Schultage von MarrySueCarkless ================================================================================ Schultage "Eine Pommes mit Mayo bitte." Die Verkäuferin machte sich an ihre Arbeit und reichte ihm fünf Minuten später seine Mahlzeit über die Theke hinweg an. Um die Pommestüte sicher entgegenzunehmen musste er sich etwas strecken, da er recht klein geraten war. Mit seiner Tüte in der Hand stellte er sich an einen der Stehtische, die vor dem Bratwurststand platziert worden waren und fing an die Pommes in sich hineinzustopfen. Er musste sich beeilen, denn er hatte keine Lust auf ein Zusammentreffen mit ihnen. Nur seine Sehnsucht nach Fastfood hatte ihn dazu gebracht, trotz seiner Bedenken, an diesem Samstag in die Stadt zu gehen. Mit zitternden Fingern griff er sich eines der Stäbchen und kaute darauf herum. War es das wirklich wert? Ich wäre doch lieber Zuhause geblieben. Wer weiß was heute noch passiert. Er schlang die restlichen Pommes herunter, schmiss seinen Müll weg und machte sich auf den Heimweg. Immer wieder schaute er sich um. Er war nervös und er hatte Angst. Er zitterte und seine Haltung war geduckt, als ob ihn das unsichtbar werden ließ. Das Gesicht war angespannt und seine Lippen aneinandergepresst. Alles an ihm deutete auf Abwehr. Da waren sie. Er war wie erstarrt. Konnte sich nicht mehr rühren. Die Angst schnürte ihm die Kehle zu. Er schaute genau in ihre Gesichter und sah, dass sie ihn wohl noch nicht gesehen hatten. Langsam und vorsichtig ging er rückwärts, immer auf ihre Reaktion achtend. Es waren nur ein paar Meter, bis zu der Seitengasse, wenn er diese erreichen könnte, wäre er in Sicherheit. Aus einem Impuls heraus drehte er sich um und fing an zu rennen. Sein Atem ging schnell und sein Herz pochte. Er erreichte die Gasse und bog so schnell wie möglich um die Ecke. Keuchend, doch innerlich jubelnd verlangsamte er sein Tempo so weit, das er sich von seinem Spurt erholen konnte. Sie hatten ihn nicht entdeckt. Erleichterung machte sich in ihm breit. Er ging bis zum Ende der Gasse, um sich dort einen Platz auf einem der herumstehenden Mülltonnen zu suchen, damit er in aller Ruhe darauf warten konnte, dass sie auf jeden Fall verschwunden waren und er somit beruhigt nach Hause gehen konnte. Er lief zu einer Mülltonne und wollte sich gerade hinsetzen, als er einen Schatten aus dem Augenwinkel heraus sah. Der erste Schlag traf ihn hart und unvorbereitet. Er glaubte Sterne zu sehen. Er fiel in den Dreck und ihre Füße begannen nach ihm zu treten. Er versuchte sein Gesicht mit den Händen zu schützen, doch sie zogen sie ihm wieder weg. Er schrie vor Schmerzen, bettelte das sie aufhören sollten. Sie lachten nur und traten noch härter zu. Sie waren erbarmungslos in ihrer Wut, in ihrem Zorn. Hörten nicht auf, wie im Rausch dreschten sie auf ihn ein. Sie fingen an seine Kleidung zerreißen, bis er nackt und schutzlos vor ihnen lag. Ein letztes Wimmern war von ihm zu hören, bis die Welt in wohltuender Schwärze versank… Das Piepsen seiner Armbanduhr riss ihn aus seinen Tagträumen. Er saß in einer dunklen Ecke im Heizungskeller. Man konnte ihm ansehen wie angespannt er war. Noch einmal ging er seinen Plan Schritt für Schritt durch. Er hatte nichts vergessen. Schweißtropfen rannen ihm über das Gesicht. Es war heiß hier unten und die Feuchtigkeit die tonnenschwer in der Luft lag machte es auch nicht gerade angenehmer. Das Pochen seines Pulses rauschte durch seine Ohren. Ich kann nicht mehr zurück. Ich muss das jetzt durchziehen. Es wird niemals aufhören. Langsam rappelte er sich auf und griff nach seinem Rucksack, mit seiner Ausrüstung. Er zitterte. Die Spannung zerriss ihn förmlich. Es gibt kein zurück. Bald ist alles vorbei. Er schloss seine Augen und erinnerte sich daran weshalb er hier war… Als die Pausenglocke schlug machte er, dass er schnellstens weg kam. Ohne auf seine Umgebung zu achten hastete er durch die Flure. Als er an einer der Jungentoiletten angekommen war, betrat er diese und versuchte sich ein wenig zu beruhigen. Er setzte sich auf die Heizung und holte sein Pausenbrot aus seiner Tasche. Genüsslich biss er von dem Brot ab. Er hatte jetzt eine Freistunde und danach noch zwei Stunden Französischunterricht. Als er das Brot fast aufgegessen hatte öffnet sich die Türe und eine Gruppe Schüler betrat den Raum. Binnen weniger Sekunden verfinsterte sich sein Gesicht. Er sprang auf und wollte an den Schülern vorbei, um dem Raum zu verlassen. Doch schon im nächsten Moment wurde er gepackt. "Wo will du denn hin? Du kannst doch nicht einfach abhauen bevor wir unseren Spaß mit dir hatten." Einer von den Jungen krallte sich seine Tasche und verteilte den Inhalt auf den Boden. Ein Anderer hielt seine Arme auf den Rücken gedreht fest. Es tat weh und Tränen traten ihm in die Augen. Er musste sich dazu zwingen, nicht zu weinen. Doch er wollte keine Schwäche zeigen. Nur einmal wollte er stark sein. Der Junge mit der Tasche in der Hand griff nach einer Banane, die zusammen mit dem anderen Inhalt seiner Tasche auf dem Boden lag. Er kam auf ihn zu und grinste ihn dreckig an. Dann nahm er die Frucht und steckte sie ihm in die Hose. Er packte ihm zwischen die Beine und zerquetschte die Banane in seiner Hand, so dass sich ein großer schleimiger Fleck auf der Hose abzeichnete. Die anderen Jungen johlten lautstark. Tränen liefen unaufhörlich über seine Wangen und seine Arme schmerzten. "Bitte lasst mich in Ruhe" Der Schüler der ihn festhielt schupste ihn in eine der Kabinen und drückte seinen Kopf in die Kloschüssel. Das Grölen der Anderen wurde lauter. Als sie genug Spaß mit ihm gehabt hatten schleiften sie ihn aus der Toilette, hinaus auf den Flur, bis zu ihrem gemeinsamen Klassenzimmer, um ihn dort einfach fallen zu lassen. Die Schüler um ihn herum lachten und verspotteten ihn. Ein Lehrer kam gerade vorbei, um die Türe des Klassenraumes aufzuschließen. Als der Mann ihn erblickte hob er nur eine Augenbraue und wandte angeekelt seinen Blick ab… Er schüttelte den Kopf und setzte sich in Bewegung. Es war dunkel. Der Keller wurde nur durch ein paar sehr spärlich gesäte Glühbirnen beleuchtet, die alles in ein dämmriges Licht tauchten. Er durchquerte mehrere Räume und Gänge, stieg Treppenstufen hinauf, bis er vor einer Türe stehen blieb. Zaghaft lehnte er sich dagegen ohne ein Geräusch zu erzeugen. Sein Atem ging unregelmäßig und schnell. Ich kann das nicht. Tränen flossen über sein Gesicht. Ein Schluchzen durchbrach die vollkommene Stille. Warum? Warum zwingt ihr mich dazu? Das ist nicht fair. Ich habe euch nie etwas getan? Warum tut ihr mir weh? Panik ergriff ihn. Sein Körper wurde von einem immer heftiger werdenden Zittern überrollt. Seine Beine gaben unter der starken Belastung nach und er rutschte die Türe hinab und kam auf seinen Knien auf. Der Boden war kalt und hart. Die Kälte kroch durch seinen Körper und hinterließ ein taubes Gefühl in seinen Beinen. Laut schluchzte er auf. Er stützte sich auf seinen Händen ab, die unter dem Druck anfingen noch stärker zu zittern. Sein Atem wurde schneller und immer hektischer. Er verschluckte sich und fing an zu würgen und gleichzeitig versuchte er panisch Luft zu holen, doch es gelang ihm nicht. Er kriegte immer schlechter Luft und so langsam aber sicher sah er schwarze Punkte. Die Atemluft wurde ihm immer knapper. Er hatte Angst zu ersticken, röchelte nur noch. Seine Klamotten waren schon ganz durchgeschwitzt, durch die Anstrengung. Auf einmal fing sich alles an zu drehen… Er ging in die Umkleide um sich seine verschwitzten Sachen auszuziehen und machte sich daran seine Alltagskleidung wieder anzuziehen. Sein Blick war gesenkt, er wagte es nicht in die Gesichter der anderen Jungen zu schauen. Er wollte sie nicht provozieren, sie nicht reizen. In seinem Innersten wusste er dass es nichts bringen würde, doch er wollte die Hoffnung nicht aufgeben. Er klammerte sich an sie wie ein Ertrinkender an einen Ast. Sie verdrehten nur die Augen bei dem Anblick, den er ihnen bot und warteten auf den richtigen Moment um ihm mal wieder zu zeigen wo sein Platz war. Er wusste, dass sie glaubten, dass er kein Recht dazu hatte neben ihnen zu stehen und dieselbe Luft wie sie zu atmen. Er war Dreck und der Dreck hatte gefälligst zu ihren Füßenzu liegen und wenn er das nicht freiwillig tat musste man halt nachhelfen. Einer der Jungen gab den Anderen ein Zeichen, worauf sie sich erhoben und auf ihn zukamen. Er versuchte noch zu fliehen, doch es war zu spät. Sie hatten ihn eingekreist. Er konnte ihnen nicht entkommen. Einer packte ihn an seinen Haaren und zerrte ihn zum Ausgang, um dann mit ihm hinter der Turnhalle im Gestrüpp zu verschwinden. Er versuchte sich zu wehren, schrie und schlug um sich doch vergebens. Ein Tritt traf ihn im Magen um ihn zu warnen mit dem Gezeter aufzuhören. Wenn er gewusst hätte was sie mit ihm vorhatten, hätte er nicht aufgehört sondern gekämpft, doch er wusste es nicht, also zog er es vor stillzuhalten, um sie nicht noch wütender zu machen. Sie zogen ihm den Pullover über den Kopf und banden die Arme so zusammen das er sich nicht mehr bewegen konnte. Panik überrollte ihn, als er nichts mehr sehen konnte. Sie zerrten ihn an den Füßen in die Luft und öffneten seine Hose, um sie gleich darauf in den Dreck fallen zu lassen. Als er nackt und vor Panik erstarrt vor ihnen lag, attackierten sie seinen Körper mit Tritten und Schlägen. Nach ein paar Minuten hörten sie plötzlich auf und standen mit erwartungsvollen Gesichtern da. Ein Mitglied der Gruppe öffnete seine Hose und beugte sich über ihn. Er schrie aus Leibeskräften, doch sie ließen nicht von ihm ab. "Bitte. Hört auf. Bitte hört doch auf. Es tut weh, bitte." Sie zeigten kein Erbarmen und machten weiter bis die Schreie verstummten... Ein Schrei entwich seinen bebenden Lippen. "Nein!" Ich werde nicht aufgeben. Ich werde kämpfen. Ihr werdet dafür zahlen. Nur langsam fand er die Kraft sich zu beruhigen, wieder in die Realität zurück zu finden. Er hörte auf zu Schluchzen und sein Atem wurde ruhiger und gleichmäßiger. Das Zittern ließ nach, sein Körper gewann wieder an Spannung. Er lehnte sich gegen die Türe und atmete erleichtert durch. Ich werde das durchziehen. Keiner kann mich aufhalten. Keiner. Nie wieder. Entschlossen stand auf und griff nach seiner Waffe. Seine Finger umschlossen die Waffe fest und sicher, als ob er noch nie etwas anderes gemacht hätte. Er wirkte um einiges gefasster als noch vor einer Stunde. Zielstrebig und mit festem Blick drehte er sich um. Entschlossen entsicherte er seine Pistole und drückte die Türklinke herunter. Ein kaltes Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. It's Showtime. Schreie hallten durch die Flure. Ein fürchterliches Knallen war zu hören, welches sich immer und immer wieder wiederholte. Man sah Tränen verschmierte Gesichter, egal wo man hinschaute. Menschen rannten über die Flure, ohne Rücksicht auf die Anderen zu nehmen. Wer hinfiel wurde einfach nieder getrampelt. Die Panik schlug um sich und ergriff jeden der Zeuge dieses makaberen Schauspiels wurde. Leere Augen zeichneten all jene, die das Grauen zu sehen bekamen. Einige Türen wurden durch verirrte Kugeln beschädigt, Löcher prangten in ihnen. Das zersplitterte Holz lag überall zerstreut. Von den Wänden bröckelte der Putz an den Stellen, wo die Geschosse ihr Ziel verfehlt hatten oder einfach direkt durchgedrungen waren. Fenster waren zersprungen. Die Glassplitter verteilten sich über dem Boden und wurden zur Unheil bringenden Stolperfalle. Schwere Schritte hallten Böses verkündend durch die Gänge. In jeder noch so kleinen Ecke fand man Blut. Bluttropfen auf den Wänden. Blutpfützen auf dem Boden. Ein widerlicher Geruch lag schwer in der Luft. Ein Gemisch aus Schweiß, Blut, Erbrochenem, Exkrementen und irgendeinem Reinigungsmittel, was die Putzfrauen benutzt hatten um den Boden zu reinigen. Es roch Übelkeit erregend. Stille kehrte ein. Keine Schreie waren mehr zu hören. Nur ein leises stetiges Tropfen, ausgelöst von einer Blutlache die sich einen Weg durch das Treppenhaus bahnte. Die Stille erdrückte einen. Der Geruch haftete an allem und jedem, so als wollte er nie wieder verschwinden. Es wirkte gespenstisch. Überall wo man hinsah Leichen. Leichen von Kindern, die vor einer Stunde noch lachend auf dem Schulhof standen. Leichen von Erwachsenen, allerdings weitaus weniger, doch wenn waren sie übel zugerichtet worden. Die meisten toten Lehrer waren in den Klassenzimmern zu finden. An der Tafel hinter dem Pult. Angestarrt von toten Kinderaugen, deren verzerrte Gesichter, eher an Fratzen erinnernd, als an die Antlitze unschuldiger Jungen und Mädchen. Mit schreckensgeweiteten Augen, deren Strahlen erloschen war. Ein Szenario des Schreckens und des Grauens zeichnete sich ab. Draußen waren Sirenen zu hören, als der letzte Schuss fiel. Es war das Ende seiner Vorstellung. Er lag in seinem eigenen Blut mit einem Lächeln auf dem Gesicht auf der Treppe, vor dem Eingang der Schule. Stimmengewirr mischte sich unter die bleierne Stille. Das groteske Bild blieb, es ließ sich nicht von der aufkeimenden Aufräumarbeit vertreiben. Es hatte sich in die Netzhaut der Überlebenden eingebrannt. Wird sie jeden Tag und jede Nacht verfolgen, bis auch sie dem Tod ins Gesicht blicken müssen. Es wird nicht der Selbe sein, der sie auf ihre letzte Reise schickt und doch werden sie seine kalten von Hass und Zorn erfüllten Augen niemals vergessen, wenn sie den Anblick dieser überlebt hatten. Sie hielten ihn für das Spiegelbild des Todes, seinen Zwillingsbruder. Alles war so unwirklich, keiner konnte fassen was passiert ist. Niemand wollte es wahrhaben, wollte es glauben. Doch die Leichen zeugten von der schrecklichen Tat. Es war Wirklichkeit. Es war nicht mehr zu ändern, es geschah vor ihren Augen. Sie konnten nichts weiter tun als zuzuschauen. Sahen wie ihre Klassenkameraden, ihre Freunde, Lehrer und Mitschüler exekutiert worden waren. Sie würden es niemals vergessen. Die Opfer und deren Angehörige suchten nach einer Erklärung, sie wollten verstehen, begreifen was geschehen war. Doch es gab nichts was ihnen dabei helfen konnte. Sie wussten nicht warum. Konnten sich nicht vorstellen weshalb jemand dermaßen durchdrehte. Die Polizei befragte die Angehörigen, doch diese schwiegen und verdrängten das Erlebte, so als wäre es nie passiert, als hätte er nie existiert. Die Beamten durchsuchten das Zimmer des Mörders um wenigsten ein paar Antworten auf ihre Fragen zu finden. Was sie fanden waren diverse Videospiele und Filme fein säuberlich aufgereiht, als wären sie so drapiert worden. Sie nahmen sie zur genaueren Untersuchung mit. Den Zettel, der in einem Heizungskeller der Schule lag fanden sie nicht. Er hätte ihnen vielleicht gesagt was geschehen war, aber nur vielleicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)