Eisengel von Gepo (Einige Monate später) ================================================================================ Kapitel 2: Schmerz ------------------ In meinen Träumen, die ich nicht träumen kann, begegnen wir uns zwei, du ziehst mich in deinen Bann. Zum Schweigen verdammt, in Einsamkeit verloren, nur dein schreiender Blick, aus Verzweiflung geboren. Stumm stehe ich da und sehe dich schrei’n. Sag, wird der Schmerz je vorüber sein? Harry wiegte das Kind auf seinem Arm und sang leise dabei. Ob Ted wohl träumte? Möglich wäre es. Er wachte einmal die Nacht auf und schrie, weil er Hunger hatte, ansonsten schlief er durch – zumindest wenn Harry es als Normalität ansah morgens um sechs Uhr herum aufzustehen. Aber für ihn war es das schon. Es sorgte wenigstens dafür, dass er jeden Morgen anderthalb Stunden mit Lesen verbrachte, bevor er in die große Halle ging. Das hatte ihm ein großes Sortiment neuer Sprüche eingebracht. Von optimierten Abwaschzaubern über das Geheimnis, wie man Bilder zum Leben erweckte, bis hin zu Beschwörungsformeln. Von letzteren hatte er nur eine ausprobiert und nach einem einstündigen Gespräch mit seiner frisch beschworenen Python hatte er sie unter Kampfzauber abgelegt. Sein Sortiment an Angriffszaubern war zwar ausreichend, aber an sich klein. Daran wollte er zu gegebener Zeit arbeiten. Derzeit war es eher Zaubertränke, das ihm Sorgen machte. Eher gesagt, um das er sich Sorgen gemacht hatte. Er hatte mit Erlaubnis der Direktorin noch mal Snapes Wohnraum besucht – er konnte dem Portrait noch immer nicht unter die Augen treten – und ein Buch von Salazar Slytherin entdeckt. Es enthielt so ziemlich alle Raffinessen des Brauens, die er brauchte, plus Snapes Anmerkungen – was bewirkte das Rühren im und gegen den Uhrzeigersinn, welcher Sinn streckte hinter dem Regeln der Temperatur, was hatte Auswirkungen worauf. Im Endeffekt war Zaubertränke wie Kochen, nur ein wenig schwieriger. Und er lernte langsam die Feinheiten. Malfoy schien sie schon zu kennen, wie der Schwarzhaarige bemerkt hatte, denn er veränderte die Temperatur öfter und schien beim Zubereiten und Einstreuen der Zutaten einem Harry noch unbekanntem System nachzugehen. Auf jeden Fall sah es sehr mystisch aus. Er würde schon noch dahinter kommen, er hatte das Buch schließlich erst halb gelesen. Ansonsten wäre es wohl sehr zu empfehlen, wenn er sich noch vier Stunden Schlaf gönnte, entschied Harry und legte den schlafenden Ted zurück in sein Bettchen. „Schlaf gut, Teddy.“, flüsterte der Achtzehnjährige und setzte einen sanften Kuss auf die Stirn des schlafenden Babys, während er ihn zudeckte. „Gut geschlafen?“, fragte Ron ruhig und gesellte sich mit den anderen Gryffindors zu Harry, der in deren Gemeinschaftsraum auf sie gewartet hatte. „Sehr gut.“, bestätigte der Jüngere und warf einen Blick zu Ginny, die sich über Teds Korb gebeugt hatte und dem Kind beim Schlafen zusah, „Ich gewöhne mich langsam an diesen Vier-Stunden-Rhythmus.“ „Das ist gut.“, sagte die junge Dame, um ihren Bruder nicht zu Wort kommen zu lassen, der schon wieder so aussah, als wollte er Harry sagen, dass er mit einer Frau an seiner Seite sich die Arbeit teilen könnte. Die beiden hatten dem Rotschopf erst am letzten Wochenende erklärt, dass sie nicht wieder zusammenkommen würden und Ron schien es nicht kampflos akzeptieren zu wollen – obwohl er im Endeffekt wusste, dass nichts mehr zu ändern war. „Kannst du dich vielleicht heute Nachmittag um ihn kümmern? Ich habe meinen ersten Vortrag.“, fragte der Schwarzhaarige sie, obwohl das eigentlich schon geklärt war – aber das musste Ron ja nicht wissen. „Natürlich.“, stimmte Ginny mit einem verstehenden Lächeln zu, „Ich denke, ich werde mich mit ihm draußen in die Sonne setzen. Mama sagt, Sonnenlicht ist wichtig für kleine Kinder und wir verbringen schließlich fast den ganzen Tag im Schloss.“ „Gute Idee.“ „Und bei wem hast du deinen Vortrag?“, erkundigte Seamus sich, der in letzter Zeit öfter mit ihrer Gruppe ging. „Bei den Erstklässlern, glaube ich. Also der totale Sprung ins Wasser.“, Harry zuckte mit den Schultern, „Ich frage mich ganz ehrlich, ob ich ihnen schonungslos die Wahrheit sagen soll. Aber eigentlich dürfte man mit elf Jahren bereit dazu sein, oder?“ „Fragst unbedingt du, der mit elf ein Troll besiegt hat und zweifach Du-weißt-schon-wem begegnet ist.“, warf Ron ein. „Der Troll geht auf dein Konto.“, verteidigte sich der jetzt vollkommen im Mittelpunkt Stehende. „Erzählst du uns noch mal die Geschichte mit Fluffy und dem Stein? So als Vorbereitung auf heute Nachmittag?“, fragte die Rothaarige nach, die neben Teds Korb herging. Harry seufzte. In letzter Zeit hatte sie irgendwie öfter solche Ideen. Aber was sollte es schon? Eigentlich machte ihm das Erzählen Spaß. Besonders solch alter Storys seines verrückten Lebens. Es machte wirklich Spaß. „…der Zauberstab erkannte mich und sogleich richtete Voldemorts Todesfluch sich gegen ihn selbst und traf ihn mitten in der Brust.“, Harry ließ eine bedeutungsvolle Pause, während der er seinen Blick über die versammelte, gespannt lauschende erste Stufe wandern ließ, „Und das war sein Ende. Sein eigener Zauber tötete ihn. Und damit war der Krieg endgültig zu Ende. Die Todesser waren entweder tot oder konnten gefasst werden. Und jetzt ist Hogwarts wieder der sicherste Platz der Erde.“ Lächelnd lehnte er sich zurück. Das war doch richtig gut gelaufen. Die Masse von Schülern hatte förmlich an seinen Lippen gehangen. Na ja, er hatte ja auch lange geübt. Die Geschichte hatte er jetzt oft genug erzählt. Allerdings hatte es ihm zum ersten Mal gefallen. Dieses Publikum war weit besser als irgendwelche Ministeriumsarbeiter oder eine Gruppe düster dreinblickender Ordensmitglieder. Was ihn jedoch überraschte war, als die Kleinen zu klatschen anfingen. Das war… einfach nur… Harry fuhr sich verwirrt durch die Haare und warf Professor Weasley einen Blick zu, der allerdings nur lächelnd mitklatschte. „Äh… danke. Ihr wart ein tolles Publikum.“, brachte er hervor, als der Beifall noch immer nicht abebbte und musste nur ein paar Momente warten, bis es ruhiger wurde, „Hat jemand Fragen?“ Eine Hand schoss in die Höhe. Ein blondes Mädchen gehörte dazu. Ihr Gesichtsausdruck erinnerte Harry erschreckend genau an Hermine. Mal schauen, ob er mit seiner Charaktereinschätzung richtig lag. „Hatten sie Angst?“, fragte die Kleine mit heller Stimme, „Als sie erfuhren, dass sie sterben müssen, hat ihnen das Angst gemacht?“ Das Lächeln wich aus seinem Gesicht, ersetzt durch einen nachdenklichen, ernsten Ausdruck. Er konnte den fragenden Blick Bills spüren, doch seine Augen waren auf das Mädchen gerichtet, während er einige Sekunden später antwortete: „Ich habe auf der Reise und während des Kampfes sehr oft Angst empfunden oder gezweifelt. Aber nachdem ich verstand, was du tun war, war sie einfach weg. Und mit ihr jedes Gefühl. Auf meinem Weg zu Voldemort habe ich nur einmal etwas gespürt und zwar, als ich meine ehemalige Frau Ginny Weasley sah.“, Freundin war irgendwie ein zu geringes Wort für sie, „Es war Sehnsucht. Ich wollte leben. Aber ich wusste, wenn ich lebe, dann würden tausende andere sterben. Und so habe ich auch diese Gefühle verdrängt. Als ich dann mit den Toten sprach, hat es mich allerdings zuerst vor Angst zerrissen. Ich hatte große Angst vor dem Tod. Ich hatte Angst vor den Schmerzen, die er mit sich bringen könnte. Aber die Toten haben mir versichert, dass es nicht wehtut. Und danach war die Angst verloschen. Ich wusste, Voldemort wollte mich tot sehen und ich wusste, dass ich sterben musste. Und ich wusste, dass ich damit alle retten würde. Also habe ich mich ihm ausgeliefert.“ Bei seiner Erzählung hatte er diesen Teil sehr kurz gehalten. Nicht nur, weil er die Kinder nicht damit belasten wollte, sondern auch, weil genau diese Ängste, dieser Schmerz jedes Mal sein Herz peitschen, wenn er nur an dieses Geschehen dachte. Es zerriss ihn. Auch jetzt. Und doch hatte er nicht vor die Träne wegzuwischen, die seine Wange entlang lief. „Aber es hat wehgetan, oder? Sie weinen.“, wies sie ihn sehr leise darauf hin. „Weißt du… auch wenn dein Kopf dir eines sagt, dein Herz sagt oft etwas anderes. Ich wollte leben. Ich wusste, ich konnte es nicht, es war unmöglich. Aber dennoch wollte ich leben. Mehr als alles andere. Und darum habe ich mich auch für das Leben entschieden. Und ich kann dir versichern, dass man mich im meiner Vision ernsthaft vor die Wahl gestellt.“ Ein anderes Mädchen zog scharf die Luft an und klammerte sich an ihre Freundin. Ob er zu viel gesagt hatte? Sollte man Kinder mit Themen wie dem Tod belasten? Hoffentlich war er nicht zu weit gegangen. „Gibt es noch andere Fragen?“, meinte er als Ablenkung und strich mit der Hand über seine Wange, um die vereinzelte Träne doch noch zu entfernen. Die kleine Blonde meldete sich noch einmal und er nickte ihr zu. „Was genau ist auf Malfoy Manor geschehen?“ Stimmt, das Thema hatte er in drei Sätzen abgehandelt. Sie kamen an, konnten fliehen durch den Hauself Dobby und fanden dabei heraus, dass ein Horkrux wahrscheinlich in Bellatrix Lestranges Verließ in Gringotts war. Ansonsten kein Wort. Und mehr sollte auch niemand von den Schülern erfahren, Malfoy hatte sicherlich schon genug durchzustehen. „Du bist Professor Granger zu ihrer Jugendzeit sehr ähnlich.“, stellte Harry lächelnd fest, „Sie wollte mit elf Jahren auch immer alles ganz genau wissen. Nun ja, sie will es heute noch.“ Einige der Kinder lachten darüber. „In Malfoy Manor ist nichts geschehen, was Draco Malfoy in irgendeiner Form belasten würde. Ansonsten bin ich dafür, dass seine Privatsphäre geschützt wird.“ Die Kleine kaute auf ihrer Lippe, doch sie gab sich anscheinend mit der Antwort zufrieden. „Hast du noch eine Frage?“, meinte Harry mittlerweile amüsiert – sie war Hermine in klein. „Wie kommen sie zu einem Sohn, Sir? Sie waren doch die ganze Zeit in der Wildnis.“ Ach, du… die Blonde war aufgeklärt, wie es aussah. „Ted ist der Sohn von Professor Remus Lupin und Nymphadora Tonks, beide Mitglieder des Ordens des Phönix und gestorben im Kampf um Hogwarts. Mir wurde das Sorgerecht für Ted übergeben, weil ich sein Patenonkel bin. Und ich habe ihn direkt adoptiert, wodurch er nun mein Sohn ist.“, erklärte der Schwarzhaarige mit wieder abgekühlten Ton. Nicht an die Leichen denken. Er durfte jetzt nicht an die Leichen denken. Nicht an- Harry schloss die Augen. Weg. Weg mit diesem Bild. Ted in seinem Babybett. Ted auf Ginnys Arm. Ted in seinem Körbchen. An Ted denken. „Alles in Ordnung, Harry?“, flüsterte der Professor, der ihm eine Hand auf die Schulter gelegt hatte. „Ja.“, erwiderte Harry nach einem tiefen Durchatmen, „Alles in Ordnung.“, er richtete seine Brille, „Hat noch jemand Fragen?“ Stille. Keine Hand hob sich. Anscheinend niemand. „Harry? Wie geht es dir?“, fragte Ginny beunruhigt, während sich Angesprochener neben ihr ins Gras setzte, sich Ted in den Arm legen ließ und seinen Blick auf den See richtete. „Genau so, wie man sich eben fühlt, wenn man seine Alpträume gefühlsmäßig komplett noch mal durchlebt.“, gab er ihr abweisend als Antwort. Wie sie es immer tat, verstand sie ihn auch diesmal, schwieg und legte ihre Arme um ihn. Manchmal war sie wahrlich ein Engel. Wie Hermine, nur dass diese keinen so intensiven Körperkontakt zuließ und sicherlich gerade unterrichtete. Ginny war neben ihrer Mutter die einzige, die sich jemals so um ihn gekümmert hatte. Wie eine… Mutter. Oder Schwester. Eines von beidem hatte er wohl in ihr gesucht. Er war wahrlich gestört in manchen Dingen. „Ein Mädchen hat gefragt, was ich gefühlt habe, als ich kurz vor meinem Tod stand.“, die Rothaarige strich eine Strähne aus seinem Gesicht, doch sein wirres Haar ließ sich nicht bändigen, „Ich hatte eine Menge Angst, aber ich hatte auch Sehnsucht. Nicht nur Sehnsucht nach dem Leben, sondern auch… nach dem Tod.“, er schluckte, „Den letzten Teil habe ich ausgelassen bei meiner Antwort. Ich wollte damals wirklich tot bleiben. Ich hatte meine Aufgabe erfüllt, ich musste nicht mehr zurück. Ich hätte zu meiner Familie gehen können.“, er atmete tief durch und störte sich nicht an den Tränen, die schon wieder über seine Wangen liefen, „Aber ich habe es nicht getan… ich musste an dich denken. An dich, Hermine und Ron. Und Neville, Luna, Dean, Bill, Fleur, Charlie und George. An alle, die damals auf mich warteten… aber manchmal frage ich mich dennoch, ob es richtig war. Es war so schön in diesem Licht. Es tat so unglaublich gut.“, er schloss die Augen, „Macht mich das zu einem schlechten Menschen?“ Ginny ließ sich ein paar Sekunden Zeit, um über ihre Antwort nachzudenken und begann ihn in der Zwischenzeit zu schaukeln. „Nein.“, sagte sie schließlich, „Ich glaube, jeder Mensch denkt einmal im Leben darüber nach, ob es nicht besser wäre tot zu sein. Und bei diesem Menschen warten nicht so viele, die sie über alles lieben, im Jenseits. Sie wollen der Welt entkommen. Du bist anders. Du willst nicht nur der Welt entkommen, die für dich so viel Schmerz bereithielt, sondern auch die Menschen sehen, die dir so viel bedeuten. Und beides ist sehr gut nachvollziehbar. Wichtig ist im Endeffekt nur, was du tust. Und du hast das Leben gewählt. Deine Hintergedanken machen diese Tat nicht schlecht. Du hast es mehr für uns als für dich getan, das macht es für mich selbstlos und damit gut. Und mehr zählt für mich nicht.“, sie rückte näher zu ihm, „Allerdings wäre ich dir sehr böse, wenn du dich jetzt plötzlich doch gegen das Leben entscheidest. Das wäre Ted und deinen Freunden gegenüber nicht fair.“ Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen und sein Kopf schmiegte sich an Ginnys, der auf seiner Schulter weilte. Das würde er nicht. Komme, was wolle. Er hatte nicht all das überlebt, um nun freiwillig aufzugeben. Aber wofür sollte er leben? Für Ted und seine Freunde? War das ein Grund? Das konnte nicht der Sinn hinter allem sein. Er musste auch für sich selbst leben. Aber das erschien so… schwer. Wie musste es da sein nur für einen Namen zu leben? Wie konnte Malfoy leben? Oder verbot sein Stolz ihm den Freitod? „Wieso begeht Malfoy keinen Suizid?“, richtete er die Frage an Ginny. „Ich weiß es nicht.“, erwiderte sie ehrlich, „Er hat die Chance sich ein Leben aufzubauen. Er hat Geld, Freiheit, Macht… er hat tiefe Wunden, aber sie haben beste Chancen zu heilen.“ „Ohne Freunde? Ohne Familie? Ohne Liebe?“, fragte der Schwarzhaarige zweifelnd nach. Von den Rothaarigen kam ein Glucksen. „Was?“, wie konnte sie sich in so einer Situation amüsieren? „Man hört, ein gewisser Schönling würde in letzter Zeit öfters mit dir spazieren gehen.“ „Na und?“, was hatte das eine mit dem anderen zu tun? „Ist Malfoy ohne Freunde?“ Harry schluckte. „Na… na ja… ähm… wir gehen nur spazieren.“, könnte es sein, dass ihm das Blut in den Kopf schoss? „Wir unterhalten uns nicht einmal. Wir gehen nur schweigend nebeneinander her.“ „Sonst nichts?“, fragte die Jüngere erstaunt. „Sonst nichts.“, bestätigte der Grünäugige und strich geistesabwesend über Ted Wange, „Ich denke viel nach und er… geht halt neben mir. Das ist alles.“ „Wirklich?“, bohrte sie weiter. „Alles andere habe ich dir erzählt.“, berichtete er wahrheitsgemäß – ihr musternder Blick schien dasselbe festzustellen, denn sie lehnte sich wieder an ihn und blickte auf den See. „Könntest du dir denn vorstellen mit ihm befreundet zu sein?“ Harry hob erst eine, dann die andere Augenbraue auf diese Frage. „Ist das dein Ernst?“, kam es einige Sekunden später von seiner Seite. „Natürlich ist das mein Ernst. Ihr geht zivilisiert miteinander um, das ist ein großer Fortschritt. Warum nicht weiter schreiten?“ „Weil er ein Malfoy ist? Er ist ein eingebildeter, arroganter Schnösel, selbst wenn das meiste gespielt ist. Der private Malfoy kann ja ganz freundlich sein, aber nicht der öffentliche. Und ich glaube, da steht außerdem eine sehr lange, schmerzhafte Vergangenheit zwischen uns.“ „Schließ’ ab mit ihr.“, erwiderte die Rothaarige sofort, „Wenn sie für euch beide schmerzhaft war, weg damit, schrei’ den Schmerz raus und versuche einen Neuanfang.“ Dieses Mal wanderten direkt beide Augenbrauen in die Höhe. „Sie belieben zu scherzen, Madam?“ „Nein, ich meine das ernst. Schau mal, Malfoy hat doch schon den ersten Schritt gemacht und einen Waffenstillstand angeboten und er geht andauernd mit dir spazieren. Wie weit soll er dir denn noch entgegen kommen? Siehst du denn nicht, wie gerne er dich näher kennen lernen würde? Ich glaube, das letzte Jahr hat ihn sehr verändert. Sieh’ dir diese Veränderung doch erst einmal an, bevor du dich gegen ihn entscheidest. Gib’ ihm wenigstens eine Chance.“ „Soll ich denn einfach vergessen, was er getan hat?“, konterte Harry lauter, als er eigentlich wollte, während er aufsprang, „Soll ich die Toten und den Schmerz einfach so beiseite schieben?“ Ein leises Schluchzen riss ihn sofort aus seinen Gedanken. Idiot! Ruhe in der Nähe eines Babys! Und auch nicht mit einem Kind auf dem Arm aufspringen! „Ssssh… ssssh…“, er wiegte Ted, damit der Kleine sich wieder beruhigte, „Tut mir Leid, mein Kleiner. Entschuldige.“, er hob das wieder ruhige Kind an und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor er es sanft weiter schaukelte und sich dabei niederließ, „Ginny… deine gute Intention in allen Ehren, aber ich habe zwei Leute durch seinen Einfluss sterben sehen. Und auch Professor Snape wäre vielleicht noch am Leben, wenn…“, eine Träne rann einsam über seine Wange, „Ich kann einfach nicht.“, es war nur noch ein Flüstern. „Ich muss mich auch entschuldigen…“, erwiderte sie mit gesengtem Blick, „Ihr müsst auch nicht heute auf morgen gute Kumpels sein. Ich meine nur… nimm es als Möglichkeit. Vielleicht kannst du eines Tages die Toten ruhen lassen.“ Harry deutete ein Nicken an, doch endete in einem leichten Kopfschütteln mit geschlossenen Augen. Malfoy wollte seine Freundschaft? So hätte er es gar nicht gedeutet… ob er eines Tages die Dinge, die im Zusammenhang mit ihm geschehen waren, zugunsten einer Freundschaft übersehen konnte? Oder… verzeihen? „Ich glaube nicht, dass ich ihm verzeihen kann…“, murmelte der Schwarzhaarige, „Ich kann es verstehen und ich kann es nachvollziehen, aber… es hätte andere Wege gegeben. Bessere.“ „Schwerere.“, warf die Jüngere ein, „Und er hatte nie Vertrauen in Dumbledore, bedenke das. Er hat das getan, was er in seiner Situation und seinen Kompetenzen als das Sinnvollste ansah.“ Ein Lächeln schlich sich auf Harrys Gesicht, bevor er weiter sprach: „In seinen Kompetenzen, ja? Spielst du darauf an, dass er ein unglaublicher Feigling ist und kaum in der Lage etwas eigenständig zu regeln?“ „Ich gebe zu, dass er ziemlich verzogen ist.“, erwiderte die Rothaarige mit einem Lächeln, „Aber er hat jetzt niemanden mehr, an den er sich wenden kann. Er wird das jetzt lernen müssen. Und zwar ganz allein, nach dem Prinzip Fall-auf-die-Schnauze-und-steh-wieder-auf.“ Der Grünäugige unterdrückte ein Lachen. „Er hat nicht einmal jemanden, der ihm aufhilft.“ „Wenn du so viel Mitgefühl für ihn hast, wieso freundest du dich nicht mit ihm an?“ „Ich habe einen Namen zu vertreten.“, erwiderte sie und hob ihre Nase in einer Art, wie man sie sonst von Malfoy gewohnt war, „Seine und meine Familie liegen seit mehreren Generationen im Streit. Ich würde meiner Familie Schande bereiten, wenn ich mit ihm Umgang pflegen würde.“ „Nicht noch so eine…“, maulte Harry leise, „Was vertreten denn bitte die Potters?“ „Wie du weißt, stammen die Potters von Godric Gryffindor sowie von den Peverells ab.“, sie schien seine Frage vollkommen ernst zu nehmen, „Du vereinigst somit das Blut von Gryffindor und Slytherin. Da diese Feindschaft also aufgehoben ist, ist der Potter-Clan eine neutrale Familie. Es gibt niemanden, mit dem sie von Ahnen an im Streit liegen. Um genau zu sein: Du hast Narrenfreiheit. Das einzige, wofür die Potters bekannt sind, ist liberal, offen und öfters etwas chaotisch zu sein.“ „Ja, chaotisch bin ich…“, er spielte mit Teds kleiner Hand – der Junge hatte anscheinend entschlossen ein bisschen wach zu bleiben, „Ob du wohl auch mal so wirst wie ich? Weißt du, ich habe zu meinem ersten Geburtstag einen Besen bekommen, willst du auch einen?“ „Harry, ich würde damit wirklich noch warten. Mit einem Jahr hat man kaum Kontrolle über so ein-“ „Du wirst schon so überbesorgt wie Hermine. Ich habe es überlebt, oder? Ich habe sogar ein Bild von mir auf diesem Besen. Ich wette, Ted kann das auch.“ Die Rothaarige rollte nur mit den Augen, bevor beide in eine lange Diskussion über Kinder und Erziehung verfielen – verfolgt von Teds derzeit braunen Augen. „Malfoy?“ „Ja?“, der Blonde schien nicht einmal irritiert urplötzlich angesprochen worden zu sein, obwohl sie sicherlich schon eine Viertelstunde spazierten. „Ich wollte dir nur sagen, dass du dich an mich wenden kannst… wenn du Probleme hast oder so.“, der Grünäugige starrte stur auf Teds Korb, der ein schlafendes Baby enthielt, „Ich meine, falls etwas mit der Schule ist oder deinen Mitschülern in Slytherin oder… so was halt. Als Schulsprecher bin ich Vertrauensschüler der Vertrauensschüler.“ Er konnte den stechenden Blick der silbergrauen Augen in seiner Seite spüren, während sie einige Sekunden stumm weitergingen. Mit Ende dieses Starrens seitens Malfoy, wurde auch die Stille durch ihn gebrochen: „Danke…“ „Keine Ursache.“, erwiderte der Schwarzhaarige flüsternd. Bitte, er war auf ihn zugegangen. Zufrieden, Ginny? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)