Nemesis von Chi_desu (ItaSasu) ================================================================================ XXI. This time, This place, Misused, Mistakes --------------------------------------------- Die Reise nach Konoha dauert nicht einmal einen halben Tag für einen Shinobi. Ich schaffe es binnen vier Stunden und erst, als sich das Hokage Denkmal am Horizont abzeichnet, ergreife ich Vorsichtsmaßnahmen. Bisher habe ich mich auf den Bäumen fortbewegt, von Ast zu Ast, aber jetzt bin ich so nahe, dass ich überall auf Konoha-Nin stoßen könnte, deshalb begebe ich mich nach unten und zwinge mich, langsam zu gehen. Ich weiß sehr gut, dass ich hier nicht mehr erwünscht bin. Der Angriff auf Naruto hat mir sicherlich den Status eines Abtrünnigen beschert. Als sich die Bäume lichten und ich den ersten Blick auf das Dorf selbst erhaschen kann, bin ich erleichtert. Keine Spuren blinder Zerstörung, keine sinnlose Verwüstung. Ich hatte halb damit gerechnet, Spuren eines großen Kampfes vorzufinden, hatte noch immer das, was ich im Traum sah, im Kopf. Aber wenn das Fuchsungeheuer seinem Käfig entkommen sein sollte, hat es jemand sehr schnell wieder eingefangen. Es schürt meine Hoffnung, dass Naruto nicht tot ist. Als ich mich nähere, sehe ich, dass auf dem Hokage Gebäude eine schwarze Fahne weht. Das ist ungewöhnlich. Das letzte Mal habe ich sie gesehen, als… Schlagartig wird mir klar, was heute für ein Tag ist. Es ist das erste Mal, dass ich es fast vergessen hätte. Heute jährt sich der Todestag meiner Eltern. Die schwarze Fahne wird jedes Jahr in Erinnerung an den ausgelöschten Clan aufgehängt. Ausgerechnet heute. Warum tust du mir das an, Itachi? Natürlich könnte es ein riesengroßer Zufall sein, dass Itachi mich ausgerechnet heute nach Konoha schickt. Aber ich glaube nicht mehr an Zufälle, wenn er involviert ist. Am Todestag meiner Eltern schickt er mich hierher, um mich daran zu erinnern, was er mir angetan hat. Meine Hand krallt sich in mein Hemd. Es tut verdammt weh. Es ist lange her und es ist mir bisher gut gelungen, die Erinnerung an sie zu verdrängen. Aber wie soll das gehen, wenn einem die Trauerfahne vor der Nase weht und plötzlich alles wieder hochkommt? Nein, es ändert nichts an meinen Gefühlen für ihn, aber es tut weh. Ich hasse, was er getan hat. Und dass er mich mit Absicht auf diese Weise daran erinnert. Es gibt Wichtigeres. Ich bin nicht hier, um mit dem Schicksal zu hadern. Ich bin hier, um Naruto zu finden. Ich habe mir auf dem Weg hierher einige Gedanken darüber gemacht, wie ich es überhaupt anstellen will und habe mich letztlich für den direkten Weg entschieden. Heute Nacht schleiche mich ins Dorf und sehe einfach nach, ob er zu Hause ist. Es ist irrsinnig, aber was soll ich sonst tun? Draußen warten und hoffen, dass er zufällig mal vorbeikommt? Das ganze ist von vorne bis hinten verrückt. Ganz so einfach, wie ich es mir vorgestellt habe, wird es wohl doch nicht, Itachis Test zu bestehen. Das hier ist lebensgefährlich. Wenn man mich entdeckt, muss ich mich mit den Anbu rumplagen. Das allein wäre schwierig genug, aber wenn sich Tsunade oder Jiraiya einmischen sollten, kann ich nicht sagen, ob ich eine Chance hätte, zu entkommen. Itachi riskiert, mich zu verlieren. Entweder hat er so viel Vertrauen in meine Fähigkeiten, dass er mir zutraut, mich notfalls auch mit Gewalt durch eine Horde Anbu zu schlagen oder ich bin ihm doch nicht so wichtig, wie ich dachte. Vielleicht hofft er sogar darauf, dass sie mich einfangen, festhalten oder töten. Vielleicht bin es ja gar nicht ich, der frei sein soll, sondern er. Und die Anbu sollen ihm bloß die Drecksarbeit abnehmen und mich erledigen. Nein. Nein, das ist Blödsinn und das weiß ich auch. Alles was bisher passiert ist beweist doch, dass ihm was an mir liegt. Es ist eine Prüfung und ein Vertrauensbeweis, von uns beiden. Was wäre das wert, wenn es ohne Schwierigkeiten ginge? Wenn ich es schaffe, nach Hause zurückzukehren, dann habe ich bewiesen, dass er mir wichtiger ist als alles andere. Dann kann er mir vielleicht glauben. Die schicksalhafte Brücke, wo sowohl Itachi als auch ich unsere besten Freunde angegriffen haben, hat mich vor Stunden wie magisch angezogen. Natürlich bin ich vorsichtig, weil sie zwar ein Stück weg vom Dorf ist, aber hier immer noch jederzeit jemand vorbeikommen kann. Aber wenn ich schon auf den Einbruch der Nacht warten muss, dachte ich mir, dann hier. Es tut weh, wenn ich an das denke, was hier passiert ist. Aber ich will nicht davor weglaufen. Ich will mich daran erinnern, damit es sich nicht irgendwann wiederholt. Was ich getan habe, ist unverzeihlich und es ist nur passiert, weil ich zu feige war, zu meinen Gefühlen zu stehen. Wäre ich gleich mit Itachi mitgegangen, wäre es vielleicht nie soweit gekommen. Nachdem ich erst fast eine Stunde am Geländer stand und runter zum Fluss gestarrt habe, bin ich anschließend runtergeklettert zum Ufer und habe mich direkt unter der Brücke ans Wasser gesetzt. So sieht man mich nicht so schnell und ich kann mich damit beschäftigen, das Wasser anzustarren und ab und zu Steinchen hinein zu werfen. Vielleicht ist die erzwungene Pause ganz gut. Damit ich mich beruhige und wieder einen klaren Kopf kriege. Ich habe noch nicht darüber nachgedacht, was passiert, wenn Naruto doch tot ist. Wenn ich zum Haus komme und niemand da ist, wenn es nur noch einen Grabstein oder eine Inschrift auf einem Gedenkstein gibt. Itachi sagte, er würde bezweifeln, dass Naruto tot ist. Was Itachi sagt, ist für mich wie selbstverständlich richtig. Deshalb wird es mich überraschen, sollte es doch anders sein. Schritte reißen mich aus meinen Gedanken und ich unterdrücke den Impuls, aufzuspringen und mich umzudrehen. Nach außen hin bin ich nur ein unbescholtener Bürger, der sich seine Zeit am Flussufer vertreibt und der würde nicht wie ein Shinobi aufspringen und in Verteidigungshaltung gehen. Bis ich weiß, wer es ist, muss ich ruhig bleiben. Also drehe ich vorsichtig den Kopf nach hinten, um zu sehen, wer da zu mir runter ans Ufer steigt. Er ist nicht gerade leise, ich bezweifle, dass die Anbu so vorgehen würden. Es sind auch nicht die Anbu, die mich gefunden haben. Blaue Augen sehen mich traurig an. "Ich hatte gehofft, du würdest hierher kommen. Falls du je wiederkommst." "Naruto." Er lebt. Alles andere ist im ersten Moment nebensächlich. Ich stehe auf, vergesse jede Vorsicht und jede Deckung, schiebe mir die Kapuze vom Kopf und sehe ihn einfach nur an. Er ist wirklich noch am Leben. Und man sieht ihm das, was passiert ist, kaum noch an. Ich merke es einzig an der Art, wie er sich bewegt, wie er vermeidet, den Oberkörper zu sehr zu drehen und wie er den Rücken außergewöhnlich stark durchstreckt beim Gehen. Es ist das erste Mal, dass ich aufrichtig das Bedürfnis habe, ihn zu umarmen. Ich würde mich gerne mit meinen eigenen Händen davon überzeugen, dass er real ist, aber nach allem was passiert ist, kann ich schon froh sein, wenn er mich nicht angreift und versucht, mich wie einen räudigen Hund im Fluss zu ertränken. "Du bist nicht hier, um mich doch noch umzubringen, oder?", fragt er mich und sieht sich demonstrativ um. "Ist er auch hier? Hat er dir befohlen, es zu Ende zu bringen?" "Itachi ist nicht hier", antworte ich. Er klingt verbittert, fast als wollte er Streit anfangen. Aber daran habe ich kein Interesse. "Ich bin gekommen, um mit eigenen Augen zu sehen, dass du lebst." Jetzt, wo die Überraschung langsam nachlässt, überkommt mich eine Ahnung von Gefahr. Von allen Menschen die in diesem Dorf leben, kommt ausgerechnet er hier vorbei. Und findet mich ausgerechnet hier unten, ausgerechnet heute. So viele Zufälle hinterlassen einen schalen Nachgeschmack. "Wie hast du mich hier gefunden?" "Ich komme jeden Tag her", antwortet er und ich entspanne mich etwas. Gut, ein Zufall weniger. "Ich habe gehofft, dass du wiederkommst. Dass es dir nicht völlig egal ist, was passiert ist." "Ist es nicht. Ich dachte, ich hätte dich getötet. Ich wäre früher gekommen, wenn ich gewusst hätte…" Unwirsch schüttle ich den Kopf. Ist doch alles egal. Es ist, wie es ist. Ich bin hier. Und ich kann ihm sagen, was mir am Herzen liegt. "Naruto. Es tut mir so furchtbar leid. Ich weiß nicht, wie ich-" "Spar dir das." Er kommt zu mir, stellt sich neben mir und starrt auf das rauschende Wasser des Flusses. "Du bist nicht hier, um ins Dorf zurückzukehren, oder?" "Nein." "Tsunade hat gesagt, dass du nicht mehr zurückkommen wirst. Dass du dich mit ihm verbündet hast. Stimmt das?" Ich nicke und er legt missbilligend die Stirn in Falten. "Sagst du mir wenigstens, was los ist? Warum du dich mit diesem Mörder zusammen getan hast?" Er möchte die Wahrheit hören und ich fühle mich so schuldig, dass ich ihm die Bitte nicht abschlagen kann. Es ist vielleicht auch ganz gut so. Ich kenne ihn. Wenn ich einfach gehe, dann wird er mir folgen und nach mir suchen, spätestens dann, wenn er wieder ganz gesund ist. Vielleicht lässt er mich gehen, wenn er die Wahrheit kennt. "Hast du etwas Zeit? Es könnte länger dauern." "In Ordnung." Er setzt sich hin und nach einem Moment des Zögerns setze ich mich neben ihn. Es war schwer genug, es Sakura zu erzählen und es wird sehr viel schwerer, ihm die Wahrheit zu sagen. Aber nach allem, was passiert ist, verdient er wenigstens das. Also fange ich einfach an, zu erzählen, und ich fange von vorne an, beginne mit jenem Tag, als ich am See gegen Itachi kämpfte und mich so furchtbar verschätzt habe. Ich lasse nichts aus, beschönige nichts, ich unterbreite ihm schonungslos jede Einzelheit aus den letzten zwei Jahren, die von Belang war. Das Einzige, was ich ausspare, sind die schmutzigen Details, die er sicherlich nicht hören will. Ich erzähle von meinen Gefühlen für Itachi, von meiner Angst und Feigheit, von den Mangekyou Sharingan und ich versuche ihm zu erklären, wie es geschehen konnte, dass ich ihn angegriffen habe. Ich erzähle ihm von Itachis dreitägiger Frist und meinem Glauben, dass alles gut werden kann, wenn ich nach diesen drei Tagen nach Hause zurückkehre. Manchmal stellt er Fragen, die meiste Zeit über aber hört er einfach nur zu. Und als ich fertig bin, da schweigt er lange. Keine Ahnung, wie lange wir wortlos nebeneinander sitzen und er wohl versucht, das Gehörte zu verarbeiten. Geduldig sitze ich neben ihm und warte auf irgendeine Reaktion. Während ich geredet habe, hatte ich selbst den Eindruck, dass ich bei der Geschichte nicht besonders gut wegkomme. Die letzten Jahre sind geprägt von Hass und Wut, Angst und Feigheit. Von dummen Entscheidungen, die ich getroffen habe und der verbotenen Sehnsucht, von meinem Bruder auf diese Weise geliebt zu werden. Wäre ich an Narutos Stelle, ich wäre längst aufgestanden und gegangen, entsetzt und angewidert. Aber Naruto ist nicht wie ich. Irgendwann seufzt er. "Ist das alles wirklich wahr?", fragt er. "Wenn er dich erpresst, wenn er dich zu irgendwas zwingt, kannst du es mir ruhig sagen." Ich antworte nicht. Er kennt die Wahrheit, ob er es glauben will, ist seine Sache. "Es sah anders aus, auf der Brücke. Als würde er dich dazu zwingen. Als würde er dir wehtun." "So war es aber nicht." Er seufzt schon wieder. "Jetzt weißt du, dass ich noch lebe. Jetzt gehst du zu ihm zurück, aus welchen Gründen auch immer." Ich nicke wortlos, obwohl ich weiß, dass er es nicht sehen kann, weil er mich nicht ansieht. "Er hat deine Eltern umgebracht. Ist dir das egal?" Ich dachte, er hätte es verstanden. "Es ist nicht egal. Aber ich kann ihn einfach nicht mehr dafür hassen. Ich liebe ihn, Naruto. Wieso glaubst du mir das nicht?" "Warum?", ruft er plötzlich und reißt den Kopf hoch. Ich kann es nicht fassen, als ich begreife, dass er weint. "Warum kann ich nicht derjenige sein?" Ich bin so perplex, dass ich mich nicht wehre, als er sich mit entgegen lehnt und mich küsst. Instinktiv weiche ich zurück, um ihm zu entgehen, ohne ihn wegstoßen zu müssen, aber es endet nur damit, dass ich nach hinten falle und er halb auf mich drauf. Er stützt sich auf die Hände und ich bleibe einfach liegen, überrascht von seinen Worten und noch viel mehr von seinen Taten. Naruto hat mich geküsst. Itachi hatte Recht, wie immer hatte er Recht. "Sasuke." Naruto weint immer noch und eine Träne tropft von seiner Nase auf meine Wange. "Ich sorge dafür, dass du im Dorf bleiben kannst. Wenn ich sie bitte, wird Tsunade deinen Status als Abtrünniger zurücknehmen. Ich habe ihr schon gesagt, dass es nur ein Unfall war." Fassungslos sehe ich ihn an. Alles passiert so, wie Itachi es vorausgesagt hat. "Wenn du hierbleibst, mache ich dich glücklich, okay? Ich verspreche es! Sakura und ich wohnen wieder bei dir und alles wird so wie vorher." Wortlos schüttle ich den Kopf. Ich wünschte, er würde es mir nicht so schwer machen. Aber meine Antwort bleibt dieselbe. "Itachi tut dir weh, siehst du das nicht?" Er zieht an meinem Kragen, bis die blauen Flecken an meinem Hals zutage kommen. Wann hat er sie gesehen? "Willst du so leben, Sasuke? Was hat er mit dir gemacht?" "Es ist nicht so, wie du denkst." Ich fühle mich hilflos. Ich sollte ihn wegschieben, ich halte es nicht aus, dass er mir so nah ist. Aber aus irgendeinem Grund kann ich nicht. Stattdessen versuche ich, meinen Kragen wieder hochzuschieben. Damit mache ich es nur schlimmer, er sieht die Striemen auf meinem Handrücken. Jetzt geht er von mir runter. Während ich mich aufsetze, kniet er neben mir und nimmt meine Hand, starrt die Verletzung an. "Und was ist damit? Was verheimlichst du mir? Hat er dich gezwungen, bei ihm zu bleiben?" Ich schüttle den Kopf und sage nochmal: "Es ist nicht so, wie du denkst." "Wie denn dann?" Wie soll ich ihm das erklären? Er muss denken, Itachi würde mir sonst was antun. Wie soll ich ihm begreiflich machen, dass es mir gefällt? Dass es nicht gegen meinen Willen geschieht? Wenn er weiterhin denkt, Itachi würde mich zu irgendwas zwingen, dann wird Konoha uns bis in alle Ewigkeit Anbu auf den Hals hetzen. Und Naruto wird nicht aufhören, nach mir zu suchen, so wie er nicht aufgehört hat, mich zu suchen, als ich bei Orochimaru war. "Ich brauche das." Es klingt sicher absurd in seinen Ohren. Irgendwie muss ich es schaffen, ihm begreiflich zu machen, dass Itachi mir eigentlich nur das gibt, wonach ich mich sehne. "Ich weiß nicht, wie ich dir das erklären soll. Ich brauche es, wenn er mir wehtut. Vielleicht… vielleicht hilft es mir, zu spüren, dass er da ist." Er lässt mich so abrupt los, als habe er sich an mir verbrannt. "Heißt das, du lässt das freiwillig mit dir machen?" "Ja." "Sasuke, das ist verrückt. Merkst du eigentlich, was du da sagst? Das ist nicht normal. Siehst du das nicht?" Er sieht wirklich erschüttert aus. Nein, eher fassungslos. Als hätte ich wirklich den Verstand verloren, so als würde er mit einem Wahnsinnigen sprechen, der die Realität nicht mehr versteht. "So warst du nie. Du hast ihn gehasst! Du warst nie so ein Mensch, der einem anderen die Kontrolle überlässt. Das bist doch nicht du! Vielleicht hat er dich hypnotisiert, ist dir der Gedanke mal gekommen?" "Wer von uns ist jetzt verrückt?" "Ich meine es ernst. Du… du willst das doch nicht wirklich. Du willst doch nicht wirklich bei ihm wohnen und… und sein Spielzeug sein." Er spricht das Wort Spielzeug voller Entsetzen aus und genauso sieht er mich auch an. Seine Worte lassen mich nicht so kalt, wie es rein äußerlich wohl den Anschein hat. Genau das Wort war es, was sich auch mir immer aufgedrängt hat, wenn es um Itachis und meine seltsame Beziehung ging. Aber er hat Unrecht. Es ist anders. "Ich bin nicht sein Spielzeug. Ich habe immer noch einen eigenen Willen, Naruto." "Ach ja? Was hast du in der letzten Zeit selbst entschieden?" "Ich-" Stutzig geworden halte ich inne. Auf einmal habe ich das untrügliche Gefühl, beobachtet zu werden. Ich sehe mich um und oben am Hang steht Sakura. Sie kann noch nicht lange dort stehen, sonst hätte ich sie früher bemerkt. Was tut sie hier? Ich springe auf, weiche ein paar Schritte von Naruto zurück. Sie kommt den Hang runter und Naruto steht jetzt auch auf. Er klingt erleichtert, als er zu ihr sagt: "Da bist du ja endlich." Was? "Entschuldige mal, du bist erst zweieinhalb Stunden weg. Ich konnte nicht wissen, dass es diesmal wirklich er ist, der dich aufhält und nicht die nächste Ramenbar." "Was ist hier los?", frage ich wütend. Naruto sieht mir plötzlich nicht mehr in die Augen. "Es war ausgemacht, dass sie mich suchen kommt, wenn ich länger als zwei Stunden wegbleibe. Für den Fall, dass du wirklich auftauchst. Ich wusste, dass ich dich alleine nicht aufhalten kann." Jetzt schrillen die Alarmglocken in meinem Kopf und ich greife automatisch nach meinem Schwertgriff. "Dann hast du mich hier reden lassen, nur um Zeit zu schinden?" "Nein, ich wollte es hören. Und ich habe gehofft, ich könnte dich auch so überzeugen." Sakura sieht ihn fragend an. "Und? Ich hab gesagt, ich überlasse es dir. Was jetzt?" "Er darf nicht gehen. Er hat völlig den Verstand verloren. Wir müssen ihn aufhalten." Meine Gedanken rasen. Die zwei wussten, dass ich komme. Dass sie so weit gehen würden, hätte ich nicht erwartet, aber es zeigt, dass sie wild entschlossen sind, mich aufzuhalten. Ausgerechnet sie beide. Ich will nicht gegen sie kämpfen müssen. Was, wenn das Siegel aufbricht und wieder was passiert? Feindselig starre ich die zwei an, aber sie weichen meinem drohenden Blick aus. "Ihr habt schon einmal versucht, mich aufzuhalten. Wenn ich gehen will, gehe ich, daran könnt ihr nichts ändern." Sakura sagt ganz ruhig: "Wir können es versuchen. Wir wollen dein Bestes, Sasuke. Und wenn du ehrlich bist, weißt du auch, dass du in dein Unglück rennst, wenn du zu ihm gehst." "Was weißt du schon?", blaffe ich sie wütend an. Meine besten Freunde haben sich gegen mich verbündet, jedenfalls fühlt sich das so an. "Du hast keine Ahnung, worum es geht!" "Ach nein? Ich weiß Bescheid, schon vergessen?" Sie kommt näher, ich weiche zurück. "Du weißt nicht, was du tust. Irgendwas stimmt mit dir nicht, wenn du freiwillig zu dem Mann gehst, der dich so oft verletzt hat." Ich wusste, es würde Ärger geben, wenn ich hierher komme. Aber dass es ausgerechnet diese Beiden sein würden, die mich hier festhalten wollen, ist schlimm für mich. Meine Bestürzung über diesen Verrat schlägt in Wut um. Wenn sie mich einfangen, dann lässt Tsunade mich wegsperren. Dann kann ich nicht innerhalb von drei Tagen zurück sein. Dann ist es vorbei und Itachi verschwindet für immer aus meinem Leben. Das kann ich nicht riskieren. Ich werde mir das, was ich mir so mühsam erkämpft habe, nicht von diesen beiden kaputtmachen lassen. "Du wirst hierbleiben, Sasuke. Dafür sorgen wir", sagt Naruto. "Ich lasse dich nicht schon wieder weglaufen." Nie hätte ich damit gerechnet, dass die zwei sich ernsthaft gegen mich stellen würden. Und ich frage mich, ob Itachi es wohl wusste oder zumindest ahnte. Vielleicht bin ich nicht hier, um ihm etwas zu beweisen. Sondern er hat mich hergeschickt, damit genau das hier passiert und die letzte Verbundenheit, die ich für diese Leute empfinde, zerstört wird. Damit er mich ganz für sich hat. Aber selbst wenn es so sein sollte, ich kann nicht mehr zurück. "Nur über meine Leiche", knurre ich Naruto an. Sakura greift nach meinem Arm. Ich reiße den Arm weg, ziehe noch in derselben Bewegung mein Schwert und versetze ihr einen Stoß, der sie nach hinten taumeln lässt. Sofort springt Naruto mich an. Zielsicher boxe ich ihm vor die Brust, es ist hinterhältig, aber ich weiß, er muss die Folgen seiner Verletzung noch spüren. Wie erwartet schreit er und zuckt wie verbrannt zurück. Bevor Sakura ihr Gleichgewicht wiederfinden kann, fege ich sie von den Füßen und setze mich auf sie. Ihre Arme drücke ich mit den Knien gegen ihren Körper und dann beuge ich mich vor, drücke meinen Unterarm gegen ihren Hals, gerade fest genug, dass sie Mühe hat, zu atmen. Hinter mir will Naruto angreifen, ich reiße mein Schwert hoch und er muss bremsen, weil er sonst direkt in die Klinge hinein gelaufen wäre. Erschrocken starrt er die Schwertspitze an, die auf seinen Brustkorb deutet. "Zwei Gegner", sage ich. "In zwei Sekunden matt gesetzt. Denkt ihr wirklich, ihr könnt mich aufhalten?" Es ist nur eine Warnung. Sakura kann sich losreißen, Naruto kann ausweichen. Aber es zeigt, wie überlegen ich bin. Was ich tun könnte, wenn ich es wollte. Ich kenne die zwei, ihren Kampfstil fast noch besser als ihren Charakter, und ich weiß, sie können mich so nicht aufhalten. Naruto ist noch nicht wieder gesund und wenn ich Sakura zuerst- "Das stimmt so nicht ganz", sagt jemand und ich habe plötzlich ein ganz eigenartiges Gefühl. Ein Kribbeln am ganzen Körper. Ich reiße den Kopf hoch und oben am Hang steht noch eine dritte Person. Shikamaru grinst mich dämlich an. "Du hast drei Gegner. Und du tust keinem von ihnen was." Mein Arm… mein Arm bewegt sich ganz ohne mein Zutun, lässt Sakura los. Und meine rechte Hand… meine Finger lösen sich vom Schwertgriff. Wieso…? Überrascht blicke ich Shikamaru an und begreife, dass er mich mit einem seiner Schattenjutsu eingefangen hat. Ich war unachtsam. Ich war dumm. "Neben deinen Augen ist das größte Problem an dir", sagt er und jetzt merke ich, dass er mir nicht in die Augen schaut, "deine Schnelligkeit." Sein Blick haftet auf meiner Brust, ganz gelassen, für die Mangekyou Sharingan aber unerreichbar. Mein Blick flitzt rüber zu Naruto, dann zu Sakura. Sie beide meiden verbissen den Augenkontakt. So einfach… so einfach geht das? Auf einmal sind sie nutzlos, Itachis ach so wertvolle Sharingan. "Wir mussten uns was einfallen lassen, um dich einzufangen." Ich versuche, es zu verhindern, aber es geht nicht. Mein Körper ahmt jede seiner Bewegungen nach und ich öffne meine Faust. Das Schwert fällt auf den Boden. Ich klettere wehrlos von Sakura runter und sie steht auf. Wie kann das sein? Was tut ausgerechnet Shikamaru hier? Er ist ein Mitglied der Anbu, aber er scheint alleine zu sein. Ist das auch noch Teil dieses abgekarteten Spiels? Shikamaru breitet langsam seine Arme aus und ich damit auch meine. Auf einmal bin ich völlig schutzlos, stehe da wie festgefroren, verteidigungslos, hilflos. Sie haben das alles hier geplant. Sie kennen mich zu gut, sie wussten, ich würde zurückkommen. Und deshalb haben sie sich darauf vorbereitet, mich aufzuhalten. Mein Blick flitzt immer wieder zwischen ihnen hin und her, auf der hoffnungsvollen Suche nach einem schwachen Moment, wo ich einem von ihnen in die Augen sehen kann. Aber es würde sowieso nur was bringen, wenn ich Shikamaru erwische. Und von allen dreien ist er derjenige, bei dem die Chance am geringsten ist, dass er einen Fehler macht. Ich kenne ihn als geschickten Strategen, der nicht nervös wird. Denk nach, Sasuke! Du darfst nicht versagen, sonst verlierst du nicht nur diesen Kampf, sondern auch Itachi! Ich hätte nicht herkommen sollen. Er hätte mich nicht herschicken dürfen! Er wusste, dass es so kommt, bestimmt wusste er es! Die Sharingan sind nutzlos. Keiner von ihnen steht nah genug an mir dran für Chidori Nagashi, das einzige, was ich auch ohne mich zu bewegen vielleicht zustande bringen würde. Ein Feuerball wird nicht möglich sein, Shikamaru könnte lenken, wohin er geht. Das wäre sinnlos vergeudetes Chakra. Scheiße! Wie kann das sein, dass ich plötzlich, von einer Sekunde auf die andere, völlig hilflos bin? Wieso will mir denn nichts einfallen? Ich könnte höchstens eins von Orochimarus kinjutsu- "Sasuke." Jemand berührt meine Schulter. Ich sehe Sakura an, die mit geballter Faust vor mir steht. "Entschuldige." Nein! Ihre Faust rast mir entgehen, es knackt, als meine Nase bricht, und dann gehen bei mir erstmal die Lichter aus. Mit einem Schrei setze ich mich auf. Ich reiße die Arme hoch in einem Versuch, mich zu verteidigen. Kühle Luft strömt mir entgegen und dann wird mir klar, dass es dafür ein bisschen spät ist. Sie sind nicht mehr da. Ich war bewusstlos. Wieder einmal. Wird langsam zur Gewohnheit, oder? Wo bin ich? Es ist düster. Ich sitze auf kaltem Boden in einem Raum, der wirkt, als wäre er direkt in eine Felswand gehauen worden. Steinerne Wände umgeben mich und ich befinde mich auf einer Fläche von geschätzten acht Quadratmetern. Mir wird sehr schnell klar, wo ich bin. "Bist du endlich wach?" Obwohl ich nicht wusste, dass jemand da ist, erschreckt mich die Stimme nicht. Ich sehe in die Richtung, aus der sie kam und sehe hinter den Gitterstäben jemanden sitzen. Grelles Licht strahlt ihn von oben an. Naruto sieht mich mitleidig an und ich drehe meinen Kopf weg. Er ist der Letzte, den ich jetzt sehen möchte. Ich weiß, wo ich bin. Im Gefängnis. Die Steinwände haben ihren Sinn, immerhin gibt es Monster, die jede Wand durchbrechen könnten. Wir befinden uns tief im Hokage Felsen, sehr weit unten, und meine kleine Zelle wurde wohl tatsächlich mal buchstäblich aus dem Felsen gehauen. Rechts, vor und hinter mir sind diese Felswände, an denen ich mir die Zähne ausbeißen würde bei einem Fluchtversuch. Bleibt nur die Gitterwand, hinter der Naruto sitzt und mich anglotzt. Da ist sicher auch irgendein Trick dabei, denn im Vergleich zu den beeindruckenden Steinwänden sind ein paar eiserne Gitterstäbe gar nichts. Aber darüber kann ich sowieso erst wirklich nachdenken, wenn Naruto weg ist. Meine Nase fühlt sich seltsam an. Irgendwie taub. Ich taste sie vorsichtig ab. Ja richtig. Sakura hat mir die Nase gebrochen. Allerdings scheint es so, als hätte sie sie dann auch gleich wieder gerichtet, denn sonst würde sie sich nicht so anfühlen. Es tut nicht wirklich weh und ich fühle auch keinen Bruch, keine Knochensplitter. Fühlt sich nur etwas geschwollen an. "Sie hat es nicht gern getan", kommentiert Naruto das ungefragt. "Aber wir mussten dich schnell ausschalten, Shikamaru hätte dich nicht lange festhalten können." Ich starre an die Wand, fühle mich seltsam träge. Mein Kopf will noch nicht so ganz. Ich weiß momentan nur, dass ich von hier fliehen werde und dass ich furchtbar wütend bin auf Naruto. "War es geplant, dass ausgerechnet er dort auftaucht?" "Ja. Wenn ich mich verspäte, sollte sie ihm Bescheid geben und ihn mitbringen, damit er im richtigen Moment eingreifen kann." Naruto spricht irgendwie eigenartig, so ungewöhnlich monoton und phlegmatisch. "Ihr habt das ja wirklich gründlich geplant." "Eigentlich hätten wir nicht gedacht, dass es klappt. Wir wussten ja nicht einmal, ob du kommst. Shikamaru hat gesagt, dass wir total bescheuert sind. Aber ich habe wirklich gehofft, dass du nicht einfach so verschwindest. Also haben wir einen Schlachtplan entworfen, für den Fall der Fälle sozusagen." "Toll", knurre ich. "Schade nur, dass es umsonst war. Du weißt, dass ich nicht hierbleiben werde." "Uns ist schon klar, dass du versuchen wirst, von hier wegzukommen. Und du wirst es nicht schaffen. Tsunade weiß Bescheid und sie hat mir ihre besten Leute überlassen, um dich zu überwachen." Er zögert. "Und wir brauchen dich ja nur noch zwei Tage festzuhalten." Jetzt sehe ich ihn doch wieder an. Ich bin entsetzt darüber, dass er sowas sagt. Ich Schwachkopf habe ihm alles erzählt, ich habe ihm sogar von Itachis Frist erzählt und jetzt verwendet er es gegen mich. Ich kann nicht glauben, dass er so weit gehen würde. "Schau mich nicht so an. Meinst du, ich tue das gerne? Aber selbst wenn du mich anschließend hasst, es ist das Beste für dich." "Du hast keine Ahnung, was das Beste für mich ist." Ich bin total verbittert. Was mich betrifft, hat sich das Thema Naruto erledigt. Sakura und Naruto sind mal meine Freunde gewesen und ich frage mich, wie ich je so dumm sein konnte, sie als meine Familie zu bezeichnen. Sie haben mich verraten. Am Ende sind sie es, die mich alles kosten werden. "Verschwinde, ich will nichts mehr mit dir zu tun haben." "Ich liebe dich, Sasuke", sagt er, einfach so. Seine Worte nehme ich zur Kenntnis, aber jetzt ist es mir egal. Wenn Itachi wirklich so weit gedacht hat, dann hat er erreicht, was er wollte. Naruto kann tun und lassen was er will. Es interessiert mich nicht und das wird es auch in Zukunft nie mehr. "Ich wollte nicht, dass es so kommt." "Verschwinde einfach." Er seufzt und im Augenwinkel sehe ich, wie er aufsteht. Er geht den Gang entlang und ich lausche, wie sich seine schlurfenden Schritte immer mehr entfernen. Es ist mir egal. Naruto hat mich verraten. Ob er wirklich glaubt, mir damit was Gutes zu tun, oder nicht, das werde ich ihm nie verzeihen. Jetzt, wo er fort ist, wird mir in vollem Ausmaß klar, in welcher Lage ich mich befinde. Ich bin eingesperrt. Ich habe noch zwei Tage, um hier raus zu kommen und nach Hause zurückzukehren. Und wenn ich es nicht schaffe, dann... Nein, es ist zu früh, aufzugeben. Ich krieche rüber zu den Gitterstäben, um sie zu untersuchen. Kein Gefängnis kann mich halten. Und wenn draußen die gesamte Streitmacht von Konoha auf mich wartet, dann kämpfe ich mir den Weg frei. Niemand kann mich einsperren. Ich kehre nach Hause zurück, und wenn es das Letzte ist, was ich tue. ...tbc... *** Noch nicht das letzte Kapitel. Wurde doch zu lang. Verzeihung, dass es wieder so lange gedauert hat, aber momentan geht es nicht immer gleich so gut voran. Es ist schwierig, das, was ich im Kopf habe, umzusetzen. Vor allem, weil die Charaktere dann doch irgendwie mit mir machen, was sie wollen *g* Hiermit überschreite ich die Grenze von 100.000 Wörtern, zum ersten Mal überhaupt... und dabei hatte ich nie die Absicht, dass es eine so lange Story wird. Ich muss dringend lernen, mich kurz zu fassen... Ich mag das Kapitel, obwohl es mir so schwer gefallen ist, es zu schreiben. Weil eigentlich alle glauben, das Richtige zu tun. Die Vorstellung gefällt mir, dass man eigentlich gar nicht wirklich beurteilen kann, wer nun Recht hat. Aus Sasuke wird ein schlechter Mensch, wenn Itachi in der Nähe ist. Oder zumindest ein anderer Mensch, er verändert sich. Und Itachi zwingt ihn quasi dazu, dass Sasuke sich von ihm abhängig macht. Ist das nun Grund genug für seine Freunde, ihn aufzuhalten, oder nicht? Die spannende Frage ist, ob Itachi gewusst hat, dass es so kommt. Und was er sich wohl dabei gedacht hat. Nyihihi. Danke an alle Reviewer, Kritiker, an die, die mich auf Rechtschreibfehler aufmerksam gemacht haben (dankedankedanke!) ^_^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)