Bitter Sweet Synphonie von NeverEndingSong (Wie viel Leid kann die Liebe heilen?) ================================================================================ Kapitel 1: Ich werde immer bei dir sein --------------------------------------- Port Royle, Jamaika Flackernd erlosch die Kerzen, die den Raum nun in ein größeres Dunkel stürzten. Einzig die Kerzen auf seinem Ebenholzschreibtisch und das Mondlicht, das durch sein Fenster fiel, brachten noch etwas Licht. Beckett schloss für einen Moment die Augen, während er den süßlichen Geruch, die von den erlischenden Kerzen ausging, tief einatmete. Er liebte diesen Geruch, er erinnerte ihn an vergangene Zeiten, aber auch an den Tag, wo seine Wut auf Jack Sparrow noch größer geworden war. Erst jetzt, wo das Licht und der Rauch von dem Dunkel geschluckt worden war, öffnete er seine Augen wieder und trat auf die Tür zu. Ein letztes Mal kontrollierte er das Schloss der Tür. Heute sollte ihn niemand stören, niemand sollte einfach so hereinplatzen, niemand sollte ihn aus seiner Trance herausholen... Nicht das sich das jemand getraut hätte. Mercer würde jeden, der seinem Büro zu nahe kommen würde, notfalls mundtot machen und die Soldaten hatten bei weitem besseres zu tuen, dafür hatte er gesorgt. Er wollte nicht gestört werden, er wollte allein mit sich und seinen Erinnerungen sein. Seine Schritte trugen ihn zu seinem Schreibtisch und mit einem tiefen seufzten ließ er sich auf dem Stuhl nieder. Er entledigte sich seiner Perrücke und griff nach seinem Wein und seinem Weinglas. Sanft und langsam goss er sich den Wein ein und beobachtete, wie die blutrote Flüssigkeit ins Glas lief. Von der Welt ermüdet schwenkte er den Wein im Glas und seufzte schwer. Mit einem Zug leerte er das Glas und schmiss das Glas in einer fließenden Bewegung gegen die Wand. Er hatte genug von seinem Leben, hatte genug davon, dass er nicht wusste, wie er weiterleben sollte... Jedes gottverdammte Jahr war er an diesem Tag fertig mit sich, der Welt und seinem Leben. Er hatte aufgehört seinen Sinn gefunden zu haben und er hatte aufgehört daran zu glauben, dass es irgendwann weniger werden würde... Das sein Schmerz verschwinden würde und seine Augen wieder für seinen Weg klar werden würde. 12 Jahre kämpfte er nun schon gegen seine Erinnerungen, gegen seine Ängste und gegen das Bild von dieser einen Frau, die ihn dazu getrieben hatte, Licht in seine Welt zu lassen und ihn danach in einer noch größeren Dunkelheit zurückgelassen hatte. Sie hatte ihn in sein Leben hineingestoßen... Ein Leben was er nicht wollte. Die Scherben glitzerten auf dem Boden und er lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Müde verdeckte er mit seinen Händen die Augen. Er wollte das Mondlicht nicht sehen, wollte nicht wissen, dass er schon wieder allein in diesem Zimmer saß... Das Zimmer, was er nur Ein Mal pro Jahr betrat... Seine Finger fuhren über die feinen Narben an seiner linken Gesichtshälfte. Die Narben, an die er sich gewöhnt hatte. Noch ein Zeichen, was Jack Sparrow auf ihm hinterlassen hatte, denn nur durch seine Schuld war sein Schiff zerstört worden... Nur durch die Schuld dieses dummen Piraten hatte er seine Macht über Davy Jones verloren und somit auch über die „Flying Dutchman“. Nun machte William Turner, noch einer seiner Feinde, die Welt unsicher... Noch ein Grund mehr, die Piraterie abzuschaffen... Aber Jack Sparrow war noch an vielem mehr schuld... Er hatte sein Schiff verloren, seine Flotte, seine Macht über den König, vieles seines Geldes, sein Sinn, sein Leben weiter zu führen. Die Piraterie, gegen die er zu gerne kämpfte... Genauso wie die Welt da draußen... Die Welt dort draußen, die ihn als Sonderling hinstellte, die ihm nicht zeigte, dass er seinen Platz hier hatte. Er hasste sie und er liebte es gegen sie zu kämpfen. Er kämpfte gegen die Welt aus Piraterie, Mord, dem Kapern von Schiffen, dem illegalen Handel mit Gegenständen, dem Sittenfall in den Kneipen... Dem Sittenfall durch die Frau... Die Huren blieben nicht mehr nur in Tortuga, sie setzten nun auch ihre Füße in das Land von Port Royle und Umgebung. Sie brachten ehrenvolle Männer und liebende Ehemänner dazu, ihre Frauen zu hintergehen, Dinge zu begehren, die die Kirche ihnen verboten hatte und die sie nicht begehren durften... Er hatte diese Frauen gesehen, hatte ihre Schönheit, für die er nicht empfänglich war, gesehen, hatte den Koketten Blick dieser Frauen gesehen, ihre kurzen Kleider, die mehr zeigten als verhüllten... Aber gegen diese Art der Sünde war er immun. Seine eigene Sünde hatte er hinter sich lassen müssen. Seine Sünde hatte er schon oft bereuen müssen, genauso wie seine Fehler... Er hatte sich selbst für seine Fehler und seine Sünde so oft bestraft... Er war zu oft bestraft worden. Er hatte sie gehen lassen müssen... Seine Hände verließen seine Augen und er blickte zu dem Fenster, durch das das helle Mondlicht strahlte. Wie von selbst erhob er sich und ging auf das Fenster zu. Der Vollmond stand am Himmel und tauchte die Welt in ein helles, fast unnatürliches Licht, was Beckett für einen Moment blendete. In der Nacht, wo sie ihn verlassen hatte, hatte der Mond auch so unnatürlich gestrahlt, hatte ihn auch geblendet, hatte das Weiß ihrer Haut noch stärker zum Vorschein gebracht... Hatte sich in ihrem braunen Haar gefangen... Ihr wunderschöner Körper hatte in der Mitte des Raums gelegen, bleich und blass, von dem Mondlicht gefangen und ihre Augen hatten ihn strafend angeblickt... Ihre dunklen Augen hatten strafend und doch gebrochen geschaut... Das Rot, was sich auf ihrem weißen Kleid ausgebreitet hatte, hatte ihn stutzig gemacht... Noch immer sah er sie vor sich, sah ihre Schönheit und fragte sich, wie er die Frau hatte halten können... Ihr Tod war 12 Jahre her, vor 17 hatte er sie kennen gelernt. Damals war er noch jung und dumm gewesen, hatte sich gerade erst hochgearbeitet, hatte sich beim König gut gestelt, war Admiral geworden... Er hatte ihr jeden Wunsch erfüllen wollen, nur nicht den Wunsch, dass er öfters zu Hause sein würde. Es war für ihn unverständlich gewesen, warum sie ihn nicht verstand, warum sie nicht verstand, dass er doch alles nur für sie machte. Er wollte für sie bis zum Ende der Welt gehen, doch er hatte es nur bis zu einem Abgrund geschafft, den er nicht überwinden konnte... Den Abgrund, der ihn vor seine eigenen Fehler stellte. Damals hatte er sie gefunden und hatte die Perlen und den Schmuck von Jack Sparrow gefunden... Eine seiner Strähnen mussten aufgegangen sein... Was Jack bei ihr gesucht hatte, wusste er nicht... Wollte er auch nicht wissen... Sein Hass auf diesen Mann war gestiegen, hatte sich ins Unermessliche gezogen... Er lehnte sich an die Wand und legte seinen Kopf an den kalten Stein. Irgendwo in der Stadt hörte er das Schlagen der Kirchturmuhr und leise zählte er mit. Es war Mitternacht... Geisterstunde... „Warum bist du gegangen.“ hauchte er. „Ich bin nicht gegangen, das weißt du.“ sagte eine Sanfte Stimme hinter ihm. „Du bist gestorben.“ sagte er und es klang wie ein Vorwurf... also so, wie es hatte klingen sollen. „Das mag sein, aber gegangen bin ich nicht.“ sagte sie und er spürte einen Hauch an seinem Hals. Er drehte sich zu ihr um und lehnte sich an die Wand. „Weil ich dich nicht gehen lasse.“ stellte er fest. „Dem ist so...“ sagte sie. „Seit 11 Jahren, seit meinem Tod, kommst du in dieses Zimmer und rufst nach mir...“ Er nickte und sein Blick wanderte über ihren Körper. Sie sah genauso aus wie vor 12 Jahren, wo er sie gefunden hatte... die Braunen, fast schwarzen Haare leicht hoch gesteckt, aber so locker, dass ihr einzelne Strähnen auf die schlanken Schultern fielen. Ihre Augen dunkel und unergründlich tief, kaum geschminkt. Ihr Köper verhüllt in ein weißes, einfaches Kleid. Sie hatte nicht viel von den Modetrends gehalten, sich anzumalen oder sich in enge Kleider einzuschnüren... Nur wenn sie weggingen hatte sie es auf seinen Wunsch getan... „Du bist wunderschön.“ sagte er und streckte seine Hand nach ihr aus. „Das sagst du jedes Jahr.“ sagte sie und trat einen Schritt auf ihn zu, sodass seine Hand ihre Wange berühren konnte. „Du änderst dich wohl nie.“ „Nicht dir gegenüber.“ sagte er, während er die Weichheit ihrer Wangen genoss. Jedes Jahr an einem besonderen Tag eine Stunde lang, war sie wieder hier, war sie wieder aus Fleisch und Blut. Sein kleines Geheimnis... Es war sein einmaliger und bisher einziger Bruch mit seinen selbst gesetzten Regeln, indem er eine Hexe aufgesucht hatte, die ihm diesen Luxus ermöglichte. „Wie lange willst du mich noch rufen?“ fragte sie ruhig. „Wie lange wird es dauern, bis du mich gehen lässt?“ „Ich lasse dich nicht gehen.“ sagte er und zog sie an sich. „Nicht solange ich dich noch brauche.“ „Du brauchst mich, solange du dir sicher bist, dass ich komme.“ sagte sie und kuschelte sich an ihn. „Ich kann nicht gehen, ohne das du mich gehen lässt...“ „Ich kann dich nur ein Mal im Jahr sehen und du willst mit mir diskutieren?“ fragte er und küsste sie auf die Stirn. „Carol, ich brauche dich.“ „Du brauchst eine lebendige Frau, eine Frau die dir Dinge geben kann, die ich dir nicht geben kann.“ sagte sie und sah ihn eindringlich an. „Du brauchst...“ „Ich brauche dich...“ sagte er. „Nur dich, ich will keine Andere.“ „Aber du brauchst...“ Er ließ sich von ihr nicht unterbrechen und sprach einfach weiter. „Ich habe dir bei unserer Verlobung gesagt, dass es für mich immer nur dich geben wird.“ sagte er und strich ihr zärtlich eine Strähne aus dem Gesicht. „Damals war es in Ordnung, aber mit diesem Geständnis war gemeint, dass es neben mir keine andere geben wird, aber Cornelius, ich bin Tot!“ sie sah ihn mit einer Träne an. „Du wirst jedes Jahr mehr und mehr verbitterter und gefühlskalt. Du brauchst eine Frau, der du die Seite zeigen kannst, die du mir zeigst...“ „Ich will sie aber nur dir zeigen.“ knurrte er und sah sie wütend an. „Ich will niemanden anders, nur dich!“ „Du bekommst mich aber nicht!“ sagte sie und riss sich von ihm los. Er ergriff ihr Handgelenk und zog sie mit einer geschmeidigen Bewegung zurück. Sie hatte nicht damit gerechnet und so prallte sie gegen seine Brust und er legte seine Arme um sie. „Aber du gehörst mir doch schon!“ sagte er kühl und berechnend. „Du hast gar keine Andere Möglichkeit, als jedes Jahr hierher zu kommen und mir zur Seite zu stehen. Ich werde dich nicht aus deinem Dienst entlassen und ich werde dich jedes Jahr wieder rufen...“ Sie biss sich auf ihre Unterlippe und schlug die Augen nieder. So standen sie eine weile da, keiner Sagte etwas, genossen nur die Nähe des anderen. Die Wärme, die sie von niemanden anders bekamen... Schwelgten in ihrer gemeinsamen Geschichte, die zu früh geendet war und wo viele dinge ungelebt und ungetan geblieben war. Situationen die sie verpasst hatten und die ihr Leben verändert hätten. Sie hätten in England bleiben sollen und nicht für seine Arbeit hier herunter nach Port Royle kommen sollen. Sie hätten sofort heiraten sollen. Sie hätten öfters und mehr miteinander reden sollen, so hätte Cornelius gewusst, dass sie sich nicht sicher fühlte und sie hätte gewusst, dass er alles nur für sie tat. Er war es, der die Stille beendete. „Verstehe mich doch!“ sagte er, jetzt weicher und sanfter. „Ich will dich nicht verlieren.“ „Du hast mich schon verloren.“ sagte sie leise. „Ich bin nur noch ein Schatten meiner Selbst und mein Ich wird nicht wiederkommen. Die Zeiten ändern sich, das müsstest du doch wissen. Nichts ist wie es war und nichts ist, so wie wir es uns wünschen. Ich werde jedes Jahr schwächer und irgendwann werden wir beide es nicht mehr schaffen.“ Beckett sah sie an und nickte. „Dann werde auch ich sterben...“ „Nein.“ sagte sie mit fester Stimme. „Versuche doch nur ein einziges Mal mich zu verstehen. Ich sehe dich hier vor mir stehen, den Mann den ich zu lieben gelernt habe und den ich zu früh verloren habe...“ ihre Stimme war sanft geworden, während sie ihn ansah. „Wir hätten viele dinge anders gemacht, hätte ich gelebt, aber es ist nicht wichtig.“ sie strich ihm über die Wange. „Ich möchte nur, dass du wieder glücklich sein kannst, das dein Herz wieder von jemanden berührt werden kann. Ich will doch nur, dass du wieder lächeln kannst... Eine Frau, die dich aus deiner Trauer herausreißen kann...“ Er ließ sie los und ging zu seinem Schreibtisch. Er holte ein neues Glas hervor und kippte sich wieder Wein ein. „Geh.“ sagte er ruhig. „Deine Zeit ist fast zu ende...“ Carole öffnete ihren Mund und schloss ihn wortlos wieder. Ihre Gestalt verschwand, während er das Glas hob und auf sich und sie und auf ihr zerstörtes gemeinsames Leben trank. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)