Child Again von abgemeldet (AkuRoku) ================================================================================ Teil 5 - Riku ------------- Teil 5 – Riku: Radiant Garden ist gewachsen. Und zwar um einiges, soweit ich das beurteilen kann. Ich frage mich, warum Leon Sora sprechen wollte. Es ist jetzt schon so lange her... Mehr als vier Jahre, um genau zu sein. Mehr als vier Jahre, seit Sora und ich Xemnas besiegt haben. Roxas und Namine sind schon zwei Jahre alt, und noch immer gibt es auf den Schicksalsinseln Leute, die denken, die beiden wären Soras und Kairis Kinder. Manchmal tut das weh. Manchmal tut es noch immer weh, die beiden mit den Kleinen zu sehen, weil sie wirklich wie eine Familie aussehen, und manchmal denke ich noch immer, dass ich einfach nicht in dieses Bild passe. Aber jedesmal, wenn ich denke, dass die Dunkelheit mich wieder zu verschlingen droht, bemerkt Sora es und vertreibt die Dunkelheit, manchmal nur mit einem sanften Lächeln. Ich habe jemanden wie ihn nicht verdient, wirklich. Und ich danke den Göttern, dem Licht und dem Dunkel jeden Tag, dass ich neben ihm aufwachen darf. Es sei denn, Roxas weckt uns auf, indem er laut schreiend ins Zimmer läuft und auf unser Bett springt, um sich zwischen uns zu kuscheln. Ja, okay, es macht mir nicht wirklich etwas aus. Der Kleine ist anbetungswürdig niedlich, selbst wenn er eifersüchtig auf mich wird, wenn Sora sich um mich kümmert und nicht um ihn. Er braucht ziemlich viel Aufmerksamkeit, und er ist ein Meister im Schmollen, aber etwas Meersalzeis versöhnt ihn jedesmal wieder. Namine ist viel stiller, wie damals Kairis richtiger Niemand. Sie hat bereits wieder zu malen begonnen, seit Kairi ihr Wachsmalkreide geschenkt hat. Sie und die Kleine verbringen oft Stunden damit, bunte Bilder zu malen. Die Kleinen sind wirklich süß. Roxas erinnert mich oft an Sora, als er noch klein war. Sie haben die gleichen Augen. Aber ich schweife ab. Vor etwa einer Woche erhielt Sora eine Nachricht von Leon, aber da Soras Mutter bereits ein Jahr nach der Geburt wieder zu arbeiten begonnen hat, und Sora die Zwillinge nicht allein lassen will, solange sie noch so klein sind, habe ich mich bereit erklärt, hierher zu kommen. Eigentlich hätte ich ja heute zwei Vorlesungen, aber wer will bitte mir etwas über die Abgründe der menschlichen Psyche erzählen? Ja, ich studiere Psychologie. Ich bin bereits zwanzig, und gerade im dritten Semester. Kairi und Sora haben sich nach Abschluss der High School bereit erklärt, noch ein oder zwei Jahre auszusetzen, um bei den Zwillingen bleiben zu können. Soras Eltern bezahlen ihnen dafür ein Taschengeld, sind aber nie zuhause. Nun ja. Vielleicht nicht die beste Art, Kinder groß zu ziehen, aber ich beschwere mich nicht. Andererseits gibt es wohl keine liebevolleren ’Eltern’ als Sora und Kairi. Ich? Ich bin eher der coole Onkel. Ich sehe mich neugierig um, als ich durch die Stadt schlendere. Das Schloss ist beinahe vollständig wieder aufgebaut. Beeindruckend, wenn man die Schäden von damals bedenkt... Meine Schritte hallen durch die hohen Gänge, als ich den Raum suche, den Leon mir genannt hat. Ich finde ihn auch schnell, öffne die Tür ohne zu klopfen und trete ein. Leon sieht von einem Stapel Dokumente auf, nickt mir mit unbewegter Miene zu und deutet auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Er hat sich auch kaum verändert, er trägt sein dunkles Haar jetzt nur meist zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. “Danke, dass du so schnell kommen konntest.”, sagt er nach einer Weile ruhig und nimmt die Lesebrille ab, die er inzwischen tragen muss. Er legt sie beiseite und steht auf. “Ich möchte dir etwas zeigen. Komm.” Ich folge ihm neugierig. Leise höre ich Schreie und Poltern, dann lautes Weinen, wie von einem Kind. Ein Kind, hier? Ich denke, Sora wüsste davon, wenn einer seiner Freunde ein Kind in die Welt gesetzt hätte... Aber das Gezeter wird lauter, als Leon auf eine bestimmte Tür zu steuert. Als er sie öffnet, höre ich als erstes Aeriths müde Stimme, die offensichtlich jemanden bittet, etwas Bestimmtes nicht zu tun. Die Antwort ist ein lautes Klirren. “Ich war’s nicht!”, ruft eine laute Kinderstimme sofort, offenbar völlig verängstigt. “Ich weiß, ich weiß.”, beruhigt Aerith sofort, aber das Kind scheint sie gar nicht zu hören. “Ich war’s nicht! Ich war’s nicht! Ich hab nichts gemacht!”, heult das Kind ängstlich. “Bitte nicht weh tun! Nicht mir weh tun!” Ich runzle verwirrt die Stirn und will Leon etwas fragen, aber er ignoriert mich und öffnet eine weitere Tür. Und mir bleibt der Mund vor Überraschung offen stehen. Aerith sieht auf und atmet erleichtert auf, aber ich beachte sie gar nicht. Stattdessen starre ich das Kind an, das inmitten von Scherben auf dem Boden hockt und sich mit Tränen in den Augen umsieht und versucht, die Scherben aufzuheben. Aerith hebt den kleinen Jungen sofort hoch und nimmt ihm die scharfen Scherben vorsichtig aus der Hand. Es ist offensichtlich ein Junge. Er ist, ich weiß nicht, vielleicht drei oder vier Jahre alt, trägt offenbar neue, aber bereits zerrissene Kleidung und klammert sich völlig verängstigt an Aerith fest. Grüne Augen. Rotes Haar. “Axel?”, frage ich verblüfft. Der Kleine dreht den Kopf und starrt mich an, dann wirft er seine dünnen Arme um Aerith und verbirgt sein Gesicht in ihrem langen Haar. Kein Zweifel. Sein Haar ist natürlich kürzer, aber es hat dieselbe, unverwechselbare Farbe und steht schon jetzt stachelig von seinem Kopf ab, und die Augen haben die gleiche Farbe und Form... Natürlich ist sein Gesicht viel runder und kindlicher, und die auffälligen Tätowierungen von damals fehlen, aber... So wie von Anfang an klar war, dass Soras Geschwister Roxas und Namine sind, ist dieses Kind dieser verrückte, feuerliebende Niemand, der damals Sora geholfen hat. “Wir haben ihn vor einer Woche gefunden.”, erklärt Leon ruhig. “Ich habe sofort die Nachricht an Sora geschickt. Der Kleine hat unsere Küchenabfälle durchwühlt. Offensichtlich kümmern sich seine Eltern nicht um ihn. Er war völlig verängstigt und halb verhungert, und er weigert sich, uns zu sagen, wer seine Eltern sind. Er verrät uns nicht einmal seinen Namen.” “Papa tut mir weh, wenn ich es verrate.”, ertönt ein dünnes Stimmchen, etwas gedämpft durch Aeriths Haar. “Ich darf nicht mit Fremden reden.” Aerith seufzt und streicht ihm sanft durchs Haar. “Wir werden verhindern, dass er dir weh tut, mein Schatz.”, sagt sie beruhigend. “Niemand will dir weh tun.” Aber der Kleine schüttelt trotzdem den Kopf, ohne sie anzusehen. “Er wurde offensichtlich vernachlässigt, wenn nicht gar missbraucht. Alles deutet darauf hin.”, fährt Leon düster fort, während Aerith den kleinen Jungen sanft wiegt und ihm beruhigende Worte zuflüstert. “Yuffie hat ihn entdeckt und zu Aerith gebracht. Glücklicherweise hat Aerith ein gutes Gedächtnis, und sie konnte sich gut an Soras Beschreibung von diesem Niemand erinnern...” “Axel.”, stelle ich klar. “Ja, Axel.”, nickt Leon. “Deshalb forderten wir die Daten der Simulation aus Twilight Town an, da wir wussten, dass er damals dort eingedrungen war, um Roxas zu retten. Tron konnte ein Abbild seiner Daten in Ansems Simulation erstellen und es mit diesem Jungen vergleichen. Laut Tron besteht eine Wahrscheinlichkeit von 99,97 %, dass es sich bei den Beiden um ein und dieselbe Person handelt. Und deine Reaktion sagt mir, dass du ihn erkennst?” “Er ist es.”, bestätige ich, ohne meinen Blick von dem wilden, feuerroten Haarschopf zu nehmen. Axel hat Aeriths Hals inzwischen losgelassen und umklammert stattdessen den Kragen ihres Kleides mit beiden Händen, ohne sie anzusehen. Eine kleine Unterlippe schiebt sich etwas vor, und erneut treten Tränen in helle, grüne Augen, als Aerith beruhigend auf ihn einredet. Sie setzt ihn wieder ab, aber er hält sich sofort wieder an ihrem Rockzipfel fest und starrt auf seine Füße hinunter. Ab und zu schnieft er leise. “Er versucht immer wieder auszureißen. Er fühlt sich hier nicht wohl.”, meint Leon leise. “Ich dachte, Sora sollte Bescheid wissen. Wir wissen nicht, was wir tun sollen. Wir können ihn nicht gegen seinen Willen festhalten.” Verrückt. Selbst der hier hat es geschafft, sein nächstes Leben zu finden. Allerdings scheint er nicht so viel Glück gehabt zu haben wie Roxas und Namine. Sora hat mir erzählt, wie Axel gestorben ist. Es war sicher kein schöner Tod. Und Sora sagte auch, dass er und Roxas sich versprochen haben, sich im nächsten Leben wieder zu sehen. Ich frage mich... Ich trete vorsichtig näher und setze mich vor dem kleinen Jungen auf den Boden. Er weicht ängstlich zurück, versteckt sich hinter Aerith. “Hey.”, sage ich so ruhig wie möglich. Er antwortet nicht. “Ich bin Riku.” “Ich darf nicht mit Fremden reden.”, kommt die gemurmelte Antwort. “Ja, klar.”, erwidere ich lächelnd. “Aber du kennst jetzt meinen Namen. Riku. Kannst du dir das merken?” Sofort horcht er auf, starrt mich mit großen Augen an und beißt sich nachdenklich auf die Unterlippe. “Ri-ku...”, wiederholt er langsam. “Ri-ku. Riiiiiiku. Rikuuuuuuu. Ri-... Sora?” O-kay. Das war jetzt unheimlich. “Erinnerst du dich an Sora?”, frage ich, ohne mir meine Überraschung anmerken zu lassen. Der Kleine legt die Stirn in Falten und scheint nachzudenken. Dann schüttelt er den Kopf. “Warum hab ich das gesagt?”, fragt er verwirrt. “Nicht wichtig.”, erwidere ich. “Du kennst jetzt meinen Namen. Und wie ist deiner?” “Das weißt du doch schon!”, antwortet er, und jetzt lacht er. “Du Dummkopf! Du hast ihn vorhin gesagt! Axel! Kannst du dir das meeeeeerken?” “Stimmt, ich Dummkopf.” Ich schlage mir gegen die Stirn. Er lacht wieder. “Und wie alt bist du?” “Drei!”, ruft er fröhlich und hebt eine Hand, und nach kurzem Überlegen hebt er drei dünne Finger. Viel zu dünn für ein Kind in seinem Alter. Der Ärmel seines T-Shirts rutscht hinunter, und auch sein Arm ist viel zu dürr. “Drei, hm? Ganz schön alt.”, sage ich, noch immer lächelnd, aber jetzt begutachte ich ihn genauer. Er ist wirklich dünn, aber recht groß für sein Alter, und ich bemerke eine erst kürzlich verheilte, hässlich aussehende Schnittwunde an seinem Arm und einen fast nicht mehr sichtbaren Bluterguss an seinem Kiefer. Seine neu aussehende Hose ist an den Knien zerrissen, und außerdem bemerke ich einen kleinen Schnitt an seiner Hand, wahrscheinlich von den Scherben von vorhin. Er ist in einem furchtbaren Zustand, aber jetzt lacht er, und seine hellen, von eigenartig dichten, roten Wimpern umsäumten Augen funkeln vergnügt. “Du bist viel älter!”, protestiert er, dann kichert er, lehnt sich etwas vor und flüstert mir vertrauensvoll ins Ohr. “Aber der da, der ist noch viiiiiiiiel älter.” Er zeigt auf Leon, der fragend eine Braue hebt. “Oh ja, und er lacht niemals.”, bestätige ich ebenso leise, und Axel kichert verstohlen in seine Hand. “Axel... wo wohnst du?” Sofort hört das Kichern auf, und der Glanz verschwindet aus seinen mandelförmigen, grünen Augen. “Darf ich nich’ sagen.”, antwortet er und scharrt nervös mit einem Fuß herum. “Möchtest du dorthin zurück? Dann musst du es mir sagen, damit ich dich dorthin bringen kann.”, bohre ich weiter, und jetzt beißt er sich wieder auf die Unterlippe. Schließlich schüttelt er den Kopf. “Will nich’ zurück. Mama schläft immer, und Papa schreit und tut mir weh.” Er schnieft leise. “Ich bin ein böser Junge. Wegen mir ist mein kleiner Bruder tot. Das sagt Papa. Und dann tut er mir weh.” Einen Moment lang kann ich ihn nur entsetzt anstarren, und ich höre auch Aerith erschrocken nach Luft schnappen. Was für ein furchtbarer Kerl ist dieser Vater bloß? Wie kann man einem so kleinen Kind erzählen, sein kleiner Bruder wäre seinetwegen tot? Wie kann man so ein kleines Kind nur schlagen? “Hm... was sollen wir denn dann machen?”, frage ich und tue so, als würde ich überlegen, während ich mühsam versuche, die Beherrschung nicht zu verlieren. “Möchtest du hier bleiben? Bei dem alten Kerl und Tante Aerith?” Ein kleines Kichern entkommt ihm doch, aber dann wird er wieder ernst und schüttelt den Kopf. “Hier is’ es unheimlich.”, murmelt er. “So hohe Wände und... und... alles ist so... so wie früher.” Er stampft mit dem Fuß auf und verschränkt schmollend die Arme. “Ich weiß nicht. Ich kann nicht schlafen, weil dann kommen die Niemande und holen mich!” Ich wechsle einen überraschten Blick mit Leon, aber der schüttelt verwirrt den Kopf. “Niemande?”, hake ich nach, und Axel nickt finster. “Ja, die wohnen in so großen Häusern wie hier.”, erklärt er mir. Soso... Er scheint sich zumindest unbewusst an das Schloss in der Welt Die Niemals War zu erinnern. Oder an Schloss Oblivion. Oder beide. “Tja, was machen wir denn dann?”, frage ich und verschränke die Arme. Er macht mich nach und sieht zu Boden, schiebt eine zitternde Unterlippe etwas vor und blinzelt ein paar Mal. Klare Tropfen glitzern auf seinen Wimpern. “Hey.”, sage ich so sanft wie möglich und streiche ihm mit einer Hand beruhigend über das stachelige Haar. Es fühlt sich überraschend weich an. “Axel, was hältst du von einer Insel?” Er sieht mit Tränen in den Augen zu mir auf. “Was ist eine Insel?”, fragt er, seine dünne Stimme unsicher und schwankend. “Eine Insel? Dort gibt es Palmen, und Strände... weißt du, was ein Strand ist?” Er schüttelt den Kopf. “Dort gibt es Sand, und dahinter so viel Wasser, wie du dir nur vorstellen kannst, bis zum Horizont. Dort gibt es Fische, die im Wasser schwimmen, und Muscheln und so’n Zeug...” “So’n Zeug.”, wiederholt er kichernd, und die Tränen versiegen wieder. “Dort ist es fast immer warm. Ich wette, du magst es, wenn es warm ist, hm?” Ich lächle, als er heftig nickt. “Und wenn du von einer Insel zur anderen willst, musst du mit einem Boot über das Wasser fahren. Das viele Wasser zusammen nennt man übrigens Meer. Ich wohne auf so einer Insel, weißt du?” “Ooooooh...”, haucht er ehrfürchtig, die Augen weit aufgerissen. “Würdest du auch auf so einer Insel wohnen wollen?”, frage ich, und er nickt wieder heftig. “Kommst du mit mir mit?” “Aber...” Er beißt sich wieder so unsicher auf die Unterlippe und sieht zu den Scherben auf dem Boden. Offenbar sollten sie mal eine Vase darstellen. “Ich... Ich mach dauernd Sachen kaputt...” “Weißt du, ein Freund von mir hat das auch immer gemacht, als er so alt war wie du.”, entgegne ich grinsend. “Aber ich bin ein böser Junge.”, beharrt er störrisch. “Das ist nicht wahr. Du bist einer von den Guten.”, widerspreche ich sanft. Nun, zumindest am Ende war er das. Auf welcher Seite er damals wirklich stand? Nun, keine Ahnung. Er war am schwersten zu durchschauen von allen Gegnern, mit denen wir es zu tun hatten. “Aber...”, versucht er es noch einmal, und ich schüttle den Kopf. “Also, Axel, du musst mir jetzt sagen, ob du mit mir kommen willst.” “Auf die Insel.” “Auf die Insel, ja.” Ich lächle wieder. “Ich habe Freunde dort, die dich bestimmt gern wiedersehen würden.” “Wieder-sehen?”, fragt er verwirrt und legt den Kopf etwas schief. Ich ignoriere das einfach. “Mein Freund hat Geschwister, die ein bisschen jünger sind als du. Du hättest also jemanden zum spielen.” “Jünger als ich?”, fragt er skeptisch. “Aber Papa...” “Dein Papa”, sage ich langsam und ergreife sanft seine dünnen Arme, “ist ein Dummkopf und hat ziemlich blöde Dinge gesagt. Du bist ein guter Junge, und außerdem brauche ich jemanden, der mir und meinem Freund hilft, auf Roxas und Namine aufzupassen. Einen großen Jungen wie dich.” Ich beobachte ihn genau, als ich diese Namen erwähne, aber er wirkt nicht, als würde er sie wiedererkennen. Er starrt nur zurück, dann grinst er mich plötzlich an. “Papa ist blöd.”, wiederholt er strahlend. “Ich bin ein großer Junge. Ich kann aufpassen auf Rokass und Nani... Nanime?” “Roxas und Namine.”, wiederhole ich langsam. “Roooksass... Ros... Roxas.”, spricht er mir nach und strahlt, als ich nicke. “Nani... Naaaaaamine?” “Mhm. Also, kommst du mit?” “Ooooooookeeeee!”, antwortet er gedehnt. “Auf die Insel!” Als wir beim Gummischiff ankommen, bemerken die anderen mein Anhängsel natürlich. “Meine Güte!”, quietscht König Mickey sofort, und Donald schnattert irgendwas, das ich unmöglich verstehen kann. Nur Goofy scheint nur milde überrascht zu sein. “Gwarsh, Riku. Wo hast du den Kleinen denn aufgelesen?” Er beugt sich zu Axel hinunter, der ihn misstrauisch beäugt. Der Kleine versteckt sich hinter meinem Bein und lugt vorsichtig hervor. “Das war Leons Überraschung.”, antworte ich ruhig. Goofy lacht sein eigenes, glucksendes Lachen und versucht, Axel mit dummen Grimassen hervor zu locken. Tatsächlich höre ich leises Kichern. “Grundgütiger, Goofy!”, wettert Donald und schnattert wieder unverständlich. “Lass doch das Kind in Ruhe, du großer Tollpatsch!” Axel kichert wieder, versteckt sich aber noch mehr, als nun auch König Mickey versucht, einen genauen Blick auf ihn zu erhaschen. “Riku...”, sagt Mickey langsam und sieht zu mir hoch. “Ist dir bewusst, dass... dieser Junge aussieht wie...” “Axel, sag hallo.”, sage ich, packe den Jungen und hebe ihn hoch. Er quietscht erschrocken und wirft beide Arme um meinen Hals, gleich darauf sieht er aber zu den anderen hinunter. “Boah, ist das hoch.”, entfährt es ihm erschrocken. Heh. Er sollte sich daran gewöhnen. In ein paar Jahren ist er größer als ich. “Wenn du mit auf die Insel willst, musst du höflich sein.”, sage ich laut. Er blinzelt ein paar Mal, dann lächelt er nervös. “Hallo.”, sagt er, und dann fügt er schnell “Du bist eine Maus!” hinzu. “Unbestreitbar.”, stimmt Mickey ihm zu. “Du willst ihn also mit auf die Schicksalsinseln nehmen?” “Er und Roxas haben es sich versprochen.”, erwidere ich achselzuckend. “Warum sollte ich nicht nachhelfen?” “Nun ja.” Mickey überlegt kurz. “Ich denke, du und Sora werdet mit ihm fertig. Schön. Wir sollten ohnehin los.” Er grinst. “Junge, Junge, was für ein Jahr, wie?” Axel winkt dem Gummischiff begeistert nach, nachdem Mickey uns auf den Schicksalsinseln abgesetzt hat. Er hat beinahe den ganzen Flug damit verbracht, seine kleine Nase an einem der Fenster platt zu drücken. Aber er hat sich nicht getraut, sich weiter als zwei Schritte von mir zu entfernen. Jetzt weiß ich auch, wie Sora sich mit Roxas fühlt... Apropos... “Riku!”, höre ich Soras vertraute Stimme von Haus her. Ich drehe mich um, und ich sehe, dass er wohl gerade den Jungen entdeckt hat, der sich jetzt wieder hinter mir versteckt. Sora reißt die Augen weit auf, und Roxas, den er gerade im Arm hält, sieht seinen Bruder verwirrt an, ein bereits tropfendes Meersalzeis in der einen Hand haltend, während er mit der anderen vor Soras Augen herumfuchtelt. Hinter den beiden kommen Kairi und Namine aus dem Haus, und auch Kairi starrt Axel ungläubig an. Namine sieht verständnislos zu ihr hoch und zupft an ihrem Kleid. Eine Weile ist alles still, bis auf das Rauschen der Wellen und vereinzelte Möwenschreie. “Riku, ist das...”, beginnt Sora und versucht den Namen auszusprechen, schafft es aber nicht ganz. “Hallo!”, piepst der Kleine hinter mir und versteckt sich wieder, als Sora und Kairi nur schwach lächeln. Er zupft an meinem Armband. “Die mögen mich nicht!” “Ach was.” Ich ergreife seine Hand und ziehe ihn etwas vorwärts, ohne auf seine schwächlichen Proteste zu achten. Ich schiebe ihn vor mich. “Sag Hallo.” “Ich hab schon Hallo gesagt!”, schmollt er und sieht nervös zu Boden. Er sieht nicht einmal auf, als Sora Roxas vorsichtig absetzt. Der blonde Junge starrt den rothaarigen eine Weile an, beobachtet, wie der größere Junge mit einem Fuß Muster in den Sand scharrt. Schließlich scheint er sich zu einer Entscheidung durchzuringen. Er geht auf Axel zu und hält ihm sein Eis hin. Die ganze Szene ist so klischeehaft kitschig, dass es schon wieder niedlich ist. “’Allo.”, sagt Roxas vorsichtig, klebrige Finger im Mund, während das Eis in seiner anderen Hand schmilzt und auf den Boden tropft. Axel starrt ihn einen Moment lang an, hoffnungsvoll, beinahe sehnsüchtig... dann ist der Moment vorbei, und der rothaarige Junge grinst breit. “Hallo.”, sagt er und nimmt das Eis dankbar entgegen. Sobald die kalte Süßigkeit Roxas’ Hand verlassen hat, scheint der blonde Junge es sich allerdings wieder anders zu überlegen, denn er verzieht langsam das Gesicht. Oh-oh. Der Gesichtsausdruck verheißt nichts Gutes... Gleich plärrt er los... Axel scheint es zu bemerken, denn er kostet nur ein wenig und gibt das Eis sofort wieder zurück. Roxas nimmt es strahlend wieder entgegen und steckt es sich sofort wieder glücklich in den Mund. “Deine Haare sind rot.”, stellt der kleinere der beiden Jungen schließlich fest, und er lässt sein halb zerlaufenes Eis einfach fallen. “Ich mag dich.” “Deine Augen sind hübsch.”, fügt Namine hinzu, und beide Zwillinge sehen den größeren Jungen mit großen Augen an. “Ooooh...”, macht Axel und dreht sich zu mir um. “Guck, sie sehen sich total ähnlich!” “Sind ja auch Zwillinge.”, entgegne ich, seinen verwirrten Gesichtsausdruck ignorierend. “Also, das hier ist Roxas, und das Namine.” Ich zeige nacheinander auf den Jungen und das Mädchen. “Leute, das hier ist Axel. Zeigt ihr ihm bitte den Garten? Ich muss mit Sora und Kairi reden.” “Aber So-So wollte mit uns eine Sandburg bauen!”, protestiert Roxas und schmollt. Meine Güte. Sora sah genauso niedlich aus, als er noch klein war... “Wir bauen nachher alle zusammen eine Sandburg.”, verspricht Sora ihm und zerzaust sein blondes Haar. “Geht mit Axel spielen. Wir kommen gleich.” “Was ist eine Sandburg?”, piepst Axel ganz kleinlaut, und sofort wird er von den Zwillingen belagert. “Du weißt das nicht?”, fragt Roxas, beinahe entsetzt, dann schüttelt er den Kopf und stemmt die kleinen Hände in die Hüften. “Dagegen müssen wir was tun!” Wir ’Erwachsenen’ kichern, als er das sagt. Irgendwann hat er das von Sora aufgeschnappt, und seitdem sagt er es ständig. Wir sehen ihnen nach, als Roxas Axels Hand nimmt und ihn in den Garten führt, Namine dicht hinter den beiden. “Er sieht genauso aus...”, murmelt Kairi verblüfft. “Nur kleiner.”, fügt Sora hinzu. “Ist das wirklich...” “Axel.”, bestätige ich. “Es passt. Er ist drei Jahre alt. Leon hat ihn in Radiant Garden aufgelesen. Er erinnert sich nicht an Roxas, aber... er weiß über Niemande Bescheid, zumindest unbewusst.” “Hm...” Sora tippt sich nachdenklich mit einem Finger ans Kinn. “Sieht so aus, als hätte Axel seinen Weg zurück schneller gefunden als Roxas.” “Er sieht so dünn aus.”, meint Kairi mitleidig. “Er hatte wohl nicht so viel Glück mit seiner neuen Familie wie Roxas und Namine.”, erwidere ich achselzuckend. “Was ist? Ich habe ihm versprochen, dass er hier bleiben kann.” “Ja, klar, nur...” Sora kratzt sich am Kopf. “Uns gehen langsam die Zimmer aus...” “Er kann bei mir wohnen.”, fällt ihm Kairi sofort ins Wort. Wir starren sie beide überrascht an. “Was ist? Ich habe ein Gästezimmer übrig.” “Aber er hat versucht, dich zu entführen!”, protestiert Sora. “Mach dich nicht lächerlich.”, winkt Kairi ab. “Er ist drei Jahre alt. Außerdem...” Sie seufzt traurig. “Irgendwie... konnte ich ihn verstehen. Er wollte einfach Roxas wiedersehen, so wie ich euch beide wiedersehen wollte. Ihm konnte ich schon damals nicht böse sein.” Sie rümpft die Nase. “Im Gegensatz zu Saȉx.” “Aber...”, versuche ich nun auch zu protestieren, aber mich lässt sie gleich gar nicht zu Wort kommen. “Ich habe Platz, und es ist gleich um die Ecke, also kann er Roxas jeden Tag sehen, wenn er will.”, erklärt Kairi, und diesen Blick kennen wir nur zu gut. Sie hat sich etwas in den Kopf gesetzt. “Wenn es ihn nicht stört, kann er bei mir wohnen. Zumindest fürs erste.” “Wird ihn denn niemand vermissen?”, fragt Sora vorsichtig. “Leon kümmert sich um die Formalitäten.”, erwidere ich. “Aber er hat bereits mit den Behörden verhandelt, um Axel von seinen Eltern wegzuholen. Er wird versuchen, uns das Sorgerecht zu übertragen. Ich habe dem zugestimmt.” “Alles schon erledigt, wie?”, lacht Kairi, und Sora schüttelt ebenfalls lächelnd den Kopf. “Selbstverständlich wartet er auf unsere Zustimmung.”, füge ich hinzu. “Aber ich hatte nicht wirklich Zweifel, dass ihr es so sehen würdet wie ich.” “Dann sind wir uns wohl einig, denke ich.”, meint Sora grinsend. “Meine Güte, unsere Familie wird immer größer!” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)