OS sammlungen von NanXmik ================================================================================ Kapitel 1: Das Versprechen -------------------------- So, der OS ist mir eigentlich so gekommen als eine meiner Freundinnen gestorben ist. Dabei hatte sie es gar nicht verdient... Nya und irgendwie ist dann dieser OS zustande gekommen...ich würde mich echt freuen wenn ihr mir nen Kommi dalasst, da dieses Thema mir echt nahe liegt... Naja, ich will auf jedenfall sagen, dass ich diesen OS meiner Freundin, die letzte Woche an einem Herinfarkt gestorben ist widme, und das der OS zeigen soll, wie sehr ich sie gemocht hab, und dass ihr Tod mich nicht kalt gelassen hat. Lange Rede kurzer Sinn: Füch dich, Darja, ich werde dich niiiieeeee vergessen. Völlig erstarrt stand das gerade mal 15 Jährige Mädchen auf dem Schulhof, es nahm nichts wahr, weder die besorgten Gesichter der anderen, noch die Tränen auf dem Gesicht ihrer Freundin. Immer wieder dachte sie an die Worte, die man ihr gerade gesagt hatte. Immer wieder hallten sie in ihrem Kopf wieder, und jedesmal, wenn der Satz sich wiederholte sah sie das Gesicht von Darja. Mal Lebenslustig, dann lachend, wie sie mit ihr über einen Witz lachte, dann wie sie weinte und zuletzt dass schlafende Gesicht der Freundin. Der Satz, der jetzt immer leiser in ihrem Kopf schwebte, brach mit einer Endgültigkeit über sie herein, der sie am liebsten weggelaufen wäre: "Darja ist gestern an einem Herzinfarkt gestorben." Ohne zu merken, was ihr Körper tat, bewegte sie sich von den anderen weg, konnte immer noch nicht glauben, dass eine ihrer Freundinnen Tod sein sollten. Noch immer liefen keine Tränen über ihr Gesicht, in der verzweifelten Hoffnung dass das eben gesagte nicht der Wirklichkeit entsprach. Ihre Beine trugen sie zu dem nahe gelegenen Haus der Familie der verstorbenen. Verzweifelt klingelte sie, wartete dass ihr aufgemacht wurde und fragte dann voller Hoffnung in der Stimme: "Sie ist nicht Tod, oder? Sie kann nicht Tod sein! Sie ist doch erst 15!" Ohne eine Antwort zu geben, zog die weinende Mutter das Mädchen in die Arme, spendete ihr Trost. Lange Zeit verharrten die beiden Menschen so an der Türschwelle, ungeachtet des Alters oder das sie nicht viel miteinander zu tun hatten, aber im Moment verband sie ein großes, undurchdringbares Gefühl: Die Traurigkeit der grausamen Realität und der Wunsch, dass man nur einen Albtraum träumt. Am nächsten Tag fuhr sie mit der Familie ihrer besten Freundin zum Leichenschauhaus. Sie ging zuerst zum Leichnam ihrer Freundin, sah in das friedlich lächelnde Gesicht, dass aussah als ob es schlafen würde. Dann hob sie langsam ihre Hand, legte sie auf die kalte, blasse Wange, lächelte, beugte sich herunter und flüsterte der Freundin ins Ohr: "Darja...Schlaf weiter, unbesorgt. Ich will dir vieles Sagen, aber alles das ist alles so unwirklich, so unwichtig. Deshalb möchte ich dir Danken, für die lustige Zeit mit dir. Für die gute Zeit, für unsere Freundschaft. Aber, ich kann und will dir nicht mit einem Wort danken, dass ist viel zu wenig. Ich möchte dir danken, und dich ehren indem ich weiterlebe, lustig durchs leben gehe und nicht verzweifelt und indem ich für immer an dich denken werde und dich niemals vergessen werde. Das Darja, ist mein Lebwohl an dich." Dann tropfte eine einzelne Träne aus den Augen des Mädchens, die auf die Tränen der Toten viel und sie aussahen lies als ob auch sie um das Ende ihrer Freundschaft trauern würde. Abrupt wandte sie sich um und verließ den Raum. Kurz vor der Tür drehte sie sich ein letztes mal um und lächelte ihrer Freundin zu. „Wo immer du bist, Darja, sie zu dass du auf mich wartest!“ Dann öffnete sie die Tür, durchschritt sie und schloss die Tür nach Darjas Eltern. Einen Moment lauschte sie dem Nachhall der geschlossenen Tür, wurde sich der Endgültigkeit bewusst, der sie noch kurz zuvor am liebsten Weggelaufen war, sie nun aber akzeptierte und sie begrüßte. Denn sie hatte einen Weg gefunden, die Endgültigkeit der Realität ein Beinchen gestellt und ihre Freundin aus dem Tod geholt: In ihrem Herzen und in ihren Erinnerungen würde ihre Freundin immer weiterleben, bis die Endgültigkeit auch sie holen würde. ich hoffe ihr lasst ernsthafte Komentare da. Bis dann Nan Kapitel 2: Feuer der Wahrheit ----------------------------- Feuer der Wahrheit Gedankenverloren saß eine einsame Person in der anbrechenden Dämmerung. Der kalte Blick starr auf das lebendige Feuer gerichtet, das knisternd an den Holzscheiten zehrte. Leise trat Fjaila zu dem sitzenden Mann, schaute gedankenverloren in das Feuer, ehe sie sich ungefragt hinsetzte. „Was willst du?“, schroff waren die Worte, grimmig und unbeholfen. Die Stimme klang brüchig, wie die Stimme eines Menschen, der schon lange geschwiegen hatte. Fjaila erwiderte nichts. Sie starrte nur in das flackernde Feuer, welches schon leichte Schatten warf. „Wieso siehst du ins Feuer, alter Mann?“ Zum ersten Mal sprach das Mädchen, den hübschen Kopf mit den spitz zulaufenden Ohren leicht zu ihm geneigt, doch die grauen Augen immer noch starr gerade aus gerichtet. Sie erwartete keine Antwort von dem Zigeuner, welcher erst seit kurzem an jenem Wald sein Lager aufgestellt hatte, in dem sie und ihre Familie lebten. Umso überraschter war sie, als sie eine Antwort bekam. „Wer mit dem Feuer spielt, ist das Feuer selbst.“ Verwundert wandte sie sich dem Mann zu, musterte ihn vorsichtig, den scharf geschnittenen Nasenrücken, die hageren, leicht eingefallenen Wangen und die leicht geschwungenen Lippen, die hohe Stirn und die schütteren schwarzen Haare, die mit einem leichtem Grau durchsetzt waren. Dann versank sie in nachdenkliches Schweigen, ihre Gedanken kreisten um die Worte des Fremden, Was meinte er damit? War sonst nicht nur ihr Volk dafür berühmt, solche Wortspiele zu spielen? „Wer bist du?“ Eine naive Frage, ohne Hoffnung beantwortet zu werden. Trotzdem wurde sie gestellt. „Nicht mehr und nicht weniger als das Feuer selbst.“ Erneut bekam sie eine Antwort, scheinbar ohne Inhalt und sie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. So saßen die beiden, die junge Elfe und der alte Unbekannte, schweigend am Feuer. Den Blick starr auf die lodernden Flammen gerichtet. Jeder hing den eigenen Gedanken nach… Die einen drehten sich um längst Vergangenes, die anderen um die rätselhaften Worte des Feuers. „Es wird Zeit ins Bett zu gehen, kleine Elfe“, die Worte waren liebevoll ausgesprochen, wie die eines Vaters, der seinem Kind beibringen will, dass er weg muss. „Du wirst weiterziehen.“ Eine Feststellung, ohne Emotionen. „Irgendwann muss jeder gehen“, es waren mit die letzten Worte von dem alten Mann, der sich nun im Schein des Feuers und des hellen Vollmondes hoch über ihnen daranmachte, sein Lager abzubauen. „Bist du wegen Fjori gekommen?“ Zum ersten Mal lag so etwas wie Trauer in der Stimme der Elfe. Kurz stockte die hagere Gestalt des Alten, dann drehte er sich um und legte Fjaila eine knochige Hand auf den Kopf: „Weißt du Kleines, vielleicht war er jung für eure Begriffe, aber er war krank. Sehr krank. Er hat nur gelitten. Vergiss niemals: Alles was ist, wird vergehen. Behalte ihn in deinen Erinnerungen, wie es sich gehört.“ Dann drehte er sich wieder um und suchte seine letzten Sachen zusammen, ehe er weiter zog und eine verwirrte, traurige doch zugleich auch erleichterte Fjaila zurückließ. Es waren viele Jahre vergangen seit Fjaila in jener rätselhaften Nacht den Fremden getroffen hatte. Sie dachte nicht häufig an den alten Mann, doch umso öfters an seine Worte. Ihr ganzes Leben lang hatte sie versucht, diese Worte zu verstehen und sich zu eigen zu machen, doch nie in all den hundert Jahren hatte sie wahrhaft ihre Bedeutung verstanden. Erst jetzt, hier am Feuer, kurz vor ihrem Tod, verstand sie endlich. „Bin ich auch ein Teil des Feuers, alter Mann?“ Sie hatte die Augen nicht von den Flammen abgewandt, doch konnte sie den Mann, der sich ächzend neben ihr niederließ hören. „Wenn du dich entschließt diesen Weg einzuschlagen, dann wirst auch du Teil des Feuers werden.“ „Du bist damals nur wegen Fjori gekommen, oder?“, der Ton war nicht anklagend, er war auch nicht überrascht, er war einfach wissend. „Er hatte Schmerzen und rief mich des Nachts in seiner Verzweiflung.“ „Wieso habe ich erst jetzt verstanden, was du meintest?“ „Weil du dich entschlossen hast, den Weg des Feuers zu gehen“ „Habe ich das?“ „Sage mir, weswegen es dich sonst an diesen Ort gezogen hat.“ „Ist es schwer den Tod zu bringen?“ „Nicht schwerer als die Worte des Feuers zu verstehen.“ „Das Feuer kann sprechen?“ „Natürlich, du musst nur zuhören. Jedes Knistern, jedes Knacken hat seine Bedeutung. Du kennst doch die Geschichte des großen Phönix, nicht wahr? Dort verbrennt das Feuer etwas Lebendiges, das dadurch stirbt. Doch im selben Augenblick wird etwas Neues geboren.“ „Also ist es nicht schlimm der Tod zu sein?“ „Nein. Sei dir bewusst: Der Tod ist nur das Feuer und das Wesen, das wir mit uns nehmen ist der Phönix.“ „Dann tun wir etwas Gutes? „Wenn es etwas Schlechtes wäre, meinst du ich würde dann dieser Aufgabe noch nachgehen?“ „Werden sie mich vergessen?“ „Nein.“ „Ich verstehe.“ Dann erlosch das flackernde Feuer und zurück blieb die Asche. Das Feuer bringt nicht nur den Tod, es bringt auch immer neues Leben. Und Hoffnung. ENDE (c) Nanxmik Für alle die die sich durch das gequält haben, eine Geschichte ohne Sinn oder einen Plot...meinen Respeckt... LG Nan Kapitel 3: Blättertanz ---------------------- Erinnerst du dich noch an den letzten Herbst, wo du lachend mit den roten, braunen und gelben Blättern um die Wette gerannt bist? Jedes mal, wenn nun Herbst ist, sehe ich in den Blättern dein Gesicht, das strahlend mit den Blättern zu Boden fliegt, dabei noch lustige Kapriolen dreht, ehe es zum Boden fällt und in Vergessenheit gerät. Ja, die Blätter und der Herbst haben zu dir gepaßt. Du bist gekommen, wann es dir gepaßt hat, und bist gegangen, wenn du Lust hattest. Wie die Blätter. Auch sie folgen allein ihrem Ruf. Doch auch ihr lustiger Blättertanz hat immer ein Ende, so wie auch du dein Ende hattest Das Leben, welches dich selbst im Tod nicht mochte, hat dir noch nicht einmal deinen letzten Wunsch erfüllt. Du mochtest noch nie gerne Autos, du fandest sie immer so unpersönlich. Wann immer du konntest, gingest du zu Fuß oder fuhrst mit Bus und Bahn. Doch an deinem Todestag, der sich jetzt fast zum 5. Mal Jährt, fuhrest du weder mit Bus und Bahn, noch mit dem Auto. Du ranntest, wie so oft durch den Herbstlichen Wald, sprangest mit den bunten Blättern um die Wette und versuchtest mit ihnen den so unvollkommenen, aber trotzdem wunderschönen Blättertanz zu tanzen. Außer deinem Jugendlichen Lachen, und unseren raschelnden Schritten war nichts zu hören. Doch plötzlich wurde die Stille durch leise Motoren-Geräusche durchbrochen und in weiter Ferne erklangen Sirenen-Geräusche. Doch du hörtest nicht, warst, wie so oft in deiner Eigenen Welt, wo der Blättertanz ewig währt. Als der Lärm näher kam, wollte ich dir zurufen, dass dort Autos kommen würden, doch du hast mich nur Angeguckt und gelächelt, ehe du weiter durch den Wald ranntest. Ich blieb zurück, beschäftigt von deinem Blick, der trotz deines Alters, eine Weisheit und ein Wissen beherbergt hatte, das mich stoppen lies. Als ein gelbes Blatt, welches wie Gold schimmerte sich von dem Knorrigen Ast der Eiche vor mir sich löste und meine Augen wie gebannt auf dem Flug des Blattes achteten, registrierte ich all die Bewegungen, die Saltos, das schwerelose Schweben und wurde mir der Faszination des Augenblicks bewusst. Doch als das Blatt den Boden berührte, und ein dumpfer Knall ertönte, wurde mir klar, dass kein Augenblick ewig währt. Ich wusste, welcher Anblick mich gleich erwarten würde, ich hatte ihn schon in deinen Augen gesehen. Als ich den gewundenen Weg ein Stück rannte, erblickte ich dich, am Boden liegend, das Gesicht nach unten und über deinem Körper tanzten die Blätter einen Tanz, so wunderbar, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Neben dir lag ein umgekipptes Motarrad, sein Fahrer ein Stück weiter weg, ich ging zu deinem Körper, drehte dich vorsichtig um, hörte deinen röchelnden Atem, sah das Blut, welches aus deinem linken Mundwinkel ran. Du sahst mir aus leuchtenden Augen entgegen und sprachst mit brüchiger, angestrengter Stimme, die ich noch nie so glücklich gehört hatte: „Die Blätter. Sie Tanzen.“ Dann schloss du deine Augen. Du sahst glücklich aus, und doch stahl sich ein lächeln auf deine Lippen als ich erwiederte: „Heute tanzen sie nur für dich. Ein Tanz, um dich sicher zu ihnen zu bringen.“ Ein letztes Mal lächeltest du, öffnetest noch einmal deine Augen, doch sahen sie an mir vorbei und das letzte was du sahst, waren die wirbelnden Blätter, die ihren Todestanz tanzten. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass Augenblicke wohl ewig dauern können: Jeder Herbst wird dein Augenblick sein. Kapitel 4: Der Raum ------------------- Der Raum Das erste, was sie wahrnahm, als sie die Augen öffnete, war, dass ticken einer Uhr. Immer dasselbe Geräusch, verzweifelt wollte sie sich die Ohren zuhalten, hasste sie das regelmäßige Ticken der Uhr doch ebenso wie die vollkommene Stille. Doch noch während sie verzweifelt versuchte ihren Arm zu heben, der ihr plötzlich so schwer vorkam, meinte sie sich an etwas zu erinnern. Sie blieb still liegen, versuchte noch nicht einmal einen Muskel zu rühren, starrte nur an die fleckige Wand über ihr und versuchte sich verzweifelt an den Strohhalm zu klammern, den ihr ihr Gehirn gegeben hatte. Doch da war nichts. Nur schwarz. ‚Wie ein schwarzes Loch‘ kam es ihr in den Sinn. ‚Aber… wieso weiß ich, was ich bin? Wieso weiß ich, was das Universum ist? Wieso weiß ich all die Dinge, nur nicht, was passiert ist? Oder wer ich bin?‘ Resignierend schloss sie die Augen. Sie hatte alle Fragen und Gedanken verbannt. Sie wollte nur noch liegen. Nein… das meinte sie zu wollen, doch tief ihn ihr wusste sie, dass sie etwas anderes wollte: sie wollte sich wieder bewegen. Kurz blitzte vor ihren Augen das Bild einer Läuferin in einem großen Stadium auf. Auf den Bänken waren viele Leute, anscheinend alle unterschiedlicher Herkunft, doch eines hatten sie alle gemeinsam: Sie mussten diesen Sport lieben, den die Frau die auf der Schotterbahn betrieb. War sie das? Diese athletische Frau mit der kupferfarbenden Hautfarbe, den ausgeprägten Beinmuskeln, den kurzen schwarzen Haaren? Sie wusste es nicht. Vielleicht wollte sie es nicht wissen. Für sie zählte nur das Hier und Jetzt. Doch anscheinend wollte die Gegenwart sie auch nicht haben, denn nichts veränderte sich. Der Rhythmus ihres Atmens, das beständige Ticken der Uhr… für sie schien es, als bliebe die Zeit stehen. Oder gab es überhaupt Zeit? Was ist dieses Rätselhafte, das man meint messen zu können? Konnte man Zeit messen? Eigentlich doch nicht. Sie wusste nicht, ob jemand etwas in der Richtung schon mal gedacht hatte, aber sie dachte so. In diesem Raum mit der fleckigen, ehemals weißen Wand. Wenn man etwas nicht sehen konnte, existierte es dann? Was ist mit den kleinen Kindern, die behaupten sie würden einen unsichtbaren Freund haben? Dort behaupten die Eltern, es gäbe ihn nicht. Sie haben Angst um den Verstand ihrer Kinder. Aber müssten sie nicht selbst Angst um ihren eigenen haben? Wer hatte die Zeit gesehen? Sie nicht. Sie glaubte auch nicht, dass jemand sie jemals gesehen hatte. Aber wozu gab es sie dann? Wieso hielt man sich an diese einzwängenden Regeln? Gab es früher, als die Menschen noch nicht zivilisiert, waren auch schon Zeit? Dachte man dort auch schon in Stunden, Minuten oder Sekunden? Oder was war mit den Tieren? Lebten die auch mit diesen Regeln? Oder unterschieden sie nur nach Hell-Dunkel? Sie versuchte all diese verwirrenden Fragen zu vergessen, doch sie wollten nicht gehen. Sie blieben in ihrem Kopf, schwirrten dort herum und wollten beantwortet werden. Zu dem Ticken der Uhr und ihrem Ein und Ausatmen kam nun auch noch ein leichtes Pochen in ihrem Kopf. Aus Gewohnheit fasste sie sich an die Stirn, erinnerte sich aber, dass sie ihren Arm nicht heben konnte, und war umso überraschter, als sich ihre Hand an ihrem Kopf wiederfand. ‚Nanu? Ist dass das Geheimnis? Man muss etwas nicht wollen, um es zu kriegen? ‘ Sie war verwirrt. Das Denken strengte sie an und verstärkte das unangenehme Pochen in ihrem Kopf. Seufzend versuchte sie ihren Oberkörper aufzurichten, doch es war als ob etwas sie behinderte. Eine mentale Sperre vielleicht? Sie wusste es nicht, sie wollte den Grund nicht wissen, sie wollte einfach nur sitzen. Oder stehen, wenn ihre Beine sie nur tragen würden. Aber sie konnte sich ja noch nicht einmal aufrichten. Wie sollte sie denn dann stehen? Sie versuchte zu sprechen, um die Zeit am stillstehen zu hindern, doch es war, als ob ihre Stimme nur in ihrem Kopf existieren würde. Zu den vielen Fragen kam nun noch eine weitere: die Frage, wo sie war. Eine Frage, die man viel früher erwartet hatte. Aber es waren wichtigere Fragen da gewesen, auf die man keine Antwort bekommen hatte. Aber auch auf das ‚Wo bin ich‘ kam keine Antwort. Müde schloss sie die Augen und schlief trotz des hellen Lichts schnell ein. Am nächsten Tag wachte sie wieder mit dem Ticken der Uhr auf. Aber war wirklich schon der nächste Tag? Das Licht war gleich geblieben, das Ticken der Uhr auch, selbst ihr Atem hatte seinen Takt nicht verändert. Was sagte ihr also, dass es der nächste Tag war? War es ihr Instinkt oder die Gewohnheit, dass nach dem Schlafen ein neuer Tag anbricht? Wer sagt denn, dass sie nicht am Tag geschlafen hatte? Oder dass sie am Nachmittag einschlief und am späten Abend aufstand? Was wies darauf hin? Die Uhr, die sie nicht sehen konnte? Die Zeit, von der sie nicht sicher war, ob sie überhaupt existierte? Schon komisch, auf was für Gedanken man kam, wenn man so herumlag und nichts anderes hörte als das Ticken einer Uhr und das Atmen. Natürlich gab es Zeit, schließlich hatten es all die großen Wissenschaftler und Physiker herausgefunden. Aber war das so sicher? Sie erinnerte sich an ein Buch, dass sie vor langer Zeit gelesen hatte. Sie erinnerte sich zwar weder an Titel noch an den Autor , aber der Inhalt breitete sich wie Teppich vor ihr aus. Sie wusste nicht alles, aber noch die Grundzüge. Es ging um einen Meteor. Und um Politik. Und wo Politik im Spiel ist, geht es um Geld. Das wusste sie. Das hatte man ihr als kleines Kind schon eingebläut. Sie dachte an den vermeintlichen Meteor, der sich am Ende als Betrug herausgestellt hatte. So musste es auch mit der Zeit sein. Nur ein Betrug, eine Illusion. Ein Scherz von Einstein, Newton, Galileo und wie sie alle heißen. Ein Betrug an der Menschheit, vielleicht sogar der größte überhaupt. Woher soll man wissen, dass der Tag 24 Stunden hat? Er könnte auch nur 2 Stunden haben. Tag und Nacht. Weshalb aber sollten diese berühmten Physiker lügen? Welches Motiv hätten sie? Geld? Nein…( )so sind Physiker nicht. Oder doch? Diese Welt wird doch vom Stärksten regiert. Anscheinend musste sie gebildet sein, denn schon wieder sah sie einen Spruch, der unmöglich von ihr kommen konnte: Der Starke ist am mächtigsten allein . Die Erkenntnis, dass sie gebildet war, half ihr aber nicht weiter, aber trotzdem freute sie sich, wieder etwas über sich erfahren zu haben. Sie wusste nicht, wie lange sie dalag. Sie störte es nicht. Sie versuchte zwar ab und zu sich zu bewegen, aber nur die Arme konnte sie mit äußerster Anstrengung bewegen. Aber sie hatte sich damit abgefunden. Auch die Gedanken hinter ihrer Stirn störten sie nicht mehr, sie lebte mit ihnen, sie gab ihnen durch ihre Überlegungen neues Futter, das stetige Pochen in ihrem Kopf gehörte mit zu diesem Leben, genauso wie das Ticken. Sie konnte es sich nicht mehr vorstellen, ohne das zu leben. Aber lebte sie denn noch? Vielleicht war sie auch nur noch ein Geist, der darauf wartet,dass seine Schuld, die er im Leben hatte, abzusitzen und dann in den Himmel zu kommen. Wenn es den Himmel den gibt. Aber logischerweise musste es den Himmel doch geben, wenn sie nun ein Geist war. Der Himmel, so sinnierte sie, ist das gleiche wie die Zeit. Alle glauben daran, doch hat ihn keiner gesehen. Genauso wie die Hölle, den Teufel oder Gott. Schon komisch, wenn man alleine ist und Zeit hat nachzudenken… dann wird man meist sofort philosophisch… weshalb? Sie schloss die Augen. Mal wieder. Sie hatte keine Kontrolle mehr, ob sie ausreichend schlief, sie vertraute ihrem Körper. ‚Meinem Körper….?‘ Ob sie ihm denn auch wirklich vertrauen konnte? Schließlich bestand sie eigentlich nur aus Wasser, Proteine, Fetten und Mineralien. Um genau zu sein, aus 60 -70% Wasser, 20% Proteine 15% Fetten und 5% Mineralien und ein paar organischen Stoffen. Sie lächelte leicht. Entweder war sie Biologin oder hatte eine sehr gute Allgemeinbildung. Müde schloss sie die Augen und gab ihrem Körper dass, was er brauchte. Sie hatte aufgegeben(,) sich Gedanken zu machen, was passieren würde, wenn sie nicht mehr aufwachen würde weil sie nicht wusste, weshalb es sich aufzustehen lohnte. Weil kein Wecker da war, der sie wecken würde, wenn sie ihre sieben Stunden im Traumreich gehabt hatte und in die Wirklichkeit zurückfinden konnte. Aber hier? In diesem Raum, der anfangs ihr Gefängnis ohne Gitter war und nun langsam anfing, ihr Zuhause zu werden? Was würde ihren Körper dazu bringen, wieder wach zu werden? Der sieben-Stunden-Schlaf-Rhythmus? Ihr Wille, wieder aufzuwachen und sich neue Gedanken zu machen? Neue Überlegungen anzustellen? All das in Frage zu stellen, was sie früher für selbstverständlich gehalten hatte? Ja….,das gefiel ihr… sie würde ihre eigene Welt in Frage stellen. Sollte sie sich jemals wieder bewegen können, dann würde sie aus dem Raum rausgehen, und den Raum infrage stellen. Sie würde sich fragen, ob er nur eine Einbildung war. Ein Gespinst ihres Gehirns. Sie würde sich fragen, was den Menschen vom Tier unterscheidet. Tiere hatten auch Gehirne. Warum werden sie nicht Menschen genannt? Weil sie nicht sprechen können? Weil man nicht weiß, ob auch sie die Tage in Tagen, Stunden, Minuten und Sekunden messen? Weil man nicht weiß,ob sie denken können? Sie würde eine Theorie zur Existenzerscheinung schreiben, sie würde behaupten, es gäbe keine Zeit, weil so viele behaupten, alle, die Dinge sehen, die sie nicht sehen, wären verrückt. Als logische Schlussfolgerung müssten alle Menschen verrückt sein. Sie wusste, dass sie nun ein Ziel hatte. Sie wusste nun, wofür sie aufwachen würde. Sie wusste, dass sie aus diesem Raum raus wollte. Sie wollte Philosophin werden. Sie wollte, wie sie einst in dem Buch „Sophies Welt“ gelesen hatte , an den Haaren des Kaninchens nach oben klettern, und sehen, was für einen Zaubertrick der Zauberer ausführte. Und sie wollte wissen, wer sie war. (c) Nanxmik Okay, also erwähntes Buch ist von Dan Brown und heißt Meteor^^ Dan hab ich noch ein Zitat von Schiller verwendet; Wilhelm Tell 1,3 Und die letzten Sätze beziehen sich auf diesen Textauschnitt von "Sofies Welt" von Jostein Gaarder: Das ist so, als sähen wir bei einem Zaubertrick zu. Wir können nicht begreifen, dass das, was wir sehen, möglich ist. Und dann fragen wir danach: „Wie konnte der Zauberer zwei weiße Seidenschals in ein weißes Kaninchen verwandeln?“. Im Grunde sind wir das weiße Kaninchen, das aus dem Zylinder gezogen wird. Der Unterschied zwischen uns und dem weißen Kaninchen ist nur, dass dass Kaninchen nicht weiß, das es bei einem Zaubertrick mitwirkt. Mit uns ist es anders. Wir glauben an etwas Rätselhaftem beteiligt zu sein und würden gern wissen, wie alles zusammenhängt. PS: Was das weiße Kaninchen betrifft, so ist es vielleicht besser, es mit dem gesamten Universum zu vergleichen. Wir, die wir hier wohnen, sind das wimmelnde Gewürm tief unten im Kaninchenfell. Aber die Philosophen probieren an den dünnen Haaren nach oben zu klettern, um dem großen Zauberkünstler voll in die Augen blicken zu können. Kapitel 5: Nur ein Roman ------------------------ Nur ein Roman Es war noch nicht lange her, da saß sie mit einem Buch auf dem Boden. Für Jennys Mutter war dieser Anblick kein ungewöhnlicher. Fast täglich zog sich der Teenager in eine stille Ecke zurück, ganz alleine saß sie dort und träumte sich mit Hilfe ihrer Bücher in fremde Galaxien, erlebte eine Herzoperation mit, begleitete Männer und Frauen zu Hinrichtungen oder kämpfte bei langen Kriegen mit. Doch heute war Jenny hier. Fast schon meinte sie, sie müsse ihr Leben lang blind und taub gewesen sein. Oder einfach gedankenlos, wie man es nimmt. Langsam stand die 15 Jährige auf, ignoriert das schmerzhafte stechen im rechten Knie und schloss kurz die Augen. In Gedanken ging sie das eben gelesene durch, immer wieder hoffend dass ihr Verstand irgendwo einen Fehler entdeckte der das ganze als unglaubwürdig hinstellen konnte. Doch sie fand nichts. Sie fand wirklich nichts. Seufzend öffnete sie wieder die Augen, blickte sich in ihrem kleinen Zimmer um. Nach einem kurzen Zögern ging sie einen Schritt nach vorne und legte ihre Hand an die kühle Wand. Sie fühlte sich so massiv an. So beschützend. Konnte es sein? Müde fand auch der Kopf seinen Platz an der Wand, die Augen wanderten durch das kleine Dachzimmer dass Jenny seit ihrem vierten Lebensjahr bewohnte. Fremde würden es vielleicht klein, beengend oder vollgestellt nennen, doch für sie reichte es. Direkt neben der Tür wären ihre 2 schmalen, aber hohen Schränke in denen alle ihre Sachen Platz fanden. Sie lächelte leicht als sie all die schrammen sah. Jede einzelne hatte ihre eigene Geschichte. Ihre eigene, gemeinsame Geschichte mit Jenny zusammen. Sie erinnerte sich noch gut an dem Tag als sie voller Wut auf ihre Eltern die Schranktür- aus Protest weil die Zimmertür ausgehangen worden war-zuknallte und wie in einem schlechten Film die Angeln abbrachen und auf sie fielen. Heute lachte sie darüber, damals war sie heulend aus der Tür raus und die schmale Wendeltreppe ins Untergeschoss gerannt und sich erst mal von Mama und Papa trösten lassen. Sollten all diese Erinnerungen nicht die Ihren sein? Ihr Blick wanderte weiter zu dem Schreibtisch der direkt neben dem Tisch stand. Wie immer lagen dort Blätter, willkürlich hingeworfen. Manch eines war wichtig oder war es gewesen doch die meisten waren einfache Schmierblätter. Natürlich war im hinteren Drittel des Schreibtisches noch der Pc. Natürlich- wer kam heutzutage denn noch ohne Pc aus? Mittlerweile konnte der Wunderkasten doch fast alle Aufgaben des Menschen übernehmen. Und wer weiß, vielleicht würde ja auch eine Zeit kommen, wo die Menschen ihre Arbeit an Computer oder Roboter abgeben würden. Schlaff wanderte die Hand die bis eben an der blau gestrichenen Wand gelegen hatte in Richtung Augen. Jenny genoss einen Augenblick die schwärze mit den leuchtenden Punkten, dann machte sie die Augen wieder auf und stellte sich der Realität. Oder dem von dem sie immer dachte das es Realität war. Und noch während sie sich ihr Zimmer genau anschaute, die Dachschräge, die das Zimmer noch viel kleiner wirken lässt und für größere Menschen zur Fluchfalle wurde, die Regale hinter dem Schreibtisch wo sich im Laufe der Jahre allerlei Krimskrams angesammelt hatte. Ja, Jenny liebte ihr Zimmer. Im Grunde war es immer ihr Zimmer gewesen in das sie sich verschanzt hatte. Hier hatte sie so viele Kriege ausgefochten, hatte geweint, wieder Mut gefasst. Leicht stoß sie sich wieder von der Wand ab, und durchquerte mit drei Schritten das gesamte Zimmer und legte sich auf das Bett dass passend zur Wand mit einem dunkelblauen Spannbettlaken bezogen war. Auch die Bettdecke war in Blau und Grautönen gehalten worden. Noch während der Teenager die Wand anstarrte hörte sie ein leichtes trommeln und als sie den Kopf in Richtung Fenster drehte sah sie wie der Regen dort in Schlieren herablief. Im Hintergrund des Schrägfensters konnte man hinter den grauen Dunstwolken die ersten Baumspitzen des nahegelegenen Waldes erkennen. Ein Lächeln schlich sich auf Jennys Gesicht. Solange sie hier lebte war alles in Ordnun. Solange ihr Zimmer ihr Rückzugsgebiet war, konnte sie damit leben dass sie eventuell nur eine Romanfigur war. Sie konnte auch damit leben nicht die Hauptperson im Roman zu sein, wobei sie sich doch immer wieder wunderte, wie detailiert der Autor seine Figuren- im Klartext sie und ihre Mitmenschen- schrieb. Erstaunlich war auch, dass der Autor sich sogar die Mühe macht Bücher ins Buch zu schreiben. Solange Jenny all diese Sachen nicht verwehrt blieben, fand sie sich ab in einem Buch zu leben. Und je länger sie darüber nachdachte, desto mehr kam sie zum Schluss, dass ihr Charakter eventuell vorbestimmt war, dass irgendwer ihr ihre Worte und ihre Intelligenz schrieb und es Schicksal in dem Sinne gab, dass der Autor den Lebensweg seiner Figuren schrieben. So unwegsam, verschlungen und unlogisch diese Wege auch waren, sie folgten immer einem bestimmten Ziel das lange vor ihrem Anfang feststand. Ja, vielleicht war es gar nicht so übel die Welt mit einem Roman zu vergleichen. Vielleicht lebte sie auch wirklich in einem Roman. Vielleicht, vielleicht. Lächelnd drehte Jenny den Kopf wieder zurück und starrte auf die Decke. Erst durch das aufhören des monotonen Regentrommelns konnte sie sich aus ihren Gedanken lösen. Ein kurzer Blick zum Fenster reichte aus- sie sah die ersten Sonnenstrahlen die Welt zum funkeln bringen. Schnell schwang Jenny ihre Beine vom Bett und stand auf. Ein letzter Blick auf die 5 gefüllten Bücherregale hinterm Bett und die endlosen Stapel von Büchern auf dem Boden, dann drehte sie sich gekonnt auf dem Absatz um und beeilte sich nach draußen zu kommen, um lachend die Pfützen auf dem Asphalt hinter sich zu lassen, dann auf den Feldwegen einzubiegen und die frische Landluft einzusaugen. Das klappern der Tasten verstummte mit einem Mal, dann war das klicken einer Maus zu hören und das typische Schluckgeräusch eines Erwachsenen der Kaffee trank. Und während Judy Feist vor ihrem Pc saß und wartete das eben jener herunterfuhr, sah sie auf dem flackerndem Bildschirm ein junges Mädchen einen Waldweg entlanglaufen, vereinzelte im Sonnenlicht glitzernde Regentropfen von den gerade grünwerdenen Zweigen tropften. Das letzte was die Autorin sah war wehendes violettes Haar und in ihrem Kopf hallte von weit her ein glückliches lachen. „Eine Romanfigur zu sein ist wohl doch nicht so schlimm, was Jenny?“ Ende Kapitel 6: Andere sammeln Briefmarken ------------------------------------- Andere sammeln Briefmarken… Reden. Reden ist toll. Reden ist eigentlich immer der Anfang. Wenigstens bei den klugen, was bei dem Rest am Anfang steht sieht man an Bush und dem seit Jahren andauerndem Irakkrieg. Aber ich bin ja nicht Bush und der Rest, weshalb ich Rede. Genau hier, genau jetzt. Oder ich versuche es…mehr weniger. „Eva, was verstehst du an einem N-E-I-N nicht?“ „Mhm…lass mich überlegen…wie wär‘s mit der Begründung des Neins?“ Schade nur dass ich bei meiner Mama auf dem letzten Granitposten bin. Mal gucken ob es bei meinen geliebten, gottesgleichen Vater aussieht. Doof nur dass der wie immer wenn’s um solche Themen geht verschwunden ist. Aber wie könnte ich mich seine Tochter schimpfen, was ich natürlich tue, wenn ich nicht wüsste wo er ist. Keller ich liebe dich und deinen Inhalt. „Papa?“ „Was immer du willst Eva, frag deine Mutter!“ „Aber Papa! Wie kannst du denn keine eigene Meinung haben? Oder ist es so dass du dich nicht durchsetzen kannst?!“ Verzweifelt versuchte ich das verräterische Zucken in den Griff zu kriegen was meine Mundwinkel nach oben -und damit meine Chancen gen Keller- katapultieren wollte. Ein verstohlener Blick Richtung Rechts zum Weinregal. Sehr gut, eine angebrochene Flasche und das Glas war schon halbleer. Vielleicht… „Ach weißt du Kind“, Na super, wenn Papa anfängt mich „Kind“ zu nennen ist der Tag gelaufen. Mama wird ihn ignorieren, er wird ja sagen zudem was ich will und morgen sich nicht mehr dran erinnern. Mist. Dabei war die Flasche doch noch zu ¾ voll! Oder…vielleicht war es ja nur eine neue Taktik…zuzutrauen wäre es dem alten Dreckssack. äh, geliebten Vater natürlich. Mann bin ich froh dass der meine Gedanken nicht lesen kann „Es gibt immer zwei Arten von Streit. Einmal der, der sich lohnt und der andere der sich nicht lohnt. Für dich lohnt es sich zu streiten. Für diesen verflixten Köter den du haben willst lohnt es sich nicht. So einfach ist das.“ Na Super, das hat ja hervorragend geklappt. „Klasse Papa, genau das wollte ich hören. Echt jetzt!“ Morgen werden sich bestimmt die Nachbarn wieder beschweren weil ich die Tür geknallt habe…vielleicht sollte ich mir das mal abgewöhnen, würde mir eventuell Ärger ersparen… „Mama?“ Oha…der genervte Blick ist wieder da, Zeit sich schleunigst aus dem Staub zu machen, sonst riskiere ich den größten Streit seit einer Woche. „Was ist?“ „Nix nix…“ Shit, falsche Wortwahl…sie wird mich umbringen…also mal überlegen, wer kriegt was? Obwohl, eigentlich hat keiner was von den Vollidioten verdient, kein einziger von denen hat mich auch nur ansatzweise unterstützt. Okay, Papa hat mir teilweise das Geld für Gloria gegeben, aber dafür darf ich heute immer noch um Geld betteln wenn ich mal was brauche… Und Mama hat die Sache mit Marqoz geritzt, die mein Bruder angefangen hatte. Doppelter Mist, sieht wohl so aus als ob ich meiner >lieben< Familie doch etwas hinterlassen muss, in gewisser Weise haben sie meine Sammelleidenschaft schon unterstützt…mehr oder weniger… In meinem Testament werde ich drauf bestehen dass es ‚Und Zuletzt danke ich meiner Familie für ihre mehr oder weniger, wobei das weniger stark überwiegt und des Öfteren durch wiederstand ersetz werden muss, helfende Hilfe.‘ Okay, die Formulierung ist noch unausgereift, aber will ich denn schon sterben? Ne! Also wieso Gedanken machen? „Bist du Taub oder was? Zum dritten Mal: Was heckst du wieder aus?!“ Ach so, genau, daher bin ich aufs Testament gekommen. Ich sollte die Formulierung sehr, sehr bald mal ausreifen… „Mama, was unterstellst du mir denn immer für Sachen, he?“ Hach ja, wie schön dass die Gedanken frei sind… Memo an mein Sieb da oben: Auch YouTube unbedingt mal nach diesem komischen Lied da gucken, ist ja grausam dass ich das immer noch nicht kenne. „Ich kenne dich seit 14 ½ Jahren, habe dich fast nonstop 24 Stunden am Tag gesehen und du bist mein Tochter. Außerdem geht dir die Sache mit dem dritten Hund immer noch nicht aus dem Kopf.“ Scheiße, sie kennt mich echt gut. Überleg Eva, überleg. Was sagst du? „Wusst‘ gar nicht dass du so‘n Stalker bist“ Oho…das war da grad nicht mein Mund oder meine Stimme, stimmt’s? Verdammt…Memo 2 an das Sieb was immer Grobmaschiger zu werden scheint: Erst denken, dann denken, und danach Klappe halten. Sollte ich’s nach der Prozedur immer noch sagen wollen, darf mein Mund sich meiner Stimme bemächtigen. Sie wird mich endgültig umbringen…Tod ich komme freiwillig, ich werde mich liebend gerne ich deine vertrauten Arme legen, wenn du mich doch nur zu meinem Geliebten bringst äh ich meint natürlich mich vor meiner Mutter rettest. Verdammt, langsam glaube ich echt ich hab ausversehen mal wieder die falsche Flasche ausgetrunken…und das schnulzige Buch gestern hat mir auch nicht gut getan… Peinlich peinlich… Okay, wie rette ich die Situation? „Mami, ich bin dann eben mit Gloria draußen, ja?“ Hach ja, Gloria…der Traum aller Träume, die Verführung der Sinne auf vier Pfoten. Scheiße nur das mein Wunschköter den ich besitze stinkendfaul ist…wenigstens im Treppenhaus. Ich frag mich echt von wem sie das hat, also von ihrer Besitzerin bestimmt nicht, die ist wenigstens so klug und lässt sich wenn sie keine Lust hat tragen. „Mach das man, mein Kind…“ „Mama, hab ich dir irgendwas heut ins Wasser gemischt an dass ich mich nicht erinnern kann?“ Oh Gott, meine eigene Mutter nennt mich >mein Kind<, sagt >mach man< , was so ziemlich das schlimmste ist weil das meine herzallerliebste, größte und mich liebende Oma- Nein verdammt nicht ins sarkastische abgleiten- das immer sagt und lächelt mich so lieb an…Die plant bestimmt meinen Giftmord oder ich hab ihr wirklich was ins Wasser gemischt…mal überlegen was ich heute so alles gemacht hab außer sie wegen dem dritten Hund zu nerven… Irgendwie so nichts… Somehow ne ganz schlechte Basis für ihr Verhalten… Antwort wieder nicht mitbekommen…Gedanke an Gedanken: Nicht so lange denken wenn ich auf ne Antwort warte. „Okay Gloria, wo gehen wir her? Die Große Runde, oder? Dann haben die da drinnen sich hoffentlich wieder beruhigt…tut mir echt Leid Schatzi dass du jetzt nicht doch noch jemanden zum Spielen kriegst, nachdem Marqoz sich als außerordentlich unkameradschaftlich dir gegenüber aufgeführt hat. Mama und Papa tun mir fast schon Leid…‘nen nervigen Sohn und ne teure Tochter haben die beiden… Wieso muss ich euch Wuschelhunde auch so gerne haben? Naja, andere sammeln Briefmarken, ich sammel Hunde…“ Ende Kapitel 7: Alles fängt mit Fußball an ------------------------------------- Alles fängt mit Fußball an Während die Nationalhymne ertönte und die Fans vereinigt mit den Spielern mitsangen, bereitete sich bei den meisten ein warmes Glücks- aber auch Zugehörigkeitsgefühl aus. Nur ein kleiner Junge war die Ausnahme. Trotzig saß der kleine im gepolsterten Sessel, die Augen starr in den dämmernden Himmel gerichtet. Die Nationalhymne rauschte eben so wie die der gegnerischen Mannschaft an ihm vorbei. In Gedanken war er ganz wo anders. Am liebsten wäre er einfach aufgestanden und gegangen, aber das ging ja nicht. Nicht etwa weil er dort gefangen gehalten wurde, nein, aber sein Daddy wäre sonst mit Sicherheit enttäuscht von ihm, schließlich war das ja ein wichtiges Spiel für ihn. Aber zugucken musste er ja nicht. Also träumte er lieber weiter. Wie schön es dort oben sein musste. Unwillkürlich schlich sich ein kleines Lächeln auf das kleine, rundliche Gesicht. Sein Sitznachbar, ein älterer Mann, bemerkte das Gesicht des kleinen Jungen, der entrückt in seine eigene Welt schaute. Es kam ihn vor, als ob sie beiden, der Junge und er selbst, in einer schützenden Glocke saßen. Um sie herum tobte ein Orkan der Gefühle, des Aufbrausens, des Glücks und der Trauer. Aber sie beide, sie waren gewissermaßen im Auge des Sturms, wo eine unheimliche Ruhe herrschte. Lächeln beugte sich Ulf Meyer nach vorne, er hatte eine kleine Ahnung wovon der Junge träumte. Vorsichtig tippte er den Jungen an und verkniff sich ein Lachen als der Junge erschrocken zusammen zuckte. „Hallo ich…“, wollte der Blonde Mann beginnen, wurde jedoch fast Augenblicklich unterbrochen. „Kann…könnte es sein…das du ähm Sie der sind für den ich sie halte?“ „Nun, dass kommt ganz drauf an, für wen du mich denn hältst. Und dich werde dir verraten wer ich bin, wenn du mir verrätst, wer du bist.“ „Thomas…aber du kannst mich Tommy nennen! So nenne mich nämlich alle meine Freunde!“ kam es sofort wie aus der Pistole geschossen. „Na, Tommy, dann fühle ich mich geehrt, dass du mich zu deinen Freunden zählst“ entgegnete Ulf dem kleinen, ein Schmunzeln konnte er sich nicht mehr verkneifen. „Uhm..könnte es denn evtl. sein dass du ähm ich meine natürlich Sie, ähm Ulf Meyer sind? Ich meine denjenigen, der als allererster Deutscher mit der NASA geflogen ist?“, stotterte Tommy der vor plötzlicher Nervosität anfing sich zu verhaspeln. „Anscheinend weißt du ziemlich gut über den Weltraum bescheid, kleiner Mann.“ Sich im Geiste beglückwünschigend klopfte der ehemalige Astronaut dem Jungen auf die Schultern. Komm uns doch mal im DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) besuchen. Ab und zu gibt es dort Führungen- ich bin mir sicher, dort würdest du dich wohler fühlen als hier im Fußballstadium.“ „Auja! Mit Sicherheit komme ich! Das heißt, “er unterbrach sich kurz und schaute nach unten, wo die Männer verbissen um den Ball – und um den Titel kämpften, „Wenn Papa es erlaubt.“ Dann schwiegen die beiden, Tommy weil er so viele Fragen hatte, sich aber nicht traute sie zu stellen und Ulf, weil er alles gesagt hatte was er sagen wollte. Lächelnd blickte viele Jahre später ein erwachsener Mann auf ein vergilbtes Foto und erinnerte sich an den Tag, wo er einen grundlegenden Baustein zu seiner späteren Karriere sozusagen in den Schoß gelegt bekommen hatte. Dann drehte er das Bild um und las sich nochmal durch was dort mit verblasster schwarzer Tinte und einer krakeligen Jungenhandschrift geschrieben worden war: 2008. Papas Gewinn der Europameisterschaft. Immer noch wehmütig lächelnd verschwand das Papier wieder in einer Tasche, doch als der Blick des jungen Mannes zum Fenster huschte, erstrahlte das Lächeln wieder und die Augen fingen an zu leuchten- genau wie damals. Leise zu sich selbst sagend meinte er: „Tja, jetzt hab ich mein Versprechen gehalten und alle bedenklichen Grenzen überwunden! Bis auf eine….“ Er verstummte leicht, drehte sich mit einem letzten Blick auf die winzige Erde um und schwebte, zu seinem Raumanzug. Vorsichtig und umständlich presste er sich in das unbequeme Ungetüm und begab sich dann zusammen mit einem seiner Kollegen in Richtung Luftschleuse. Nur noch wenige Schritte und dann würde sich sein großer Traum erfüllen. Und er wäre einer der ersten, die wirklich alle Grenzen überschreiten. „Sam? Meinst du, es wäre Okay für dich, wenn ich zuerst gehe?“, ertönte die blecherne Stimme von Tommy durch das Mikrofon und erreichte so Sam. „Na geh schon Thomas…ehe ich‘s mir noch anders überlege und selber den Ruhm ernten will!“ antwortete eine gepresst klingende Stimme. Dann öffnete sich mit einem Zischen die erste Schleuse und Thomas trat lächelnd und erwartungsvoll hinein und vergaß sogar nicht, dass verdunkelte Visier über den Helm zu klappen. Hinter ihm schloss sich die Eisenluke und nachdem diese verriegelt worden war, öffnete sich vor ihm eine weitere Lucke. Erwartungsvoll trat der jetzt 30-jährige hindurch und befand sich mitten im Weltall. Um ihn herum war nur schwärze, abgesehen von dem rötlichen Leuchten unter sich, wo sich der Mars befand und den Sternen, die er noch nie so hell leuchten gesehen hatte. Dann benutze er seine Steuerdrüsen und machte sich auf den kurzen Weg zur Oberfläche des Mars um ihn endlich betreten zu können. Als allererster. Und er würde allen zeigen, dass man alle bekannten Grenzen überschreiten konnte. Oder sie wenigstens berühren konnte. Er lächelte. Selbst wenn er jetzt starb, er hatte sein Versprechen gehalten. Ende Kapitel 8: Die Wächterin ------------------------ Die Wächerin Es war ein Bild wie aus einem Horrorfilm. Hell erstrahlte die Welt in dem Glanz, dem man nur zu sehen bekam wenn irgendwo etwas grausames passierte oder passieren würde. Leise wiegten sich die Blätter im Wind der sanft die reifen Weizenhalme bewegte. Irgendwo im angrenzenden Wald verströmte das Geplätscher eines Baches das Gefühl, als könnte die Welt nichts aus ihrem Gleichgewicht bringen. Wahrscheinlich wäre dass auch der Fall gewesen, wenn da nicht die abgestanden schmeckende Luft gewesen wäre. Zumindest schmeckte sie so für Joe. Obgleich noch etliche Soldaten mit stolzgeschwellter Brust und den Gewehren im Anschlag vor ihm standen, fühlte er wie sich die Angst in seine Knochen schlich. Wie kalter Nebel schlängelte sie sich seine Beine empor, lies sich zu einem Klumpen aus Eis werden ehe die Angst sein Herz erreichte. Momente lang dachte er, er würde Sterben…Die Luft wollte seine schützenden Lungen nicht verlassen, beinahe so als hätte selbst die Luft Angst vor dem was kommen würde. Doch auch die Luft verlies schließlich die Lungen. Genau wie der Mut Joe. Mit dem gelernten Pokerface sah er weiter gerade aus. Immer gerade aus. Anstatt Einzelheiten zu sehen, verschwamm alles zu einer grauen Masse. So wie er es gelernt hatte. „Was du nicht siehst kann dich auch nicht in deinen Träumen verfolgen!“, erklang irgendwo im Hinterkopf. Ein Ellbogen bohrte sich schmerzhaft in seine linken Rippen. Wie er es im Film schon so oft gesehen hatte, schloss er die Augen, in der festen Hoffnung wenn er sie Öffnet würde ihm der schreckliche Anblick erspart werden. Doch als die Lider sich öffneten, blickte er wieder einmal in das Gesicht eines zu jungen Mannes. Noch immer Bartlos, blickte ihn der Jüngling mit weit aufgerissenen Augen an. Die Angst schien ihm aus allem Poren zu kommen, tropfte zusammen mit dem Schweiß gen Boden. Graue Augen durchbohrten den Jüngling. Kein Tropfen Mitgefühl war mehr in Joe. Kein Mitleid, keine Wut, keine Enttäuschung. Nur noch Schicksalsergebenheit. Leicht beugte sich der Soldat zu seinem Mitstreiter hinunter. „Lauf! Lauf und lerne in den Geschichtsbüchern die Vergangenheit. Lerne die Vergangenheit, um die Zukunft zu formen.“, erstaunt hielt Joe inne. Dann lächelte er. Für einen Moment sah er sich, wie er einst selbst vor Angst zitternd neben einen erfahrenen Soldaten stand. Damals, als der ganze Krieg seinen Anfang nahm. Er erinnerte sich noch zu gut an den Blick von seinem Mentor. Er musste genauso geblickt haben wie er heute. Leer. Die Geschichte wiederholte sich. Vor 2 Wochen war er der Jüngling gewesen der heute vor ihm stand. Die gleichen Worte hatte ihm damals der ältere mitgegeben. Die gleichen Worte, die er damals nicht verstanden hatte. Heute tat er es, doch für ihn war es zu spät. Die Erde lechzte nach seinem Blut. Die Seelen der von ihm getöteten warteten schon auf ihn. Mit einer Müden Handbewegung legte Joe dem Jungen eine Hand auf die Uniformierte Schulter. „Geh, solange du kannst und rette das, was noch zu retten ist! Sollen die anderen dich einen Feigling schimpfen, für mich wirst du der einzig Mutige sein. Wahrscheinlich auch der einzige Sieger dieses sinnlosen Krieges- soweit es jemals einen Gewinner gibt.“ Endlich waren die Worte raus. Stirnrunzelnd sah Joe wie irgendein Offizier in ein Feldtelefon schrie. Die Worte verstand er nicht, aber die Gesten. Dreimal hatte er sie nun schon erlebt. Dreimal war er zu etwas geworden, was er sich früher immer sein gewünscht hatte. Dreimal wurde er zu seinem schlimmsten Albtraum. Er hörte das Stampfen der Beschlagenen Schuhe. Er spürte das Beben der Erde. Er sah, wie der Jüngling angsterfüllt den Stahlhem von sich warf. Von einem altem Kampfgeist erfüllt, schulterte er sein Gewehr. Es gab nun jemand. Jemand der Hoffnung sähen würde. Joe lächelte. Es wurde Zeit, dass die Erde mit dem gespeist werden würde, nachdem sie verlangte. Etliche Seelen sollten in Frieden ruhen. Er musste es nur noch schaffen dass der Junge überlebte. Der Kampf musste nur lange genug andauern. Die Angst die seine Beine gefangen hielt verflog. Sein Herz setzte kurz aus, ehe es dann so regelmäßig und kräftig wie lange nicht mehr schlug. Die stahlgrauen Augen blickten entschlossen auf den Rücken seines Vordermannes. Im Gleichschritt ging es dann in Richtung Gegner. Das grüne Gras wurde rücksichtslos zertrampelt. Hoch über ihnen zwitscherten die verbliebenen Vögel. Joe blickte kurz zurück zu dem Wald. Vor 50 Jahren hätte er jetzt nicht mehr gestanden. Er erinnerte sich schaudernd an die Bilder der Panzer in Büchern. Fast schon war er froh, dass kurz vor seiner Geburt das letzte bisschen Erdöl verbraucht wurde- und damit die Ära des Maschinellen Krieges vorbei war. Je näher er dem Feind kam, desto lichter wurden die eigenen Reihen. Bald schon waren die schwarzen Stiefel dunkel glänzend vom Rot der gefallenen. Doch Joe ging unbeirrt weiter. Das Gewehr im Anschlag, den Finger am Abzug. Dann drückte er ab. Zu den vielen Salven kam nun auch die seiner MG42. Wieder sah er Körper zu Boden gehen. Doch diesmal waren es Feinde. Er schnaubte. Jetzt da er wieder kämpfte, scherte er sich nicht mehr um Geschichte. Feind war kein Mensch. Feind war Böse. Aber auch er war ein Feind. Auch er war Böse. Und während er fiel, niedergestreckt von einigen Kugeln, realisierte er erst das ganze und große Übel. Sein Blick fiel auf eine Rote Mohnblüte. Verloren und verlassen stand sie dort zwischen zwei Körpern. Stolz stand die Blume dort um über den ewigen Schlaf der Toten zu wachen. Ein letztes Mal lächelte Joe, dann begab auch er sich in die wachende Obhut des rotbluten Mohns. Seine letzten Gedanken, Wünsche und Gebete begleiteten den jungen Mann bis nach Hause, wo er sich schließlich mit einigen Geschichtsbüchern bewaffnet daran machte einen Krieg zu beenden. Ende Kapitel 9: Versteckt -------------------- Versteckt Frustrierend. Das war das einzige was ihm einfiel. Kein Geld, kein Haus, keine Frau, ja nichtmals eine Zigarette hatte er noch. Und so stand er jetzt ihm regen. Die kurzen Haare hingen ihm in die Augen, doch er hatte nicht die Lust sie zur Seite zu schieben. Wozu auch? In wenigen Minuten wären sie doch sowieso an ihrem angestammten Platz. Verdrossen stieß er sich von der Hauswand ab die bis eben als seine Stütze fungierte und machte sich auf den Weg. Die Straßen durch die er lief waren leer. Hier und da kreuzte eine Schnecke seinen Weg, ansonsten wäre der einzige der ihm folgte sein Schatten gewesen. Doch selbst der hatte sich verflüchtig. Treuloses Ding. Irgendwo war ein Fenster offen und er konnte die Titelmelodie von „Wer wird Millionär“ hören. Verdammt, wenn er schon keine Kippe hatte, so wollte er dann wenigstens jetzt einen Stein haben um das wunderschöne klirrende Geräusch zu hören wenn der Stein sich seinen Weg in den Raum suchte und die nervige Stimme des Moderators zum Schweigen zu bringen. War doch sowieso alles nur Betrug. Scheiß Fernsehen. Scheiß Sendezeit. Wütend trat er gegen eine Mülltonne. Leider löste sie sich nicht wie geplant aus der Verankerung sondern schien ihn nur mit einem hohlen Klang zu verhöhnen. Er humpelte weiter. In der ferne konnte er die Brücke ausfindig machen. Vielleicht war dort noch ein trockenes Plätzchen frei. Ein kurzes Umdrehen bestätigte das Gefühl beobachtet zu werden. Er konnte förmlich sehen was sie von ihm dachten. Er, der bei der 1 Millionen Frage versagte. Er konnte es sehen, in ihren Augen war Maurice Reavoir eine gescheiterte Existenz. Nicht nur durchs Fernsehen in aller Öffentlichkeit hatte er versagt, nein es kam ja noch schlimmer. Selbst im Job war er hoffnungslos. Welcher Arbeitgeber würde ihn denn noch einstellen, nachdem herausgekommen war dass er nicht zu Arbeit erschienen war um seinen Termin bei „Wer wird Millionär“ wahrzunehmen? Und dazu dann bei der alles entscheidenden Frage zu verlieren? Er lautloses Lachen entwich ihm. Mittlerweile saß er unter der Brücke, hatte die speckige Lederjacke ausgezogen und hoffte sie würde bald wieder trocknen. Ja, er war wirklich eine gescheiterte Existenz. Ein Versager durch und durch. Aber verdammt nochmal….für das Gefühl reich zu sein hatte es sich alles gelohnt. Seine Gedanken verweilten bei den Glorreichen Zeiten während der Regen weiter vom Himmel fiel. Maurice war wieder bei der 1 Millionsten Frage und grübelte über die Antwort. Darüber vergaß er sogar sein Verlangen nach einer Kippe. Die Welt drehte sich, Maurice wurde langsam wieder zu Paul. Der obdachlose Fast-millionär wieder zum einfachen Schüler. Sehnsüchtig starrte der schmächtige Junge auf den kleinen roten Punkt auf seinem Arm. Er wollte es haben, doch der nächste Schuss musste warten…seine Eltern durften davon nichts mitkriegen. Torkelnd erhob er sich. Sein sehnsüchtiger Blick streifte das fließende Wasser. Manchmal hoffte er, der Fluß würde all seinen Schmutz und Dreck abwaschen. Der Horizont verfärbte sich schon zu einem Schwarzblau als Paul die Richtung nach Hause einschlug. In mancher Hinsicht war er sogar noch armseliger als Maurice. Maurice war wer er war; die Fantasie von Paul. Doch Paul? Paul gab nur vor Maurice zu sein. Ein letzter Blick zurück, dann warf Paul die Letzte Schicht Maurice‘ ab, genau dort, wo er Morgen wieder starten würde, angelehnt an einer Wand. Kapitel 10: Drabble: Weggehen ----------------------------- Weggehen Grau war der Felsen, gemeinhin als Nase bekannt, den ich sehen konnte. Jetzt ist er Grün, doch ist es kein Moos das sein nacktes Antlitz verbirgt. Bunt war der Boden, bedeckt von einem Blumenteppich, doch sind die Farben zu einem Grauton gewaschen worden. Die Vögel, ehe sie fortflogen, niesteten in Bäumen, die immer eine grüne Stola trugen Mittlerweile tragen sie grau. Auch ich hatte mich verändert, bin schmaler und mein Bett scheint mir entwachsen zu sein. In meiner Heimat, die ich liebte, fühlte ich mich jetzt unwohl. So verließ auch ich, das letzte Überbleibsel des Baches, die tote Waldlichtung. Ende Kapitel 11: Steinhaufen ----------------------- Steinhaufen 1938 Endlich ist das kleine Haus still geworden. Die Ruhe legt sich wie ein Tuch über alle anwesenden. Und ganz still und heimlich wurde der erste Stein gelegt. Es war ein heller…vielleicht einer der hellsten die er auf dem großen Haufen zu sehen vermochte. In der nächsten Zeit kamen ein paar Steine dazu, an die sich keiner mehr zu erinnern vermochte. Doch später, irgendwann würde man sie irgendwo versteckt finden. 1944 Das qietschen einer Schaukel, vermischt mit dem unbeschwertem Kinderlachen inmitten von Trümmern. Das Mädchen stört sich nicht an dem Schutt und der Asche. Sie hat gelernt den Augenblick zu leben. Unzählige Luftangriffe der Aliierten hatten sie es gelehrt. Ein dunkler Stein der seine dunkle Farbe langsam verlor und sich erhellte. Es war der erste an den sich Liesel erinnern konnte. Ein dunkles Jahr, aber mit schönen Momenten und der Hoffnung es könnte nur besser werden. Damals war sie 6. 1955 * Seufzend macht Liesel sich auf den Weg zur Schule. Links von Ihr immer der graue Vorhang. Die wachen Augen sind von Jahren der Gleichmütigkeit abgestumpft, die Schritte scheinen nicht zu einem Teenager zu passen. Sie zupft unzufrieden an ihrem Rock ehe sie sich über die langen Blonden Haare fährt die wie immer zu zwei Zöpfen geflochten sind. Wie gerne würde sie es sehen wenn Strähne um Strähne zu Boden fiele. Ein Schatten fällt vor ihr auf den Boden. Kurz hat Liesel das verlangen den Schatten zu treten, zu schlagen, zu bespucken. Sie lässt es sein und geht an dem Wachsoldaten hoch auf der Mauer vorbei. Sie ist 17. Keiner sollte mit so jungen Jahren so vernünftig sein. Irgendwo wurde ein matter gelber Stein neben einem anderen gelegt. 1965 Ein Lächeln für die Kameras. Es ist ein echtes, genauso echt wie ihr Universitätsabschluss den sie in der linken Hand hält. Für einen Moment vergisst sie wo sie ist. Echte Freude als sie ihre Familie in den Arm schließt. Ihr kurzen Haare umfliegen ihren Kopf wie Flammen als sie sich plötzlich dreht um ihrem Freund in die Arme zu schließen. Unbeschwertes Lachen hallt in den eng nebeneinander stehenden Häusern wieder. Liesel ist 27, die Welt liegt ihr zu Füßen. Es war ein gutes Jahr. Ein blendend heller Stein. 1975 Tränen, Schreie und Blut. All dieses hat Liesel in schlechter Erinnerung. Heute merkt sie, dass sie auch Glück bringen. Alle Schmerzen sind vergessen als sie mit ihrem Sohn auf der Brust einschläft. Es war ein anstrengender Tag gewesen. Die Gedanken an den toten Vater des Jungen verdrängt Liesel. Sie will lieber weiter im Glück des Moments leben und es graut ihr vor dem Tag wenn sie ihrem Sohn erzählen wird dass sein Vater bei der Flucht vor dem sozialistischem Staat von eben jenem getötet worden war. Später trifft sie auf Stefan. Kurz darauf heiraten sie. Es war ein Marmorierter Stein, der Helligkeit und Dunkelheit im Gleichgewicht hielt. Sie ist mittlerweile 37. 1989 Liesel marschiert inmitten der anderen Bürgern mit. Ihr Sohn ist bei Nachbarn. Sie denkt an ihn und Jürgen, den Toten Vater, während sie mit den anderen 4 Wörter aus voller Kehle brüllt. Wir sind das Volk! Sie glaubt daran. Sie ist nie mit dem Leben in der DDR zufrieden gewesen, nachdem sie mit 15 Briefe aus dem „Westen“ gelesen hatte. Nur ein paar Monate später sieht sie die Pressekonferenz im Fernsehen. Ein lachen schleicht sich auf ihr Gesicht, das mittlerweile einige Falten ziert. Überglücklich drückt sie ihren Sohn an sich. Sie ist stolz ihrem Sohn eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Sie ist froh, endlich das Paradies zu sehen. Sie ist 51. Ihr Sohn Michael 14. Der Stein ist ein Hellgrauer. Man könnte Meinen, er sei aus der Mauer herausgebrochen worden, die nun breit ist abgerissen zu werden. 1994 Sie schießt lachend ein Foto von ihrem Abschluss-Schüler. Ihre Hand sucht die des Mannes neben ihr. Sie stehen einfach nur da, und sehen der Jugend beim Feiern zu. Liesel denkt kurz an ihren eigenen Abschluss zurück. Es war ein schöner Tag. Die Sonne schien von einem Wolkenlosem Himmel. Auch heute scheint die Sonne. 5 Monate später ist Stefan tot. Die Ärzte sagen Herzinfarkt, Liesel will ihnen nicht glauben. Sie hat Angst. Die Wohnung kommt ihr so groß vor, nachdem Michael nach Heidelberg zog um zu studieren und nun Stefan tot ist. Sie ist 56 und denkt erstmals übers Sterben nach. Mit zittriger Hand zieht sie ein vergilbtes Buch hervor. Man kann die Fotografien nur noch schlecht erkennen. Diesmal ist es ein dunkler Stein. 2001 Mittlerweile hat ihr Sohn geheiratet. Nun ist die Enkelin da. Sie lächelt auf sie hinab. Liesel ist nun 63. Sie fährt zum Notar und nimmt eine Veränderung an ihrem Testament vor, dass sie kurz nach Stefans Tod verfasste. Es ist ein sehr heller Stein. 2008 Neben Michael, seiner Frau und Marlene, der Tochter sind etliche Bekannt gekommen. Sie geben brav ihre Blumen ab, Stefan schluckt. Mit schweißnassen Händen geht er zur Schaufel. Tränen rinnen ihm das Gesicht hinab als die dunkle Erde auf den hellen Sarg trifft. Liesel ist 70. Es ist der einzig schwarze Stein. Der Steinhaufen ist leer, das Puzzle fertig. Dunkel und Helle steine werden durch matte ergänzt. Aus dem Wirrwarr der Steine ist ein Bild aus Farbe geworden. Es wirkt dunkel, es wirkt hell. Es ist das Leben der Liesel Weiland. Ende *Ich weiß, falsches Datum, die Mauer ist ja erst 1961 erbaut wurden, ist mir aber erst später aufgefallen, man möge mir verzeihen... Kapitel 12: Arbeit ------------------ Arbeit Man nannte sie Jeo. Wenn man sie findet, würde sie umgeben von zerbrochenen Seepferdchen sein. Nur ein weiterer toter Körper auf den Straßen Jenochas. Ehe ich mich versah hatte ich eines der letzten ganzen Seepferdchen in der Hand. Verächtlich betrachtete ich es. Es war tot. Vor langer Zeit hatte Jeo einmal erzählt als sie noch am Meer wohnte, hätten Fischer Seepferdchen zum Trocknen in die Sonne gelegt um sie später als Andencken zu verkaufen. Im Laufe der Zeit stibizte sie sich immer wieder einses bis sie eine umfangreiche Sammlung besaß. Später als sie mit ihrer Familie umzog, waren die possierlichen Tiere das einzige was sie an ihr Zuhause erinnerte. Ich ließ das Seepferdchen fallen. Es gab kein dramatisches Klirren als es zerbrach, noch nichtmal einen dumpfen Ton. Es schlug fast lautlos aus, ehe es in zwei Teile zerbrach Das letzte was ich sah waren die zerbrochenen Seepferdchen, die langsam vom Blut benetzt wurden. Manchmal hasste ich meinen Job. Ende Kapitel 13: Drabble: Zuhause ---------------------------- Zuhause „Freak!“ Denkt ihr, nur weil ich anders bin hätte ich keinen Stolz? „Schmarotzer!“ Ich konnte nicht mehr anders überleben. „Du bist eine Schande für uns!“ Weil ich einen anderen Weg einschlug? „Verdien dir dein Essen selbst!“ Tue ich dass denn nicht? „Du darfst nicht mehr zurück!“ Selbst wenn ich wollte- es gibt kein zurück. Doch manchmal sitze ich am Fenster und sehne mich nach der Freiheit dort draußen. Ich sitze unterm Tisch und zwischen den Stühlen – aber dafür mit einer mich liebenden Familie. Lebt wohl, meine Freunde da draußen… Möge auch euch das schöne Leben eines Familienhundes bescheiden sein! Ende Kapitel 14: Zauberbohnen ------------------------ Die Zauberbohnen Es war noch später Nachmittag als die Sonne hinterm Horizont verschwand und die Stadt in eine angenehme Dämmerung hüllte. Während Marie durch die dunklen Straßen zum Bahnhof hastete freute sie sich auf den hoffentlich warmen Zug. Die junge Frau verzog kurz angewidert das Gesicht als der pampige Schneematsch ihre billigen Turnschuhe besiegt hatte und nun sich eilig an die Eroberung der dicken Wintersocken machten. „Na super, das hat mir jetzt gerade noch gefehlt!“ Als der Wind dann auch noch unangenehm kalt von Vorne kam fehlte Marie nicht mehr viel zu ihrem Glück. Sie hatte ihre Vorstellungsgespräch beim Friseur versaut, sie hatte nasse Socken und jetzt kam der Wind auch noch von vorne und fand seinen Weg unter die warme Jacke. Ihre Gedanken wurden, ebenso wie der Himmel, immer düsterer und düsterer. Bei jedem Schritt gluckste es mittlerweile in den Schuhen der jungen Frau. Von diesem ewigen monotonen Geräusch genervt überlegte Marie ob sie eben ihre Schuhe entwässern und die Socken auswringen sollte. Aber bei dem Gedanke an weitere 500 Meter bis zum Bahnhof auf der nassen Straße verflog diese Idee schneller als man ‚A‘ sagen konnte. Als ein Pärchen an ihr vorbeikam und immer wieder beunruhigte Blicke nach oben warf ahnte die Brünette schon etwas. Ein kurzer Blick nach oben bestätigte sie. Fluchend und das Wetter und die zuständige Gottheit beschimpfend beschleunigte sie abermals ihren Schritt und joggte nun schon fast zum Bahnhof. „Oh nein, vergiss es, ich werde nicht auch noch nass, Petrus!“ Die Blicke der anderen auf der Straße ignorierend legte sie einen Spurt ein und schaffte es gerade eben unter das rettende Dach. Den Schnee der nun vom Himmel schwebte beachtete sie nicht und setzte sich auf die kleinen, harten Plastiksitze und wartete auf ihren Zug der laut Plan in 10 Minuten kommen sollte. Nachdem Marie mit ihren klammen Fingern endlich ihren MP3- Player aus ihrer Tasche geangelt hatte, drückte sie einfach nur auf Play. Mehr oder weniger gebannt lauschte sie den harten Rhythmen und grölte in Gedanken mit um ihren ganzen Frust abzulassen. Als die Bahn sogar relativ Pünktlich- sie hatte nur eine Viertelstunde Verspätung- kam, verbesserte sich die Laune der durchgefrorenen Frau schlagartig. Nur um kurz darauf im eiskalten Zug-Wagon wieder unter den Nullpunkt zu sinken. Zum wohl hundertsten Mal nahm sie sich vor eine ganze Klopapierrolle mit Beschwerden an die Bahn zu senden, aber wie auch die 99 Male davor würde sie spätestens wenn die Finger wieder aufgetaut waren das ganze vergessen. Während sie sich die alten Lieder von Linkin Park anhörte sah sie aus dem beschlagenen Fenster und nur mit viel Fantasie konnte sie draußen in der Dunkelheit Umrisse erkennen, selbst der Mond und der immer noch fallende Schnee konnte dort nicht weiterhelfen. Vor ihrem innerem Auge sah sie wie der Zug sich immer weiter und weiter von der Stadt mit ihren vielen Menschen entfernte, wie der Schnee langsam zu einer schönen Decke wurde der die Landschaft in einer eiskalten Umarmung gefangen hielt. Mit jedem Kilometer fühlte Marie wie ihr Herz leichter wurde. Ein glückliches Lächeln schlich sich auf das junge Gesicht, ließ die Augen glänzen. Hier war sie Zuhause. Das ländliche war viel mehr ihr Ding, hier war die Natur da. Natürlich gab es auch hier größere Siedlungen, aber die sind nicht mit einer großen Stadt zu vergleichen. Bildete sie es sich nur ein oder wurde der Wagon trotz der wesentlich kälteren Außenumgebung wärmer? Ein kurzer Blick auf die Uhr. Gleich 21 Uhr. Seit 3 Stunden war Marie nun schon im Zug und noch eine weitere musste sie dort ausharren ehe sie in ihrem Heimatdörfchen war. Mittlerweile war der MP3-Player von den Batterien arg geschwächt und Marie entschloss sich das Gerät auszuschalten und lauschte stattdessen dem rattatata der Bahn. 20 Minuten. 10 Minuten. 5 Minuten. Seit genau 15 Minuten starrte Marie nun schon auf ihre Armbanduhr in der Hoffnung dass die Minuten genauso schnell verstreichen würden wie Sekunden. Taten sie natürlich nicht. Als Marie dann schließlich nach einer Ewigkeit ankam schneite es immer noch. Oder jetzt erst wirklich. In der Stadt waren die Flocken winzig gewesen, hier auf dem Land kamen sie in dicken, gleichmäßigen runden Kristallen. Marie lächelte während sie nun das Knirschen des frisch gefallenen Schnee unter ihren Füßen hörte- auch wenn ihre Füße seid einiger Zeit mehr Eisklötze waren. Genauso wie die Hände, die der Kälte ohne Schutz ausgeliefert waren. ***************************************** Noch während der Schlüssel sich im Schloss drehte konnte man das ungeduldige Bellen von innen hören. Als die Tür sich dann einen Spaltbreit öffnete sprang sofort ein kleiner Hund an der zugeschneiten Marie hoch. Schwanzwedelnd hüpfte Nagi an ihr hoch. „Ist ja gut mein Lieber, ich bin doch schon wieder da!“, beschwichtigend wurde der kleine Mischlung gestreichelt und geklopft. Als die kleine hüpfende Flohkugel sich endlich zufrieden im Körbchen zusammenrollte machte Marie sich auf den Weg ins Badezimmer und schälte sich aus den nassen Anziehsachen. Sie lächelte leicht als sie aus dem Badezimmer kam, das Wohnzimmer durchquerte und schließlich in ihre kleine Küche kam. Kochen konnte sie-obwohl oder gerade weil sie eine Frau war- nicht sehr gut. Vielleicht ein Grund warum die Küche steht’s sauber, der Papierkorb aber immer voller Müll war. Ein tiefes Seufzen entwich ihr. Mühsam angelte sie sich den Kochtopf vom oberen Regal, mit ihren stolzen 1, 64 kam sie gerade so noch an das Regal ohne Hocker. Dann langte sie in eine Schublade und zog ein kleines Tütchen hervor. „Frühlingssuppe? Bei dem Wetter? Nee!“, dann wurde das Tütchen zurückgelegt und 3 andere herausgenommen, doch jedes mal auch wieder zurückgepackt. Genervt blickte Marie aus dem Südlich gelegenen Fenster, bestaunte die weißen Punkte in der Schwarzen Nacht. Irgendwie sagte ihr heute keines der Tütengerichte zu. Und das hieß nur eines; selber kochen und die Gefahr riskieren dass das Haus abfackeln könnte. ******************************************** Voller Vorfreude holte Marie eine alte Pfanne aus dem unteren Küchenschrank, kramte etwas im Vorratsschrank und holte einen Beutel voller mittelgroßer Bohnen hervor. Zwei Handvoll der geheimnisvollen Bohnen streute sie in die Pfanne und passte auf dass eben diese nicht anbrannten. Damit sich Marie die 15 Minuten nicht langweilen musste hatte sie zu Anfang das Radio angemacht und summte nun bei den ganzen Hits mit. So ganz war es zwar nicht ihr Musikgeschmack, aber solange es sie unterhielt hörte sie alles. Vorsichtig entfernte Marie die ungenießbaren Schalen und gab den essbaren Teil in einen Mörser der vorher wenige Minuten in der Mikrowelle sich aufgewärmt hatte. Als der Stößel das erste Mal die kleinen Böhnchen traf kroch Marie ein angenehm leckerer Duft in die Nase. Lecker. Der Versuchung wiederstehend einmal kurz den Finger in das grobkörnige Pulver zu stecken malmte sie weiter. Schon bald ergab sich eine braune, zähflüssige Masse. Immer noch vor sich hin summend angelte sich Marie den kleinen Kochtopf vom obersten Regal. Vom plätschern des Wasserhahns kam Nagi in die Küche, schnüffelte, suchte nach etwas potenziell essbarem und wurde bitter enttäuscht als Marie im mit der Fingerspitze etwas vom mysteriösem Pulver vor die Schnauze hielt. Beleidigt verzog er sich wieder und ließ Marie weiter in der Küche rumwerkeln, die nun zum Wasser auch noch Milch in den Kochtopf goss und das ganze auf den Herd stellte um es heiß werden zu lassen. Als nächstes machte sie einige Töpfchen mit Gewürzen auf, schnupperte kurz und stellte wenn der Geruch gefiel das Gewürz auf den Tisch. Am Ende stand dort neben dem Zucker noch Zimt, Vanille, Koriander, Gewürznelken. Stirnrunzelnd stand Marie vor den Vier Gewürzen und rätselte welches sie nehmen sollte. Der Koriander flog bei der ersten Runde aus der Entscheidung. Sie mochte ihn zwar, aber bei der Konkurrenz… Bei den Gewürznelken machte sie einen Kompromiss indem sie ganz wenig feingemahlene Nelke in dem Mörser tat, dann noch etwas Zucker und zuletzt nach einem Blick aus dem Fenster einen Hauch von reiner Bourbon-Vanille. Dann nahm sie einen Löffel und vermengte das ganze gut bis der Brei sich sehr gut rühren lies und keine Klümpchen mehr zu sehen waren. Zwischendurch hatte Marie sich auch mit einer eleganten Hüftdrehung umgedreht und das Wasser-Milch Gemisch umgerührt. Als es endlich aufkochte nahm sie es voller Vorfreude vom Herd, ja sogar ihr recht unmelodisches Summen stellte sie ein. Sie verzog kurz das Gesicht als sie der Geruch der erhitzen Milch und des Wassers beim umschenken in einen Krug ihr in die empfindliche Nase kroch. Sie hatte den Geruch von Warmer Milch schon immer gehasst. Aber als sie dann die lecker riechende Masse hinzugab, ergab sich eine Komposition die Marie seit ihrer frühen Kindheit zu lieben gelernt hatte. Während der Braune Klumpen sich im trüben heißen Wasser auflöste bereitete Marie alles vor. Im Wohnzimmer wurde die Jalousie hochgezogen, die Außenlampe der Terrasse angemacht und einige Kerzen die dass Wohnzimmer in eine gemütliche Stube verwandelten. Als Marie dann auch noch den verschlafenen Nagi aus dem Körbchen scheuchte, erntete sie ein verschlafenes Knurren und einige böse Blicke. Doch als der Hund dann erfuhr dass er heute mit aufs Sofa durfte war seine Welt wieder in Ordnung. Alle Viere von sich gestreckt wartete er schon auf sein Frauchen dass nur wenig später mit dem Krug und einer Tasse kam. Wenig später saß auch Marie auf dem Sofa, eingekuschelt in ihrer lieblingsdecke und trank in kleinen Schlückchen ihr Lieblingsgetränk; selbst gemachten Kakao. „Ach Nagi, was haben wir‘s gut, eh? Hier drinnen im Warmen, draußen der weiße Schnee in der dunklen Nacht und ein richtiger Kakao, nicht immer dieses eklige süße Billigpulver!“ Sie lächelte, ein Kakao konnte für sie eine Mahlzeit locker ersetzen. Kakao war halt einfach Genuss und Zweckdienlich. Ende Kapitel 15: Gewitter -------------------- Gewitter 148, 149, 150. Gleich, gleich ist es wieder soweit. 138, 139, 140. Sie spürt es in der Luft, sie hört es in der Ferne. 128, 129, 130. So lange geschlafen, so kurz erwacht. 118, 119, 120. Erste Anzeichen werden bemerkt. 108, 109, 110. Nur noch wenige Minuten trennen sie von ihrem Ziel. 98, 99, 100. Ein Schatten im Spiegel den keiner sieht. 88, 89, 80. Ein hämisches Lachen aus der Ecke, nur ein kleines Mädchen blickt auf. 68, 69, 70. Ihre Spinnenhände lösen sich aus der langen Starre. 58, 59, 60. Unsagbare Freude steigt in ihr auf. 48, 49, 50. Ihr habt Recht euch Sorgen zu machen! 38, 39, 40. Lächerlich! Als ob euch diese Vorbereitungen retten! 28, 29, 30. Bald, schon bald wird die Welt in Dunkelheit untergehen. 18, 19, 20. Spüret den Zorn der Götter! 8, 9, 10. Schattenhände die durch die Welt geistern. 6, 7, 8. Ein anschwellendes Grollen bereitet alles auf ihre Ankunft vor. 4, 5, 6. Ihre Finger, grau und beängstigend, zum zupacken bereit. 2, 3, 4. Ein glühendes Schwert saust auf alle herab. 1, 2, 3. Die Zeit aufzuwachen ist nah. 0. Die Angst packt zu und die gellenden Schreie gehen im tosenden Donner unter. -1, -2, -3. Der Donner hallt nach, Schatten Verschwinden im Spiegel. -3, -4, -5. Kurz gewacht, langer Schlaf. -6, -7, -8. Eine Regendecke hüllt sie kühlend ein. -9, -10, -11. Die dunklen Wolken ziehen sich mit ihrem Erwecker zurück. -12, -13, -14. Die ersten Kinder wagen sich mutig heraus. -15, -16, -17. Schon bald geht alles seinen gewohnten Gang -18, -19, -20. Aber nur bis zum nächsten mal. Ende Kapitel 16: Wegschauen? Verboten! --------------------------------- Wegschauen? Verboten! „Aufhören! Sagt mal, spinnt ihr oder was?“, ohne auf Verluste zu achten ging ich zwischen die zwei sich prügelnden Jungen. „Halts Maul!“ wird mir unverblümt ins Gesicht gesagt und erst jetzt sah ich mir die beiden Gegner genauer an. Als mir langsam dämmerte um was es wirklich bei den beiden ging, wurde die Wut die durch die vielen Blicke die auf die beiden Gegner gefallen waren, dann aber peinlich berührt schnell weitegeeilt waren noch weiter geschürt und aus dem kleinen Streichholz namens Wut war mittlerweile ein ganzes Lagerfeuer geworden auf dem man gut und gerne ein kleines Ferkel brutzeln konnte. „Okay, ich halt ‘s Maul wenn Sie Ihre Finger- und ja, damit sind auch Fäuste und die Beine gemeint- bei sich behalten.“ Mittlerweile kam ich mir doch schon ein bisschen dämlich vor, wie ich diesem geschätzten 18 Jährigen versuchte mit meiner kleinen Rede, die ich zwar Leidenschaftlich vorgetragen hatte davon abzubringen auf sein Opfer einzuschlagen. Als der Junge sich mit einem drohenden Gesichtsausdruck zu mir umdrehte bereute ich einen Moment lang meinen Entschluss nicht nur zuzusehen. Fast schon entsetzt wurde mir klar was ich eben gedacht hatte…mit einem Mal wurde mir klar wie einfach es immer ist zu sagen: Ha! Ich, ICH schaue nicht weg! Ich handle! Aber dann wirklich zu handeln ist eine andere Sache. Doch ein kurzer Blick auf den anderen, der die schwarzen Beine schützend so dicht wie möglich vor seinen Körper gezogen hatte, stärkte meinen Willen. Ich konnte nicht sicher sein, ob dieser Akt wirklich rassistisch gemeint war, doch mittlerweile traute ich jedem zu eine solche Tat begehen zu können und die Geschichte sowie Gegenwart hat mich darin nur Unterstützt. Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Faschismus- Dinge die meine Generation durch Taten zu hassen gelernt hatte, schien die heutige Jugend kaum noch zu beeindrucken. Mutig ging ich noch einen Schritt auf den Jungen zu um mich dann schützend vor ihn zu stellen. Im Grunde wusste ich schon, als ich mich entschlossen hatte zu handeln und nicht mehr wegzugucken dass es irgendwann böse enden würde. Oder wie Sand dan Glockta sagen würde : „Wasserleiche am Kai gefunden“ Kurz bevor mich mit einer ungeheuren Wucht die Faust traf wurde mir bewusst dass ich verstehen konnte weshalb viele lieber wegschauten. Wie aus der Ferne hörte ich noch den Jungen über dieses nutzlose Pack fluchen bevor sich ein Schleier aus Silber über meine müden Augen legte… Ende Kapitel 17: Unsichtbar ---------------------- Unsichtbar „Ich schaff‘s noch, ich schaff‘s noch, ich Halt warten Sie! Bitte! Ich will nicht schon wieder zu spät kommen!“ keuchend kam das Mädchen zum stehen und sah den Rücklichtern des Busses und einigen lachenden Gesichtern hinterher. Irgendwie war es klar gewesen dass Soley den Bus wieder nicht kriegen würde, weil der Busfahrer sie nicht sah. Seufzend setzte sie sich auf einen der leeren Plätze der Bushaltestelle und stellte ihren Rucksack der erschreckend leicht war, neben sich. Müde gähnte sie und sah den Autos hinterher die alle Richtung Schule fuhren. Kurz überlegte sie sich ob es sich lohnen würde per Anhalter zu fahren, doch den Gedanken verwarf sie ganz schnell bei dem Gedanken dass man sie doch sowieso nicht sehen würde. Die Augen starr auf einen Punkt au der Straße gerichtet merkte sie nicht mal wie der typische November-regen anfing. Erst durch das Geräusch eines sich nähernden Busses wurde sie wieder zurück in die Wirklichkeit gerissen, der sie nach einem kurzen Blick auf die Uhr auch am liebsten wieder entronnen wäre. Doch kein Gemaule und Gejammer half, sie würde zu spät in die Schule kommen. Dabei hatte sie sich fest vorgenommen dass es diesmal besser sein würde. „Sowieso ein Wunder dass die Schule mich angenommen hat…“ murmelte die kleine Blondine beim hinsetzen. Keiner hörte sie was sagen. Keiner beachtete das unscheinbare Mädchen. Traurig hob sie eine Hand, führte sie zu ihren grün gemusterten Augen und betrachtete sie genau. Jede Falte, jede Linie, jedes Härchen wurde registriert. Zufrieden vor sich hin nickend war ihr wieder bewusst geworden dass sie doch nicht unsichtbar war. Ihr Hand hatte sich verändert, war größer geworden, die einst so feinen Härchen waren viel großer, Schwielen hatten sich gebildet und die Finger waren länger und Schmaler geworden. Kurz schlossen sic die ungeschminkten Augenlieder ehe sie wieder die grünen Augen zeigten. Vor langer Zeit hatten sie das Licht im Spiegel reflektiert, hatten freudig aufgeblitzt. Von all dem Glanz war nichts mehr übrig. Genauso wenig übrig wie von dem Imperium der Römer. Keine Regung zeigte sich auf dem starrem Gesicht, dass schon fast einer Totenmaske ähnlich sah. Die Augen schlossen sich noch einmal. Ausschnitte zogen vor ihrem Gesicht vorbei. „Soley? Wer ist das nochmal?“ „Was? Die ist bei mir in der Klasse?“ „Im Ernst? Kein Wunder dass die keine Freunde hat wenn selbst hier sie keiner kennt.“ „Schlampe!“ „Wir brauchen dich hier nicht!“ „Wir wollen dich nicht, du bist zu blöd!“ Ein kaltes Lächeln erschien. Ihre Unsichtbarkeit sollte enden. Wenn das Blut erst mal an ihr kleben würde, dann wäre sie sicher sichtbar. Und ganz sicher, würde sie dann nie mehr solche Szenen erleben: „Uhm…ich sollte mich hier melden…“ „Mir wurde keiner Angesagt. Wer bist du denn?“ „Soley! Und mir wurde ganz sicher gesagt dass man mich hier erwarten würde!“ „Soley…Soley…ich glaube ich erinnere mich...“, ein kleiner Hoffnungsschimmer bildete sich bei der Schülerin, „Hat die nicht schon längst die Schule verlassen?“ „Nein…ich geh dann und frag noch einmal…“ Ein kurzer Blick auf das schwarze Metall das in ihren Händen lag. Und dann ging das Mädchen dass nie gesehen worden ist wieder hinein in die Hölle. Später sagten viel Schüler keiner hätte diesem Lieben Mädchen sowas zugetraut, zugetraut andere zu töten und anschließend sich selbst. Wie schon oft bevor wurde alles auf die Gewaltspiele und die Jugendkriminalität geschoben. Doch niemand dachte daran, dass sie selber mit ihrer Ignoranz schuld waren. Es gibt Tage, da wünschte ich mir ich wäre woanders. An diesen Tagen träumte ich immer und immer wieder davon jemand anderes zu sein, jemand dem man vertrauen kann, auf dem man sich gerne verlässt, einfach jemand zu sein der gebraucht wird. Heute stehe ich hier, umgeben von kalten Wänden und Metall. Viel ist in meinem Leben falsch gelaufen, zu wenig richtig. Heute kann ich nicht einmal sagen wann es angefangen hat sich falsch anzufühlen. Oder zu wissen es ist falsch doch trotzdem weiterzumachen. Doch eines ist geblieben, für jeden anderen bin ich unsichtbar geblieben. Niemand, Niemand, das ist es, was ich bin, Niemand, Niemand Ende ------------------- Sind nen paar Sinnfehler drin, aber ich wollte es irgendwo realistisch halten, hab auch versucht mich in so einen Amokläufer mal einzufühlen und zu verstehen warum er sowas macht. Im Endeffekt bleibt es unverständlich und diese Geschichte soll Amoklauf auf gar keinen Fall in irgendeiner Art und Weiße gutheißen!! Kapitel 18: Straße ins Nichts ----------------------------- Straße ins Nichts Leise und verstohlen tanzten vereinzelte Schneeflocken aus dem grauen Himmel, der drohend über einer kleinen Ortschaft in Irland lag. Früher hatten sich die kleinen Kinder auf den ersten Schnee gefreut, standen oft kurze Zeit in der eisigen Kälte, den Kopf nach oben gedreht und schauten erwartungsvoll in den Himmel und freuten sich, wenn das geheimnisvolle weiß endlich herunter gesegelt kam. Aber heute freute sich keiner. Überall huschten die stumpf-blickenden Augen der Iren durch die Gegend in der Hoffnung einen Unterschlupf zu finden, ein Feuer zu entzünden und nach etwas essbaren zu suchen, in der Hoffnung den nächsten Tag noch zu erleben, auch wenn dieser Tag genauso wie der heutige werden würde; kalt, hart, unbarmherzig. Schon lange hielt dieser verdammte Hungersnot an, zu lange. Viele hatten Grund und Boden verloren als profitgierige Großgrundbesitzer einen Pächter nach dem anderen von ihrem ehemaligen Böden verscheuchte weil sie wegen der ausbleibenden Ernte keine Pacht mehr bezahlen konnte. Auch Brendan Flynn war einer dieser vielen. Beim Anblick des ersten Schnee dieses Jares verdüsterte sich seine ohnehin schon schlechte Laune und er zog sich den dünnen, schäbigen aber wenigstens etwas wärmebringenden Mantel fester um die abgemagerte Gestalt. Zusammen mit einigen anderen war er auf den Weg zu den Steinbrüchen wo er hoffte Arbeit zu finden. Der Weg war weit, die Kälte brannte dem rothaarigen Jungen unangenehm auf so ziemlich jeden Körperteil und es war alleine das Versprechen dass er seiner sterbenden Mutter geben musste, dass ihn jetzt noch auf dem Weg mit den anderen Hungernden und meist auch toten Menschen hielt. Er erinnerte sich noch gut an die letzen Worte die Catherine, seine Mutter, im gesagt hatte ehe sie verstarb: „Stirb nicht! Kämpf dich durch, ein Brendan gibt nicht auf!“ Und jetzt schleppte er sich zum Steinbruch in der Hoffnung vom Ganger, er verzog kurz das Gesicht beim Gedanken an den Aufseher und Lohngeber, ins Lohnbuch eingetragen zu werden. Doch tief in seinem Inneren wusste er, lange würde er auch dort nicht aushalten, er war schwach, er hatte der Witterung nichts entgegen zu setzten. Aber so würde er wenigsten mit vollem Magen sterben; mit den 6 Pence die er verdienen würde, wenn er denn genommen wird, könnte er sich bestimmt etwas von dem Mais kaufen, den diese verdammten Engländer hierhin schiften. Er erinnerte sich an seinem Vater, der immer über diese feinen Herren geschimpft hatte, wegen ihnen wären die Iren immer mehr am Hungerstot während die feinen Herren das ganze Essen, von ihren Rotröcken bewacht auf Schiffe und nach England abtransportieren ließen. Er konnte sich das kaum vorstellen, aber auch sein Zorn, der mehr als nur begründet war, entflammte beim Anblick der vor Lebensmittel überquellenden Städte durch die er sich geschleppt hatte. Sein Bauch immer ein einziges nicht zu füllendes Loch. Seit die Engländer die Hungersnot für beendet erklärt hatten, gab es ja auch nicht mehr die Suppenküchen, die mehr als nur einem das Leben gerettet hatten, ihn eingeschlossen. Seine einzige Hoffnung war der Steinbruch, wo sich täglich hunderte versammelten um bei der Straße mit zubauen die ins Nichts führte. Sie alle taten das nur um sich ein bisschen was zu verdienen. Nur ein bisschen, damit sie eine Chance hatten zu überleben. Doch Brendan war klug, er hatte längst erkannt was diese Straßen führ in waren; sie waren eine Brücke. Eine Brücke, die er hoffte mit halbwegs vollen Magen zu überqueren. Eine Brücke, die zu seinen Eltern führte. Doch Brendan sollte diese Brücke nie überqueren. Eines Morgens stand er nicht mehr auf und blick neben all den anderen im grauen Graben liegen. Nur einige Schneeflocken machten sich daran, ihm eine Decke umzulegen. Brendan hatte sich seine eigene Brücke gebaut, eine Brücke, die er ohne es zu bemerken mit leeren Magen im Schlaf überquerte. Ende Eine…ungewohnte Geschichte von mir. Die Idee ist mir beim Lesen des Buches „Éanna- wildes Herz“ gekommen und soll von der Hungersnot von 1845-1849 berichten. Nur ein einzelnes von ca. 1 Millionen Schicksalen die so oder so ähnlich geendet haben. Mich hat das Buch ziemlich berührt und da kam mir die Idee, diese Straßen die dort früher gebaut worden sind -gegen ein winziges Entgelt- kann man auch als Brücke in den Tod sehen. Dumme Idee noch dümmere Umsetzung, aber ich mag die Geschichte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)