Pokémon Quest [Buch 1] von xRajani (Das Erbe des Giratina) ================================================================================ Kapitel 1: Neue Ziele, neue Träume ---------------------------------- Die ersten Kapitel der Fortsetzung sind fertig! Es hat mir viel Spaß gemacht an den Kapiteln zu schreiben und hoffe es wird es auch in Zukunft so bleiben. Ich hoffe, euch gefällts! 1. Kapitel Neue Ziele, neue Träume Der Koordinator schlug die Augen auf, nachdem er einen dumpfen Aufprall wahrgenommen hatte. Kurz darauf folgte ein metallisches Klirren, gleichsam von einen wütenden Fluchen begleitet. Shuus Lippen verzogen sich zu einem amüsierten Grinsen, und er erwog einen Moment an seinem gemütlichen Sitzplatz zu verweilen, dann aber entschied er sich aus dem ledernen Sessel zu erheben. Er durchquerte den Raum und lehnte sich nun an den Türrahmen, der zum Wohnzimmer des Hauses führte. Schweigend beobachtete Shuu das Mädchen, welches mit dem Rücken zu ihm stand. Das Haar, das sie sonst zu einem Zopf gebunden hatte, trug sie am heutigen Tag offen, und es fiel ihr ins Gesicht. Sie warf mit einer ruckartigen Bewegung die Haare zurück, während sie noch immer leise fluchte. Shuu musste lächeln. Es war bereits ein knappes halbes Jahr her, seit Shuu und Haruka gemeinsam den Bänder-Cup im Johto Festival gewonnen hatten. Nun stand jener goldglänzende Pokal auf einem Regal im Wohnzimmer und thronte über ihren Köpfen. Am Fuße des Schmuckstücks lagen ihre Bänder, die sie in Johto errungen hatten. Vor dieser Zeit waren Shuu und Haruka einst erbitterte Rivalen, und doch war während des Wettbewerbs etwas geschehen, was die Beziehung zwischen ihnen grundlegend geändert hatte. Ja, Haruka und Shuu waren schon seit einiger Zeit ein Paar. Und dies hatte sich in Blütenburg City wie ein Lauffeuer verbreitet. So hatte das Pärchen in Harukas Heimatstadt bereits einige Spitznamen gesammelt, wie zum Beispiel „Dream-Team“. Shuu gefiel diese Bezeichnung, denn es entsprach der Wahrheit. Sie waren wirklich ein gutes Team, sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich. Was aber Haruka darüber dachte oder ob sie sich darüber ärgerte, was sie Leute in der Stadt darüber tratschten, wusste er nicht. Der grünhaarige Junge räusperte sich nun leise, als Haruka seine Anwesenheit noch immer nicht bemerkt hatte. „Tollpatschig, wie immer, hm?“, stichelte Shuu mit seinem gewohnt gefälligen Tonfall, der, so wusste der Junge, Haruka wahrhaftig auf die Palme bringen konnte. Unwillkürlich zuckte das Mädchen zusammen und wandte ihm den Blick zu. Sein arrogantes Gehabe konnte Haruka nicht mehr aus der Ruhe bringen. Sie war es inzwischen gewöhnt. Und ja, irgendwie liebte sie es, wenn er versuchte sie zu provozieren – nun oftmals erfolglos. „Shuu, könntest du mir schnell helfen die Sachen auf den Nachboden zu bringen?“ Shuu betrachtete die halboffene Kiste, die auf dem Treppenabsatz stand, mit einem interessierten Blick, hob das schwere Gepäck aber dann auf die Arme, wobei er leicht mit seinem Gleichgewicht rang. „Was ist darin? Ziegelsteine?!“, presste er aus zusammengebissenen Lippen hervor, während er Stufe für Stufe sich hoch schleppte. Haruka kicherte. „Nein, aber heute war Trödelmarkt in der Stadt, und Papa hat einige Sachen verkauft“, erzählte das Mädchen. „Na ja, zwei Kisten mit Krempel haben wir verkauft. Nur diese Kiste ist übrig geblieben.“ Sie vollendete gerade den Satz, als sie das zweite Stockwerk erreicht hatten. Links und rechts befanden sich zwei Türen; die eine führte zum genannten Dachboden und die Andere führte in das Arbeitszimmer des Hausherrn. Haruka eilte voran und drückte die Klinke hinunter. „Du hast natürlich mal wieder verschlafen“, sagte sie und deutete ihren Freund die Kiste auf ihrem rechtmäßigen Platz zu stellen. Shuu reckte seinen Oberkörper, was Haruka mit einem leisen Kichern quittierte. „Opa.“ Shuu neigte seinen Kopf zu seiner Freundin. „Aha, Opa nennst du mich also schon“, murmelte er beleidigt. Wieder den Dachboden verlassend, blieb Haruka plötzlich auf dem Treppenabsatz stehen. Durch das Fenster des Treppenhauses konnte man auf die Straße blicken. Sehnsüchtig erblickte Haruka zwei junge Trainer, die in Begleitung ihrer Pokémon waren. Shuu folgte wortlos ihrem Blick. Das Leben der Koordinatoren hatte sich in den letzten sechs Monaten sehr verändert. Es war inzwischen Mitte Juni und doch reisten sie nicht mehr umher, wie sie es früher taten, sondern waren hier in Blütenburg City nun wohnhaft. Haruka arbeitete in diversen Nebenjobs, und Shuu ging ihren Eltern einwenig zur Hand, egal ob in der Arena oder im Haushalt. Für ihre eigenen Bedürfnisse und Sehnsüchte war kein Platz mehr übrig. Shuu hatte Haruka oft beobachten, als sie das Haus mit ihren Pokémon verließ. Nie wusste er, wohin sie ging, und wenn er das Mädchen danach fragte, wich sie bloß aus. Geistesabwesend starrte sie hinaus und wandelte schließlich die Treppe hinab ohne Shuu noch eines Blickes zu würdigen. Shuu hinderte sie nicht daran, sondern harrte aus und ließ sie ziehen. Mit langsamen Schritten folgte der Junge der Treppe bis zum Absatz, hielt dann jedoch inne und seufzte schwer. Intuitiv müsste Shuu daran denken, was geschehen wäre, wenn sie bei diesem Festival nicht aufeinander getroffen wären. Würde Haruka dann noch immer herum reisen um neue Orte, neue Pokémon, gar neue Freunde zu entdecken? Hatte sie dann ihren Traum endgültig aufgegeben? Für ihn? Das Wetter am heutigen Tag war angenehm. Es war zwar warm, aber die Luft war keinesfalls erdrückend. Am Ufer eines kleinen Baches, der sich seinen Weg durch die saftig, grünen Wiesen Blütenburgs bahnte, setzte sich Haruka nieder und ließ ihren Kopf auf den Knien ruhen. Niedergeschlagen starrte sie ins Wasser und seufzte schwer. Psiana, die neben ihrer Trainerin lag, reckte den Kopf und stupste ihre Trainerin tröstend an, aber auch die Lichtkatze vermochte bloß ein schwaches Lächeln auf ihre Lippen zu zaubern. „Heh du“, erklang eine Stimme hinter dem Mädchen, die Haruka nicht zu ordnen konnte. „Bist du eine Trainerin?“, Erschrocken wandte sie der unbekannten Person zu. „J-Ja“, stammelte sie, sichtlich durch das Auftauchen und dieser Frage verunsichert. „Gut, dann hast du wohl sicher Lust auf einen kleinen Kampf, oder?“ Haruka beäugte den Jungen, der vor ihr stand, misstrauisch. Der Junge war gerade Mal im Alter von höchstens elf Jahren. Sein Lockenkopf sah sehr zersaust aus und die Haut war leicht gebräunt. Der kleine Junge erinnerte Haruka an ihre eigene Reise vor eineinhalb Jahren mit Satoshi, Takeshi und Masato. Das Mädchen schwieg und war innerlich wie zerrissen. Der Lockenkopf starrte das Mädchen immer noch an. „Was ist jetzt? Nimmst du die Herausforderung an?“ Zögernd bejahte Haruka die Frage mit einem knappen Nicken. Blieb ihr etwas anderes übrig? „Dann geht’s jetzt los! Komm raus, Entoron!“ Aus dem rot-weißen Pokéball sprang ein Pokémon, das sich nun im Sonnenlicht streckte und seine blauen Schuppen schimmern ließ. „Psi~ana-Psi!“ Harukas Augen wanderten zu ihrem Pokémon. „Willst du kämpfen?“ Psiana beantwortete die Frage mit einem kämpferischen Fauchen. Nie hätte sie diese Frage je verneint! Haruka spähte nun zu ihrem Gegner, der sie irgendwie an ihren Bruder erinnerte, der auf Reisen war „Wie ist dein Name?“, erkundigte sich die Koordinatorin. Ein breites Grinsen entgegnete der Trainer. „Eiji!“, erwiderte er. „Und jetzt beginne mit Hydropumpe, Entoron!“ Der Kappa warf seinen Kopf herum und öffnete seinen Schnabel. Ein Schwall Wasser schoss auf Psiana zu, welches ihren zierlichen Körper anspannte. „Ausweichen! Mit einem wendigen Sprung wich die Lichtkatze aus. Knapp zischte die Hydropumpe an Psiana vorbei, die nun den Boden aufweichte. „Und mit Spukball kontern!“ Psiana gehorchte. Einen schattenartigen Energieball schuf das Pokémon vor sich, aber Entoron stieß sich geschickt vom Boden ab. Haruka fluchte. „Verdammt! Ruckzuckhieb!“ Leichtfüßig landete Psiana wieder auf dem Boden, duckte sich und wollte sich soeben abstoßen, als die Erde unter ihren Pfoten nachgab. Hilflos maunzte die Lichtkatze. Der Matsch hielt sie in einem eisernen Griff. Haruka fühlte, wie ihr Herz in ihrer Brust raste. Wie lang es doch her war, dass sie gekämpft hatte! Gefühlte Ewigkeiten? „Nochmals Hydropumpe, los geht’s!“, rief der junge Trainer mit einem triumphierenden Grinsen auf den Lippen. Die Koordinatorin atmete tief durch, verjagte die nervösen Gedanken, die auch Psiana zu verwirren schienen. „Psiana! Aufhalten mit Psychokinese!“ Das Juwel auf ihrer Stirn verströmte ein unangenehmes, kaltes Licht und setzte eine Kraft frei, die sich um die Hydropumpe schlang um jene abzufangen und auf Entoron zurück zu werfen. Entoron wurde durch die Wucht seiner eigenen Attacke zurückgedrängt und schüttelte sich bloß. Das Wasser perlte von seinen Schuppen ab. Inzwischen hatte sich Psiana aus ihrer misslichen Lage befreit, keuchte aber durch die Aufregung. „Sternschauer!“, befahl Haruka ohne zu zögern. „Mit Kratzfurie kontern!“ Schwaches Licht fiel durch die dünnen Membranen, als der Kappa seine krallenartigen Finger spreizte. Hernach fuhren sie herab und ließ den sternenförmigen Strahl bersten. „Und mit Eishieb beenden!“ Rasch, mit der Faust seitlich an den Körper angewinkelt, die nun von einem kühlen Licht umhüllt wurde, hastete Entoron auf die Lichtkatze zu. Es fehlte die Zeit, als dass Haruka einen geschickten Gegenangriff ihrem Pokémon befehlen konnte. So wurde Psiana von Eishieb erfasst und prallte unsanft auf den Boden auf. „Psiana!“ Haruka rannte zu ihrem Pokémon, wankte, als ihre Beine drohten nachzugeben. Geräuschvoll glitt sie neben Psiana ins Gras, die schwer atmend ihren Kopf hob. „Ich hätte mehr von einer Koordinatorin erwartet“, meinte Eiji, der seinen Pokéball anhob, um Entoron zurück zu rufen. „Vor allem von einer Top-Koordinatorin.“ Als Haruka nicht erwiderte, fügte er hinzu: „Warum verkriechst du dich hier? Auf Pflichtgefühl oder hast du einfach nur Schiss vor neuen Herausforderungen?“ In Haruka wallte ein Schimmer leichter Zorns auf. Wie konnte dieser Junge so mit ihr sprechen?! „Du hast noch nicht alles von dieser Welt gesehen. Es gibt so viele Pokémon mit ihren Trainern.“ Der Trainer machte eine Pause. Eiji hatte erkannt, dass seine Worte bei Haruka ihre Wirkung nicht verfehlten, und er entschied, dass diese Aufmunterung genügen sollte. Nachdem Eiji ihr den Rücken gekehrt hatte, starrte Haruka ihm eine Weile hinterher. Grübelnd erhob sich das Mädchen. Psiana, die in den Armen ihrer Trainerin lag, beäugte sie misstrauisch. „Psiana… Was soll ich nur tun?“, wollte Haruka mit zittriger Stimme wissen. Die Lichtkatze maunzte bloß, während sie den Kopf an ihre Schulter rieb. „Psi~ana!“ Schließlich befreite sich Psiana aus dem festen Griff und sprang von ihren Armen. Angriffslustig peitschten die geteilten Schweife durch die Luft, während ein scharfes, überzeugtes Fauchen ihrer Kehle entwich. Voller Ungeduld wartete Shuu im Haus auf Haruka. Wieder ertappte sich der Koordinator dabei, als er sich nervös durch die Haare strich. Seine Augen schweiften zur Uhr ab. Eineinhalb Stunden war Haruka bereits fort. Zu lange, als sie es für gewöhnlich war. Ob ihr etwas passiert war? Einen Blick auf eine kleine Schale im Zimmer des Mädchens verriet, dass sie nur ein Pokémon bei sich hatte. Ihre restlichen fünf Pokébälle lagen in einer Schale auf ihrem Nachttisch. Gegen die Besorgnis ankämpfend, stieg Shuu wieder die Treppe hinunter. Das Zuschlagen der Tür riss ihn erst wieder aus seinen Gedanken. „Haruka!“ Die Angesprochene hob den Kopf, nachdem sie ihre Schuhe ausgezogen hatte. Shuu sprang von den Stufen hinunter. „Wo warst du?“ Seine Augen glitten zu Psiana, die neben ihr ins Haus humpelte, suchte aber sogleich verwirrt den Blickkontakt zu seiner Freundin. „Was ist passiert?“ Seinem Blick wich Haruka rasch aus. „Psiana wurde im Kampf verletzt“, erwiderte das Mädchen knapp und betrat das Wohnzimmer, gefolgt von Shuu „Gegen wen hast du gekämpft…?“ Haruka ließ sich auf einem der Sofas nieder. „Ich muss schauen, ob Psiana verletzt ist“, entgegnete sie kühl und beugte sich zu Psiana herab, die sich willentlich auf den Schoss heben ließ. Erleichtert atmete das Mädchen auf, als sie feststellte, dass sich die Lichtkatze nur ausschlafen musste, und streichelte Psiana über den Kopf. Shuu schwieg, denn er wusste, dass es besser war sie nicht zu bedrängen. So war es zu einer unangenehmen Stille zwischen ihnen gekommen, die Haruka nach einer Weile durchbrach. „Shuu?“ Ein fragendes „Hm?“ erwiderte der Angesprochene und wandte sich seiner Freundin zu. „Mir ist etwas klar geworden… bei diesem Kampf, mein ich“, begann sie und suchte seinen Blick. „Ich bin nicht für das Rumsitzen geschaffen. Ich… Ich möchte reisen. Mit dir.“ Shuu war verblüfft. War es nicht ihr Wunsch gewesen nach dem großen Festival in ihre Heimatstadt zurückzukehren? Im selben Moment, als Shuu erwidern wollte, klopfte es an der Tür. „Ich wusste, ich finde euch hier!“ Diese Stimme!, dachte Haruka und neigte den Kopf in diese Richtung. An den Türrahmen gelehnt, stand ein dreizehnjähriger Junge, dessen schwarzes Haar wirr auf dem Kopf lag. „Masato!“, rief sie überrascht aus. Ihr kleiner Bruder lächelte und rückte seine Brille zurecht. „Hey Schwesterherz!“ Seine Augen glitten zu Shuu, der ebenso überrascht wirkte, wie Haruka es war. Zum Gruß tippte er mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. „Lange nicht gesehen, Shuu.“ Dieser hob die rechte Hand und erwiderte still den Gruß. Masato war es nicht lange vorenthalten worden, dass Shuu und Haruka ein Paar geworden waren. Seine Eltern hatten ihm dies berichtet. Doch wunderlich war dies ganz und gar nicht. Als die Geschwister gemeinsam mit Satoshi und Takeshi gereist waren, war es Masato nicht missfallen, dass Shuu seine Schwester mochte, obwohl er sie stets herablassend behandelt hatte. Wo die Liebe hinfällt, dachte sich er sich mit einem leichten Grinsen. Shuu schnippte sich mit einer fahrigen Gestik eine lästige Strähne aus dem Gesicht. „Ihr habt sicherlich viel zu erzählen. Ich lasse euch mal alleine.“ Mit diesen Worten verließ Shuu den Wohnraum, stieg die Treppen empor und schlug unsanft die Tür zu. Haruka seufzte. Irritiert sah Masato seine Schwester an. Irgendetwas stimmte hier nicht! „Störte ich?“, erkundigte er sich vorsichtig. Was sollte sie erwidern? Dass er gestört hatte? Nein, es würde ihm nur das Gefühl vermitteln, dass er nicht willkommen war, und ihren Bruder vermochte sie nicht zu tun. So verneinte Haruka mit einem knappen Kopfschütteln. „Nein, hast du nicht.“ Prüfend sah Masato seine Schwester an, denn er wusste, dass sie nicht lügen konnte, entschied sich aber ihr Glauben zu schenken. „Was machst du eigentlich hier?“ Beleidigt verschränkte Masato die Arme vor der Brust. „Darf ich euch nicht besuchen kommen?“ Fragend legte Haruka den Kopf schief. „Außerdem ist es lange her, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben“, fuhr er fort. „Um genau zu sein, haben wir uns fast seit einem Jahr nicht mehr gesehen!“ Der Junge lächelte. „Nun ja, ich hatte auch irgendwie keine Zeit früher zu kommen…“ Dieser Gedanke machte Haruka nachdenklich. Den kleinen Bruder, den sie einst stets behütet hatte, durfte sie nun nicht mehr als „klein“ bezeichnen. Als sie nach Johto aufgebrochen war, hatte auch Masato mit seiner Reise begonnen. Haruka zwang sich ein Lächeln auf die Lippen. „Was macht die Reise?“ Masato strahlte. „Ich dachte, du fragst nie! Es klappt wunderbar“, sagte er fröhlich. „Und wenigstens habe ich mich nicht so angestellt, wie du an deinem Anfang.“ Autsch, das tat weh, empfand Haruka. An diese Zeit mochte das Mädchen überhaupt nicht zurückdenken. Sie war damals einfach nur tollpatschig gewesen und ja, in dieser Zeit hatte sie auch Shuu kennen gelernt. Dieser hatte keine Zeit verloren über sie und ihre Pokémon herzuziehen. Doch mit den Aufgaben war Haruka auch gewachsen. Nämlich zu dem, was sie war: eine Top-Koordinatorin. „Haruka, soll ich dir meine Pokémon zeigen? Sie sind klasse!“ „Du? Jetzt nicht. Ich muss zu meiner Schicht im Pokémon Center. Schwester Joy wartet sicher schon auf mich.“ Masato zog einen Schmollmund, schaute aber seiner Schwester verwirrt hinterher, als diese überstürzt das Haus verließ. Kam sie mal wieder zu spät? Typisch! Der Abend senkte sich über Blütenburg City, als Masato auf der Terrasse saß und genoss es wieder zu Hause zu sein. Zufrieden knurrend lag Fukano neben seinem Trainer, das sich ebenfalls an der Ruhe erfreute. Sein Reptain hob den Kopf und stieß ein leises Zischen, als es dumpfe Geräusche auf dem Holzboden vernahm. Masato wandte seinen Kopf, entspannte sich aber sogleich wieder und streichelte seinem Pokémon beruhigend den Kopf, das den Koordinator nicht aus den Augen ließ. „Ach, du bist es“, sagte Shuu kühl. „Ich dachte, du wärst schon wieder weg.“ Masato schüttelte den Kopf. „Nein, ich bleibe wohl noch ein paar Tage“, erwiderte er und sah Shuu eindringlich an. „Du hast meine Schwester erwartet, nicht wahr?“ Shuu zögerte, bevor er sich neben den Jungen niederließ. Er nickte. „Habt ihr Streit? Ich mein, du und Haruka“, erkundigte sich der Jüngere ohne diese Frage heraus zögern zu wollen. Der Angesprochene schwieg auf seine Frage hin, antwortete dann jedoch mit souveräner Stimme: „Ich verstehe Haruka momentan nicht. Sie ist in letzter Zeit einwenig… seltsam. Verschwindet manchmal ohne etwas zu sagen, wohin sie geht und wenn ich sie frage, wo sie war, zickt sie mich an.“ Shuu seufzte bedrückt. „Streit kann man diese Phase nicht nennen, aber-“ „Ihre Zickenphase. Kratzbürstig wie ein Snobilikat“, unterbrach Masato den Koordinator. Er lächelte. „Ich kenne das.“ „Was? Na toll. Und was soll ich tun, damit ich meine Prinzessin nicht erzürne?“ Der junge Trainer lächelte. „Warte einfach ab“, meinte Masato. „Haruka kann manchmal ziemlich kompliziert sein.“ Shuu lachte. „Manchmal?!“ „Ach, mach dir keine Gedanken darüber. Die kriegt sich wieder ein“, beruhigte Masato den Koordinator. „Und dann wird sie so anhänglich sein, wie ein Snobilikat, das nicht mit der falschen Pfote aufgestanden ist.“ Shuu betrachtete den Jüngeren misstrauisch, unsicher, ob er ihm glauben sollte. Dann schlich sich ein schwaches Lächeln auf die Lippen des Älteren. Masato, der plötzlich auf die Füße sprang, ließ Shuu unwillkürlich zusammen zucken. Er ballte die Faust. „Hast du Lust auf einen Kampf?“ Es war keine Frage, sondern eine offensichtliche Herausforderung. Verwirrt schaute der Grünhaarige den Jüngeren an. Sodann aber erhob er sich nickend und zückte den einzigen Pokéball, der momentan an seinem Gürtel befestigt war. „Dann zeig mal, dass du deine fünf Orden nicht umsonst trägst, Masato“, meinte Shuu ruhig. Herausfordernd grinste Masato. „Liebend gerne!“ Die Kontrahenten nahmen ihre Positionen auf dem Kampffeld im Garten ein, den Senri für Trainingszwecke angelegt hatte, denn der Platz der Arena war zu gering, als dass man dort gut trainieren konnte. Der Kampfplatz im garten aber war eine ausgedehnte Fläche und war so vielseitig angefertigt worden, dass fast jedes Pokémon seine Elemente ausschöpfen konnte. In der Mitte war ein sandiges Plateau, umgeben vom hohen Gras und einem Wassergraben durchzogen. „Reptain! Bereit?“ Reptain nickte und spreizte die Krallen. „Rep~tain!“ Shuu blieb gelassen. „Absol!“ Absol streckte sich und stieß ein erhabenes Fauchen aus. Das schneeweißes Fell, sowie seine katzenartige Gestalt, wurden das sanfte Licht der untergehenden Sonne getaucht. Shuu fuhr sich durch die grünen Haarsträhnen. „Na los, fang schon an.“ „Reptain, eröffne mit Ruckzuckhieb!“ Das Pflanzenpokémon stieß sich vom Boden ab und rannte mit hoher Geschwindigkeit auf Absol zu. Shuu aber blieb immer noch gelassen. „Blende sie mit Blitz.“ Absol hob den Kopf. Der Stein auf seiner Stirn tauchte die Umgebung in einen grellen Lichtblitz, der Masato und Reptain für kurze Zeit das Augenlicht nahm. „Und jetzt Eisenschweif!“ Absols Pfoten verließen den Boden, und nun raste der glühende Schweif der Schattenkatze auf Reptain herab, das noch immer durch die Helligkeit die Augen zu kniff. „Reptain! Weiche nach rechts aus!“ Ein nie endendes Vertrauen hegte das Reptil zu seinem Trainer. So kam Reptain Masatos Befehl nach und rollte sich hastig nach rechts ab, sodass Absol das Pokémon knapp verfehlte. Schwerfällig erhob sich Reptain wieder, schwankte einen kurzen Moment, bevor es wieder festen Halt unter den Füßen bekam. Erhitzt durch das Fortschreiten des Kampfes bemerkten Shuu und Masato nicht, dass sich die Schiebetür zur Veranda aufschob und Haruka zu ihnen hinaus spähte, offensichtlich neugierig über den Lärm. Nun aber starrte Haruka überrascht auf das Kampfgeschehen. Masato kämpfte gegen Shuu! „Reptain, Laubklinge!“ Das Reptil hielt die rechte Klaue vor sich, während es auf Absol zu lief. Die weit gefächerten Blätter formten sich zu einem grünen Lichtschwert und sausten hernach auf Absol herab. „Ausweichen!“ Doch es war zu spät, um ausweichen zu können. Ein schmerzvoller Aufschrei legte sich in Shuus Ohren, als sein Pokémon getroffen wurde. Triumphierend grinste Masato. „Kugelsaat!“ „Abwehren mit Klingensturm!“ Absols Klinge glühte auf. Als die Schattenkatze den Kopf herum warf, raste unbarmherzig eine sichelförmige Windklingen auf Reptains Energiekugeln zu. Als jene aufeinander trafen, zerriss eine leichte Explosion die Luft, die Reptain von den Beinen riss. So fiel das Pflanzenpokémon auf dem Boden und schien sich zunächst nicht mehr zu regen. „Na, hast du genug?“, wollte Shuu von seinem Gegner wissen, der allerdings eifrig den Kopf schüttelte. „Nein!“, erwiderte er trotzig. „Reptain, steh auf!“ Mit sich ringend erhob sich sein Pokémon wieder und entgegnete der Schattenkatze ein drohendes Fauchen. „Dann werden wir es nun beenden müssen. Eisenschweif!“ „Doppelteam, Reptain!“, konterte Masato rasch. In Sekundenbruchteilen erschuf das Reptil zahlreiche Täuschungen von seiner Gestalt, die Absol inne halten ließen. „Absol, Aquawelle!“ Ein Wasserball formte sich vor Absols Maul, die sich als eine gewaltige Flutwelle über das Kampffeld ergoss. Reptain wurde von jener erfasst und gegen einen Felsen gespült. Stöhnend brach es in sich zusammen. „Oh nein, Reptain!“, rief der Junge und hockte sich zu seinem Pokémon. „Mach dir keine Gedanken, Reptain. Du hast gut gekämpft.“ Shuu trat zu Harukas Bruder und reichte ihm dankend die Hand. „Danke für diesen Kampf. Er war-“ Ein Klirren schreckte Shuu auf und ließ ihn herum wirbeln. Seine Blicke trafen auf Haruka, deren Augen sich mit Tränen füllten. „Haruka…“ „I-Ich w-wollte euch nicht stören…“, stotterte Haruka. „Tut mir Leid!“ Sie wollte kehrt machen, als Shuu mit wenigen Schritten an sie heran trat und sie rüde am Handgelenk packte. Mit einer schnellen Handbewegung wischte er ihre Tränen weg. Besorgt schaute Shuu sie an, denn auch wenn sie versuchte ihre Tränen zu verbergen, spürte der Koordinator, dass etwas nicht stimmte. „Was ist los mit dir?“, wollte der Koordinator leise wissen. Das Mädchen aber schluchzte bloß, unfähig etwas zu erwidern. Tröstend nahm Shuu seine Freundin in die Arme. „Alles ist gut.“ Diese stieß Shuu von sich. „Nichts ist gut!“, schluchzte die Brünette. Sie deutete mit zitternden Fingern auf das Feld. „Du amüsierst dich, aber es kümmert dich nicht, wie es mir geht!“ Bestürzt wich Shuu von Haruka zurück, die unentwegt zitterte, sammelte sich aber wieder und trat auf sie zu. „Wie soll ich dir denn helfen, wenn du mir nicht sagst, was du fühlst?“ Shuu fasste wieder ihre Handgelenke und blickte sie zärtlich an. „Du weißt doch, dass ich immer für dich da bin.“ Haruka lehnte ihren Kopf an seine Brust, und sie spürte, dass ihr Freund die Arme um sie legte. Dann aber sah sie zu ihm auf. „Es tut mir Leid… Ich… Ich weiß, ich bin eine unausstehliche Kuh, aber…“, sie hielt inne und suchte seinen Blickkontakt. „Aber ich halte es hier nicht mehr aus! Lass uns irgendwo hingehen – zusammen!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)