Another Chance I von SerinaCorvus (A Marauder Tale) ================================================================================ Kapitel 55: Walk like an Egyptian --------------------------------- 55 Walk like an Egyptian Serina trat aus dem Kamin und Moody nahm ihr den Koffer ab. Sie erblickte Razul, der sie freudestrahlend begrüßte. “Willkommen in meinem bescheidenen Reich, Serina.“ sagte er und sie sah sich mit großen Augen um. Serina kam sich vor, wie in einem der berühmten Märchen aus 1001 Nacht. Die lehmigen Wände waren senffarben getüncht worden und rote Stoffbahnen lockerten das Ganze auf. Die Fenster waren, ebenso wie die Türöffnungen, bogenförmig und liefen nach oben spitz zu. Vor den Fenstern befanden sich leichte, durchsichtige Gardinen und schwarze Geländer verhinderten, dass man aus den Fenstern fiel, die bis zum Boden reichten. Der Fußboden selbst war mit Sandstein ausgelegt und schwere, orientalische Teppiche lagen darauf, teilweise sogar übereinander. An mehreren Stellen stapelten sich die Kissen, und Serina vermutete, dass es sich dabei um die Sitzecken handelte, denn außer einem Diwan, neben dem eine Wasserpfeife stand, sah sie keine weitern Sitzmöbel in diesem Raum. Sie sah einige Regale voller Bücher, konnte aber die Buchrücken nicht lesen, da sie kein Ägyptisch verstand. An der gegenüberliegenden Wand stand ein schwarzer, mit goldenen Hieroglyphen verzierter Schrank, der bis unter die Decke reichte. “Komm Kleines. Razul zeigt dir erstmal dein Zimmer, damit du auspacken kannst.“ Moody sah den erstaunten Ausdruck in ihrem Gesicht. Für einen Moment bereute er es, sie hierher gebracht zuhaben. Er lebte zwar in normalen Verhältnissen, aber gegen das Domizil seines Freundes wirkte sein Heim eher schäbig. Serina folgte den beiden Männern aus dem Wohnzimmer hinaus auf eine Art Balkon, der als Korridor diente. Eine Treppe aus Sandstein führte von dem Balkon hinunter in den Innenhof, wo sich ein großer, runder Brunnen befand. Es standen einige hohe Tonkrüge um ihn herum und Zitronen- und Olivenbäumchen wuchsen daneben. Eine hohe Steinmauer schirmte den Innenhof von dem Rest der Oase ab, und durch ein hölzernes Tor konnte man hinaus gelangen. Razul war am Ende des Balkons stehen geblieben und hatte eine Tür geöffnet. Serina sah an ihm vor bei und er schob sie in den Raum hinein. In der Mitte des Raumes stand ein großes, rundes Bett mit einem orangefarbenen Überwurf. Die Wände waren in dem gleichen Ton gehalten und ebenso die Gardinen, die vor den Fenstern und einer weiteren Tür wehten. Serina sah hinaus und entdeckte einen kleinen Balkon, der den Blick auf die Wüste freigab. Ein Schrank zu ihrer Rechten schien nur darauf zu warten, dass sie ihre Kleidung hineinräumte. “Ich hoffe, es gefällt dir?“ fragte Razul und sie nickte. Er öffnete eine Tür zu ihrer Linken, die sie gar nicht gesehen hatte, da sie in die Wand eingelassen war. “Hier ist dein Badezimmer. Fühl dich bitte ganz wie zu Hause.“ Razul trat beiseite, damit sie auch hier einen Blick hineinwerfen konnte. Das Bad war mit gelbem Marmor gefliest, der Boden, wie auch die Wände. Eine ovale Badewanne war in den Fußboden eingelassen und die goldenen Wasserhähne hatten die Form von Katzen. Sie ging aus diesem Raum schnell wieder raus und sah sich noch mal in dem Schlafzimmer um. Sie biss sich auf die Unterlippe und kam sich hier völlig fehl am Platz vor in ihrer verwaschenen Jeans und dem Tshirt, das sie von Sirius bekommen hatte. Moody hatte sie bisher nicht dazu bewegen können, etwas anderes anzuziehen, und so rannte seine Tochter mit dem Blackwappen auf der Brust herum, was ihm nicht wirklich gefiel. Immerhin hatte er es gestern noch waschen dürfen, und das sah er als kleinen Sieg an. Ihre Blicke trafen sich, und er glaubte darin die Bitte zu sehen, sie wieder nach Hause zubringen. Sie sah sehr verloren aus, und am liebsten hätte sie sofort wieder in den Kamin gezerrt. Moody wusste aber, dass er das nicht tun konnte, denn sie war nicht hier, um Urlaub zu machen. Sie sollte hier etwas lernen, damit ihr Leben leichter wurde. Er hoffte nur, dass sie sich genug entspannen konnte, damit es gelang. Im Moment sah sie jedenfalls nicht danach aus. Razul bemerkte die Blicke zwischen den beiden. “Also, ich hab da eine Idee.“ sagte er lächelnd. „Warum machen wir nicht erstmal einen Abstecher in die Oase und ich zeige euch alles? Was haltet ihr davon?“ Moody nickte. Vielleicht war es genau das, was seine Tochter auf andere Gedanken brachte. Sie gingen durch das Tor im Innenhof und Serina hatte das Gefühl, eine völlig andere Welt zu betreten. Palmen wuchsen am Straßenrand und Kamele lagen in ihrem Schatten. Sie gingen die Straße entlang und erreichten einen kleinen Marktplatz, wo einige Händler ihre Stände aufgebaut hatten. Abu Ballas war zwar nur ein kleiner Ort mit gerade mal einhundert Einwohnern, aber es kamen immer wieder Reisende und viele Tuareg hier vorbei, die durch die Wüste zogen. An einem Stand sah sie Lebensmittel, die in großen Schalen den Kunden angeboten wurden. Die Gerüche von Knoblauch, Okra und rotem Pfeffer stiegen ihr in die Nase und sie gingen langsam weiter. An einem anderen Stand sah sie viele bunte Tücher, die in allen erdenklichen Farben leuchteten. “Das sind Alassho.“ erklärte Razul und sie sah ihn verständnislos an. „So heißen die indigofarbenen Tücher, die von den Tuareg getragen werden. Sie schützen sie vor der Sonne in der Wüste.“ Serina nickte, und der Händler kam auf sie zu und redete auf sie ein. “Was will er denn? Ich versteh kein Wort!“ sagte sie und Razul lachte. “Er will dir ein Tuch verkaufen.“ grinste Razul und Moody lächelte. “Vielleicht gar keine schlechte Idee, sonst kriegt sie noch einen Sonnenstich hier draußen!“ Serina verzog das Gesicht, doch ehe sie sich versah, hatte der Händler ihr eins der Tücher um den Kopf gewickelt. “Sieht gut aus, Kleines!“ sagte Moody und sie schüttelte den Kopf. „Das glaub ich dir aufs Wort, Dad. Ok, ich trag das … Aber nur, solange wir hier sind! Und wehe, ihr erzählt das meinen Freunden!“ Moody sah sie schief an. „Ach, so was darf ich nicht erzählen … und was war das mit dem Badeunfall?“ Serina lief knallrot an.“ Ich … Das war … Ich hab nie …“ Razul blickte zwischen den beiden hin und her. „Hab ich was verpasst?“ fragte er und Moody lachte. “Nein, mein Freund! Das ist so eine Vater-Tochter Sache, sie weiß schon, was ich meine.“ Serina verdrehte die Augen. „Das wird er mir nie verzeihen!“ dachte sie amüsiert. Moody zahlte das Tuch und die Drei gingen weiter. Serina entdeckte einen Stand mit Schmuck und fand ein goldenes Armband, das sie unbedingt für Lily mitnehmen musste. Der Anhänger, so versicherte ihr Razul, wurde für Glück und Gesundheit stehen und seinen Träger beschützen. Sie ließ ihn in ihre Tasche gleiten und wollte ihn Moody mitgeben, damit er ihn an Lily schicken konnte, wenn er wieder in England war. Moody zog Razul zu einem Stand, an dem er einige Spickoskope und Feindgläser entdeckt hatte. Sein Freund sollte für ihn den Preis runterhandeln. “So ein Spickoskop ist sehr nützlich weißt du. Immer …“ Serina entfernte sich schnell von den beiden. Moodys Vorträge darüber, immer wachsam zu sein kannte sie schon zur genüge. Sie sah etwas in der Sonne glänzen und trat näher. Auf dem Tisch eines anderen Händlers, der sie lächelnd begrüßte, entdeckte sie zwei quadratische, alte Handspiegel die nicht größer als ein Taschenbuch waren. Der Händler erzählte etwas aber sie schüttelte den Kopf. “Tut mir Leid, aber ich verstehe…“ “Engeländer? Oh, wire habe hier nicht ofte Besuch aus andere Lande.“ “Sie sprechen ja meine Sprache!“ sagte sie erstaunt und der Mann nickte. „Was ist das für ein Spiegel?“ fragte sie und der Mann lächelte über das ganze Gesicht. “Das, junges Frau, sind eine Zweie Wege Spiegel. Sie geben eine ihre Freund, eine behalten sie und wenne sie sagen seine Namen da hinein, dann könne Sie mite ihm reden.“ Sie sah ihn erstaunt an. „Sie wollen mich auf den Arm nehmen?“ doch der Händler schüttelte den Kopf. Serina blickte sich um. Moody war noch immer mit Razul am feilschen und achtete nicht auf sie. „Ok, ich nehme ihn, ich meine beide … Kann ich mit Galeonen bezahlen?“ Ihr fiel ein, das sie gar kein passendes Geld dabei hatte doch der Mann vor ihr nickte. “Eine so hübsches Mädchen wie Sie darf auch mit Knöpfe bezahlen, wenn es will.“ Serina lachte und der Mann packte ihr die beiden Spiegel ein. Sie bedankte sich und ging zu ihrem Dad zurück, der sich nicht zwischen einem Taschenspickoskop und einem Feindglasamulett entscheiden konnte. “Nimm das Amulett, Dad, dann kannst du deine Feinde immer mit dir rumtragen!“ sagte sie und er blickte sie finster an. “Damit scherzt man nicht, Kleines. Außerdem solltest du dir auch eins zulegen!“ Sie schüttelte den Kopf. „Brauch ich nicht. Ich weiß wie meine Feinde aussehen. Einer ist ziemlich Blutleer, einer hat Haare wie ein Rauschgoldengel und die anderen tragen alle die Slytherinuniform. Oh, was gibt es denn da Leckeres… ihhhh … sind das … Ratten am Spieß?“ Sie blickte Razul an, der mit dem Schultern zuckte. “Hier gibt es was für jeden Geschmack.“ “Ach, wirklich? Und wo gibt es dann die Blutmilchshakes?“ Die beiden Männer verzogen das Gesicht und Serina musste lachen. „War doch nur ein Witz!“ sagte sie schnell. „Also von mir hat sie diesen Humor nicht!“ sagte Moody und Razul verdrehte die Augen. „Nein, mit Sicherheit nicht, Alastor.“ ~~~ ~~~ ~~~ Am Abend kehrten sie in Razuls Haus zurück und ließen sich im Wohnzimmer auf den Kissen nieder. Eine Bedienstete brachte eine Platte, auf der gebratenes Hammelfleisch und Couscous angerichtet war. Serina sah ihr erstaunt nach. “Haben Sie hier gar keine Hauselfen, Mister Nagreb?“ fragte sie ihn und er schüttelte den Kopf. “Nein, die sind eine eher europäische Angewohnheit. Außerdem habe ich lieber Menschen um mich herum. Greift zu, meine Freunde.“ Serina beobachtete, wie die Männer zu essen anfingen. „Kein Besteck?“ Razul fing an zulachen. „Du hast sie aber sehr schlecht auf ihre Zeit hier vorbereitet, Alastor!“ Moody zuckte mit den Schultern. „Learning-by-doing, sag ich immer. Sie kriegt das schon hin.“ Serina grinste und fischte sich ein Stück Fleisch von dem Teller. So langsam fühlte sie sich hier wohl. Serina hatte sich nach dem Essen auf den Diwan gesetzt, während die Männer auf dem Boden blieben und die Wasserpfeife rauchten. “Mister Nagreb?“ fragte sie und er blickte auf. „Wie war mein Dad so, als sie zusammen in Hogwarts waren?“ Moody drehte sich lachend zu seiner Tochter um. „Ich war absolut … cool, Kleines! Ein hübscher Kerl. Die Mädchen waren verrückt nach mir!“ Razul begann zu husten, er hatte sich anscheinend verschluckt. „DU? Ich fürchte, du bekommst da etwas durcheinander, mein Freund! Dein Dad war, nun wie sagt man, klein…“ “Ich war nicht klein!“ protestierte Moody. “…und er war … dick!“ “Spinnst du, Razul? Ich war kräftig gebaut, das ist alles!“ Serina grinste und hörte den beiden Männern zu. “Alastor, im vergleich mit mir warst du DICK!“ “Pah, du warst ja auch eine dürre Bohnenstange! Da wirkt jeder klein und dick! Und dann dieser riesige Turban … Mann, sahst du bescheuert aus!“ Moody lachte und wischte sich bei der Erinnerung eine Träne aus den Augen. „Darf ich weiter erzählen? Danke. Jedenfalls war da dieser Kerl, Dempsey Lockhart, ein widerlicher, arroganter Typ.“ Serina überlegte kurz, irgendwie kam ihr der Name bekannt vor, doch sie kam nicht drauf. “Und dieser Dempsey machte sich über mein Aussehen lustig. Glaubte, er verstünde was von Mode … du hättest mal seine Hosen sehen sollen! Ich bitte dich, welcher normale Mensch trägt denn heutzutage noch Samthosen?“ Razul schüttelte den Kopf und Moody biss die Lippen aufeinander. Er wusste, was jetzt kam. “Wir stehen also in der Großen Halle, es war mein erster Tag in Hogwarts, und dieser Kerl redet auf mich ein. Ich hab nur die Hälfte verstanden, damals war mein Englisch einfach grausig und meine Aussprache … frag lieber nicht!“ “Ist sie heute auch noch, musst nur mal genau zuhören!“ flüsterte Moody, was ihn einen schiefen Blick seines Freunden einbrachte. “Aber dein Dad hier…“ Er griff nach Moodys Schulter und drückte sie ein wenig stärker als nötig. „Dein Dad ging dazwischen und…“ “Ich bin gestolpert.“ sagte Moody leise und Razul lies ihn los. ’“WAS?“ Moody seufzte. „Ich wollte es dir schon lange erzählen! Ich bin damals nicht dazwischen gegangen, Razul. Hatte ich nie vorgehabt. Ich wollte mich eigentlich verdrücken und bin über meine eigenen Füße gestolpert!“ Razul blinzelte und holte tief Luft. „Soll das … Heißt das … Willst du mir erzählen, du wurdest mein bester Freund, weil du nicht vernünftig laufen konntest?“ Moody unterdrückte sein Lachen und zuckte mit den Schultern. “Heiliger Anubis, und das erzählst du mir erst jetzt?“ “Du hast mich ja nie gefragt!“ prustete Moody und auch Serina konnte ihr grinsen nur noch schwer unterdrücken. “Das hab ich nie, weil ich dachte, du …“ Er sah Serina an „Jetzt weißt du, was dein Dad für ein Junge war! Er war klein, dick und zu blöd zum laufen!“ “Du olles Klappergestell, erzähl nicht so ein Mist!“ Serina konnte nicht mehr, sie brach in schallendes Gelächter aus. ~~~ ~~~ ~~~ Die Zeit verging für Serina in Abu Ballas hauptsächlich mit Meditationen. Sie konnte es schon nicht mehr hören, dass sie sich konzentrieren soll, den Kopf frei machen, auf ihre innere Stimme hören soll. Viel lieber dachte sie währenddessen an ihre Freunde, und daran, dass die jetzt bestimmt mehr Spaß hatten, als sie. Heute fiel es ihr jedoch besonders schwer, überhaupt einen klaren Gedanken zufassen. Sie spürte, wie ihre geistigen Barrieren langsam zubröckeln begannen und das machte sie nervös. Moody beobachtete sie, wie mit Razul im Wohnzimmer auf dem Fußboden saß und sich auf die Aufgabe konzentrierte, die er ihr gestellt hatte. “Serina, du bis unkonzentriert!“ meckerte Razul. Sie saßen vor einer großen Sanduhr und Serina sollte die Körner am herunter fließen hindern. Doch der Sand rieselte munter weiter vom oberen Glas in das untere. Sie legte den Kopf schief und sah ihn genervt an. “Das ist Sand! Wie soll ich den jedes einzelne, verdammte Korn anhalten?“ Serina klang gereizt. Razul schüttelte verärgert den Kopf. „Ich geh mal kurz …“ In diesem Moment erschienen grüne Flammen in Razuls Kamin und ein junger Mann trat heraus. “Fabian!“ rief Moody überrascht, und sah ihn stirnrunzelnd an. „Was machst du hier? Neuigkeiten?“ „Ja, Alastor und keine Guten. Hi Serina, Mister Nagreb.“ Der rothaarige Mann nickte den beiden zu. „Hör zu, in England braut sich was zusammen. Angeblich gibt es eine Gruppe Fanatiker, die sich `Todesser´ nennen. Sie sollen für mehrere Angriffe auf Muggel verantwortlich sein. Wir wissen noch nicht genau, wer ihr Drahtzieher ist, aber…“ Moody hatte ihm aufmerksam zugehört. „Ich verstehe.“ unterbrach er seinen Kadetten. „Ok, gib mir fünf Minuten!“ sagte er und verschwand aus dem Wohnzimmer. Fabian hockte sich neben Serina hin. “Wie geht’s dir?“ fragte er sie neugierig. “Gut.“ antwortete sie knapp und blickte nervös zu Razul, der am Fenster stand und sie genau im Auge behielt. Sie wurde immer nervöser, dass war ihm in den letzten Tagen schon aufgefallen, und jetzt saß sie auf dem Fußboden, wippte mit dem Fuß auf und ab und knabberte an den Fingernägeln. “Bist du sicher?“ fragte Fabian skeptisch. „Du wirkst so…“ “Nein, nein. Mir geht es bestens, wirklich, ich … Seit wann hast du denn ein Baby?“ fragte sie ihn plötzlich und er starrte sie erstaunt an. “Ich? Nein, meine Schwester Molly hat … Aber woher weißt du das?“ Er riss die Augen auf. “Verrate ich dir nicht! Ist ein Geheimnis!“ Moody trat durch die Tür und ging zu ihr. „Hey Kleines.“ sagte er und strich ihr über den Rücken. “Er riecht nach Baby.“ flüsterte sie ihm ins Ohr und Moody blickte sie sorgenvoll an. "Ist schon Ok, Kleines. Razul kümmert sich um dich, wenn ich weg bin.“ Er blickte seinen Freund an und der nickte. „Tu einfach das, was er sagt, hörst du? Du kannst ihm voll und ganz vertrauen.“ Moody stand auf und ging zu seinem Freund hinüber. “Sie gefällt mir gar nicht, Razul. Denkst du, du kommst mit ihr klar?“ fragte er leise und der Ägypter nickte. “Mach dir keine Sorgen, mein Freund. Wir werden schon zurecht kommen.“ antwortete er ebenso leise und klopfte Moody auf die Schulter. “Gut… Ok, Fabian, dann lass uns mal gehen. Je eher wir etwas Genaueres über diese Spinner erfahren, umso besser ist es für uns alle.“ Fabian folgte seinem Chef zum Kamin. „Ist mit ihr wirklich alles in Ordnung? Sie sieht so..“ “Nur ne kleine Grippe, Junge. Nichts Ernstes.“ sagte Moody mit einem letzten Blick auf seine Tochter, die jetzt wie hypnotisiert auf den Sand starrte, dann trat er in den Kamin und flohte mit Fabian ins Ministerium nach England zurück. Es schien, als starre Serina auf den Sand, aber sie nahm ihn gar nicht wahr. Sie lauschte dem Wind, der im Innenhof durch die Zitronenbäumchen wehte. In der Küche unter ihr ließ gerade jemand einen Teller fallen und sie zuckte bei dem Geräusch des zerspringenden Porzellans zusammen. Razul kam langsam zu ihr herüber und sie hörte den Sand, der unter seinen Schuhen klebte, auf dem Boden knirschen. Er roch nach Oliven und wildem Moschus und sie folgte seinen Bewegungen mit ihren Augen. “Es geht los, richtig?“ fragte er leise und Serina nickte. “Ja, ich denke schon, es ist alles so … präsent. Die Geräusche, die Gerüche.“ Sie sah sich abrupt zum Fenster um, als ob sie von dort etwas gehört hätte, was er nicht wahrnehmen konnte. “Erneuern Sie diesmal die Barriere?“ Ihre Stimme klang ein wenig ängstlich. Razul ging durch den Raum zu einem Schrank, öffnete ihn und nahm einen zusammengerollten Teppich heraus. “Nein.“ sagte er und drehte sich zu ihr um. „Diesmal nicht, Serina. Diesmal wirst du es selber tun.“ Serina sah ihn verwirrt an. „Das kam ich nicht.“ sagte sie mit zitternder Stimme. Er breitete den Teppich auf den Boden aus und hielt ihr die Hand hin. „Du wirst es lernen. Komm jetzt.“ Sie stand auf und musterte ihn misstrauisch. Langsam näherte sie sich ihm. Sie erinnerte ihn an ein verletztes Raubtier, das man in die Enge getrieben hatte und ein leichter Schauer lief über seinen Rücken. Er wollte ihr gegenüber vorsichtig sein, denn er wusste nicht, wozu sie fähig war. “Vielleicht hätte Alastor doch lieber bleiben sollen.“ dachte er. Serina sog die Luft ein und fing leise an zu lachen. „Sie haben ja Angst vor mir!“ stellte sie erstaunt fest und Razul sah sie überrascht an. „Ich kann es riechen, Mister Nagreb.“ Er lächelte verlegen. „Verrückt, nicht wahr. Ich soll dir helfen, und doch fürchte ich, was du tun könntest. Als ich deinem … Als ich Blatanescu gegenüberstand, in dieser Höhle, da hatte ich nicht halb soviel Angst, wie jetzt.“ Serina zuckte mit den Schultern. „Dad sagte, ich soll Ihnen vertrauen, also müssen Sie wohl auch mir vertrauen.“ Er nickte. „Du hast Recht. Also setzt dich hier hin.“ Er zeigte auf den Teppich. „Wir machen einen kleinen Ausflug.“ Sie betrachtete den Teppich misstrauisch. „Damit wollen wir … fliegen?“ Razul nickte. „Warum kann ich nicht einen Besen nehmen?“ “In deinem Zustand solltest du nicht alleine fliegen. Und außerdem ist das hier viel bequemer.“ Sie setzte sich im Schneidersitz auf den Teppich und Razul nahm hinter ihr Platz. Sie fühlte sich unbehaglich. So nahe bei ihm war sein Geruch viel intensiver. Der Teppich erhob sich in die Lüfte und nach einem kurzen Moment musste sie ihm zustimmen, es war wesentlich bequemer als ein Besen. ~~~ ~~~ ~~~ Sie flogen über ein ausgetrocknet Flussbett und meterhohe Sanddünen immer weiter in die Wüste hinein. Schon lange hatte Serina keinen Menschen mehr gesehen und sie empfand die Ruhe hier draußen als sehr angenehm. Es gab nur den Wind, den sie hörte und spürte und auch Razuls Geruch war, da er hinter ihr saß, kaum noch wahrnehmbar. Sie flogen auf eine Sanddüne zu, die mindestens zehn Meter hoch war. Der Wind hatte an ihrem südlichen Ende eine kreisrunde Vertiefung hineingeweht und hier landete Razul den Teppich. “Wo sind wir?“ fragte Serina und Razul sah sich um. “In der Wüste!“ Sie verdrehte die Augen. „Darauf wäre ich alleine nie gekommen!“ Er lächelte sie an. „Hier ist der Ort, an dem ich über dich wachen werde. Du wirst den deinigen jedoch erst finden müssen.“ Er begann, fremde Symbole in den Sand zuzeichnen. “Wie jetzt? Was finden? Soll ich einfach in die Wüste laufen, oder was?“ Serina blickte ihn leicht panisch an und Razul nickte nur. “Ach, und in einer Woche schicken Sie einen Suchtrupp los, der dann meine bleichen Knochen findet, oder wie?“ Er musste lachen. „Es dauert wesentlich länger, bis Knochen ausbleichen. Nein, ich warte hier und werde über dich wachen. Du wirst wissen, wann du an deinem Platz angekommen bist und wenn du dort fertig bist, kehrst du hierher zurück.“ Er hatte mittlerweile einen Kreis um die Symbole gezogen. “Aber … wenn ich mit was fertig bin? Was soll ich den tun?“ “Das wirst du wissen, wenn du da bist.“ Er trat in den Kreis hinein. „Geh. Jetzt!“ sagte er. Razul kniete sich hin und fing an, in einer ihr unverständlichen Sprache zu reden. Er hatte die Augen geschlossen und sie wagte nicht, ihn ein weiteres Mal anzusprechen. “Wozu auch?“ dachte sie. „Er sagte ja eh nichts Sinnvolles!“ Serina blickte sich nach allen Seiten um, doch sie erblickte nichts außer Sand und Dünen, Dünen und Sand. Sie seufzte und plötzlich hatte sie das unbestimmte Gefühl, in östlicher Richtung weiter gehen zu müssen. Etwas rief sie, zog sie magisch von dort an. Sie warf einen letzten Blick auf den Ägypter und ging dann einfach los. Die Sonne schien unbarmherzig auf sie nieder, doch sie zwang sich, immer weiter zugehen. Serina wusste nicht, wie lange sie schon unterwegs war, doch es wurde langsam dunkler, die Sonne ging bereits unter. Riesige Kalksteine lagen in diesem Teil der Wüste und Serina sah eine kleine Gebirgskette, die sich vor ihr erstreckte. Wind kam auf und er wehte ihr den Sand schneidend entgegen. Sie ging schneller und kletterte mühsam einen Steinhaufen hinauf, der von einigen Dattelpalmen umgeben war, um sich in einen tiefen Felsspalt zudrücken. Ihr Blick glitt über die Sandsteinwände und sie war fasziniert von dem Anblick, der sich ihr bot. Vor Jahrhunderten müssen hier Menschen gelebt haben, denn die Felswände waren über und über mit Bildern verziert, die in den Stein geritzt waren. Sie erkannte eine Giraffenherde und einige Elefanten, die vor Menschen mit langen Speeren zu flüchten schienen. Sie sah noch weitere Tiere in dieser Höhle, doch ihr Blick blieb an einer Stelle über ihr hängen. An der Decke entdeckte sie einen riesigen Vogel und sie wusste instinktiv, dass sie ihren Platz gefunden hatte. Sie setzte sich auf den Boden unter dem Vogel und wartete. ~~~ ~~~ ~~~ Serina wusste nicht mehr, wie lange sie dort gesessen hatte. Es war hell geworden und wieder dunkel. Die Sonne war auf- und untergegangen, doch das hatte keine Bedeutung mehr für sie. Sie saß in dieser Felsspalte und lauschte auf ihr Innerstes, das so aufgewühlt und unruhig war, das es sie fast verrückt werden ließ. Ganz langsam jedoch bekam sie das Chaos, das in ihr herrschte, unter Kontrolle und zwang es zur Ruhe. Urplötzlich wurde es still und Serina öffnete überrascht die Augen. Der Lärm und das Chaos in ihrem Kopf kamen auf der Stelle zurück und sie sah sich verwundert um. “Was war geschehen?“ fragte sie sich selbst. Sie schloss ihre Augen und konzentrierte sich erneut. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als die Ruhe zurückkehrte und Ordnung in das Chaos brachte. Sie hatte es geschafft, sie konnte ihre Barrieren alleine aufrichten und alles Fremde ausblenden. Entspannt lehnte sie sich gegen die Felswand und lauschte dem Nichts in ihrem Kopf. Ein leises Rauschen war alles, was sie noch wahrnahm. Es klang wie der Wind, der beim Fliegen durch ihre Haare wehte. Sie konzentrierte sich auf dieses Geräusch und es wurde lauter. Aber es war nicht Wind, der durch ihr Haar fuhr, es klang eher, als wenn Wind durch Federn strich. Erschrocken richtete sie sich auf und ihr Herz raste. Sollte es möglich sein? Sie schloss erneut die Augen und konzentrierte sich wieder auf das Rauschen. Serina spürte, dass sie kurz davor stand, aber es wollte ihr einfach nicht gelingen. “Konzentration ist alles, Rina.“ hörte sie Remus Stimme in ihrem Kopf und sie musste ihrem Freund Recht geben. Sie wusste, dass sie es schaffen konnte, aber nicht hier und heute. Sie erhob sich und verließ die kleine Höhle um langsam wieder zurück zugehen. ~~~ ~~~ ~~~ Razul saß noch immer in seinem Kreis und murmelte vor sich hin. Er sah erschöpft aus, dunkle Ringe lagen unter seinen Augen und auf seiner Stirn stand der Schweiß. Er blickte auf, als ein Schatten auf ihn fiel. “Hallo.“ sagte er matt. „Alles in Ordnung?“ Serina nickte. „Alles wieder unter Kontrolle.“ “Sicher?“ Sie lachte. „Klar! Sieh her.“ Sie beschwor einen Feuerball, der in ihrer Hand tanzte und endlich verbrannte sie sich nicht mehr die Finger dabei. Sie ließ ihn auf ihren Handrücken wandern und zwischen ihren Fingern hindurch gleiten. Razul schien beeindruckt. „Wie machst du das?“ fragte er und sie grinste. “Konzentration! Hat mir ein Freund beigebracht.“ Er hob eine Augenbraue. Eigentlich hatte er gemeint, dass sie es ohne ihren Zauberstab hinbekommen hatte, aber er schwieg lieber. “Wollen wir zurück?“ Serina nickte begeistert. Sie sehnte sich nach einer Dusche, um sich den Sand aus den Haaren zu waschen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)