OS sammlungen von NanXmik ================================================================================ Kapitel 14: Zauberbohnen ------------------------ Die Zauberbohnen Es war noch später Nachmittag als die Sonne hinterm Horizont verschwand und die Stadt in eine angenehme Dämmerung hüllte. Während Marie durch die dunklen Straßen zum Bahnhof hastete freute sie sich auf den hoffentlich warmen Zug. Die junge Frau verzog kurz angewidert das Gesicht als der pampige Schneematsch ihre billigen Turnschuhe besiegt hatte und nun sich eilig an die Eroberung der dicken Wintersocken machten. „Na super, das hat mir jetzt gerade noch gefehlt!“ Als der Wind dann auch noch unangenehm kalt von Vorne kam fehlte Marie nicht mehr viel zu ihrem Glück. Sie hatte ihre Vorstellungsgespräch beim Friseur versaut, sie hatte nasse Socken und jetzt kam der Wind auch noch von vorne und fand seinen Weg unter die warme Jacke. Ihre Gedanken wurden, ebenso wie der Himmel, immer düsterer und düsterer. Bei jedem Schritt gluckste es mittlerweile in den Schuhen der jungen Frau. Von diesem ewigen monotonen Geräusch genervt überlegte Marie ob sie eben ihre Schuhe entwässern und die Socken auswringen sollte. Aber bei dem Gedanke an weitere 500 Meter bis zum Bahnhof auf der nassen Straße verflog diese Idee schneller als man ‚A‘ sagen konnte. Als ein Pärchen an ihr vorbeikam und immer wieder beunruhigte Blicke nach oben warf ahnte die Brünette schon etwas. Ein kurzer Blick nach oben bestätigte sie. Fluchend und das Wetter und die zuständige Gottheit beschimpfend beschleunigte sie abermals ihren Schritt und joggte nun schon fast zum Bahnhof. „Oh nein, vergiss es, ich werde nicht auch noch nass, Petrus!“ Die Blicke der anderen auf der Straße ignorierend legte sie einen Spurt ein und schaffte es gerade eben unter das rettende Dach. Den Schnee der nun vom Himmel schwebte beachtete sie nicht und setzte sich auf die kleinen, harten Plastiksitze und wartete auf ihren Zug der laut Plan in 10 Minuten kommen sollte. Nachdem Marie mit ihren klammen Fingern endlich ihren MP3- Player aus ihrer Tasche geangelt hatte, drückte sie einfach nur auf Play. Mehr oder weniger gebannt lauschte sie den harten Rhythmen und grölte in Gedanken mit um ihren ganzen Frust abzulassen. Als die Bahn sogar relativ Pünktlich- sie hatte nur eine Viertelstunde Verspätung- kam, verbesserte sich die Laune der durchgefrorenen Frau schlagartig. Nur um kurz darauf im eiskalten Zug-Wagon wieder unter den Nullpunkt zu sinken. Zum wohl hundertsten Mal nahm sie sich vor eine ganze Klopapierrolle mit Beschwerden an die Bahn zu senden, aber wie auch die 99 Male davor würde sie spätestens wenn die Finger wieder aufgetaut waren das ganze vergessen. Während sie sich die alten Lieder von Linkin Park anhörte sah sie aus dem beschlagenen Fenster und nur mit viel Fantasie konnte sie draußen in der Dunkelheit Umrisse erkennen, selbst der Mond und der immer noch fallende Schnee konnte dort nicht weiterhelfen. Vor ihrem innerem Auge sah sie wie der Zug sich immer weiter und weiter von der Stadt mit ihren vielen Menschen entfernte, wie der Schnee langsam zu einer schönen Decke wurde der die Landschaft in einer eiskalten Umarmung gefangen hielt. Mit jedem Kilometer fühlte Marie wie ihr Herz leichter wurde. Ein glückliches Lächeln schlich sich auf das junge Gesicht, ließ die Augen glänzen. Hier war sie Zuhause. Das ländliche war viel mehr ihr Ding, hier war die Natur da. Natürlich gab es auch hier größere Siedlungen, aber die sind nicht mit einer großen Stadt zu vergleichen. Bildete sie es sich nur ein oder wurde der Wagon trotz der wesentlich kälteren Außenumgebung wärmer? Ein kurzer Blick auf die Uhr. Gleich 21 Uhr. Seit 3 Stunden war Marie nun schon im Zug und noch eine weitere musste sie dort ausharren ehe sie in ihrem Heimatdörfchen war. Mittlerweile war der MP3-Player von den Batterien arg geschwächt und Marie entschloss sich das Gerät auszuschalten und lauschte stattdessen dem rattatata der Bahn. 20 Minuten. 10 Minuten. 5 Minuten. Seit genau 15 Minuten starrte Marie nun schon auf ihre Armbanduhr in der Hoffnung dass die Minuten genauso schnell verstreichen würden wie Sekunden. Taten sie natürlich nicht. Als Marie dann schließlich nach einer Ewigkeit ankam schneite es immer noch. Oder jetzt erst wirklich. In der Stadt waren die Flocken winzig gewesen, hier auf dem Land kamen sie in dicken, gleichmäßigen runden Kristallen. Marie lächelte während sie nun das Knirschen des frisch gefallenen Schnee unter ihren Füßen hörte- auch wenn ihre Füße seid einiger Zeit mehr Eisklötze waren. Genauso wie die Hände, die der Kälte ohne Schutz ausgeliefert waren. ***************************************** Noch während der Schlüssel sich im Schloss drehte konnte man das ungeduldige Bellen von innen hören. Als die Tür sich dann einen Spaltbreit öffnete sprang sofort ein kleiner Hund an der zugeschneiten Marie hoch. Schwanzwedelnd hüpfte Nagi an ihr hoch. „Ist ja gut mein Lieber, ich bin doch schon wieder da!“, beschwichtigend wurde der kleine Mischlung gestreichelt und geklopft. Als die kleine hüpfende Flohkugel sich endlich zufrieden im Körbchen zusammenrollte machte Marie sich auf den Weg ins Badezimmer und schälte sich aus den nassen Anziehsachen. Sie lächelte leicht als sie aus dem Badezimmer kam, das Wohnzimmer durchquerte und schließlich in ihre kleine Küche kam. Kochen konnte sie-obwohl oder gerade weil sie eine Frau war- nicht sehr gut. Vielleicht ein Grund warum die Küche steht’s sauber, der Papierkorb aber immer voller Müll war. Ein tiefes Seufzen entwich ihr. Mühsam angelte sie sich den Kochtopf vom oberen Regal, mit ihren stolzen 1, 64 kam sie gerade so noch an das Regal ohne Hocker. Dann langte sie in eine Schublade und zog ein kleines Tütchen hervor. „Frühlingssuppe? Bei dem Wetter? Nee!“, dann wurde das Tütchen zurückgelegt und 3 andere herausgenommen, doch jedes mal auch wieder zurückgepackt. Genervt blickte Marie aus dem Südlich gelegenen Fenster, bestaunte die weißen Punkte in der Schwarzen Nacht. Irgendwie sagte ihr heute keines der Tütengerichte zu. Und das hieß nur eines; selber kochen und die Gefahr riskieren dass das Haus abfackeln könnte. ******************************************** Voller Vorfreude holte Marie eine alte Pfanne aus dem unteren Küchenschrank, kramte etwas im Vorratsschrank und holte einen Beutel voller mittelgroßer Bohnen hervor. Zwei Handvoll der geheimnisvollen Bohnen streute sie in die Pfanne und passte auf dass eben diese nicht anbrannten. Damit sich Marie die 15 Minuten nicht langweilen musste hatte sie zu Anfang das Radio angemacht und summte nun bei den ganzen Hits mit. So ganz war es zwar nicht ihr Musikgeschmack, aber solange es sie unterhielt hörte sie alles. Vorsichtig entfernte Marie die ungenießbaren Schalen und gab den essbaren Teil in einen Mörser der vorher wenige Minuten in der Mikrowelle sich aufgewärmt hatte. Als der Stößel das erste Mal die kleinen Böhnchen traf kroch Marie ein angenehm leckerer Duft in die Nase. Lecker. Der Versuchung wiederstehend einmal kurz den Finger in das grobkörnige Pulver zu stecken malmte sie weiter. Schon bald ergab sich eine braune, zähflüssige Masse. Immer noch vor sich hin summend angelte sich Marie den kleinen Kochtopf vom obersten Regal. Vom plätschern des Wasserhahns kam Nagi in die Küche, schnüffelte, suchte nach etwas potenziell essbarem und wurde bitter enttäuscht als Marie im mit der Fingerspitze etwas vom mysteriösem Pulver vor die Schnauze hielt. Beleidigt verzog er sich wieder und ließ Marie weiter in der Küche rumwerkeln, die nun zum Wasser auch noch Milch in den Kochtopf goss und das ganze auf den Herd stellte um es heiß werden zu lassen. Als nächstes machte sie einige Töpfchen mit Gewürzen auf, schnupperte kurz und stellte wenn der Geruch gefiel das Gewürz auf den Tisch. Am Ende stand dort neben dem Zucker noch Zimt, Vanille, Koriander, Gewürznelken. Stirnrunzelnd stand Marie vor den Vier Gewürzen und rätselte welches sie nehmen sollte. Der Koriander flog bei der ersten Runde aus der Entscheidung. Sie mochte ihn zwar, aber bei der Konkurrenz… Bei den Gewürznelken machte sie einen Kompromiss indem sie ganz wenig feingemahlene Nelke in dem Mörser tat, dann noch etwas Zucker und zuletzt nach einem Blick aus dem Fenster einen Hauch von reiner Bourbon-Vanille. Dann nahm sie einen Löffel und vermengte das ganze gut bis der Brei sich sehr gut rühren lies und keine Klümpchen mehr zu sehen waren. Zwischendurch hatte Marie sich auch mit einer eleganten Hüftdrehung umgedreht und das Wasser-Milch Gemisch umgerührt. Als es endlich aufkochte nahm sie es voller Vorfreude vom Herd, ja sogar ihr recht unmelodisches Summen stellte sie ein. Sie verzog kurz das Gesicht als sie der Geruch der erhitzen Milch und des Wassers beim umschenken in einen Krug ihr in die empfindliche Nase kroch. Sie hatte den Geruch von Warmer Milch schon immer gehasst. Aber als sie dann die lecker riechende Masse hinzugab, ergab sich eine Komposition die Marie seit ihrer frühen Kindheit zu lieben gelernt hatte. Während der Braune Klumpen sich im trüben heißen Wasser auflöste bereitete Marie alles vor. Im Wohnzimmer wurde die Jalousie hochgezogen, die Außenlampe der Terrasse angemacht und einige Kerzen die dass Wohnzimmer in eine gemütliche Stube verwandelten. Als Marie dann auch noch den verschlafenen Nagi aus dem Körbchen scheuchte, erntete sie ein verschlafenes Knurren und einige böse Blicke. Doch als der Hund dann erfuhr dass er heute mit aufs Sofa durfte war seine Welt wieder in Ordnung. Alle Viere von sich gestreckt wartete er schon auf sein Frauchen dass nur wenig später mit dem Krug und einer Tasse kam. Wenig später saß auch Marie auf dem Sofa, eingekuschelt in ihrer lieblingsdecke und trank in kleinen Schlückchen ihr Lieblingsgetränk; selbst gemachten Kakao. „Ach Nagi, was haben wir‘s gut, eh? Hier drinnen im Warmen, draußen der weiße Schnee in der dunklen Nacht und ein richtiger Kakao, nicht immer dieses eklige süße Billigpulver!“ Sie lächelte, ein Kakao konnte für sie eine Mahlzeit locker ersetzen. Kakao war halt einfach Genuss und Zweckdienlich. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)