One-Sided von Lunatik (Was ist schon Liebe?) ================================================================================ Kapitel 6: Zukunft ------------------ Yeah, ich lebe noch! Wir haben zwar schon September 2009 - aber auch egal. Hier ein... mehrsichtiges Kapitel. Ich hoffe, man kann noch die Übersicht behalten ^^ Kritik, Lob, Beschwerden und Morddrohungen - sind alle via Kommentar erwünscht! Viel Spaß! _________________________________________________________________________________________ Es war schon spät. Er konnte die ersten Sterne am Himmel ganz deutlich sehen. Ein frischer Wind ließ ihn kurz frösteln. Langsam wurde es immer kälter. Er war hergekommen, ohne darüber nachzudenken. Es schien der Ort zu sein, an dem er sich geborgen fühlte. Er betrachtete den Fluß und ein schwaches Lächeln legte sich auf seine Lippen. Nun war er wieder da, wo er vor sechs Jahren angekommen war. An dem Punkt, wo er kein Dach mehr über dem Kopf hatte. Sophie hatte es ihm sehr nett erklärt. Ihr blieb keine andere Wahl. Sie musste ihn „ins Leben schicken“, wie sie es ausgedrückt hatte, dabei ihren schuldigen Blick zur Seite abgewendet. Er hatte den Brief gelesen und nur die Hälfte verstanden. Er wusste eins: Es ging um Geld. Geld, das sogar die Schachtel nicht hatte. Sophie hatte sich entschuldigt, wobei es nichts zum entschuldigen gab. Sie konnte nur vier Kinder weiter ernähren. Der Rest der Kinder wurde an das Waisenhaus weitergegeben. Sophie hatte keinen Grund sich zu entschuldigen, denn ihm hatte sie sogar die Wahl gelassen. Er hatte keinen Grund hier wütend und hilflos dazuliegen. Doch er tat es. Seine Entscheidung hatte er ohne zu zögern gegeben. Waisenhaus war der letzte Ort, wo er freiwillig hingehen würde. So nahm er Sophies Vorschlag an. Sie würde weiterhin sein Vormund sein, doch mehr nicht. Es war an ihm sich Lebensunterhalt zu verdienen und einen Wohnort zu finden. Er konnte immer noch die kleine Träne auf Sophies Wange sehen, als sie ihm das gesagt hatte. Am Ende gab sie ihm eine Adresse. Sie sagte es sei ihr Lieblingsrestaurant seit der Kindheit gewesen und der Chef suchte eine Aushilfe. Sophie, die Schachtel und die vier Glücklichen würden nächste Woche umziehen. In eine kleine Wohnung am Rande der Stadt. Bis dahin durfte er noch bei ihnen wohnen, hatte Sophie ihm versichert. Die liebliche Sophie. Die fürsorgliche Sophie. Die leider in Amtsangelegenheiten ahnungslose Sophie. Er ließ sich auf das Gras fallen und schaute nach oben zu den Sternen. Es war nicht fair ihr gegenüber so zu denken. Nur dank ihr hatte er die letzten Jahre lang ein Art Familie genießen können. Er seufzte. Er würde morgen zu dem Restaurant gehen und darauf hoffen, dass sie ihn nehmen. Inzwischen konnte er unzählige Sterne sehen. Er wünschte sich Sternbilder darin sehen zu können. Er kannte leider keine. Er atmete tief ein und aus. Er würde sich von hier erheben und seine innere Ruhe wieder erlangen. Er würde aufstehen, mit einem neuen Ziel im Leben. Mit einem neuen Leben. Er würde seinen Weg meistern. Selbstständig auf eigenen Beinen stehen. Er flüsterte die Worte vor sich hin, die er damals geschrieen hatte. Worte, die ihm seit da immer halfen. Eine Zauberformel. Er stand auf. Rei spürte die Kraft in seinem Inneren fließen. Er startete seinen Blade und Tiger kreiste anerkennend um ihn. Dieser Freund würde für immer bei ihm bleiben. Er war seine Familie. "Manche Wünsche muss man sich selbst erfüllen, oder sie aufgeben." Er erinnerte sich auch an diese Worte. Es war merkwürdig wie manche Sätze einem ewig in Erinnerung blieben und wie sie das Leben von einem beeinflussten, ohne dass man etwas dagegen tun konnte. Hatten Kai und Yuriy auch solche Sätze? Bestimmt. Und noch erinnerte er sich an ein Bild. Ein Bild davon wie er nie werden wollte. Davon, was er nie in seinem Leben anrichten würde. Eine Windböe ließ ihn zusammenzucken. Auch für seinen durchtrainierten Sportlerkörper war die Temperatur doch etwas zu niedrig. Er holte seinen Kreisel zurück in die Hand und drückte ihn sanft. Blieb nun nur noch die Frage wohin er jetzt sollte. Er wollte nicht zurück ins Haus. Sophie hatte genug um die Ohren und sein Anblick würde sie nur unnötig schmerzen. Der Schwarzhaarige lächelte. Nur in Filmen und Romanen tauchte die rettende Hand immer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort auf. Und bot dann einem einen Kaffee und die Lösung aller Probleme an. Sein Magen gab einen knurrenden Laut von sich, was der Chinese seufzend ignorierte. „Rei?“ Ungläubig drehte sich Angesprochener um 180 Grad. „Wusste ich es doch. Du bist einfach unverkennbar!“ Etwas über ihm, am Straßenrand stand ein grinsender Rotschopf mit einer Tüte aus dem Kombini. In seiner Verblüffung brachte Rei nur ein „Yuriy“ heraus, was den anderen aber keineswegs zu stören schien. „Ist dir eigentlich nicht kalt? Willst mit auf einen Kaffee? Kai murrt schon den ganzen Tag, seit er vom Training zurück ist. Bin nun extra Melonenbrot kaufen gegangen für ihn. Vielleicht kannst du ihm die Laune heben?“ Ein Zwinkern folgte den Worten. Der Langhaarige lachte. Er konnte nicht anders, es war doch bizarr! Yuriy lächelte ihn zufrieden an und wartete geduldig, bis der andere sich wieder beruhigte. „Kommst nun?“ Die Frage klang danach, dass Yuriy die Antwort zweifellos wusste. Rei nickte. Sie waren alle drei in der Küche und kochten gemeinsam. Wobei Kai eher da saß und das Werken denen überließ, die einiges davon verstanden. Er hatte nur die ruhmreiche Aufgabe übernommen die Milch zur Sahne mit dem elektrischen Umrührer zu schlagen. Der Blader war erstaunt über den Fund Yuriys in seiner Küche. „Er hat doch auch trainiert.“ „Trainiert? Er hat die ganze Woche gefaulenzt! Und damit Max angesteckt.“ Kai war sichtlich genervt von der Arbeitsmoral seines Teams, genauer gesagt Max und Tyson, die fast die ganze Krankheitszeit Kais zum Ausspannen im Freibad genutzt hatten. die letzten warmen Tage genießen, wie sie es genannt hatten. Er schnaubte. „Kai, pass bitte auf die Sahne auf.“ „Ja, ist gut.“ Rei lächelte. Er war dabei eins seiner besten Gerichte zu würzen, wobei ihm Yuriy mit guten Ratschlägen aushalft. Er fühlte sich gut an, etwas gemeinsam zu tun. Fast so wie das Bladen. Er drehte sich zu Kai, um nachzuschauen, ob dieser es auch genoss. „Kai! Ist gut, dass ist schon zu viel, du machst uns noch Butter!“, schrie er im nächsten Augenblick. Der Halbrusse schaltete sein Gerät in aller Ruhe aus und fügte dann in seiner gewohnten Art hinzu: „Ist doch auch lecker.“ Rei schlief im Gästezimmer, was Yuriy auf die Couch im Wohnzimmer verlegte. Doch im Gegensatz zu Rei, der schnell eingeschlafen war, zumindest war von ihm nichts mehr zu hören, waren die anderen zwei hell wach. Yuriy krauelte eins der kleinen Kätzchen, das sich auf seinen Schoß verirrt hatte. Kai saß mit einer Teetasse im Sessel gegenüber. „Was willst du jetzt eigentlich machen?“ Mit der Frage hatte er schon über eine Woche gezögert. Er wusste nicht genau warum, doch hatte er einige Vermutungen. Vermutungen, die er nie zu Ende denken konnte. Denn schon am Ansatz schlug Es wieder zu. Du hast kein Recht darauf. Auch jetzt war die Frage nur leise über seine Lippen gekommen. „Und was machst du mit den Kleinen?“, stellte Yuriy die Gegenfrage auf das kleine Ding auf seinen Oberschenkeln deutend. „Weggeben. Sonst versauen sie mir die ganze Wohnung. Die Graue allein reicht mir.“ Er hatte die Frage beantwortet ohne darüber nachzudenken. Vielleicht wollte er die Antwort auf seine eigenen nicht hören. Nein. Er wollte. Doch er hatte Angst. Du kannst keine Angst haben!, schrie sein Großvater in ihm auf. „Beantworte meine Frage.“ Der Rotschopf zögerte. Sein Blick wanderte zu der Katze, die behütend neben ihren Kleinen schlief. Er wird gehen. Das muss so sein. „Ich denke, ich fange als Ausbilder bei der BBA an.“ Kai blinzelte kurz. Er hatte einiges erwartet, aber nicht das. „Deswegen… Kann ich noch länger hier bleiben?“ Es fühlte sich an, als ob zwei Scherben wieder zusammen gefügt wurden. Vielleicht nur mit Klebeband und nur zwei von tausend, aber… Es war schön. Der Bladebreaker stand auf. „Tust du doch eh.“ Mit diesen Worten verschwand er in seinem Zimmer, um gleich danach in einen schönen Traum zu fallen. Vielleicht war es auch eine Erinnerung, er wusste es nicht genau. Kais Gesicht hatte nichts von seinen Emotionen preisgegeben. Nichts von der Freude, die er wegen Yuriys Bitte verspürt hatte. Doch vielleicht hatte Yuriy es in Kais Augen gesehen. Denn nun lag er hochzufrieden und erfreut da. Auf seinem Bauch hatte das kleine Kätzchen Platz genommen und schlief ruhig. „Es ist schön hier noch ein wenig länger bleiben zu können.“ Er lächelte. „Für dich finden wir auch einen schönen Platz.“ Es dauerte nicht lange, bis auch der Atem des Russen flach und ruhig wurde. „Weißt du, ein Kind erweckt immer Vertrauen. Du bist eine gute Tarnung.“ Er hatte oft so geredet. „Außerdem muss ich ja mein geniales Können weitergeben, nicht wahr?“ Die Frau weinte. Dieser Anblick brannte sich in sein Gedächtnis für alle Ewigkeiten ein. An der Ehrenstelle. In einem leeren Zimmer, wo nur noch ein Stuhl übrig war, saß die abgemagerte kleine Frau auf diesem und weinte. Ihr Gesicht hinter ihren Händen versteckend. Ihr schwarzes Haar hatte schon die ersten Grautöne. Er konnte es genau sehen, obwohl er in einer Ecke des Zimmers stand, der Stuhl mit der Frau dagegen zentriert. Mort redete auf sie ein, hielt ihr ein Papier vor die Nase. Wäre noch ein Tisch da gewesen, hätte er auf diesen mit seiner Hand geschlagen. Er wusste das, denn er hatte es schon einige Male gesehen. Diesmal war es nicht nötig. Die Haustür ging auf und ein junger Bursche, nicht viel älter als er selbst, trat ein. Ein Schulranzen auf seinem Rücken. Er wusste nicht was los war. Er verstand nicht wieso alles so leer war, wieso seine Mutter weinte. „Mama?“, fragte der Junge. Er stand in seiner Ecke und blickte direkt in die weit aufgerissenen Augen der Frau. Angst. Entsetzen. Schließlich flüsterte sie leise: „Ich mache es.“ Der Junge mit dem Schulranzen lief zu ihr hin und sie umarmte ihn. Auch wenn sie es ganz leise geflüstert hatte, konnte man es deutlich hören. „Alles wird gut.“ Lüge. Das wusste er auch schon. Siegesreich grinste Mort. Rei betrachtete die Decke über ihm. Das Mondlicht drang durch das Fenster durch, so dass das Zimmer nicht in völliger Dunkelheit gehüllt war. Er wusste nicht, ob er geschlafen und geträumt hatte, oder ob er nur wieder von dieser Erinnerung gefangen genommen wurde. Jetzt war er auf jeden Fall wach. Wach und entschlossen sich Morgen die Stelle im Restaurant zu besorgen. Entschlossen auch eine Wohnmöglichkeit zu finden. Er würde diese zwei Ziele erreichen, mit aller Kraft und mit Ehrlichkeit. Denn nie wieder wollte er es sehen. Das Unglück anderer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)