Eisengel von Gepo (Einige Monate später) ================================================================================ Kapitel 7: Nähe --------------- Mein Blondchen, mein Engel, mein Schönster, mein Leben, Glück, Freude und Liebe will ich dir geben. Massagen und Küsse, Umarmungen und mehr, das alles gebe ich freiwillig her. Mein Herz und mein Leben liegt in deiner Hand, treibe mich sorglos an des Wahnsinns Rand. Harry strich mit dem Rücken seines Zeigefingers über die Wange Teds, der friedlich schlafend auf seinem rechten Arm an seiner Brust schlummerte. Doch sein Blick verlor sich in die Ferne. Er hatte einen Sessel an ein großes Fenster seines Wohnzimmers gestellt und sich zuerst mit einem Buch dorthin zurückgezogen. Doch angesichts der Tatsache, dass Ted irgendwie keine Lust gehabt hatte allein zu schlafen und er nicht wirklich die Konzentration die Formeln des Buches zu lernen, hatte er es sich mit seinem Baby gemütlich gemacht. Zuerst hatte er noch den fallenden Schnee beobachtet, doch schon bald erinnerte er ihn nur noch an Teds Haare. Beziehungsweise die Haare der Person, von der er die Farbe geklaut hatte. Jene Person, die ihn am gestrigen Abend geküsst hatte. „Draco...“, der Schwarzhaarige seufzte tief. „Ach da sind deine Gedanken.“ Sein Blick schnellte zur Seite. „Ginny?“, seine angespannten Muskeln lockerten sich wieder. „Nein, Pansy Parkinson mit Vielsafttrank.“, sie zog den Stuhl, auf dem sie gesessen hatte, näher zu ihm, „Ich bin vor ein paar Minuten gekommen, aber du wirktest so nachdenklich, da wollte ich nicht stören.“ „Sehr umsichtig...“, die Pupillen zwischen den grünen Iriden richteten sich auf das junge Kind. „Was ist los?“, sie wartete einen kurzen Moment, „Gestern habt ihr euch doch wunderbar verstanden, oder? Ihr wart im Garten, bei Hermine, hier... also warum seufzt du so?“ „...“ Die Rothaarige seufzte tief – tiefer, als er es sicherlich getan hatte, während sie anwesend gewesen war. „Harry, bitte sag etwas. Ich möchte dir gern helfen... wenn ich es kann.“, sie erhielt ein weiteres Mal keinerlei Antwort, „Lass es mich wenigstens versuchen.“, er atmete tief durch, doch schwieg, „Bitte.“ „Ich kann nicht darüber sprechen, Ginny. Es ist... kompliziert.“, er widerstand dem Drang den Blick zu heben. „Bitte versuche es. Friss nicht alles in dich hinein.“ „Ich habe immer noch Angst Snapes Portrait zu betrachten. Ich kann es echt nicht. Für die letzte Besprechung musste ich die Direktorin bitten sich in einem anderen Raum als ihrem Büro mit mir zu treffen.“ „Hm-hm...“, die Jüngere nickte verständnisvoll. „Und unsere Mannschaft dieses Jahr ist einfach grottenhaft. Gibt es denn keine guten Spieler mehr? Ron ist gut, du, ich, wenn ich das sagen darf, aber ansonsten... okay, Ragburr hat einiges drauf und auch Mac Duff ist nicht zu verachten, aber die anderen beiden...“, er schüttelte nur den Kopf und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Wir werden das Turnier dennoch gewinnen. Gegen Hufflepuff ist es doch gut gelaufen!“, sie warf ihm ein Lächeln entgegen, „Du setzt zu hohe Ansprüche.“ „Ein Spiel gegen Hufflepuff ist nicht aussagekräftig, oder?“, die grünen Augen wagten einen Seitenblick zu ihr, den er mit hoch und zusammen gezogenen Augenbrauen unterstrich. „Deine Meinung. Meiner Meinung nach sind wir gut. Nicht perfekt, aber gut genug für eine Schulmannschaft.“, sie kreuzte ihre Arme über der hohen Armlehne und bettete ihren Kopf darauf, „Nur bei den Hauspunkten führen wir nicht. Du musst wohl auch dieses Jahr eine Heldentat begehen, um uns zu retten.“ „Damit reicht es mir.“, ein müdes Lächeln legte sich auf seine Lippen, „Da lasse ich lieber Slytherin den Hauspokal gewinnen.“ „Womit wir beim Thema wären.“, ihr Gesicht hellte sich auf, „Slytherins Prinz – Draco Malfoy. Was lässt dich so seufzen?“ „Ginny!“, er verdrehte die Augen, „Er hat mich geküsst, okay?“, Röte legte sich augenblicklich auf seine Wangen. „Echt?“, ein breites Grinsen strahlte zu ihm herüber, „Wow. Wer hätte gedacht, dass er den ersten Schritt macht.“, sie zog wohlig die Schultern hoch und spannte ihre Rückenmuskulatur, „Kann er gut küssen?“ „Äh... ja...“, also darüber hatte er ganz sicher nicht nachgedacht, „Schockt dich das denn gar nicht?“ „Ach was, das war längst überfällig. Ihr umschleicht euch doch seit Monaten wie läufige Katzen. Also, was hast du gemacht?“, war das nur sein Eindruck oder glitzerten ihre Augen gerade? „Was soll ich gemacht haben?“ „Als er dich küsste!“, sie zog eine Schnute, „Und danach natürlich.“, die sich sofort wieder in ein Lächeln verwandelte. „Ähm... gar nichts? Was hätte ich denn machen sollen?“, er zog die Augenbrauen zusammen und den Kopf ein wenig ein. „Erwidern?“, fragte sie leicht säuerlich. „Nein!“, er erhob sich, „Ich... ich kann doch nicht... Ginny, was denkst du dir?“, seine Schritte trugen ihn zu Teds Korb, der auf dem Wohnzimmertisch stand, um das Kind hineinzulegen, „Er ist ein Mann. Männer gehören nicht zusammen. Es reicht schon, dass ich Zauberer bin, ich muss mich nicht auch noch als schwul outen.“, er schüttelte den Kopf, „Du bist meine ehemalige feste Freundin, verdammt! Gerade du solltest wissen, dass ich an Männern nichts finde.“ „Oder gerade ich sollte erkennen, dass es doch so ist.“, sie setzte sich wieder auf, „Und was du für ihn fühlst oder fühlen wirst, habe ich schon beim ersten Gespräch über ihn erkannt. Jetzt kämpfe doch nicht dagegen an.“ „Ginny!“, er drehte sich – ohne Baby – zu ihr, „Es reicht. Ich will davon nichts hören. Ich empfinde nichts dergleichen für Malfoy. Gar nichts! Und ich werde es auch nicht.“ „Harry...“, sie blieb ruhig, doch in den Ausdruck ihrer Augen mischte sich Mitleid, „Gib dem Ganzen eine Chance, bitte. Du kannst glücklich mit ihm werden, das habe ich längst erkannt. Weit glücklicher als mit mir. Er hat das, was dir an mir fehlt, damit du mich wirklich lieben kannst.“ „Nein, Ginny, nein!“, er fuhr mit beiden Händen durch seine Haare und schritt durch das Zimmer, „Natürlich hat er auch seine Qualitäten, aber doch nicht, um ein Leben mit mir zu führen. Das würde ihn zerstören. Und mich ebenfalls. Ich kann nicht mit einem Mann leben. Es geht nicht. Die Presse würde mein Leben zerstören!“ Sie schluckte und schwieg, wartete, bis er wieder Platz nahm, sich dabei nach vorne gebeugt den Kopf mit den Händen stützend, die sich noch immer in seine Haare gruben. „Das Problem ist nicht, dass du Draco nicht willst, oder? Das Problem ist, wie es euer Leben verändern würde.“, stellte sie nüchtern fest. „Ich...“, sein Blick legte sich auf sie, verharrte in dem ihren und wurde erst durch ihr Blinzeln wieder gebrochen, „Ja, ich denke schon. Sein Körper ist mir nicht zuwider. Eher ist er... attraktiv, ja. Aber...“, die Pupillen richteten sich wieder auf den Teppich, „Ich möchte einfach nur Ruhe. Irgendwo im Nirgendwo meinen ganz normalen Alltag mit Arbeit, Frau und Kind. Er möchte ein völlig extravagantes Leben in der High Society mit Lügen und Intrigen. Allein das wird schon niemals zusammenpassen. Und dann erst die Presse... es würde die reine Hölle werden. Ich bin kein kleiner Junge mehr, der sich ohne Bedenken um sich und andere in waghalsige Abenteuer stürzt. Davon hatte ich genug. Ich bin jetzt Vater und ich habe vor Ted ein schönes Leben zu bieten. Und das wird mit Draco an meiner Seite unmöglich sein.“ Der Schwarzhaarige lehnte nach außen hin ruhig an der Schlosswand, doch sein Inneres war pures Chaos. Die Worte, die er Ginny gesagt hatte, schwirrten fast zusammenhanglos durch seinen Kopf, rasten in ihm von links nach rechts und oben nach unten. Das mit Draco und ihm konnte nie etwas werden, das musste doch auch er wissen. Außerdem hatten sie doch gar keine Basis. Was wusste er denn von Draco? Sie hatten einander nie außerhalb ihrer Rollen erlebt – außer das eine Mal auf Malfoy Manor. Im Krieg allgemein. Sie kannten sich nur aus der Schule und dem Krieg. Und dem Einkaufen vielleicht noch. Aber sie hatten doch noch nie freizeitmäßig etwas unternommen – okay, hatten sie schon, aber nur einmal – wie sollte er sich da ein Urteil bilden? Sie hatten definitiv Gesprächsstoff. „Draco.“, der Jüngere hielt seinen Ton neutral. „Harry?“, der eben um die Ecke Gebogene dagegen schien eher unvorbereitet auf die Begegnung. Seine Lider waren in die Höhe geschossen, sein Kopf ebenfalls nach oben geschnellt und sein Körper daraufhin erstarrt. „Wollen wir?“, Harry hob ausladend die Hand in Richtung des Sees. Der Größere schluckte, nickte stockend und trat neben den Grünäugigen, der ihre normale Gehposition bezogen hatte. Harry reichte ihm seinen Arm nicht. „Harry... es...“, der Ältere wandte den Blick ab, was er für einige Minuten so beließ, während sie gingen – ebenso wie auch sein Schweigen anhielt, „Entschuldige, dass ich weg gerannt bin.“ „Ich kann verstehen, warum du es getan hast.“, der Schwarzhaarige löste seinen Blick von Ted, dessen Korb er für einen Moment neben sich hatte schweben lassen. „Ich... darf ich Angst vor deiner Reaktion haben?“ „Nicht in der Öffentlichkeit.“, erinnerte ihn Harry, „Aber zur Zeit sicherlich.“ „Gut.“, Silberauge schluckte, „Derzeit habe ich Angst.“ „Vor mir...“, die Worte des Dunkelhaarigen verloren sich in der Stille. „Harry... ich... ich... ach, verdammt! Sag was!“, der Ältere fuhr zu ihm herum. „Und was?“, sein Ton verriet eine vollkommene Ernsthaftigkeit, die Draco schweigen ließ, „Was soll ich schon sagen? Du hast deinen Traum vom Leben, ich habe meinen. Beide Träume passen nicht zueinander. Und erst recht passen sie nicht miteinander.“ Er wollte ihn nicht ansehen. Er wollte nicht sehen, was seine Worte anrichteten. Er wollte keinen Schmerz, keine Enttäuschung, keine Wut sehen. Nicht in diesem Gesicht. Und sie würde da sein, oder? „Das... ist wahr...“, Draco sprach merklich leiser, „Füreinander müssten wir eine Menge aufgeben...“, er seufzte, blieb stehen, wartete, bis auch Harry anhielt – und sich nicht umdrehte, „Ich habe lange darüber nachgedacht. Habe mit diesen Gefühlen in mir gekämpft und versucht sie einzuschließen. Und ich kann es nicht mehr...“, er verzögerte seine weiteren Worte durch ein Schluchzen, „Es tut mir Leid. Es tut mir so unendlich Leid, dass ich so schwach bin. Ich kann es nicht unterdrücken. Es ist meine Schuld. Ich zerstöre unsere Freundschaft auf solch eine schändliche Weise-“ „Sei still.“, unterbrach Harry ihn, fuhr herum und starrte ihn aus seinen dunklen, grünen Augen an, „Sei einfach still.“ „Entschuldige... natürlich...“, der Blonde senkte den Blick zu Boden, wie ein Büßer, der seine Strafe erwartete. „Du weißt, ich bin nicht dein Vater.“, murmelte der Jüngere, „Ich bin auch nicht Voldemort.“, er sah den Blonden leicht zusammenzucken, „Ich bin nicht Gott und auch kein Richter. Ich habe nicht die Position dich zu strafen...“, die Gestalt schien in sich zusammen zu sinken, „Aber hätte ich sie, würde ich es dennoch niemals tun.“, die Hände Dracos ballten sich zu Fäusten, „Du liebst, so wie mir scheint, das ist sehr gut. Aber du liebst unglücklich. Wir können nicht zusammen sein, das wissen wir beide. Und das Ende vom Lied ist, dass ich dich bemitleide ob deiner Gefühle... so wie ich mich ob meiner ebenfalls bemitleide.“ Die Kopf des Größeren schnellte in die Höhe, während der Schwarzhaarige tief seufzte und hinzufügte: „Wir sind nicht füreinander geschaffen. Wir werden niemals zusammen sein.“ „Weil ich... so bin?“, fragte Draco und warf einen angewiderten Blick auf den Gehstock, den er trug. „Und ich ich.“, der Jüngere fuhr sich durch die Haare, unter denen die Narbe noch immer zu erkennen war. „Es gibt keinen Ausweg?“, Harry schwieg, während der andere nah an ihn heran trat, „Würdest du mit mir fliehen?“ Doch der Held der Nation schüttelte nur den Kopf und strich gedankenverloren über Teds Wange. „Mann, Harry.“, Dean lehnte sich über den Tisch etwas zu ihm, „Du sahst auch schon mal glücklicher aus.“ „Vielleicht hat er einen Korb bekommen.“, stichelte Ron und warf dem Jüngeren einen vernichtenden Blick von der Seite zu. „Wozu braucht er einen Korb?“, fragte das weibliche Individuum an Deans Seite mit ihrer Singsangstimme. „Das ist eine Redewendung, Luna...“, meinte ihr Verlobter nur und seufzte. „Sie hat ganz Recht.“, meinte der Schulsprecher nur, „Ich brauche keinen Korb. Ich verteile sie schon.“, es sollte spaßig klingen, doch er konnte den Schwermut nicht aus seiner Stimme verdammen. „Du bist niedergeschlagen, weil du jemanden einen Korb gegeben hast?“, fragte Dean mit hochgezogenen Augenbrauen, „Warum das denn? Und um wen geht es?“ Selbst Rons Blick lag auf Harry, doch er schwieg, schließlich war er ja beleidigt – sturer Esel. „Eine Person, mit der ich keinesfalls...“, sein Blick fiel auf den Ring an Lunas Finger und er zeigte darauf, „...das sein kann. Mit der ich nicht einmal zusammenleben kann.“ „Du meinst doch nicht, dass er das...“, Ron verzog angeekelt das Gesicht – anscheinend war er gewillt wieder mit ihm zu reden, „Also... heilige Scheiße. Ich hab dir von Anfang an gesagt, dass das Mist ist. Himmel, das ist ja abartig...“ „Ron!“, der Jüngere wandte sich zu ihm und spießte ihn mit seinem Blick auf, „Würde ich so denken, wäre ich nicht niedergeschlagen, meinst du nicht?“ „Hä?“, es dauerte einige Sekunden, bis sich die Miene des Rothaarigen in blankem Entsetzen verzog, „Du... du meinst doch nicht etwa... äh...“ „Doch, verdammt. Ron, spiel meinetwegen weiter die beleidigte Leberwurst, aber versteh verflucht nochmal, dass ich ein bisschen anders bin, als du mich haben willst. Mir egal, ob du damit zurechtkommst oder nicht.“, der Schwarzhaarige befahl sich selbst seine Wut zurückzufahren. „Leute, ich weiß zwar nicht, was los ist, aber beruhigt euch bitte...“, Dean hatte beide gehoben und ließ sie langsam nach unten sinken, sein Blick zwischen beiden hin und her schnellend, „Kein Streit beim Frühstück, ja?“ „Sag mir nicht, dass ich ruhig sein soll, wenn Harry mir klar macht, dass er schwul ist!“ Die große Halle schien verstummt. So laut war Ron nicht gewesen, oder? Der Schwarzhaarige wollte nicht aufsehen. Es reichte ihm kein Gemunkel mehr zu hören. Das reichte, um ihm klar zu machen, dass sein angeblicher bester Freund es laut genug gesagt hatte. „Das ist echt widerwärtig...“, meinte er etwas leiser, doch er sank förmlich in sich zusammen. Wenigstens merkte er noch, dass er am laufenden Band Scheiße baute. Harry schluckte. Sie murmelten noch immer nicht. Noch konnte er aufspringen und es abstreiten. Konnte vor der ganzen Halle Ron zusammen schreien. Er könnte. Doch er verließ den Saal wortlos. „Widerwärtig“ London. Ganz recht, widerwärtig. So betitelte sicheren Quellen zufolge Ron Weasley gestern seinen langjährigen besten Freund Harry Potter, den Jungen-der-lebt. Spekulierten wir letztens noch über mehrere Affären des jungen Mannes, so wurden jetzt alle Theorien radikal über den Haufen geworfen. Schwul. Ja, liebe Leser, sie haben richtig gelesen: Harry Potter, unser aller Stolz, ist schwul. In seinem Entsetzen über solch eine Abartigkeit teilte der entrüstete jüngste Weasley seine Abscheu der großen Halle Hogwarts mit, wie unsere Quellen bestätigten. Andere Quellen sprechen jetzt schon von einem möglichen Mann an der Seite unseres ehemaligen Helden. Bisher dachte man sich nichts bei dem freundlichen Umgang, den der junge Potter zur Zeit mit dem Oberhaupt des Malfoyclans pflegt. Die neuesten Erkenntnisse rücken die Sache aber in ein ganz anderes Licht. Sprach Madame Malkin nicht von einem herzlichen, innigen Verhältnis der früheren Rivalen? Und das bringt weitere Fragen auf. Was macht ein langjähriger Todesser wie Draco Malfoy in der Freiheit? Was bewog das Gericht ihn von aller Schuld freizusprechen, obwohl er es war, der den Anhängern von Sie-wissen-schon-wem das Tor nach Hogwarts öffnete und beim Angriff auf die Schule in vorderster Front stand? Und warum soll seine Mutter, die über zwanzig Jahre zu den Todessern zählte, schon bald entlassen werden? Besteht ein Zusammenhang zwischen der unglaublichen Bevorzugung der Malfoys und dem schwulen Bezwinger von Sie-wissen-schon-wem? In weiterer Recherche vertieft, ihre Rita Kimmkorn (weitere Artikel Seite 3-6) Harry ließ fassungslos die Zeitung in seinen Händen sinken. Das konnte... es konnte einfach nicht wahr sein. Unmöglich. Das hier war ein Produkt seiner Alpträume. Das hier war keine Realität. Es war eine Vorstellung, ein Gedanke gar, nicht mehr als eine leise Angst. Das Papier fiel mit einem Rascheln auf den Tisch, glitt ab, verteilte sich auf dem Boden. Irgendwo hinter dem jungen Mann musste die Titelseite des Tagespropheten mit dem großen Bild Harry Potters zu seinem Antritt als Schulsprecher sein – kurz darunter ein Kinderbild Draco Malfoys. Elf Jahre vielleicht, höchstens zwölf. Kimmkorn hatte es auf sie abgesehen. Das Kinderbild sollte die Abartigkeit verstärken. Er musste sich nun souverän verhalten. Eine öffentliche Erklärung war vonnöten – alles Gedanken, die sein Bewusstsein vielleicht streiften, aber nicht eroberten. Er verharrte in seiner gekrümmten Position am Tisch. Ruhe wollte er. Nur Ruhe. Sowie Draco nur sein Ansehen wieder haben wollte. Seine Worte hatten alles zerstört. Er sah langsam auf. Rons Worte. Nicht seine – Rons. Der Blick der grünen Augen fiel auf den Rotschopf. „Ruhe! Ruhe!“, McGonagall klatschte in die Hände, doch das Gemurmel konnte sie nicht übertonen, sodass sie den Zauberstab hob, „Sonorus!“ Instinktiv hoben die älteren Schüler die Hände an die Ohren. „Vielen Dank. Seien sie nun ruhig und nehmen sie ihre Plätze wieder ein.“, sie löste das Holz von ihrem Hals, „Danke. Nun, viele von ihnen halten einen Tagespropheten in der Hand. Was sie vor sich sehen, ist öffentlicher Rufmord und Verleumdung. Darauf stehen bis zu zwei Jahre Askaban.“, mehrere Schüler zogen scharf die Luft ein, „Mister Potter, Mister Malfoy – bitte folgen sie mir unverzüglich in mein Büro zwecks einer Anzeige.“ Harry schluckte, die Augen an den Lehrertisch gebannt. Sie wollte sie beide aus der Situation rausholen. Wollte unbedachtes Handeln vermeiden. Er atmete tief durch. Danke an die Schulleiterin – sie rettete ihn. Der Schwarzhaarige warf einen raschen Blick zu Draco, der sich ebenfalls erhob und zum Portal der großen Halle strebte – anmutig, stolz, arrogant, desinteressiert, leicht genervt. Genau so, wie sein Vater es von ihm erwartet hätte. Harry konnte die Wut nicht so einfach schlucken. „Diese verdammte Moorhexe...“, knurrte der Jüngste, nachdem er hinter sich das Portal geschlossen hatte, sich an Dracos Seite gesellte und sich Richtung Wasserspeier aufmachte, „Scheißkuh. Die kann einem echt den Tag ruinieren.“ „Was sollen wir tun?“, fragte der Blonde mit leiser, zittriger Stimme. „Anzeige, öffentliche Erklärung, Interviews – du dürftest dich besser auskennen, oder? Was hat dein Vater gemacht, als man ihn verleumdet hat?“ „Gehandelt...“, der Größere griff nach Harrys Hand und drückte sie fest, „Was ist, wenn sie Mama jetzt nicht freilassen?“ „Dann hole ich sie persönlich raus, keine Sorge.“, der Jüngere entzog ihm diese wieder, gab ihm dafür die andere und legte einen Arm um seine Schultern, „Und Kimmkorn wird bluten...“ Im Gehen drückte er mit seiner ungewöhnlichen Umarmung Draco so gut es ging an sich. Für Harry ging es nur darum, ob er weiter verehrt oder wieder gehasst wurde. Für Draco ging es im Zweifelsfall sogar um sein Leben. Diese verdammte Kimmkorn! „Kommen sie herein.“, bat die Schulleiterin, die – wie auch immer sie das geschafft hatte – bereits in ihrem Büro saß. Harry blieb jedoch stehen. Die Arme fest um den Blonden geschlungen, den Blick durch die offene Tür geradewegs auf den Schreibtisch zu. Das massive Holzmöbelstück, dahinter die Direktorin, dahinter... der Schwarzhaarige schluckte. Er konnte Dracos fragenden Blick förmlich spüren. Doch einen Blick spürte er noch mehr. „Was denn, Potter, immer noch Angst vor mir?“, schnarrte es links hinter McGonagall, „Ich bin ein Bild, was soll ich ihnen schon tun?“ Ein Arm legte sich um seine Taille, seine Linke wurde an der Hand, die sie hielt, über die Schulter des jungen Mannes neben ihm gelegt. Diese ihm vertraute Hand fuhr in sein Haar, drückte seinen Kopf sanft gegen in die Halskuhle des Größeren. Tief atmete er dessen Duft ein, während es vor seinen Augen dunkel wurde. „Was für ein Geschmuse...“, neben Snaps Stimme war nichts mehr zu hören, nicht einmal mehr das Kratzen von McGonagalls Feder, „Willst du mir etwa andeuten, dass über euer Verhältnis die Wahrheit gesprochen wurde, Draco?“ Harry krallte sich an den Älteren. Scheißegal, was Snape dachte. Scheißegal, was alle dachten. Scheiße... das Anspannen der Muskeln half nicht sein Zittern zu verbergen. Er bebte. Draco war das einzige, was ihn gerade auf den Füßen hielt. „Nein, Sir.“, antwortete dieser mit klarer, fester, doch emotionsloser Stimme, „Wir sind ganz sicher kein Liebespaar. Ich war selbst überrascht über die Behauptung, Harry sei homosexuell. Ich habe keinerlei solcher Tendenzen bei ihm bemerkt.“ „Das ist sehr überzeugend, wo er sich gerade in ihre Umarmung kuschelt... Mister Malfoy.“, Snape betonte die letzten beiden Worte. „Entschuldigen sie meinen schwachen Moment, der Artikel hat mich ungewöhnlich aus der Fassung gebracht.“, erklärte der Malfoyerbe kalt, „Und dass Harry durch ihren Anblick erschüttert ist, daran habe ich keinen Anteil. Ich habe nur nicht vor ihn die Treppe hinabfallen zu lassen.“ Sehr überzeugend, wo er ihn gerade bereitwillig in eine Umarmung gezogen hatte. Harry seufzte. Er musste Draco beistehen. Er musste für ihn stark sein. Wer wusste schon, wie lange die Maske halten würde. „So schlimm sieht er nun auch nicht aus.“, mischte sich eine alte, amüsierte Stimme ein. Der dunkelhaarige Kopf schnellte nach hinten und drehte sich, sodass die grünen Augen sich auf die beiden Bilder an der Wand richten konnten. „Ihnen würde ich die Homosexualität ohne zu Zögern unterstellen.“, zischte der zur Seite sehende Snape seinem Bildnachbarn zu. „Meine Herren, wir haben ein dringenderes Problem.“, erinnerte Professor McGonagall sie alle. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)