Blutstropfen von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Die Clique --------------------- Die Clique Die Nacht verbrachte ich wach, mit rot verweinten Augen. Ich konnte nicht einschlafen, denn ich dachte nach. Mein Stolz, das ganze Getue warf ich beiseite. Ich vermisste meine Familie, der Schmerz war groß und brannte in meinen Augen. Gefangen war ich hier in einer Anstalt. Keine Klinge womit ich mich hätte verletzen können. Das Frühstück verlief einseitig, ich hatte keinen Appetit. Allein hockte ich an meinem Tisch, dabei beobachtete ich die Menschen im Raum. Wie die Kühe kauten sie, glotzten und aßen wie Raubtiere ihre Nahrung hinunter. Das widerliche Geschmatze, konnte ich bis in meinem Döszustand hören. Totmüde knotete ich meine lila Haare zu einem Pferdeschwanz. Ich ließ die Nacht noch ein letztes Mal review passieren, als Nathalie grinsend vor mir stand. “Na, alles easy bei dir? Siehst so fertig aus?“, setzte sie sich zu mir an den Tisch. Nathalie hielt in der rechten Hand einen roten Apfel, der mich verdammt scharf, an Schneewittchen erinnerte. Den Apfel fixierte ich mit meinen Kulleraugen und zuckte gleichzeitig mit den Schultern. “Die Nacht war grausam! Ich konnte kein Auge zu machen. Echt Furchtbar! Aber ansonsten geht’s mir gut und selbst?“, ich streckte die Hände aus und griff nach dem Apfel. Sekundenschnell biss ich hinein und war kurzzeitig glücklich. Nathalie lächelt mich sorglos an. “Ich habe geschlafen wie ein Baby. Hast du Lust mit uns mit zukommen, wir wollen ein bisschen im Garten spazieren gehen?“, sie entnahm mir den Apfel und biss große Stücke heraus. Dann betraten Magie und Karen die Mensa. Mit einem Arm winkte uns Magie zu. “Nein, vielen Dank. Geht lieber ohne mich, ich brauch heute meine Ruhe.“, seufzte ich mir mein Elend zu Recht. Nathalie lächelte mich wortlos an, packte den Apfel und mich und zog mich hinter sich her. Aber ich riss mich los, schaute sie wütend an und wollte sie für ihre spontane Tat bestrafen. Allerdings hielten mich ihre unschuldigen Augen auf, ich war nicht in der Lage ihr weh zutun. Also kurbelte ich meine Aggressionen zurück. “Nein, verdammt. Ich möchte nicht, also lass mich in Ruhe. Verpiss dich endlich!“, brüllte ich sie an. Ich schupste sie von mir weg, dabei fiel ihr der Apfel aus der Hand. Geschockt von mir, ihr und die Reaktionen im Raum. Schließlich verließ ich die Mensa. Auf dem endlosen Weg in mein Zimmer, begegnete ich Haron. Doch ich übersah ihn, durch die mit tränenbedeckten Augen konnte ich niemanden erkennen. Ich war wieder auf der Flucht vor mir selbst, nur die Angst war mein stetiger Begleiter. Ich wollte weg von Nathalie, Magie, Karen und auch vor den fremden im geräumigen Esssaal. Gefühle, wie Wut, Trauer oder auch Ratlosigkeiten richteten sich gezielt auf mich. Wohin mit diesem unerklärlichen Schmerz? “Youniii!", rief er Ich zuckte kurz zusammen, derweil drehte ich mich um. “Ach du bist es!", schlunzte ich. Ich versuchte im letzten Moment, die Tränen aus meinem Gesicht zu wischen. Aber zu spät, er hatte es bereits gemerkt. Haron sah mich besorgt an, er wusste sich nicht zu helfen. Er machte einen Schritt auf mich zu und reichte mir ein Taschentuch. Ich putze meine Nase. “Darf ich fragen, was passiert ist?“, fragte Haron. Ich schüttelte mit dem Kopf. “Die Mädls und ich wollten dich eigentlich abholen. Wir wollten im Garten spazieren gehen, hättest du Lust? Es bringt dich auf andere Gedanken.“, schlug er vor. Haron hatte ja gar keine Ahnung, weshalb ich davon lief. Wenn er wüsste wieso, würde er mich nicht trösten wollen. Ich steckte in einer Zwickmühle. “Nein, i-ich m-möchte e-einfach n-nur a-alleine s-sein!“, drückte ich mich klipp und klar aus. Er sah mich bekümmert an, aber er ließ nicht locker. “Komm mit, ich glaube du brauchst jemanden zum reden!“, forderte er mich auf. Und er hatte Recht, ich wollte reden. Aber ich ihm genauso erging. Wir gingen also zurück in die Mensa, vorbei an den Schmatzenden Kühen ins Grüne. Ich war heil froh, dass wir den Mädels nicht begegneten. Haron und ich, setzten uns an den Teich. “Ich habe mich mit Nathalie gestritten, es tut mir furchtbar leid.“, erzählte ich ihm. Er schenkte mir sein herrlichstes Lächeln. “Ihr solltet euch lieber vertragen, aber mach dir keine Sorgen. Sie ist nicht nachtragend, keine Sorge!“, ermutigte er mich. Er hatte sicherlich Recht, alles wird gut werden. Er nickte “Du Youni, Entschuldigung wenn ich vom Thema ablenke. Aber ich habe dir doch mal von meinen Wutausbrüchen erzählt. Leider hatte ich gestern einen, daher lief die Sitzung sehr schlecht. Eigentlich hab ich versucht mich zusammenreisen, aber als sie von meinem Vater sprachen, bin ich ausgetickt wie ein Stier. Ich habe sämtliche Gegenstände auf dem Tisch runter geworfen. Den Stuhl habe ich in sämtliche Einzelteile zerlegt..“, schuldbewusst warf er einen Stein ins Wasser. “Wieso bist du auf deinen Vater nicht sonderlich gut zu sprechen?“. Haron sah mich gespenstisch an. Mir hätte wissen müssen, dass man bestimmte Fragen einfach nicht stellen sollte. Doch wieso bot er ein gemeinsames Gespräch an, wenn man sich doch nichts zu sagen hatte. “Hast du manchmal Angst, Youni?“, fragte er mich. Haron ist ein zwiespältiger Mensch. “Wieso fragst du mich so etwas?“. Haron zuckte mit den Schultern, sprach auf und marschierte in den See. Mit einem Satz tauchte er ins kühle Nass. Einige Tropfen landeten in mein Gesicht, wodurch ich die Augen zusammenkniff. Das Wasser an sich wirkte wie zusammengepresste Millionen von abertausend Perlen. Dann tauchte er wieder auf. “Bist du verrückt geworden?“, schockiert schaute ich ihm nach, wie er sein Kopf schüttelte. Dieser Kerl scheint doch nicht mehr alle Tassen im Schrank haben, wo war ich hier bloß gelandet?! “Komm zur mir!“, rief er mir zu. Seine Stimme klang besonders freundlich. Was? Ich sollte wie ein wahnsinniger zu ihm ins Wasser springen? Das wäre doch nie im Leben meine Art, wo dachte er hin. “Hab dich nicht so, komm schon!“, wiederholte er. “Nein danke! Ich bleibe hier, aber schwimm du ruhig. Tu dir keinen Zwang an.“, unwohl blickte ich in alle Richtungen. “Hast du davor vielleicht angst?“, er drückte sie ziemlich energisch aus. Ich spürte wieder eine schrecklich schnürende Wut in mir, die sich in meinem Körper ausbreitete. Unaufhaltsam kroch sie weiter, es löste in mir ein Unbehagen aus. Ich konnte es selbst nicht deuten, doch so zog ich die Schuhe aus und stellte diese ordentlich nebeneinander. Die weißen Strümpfe stopfte ich hinein. Ich richtete mich auf, sah mich noch einmal in der Umgebung um und entdeckte niemanden. Meine Hände zitterten wie Ästenlaub. Schritt für schritt tasteten sich meine Füße immer weiter durch das weiche Gras. Bis das kalte Wasser sie zärtlich kitzelten. “Scheinst ja doch ein mutiger Mensch zu sein!“, warf er mir das Kompliment zu. Wirklich freuen konnte ich mich darüber allerdings überhaupt nicht, schwimmen konnte ich noch nie leiden und er verlangte von mir das unmögliche. Ich sollte mit einem wildfremden Jungen schwimmen, all meine Nackenhaare richteten sich senkrecht auf. Der Gedanke machte mich matschig, wie eine faulige Tomate. Ein weiteres Mal kreisten meine Augen die Umgebung ab, ich wollte sicher gehen, dass uns niemand beobachtete. Ich schloss beide Augen und sprang mit einem Satz hinein. Das Wasser fühlte sich gut auf meine Haut an, auch wenn ich kein begeisterter Schwimmer war. Dann tauchte ich neben Haron auf, der bereits ein breites Grinsen aufgesetzt hatte. Ich wischte mir das Wasser großzügig aus dem Gesicht. “Es ist eisig, Haron!“, grummelte ich ihn an. “Klar, was hast du denn gedacht? Das der See beheizt ist?“, gackerte er. Ich verdrehte die Augen genervt. Männer werden wohl ewig dämliche Sprüche blubbern, ohne dabei wirklich komplett nachgedacht zu haben. “Mir ist kalt und ich friere!“, zickte ich. “Es ist wunderschön oder?“, er sah mich an wie ein Kind zur Weihnachtszeit. “Ich werde jetzt rausgehen, es tut mir leid. Schwimmen kann ich eigentlich überhaupt nicht leiden.“, ich machte Anstalten rauszuschwimmen, da hielt Haron meinen rechten Arm fest. Erschrocken sah ich ihn in seine geheimnisvollen Augen. “Wovor hast du angst? Es ist nur Wasser.“, lautete seine Frage. Ich riss meinen Arm aus seiner Hand, denn ich war immer noch fest überzeugt zu gehen und nicht auf seine Antwort zu reagieren. “Youni, bleib doch hier.“, seine Stimme klang flehend. Ich schwamm weiter zur Wiese. Ich wollte nur noch raus und das so schnell wie möglich. Aber als ich seine Hand erneut an mir spürte und wie er seine Arme um meinen eiskalten Körper legte, war ich wie gelähmt. Sein Herz klopfte wie tausend Insektenstiche, mir war nicht klar ob es mir jede Sekunde entgegen bringen würde. Sein warmer Atmen streichelte meinen Hals, der sichtlich diese Berührungen vergötterte. Nur ich nicht! “Lass mich bitte sofort los!“, bat ich Haron. Er ließ los und ich eilte hastig zum Ufer. Ich nahm meine Schuhe, zog sie auf gar keinen Fall an, sondern flitzte wie ein Düsenjett auf mein Zimmer. Auf die Menschen in der Mensa achtete ich nicht, egal wie sehr sich neugierig beobachteten. In meinem Zimmer warf ich die Schuhe auf dem Boden, riss mir die Kleider vom Leid und stand nackt im Raum. Als nächstes ging ich ins Badezimmer, krabbelte in die Dusche und betätige sie. So wie das Wasser floss, so liefen auch die Tränen über meine kalten Wangen. Haron war für mich gestorben. Auch die Clique wollte ich aus meinem Leben löschen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)