OS sammlungen von NanXmik ================================================================================ Kapitel 18: Straße ins Nichts ----------------------------- Straße ins Nichts Leise und verstohlen tanzten vereinzelte Schneeflocken aus dem grauen Himmel, der drohend über einer kleinen Ortschaft in Irland lag. Früher hatten sich die kleinen Kinder auf den ersten Schnee gefreut, standen oft kurze Zeit in der eisigen Kälte, den Kopf nach oben gedreht und schauten erwartungsvoll in den Himmel und freuten sich, wenn das geheimnisvolle weiß endlich herunter gesegelt kam. Aber heute freute sich keiner. Überall huschten die stumpf-blickenden Augen der Iren durch die Gegend in der Hoffnung einen Unterschlupf zu finden, ein Feuer zu entzünden und nach etwas essbaren zu suchen, in der Hoffnung den nächsten Tag noch zu erleben, auch wenn dieser Tag genauso wie der heutige werden würde; kalt, hart, unbarmherzig. Schon lange hielt dieser verdammte Hungersnot an, zu lange. Viele hatten Grund und Boden verloren als profitgierige Großgrundbesitzer einen Pächter nach dem anderen von ihrem ehemaligen Böden verscheuchte weil sie wegen der ausbleibenden Ernte keine Pacht mehr bezahlen konnte. Auch Brendan Flynn war einer dieser vielen. Beim Anblick des ersten Schnee dieses Jares verdüsterte sich seine ohnehin schon schlechte Laune und er zog sich den dünnen, schäbigen aber wenigstens etwas wärmebringenden Mantel fester um die abgemagerte Gestalt. Zusammen mit einigen anderen war er auf den Weg zu den Steinbrüchen wo er hoffte Arbeit zu finden. Der Weg war weit, die Kälte brannte dem rothaarigen Jungen unangenehm auf so ziemlich jeden Körperteil und es war alleine das Versprechen dass er seiner sterbenden Mutter geben musste, dass ihn jetzt noch auf dem Weg mit den anderen Hungernden und meist auch toten Menschen hielt. Er erinnerte sich noch gut an die letzen Worte die Catherine, seine Mutter, im gesagt hatte ehe sie verstarb: „Stirb nicht! Kämpf dich durch, ein Brendan gibt nicht auf!“ Und jetzt schleppte er sich zum Steinbruch in der Hoffnung vom Ganger, er verzog kurz das Gesicht beim Gedanken an den Aufseher und Lohngeber, ins Lohnbuch eingetragen zu werden. Doch tief in seinem Inneren wusste er, lange würde er auch dort nicht aushalten, er war schwach, er hatte der Witterung nichts entgegen zu setzten. Aber so würde er wenigsten mit vollem Magen sterben; mit den 6 Pence die er verdienen würde, wenn er denn genommen wird, könnte er sich bestimmt etwas von dem Mais kaufen, den diese verdammten Engländer hierhin schiften. Er erinnerte sich an seinem Vater, der immer über diese feinen Herren geschimpft hatte, wegen ihnen wären die Iren immer mehr am Hungerstot während die feinen Herren das ganze Essen, von ihren Rotröcken bewacht auf Schiffe und nach England abtransportieren ließen. Er konnte sich das kaum vorstellen, aber auch sein Zorn, der mehr als nur begründet war, entflammte beim Anblick der vor Lebensmittel überquellenden Städte durch die er sich geschleppt hatte. Sein Bauch immer ein einziges nicht zu füllendes Loch. Seit die Engländer die Hungersnot für beendet erklärt hatten, gab es ja auch nicht mehr die Suppenküchen, die mehr als nur einem das Leben gerettet hatten, ihn eingeschlossen. Seine einzige Hoffnung war der Steinbruch, wo sich täglich hunderte versammelten um bei der Straße mit zubauen die ins Nichts führte. Sie alle taten das nur um sich ein bisschen was zu verdienen. Nur ein bisschen, damit sie eine Chance hatten zu überleben. Doch Brendan war klug, er hatte längst erkannt was diese Straßen führ in waren; sie waren eine Brücke. Eine Brücke, die er hoffte mit halbwegs vollen Magen zu überqueren. Eine Brücke, die zu seinen Eltern führte. Doch Brendan sollte diese Brücke nie überqueren. Eines Morgens stand er nicht mehr auf und blick neben all den anderen im grauen Graben liegen. Nur einige Schneeflocken machten sich daran, ihm eine Decke umzulegen. Brendan hatte sich seine eigene Brücke gebaut, eine Brücke, die er ohne es zu bemerken mit leeren Magen im Schlaf überquerte. Ende Eine…ungewohnte Geschichte von mir. Die Idee ist mir beim Lesen des Buches „Éanna- wildes Herz“ gekommen und soll von der Hungersnot von 1845-1849 berichten. Nur ein einzelnes von ca. 1 Millionen Schicksalen die so oder so ähnlich geendet haben. Mich hat das Buch ziemlich berührt und da kam mir die Idee, diese Straßen die dort früher gebaut worden sind -gegen ein winziges Entgelt- kann man auch als Brücke in den Tod sehen. Dumme Idee noch dümmere Umsetzung, aber ich mag die Geschichte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)