Child Again von abgemeldet (AkuRoku) ================================================================================ Teil 7 - Roxas -------------- Teil 7 – Roxas: Dieser... dieser... Ich hasse ihn, diesen verdammten Angeber! Verflucht! Dort steht er und flirtet schamlos mit dieser... dieser... wunderschönen, langbeinigen, vollbusigen Blondine aus seiner Klasse, mit der er seit etwa einem Monat etwas hat... keine Ahnung, ob man dieses ’etwas’ eine Beziehung nennen kann... Wie hieß sie gleich? Mistkerl. Versetzt mich einfach wegen diesem... Flittchen! Fuck, das klang vielleicht eben schwul... “Weißt du... wenn Blicke töten könnten, wären die Überreste eines gewissen Rotschopfs bereits rauchend an der Mauer dort drüben verteilt.”, meint Namine neben mir und nimmt einen kleinen Schluck von ihrem Milchshake. “Ich bin nicht eifersüchtig!”, schnappe ich sofort und erröte, als mir klar wird, was ich gerade gesagt habe. “Habe ich niemals behauptet.”, behauptet sie süffisant grinsend und nimmt einen weiteren Schluck. Verdammt. Verdammt, verdammt, verdammt! Was ist nur los mit mir? Und warum ist plötzlich alles so... verschwommen? Ich blinzle, und plötzlich fühle ich etwas Warmes, Nasses von meinen Augen tropfen. Oh, Mist. “Roku?” Namine legt mir eine Hand auf den Arm. Sie hört sich besorgt an. “Ich bin okay.”, flüstere ich und sehe auf meine Hände hinunter. Wann habe ich sie eigentlich zu Fäusten geballt? Namines Griff um meinen Arm wird fester, und ich nehme ihre Hand und ziehe sie sanft weg. Sie weiß doch genau, was los ist. Sie ist die einzige, die es weiß. Manchmal denke ich, sie wusste es schon vor mir. “Ich fühle mich nicht gut.”, sage ich und stehe auf, hebe meinen Rucksack auf und lächle meine Zwillingsschwester an. Sie lächelt zurück, aber sie sieht dabei sehr traurig aus. “Ich verstehe.”, erwidert sie sanft, und sie ist auch die Einzige, der ich das glaube. Außer Sora. Er würde es auch verstehen, wenn er nur Bescheid wüsste. Tante Kairi hat mir einmal erzählt, wie das zwischen meinem Bruder und Onkel Riku abgelaufen ist. Sie beide würden es verstehen, wenn ich es ihnen nur erzählen könnte... “Geh nach Hause. Leg dich hin.”, fügt Namine hinzu und küsst sanft meine Wange. Ich vertraue meiner Stimme nicht mehr, deshalb nicke ich einfach. Ich schnappe mein Skateboard und will gerade vom Strand verschwinden und zum Weg hinauf laufen, als jemand seinen Arm um meine Schultern legt. “Hey, Süßer, wohin so eilig?”, flüstert er mir ins Ohr, und ich möchte am liebsten schreien vor Frustration. Warum tut er das? Warum tut er das immer wieder? Warum muss er immer so ein Arschloch sein? “Lass mich in Ruhe, Axel.”, wispere ich heiser, und ich wage es nicht, ihn anzusehen. Er würde die Tränen sehen und mich wieder deswegen aufziehen. Oder, schlimmer, er würde nett zu mir sein. Er würde mir Hoffnung machen. “Ich weiß, ich bin spät dran.”, lacht er und zerzaust mir das Haar, so wie er es immer tut. “Hatte noch was zu erledigen. Also, was lernen wir heute? Mathe, richtig?” “Chemie.”, erwidere ich kaum hörbar. Er nickt, lässt mich los und setzt sich neben Namine. Ich kann nicht anders, ich muss ihn einfach anstarren. Er ist ziemlich groß für seine sechzehn Jahre, und so dünn, dass ich mir daneben fett vorkomme. Dabei bin ich eigentlich sehr zierlich gebaut, obwohl ich viel Sport treibe. Er ist einfach dürr. Aber es ist nicht wie bei anderen Jungs, er sieht nicht linkisch aus oder so. Er ist einfach sehr schlank und sehnig, aber es... passt zu ihm. Heute trägt er sein Haar offen. Das macht er nicht oft. Es steht ihm, finde ich. Seit neuestem schminkt er sich auch, zumindest die Augen. Damit die Augen zu den Tattoos passen, die er sich neulich zugelegt hat, sagt er. Ich weiß nicht, warum Tante Kairi es ihm erlaubt hat, aber er hat jetzt Tätowierungen auf den Wangen, die aussehen wie umgedrehte Tränen. Inzwischen sind sie wieder verheilt, und die dunklen Tattoos heben sich deutlich gegen seine blasse Haut ab. Er wird nie braun, egal wie oft er draußen ist. Er lächelt Namine an, und die Tränen kehren zurück. Sein Lächeln... es verfolgt mich in meinen Träumen, aber er lächelt niemals mich so an. Wenn er mich ansieht, ist es immer mehr ein verschmitztes Grinsen als ein richtiges Lächeln. Weil ich ja nur... sein Freund bin. Namine lächelt er an, als wäre sie seine Schwester. Sora lächelt er an, als wäre er sein Bruder. Wenn er Kairi, seine ’Ersatz-Mom’, anlächelt, strahlt er regelrecht. Und Riku, seinen ’Ersatz-Dad’, sieht er an, als würde er ihn anbeten. Ich bin nur ein Freund. Ich bin keines seiner Lächeln wert. Und trotzdem klopft mein Herz jedesmal schneller, wenn ich dieses Lächeln sehe. Weil seine Augen dann noch mehr strahlen als sonst, und wenn sie das tun, erinnert er mich an... ... an ihn. “Chemie, wie?”, fragt er und schnappt sich Namines Buch, das noch auf dem Tisch liegt, an dem wir gesessen haben. Namine lächelt zurück, aber dann wirft sie mir einen besorgten Blick zu. “Ja, aber ich denke, Roxas fühlt sich nicht besonders...”, murmelt sie, und Axel hebt fragend die Brauen. Und dann sieht er mich an. Und dann... Ich verliere mich in seinen Augen, wie immer. Ich betrachte diese merkwürdigen Tätowierungen auf seinen blassen Wangen, wie immer. Ich bestaune die anmutige Art, wie er sein feuerrotes Haar zurück streicht, wie immer. Und wie immer und immer und immer wieder erinnert er mich an jemanden, an den ich mich einfach nicht erinnern kann! Er lacht, und ich erinnere mich... beinahe. Er redet, und ich erinnere mich... nicht ganz. Er lächelt, und ich erinnere mich, dass er mich so angelächelt hat, früher... obwohl es nicht stimmt! Er ist wichtig. Er war einmal der wichtigste Mensch in meinem Leben, aber ich kann... ich kann mich einfach nicht erinnern... Und... und jetzt... Ich... ich... I-Immer öfter... Immer öfter ertappe ich mich dabei, wie ich Axel beobachte. Richtig beobachte. Ich beobachte, wie das Sonnenlicht sein ungewöhnlich gefärbtes Haar glänzen lässt, und wie er sich mit einer Hand durchs Haar streicht, und wie er immer an seinem Stift knabbert, wenn er lernt, und wie er mit seinem Feuerzeug spielt, wenn er nachdenkt... Wie er lautlos zu seiner Musik mitsingt, wie seine blassen, dünnen Lippen sich bewegen, wenn er das tut... Ich beobachte Axel, und ich habe Angst, ihn zu vergessen. Es ist verrückt. Axel war es erst, der mich an ihn erinnert hat, aber seit zwei Jahren... denke ich immer öfter über Axel nach, nicht über diesen geheimnisvollen Fremden, der einmal meinen Lebensinhalt darstellte. Und an den ich mich nie erinnern kann. Es ist verwirrend, und es tut weh, und ich kann nichts dagegen tun. Einfach nichts. Ich bin dabei, mich in meinen besten Freund zu verlieben. Und darüber jemanden zu vergessen, an den ich mich nie erinnern konnte. Und es ist furchtbar. Es ist höllisch, es zerreißt mir das Herz. Dieses verräterische, verfluchte Herz. Hätte ich doch bloß keines! “Roxas?” Und jetzt sieht er mich wieder an, und er wirkt so besorgt, dass ich ihn am liebsten umbringen würde. Das ist er. Das ist dieser verdammte Blick. Als würde er... als würde er sich wirklich Sorgen um mich machen. Als würde er mich nicht ständig wegen irgendwelcher schöner Mädchen versetzen. Als würde er mich wenigstens... mögen. “Hey, Süßer!”, ruft er, und ich fühle lautes Schreien in meiner Kehle hoch kriechen. Ich hasse es, wenn er mich so nennt. Weil ich es liebe, wenn er das tut. Weil er mich verrückt macht. Und weil er mir immer, immer wieder Hoffnung macht. Er steht wieder auf, und er streckt eine Hand nach mir aus, und ich schlage eine Hand vor meinen Mund, um nicht laut zu schreien. Er sieht besorgt aus, so besorgt. Mir wird übel... Mir ist schwindlig, mir ist kalt, und ich möchte so laut schreien, dass es mir die Kehle zerreißt. Ich starre ihn eine Sekunde lang an, starre in wunderschöne, smaragdgrüne Augen und kann beinahe hören, wie mein Herz bricht. Dann wirble ich herum, laufe hinauf zum Weg und knalle mein Skateboard auf den Asphalt, springe darauf und rase davon, ohne auf Axel zu achten, der meinen Namen ruft. Es ist ein Wunder, dass ich heil zuhause ankomme. Tränen verschleiern mir die Sicht, aber irgendwie schaffe ich es dennoch, den Leuten auf den Gehwegen auszuweichen. Diesmal lasse ich das Skateboard einfach im Garten vor dem Haus liegen und laufe hinein, knalle die Tür hinter mir zu. “Roxas?” Ich wirble herum, und sehe Sora aus der Küche treten. Onkel Riku lugt auch um die Ecke, und ich rieche Essen. Oh, nicht doch. Die beiden haben heute ihren freien Tag, ich und Namine sollten eigentlich bei Tante Kairi übernachten... Eigentlich wollten wir doch mit Axel nach Hause... “Roxas?”, sagt Sora wieder, und jetzt legt er sanft eine Hand auf meine Schulter. Er ist jetzt zweiunddreißig, sieht aber keinen Tag älter aus als fünfundzwanzig. Die wenigsten Leute glauben, dass wir Brüder sind, obwohl mir immer wieder gesagt wird, dass ich aussehe wie Sora in meinem Alter. Und trotz des großen Altersunterschieds ist Sora eigentlich mein bester Freund... nach... Axel. “T-Tut mir... Tut mir leid.”, stammle ich und weiche zurück, taste nach der Tür. “Ich wollte nicht... Ich... Tut mir leid, ich bin schon weg, ich wollte nicht stören, ich... Oh Sora, es tut mir...” “Hey, schhhh, ist schon gut.”, versucht Sora mich zu beruhigen, aber ich verstehe ihn gar nicht richtig. “Nein, ich wollte wirklich nicht...”, versuche ich es wieder, und jetzt legt er mir einfach eine Hand über den Mund. “Ist schon gut.”, wiederholt er. “Ist schon gut, Roku. Was ist los?” Ich sehe ihn an, und da ist nichts als reines Verständnis in seinen blauen Augen. Ich will mich entschuldigen, aber die Worte sind einfach nicht mehr da. Ich sehe über seine Schulter hinweg, und Onkel Riku sieht mich genauso an wie Sora. Genauso verständnisvoll. Keine Spur von Ärger. Wie können sie nur so ruhig bleiben? Ich habe ihnen ihren freien Tag versaut! Mein Blick wandert zwischen ihnen hin und her, und irgendwann, als Sora wieder so sanft meinen Namen sagt, breche ich weinend zusammen. Sora fängt mich auf und hält mich fest während ich mich an ihm fest klammere und laut schluchze. Meine Augen brennen, ich kriege beinahe keine Luft, aber am schlimmsten schmerzt mein blutendes Herz. Nach einer Weile hebt Sora mich einfach hoch und trägt mich nach oben. Riku folgt uns leise, öffnet die Tür zu meinem Zimmer. Sora setzt mich auf mein Bett und setzt sich neben mich, und Riku lässt sich auf der anderen Seite nieder. Sie bleiben beide bei mir, während ich mir die Augen aus dem Kopf heule, und sie sagen kein Wort, fragen nicht nach dem Grund. Sie sind auch noch da, als ich völlig erschöpft in einen tiefen Schlaf falle. Als ich wieder aufwache, sind die beiden verschwunden. Jemand hat mich zugedeckt, und auf dem Nachttisch neben meinem Bett stehen ein Glas Wasser und ein Teller mit meinen Lieblingskeksen. Obwohl mein Kopf höllisch weh tut, muss ich lächeln. Ist ja gut gemeint, aber im Moment ist mir so gar nicht nach Essen zumute... Ich setze mich auf und schließe einen Moment lang die Augen. Ich kann nicht lange geschlafen haben, denn durch das Fenster fallen gerade die letzten Sonnenstrahlen. Die Sonne färbt das Meer rot, und für einen kurzen Moment ist mir wieder nach Weinen zumute. Aber diesmal unterdrücke ich die Tränen und stehe auf. Oh Mann, mein Kopf... Müde greife ich nach dem Glas Wasser und stürze es in zwei, drei großen Zügen hinunter, was die pochenden Kopfschmerzen zu neuen Höchstleistungen anzustacheln scheint. Mir die Augen reibend gehe ich zur Tür und öffne sie... und bleibe wieder stehen, als ich Stimmen aus dem Wohnzimmer höre. “Und warum kann ich nicht zu ihm?” Etwas zornig, sehr verwirrt, ein bisschen flehend. Axel. “Weil du dich heute ziemlich daneben benommen hast, du Idiot.” Ungewöhnlich zornig, trotzdem zurückhaltend. Namine. “Was habe ich getan? Ich habe den ganzen Tag nichts gesagt, was...” Mehr Verwirrung, weniger Zorn. “Genau darum geht es!” Mehr Zorn, weniger Zurückhaltung. “Du hast ihn den ganzen Tag ignoriert! Ihr wolltet heute gemeinsam zu Mittag essen, und nach der Schule wollten wir gemeinsam lernen, und du hast ihn einfach versetzt! Wie schon den ganzen verdammten Monat! Seit du mit dieser Jessie zusammen...” “Wowowow, mal ganz langsam!” Wieder etwas zorniger. “Das mit Jessie war nach zwei Tagen wieder vorbei!” “Ach? Warum verbringst du dann noch immer...” “Ich bin einfach nett zu ihr! Wir sind Freunde, nichts weit-” “Ach? Und ist Roxas etwa nicht dein Freund?” “Was? Er ist mein bester Fr-” “Und warum verbringst du dann mehr Zeit mit ihr als mit ihm?” “Das tue ich doch gar...” “Oh doch, das tust du! Genau das tust du! Was war denn Samstag, als ihr euch beim Skatepark treffen wolltet und du den ganzen Tag nicht aufgetaucht bist? Oder vor zwei Tagen, als wir Essen waren und du einfach mit Jessie und ihren Freunden abgehauen bist, als sie aufgetaucht sind? Oder gestern, als du zehn Minuten nachdem der Film angefangen hatte angerufen hast, um abzusagen, weil du mit Jessie lernen musstest? Roxas musste sich den Film allein ansehen!” “Moment, ich habe zehn Minuten vorher angerufen, und er hat gesagt es macht ihm nichts aus!” “Natürlich hat er das gesagt! Weil er nicht so ein Egoist ist wie du!” “Das reicht, Namine.”, mischt sich Sora schließlich ruhig ein. “Lass ihn in Ruhe.” “Nein! Er tut Roxas weh...” “Ich will ihm doch gar nicht...” “Warum tust du das? Was hat er dir getan? Willst du dich für irgendetwas rächen?” “Wovon redest du?” “Namine, geh auf dein Zimmer.” Wieder mischt sich Sora ein, und noch immer klingt seine Stimme ruhig. Aber jetzt höre ich eine gewisse Schärfe darin. “Aber...”, versucht Namine zu widersprechen. “Sofort!” Dieses eine Wort ist scharf wie ein Peitschenschlag. So habe ich Sora noch niemals gehört... Er klingt so ernst, das passt gar nicht zu ihm. Auch Namine scheint das zu bemerken, denn sie verstummt. Ich kann mir deutlich vorstellen, wie sie Sora verblüfft anstarrt. Dann höre ich Schritte, die rasch näher kommen. Gleich darauf läuft Namine um die Ecke, sich wütend mit beiden Händen über die Augen wischend. Sie sieht mich gar nicht, läuft einfach an mir vorbei in ihr eigenes Zimmer und knallt die Tür hinter sich zu. Oh nein... das ist alles meine Schuld... Verdammt... Einen Moment überlege ich, ob ich ihr folgen soll, aber dann zieht es mich doch zur Treppe. Ich setze mich oben auf die Stufen und sehe nach unten. Natürlich fällt mein Blick als erstes auf grellrotes Haar. Axel sitzt auf dem Sofa und hält sich den Kopf. Er sieht niedergeschlagen aus. Einem kleinen, rachsüchtigen Teil von mir gefällt es, ihn so zu sehen. Aber der bei weiterem größere Teil will dort hinunter gehen und ihm sagen, dass ich ihm nicht böse bin, auch wenn es nicht stimmt. So ist es immer. Immer lächle ich ihn an und entschuldige mich, selbst wenn ich ihn am liebsten umbringen würde. Ich habe immer Angst, ich könnte ihn verletzen, und das will ich nicht. Aber jetzt... Alles, was Namine gesagt hat, ist wahr. Die letzten Wochen hat er mich ständig wegen Jessie versetzt, und das tut weh. Und jetzt hat Sora seinetwegen Namine angeschrien, und das ist noch viel schlimmer. Sora schreit niemals. Namine auch nicht. Heute haben sie es beide getan, und alles nur meinetwegen. Weil ich mich verliebt habe, und zwar in einen Mann, und zu allem Überfluss in einen, den ich niemals haben kann. Meine Geschwister sind beide wütend, weil ich meine Gefühle nicht unter Kontrolle habe. Das muss aufhören. Sora läuft im Wohnzimmer auf und ab, finster vor sich hin brütend. Riku und Kairi sitzen Axel gegenüber und beobachten abwechselnd Axel und Sora. “Hab... Habe ich wirklich... Habe ich Roxas wirklich...”, sagt Axel schließlich langsam, aber er wird sofort unterbrochen. “Ob du Roxas weh getan hast?”, zischt Sora, und Axel zuckt zusammen und sieht ihn an. Selbst über diese Entfernung kann ich sehen, dass seine hellen Augen seltsam glänzen und sein Make-up verschmiert ist. “Ja, das hast du.”, fährt Sora fort, ohne ihn anzusehen. “Du hast ihn beinahe die ganze letzte Woche ignoriert, was hast du erwartet? Dass es ihm egal ist?” “Er hat nie etwas gesagt!”, protestiert Axel, und er klingt etwas unsicher. “Natürlich hat er das nicht.”, entgegnet Sora finster. “Er ist ja auch mit Sora verwandt.”, murmelt Riku. Axel starrt ihn völlig entgeistert an, und zu meinem Erstaunen sehe ich eine Träne eine dunkle Spur aus Mascara auf seiner blassen Haut hinterlassen. “Findest du das witzig?”, fragt er und wischt sich mit dem Handrücken über die Augen. “Wie kannst du Witze darüber machen? Roxas ist wütend auf mich, und ihr lasst mich nicht zu ihm, und...” “Hört auf.”, sagt Kairi leise, und tatsächlich verstummen alle drei Männer sofort. “Wir sollten morgen darüber reden.” “Aber...”, versucht Axel zu widersprechen, aber ein einziger Blick von ihr bringt ihn zum Schweigen. “Besonders du solltest ihm heute nicht mehr zu nahe kommen, Aku.”, sagt Kairi und schüttelt den Kopf, als er wieder etwas sagen will. “Er ist wohl gerade ziemlich aufgeregt... Du bist auch aufgeregt, Sora macht sich Sorgen um seine Geschwister und will wohl gerade nach ihnen sehen, und wenn Sora sich Sorgen macht, dann macht sich Riku auch Sorgen. Und ich mache mir Sorgen um dich, Aku. Du solltest vielleicht erst darüber schlafen, ehe du mit Roxas sprichst. Lass ihm doch ein wenig Zeit, und denk darüber nach, was Namine gesagt hat. Du wirst sehen, morgen sieht es nicht mehr so schlimm aus.” “Aber...”, flüstert Axel wieder, und diesmal klingt seine Stimme viel erstickter als vorher. “Aber ich...” Ein leises Schluchzen entkommt ihm nun doch, und sofort werden Soras und Rikus Blicke weicher, und Kairi setzt sich nun neben ihn und nimmt Axel in den Arm. “Ich... ich will nicht... dass er böse auf mich ist, Kairi... Ich weiß, ich habe Mist gebaut, aber ich ertrage es nicht, wenn er... wenn er... I-Ich ertrage es nicht, w-wenn er m-mich wieder so ansieht...” Oh... Oh nein... Ich wollte nicht... Ich will ihm doch nicht weh tun, ich... “Ich bin...”, höre ich jemanden sagen, und als plötzlich alle mich anstarren, merke ich, dass es wohl ich war. Okay. Ich kann genauso gut wieder lügen. Alles, damit es ihm nur besser geht. Ich halte das nicht aus. “Ich bin nicht böse.”, vervollständige ich den Satz und lächle, obwohl mir nicht danach zumute ist. Ich kann Axel nicht einmal ansehen. Wie er mich anstarrt... Sein Make-up ist verschmiert, seine Augen sind etwas gerötet, und trotzdem... und trotzdem lässt sein Anblick mein Herz schneller schlagen. “Ich bin nicht böse, Axel.”, flüstere ich noch einmal und stehe auf. “Wir sehen uns morgen in der Schule, okay?” Ohne eine Antwort abzuwarten drehe ich mich um und gehe. Ich sollte aufhören, es überhaupt zu versuchen. Ich werde niemals mehr für ihn sein als ein Freund. Und als ein Freund sollte ich für ihn da sein, und nicht immer so klammern. Ich sollte ihm seine Freiheit lassen. Ich kann das. Soll er sich doch mit dieser Jessie treffen. Ich habe auch andere Freunde als ihn. Ja, ich sollte ihn... einfach... gehen... lassen... Ich sollte nach Namine sehen. Ihr geht’s bestimmt nicht gut. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)