Another Chance I von SerinaCorvus (A Marauder Tale) ================================================================================ Kapitel 104: Lonesome Cowboy ---------------------------- 104 Lonesome Cowboy Alastor Moody saß in seinem Büro und starrte auf eine Landkarte, die an seiner Wand hing. Sie zeigte das Britische Königreich und kleine schwarze Fähnchen markierten die Orte, an denen die Todesser in der letzten Zeit zugeschlagen hatten. Der gesamte Süden Englands war damit verziert und sie zogen sich über Essex bis nach Norfolk hoch. Er griff nach seiner Kaffeetasse und verzog das Gesicht, als er das abgestandene Gebräu darin erblickte. Moody öffnete seine unterste Schreibtischschublade und holte eine Flasche Old Odgens Feuerwhisky heraus, die jedoch fast leer war, bis auf einen winzigen, kläglichen Rest, den er in seinen kalten Kaffee kippte. Dann ließ er die Flasche wieder in der Schublade verschwinden und schloss sie mit einem energischen Schubs. Es klopfte an seiner Tür und Kingsley Shacklebolt trat ein. "N´abend Chef." sagte der farbige Auror und reichte ihm einige Papiere. "Die Berichte der letzten Woche. War relativ ruhig, nur drei Überfälle." Moody nahm sie entgegen. "Das gefällt mir gar nicht, Kingsley. Ist schon fast zu ruhig, oder?" Der junge Mann zuckte mit den Schultern. "Wer weiß, vielleicht geben sie jetzt endlich auf!" Moody fing herzlich an zu lachen. "Klar Kingsley, und der Klapperstorch bringt die Babys! Nein, die planen etwas Großes, das spür ich." Der Auror stand auf und ging auf die Karte zu. "Wenn ich nur wüsste, wo!" Kingsley sah seinen Chef an. "Die können überall zuschlagen. Hier in London oder Norwich, in Ottery oder Godrics Hollow oder, bei Merlin, sie könnten sogar Hogsmeade angreifen und uns würde die Hilferufe erst erreichen, wenn alles vorbei ist!" Moody sog scharf die Luft ein und starrte den jungen Auror entsetzt an. "Mal mir nicht den Teufel an die Wand!" sagte er leise mit drohender Stimme und Kingsley schluckte. "Weißt du was, Shacklebolt? Ich mach Schluss für heute. Wenn doch noch was passiert findest du mich zu Hause." Er griff nach seiner purpurfarbenen Aurorenrobe und verließ das Büro. Kingsley schüttelte den Kopf. "Ich hätte das nicht sagen sollen!" dachte er und machte sich auf den Weg zu seinem Schreibtisch. --- --- --- Moody flohte vom Ministerium aus in den Tropfenden Kessel. Tom, der Barkeeper und Besitzer, begrüßte ihn freundlich und stellte ihm ein Glas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit auf den Tresen. Es war eine Angewohnheit von Moody geworden, nach Feierabend erst hierher zukommen, ehe er in sein kleines, leeres Haus flohte. Ein paar Feuerwhisky, ein Gespräch mit dem alten Tom und Moody konnte Abschalten und den Tag hinter sich lassen. Ein junger Zauberer stieß Moody aus versehen an und entschuldigte sich gleich bei ihm. Der Auror nickte brummend und sah sich in dem Schankraum um. Es war ziemlich voll heute Abend, voller als sonst auf jeden Fall. Moody warf einen kurzen Blick auf den Wandkalender, der hinter der Bar hing. Zwei leicht bekleidete Mädchen winkten ihm von einem geflügelten Pferd aus zu und er musste grinsen. Vielleicht sollte er so was in seinem Büro aufhängen. "Würde die Arbeitsmoral bestimmt steigern!" dachte er und sah auf das Datum. Samstag. Moody verzog das Gesicht. Samstags war der Kessel immer zum Brechen voll und Moody hatte keine Lust auf die Nachtschwärmer, die hier nach und nach eintrafen. Er wollte nach Hause, etwas essen, ein bisschen trinken und dann ins Bett gehen, ehe er Morgen wieder in aller Frühe aufstand. Moody schüttelte den Kopf. So einfach war das nicht, denn seine Vorräte waren restlos aufgebraucht. Er wollte schon die ganze Woche über einkaufen, hatte es aber immer wieder vor sich her geschoben. Jetzt musste er einkaufen, ob er wollte oder nicht und so machte er einen Abstecher in die Winkelgasse. Schräg gegenüber von Gringotts lag Lecker und Schmecker, ein Lebensmittelladen, und Moody steuerte darauf zu. Hier war es wesentlich ruhiger, die Zauberer und Hexen hatten ihre Einkäufe schon alle hinter sich. Moody nahm sich einen der magischen Einkaufskörbe. Sie sahen winzig aus, doch man hätte alle Sachen aus dem Laden hinein packen können, und es wäre noch immer Platz gewesen. Außerdem verfügten sie über einen Schwebezauber, so dass die Körbe nie schwerer wurden. Was schon so manch älterer Hexe das Genick gebrochen hatte, nachdem sie versuchte ihren in Tüten verpackten Einkauf anzuheben. Daraufhin wurden die Körbe zu einem begehrten Objekt und sie verschwanden aus den Supermärkten, aber viele alte Hexen und Zauberer hatten plötzlich einen. Mittlerweile waren die Körbe mit einem Diebstahlszauber versehen, aber man konnte sie kaufen, wenn man wollte. Vor dem ersten Regal blieb Moody stehen und starrte ein riesiges Brot an, das darüber tanzte. "Probieren Sie unsere neueste Kreation: Alraunensprossen und Verbenawurzeln, in echtem Drachenfeuer gebacken!" Der Auror schüttelte den Kopf und sah sich das Brotregal genauer an. Neben dem Alraunenbrot gab es noch welches mit Affodilkörnern, Murtlablauge und geschroteten Opakakernen. "Bei Merlin, haben die den kein normales Brot mehr da?" Im untersten Regalfach entdeckte er noch zwei leicht zerdrückte Pakete Weißbrot, von denen er das heilere in seinen Korb legte. Dann verließ er das Brotregal und das tanzende Brot, das ihm enttäuscht hinterher blickte. Sein Weg führte ihn durch die Obstabteilung, wo ihm eine Frau in einem Bananenrock den Weg versperrte. "Nette Kokosnüsse." sagte er auf ihr Oberteil deutend und blickte der Frau lieber schnell in die Augen. Sie hatte Kirschen an den Ohren und es saß ein bunter Vogel in ihren Haaren. Sie lächelte gequält, wahrscheinlich hatte sie diesen Spruch heute schon öfters gehört. Sie balancierte ein Tablett, das sie dem Auror unter die Nase hielt. "Probieren Sie doch einmal unsere Patchouli oder unsere frische Pitahaya. Vielleicht möchten Sie aber auch lieber ein Durian?" Sie zeigte auf eine Frucht, die wie ein grüner Igel aussah, und Moody verzog das Gesicht. "Seh ich etwa aus wie ein Kniesel?" fragte er und sie sah ihn verwirrt an. "Nein, eigentlich nicht!" "Wissen Sie auch, woran das liegt? Weil ich keines bin! Ich bin ein Mann und als solcher brauche ich nur eins, Proteine! Und kein Grünfutter das aussieht wie etwas, dass auf meinem Dachboden lebt!" Er schob die Frau sanft beiseite und ging ganz allmählich auf die Fleischtruhe zu. Moody sah sich die noch vorhandene Auswahl an und fluchte leise. Samstagabend bedeutete nicht nur ein völlig überfüllter Pub sondern auch, dass sämtliche Zauberer und Hexen Londons den Supermarkt bereits geplündert hatten und er nun den kläglichen Rest sah, den sie übrig gelassen hatten. Moody konnte wählen zwischen einer Packung mit zwei Bubalussteaks, die bereits aufgerissen und das Fleisch ausgetrocknet war, oder einem siebzehn Kilo Dodo. Moody schüttelte resigniert den Kopf und wand sich dem Regal mit Fertigprodukten zu. Er nahm sich vor, gleich Montag nach der Arbeit richtig einzukaufen, immerhin würde Serina nach Hause kommen und ihr konnte er so etwas sicher nicht vorsetzten. "Sternenwassermann, jetzt noch Aromatischer … Hexasco, mit eingebauten Aufwärmzauber für besonders schonende Zubereitung." ertönte es über ihm, wo zwei Verpackungen in der Luft schwebten. Der Auror griff wahllos nach einigen Gerichten und machte, dass er weg kam, diese Webung ging ihm langsam wirklich auf die Nerven. Vor dem Käseregal stand ein junges Mädchen mit blonden Zöpfen, einem karierten Kleid und Holzschuhen, die ahnungslosen Kunden Käsestücke in den Mund steckte. Alastor atmete tief durch, fixierte den Käse, den er unbedingt haben wollte und stürmte los. "Laktoseallergie!" schrie er das Mädchen mit dem Käse an und sie hüpfte ihm erschrocken aus dem Weg. Der Auror griff sich eine Packung "Cheddar – Extra alt" und verschwand so schnell wie er gekommen war. Eine Leberwurst, zwei dutzend Eier und drei Liter Milch später war er endlich auf dem Weg zur Kasse, als er erneut eine Werbebotschaft hörte. Doch diesmal lächelte er und ging in ihre Richtung. "Old Odgens Feuerwhisky. Nur heute kriegenSie zwei Flaschen zum Preis von einer. Ein einmaliges Sonderangebot, das Sie nicht verpassen sollten!" "Ganz sicher nicht!" sagte Moody leise und nahm zwei Flaschen aus dem Regal ehe er sich an die Kasse stellte. Er bezahlte und flohte dann vom Tropfenden Kessel aus nach Hause. --- --- --- Das Wohnzimmer lag im Dunkeln und er stieß sich den Fuß an seinem Couchtisch. "Au, verflucht … Lumos!" Im Haus gingen mehrere Lichter an und der Auror brummte zufrieden. Er ging in die Küche und packte seine Einkäufe in den Vorratsschrank dann las er sich die Anleitung auf einer Hexascopackung durch. "Aufwärmzauber … Langsam und Schonend … zehn Minuten … Na ja, dann kann ich ja noch duschen gehen, ehe das hier fertig ist." Er öffnete die Verpackung, legte den Inhalt auf einen Teller und ging in den ersten Stock ins Bad. Als er fünf Minuten später die Dusche abstellte und heraustrat, stand er in einer kleinen Pfütze. Der Duschvorhang hatte herausgeschaut und das ganze Wasser war rausgelaufen. Eigentlich könnte er jetzt seinen Zauberstab nehmen und dies kleine Malheur beseitigen, aber der war Unten und Moody hatte keine Lust, rauf und runter zulaufen. Er trocknete seine Haare und ließ das Handtuch einfach in die Pfütze fallen. Das würde das Wasser auch aufsaugen. Er rieb sich über das stoppelige Kinn und warf einen Blick auf sein Rasierzeug. "Ach was, mach ich morgen Früh!" Im Flur ließ er ein weiteres Handtuch fallen und ging in sein Schlafzimmer, um sich anzuziehen. Sein Magen knurrte bereits und er stieg die Treppe hinunter ins Erdgeschoß. Mit verschränkten Armen und sehr skeptischen Blick stand Moody vor dem Küchentisch und starrte auf den Teller mit seinem Abendessen. Etwas Braunes lag neben etwas Grünen und dazwischen befand sich etwas Gelbes. Bubalusgeschnetzeltes mit Erbsen und Kartoffelpüree stand auf der Verpackung und Moody schnaubte. "Wer das glaubt …!" Er öffnete das Küchenfenster und stellte den Teller nach draußen. "Hey Foley … Komm her … gibt was Feines!" Sein großer Uhu kam angeflogen und ließ sich auf der Fensterbank nieder. "Uhuuuu." Er blinzelte erst den Teller, dann Moody an, breitete seine Flügel aus und verschwand wieder in der Nacht. Moody schloss grinsend das Fenster. "Ich würd das auch nicht essen, alter Freund." Er holte Brot und Käse aus dem Schrank und machte sich etwas Neues. Dann nahm er eine Flasche Whisky und ließ sich im Wohnzimmer in einen Sessel fallen. Es war absolut still in dem Haus, abgesehen von Foleys gelegentlichem Schuhuen, das vom Dachboden kam. Der Auror schenkte sich ein Glas ein und wand sich seiner Post zu, die auf dem kleinen Tisch vor ihm lag. "Werbung … Werbung … Werbung … Oh, mal was Neues, Webung!" Ein Brief nach dem Anderen flog durch das Zimmer, wo er in dem Kamin landete und Moody wunderte sich, warum er so viel davon bekam, wo er doch nie etwas kaufte. Als letztes hielt er den Tagespropheten in den Händen, der ebenfalls ungelesen im Kamin landete. "Ich sollte dieses Schuldblatt endlich abbestellen, die schreiben doch nur Mist … aber brennen tut es wie Zunder!" Er schickte einen kleinen Feuerzauber hinterher und lehnte sich entspannt zurück. Die Flammen in seinem Kamin züngelten vor sich hin und verbreiteten eine wohlige Wäre, die den Auror langsam eindösen ließ. --- --- --- "Heiliger Anubis, welcher Idiot nutzt seinen Kamin um darin ein Feuer zumachen!" Moody wurde durch ein Poltern und lautes Fluchen geweckt und war sofort hellwach. Sein Freund, Razul Nagreb, stand vor ihm und klopfte sich die brennenden Gewänder aus. "Also ehrlich mein Freund, das ist kein Zeichen für englische Gastfreundschaft!" Moody wischte sich den Schlaf aus den Augen und stand auf. "Razul! Was machst du denn hier?" Der Ägypter sah ihn schief an. "Sehr witzig, mein Freund. Raus mit der Sprache, wo ist sie?" Moody runzelte die Stirn. "Wer?" "Wer? Share, meine Schwester! Du willst mir doch nicht erzählen, du wüstest nicht, wo sie steckt?" Der Auror sah seinen Freund kopfschüttelnd an. "Shari? Nein, ich hab sie seit der Sache in Hogwarts nicht mehr gesehen! Was ist passiert?" Razul nahm seinen Turban ab und fuhr sich durch das lange, blauschwarze Haar. "Das ist nicht so einfach zu erklären, Alastor. Aber wenn sie nicht hier ist, wo könnte…" In diesem Moment wurde heftig an die Tür geklopft und die beiden Männer sahen sich erschrocken an. "Erwartest du noch Besuch?" "Nicht wirklich!" sagte Moody leise und trat in den Flur. "Wer ist da?" fragte er mit lauter Stimme und lauschte. "Al? Ich bin es! Bitte mach auf!" Moody öffnete die Tür und Share huschte schnell ins Haus. "Bitte Al, du musst mir helfen! Du darfst niemandem sagen, dass ich hier bin, hörst du? Nicht einmal Razul darf es wissen, er …" "Zu spät, Hemsire!" Share wirbelte herum und sah ihren Bruder in der Wohnzimmertür stehen. "Was suchst du hier?" fragte sie und der Ägypter lachte. "Na, was wohl? Dich natürlich! Verdammt Share, warum hast du das nur getan? Wir hätten das auch anders regeln können." Die junge Frau schüttelte den Kopf und es begann eine heftige Diskussion zwischen den beiden. Der Auror sah die beiden Geschwister verwirrt an. Er verstand kaum ein Wort, von dem was sie sagten, und was er verstand war nicht gerade Jugendfrei. Er drängelte sich an Razul vorbei ins Wohnzimmer und sah auf die Uhr. Zwei Uhr Morgens. Definitiv zu spät, um sich in einen Geschwisterstreit einzumischen, dessen Grund er nicht kannte. Er holte zwei Gläser aus der Küche und hielt sie in die Höhe. "Noch jemand einen Whisky? Nein? Auch gut!" Er schenkte sein Glas ein, leerte es und goss gleich noch einmal nach, während seine nächtlichen Besucher sich weiter anschrieen. "Ok … Leute? Hey, hört doch mal … RUHE!" So langsam reichte es dem Auror. "Also, ich hab ja begriffen, dass ihr Beide ein Problem habt und ich bin sicher, wir können das irgendwie lösen. Aber wenn ihr mich nicht einweiht, und euch weiterhin anbrüllen wollt, dann geh ich jetzt ins Bett!" Razul sah ihn an und nickte leicht. "Du hast ja Recht mein Freund. Aber zuerst, gib mir auch einen, ja? Den brauch ich jetzt!" Er zeigte auf die Flasche und Alastor schenkte alle Gläser voll. Razul setzte sich auf das Sofa doch seine Schwester blieb mit verschränkten Armen gegen den Kamin gelehnt stehen. Razul sah kurz zu ihr, dann leerte er sein Glas und fing an zu erzählen. "Share hat ihren Posten im Ministerium verloren und … irgendwie ist das meine Schuld!" Moody hob überrascht eine Augenbraue. "Ok, da kann ich verstehen, dass sie wütend auf dich ist und dich nicht sehen will. Aber warum macht ihr das nicht unter euch aus, warum muss das in meinem Wohnzimmer sein, um diese Zeit?" Razul senkte seinen Kopf und Share lachte leise auf. "Nur zu, Agabey, sag es ihm. Und dann erkläre mir auch gleich, wie du das gerade biegen willst, du … du Held!" Razul stand abrupt auf und fuhr zu seiner Schwester herum. "Mir wäre schon etwas eingefallen, aber du kannst nicht ohne Vorwarnung hier auftauchen und erwarten, dass Alastor dir hilft!" Sie schüttelte schnaubend den Kopf. "Das ist das Mindeste, das er für mich tun kann!" murmelte sie und sah den Auror an. "Die haben mir die Kollukar auf den Hals gehetzt und wollten mich nach Habis´hane bringen!" Moody runzelte die Stirn. "Die Kollukar sind doch so was wie unsere …" "Auroren, ja mein Freund. Sie wollten meine Schwester ins Gefängnis stecken, ähnlich eurem Askaban. Doch meine kleine Hemsire hier hat drei von ihnen ins Krankenhaus geschickt und ist geflüchtet!" Share griff nach ihrem Glas und ihre Hand zitterte dabei. "Wenn sie mich gekriegt hätten, säße ich jetzt hundert Meter unter dem Wüstensand und würde in einer dunklen Zelle verrotten." Razul nahm sie in den Arm. "Ich hätte dich da schon herausgeholt!" Sie lehnte sich gegen seine Schulter und schüttelte den Kopf. "Und damit deine Existenz aufs Spiel gesetzt? Nein, das konnte ich nicht zulassen. Abu Ballas braucht dich, Razul. Was soll denn aus unserer Heimat werden, wenn sie dich auch einsperren? Außerdem hab ich es doch auch so geschafft!" "Ja, das hast du!" sagte der Mann stolz und drückte seine Schwester an sich. Moody räusperte sich verlegen. "Also, ich bin überwältigt und finde es ja auch toll, dass ihr euch wieder vertragen habt, aber was ist hier überhaupt los? Um was geht es eigentlich?" Razul seufzte und sah seinen Freund an. "Um deine Tochter, Alastor!" sagte er leise. "Wie bitte?" Moody sah ihn ungläubig an und die beiden setzten sich ihm gegenüber auf das Sofa. Share holte tief Luft. "Als mein Bruder mich um Hilfe bat, bin ich zu meinem Vorgesetzten gegangen. Ich sagte ihm, ich bräuchte ein paar Tage frei, weil ich von einem Yarim erfahren hätte, der in England sein soll. Deine Tochter, wie sich später herausstellte. Als ich dann nach Ägypten zurückkehrte, erwartete er einen detaillierten Bericht, denn ich ihm unmöglich geben konnte. Er durchschaute meine Lügen und tat alles, um mich bloßzustellen. Eine Frau, in meinem Alter, in einer leitenden Position, unverheiratet … Ich war ihm schon lange ein Dorn im Auge und er hat die Gelegenheit genutzt. Er nannte mich eine Mörderin des Volkes, eine Konkubine des Todes und eine Landesverräterin, die sich den Yarim angeschlossen hätte!" "Hemsire, das bist du nicht!" sagte Razul und sie wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. "Ich weiß, Agabey, aber mir wollte keiner mehr zuhören. Alle haben seine Worte geglaubt und dann kamen sie mich holen. Mir blieb nur noch die Flucht." Moody holte tief Luft und sah die beiden an. "Das ist … Ich meine, ich stehe für immer in deiner Schuld, Shari, aber … warum hast du dein Leben für uns ruiniert?" Sie lächelte ihn an. "Hätte ich deines für meins ruinieren sollen? Was denkst du, hätten sie mit Serina getan, oder mit dir, wenn sie eure Namen wüssten? Das konnte ich nicht tun!" Ein Lächeln umspielte Razuls Lippen, als er seine Schwester liebevoll betrachtete. "Meine kleine Hemsire ist eben etwas ganz besonderes!" "Ja, das ist sie!" sagte Moody leise und sie sah ihm in die Augen. "Shari, wenn ich dir irgendwie helfen kann, dann sag es. Ich tu alles, was Nötig ist!" Razul lachte. "Dann ist ja gut. Share braucht ein Versteck, wo man sie nicht findet. Ich würde sie mit nach Abu Ballas nehmen, aber dort werden sie als Erstes nach ihr suchen. Hier wäre sie in Sicherheit." Moody nickte. "Natürlich! Das ist gar keine Frage, Razul. Shari kann hier bleiben, solange sie will … Ich brauch noch was zu trinken!" Der Auror erhob sich und ging in die Küche, die andere Flasche holen. "Ich werde dich auch nicht stören, Al. Wirklich, du wirst gar nicht merken, dass ich da bin!" Er winkte ab. "Schon Ok, fühl dich hier wie zu Hause. Oben ist noch ein Gästezimmer frei, darin kannst du dich austoben und tun und lassen, was du willst." Sie nickte gähnend und erhob sich. "Ich danke dir, Al. Seit mir nicht böse, aber ich bin wirklich müde. Schlaft gut, ihr zwei." "Gute Nacht, Hemsire." Share gab ihrem Bruder einen Kuss und stieg die Treppe hinauf. "Zweite Tür Links!" rief Moody ihr nach und sie hörten, wie oben eine Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde. Razul prostete seinem Freund zu. "Ich danke dir, dass sie hier bleiben kann. Alastor!" "Ach was, das ist doch das Mindeste!" Die beiden Männer grinsten sich an. "Und du wirst keinen Ärger kriegen? Immerhin ist sie deine Schwester!" Razul schüttelte den Kopf. "Die können mir gar nichts! Sie werden die Oase überwachen, aber was solls? Ich werde über so viele Umwege nach Hause zurückkehren, dass ihnen die Köpfe rauchen, wenn sie den Weg verfolgen." Razul trank aus und erhob sich. "Wenn du Hilfe brauchst, dann lass es mich wissen, ja?" "Du hast mir schon genug geholfen. Pass nur gut auf sie auf! Sie ist meine kleine Schwester, vergiss das bitte nicht. Ich will nicht, dass ihr etwas passiert … oder ihr jemand wehtut!" Razul sah seinen Freund ernst an und Moody umarmte ihn. "Keine Sorge, Razul. Das werde ich niemals zulassen!" Der Ägypter stieg in den Kamin und wenn Moody ihn richtig verstanden hatte, war sein neues Ziel irgendwo in Indien. Er ging leise die Treppe hinauf und legte sich in sein Bett. Er würde erst in ein paar Stunden ins Ministerium müssen und die wollte er nutzten. --- --- --- Der magische Rundfunk riss ihn aus dem Traum. Murrend stand er auf und er fühlte sich wie gerädert. Zu wenig Schlaf und zu viel Feuerwhisky, sogar für seine Verhältnisse, waren keine gute Mischung, wenn man am nächsten Tag arbeiten musste. Langsam schlurfte er auf den Flur und ging ins Badezimmer. Als er die Tür öffnete veranlasste ihn ein spitzer Schrei, dass er selbige sofort wieder schloss. Da saß eine schwarzhaarige Frau auf seinem Klo. Moody lehnte seinen Kopf gegen die Badezimmerwand. "Das kann ja noch lustig werden!" Eine halbe Stunde später war er geduscht und angezogen, als er in der Küche stand und seinen Kaffee trank. Share kam die Treppe herunter und leistete ihm etwas Gesellschaft. Er musterte die junge Frau, die Barfuss in seiner Küche stand. "Du hast keine Wechselsachen dabei, oder?" Sie schüttelte den Kopf. "Nein, die wollten mich einfach keine Koffer packen lassen!" Er grinste. "Hätte ich auch nicht zugelassen! Aber falls du was Sauberes brauchst, kannst du dir gerne aus meinem Schrank was nehmen." Share spuckte in ihre Tasse. "AL! Falls ich jemals in deine Hosen passen sollte, dann töte mich bitte!" Moody musste lachen. Share hatte ja Recht. Sie würde wahrscheinlich ohne Probleme in Serinas Kleidung passen, aber in seine? Bei dem Gedanken an seine Tochter fiel ihm beinahe die Kaffeetasse aus der Hand. "Serina! Oh Merlin, wie spät ist es? Verdammter Mist, ich wollte doch schon längst in der Zentrale sein!" Er hastete in den Flur und zog sich seine Schuhe an. "Ist heute etwas Besonderes?" fragte Share und er blickte sie an. "Ja! Ich muss pünktlich Feierabend machen weil ich heute später nach Hause komme!" "Häh?" "Ich muss Serina von Bahnhof abholen. Heute fangen doch die Ferien an!" "Ach so! Also, wenn du willst kann ich das auch machen." Moody richtete sich auf und blickte Share kopfschüttelnd an. "Das ist nett, aber das möchte ich lieber selbst tun. Außerdem muss ich ihr doch noch erklären, was du hier machst. Nicht, dass sie das am Ende was falsch versteht!" Share lachte. "Was gibt es denn da zu verstehen? Du hilfst mir, weil ich in Schwierigkeiten stecke die ich habe, weil ich dir geholfen hab!" Moody nickte. "Ja genau! Aber du weißt ja, wie Teenager so sind!" Er warf seine Aurorenrobe über und drückte ihr seine Kaffeetasse in die Hand. "Bis später." sagte er und stürmte an ihr vorbei in den Kamin. Share brachte die Tasse in die Küche und ging nach Oben. Irgendwie musste sie die Zeit totschlagen und da konnte sie sich auch gleich das Badezimmer vornehmen. --- --- --- Moody verließ den Fahrstuhl in der Aurorenzentrale und ging durch das Großraumbüro. Fabian Prewett kam ihm im Gang vor seinem Büro entgegen. "Alastor! Gut, dass du da bist! Scrimgeour hat mich gerade losgeschickt, dich zu holen." Moody runzelte die Stirn. "Ist was passiert?" Der rothaarige Auror zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung, aber hier sind heute zwei Typen aufgetaucht. Mit Turbanen, und die sind in seinem Büro verschwunden. Ist irgendetwas mit Mister Nagreb?" Moody klopfte dem jungen Mann auf die Schultern. "Nein, dem geht es gut! Mach dir mal keine Sorgen, Junge, aber falls dich jemand fragt, du weißt von Nichts!" Moody ging den Gang weiter und Fabian sah ihn verwirrt hinterher. "Ich weiß ja auch wirklich Nichts!" murmelte er und ging wieder an seine Arbeit. --- --- --- Alastor Moody erreichte das Büro seines Vorgesetzten und atmete tief durch. Er konnte sich denken, wer die fremden Männer waren und was sie wollten. Zum zweiten Mal in seinem Leben stand er hier und bereitete sich darauf vor, zu Lügen, dass sich die Balken bogen. Und wieder, weil ihn ein Freund um einen Gefallen gebeten hatte, und wieder ging es um eine Frau. "Ok, Serina war noch ein Mädchen gewesen, aber macht das einen Unterschied?" fragte er sich. Moody versuchte, möglichst ahnungslos auszusehen, als er an die Bürotür klopfte und eintrat. "Guten Morgen Rufus. Prewett sagte, du wolltest mich sehen? Oh, Besuch?" Rufus Scrimgeour erhob sich von seinem Stuhl und begrüßte den Auror. "Alastor, gut dass du da bist." Er zeigte auf die beiden südländischen Herren. "Das sind Mohammad Bahcir und Ali Ben Danabi. Sie arbeiten für das ägyptische Ministerium in der Abteilung für magische Strafverfolgung." Moody schüttelte den Beiden die Hand. "Dann sind wir ja so was wie Kollegen!" sagte er freudig. "Mister Moody, es ist und eine Ehre, Sie kennen zulernen. Wir haben schon sehr viel von Ihnen gehört!" Der Auror setzte sich auf einen freien Stuhl und winkte ab. "Hören Sie bloß auf, Sie machen mich nur verlegen! Erzählen Sie lieber, was sie nach England geführt hat!" Ali warf Mohammad einen kurzen Blick zu, ehe er das Wort ergriff. "Wir könnten Ihre Hilfe gebrauchen, Mister Moody. Sagt Ihnen der Name Share Amina Nagreb irgendetwas?" Alastor nickte. "Selbstverständlich! Sie ist die Schwester meines alten Freundes Razul. Rufus, ich glaube du hast ihn kennen gelernt, als er das Tor herbrachte. So ein großer, dünner Kerl mit Turban." Scrimgeour nicke bestätigend, sein Auror schien heute sehr gesprächig. "Was ist mit ihr, ist ihr etwas passiert?" fragte Moody unschuldig. Mohammad räusperte sich. "Sie wird per Haftbefehl gesucht, Mister Moody." Alastor sah ihn ungläubig an und fing an zu lachen. "Die kleine Shari? Was hat sie denn angestellt, etwa ihren Teppich falsch geparkt?" Rufus grinste, doch die beiden Besucher gingen nicht auf Moodys Witz ein. "Die Lage ist wirklich ernst, Mister Moody. Dieser Fall hat bei uns oberste Priorität, es geht um Landesverrat und Schlimmeres!" Moody holte tief Luft und sah wirklich überrascht aus. "Das ist ja … Was ist den genau passiert?" Ali schüttelte den Kopf. "Darüber dürfen wir nicht reden. Aber wenn sie uns genau sagen könnten, wann sie Miss Nagreb zuletzt gesehen haben, würden Sie uns schon weiter helfen." "Genau? Oh Merlin, da muss ich überlegen …" Moody kratzte sich am Kinn und hatte die Stirn nachdenklich in Falten gelegt, doch innerlich lachte er. Auf diese Frage hatte er die ganze Zeit gewartet. "Das muss so im Juli … Heiliger Merlin, das war 1963 oder 64, als sie ihren Hogwartsabschluss gemacht hat!" "1964." sagte Ali nach einem Blick in seine Akten und Moody stieß einen leisen Pfiff aus. "Dreizeh Jahre ist das jetzt her? Junge, wie die Zeit vergeht!" "Sie haben sie also nie wieder gesehen?" fragte Mohammad erstaunt und Alastor schüttelte den Kopf. "Nun, wir wissen, dass sie in England war, vor kurzem erst. Vielleicht hat sie auf andere Weise Kontakt zu Ihnen aufgenommen?" "Nein. Ich meine, wir standen uns nie besonders nahe. Sie war die kleine Schwester meines besten Freundes und eine ziemliche Nervensäge, wenn sie verstehen. Sie war viel jünger als wir und wahrscheinlich würde ich sie nicht mal wieder erkennen, wenn ich neben ihr stehen würde. Es tut mir Leid, wenn ich Ihnen nicht helfen konnte, wirklich!" Er sah sie mit einer Unschuldsmine an und Ali machte sich eifrig Notizen. "Wenn sie Kontakt zu Ihnen sucht, sagen sie es uns dann?" Moody nickte. "Natürlich! Schließlich stehen wir auf derselben Seite, meine Herren!" Ali klappte seine Akte zu und die beiden Männer verabschiedeten sich. Rufus schloss die Tür hinter ihnen und sah seinen Auror an. "Ich frage dich das jetzt nur ein einziges Mal, Alastor. Und als dein Freund will ich eine ehrliche Antwort haben, hast du wirklich keine Ahnung, wo diese Frau steckt?" "Jetzt, in diesem Moment? Nein Rufus, hab ich nicht!" Sie konnte in der Küche sein, im Bad oder Garten seines Hauses, woher sollte er das so genau wissen? Rufus nickte zufrieden, er vertraute seinem besten Mann. Die Bürotür wurde aufgerissen und einer seiner Auroren kam ins Zimmer gestolpert. "Alastor … Ein neuer Überfall! Diesmal auf einem Campingplatz bei Gloucester. Wir müssen sofort los! Fabian und Kings sind schon vor Ort." Moody schlug dem Mann auf die Schulter. "Gehen wir, Gideon." Sie liefen den Flur entlang und Rufus schloss erneut seine Bürotür. Alastor war ihm etwas komisch vorgekommen, doch das lag sicher nur an diesen verdammten Todessern. Hosted by Animexx e.V. 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