The Reverse Side of Love von caramel-bonbon (Liebe ist ein Spiel [Kare/Yurei]) ================================================================================ Kapitel 7: Ein verlockendes Angebot ----------------------------------- Die Tage vergingen. Ich musste nach meiner Auszeit, die ich genommen hatte, wieder zur Schule. Kai nahm mich immer auf seinem Weg zur Arbeit mit. Abends assen wir alle drei zusammen am grossen Tisch, redeten und lachten und erzählten uns, was durch den Tag so alles geschehen ist. Ich fühlte mich wie in einer Familie. Kai hatte mich sozusagen aufgenommen, Yuriy hatte mitgeteilt, dass er seine Ferien verlängert hatte und somit insgesamt zwei Wochen bei uns blieb, und ich, ich schlief abwechslungsweise mit Kai und Yuriy, ohne dass sie es mitkriegten, dass ich es mit dem jeweils anderen tat. Oder sie liessen sich einfach nichts anmerken. Sie fragten auch nie, warum ich so abweisend war, wenn wir zu dritt waren. Ich denke, sie glaubten, ich wollte nicht, dass der andere etwas mitbekam, dass zwischen uns etwas lief. Das war auch wirklich so. Wie hätte ich ihnen denn erklären sollen, dass ich sie mit dem jeweils anderen betrog? Yuriy hätte es wahrscheinlich nichts ausgemacht, aber Kai hätte mich bestimmt rausgeschmissen. Und wo sollte ich dann hin? Ausserdem ging es nicht mehr lange und dann musste Yuriy wieder nach Russland zurück. Schliesslich war er ein gefragtes Model und wurde von Aufträgen und Anfragen überhäuft. Eines Abends, Kai war gerade geschäftlich unterwegs und würde erst spät wieder kommen, lagen wir in seinem Bett, Yuriy rauchte eine Zigarette und ich sah ihm dabei zu, wie er den gräulichen Rauch zuerst genüsslich tief einatmete und dann ausblies. Ich hatte mich bereits an den Rauch gewöhnt. „Warum rauchst du eigentlich, Yuriy?“, wollte ich wissen. Diese Frage brennte mir schon lange auf der Zunge. Er sah mich aus und stiess den Rauch aus. „Weiss nicht. Es ist irgendwie beruhigend, weißt du? Ausserdem nimmt es das Hungergefühl.“ Ich liess meinen Blick über seinen nackten Körper gleiten. Er war wirklich dünn. Die Rippen waren deutlich zu sehen und die Hüftknochen standen heraus. Er schien wirklich kein Gramm Fett zu haben. „Wie kannst du nur so dünn sein, obwohl du so viel isst?“, fragte ich weiter, denn immer wenn wir zusammen assen, stopfte er nicht gerade kleine Mengen in sich hinein. Yuriy drehte sich zu mir um. „Wie oft am Tag siehst du mich essen, Ray?“ Ich musste nicht lange überlegen. „Du isst nur einmal am Tag?“, fragte ich ein wenig schockiert. Na da verwunderte mich überhaupt nichts mehr. Yuriy nahm noch einen letzten Zug seiner Zigarette, dann drückte er sie im Aschenbecher auf dem Nachttisch aus. Er nickte und stiess aus. „Nichts Besonderes, man gewöhnt sich daran. Und du musst ja nicht viel sagen, du bist genauso dünn.“ „Aber ich bin auch noch jünger!“, wehrte ich mich. „Wie alt bist du denn? Mit diesem Körper dürftest du für einen normalen Jungen höchstens vierzehn sein, sonst wäre es schon ungesund. Aber dein Gesicht sieht älter aus. Achtzehn?“, riet er, während er seinen Blick über meinen Körper streifen liess. „Siebzehn“, korrigierte ich ihn. War ich wirklich so dünn? „Kai sagt die ganze Zeit, dass ich mehr essen sollte.“ Von Yuriy hörte ich ein amüsiertes Lachen. „So? Dann hat er also ein neues Opfer gefunden. Darum nervt er mich nicht mehr damit. Vielleicht hat er auch endlich eingesehen, dass es nichts bringt. Und überhaupt, der werte Herr Hiwatari muss gar nichts sagen. Noch vor vier Jahren sah er nicht viel dicker aus. “ Ich nickte. Ausser den Muskeln konnte ich bis jetzt nicht mehr entdecken als Haut und Knochen. „Ich wollte eben keine solche Muskeln. Ausserdem gehört das zu meinem Job. Hast du schon mal ein dickes Model gesehen? Mit einem BMI von über siebzehn? Völlig unmöglich.“ Ich wusste schon, was er meinte. Ein Model musste leicht und elegant über den Laufsteg schweben. Ausserdem sahen Kleider an dünnen Leuten einfach besser aus. „Wie lange machst du das jetzt schon?“ „Was denn? Modeln?“, fragte er nach. Ich nickte. „Mit sechzehn habe ich angefangen in Werbespots mitzumachen, bis ich etwa ein Jahr später entdeckt wurde. Dann wurde ich als Hintergrundfigur fotografiert und bald mal in Katalogen abgebildet. Alles etwa im Einjahrestakt. So hat das Ganze angefangen. Ich hab mich immer weiter hinaufgearbeitet. Zu meinem jetzigen Manager kam ich mit zwanzig. Also vor zwei Jahren. War kein einfacher Weg“, erinnerte er sich zurück. Unglaublich. Ich war echt sprachlos. Er war ein Jahr jünger, als ich es jetzt bin. Wahnsinn. Yuriy blickte mich amüsiert an. „Kannst deinen Mund wieder schliessen“, sagte er amüsiert und zog die Mundwinkel nach hinten. Mir war tatsächlich die Kinnlade runtergefallen. Nicht viel, nur ein bisschen, auf jeden Fall war mein Mund geöffnet. „Was ist eigentlich mit dir?“, fragte er mich unerwartet und liess sich nach hinten ins Kissen fallen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sah mich erwartungsvoll an. Die blickte fragend zurück. „Was meinst du?“ „Hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, was du machen willst, wenn die Schule fertig ist? Geht ja nicht mehr lange bei dir. Nur noch einige Wochen, nicht wahr?“ Ich nickte. Ja, die Berufsschule ging nur ein Jahr und das war in einigen Wochen zu Ende. Aber was hatte ich danach vor? „Ich weiss nicht so genau. Eigentlich habe ich mir noch gar nie richtig Gedanken darüber gemacht. Die Zukunft schien mir immer so weit entfernt“, erklärte ich ihm meine Situation. Er sah mich an und sagte nichts, dann stand er plötzlich auf und ging zu einer Kommode. Aus einer Schublade zog er eine dicke Mappe. Als er wieder zurück ins Bett kam, hielt er sie mir unter die Nase. Ich nahm sie vorsichtig und schaute ihn fragend an. „Was ist das?“ „Mach auf, wirst schon sehen!“ Also öffnete ich die Mappe. Heraus kamen Fotos. Auf jedem dieser Fotos war Yuriy abgebildet. Sie waren wirklich wunderschön. Am Anfang waren sie noch eher schlicht, dann wurden sie immer prunkvoller, je älter er wurde, wie ich dem Datum entnahm. Einige der Fotos waren Titelblätter von berühmten Zeitschriften, andere Werbeplakate, und nochmals andere, wo er für Markenkleider Modell stand. Viele waren auch einfach Fotos, die für irgendetwas anderes geschossen wurden. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Gefallen sie dir?“, fragte Yuriy, der es offensichtlich gemerkt hatte. Ich nickte mit grossen Augen. „Sie sind einfach... wow!“ Er lächelte zufrieden. „Ich habe noch mehr, aber das sind meiner Meinung nach die besten.“ Ehrfurchtsvoll blätterte ich weiter und erblickte einen rothaarigen Engel, über und über mit schwarzen Rosenblättern bedeckt, die es vom verdunkelten Himmel herunterregnete. Es sah einfach überirdisch aus. „Und was meinst du?“ Ich schaute ihn fragend an, wusste nicht, was er meinte. „Würdest du dir so etwas zutrauen?“ Yuriy sah mich direkt an. Ich riss die Augen auf. Hastig schüttelte ich den Kopf. „Neeeeeein, nie im Leben!“ Er lachte. „Ach komm schon, ist ja nicht schwer. Musst nur hinhalten“, flüsterte er gegen Schluss und kam mir dabei immer näher, hauchte mir einen Kuss auf den Hals. „Du meinst... ich soll Model werden?“, fragte ich mit rauer Stimme. Irgendwie war der Gedanke daran absurd und trotzdem, so fotografiert zu werden erschien mir wie ein Traum. Ich blickte nochmals auf das düstere Engelsbild. Das Angebot wäre schon sehr verlockend. Yuriy hatte sich unterdessen genüsslich meinem Hals gewidmet. „Mmh, ja warum nicht? Bei deinem Aussehen. Deinem Körper“, nuschelte er und drückte mich ins Kissen, beugte sich über mich und küsste mich. Ich schloss die Augen, genoss es. Doch dann wandte er sich plötzlich von mir ab. „Ich geb dir meine Nummer. Auf der bin ich immer erreichbar, ausser ich habe gerade einen Termin. Ruf mich an sobald die Schule zu ende ist. Und dann kommst du für einige Wochen zu mir. Okay?“ Mit grossen Augen glotzte ich ihn an. „Nach Russland?“, fragte ich ihn, als würde das auf der anderen Seite der Erde liegen. „Ja, ich übernehme natürlich die Flugkosten“, sagte er, als wäre es eine Selbstverständlichkeit. Als er seine Nummer auf ein Blatt Papier gekritzelt hatte, steckte er es in die Mappe und übergab sie mir erneut. „Kannst sie solange behalten. Soll dich noch ein wenig überzeugen, wenn ich das schon nicht konnte. Aber ich will sie wiederhaben!“, fügte er mahnend hinzu. Ich nickte und nahm sie, als wäre es der grösste Schatz. „Danke!“ Ich meinte es wirklich ernst. Er offensichtlich auch. „Gerne“, lächelte er, „und nun Abmarsch, sonst kommt plötzlich Kai noch nach Hause und stellt blöde Fragen.“ Er hatte recht. Also sammelte ich meine Klamotten ein, die mal hier, mal da auf dem Boden lagen, zog mich an, schnappte Yuriys Fotomappe, die ich von nun an wie mein eigener Augapfel hüten werde, und huschte aus dem Zimmer, nicht ohne vorher noch nach links und rechts zu schauen. Man konnte ja nie wissen. In meinem Zimmer angelangt, legte ich die Mappe vorsichtig in die Schublade meines Nachttischschränkchens und zog mich dann aus, um unter die Dusche zu hüpfen. Die Dusche war eine Wohltat, das kühle Nass perlte von meiner nackten Haut ab und löste den vertrockneten Schweiss, die Überreste von vergangener Stunde. Eigentlich, überlegte ich mir, während ich mir das Wasser über den Kopf laufen liess, eigentlich könnte ich auch mal die Badewanne ausprobieren. Seit ich hier war hatte ich immer nur geduscht oder war im Pool, aber die Badewanne habe ich noch nicht benutzt. Dabei ist es etwas vom ersten, was einem auffiel, wenn man das Bad betrat. Sie war gross und mit Gold verziert und einfach nur wunderschön. Wenn man darin sass, kam man sich bestimmt vor wie ein König. Aber leider eignete sich eine Badewanne nicht, wenn man Haare waschen wollte, ansonsten hätte ich sofort die Dusche ausgeschalten, wäre hinausgehüpft und hätte Wasser hineingelassen. Aber ich musste unbedingt Haare waschen, also liess ich es bleiben. Ich hatte schliesslich noch genügend Zeit. Wenn Kai mich nicht aus unerfindlichen Gründen hinausschmiss. Aber dafür gab es keinen Grund. Folglich hatte ich noch mehrere Wochen Zeit. Ich massierte mir mein wohlriechendes Shampoo in die Haare. Ich benutzte dieses Shampoo nun schon seit Jahren, aber irgendwie wollte mir nicht einfallen, nach was es duftete! Vielleicht irritierte mich auch einfach die grüne Farbe. Als es schön schäumte, wartete ich noch einen Augenblick, dann wusch ich es aus und drückte mir eine anständige Portion Pflegespülung in die Handfläche. Bei meinen Haaren konnte es nie genug sein. Es dauerte auch eine Ewigkeit, bis es regelmässig verteilt war, so dass es bestimmt schon genügend Zeit hatte einzuwirken und ich alles hinaus spülte. Dann wrang ich meine Haarpracht aus, stakste aus der Dusche und wickelte sie zu einem Turban in ein grosses weisses Handtuch ein. Splitternackt, wie ich noch war, ging ich zurück ins Zimmer. Dort suchte ich eine frische Boxershorts und meine Bodylotion, setzte mich aufs Bett und begann mich einzuschmieren. Kurze Zeit später, ich hatte gerade die Beine und Arme fertig und wollte mich gerade dem Bauch zuwenden, da klopfte es an der Tür. „Jaaah?“, fragte ich gedehnt. Die Tür wurde geöffnet und Kai steckte den Kopf herein. „Hallo Ray, alles okay bei dir?“ „Klar, alles bestens, bei dir? Komm doch rein!“ Er nickte und betrat mein Zimmer. „Ich wollte dich fragen ob du schon was zu Abend gegessen hast“, erklärte Kai sein Erscheinen, doch ich ging nicht gross darauf ein. „Du kommst gerade richtig, kannst du mir den Rücken eincremen? Das wäre unglaublich lieb von dir“, fügte ich noch hinzu, um ihn ja dazu zu bringen. Doch das wäre nicht mehr nötig gewesen, er hätte es auch so getan. Ich streckte ihm die Tube entgegen und drehte ihm den Rücken zu. Die Haare hatte ich vorhin aus dem Tuch befreit und sie fielen mir über die Schulter. Was Kai wohl für ein Gesicht gemacht hätte, hätte er mich so gesehen! „Iiih, kalt“, jammerte ich, als er die Creme direkt auf meine Haut tröpfelte. Ich zog eine Schnute. Kai lachte. „Also, was ist, hast du schon was gegessen?“ Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Einerseits würde ich gerne mit Kai essen, andererseits dachte ich an Yuriy, der seine Figur durch einmaliges Essen pro Tag hielt. Und ich hatte schon etwas zu Mittag gegessen. Andererseits konnte ich auch später anfangen so zu leben. „Was gibt es denn?“ „Irgendwas Italienisches. Tintenfisch glaube ich“, versuchte er sich zu erinnern. Unterdessen hatte er meinen Rücken fertig eingeschmiert und ich zog mir ein T-Shirt über den Kopf, bedankte mich bei ihm mit einem leichten Schmatzer auf die Wange. „Okay, ich komme! Ich liebe Tintenfisch“, fügte ich noch strahlend hinzu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)