Die stummen Wirrungen des Gei von Aspis (oder die tragische Suche nach inneren Begierden) ================================================================================ Albtraum -------- Stocksteif aufgerichtet saß ich in einem Bett mit weißer Bettwäsche und hatte einen weißen Kittel an. Neben mir stand ein kompliziertes Gerät, von dem Kanülen ausgingen. Sie verschwanden zusammen mit einem Infusionsschlauch in der Vene in meinem Unterarm. Mein Zimmer war leer. Klinisch weiße Wände, ein grauer Boden, eine geschlossene Tür. Die Vorhänge waren geschlossen. Zwielicht. An der Decke flackerte unregelmäßig eine Neon-Leuchte. Unverständliche Laute aus einem weit entfernten Lautsprecher, sonst Stille. Eine Fliege verfing sich in einem Netz an der Decke. Etwas schwarzes, pelziges näherte sich ihr und umwickelte sie. Ein Kokon entstand. Die Spinne rammte ihr Maul in das Geflecht und injizierte Gift und Säure ihn ihre Beute. Die Organe des gefangenen Insekts lösten sich auf, wurden zu einer breiigen toten Masse. Die Spinne saugte sie auf. Mein Arm schmerzte. Die kalte Metallnadel brachte etwas in meinen Blutkreislauf. Von der Fliege war nur noch der leere Chitin-Panzer übrig. Die Spinne schaute sich um, suchte nach neuer Beute. Ihre acht Augen blickten mich an. Sie wartete. Ein kalter Windstoß bewegte die Vorhänge. Ich fror. Er roch abgestanden, nach Alter und Tod. Die Medikamente schwächten meinen Körper. Mein Immunsystem war kaum noch vorhanden. Ich hatte Fieber. Die Spinne starrte noch immer. Sie hatte sich nicht bewegt. Ihre nächste Beute wird sich verfangen. Sie musste nichts tun, nur warten. Kalter Schweiß bedeckte meinen Körper. Mein Kittel klebte an meinem Rücken. Er war schon lang nicht mehr frisch. Ein markerschütternder Schrei, gedämpft durch Türen und Wände. Er verstummte schnell und wieder Stille. Mir wurde schwarz vor Augen. Ich konnte mich nicht mehr aufrecht halten. Kraftlos kippte ich nach hinten um. Doch ich fiel nicht auf mein Kopfkissen, sondern hindurch. Ich Fallen sah ich, wie Er mich gestoßen hatte. Mit eisiger Miene beobachtete er wie ich fiel. Dunkelheit um uns herum. Nur er war sichtbar. Seine Augen waren leer und kalt. Ich streckte ihm meine Hand entgegen, wollte gerettet werden. Konnte nicht fassen, dass er mich in die Tiefe geschickt hatte. Er regt sich nicht, starrte nur weiter auf mich hinab. Beobachtete wie ich kleiner wurde und anfing, aus seinem Blickfeld zu verschwinden. Ich fiel immer weiter und immer schneller. Raste dem Boden entgegen, aber ich erreichte ihn nicht. Ich konnte mich nicht umwenden, um zu sehen, wann er käme. Musste in Ungewissheit meinem Ende entgegen rasen. Er war nur noch als winziger Fleck zu erahnen, aber ich spürte seinen eisigen Blick auf mir ruhen. Ich schlug auf dem steinharten Boden auf und zersplitterte in tausend Teile. Um mich herum standen schwarz vermummte Gestalten und starrten meine körperlose Quintessenz mit rot glühenden Augen an. Sie warteten regungslos, während ich litt. Einer löste ich aus dem Kreis und kam auf mich zu. Ein konturloser nachtschwarzer Schemen, der durch die Dunkelheit schritt. Er blieb stehen und zog sich die Kapuze vom Gesicht. Es war Er! Mein Erlöser, mein Lebenssinn, meine Liebe, mein Henker. Er befahl mir aufzustehen. Ich wollte gehorchen, doch mein Körper lag in tausend Teilen zersplittert im Nirgendwo. Ich versuchte es mit aller Kraft und suchte fiebernd nach einer Möglichkeit. Ich wollte ihn nicht schon wieder enttäuschen, wollte seinem Befehl gehorchen, wollte aufstehen. Aber ich konnte nicht. Er befahl mir ein zweites mal aufzustehen. Wieder wollte ich gehorchen, aber es war noch unmöglicher als zuvor. Blanke Angst ergriff mich bei dem Gedanken, mich noch länger zu widersetzen. Ich musste ihm Folge leisten. Er befahl mir ein drittes mal aufzustehen. Ich wusste, dass ich dieses mal gehorchen musste, da sonst schreckliches passieren würde. Etwas so unsäglich Böses und Furchterregendes, dass ich gehorchen musste. Gehorchen um jeden Preis. Ich musste aufstehen. Ich musste Unschaffbares schaffen, um das finale Ende zu verhindern. Die Aufforderung war kein bloßer Befehl, war kein Lebenszweck, war nicht der Sinn des Universums. Sie war alles und noch vielmehr. Sie war Wahrheit und sie war Prinzip. Ich stand nicht auf. Ich hatte versagt und alle Existenz zu Verdammnis verurteilt. Ich hatte ihm nicht gehorcht. Seine Augen leuchteten auf. Ein Blick aus reiner kondensierter Wut, der mich durchbohrte. Ich hatte ihn enttäuscht. Ich wollte mich entschuldigen, wollte ihm erklären, warum ich nicht gehorchen konnte, wollte seine Wut beschwichtigen, wollte das Unausweichliche verhindern. Doch aus meinem Mund kamen keine Worte. Die Laute eines Stummen: unhörbar und hilflos, schwach und ohne Einfluss. Ich konnte ihn nicht erreichen und je mehr ich es versuchte, desto unmöglicher wurde es. Eine Steigerung der Unmöglichkeit, eine absolute Verneinung aller Existenz. Stummheit. Dann sprach er langsam drei Worte aus. Quälend langsame, tödliche Worte, schlimmer als jeder Fluch. Das Erste zerstörte jeden Sinn. Das Zweite zerstörte jede Existenz. Beim Dritten zerbrach die Realität. Ich. Hasse. Dich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)