Siegel der Schatten von heavenfly ================================================================================ Kapitel 20: Kampf ----------------- 20. Kampf Der Himmel war stark bewölkt und der Wind zerrte heftig an den Umhängen der fünf Zauberer, die auf ihren Besen ihrem Ziel entgegen jagten. Remus zitterte leicht und murmelte einen etwas stärkeren Wärmzauber auf sich selbst. Das war schon besser. Warum musste er auch gerade heute für den Patrouillendienst eingeteilt sein. Seufzend dachte der Mann an sein warmes Zimmer in Hogwarts zurück – und an Severus, der jetzt vermutlich in seinem Bett nicht so fror wie Remus hier draußen. Ein leichtes Kichern übertönte wie auf Kommando das Heulen des Windes und Remus warf wieder einen grimmigen Blick neben sich zu Fred und George. Langsam gingen ihm die beiden auf die Nerven. Schon seit sich ihr Trupp in der Winkelgasse versammelt hatte, um zu ihrer nächtlichen Patrouille über London aufzubrechen, hatten die beiden Zwillinge bei seinem Anblick ständig die Köpfe zusammen gesteckt und getuschelt. Remus musste nicht überlegen, warum das so war. Harry, Hermine, Draco und Ron tauschten mit den beiden Weasley-Zwillingen noch immer Nachrichten aus und es war kein Wunder, dass dabei auch das neueste Hogwarts-Schulgespräch dabei gewesen war. Wieder kicherte Fred – oder war es George? – und Remus schüttelte nur resignierend den Kopf. Vermutlich war es Ron gewesen, der es nicht hatte erwarten können, seinen beiden Brüdern die Neuigkeit über ihrer aller „Lieblingslehrer“ mitzuteilen. Zum Glück der drei Weasleys wusste Remus jedoch sehr sicher, dass sie es nicht böse meinten und sich hüten würden, irgendetwas gehässiges über Severus zu sagen. Harry hatte Ron sehr deutlich ins Gewissen geredet und Remus war seinem Fast-Patensohn dankbar dafür. Sie mussten Severus Snape ja nicht plötzlich mögen, aber sie sollten akzeptieren, dass Remus Gefühle für den Zaubertränkelehrer hatte und jede Beleidigung des Slytherins auch eine Beleidigung für Remus war. Ron hatte das begriffen und Fred und George machten sich auch nur einen Spaß daraus, kichernd und tuschelnd neben ihm herzufliegen. Weasleys waren manchmal schon ein komisches Völkchen. Doch als Fletcher, der Auror an der Spitze ihrer Gruppe, das Zeichen gab, dass ihr Ziel nicht mehr weit entfernt war, sah sich Remus dann doch genötigt, seinen Besen näher an die beiden jungen Männer heran zu steuern. „Würdet ihr jetzt bitte mit dem Kinderkram aufhören? Wir sind fast da und ihr solltet euch konzentrieren.“ Fred und George nickten ernst, meinten dann aber mit einem verschmitzten Grinsen: „Es ist nur so schwer vorstellbar, dass die Fledermaus mit Rosen im Arm unter deinem Fenster steht und dir Liebesballaden vorträgt.“ Remus Gesicht musste sehr verblüfft ausgesehen haben, denn beide Weasleys prusteten erneut laut vor Lachen los. „Wie kommt ihr darauf, dass Severus...?“ Weiter kam der DADA-Lehrer gar nicht, denn die Vorstellung eines Severus Snapes mit Rosen, einem verliebten Gesicht und Versen auf den Lippen war einfach so absurd, dass er gar nicht wagte, weiter darüber nachzudenken. „Na, wenn ihr doch jetzt ein Paar seid! Das gehört unserer Meinung nach schon zum frisch verliebt sein dazu.“ Fred blickte ihn treuherzig an und Remus musste unweigerlich lächeln. „Ihr spinnt. Alle beide.“ Fred und George grinsten breit und nickten bestätigend: „Und stolz drauf!“ Remus schüttelte wieder den Kopf, sah aber dann wie Fletcher nach unten deutete und wiederholte noch einmal zu den beiden jüngeren Ordensmitgliedern gewandt: „Wir sind gleich da. Hört also jetzt besser mit dem Unsinn auf.“ Fred und George nickten nur und der Professor lenkte seinen Besen wieder in die Formation zurück. Das Ministerium hatte den Auroren schon seit einiger Zeit freie Hand beim Überwachen aller angewandter Zaubersprüche gegeben, um die starken und vor allem die gefährlichen Sprüchen aufspüren zu können. Schon vor einem Jahr war eine spezielle Arbeitsgruppe aus den fähigsten Zauberern für Aufspürungsmagie und Wachzauber gegründet worden. Sie hatten jetzt anderthalb Wochen vor Halloween besonders viel zu tun, denn jeder noch so kleine Zauberer von reinem Blut bildete sich nun ein, die alten Flüche und Familienzauber erneuern zu müssen, die die Traditionen verlangten. Nicht selten waren dazu Blutopfer von Muggeln nötig und deshalb waren Trupps aus Auroren und anderen Ministeriumsangestellten sowie dem Orden des Phönix jetzt jede Nacht unterwegs, um Übergriffe auf hilflose Nichtmagier zu unterbinden. Und dann kam ja noch dazu, dass niemand wusste, was Voldemort plante. Es war in den letzten Monaten nicht mehr gelungen, einen Spion in seine Reihen zu bringen und so konnte niemand vorhersagen, was der dunkle Lord vorhatte und wo er zuschlug. In den letzten Wochen hatten sich seine Anhänger erstaunlich bedeckt gehalten, so dass mit einem neuen Angriff schon bald gerechnet werden musste – da waren sich Dumbledore und das Ministerium unter Rufus Scrimgeour einig. Eine Stunde nach dem Aufbruch ihrer Patrouille hatte Fletcher dann eine Nachricht aus dem Ministerium erhalten, dass mehrfach der Cruciatus Fluch in einem Londoner Vorort registriert worden war. Nicht nur, dass dieser Fluch einer der drei Unverzeihlichen war, es lebte in diesem Vorort namens Dartford auch kein bedeutsamer Magier, der die Macht hatte, diesen verbotenen Fluch anzuwenden. Also deutete alles darauf hin, dass es sich um Todesser handelte und deshalb waren alle fünf Zauberer nun auf dem Weg nach Dartford, anstatt wie sonst zwei Leute auf der normalen Patrouillenroute zu lassen. Angriffe von Todessern waren viel zu ernst und da wurde jeder Zauberstab gebraucht. Nun, zehn Minuten nach Eingang der Nachricht, schwenkte Fletcher auf seinem Besen nach unten und zielte auf einige mäßig beleuchtete Straßen herunter. Die vier anderen Zauberer folgten ihm und alle wunderten sich, wie ruhig alles wirkte. Keine erleuchteten Fenster, kein panisches Geschrei der Nachbarn oder der Opfer. Selbst wenn sie zu spät waren und die Todesser schon wieder verschwunden waren, müsste hier unten nach der Anzahl an aufgespürten Cruciatus-Flüche der Teufel los sein. Wieso war hier also alles so ruhig. Remus trat neben den Anführer ihrer kleinen Gruppe und fragte leise: „Gab es nähere Informationen zum Ort?“ Fletcher schüttelte nur stumm den Kopf und hob seinen Zauberstab etwas höher. Er war aus Sicherheitsgründen der einzige, der das Passwort des Tages zur Kontaktaufnahme mit der so genannten „Einsatzzentrale“ kannte. Sollten die Patrouillenmitglieder wider Erwarten von Todessern gefangen genommen oder gefoltert werden, durfte der ständig wechselnde Ort der Wächterzauberer nicht verraten werden können. Leise murmelte Fletcher vor sich hin und dann erschien in der Luft eine strahlende, skizzenhafte Karte, in welcher ihr Standort durch einen hellen Punkt markiert war. Der Ort, an dem die Unverzeihlichen gesprochen worden waren, war durch einen größeren Kreis markiert und lag einige Querstraßen weiter nördlich. Also schwangen sich die fünf Zauberer wieder auf ihre Besen, denn Apparieren wäre zu auffällig und laut gewesen, und flogen in die angegebene Richtung. Nur das Rascheln der Umhänge im stürmischen Wind war zu hören, als die fünf Zauberer hinter einer Hausecke anhielten, ihre Besen klein zauberten und dann den Rest des Weges mit gezücktem Zauberstab weiter schlichen. Noch immer war alles ruhig und nur der Wind heulte durch die Straßen. Plötzlich stieß Fred ein leises „Pst!“ aus und Fletcher und die anderen drehten sich alarmiert zu ihm um. Doch es war keine Bedrohung zu sehen. Der junge Weasley hockte auf dem Boden und winkte die anderen heran. Diese sahen auch sofort, was der Zauberer entdeckt hatte. Auf dem Gehweg nahe einer Hauswand lag ein zerbrochenes Stück Holz, was von den fünf Männern eindeutig als Zauberstab identifiziert werden konnte. Eilig trat Remus näher, hob den nun unbrauchbaren Gegenstand auf und zeigte mit der Spitze der eigenen Waffe auf den zerbrochenen Stab. Dieser glühte grün auf und nun wussten die Auroren und Ordensmitglieder eindeutig, dass mit diesem Zauberstab zuletzt ein Unverzeihlicher gesprochen worden war. Aber warum hatte ein Todesser seine Waffe verloren? Was war hier los. Plötzlich spürte Remus etwas Unheimliches seinen Nacken streifen und als er sich alarmiert umsah, bemerkte er auch, wie die anderen vier aufmerksam die Umgebung musterten. Irgendwas war plötzlich anders geworden. Etwas Bedrohliches und Düsteres driftete von weiter vorn auf sie zu und nur zögernd und vorsichtig setzte sich Fletcher gefolgt von den anderen in diese Richtung in Bewegung. Doch erst als sie die nächste Kreuzung erreicht hatten und langsam und nach allen Seiten sichernd um die Hausecke blickten, erkannten sie auch den Grund für das seltsame Gefühl. Oder eher, sie sahen den Grund für dieses plötzliche Gefühl der Bedrohung, konnten ihn sich jedoch absolut nicht erklären. Vor ihnen war eine enge Straße, gesäumt von schmucken Vorstadthäusern wie überall in diesem kleinen Ort, doch einige der Häuser zeigten deutliche Spuren der Zerstörung und waren teilweise hell erleuchtet – das, was Remus und die anderen Zauberer die ganze Zeit schon erwartet hatten. Doch keine Muggel liefen panisch umher, alles war still und direkt auf der Straße befand sich – Nichts! Nein, nichts war nicht der richtige Ausdruck. Es war eher eine Wolke aus Dunkelheit, die den fünf Beobachtern einen bedrohlichen Schauer über den Rücken jagte. Diese Wand aus Schatten schluckte selbst das Licht, welches aus den Wohnhäusern von beiden Seiten auf die Straße fiel und erst nach einigen Augenblicken meinte Remus auf der Straße Bewegung ausmachen zu können. Vorsichtig, mit erhobenem Zauberstab und jede Deckung nutzend pirschten sich die fünf Männer näher an den Ort des Geschehens und immer mehr Einzelheiten wurden deutlich. Hier hatte eindeutig ein Todesserangriff stattgefunden. Die Häuser waren teilweise schwer beschädigt und alles deutete auf Brandzauber und Steinzerstörungsflüche von starker Kraft hin. George wagte sich bis zu einem erleuchteten Fenster vor und berichtete anschließend, dass die Muggel wie apatisch in ihren Wohnzimmern säßen und nichts von ihrer Umgebung mitbekamen. Sie standen eindeutig unter einem Hypnosezauber, aber wer hatte den ausgesprochen? Todesser genossen die Panik der Nichtmagier, ja, sie legten es sogar darauf an, soviel Chaos und Verzweiflung wie möglich zu verursachen, um sich zu amüsieren. Was ging hier vor? Plötzlich eilte eine Gestalt in einer schwarzen Todesserrobe wie von Furien gehetzt an ihnen vorbei und sah sich panisch um. Eilig versteckten sich Remus und die anderen wieder hinter Büschen und Hausecken und das keine Sekunde zu früh. Der schattenartige Nebel auf der Straße lichtete sich etwas und daraus hervor traten vier Gestalten in dunkle Mäntel mit Kapuzen gehüllt, die ihre Gesichter verbargen. Eine der Personen schleifte einen weiteren Todesser neben sich her und ließ ihn achtlos neben sich zu Boden gleiten, als er sah, wie die vorderste Person einen goldenen Ring hob und auf den Fliehenden richtete. Eine düstere Stimme erklang unter der Kapuze und obwohl der Mann nicht besonders laut gesprochen hatte, drangen die Worte wie Befehle durch die Straße. „Du kannst mir nicht entkommen, kleiner Todesser. Ich habe einen Teil deiner Seele hier drin. Also komm jetzt brav zurück zu mir, denn du würdest es wirklich bedauern, wenn ich mich gezwungen sehe, dir zu folgen.“ Und der fliehende Todesser stoppte beim Klang der Stimme tatsächlich, drehte sich widerstrebend und langsam um und kam zurück. Man sah ihm an, wie sehr er gegen einen inneren Zwang ankämpfte, doch wer auch immer dieser Mann mit dem goldenen Ring war, er war wesentlich mächtiger als der Todesser. Wenige Meter vor dem Ring blieb er stehen und die Kapuze hob sich leicht, ohne dass etwas von dem Gesicht erkennbar wurde. „Brav! Und jetzt antworte endlich auf meine Fragen. Was wolltet ihr hier?“ Der Todesser antwortete nicht sofort und der Ring glühte etwas stärker. Die drei anderen Personen standen hinter dem Ringträger und strahlten eine so fremde, düstere Aura aus, dass sich Remus wunderte, wieso der Todesser nicht schon längst vor Angst zitternd zusammen gebrochen war. Selbst ihn erschreckte die Macht dieser vier Personen, obwohl er meterweit entfernt und nicht der Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit war. Die Person links von dem Ringträger, die zuvor den scheinbar bewusstlosen zweiten Todesser fallen gelassen hatte, trat hervor und eine junge aber befehlende Stimme rief: „Antworte!“ Der Todesser zuckte zusammen und meinte dann zögernd und noch immer im inneren Kampf verstrickt: „Spaß. Wir waren nur hier, um Spaß zu haben.“ Halb trotzig, halb widerwillig fügte er hinzu: „Es sind nur Muggel.“ Der Ringträger schnaubte verächtlich, während der zweite, der gesprochen hatte, plötzlich die Hand hob, in der ein goldenes Auge aufleuchtete. Dann meine er mit einem angewiderten Ton zu seinen Begleitern: „Er sagt die Wahrheit. Die wollten sich nur amüsieren. Das ist widerlich.“ Einer der beiden, die bisher nur still dagestanden hatten blickte zu den Wohnhäusern hinüber und Remus und die anderen konnten die Traurigkeit und das Mitleid beinahe körperlich spüren. „Aber sie sind so hilflos. Wie können sie so etwas tun?“ „Jetzt geht es ihnen ja wieder gut und sie werden sich nachher auch an nichts mehr erinnern. Können wir also jetzt wieder zum eigentlichen Problem zurück kommen, Minipharao?“ Die Stimme des Ringträgers war leicht genervt und der Dritte stemmte empört die Hände in die Hüften. „Du sollst mich nicht immer so nennen, Grabplünderer!“ „Ach ja, was würdest du denn dann bevorzugen? Nervenzwerg oder...“ Der Ring hatte aufgehört zu glühen und der Träger des goldenen Gegenstandes hatte sich halb von seinem Gefangenen abgewandt, um mit seinem Gefährten zu streiten. Doch bevor der Todesser seine Chance zur Flucht wahrnehmen konnte, trat der letzte der vier Personen näher und befahl mit einer düsteren und ruhigen Stimme Ruhe. „Ich will hier weg, bevor seine Verbündeten auftauchen. Wir müssen nicht mehr Aufmerksamkeit auf uns ziehen als nötig. Frag ihn endlich, was du wissen willst, Grabräuber. Streiten könnt ihr euch wirklich später.“ Mit einem ergebenen Achselzucken wandte sich der Ringträger wieder dem bleichen Todesser zu und hob erneut den strahlenden Ring in Brusthöhe. „So, kleiner Todesser, dann verrate mir doch mal, was bei eurem tollen Treffen mit eurem großkotzigen Lord rausgekommen ist. Ich weiß, ihr plant irgendwas, wozu ihr viele Leute braucht. Ich will wissen, was das ist. Spuk’s aus!“ Der Todesser schüttelte nur stumm den Kopf und blickte panisch immer wieder von dem Ring zu dem Gesicht im Schatten der Kapuze. „Ich weiß es nicht. Ich war gar nicht bei dem Treffen. Ich gehöre gar nicht zum innersten Kreis. Ich weiß wirklich nichts.“ Der Ring leuchtete stärker auf und der Todesser brach wimmernd in die Knie, doch da trat der Mann mit dem goldenen Auge näher und legte eine Hand auf den Arm des Grabräubers. „Er sagt die Wahrheit. Wir müssen nach jemand anderem suchen. Hier finden wir keine Antworten.“ Mit einem weiteren abfälligen Schnauben ließ der Ringträger seinen goldenen Gegenstand unter der dunklen Robe verschwinden und der Todesser brach zu seinen Füßen zusammen und rührte sich nicht mehr. Mit einem Tritt beförderte der Mann den Bewusstlosen zur Seite neben den zweiten Todesser und drehte sich dann zu den anderen um. „Nun, oh großer Pharao. Ich hab dir gesagt, es bringt nix, wenn ihr uns begleitet. Ich hab keine Ahnung, wer etwas von dem Treffen am Sonntag weiß. Ich werde dir schon rechtzeitig Bescheid sagen. Ich brauch keine Anstandsdame.“ Der Angesprochene ging nicht auf die Provokation des Grabräubers ein, sondern deutete nur mit einem Kopfnicken in Richtung der Wohnhäuser. „Aibou, du solltest dich um die Menschen kümmern. Wir müssen ihnen die Erinnerung hieran nehmen, schon zu ihrer eigenen Sicherheit. Und ich denke, es wird nicht mehr lange dauern, bis die Zauberer hier auftauchen. Das Feuerwerk, was die beiden Todesser hier veranstaltet haben, war sicher meilenweit zu sehen.“ Der als Minipharao titulierte nickte, was wiederum nur am Senken der Kapuze zu beobachten war und zog von irgendwoher einen goldenen, schlüsselähnlichen Gegenstand hervor, der Remus an irgendetwas erinnerte. Doch was genau der Mann vorhatte, konnte er nicht mehr beobachten, denn plötzlich erschienen mit einem lauten Krachen mehrere Auroren auf der Straße und zogen ihre Zauberstäbe. Die Tatsache, dass Fletcher und der zweite Auror – Remus hatte den Namen schon wieder vergessen – in genau dem gleichen Moment aufsprangen und sich in den Kreis auf der Straße einreihten, zeigte Remus, Fred und George, dass ihr Patrouillenführer die Hilfe angefordert hatte. „Dieser Narr. Die vier sind zwar seltsam, aber sie haben eindeutig die Todesser aufgehalten und die Muggel geschützt. Wir hätten mehr erfahren, wenn wir sie weiter beobachtet hätten.“ Remus nickte zu Georges Worten nur. Der Weasley hatte Recht. Und außerdem konnte sich der DADA-Professor nicht helfen, aber er spürte Macht in diesen vier Fremden, die ihn davor zurück schrecken ließ, den Kampf mit ihnen zu suchen. Diese vier waren mächtig und man sollte ihren Zorn nicht herausfordern. Remus’ Gefühl wurde nur zu deutlich bestätigt, als nur Sekunden nach dem Auftauchen der Auroren ein zweiter Kreis von Personen – oder eher Wesen – zwischen den Neuankömmlingen und den vier Fremden entstand. Aus dem Nichts waren geisterhafte, nebulöse Gestalten, grausam verunstaltete Frauen und Männer und seltsame monströse Tiere aufgetaucht und bildeten eine Art Schutzwall um die vier Personen. Die Auroren hoben ihre Zauberstäbe, doch die Flüche und Sprüche verpufften wirkungslos an einer blitzschnell entstandenen schattenhaften Barriere rings um die seltsamen Monster und Geister. Der Verursacher dieses Schutzwalls war eindeutig der mit Pharao angesprochene Fremde, der nun wieder seine Hand sinken ließ, mit der er scheinbar ohne Zauberstab den Schutz heraufbeschworen hatte. „Räuber, Wächter, zieht eure Monster zurück. Das sind die guten Zauberer. Wir verschwinden.“ Der Ringträger fuhr erbost herum. „Ich lass mir von dir nichts befehlen....“ Doch mitten im Satz stoppte er. Jetzt waren selbst durch die Schatten der Kapuze die zwingenden, purpurroten Augen des „Pharaos“ zu sehen und die zuvor so ruhige Stimme war schneidend: „Grabräuber, ich wiederhole mich nicht. Wir haben hier nichts mehr verloren.“ Der Grabräuber zögerte kurz und jeder sah ihm an, wie sein Körper vor unterdrückter Wut zitterte. Doch dann wurde die Gestalt wieder ruhig und ein Nicken war die einfache Antwort, bevor erst die Reihe der seltsamen Wesen blitzartig verschwand und dann auch die Körper des Grabräubers und des Wächters von einem Augenblick zum nächsten nicht mehr auf der Straße standen. Die beiden zurückbleibenden Fremden blickten sich noch einmal um, als wollen sie sicher gehen, dass ihre Verbündeten nicht doch noch zurück kehrten und einen Kampf begannen, bevor auch sie verschwanden. Remus versuchte, genau hinzusehen, doch es war, als ziehe sich die Dunkelheit der Nacht und die Schatten der Schutzbarriere enger um die beiden Fremden und verschluckte sie. Remus konnte nicht sagen, welchen Zauber sie für ihren Rückzug angewandt hatten oder ob sie nicht doch disappariert waren. Und mit dem Verschwinden der beiden letzten Fremden kehrte das Licht der Wohnhäuser vollends in die Nacht zurück und die Straße erschien beinahe taghell erleuchtet. Remus musste die Augen zusammen kneifen, um nicht geblendet zu werden und so wurde ihnen allen erst jetzt bewusst, wie düster alles zuvor gewesen war. Seufzend erhob sich der DADA-Professor hinter seinem Busch und sah zu, wie die Auroren zögernd ihre Zauberstäbe senkten. Erst allmählich schienen sie zu begreifen, dass die Fremden verschwunden waren. Fletcher übernahm souverän die Befehlsgewalt und schickte einige Zauberer und Hexen zu den Muggeln in die Häuser für eine Gedächtniskontrolle und veränderung, während andere die Schäden an den Häusern reparierten. Der Auror selbst kümmerte sich mit zwei Hexen um die beiden bewusstlosen Todesser und sandte sie mit einem Portschlüssel in die Sicherheitszellen des Ministeriums. Dann wandte er sich endlich um und ging auf Remus zu. Dieser stand mit Fred und George noch immer neben einem der Wohnhäuser und beobachteten eine Hexe bei einem Gedächtniszauber. Die Stimme der Muggelfrau drang durch das zerstörte Wohnzimmerfenster bis zu ihnen auf die Straße und so hörten Remus und die Weasleys, was hier vor ihrem Eintreffen geschehen war. Wie immer waren die Todesser in einem größeren Trupp erschienen, hatten die Muggel aus den Häusern gejagt und mit dem Cruciatus gefoltert. Doch schon nach wenigen Augenblicken waren die vier Fremden aufgetaucht, hatten drei oder vier der Todesser entwaffnet – daher stammte auch der zerbrochene Zauberstab einige Straßen weiter – und den Rest mit fremder Magie und seltsamen, monströsen Wesen angegriffen und vertrieben. Am Ende waren nur zwei der Todesser übrig geblieben und die Muggel hatten ein seltsames warmes Licht gespürt und waren ruhig in ihre Häuser zurück gekehrt. Der Fremde, der Minipharao genannt worden war, hatte die verwundeten Muggel geheilt, indem er einfach nur die Hand aufgelegt hatte. Und er hatte ihnen auch die Angst genommen und gesagt, es werde nun alles gut. Damit endete der Bericht der Frau und die Hexe nahm ihr auch daran die Erinnerung. Am nächsten Morgen würde nichts in diesem Vorort mehr auf die Anwesenheit der Zauberer, der Todesser und besonders der vier Fremden hindeuten. Fletcher hatte gewartet, bis die Muggelfrau verstummt war, bevor er sich an Remus wandte: „Was halten Sie davon? Wer waren diese vier? Ihre Magie war so anders, so bedrohlich und trotzdem haben sie die Todesser vertrieben.“ Remus hob nur ratlos die Schultern. „Wir hätten abwarten sollen. Wenn wir sie länger beobachtet hätten, besäßen wir vielleicht jetzt ein paar Antworten.“ „Aber der eine wollte die Muggel verzaubern!“ Fletchers entsetzte Stimme zeigte deutlich, dass er die Fremden trotz der Tatsache, dass sie die Muggel vor den Todessern geschützt hatten, für Feinde, wenn nicht sogar für Verbündete Voldemorts hielt. Und das lag nicht nur an der fremden Magie. Remus erinnerte sich nur zu deutlich an die roten Augen des „Pharaos“ und wusste genau, was Fletcher so gegen die Fremden aufbrachte, dass er die Wahrheit nicht sah. Die Fremden hatten den Muggeln ebenfalls nur die Erinnerungen an diesen Abend nehmen wollen, so wie es die Zauberer soeben taten. Doch eine Person, die die gleichen Augen hatte wie Voldemort, konnte einfach nicht gut sein. Auch Remus erinnerte sich mit Unbehagen an die Drohung, die aus diesen roten Augen gesprochen hatte. Und die Stimme dieses Mannes – die Remus irgendwie bekannt vorkam, auch wenn er nicht sagen konnte , woher – war befehlsgewohnt gewesen. Betrachtete man zusätzlich dazu noch die düstere Magie der vier, konnte man leicht zu der Annahme kommen, einem zweiten Voldemort begegnet zu sein. Aber die Drohung hatte dem anderen Fremden – dem Grabräuber – gegolten, weil er die Zauberer angreifen wollte. Und alles, was die vier Personen an diesem Abend getan hatten, sprach für sie. Sie hatten Muggel gerettet und gut behandelt. Sie hatten Todesser bekämpft und waren auf der Suche nach Antworten, die auch die Auroren brennend interessierten. Remus wusste, dass dies auch Fletcher früher oder später klar werden musste, doch jetzt stand er noch zu sehr unter dem Eindruck des Erlebten, um auf seinen Verstand zu hören. Jetzt hatte er nur Angst vor einer zusätzlichen Bedrohung. Also sagte Remus nichts weiter dazu, sondern informierte Fletcher nur darüber, dass er und die Weasley-Zwillinge zurück zum Orden apparieren würden, um Dumbledore zu berichten. Der Auror nickte dazu nur, froh, dass er dem großen Zauberer nicht selbst die verwirrende Botschaft von einer neuen Bedrohung bringen musste. Dann eilte er wieder zu seinen Leuten und Remus wandte sich den Zwillingen zu. „Ich werde nach Hogwarts zurückkehren und Dumbledore unterrichten. Gebt ihr den anderen in London Bescheid?“ Fred nickte nur und George sah Remus nachdenklich an. „Du solltest auch Harry Bescheid geben. Er wird wissen wollen, was hier passiert ist.“ Remus nickte zustimmend. Oh ja, Harry und Draco würde das hier sicher interessieren. Auch wenn Harry seit letztem Herbst so tat, als interessiere ihn der Kampf gegen Voldemort nicht mehr, sprach die Verbindung zwischen ihm und den Weasleys doch eine eigene Sprache. Und wenn Remus mit seiner heimlichen Hoffnung recht hatte, dass diese Fremden trotz ihrer beängstigend anderen Magie Feinde Voldemorts und damit eventuell Verbündete der lichten Seite sein könnten, dann würde das seinen Fast-Patensohn mehr als nur interessieren. Kurz bevor Remus apparierte hörte er noch, wie Fred George fragte: „Warum musste sich dieser „Pharao“ aber auch unbedingt rote Augen zulegen. Mir läuft es jetzt noch kalt den Rücken runter. Das macht es nicht leicht, von ihnen als Verbündete zu denken. Das wird Harry und vor allem Draco nicht gefallen.“ Und da wusste Remus, dass nicht nur er neue Hoffnung hatte und irgendwie war das beruhigend. Anm.: wer das sehen will, muss nur Sweeney Todd anschauen!!! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)