** Was Kaoru am nächsten Morgen weckte war nicht etwa das Ruckeln des Tourbusses oder Toshiya's merkwürdiges Gebrabbel, das der Bassist im Schlaf des öfteren von sich gab, sondern der ungewohnte aber zugleich wundervolle Zustand des Ausgeschlafen-Seins. Gähnend streckte der Gitarrist sich und genoss das Gefühl eines richtigen Bettes mit bequemer Matratze, anstatt in der wenig komfortablen Schlafkoje ihres mobilen Hotels zu liegen und noch dazu all seine Bandmitglieder um sich herum schnarchen zu hören. Kyo's leises Schnorcheln, wie Kaoru es liebevoll nannte, war ja in Ordnung, aber die geballte Ladung Dir en grey gab ein wahres Konzert an nasalen und oralen Geräuschen unterschiedlichster Lautstärke, und das in diesem Fall nicht auf der Bühne. Aber apropos Kyo, wo war der eigentlich? Denn mittlerweile hatte Kaoru seine Augen weit genug aufbekommen um zu entdecken, dass der Jüngere nicht mehr neben ihm lag. Er wagte einen vorsichtigen Blick über das Fußende des Bettes hinaus und grinste zufrieden. Der Wäscheberg in der Ecke war tatsächlich über Nacht doppelt so groß geworden. 'Er konnte wohl nicht richtig schlafen, weil er ein schlechtes Gewissen hatte.' Eine Sekunde später schüttelte Kaoru feixend den Kopf, da dieser Gedanke wirklich mehr als absurd war. Es musste schon so etwas wie eine in Flammen stehende Wohnung oder ein geschrotteter Wagen sein, damit Kyo mal ein schlechtes Gewissen bekam. Aber wie dem auch sei, er hatte es offensichtlich geschafft, seine Koffer auszupacken und wegzuräumen, und hatte seinem Freund damit einen schönen Morgen beschert. Auch wenn Kaoru bezweifelte, dass das Kyo's Absicht gewesen war. Nach zehn Minuten konnte Kaoru sich endlich dazu durchringen, die angenehme Wärme seines Bettes zu verlassen, tapste in den Flur... und stutzte. Der zweite Koffer stand noch immer an seinem alten Platz neben der Garderobe. 'Wahnsinn... Kyo muss ja ein wahres Einpack-Wunder sein, wenn er es schafft, so viel Wäsche in einem einzigen Koffer unterzubringen. Und ich kann mich nicht erinnern, dass er außer Klamotten noch großartig viel anderes Zeug mitgenommen hatte...' Verwirrte beäugte der Gitarrist das Gepäckstück noch einen Moment, zuckte dann aber mit den Schultern und setzte seinen Weg in die Küche fort. Dort traf er, wie erwartet, auf Kyo, welcher bereits komplett angezogenen war und gedankenverloren an seinem Kaffee nippte. Kaoru goss sich ebenfalls etwas von dem braunen Muntermacher in eine Tasse, setzte sich dann seinem Freund gegenüber an den Tisch und öffnete nach kurzem Zögern den Mund. "Also ich übernehme das mit dem Einkaufen und so, aber es wäre wirklich toll wenn du es schaffen würdest, dieses Monster im Flur vorher noch auszupacken, damit ich nicht zweimal zur Reinigung fahren muss." Bei seinen Worten, denen er nicht einmal ein kleines "Guten Morgen." oder "Gut geschlafen?" vorangeschickt hatte, sah Kyo ihn ausdruckslos an und antwortete schließlich "Hab ich schon." Kaoru hob eine Augenbraue. "Eh? Soll das heißen, du hast den Koffer ausgepackt und dann wieder zurück in den Flur gestellt? Wieso denn das?" Langsam schüttelte Kyo den Kopf als Zeichen dafür, dass der Leader ihn nicht richtig verstanden hatte, und sah diesem fest in die Augen. "Ich muss mit dir reden." Anm.: Ich möchte darauf hinweisen, dass mir sehr wohl bewusst ist, wie unspektakulär und langweilig der Inhalt dieses Kapitels ist, weil außer Alltagstralala nix weiter passiert! Das ist Absicht!! Die Story wird noch interessant, versprochen!^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)