Nemesis von Chi_desu (ItaSasu) ================================================================================ XII. Anywhere my brother leads me to ------------------------------------ Ich werde noch verrückt. Seit Stunden sitze ich am Fenster, aber die Ruhe, die mich bei dieser Beschäftigung für gewöhnlich erfasst, will nicht eintreten. Mir gehen viele Dinge durch den Kopf und immer wieder schweifen meine Gedanken ab zu Itachi. In meinem Kopf wälze ich alle Möglichkeiten, von der, dass er seinen Tod bloß inszeniert hat, bis zu der unwahrscheinlichen Variante, dass er tatsächlich gestorben ist. Nein, ich kann daran nicht glauben. Vielleicht war es auch einfach nur eine Verwechslung. Wäre Itachi tot, würde ich es spüren. Ich könnte nicht so ruhig bleiben. Er hat gesagt, dass wir uns wiedersehen. Es ist nicht vorbei. Ich denke immer wieder darüber nach, was wohl mit mir passiert, wenn ich irgendwann anfange, es doch zu glauben. Was wird mit mir, wenn er nicht mehr da ist? Wenn ich wirklich der Letzte bin? Noch ist das bloß eine vage Vorstellung, aber ich muss anfangen, mich damit zu befassen. Ich wünschte, ich könnte mich irgendwie davon überzeugen. Könnte an seinem Grab stehen, nein, besser noch, seine Leiche mit eigenen Augen sehen. Erst dann würde ich Frieden finden. Wenn ich weiter hier sitze, werde ich wirklich noch irre. Ich habe das ewige Nachdenken so satt, eigentlich bin ich doch eher ein Mann der Tat. Anstatt zu grübeln, sollte ich etwas unternehmen, damit ich endlich Gewissheit habe. Ich könnte nach Otogakure gehen. Ich könnte zu seinem Grab gehen und mich selbst davon überzeugen, dass er tot ist. Vielleicht stellt sich die Erkenntnis ein, wenn ich dort bin. Auf jeden Fall ist es besser, als hier rumzusitzen und mich verrückt zu machen. Ich fasse einen Entschluss, auch wenn es mir nicht leicht fällt. Wenn ich gehe, werde ich meinen Freunden wehtun. Ich kenne die zwei inzwischen gut genug um zu wissen, wie sie reagieren werden. Sie werden sofort denken, dass Itachi mich wieder dazu treibt, etwas Unvernünftiges zu tun. Sie werden versuchen, mich davon abzubringen. Und weil es ihnen nicht gelingen wird, wird ihnen mein Fortgehen wehtun. Sie werden Angst haben, dass ich nicht mehr zurückkomme. Ich wünschte, ich könnte etwas dagegen tun, aber ich wüsste nicht, was. Ich muss gehen, jetzt im Moment sehe ich keine andere Möglichkeit, ein bisschen Frieden zu finden. Aber dieses Mal werde ich mich nicht wie ein Verräter davonschleichen. Ich werde zu Tsunade gehen und es mit ihr absprechen. Ich möchte ein zu Hause haben, wenn ich zurückkomme. Mit betretenem Gesicht steht Sakura neben mir und sieht zu, wie ich meine Sachen packe. Ich nehme nicht viel mit, wozu auch? Mir reichen mein Schwert und ein paar Sachen zum Wechseln. Alles andere kann ich mir im Notfall auch kaufen, Geld ist schließlich das, was ich im Überfluss besitze. "Sasuke, willst du wirklich gehen?" Sakura muss diese Frage schon mindestens fünfmal gestellt haben, seit ich bei Tsunade war. "Du kannst doch nicht schon wieder alles wegwerfen." "Das tue ich doch gar nicht. Ich habe mit Tsunade gesprochen. Ich laufe nicht weg, es ist bloß eine Auszeit." Natürlich war Tsunade alles andere als begeistert. Am liebsten hätte sie es mir verboten, das habe ich ihr deutlich angesehen. Aber sie wusste genauso gut wie ich, dass ich mir nichts verbieten lasse. Ich wäre mit oder ohne ihre Erlaubnis gegangen. Ich bin nur froh, dass sie es mir erlaubt hat, denn so kann ich ohne Probleme wieder nach Hause zurückkehren. "Eine Auszeit kannst du dir auch hier nehmen." "Ich weiß, dass ihr euch Sorgen um mich macht. Aber es ist nicht wie damals. Ich verlasse das Dorf nicht, ich komme schließlich wieder." "Was macht dich da so sicher?" Sie nimmt meine Hand, um mich vom Packen abzuhalten. "Sobald Itachi im Spiel ist, wirst du unberechenbar. Du hast schon einmal geglaubt, er wäre tot. Was, wenn dich nochmal so ein Gefühl überkommt und du… du…" In diesem Augenblick hasse ich es, dass ich ihr alles erzählt habe. Finster starre ich sie an und sage: "Nein, ich werde nicht versuchen, mich umzubringen. Hast du gar kein Vertrauen zu mir? Ihr seid meine Familie. Er ist nicht mehr mein Grund zu leben." "Warum wühlt dich sein Tod dann so auf, dass du das Dorf verlassen musst?" "Was mich aufwühlt ist die Ungewissheit. Egal was die Leute sagen, einen Beweis für seinen Tod habe ich nicht. Das macht mich verrückt." Sie lässt meine Hände los. "Ich kann nicht daran glauben, dass er gestorben ist. Ich will ganz in Ruhe herausfinden, warum nicht. Und wie ich es ändern kann." "Deshalb hast du so kühl reagiert. Du glaubst gar nicht, dass er tot ist." Ich nicke. "Dieser Zustand macht mich wahnsinnig. Ich muss was tun, sonst höre ich nie auf, zu grübeln. Deshalb gehe ich nach Otogakure. Wenn ich sein Grab mit eigenen Augen sehe, wird es mir vielleicht endlich bewusst, dass er nicht mehr da ist." Sie drängt mich zur Seite und zieht ein Hemd aus meinem Rucksack, das ich achtlos hineingestopft habe. "Dann warte wenigstens, bis Naruto wieder da ist. Er kommt in spätestens ein paar Tagen, gib ihm die Chance, sich zu verabschieden. Schließlich willst du mir nicht einmal sagen, wann du wiederkommst." Sie faltet das Hemd nochmal ordentlich und steckt es wieder in den Rucksack. "Ich kann keine paar Tage warten." Dankbar reiche ich ihr eine Hose, die sie wieder zusammenfaltet und platzsparend im Rucksack verstaut. "Gerade du müsstest verstehen, warum es mich momentan irre macht, einfach nur herumzusitzen und nichts zu tun." "Das tust du doch gar nicht. Du trainierst mit Kakashi. Du wirst bald ein Anbu sein, darauf musst du dich doch vorbereiten! Willst du das aufgeben? Wenn du zurück bist, ist es vielleicht schon zu spät und du musst ein Jahr warten." Natürlich hat sie Recht. Aber momentan kann ich mir darüber keine Gedanken machen. Es ist nicht wichtig. Das Training mit Kakashi findet nur sporadisch statt, meistens wenn Naruto auch Zeit hat. Ich kann nicht zu Hause rumsitzen und darauf warten. Ich entscheide, dass ich jetzt genug eingepackt habe. Also schultere ich meinen Rucksack und sehe sie nochmal an. "Lass es uns dieses Mal anders machen, Sakura. Ich möchte dich nicht wieder zum Weinen bringen. Ich verspreche dir, dass ich zurückkomme. Okay?" "Okay…" Sie hat dennoch Tränen in den Augen und ich hasse es ganz einfach nur. Ich hasse, dass ich ihr wehtue und ich hasse es in diesem Augenblick, dass ich mich an andere Menschen gebunden habe und plötzlich nicht mehr tun und lassen kann, was mir beliebt, ohne dass es sich auch auf sie auswirkt. "Sasuke, sei vorsichtig", bittet sie mich. "Otogakure steht kurz vor einem Krieg mit uns. Wenn sie dich erwischen…" "Werden sie nicht. Und wenn bin ich stark genug, mich zu verteidigen, das weißt du doch. Mach dir keine Sorgen." Sie nickt und versucht, die Tränen runterzuschlucken. Sobald ich aus der Tür bin, wird sie anfangen, zu weinen. Verdammt nochmal. Es tut mir weh und dennoch lasse ich sie so stehen und gehe, ohne mich nochmal umzudrehen. Ich finde mich wie selbstverständlich auf jenem Weg, den ich vor fünf Jahren schon einmal gegangen bin. Damals war es so anders und doch ähnlich. Auch damals dachte ich an Itachi. Krampfhaft hielt ich mir sein Bild vor Augen, um nicht an Naruto und das, was ich ihm angetan hatte, denken zu müssen. Ich malte mir aus, wie es sein würde, nach Orochimarus Training, ich dachte daran, wie ich ihn besiegen, nein, vernichten würde. Damals war ich wirklich noch ein Kind. Ich malte mir keine Details aus, nur meinen Sieg. Erst Orochimaru hat mir – anschaulich – gezeigt, wie ein Kampf auf Leben und Tod wirklich aussieht. Durch ihn wurden meine Phantasien detaillierter, realistischer, blutiger. Jetzt denke ich wieder an Itachi und in meinem Kopf wechseln ständig die Bilder, die ich vor mir sehe. Mal sehe ich den großen Bruder, mal den Mörder meiner Eltern und mal den Liebhaber, der er drei Tage lang für mich war. Ich kann mir nicht nur nicht vorstellen, dass er tot ist, ich will es auch nicht. Itachi lebt. Ich hätte es gespürt, wenn er gestorben wäre, ganz bestimmt. Aber ich bin wütend auf ihn, weil er mich schon wieder gezwungen hat, meine Freunde im Stich zu lassen. Sakura hat meine Entscheidung akzeptiert. Aber Naruto wird es ganz sicher nicht verstehen. Wie auch, er weiß ja nicht, was vor zwei Jahren vorgefallen ist. Und er wird es auch nie erfahren. Ich könnte es nicht ertragen, ihn zu enttäuschen. Wüsste er davon, könnte ich ihm nie mehr in die Augen schauen. Ich schwöre, das hier wird das letzte Mal sein, dass Itachi mein Leben durcheinander bringt. Wenn ich mich von seinem Ableben überzeugt habe, dann werde ich nach Hause zurückkehren und das alles für immer hinter mir lassen. Dieser Ausflug zu seinem Grab soll für mich ein Neuanfang werden. Ich möchte lernen, damit zu leben, dass ich meinen großen Bruder schon verloren habe, als ich acht Jahre alt war. Und nichts kann ihn mir je zurückbringen. Otogakure hat sich seit meinem letzten Aufenthalt dort sehr verändert. Früher bestand das gesamte Reich nur aus Orochimarus riesigem Palast mittendrin und den Gefängnissen, die verteilt auf das gesamte Land versteckt waren, dort, wo er unzählige Menschen eingesperrt und an ihnen seine Experimente durchgeführt hat. Es war schlimm, wenn er mich zu einem dieser Orte mitgenommen hat. Die Schreie der Gequälten verfolgten mich nächtelang, aber ich konnte ihnen nicht helfen. Ich wäre nicht stark genug gewesen und selbst wenn, es war noch nicht an der Zeit, Orochimaru zu töten. Jetzt gibt es hier Siedlungen, noch nicht groß genug, um sich Dörfer zu nennen, aber doch Orte, an denen Menschen friedlich und in Freiheit zusammenwohnen. Sie beherbergen die Vertriebenen, diejenigen, die zu Orochimaru gegangen sind und dabei alles hinter sich gelassen haben, die nicht mehr nach Hause zurückkehren konnten nach seinem Tod. Es sind fast ausschließlich Shinobi und deshalb ist es für mich gefährlich, mich zu lange in diesen Siedlungen aufzuhalten. Natürlich laufe ich nicht einfach so dort rum, ich würde mal sagen, dass mich neunzig Prozent von Orochimarus ehemaligen Gefangenen sofort erkennen würden. Ich trage eine Maske, so wie die von Kakashi, und habe mir die Kapuze meines Umhangs tief ins Gesicht gezogen, schließlich hat meine Frisur durchaus Wiedererkennungswert. Wenn ich zu paranoid werde, verwandle ich mich manchmal, nehme die Gestalt eines gewöhnlichen Oto-Nin an, damit ich nicht mehr ständig das Gefühl habe, irgendwer hätte mich erkannt. Trotz dieser Vorsichtsmaßnahmen bleibe ich nie lange. Rast mache ich außerhalb, dort, wo niemand sonst ist, ich betrete die Siedlungen nur, um Erkundigungen einzuziehen. Viele wissen gleich, was ich meine, wenn ich nach dem großen Kampf frage, bei dem die Akatsuki ums Leben gekommen sind. Itachis Spur führt mich nach Norden, immer dicht an der Grenze entlang. Seit fünf Tagen bin ich unterwegs und jetzt bin ich fast da. Wenn ich Recht habe, wird diese Siedlung die letzte sein, die ich besuchen muss. Ich sitze schwer vermummt in einem kleinen Gasthaus und der Wirt hat mir bereitwillig den Weg beschrieben. Es dürfte nicht schwer zu finden sein und eigentlich sollte ich längst wieder unterwegs sein, aber irgendetwas hält mich davon ab, weiterzuziehen. Ich habe ein mulmiges Gefühl, wenn ich daran denke, dass ich heute Itachis Grab sehen werde. Vielleicht. Irgendwie will ich um keinen Preis dorthin, ich unternehme alles, um den Moment noch ein wenig länger hinauszuzögern. Deshalb sitze ich schon beinahe eine Stunde hier und leere den dritten Becher Sake, bloß um nicht weiterziehen zu müssen. Durch das Fenster beobachte ich die Menschen, die draußen vorbeigehen, vermute in jedem einen potentiellen Feind, der mich enttarnen und angreifen könnte. Otogakure gefiel mir nie besonders, aber jetzt stehe ich nicht mehr unter Orochimarus Schutz und ich könnte wetten, dass es eine Menge Leute gibt, die mich auf der Stelle aufschlitzen würden, würden sie mich erkennen. Ich traue meinen Augen nicht, als ein blonder Mann in meinem Alter an dem Fenster vorbeispaziert. Ich sehe seine blauen Augen, weil er gierig auf das Schild über meinem Fenster glotzt und sich dabei höchstwahrscheinlich fragt, ob sie hier wohl auch Ramen anbieten. Nicht zu fassen, dass dieser Idiot hier ist! Und ohne Tarnung einfach so hier rumläuft! Ungeschickt hole ich mein Geld aus der Hosentasche und weil ich nicht die Nerven habe, es abzuzählen, lege ich viel zu viel auf den Tisch und stürme nach draußen. Ich kann ihn nicht gleich entdecken und befürchte schon, dass ich ihn verloren habe, da sehe ich weiter die Straße runter seinen blonden Haarschopf. Dieser Volltrottel! Ich bring ihn um! Wutentbrannt renne ich hinter ihm her, packe ihn einfach am Arm und zerre ihn in die nächste Seitengasse. "Was zum…!", schreit er, bevor ich ihm zornig den Mund zuhalte. "Du Idiot! Naruto, du Vollidiot, was in aller Welt machst du hier?", fahre ich ihn an. Selbstverständlich weiß ich, was er hier macht. Er ist mir nachgelaufen, dieser Vollidiot hat sich genau wie ich durchgefragt und es ist ein wahres Wunder, dass sie ihn noch nicht erkannt und umgebracht haben! Er könnte mir die Frage auch nicht beantworten, weil ich ihm immer noch den Mund zuhalte. Mit der freien Hand zerre ich mir die Maske runter und seine Augen weiten sich, als er mich erkennt. Augenblicklich hört er auf, sich gegen mich zu wehren, mal ausgenommen seine Versuche, meine Hand von seinem Mund zu lösen. Gerade würde ich ihn allerdings am liebsten erwürgen und um mich selbst davon abzuhalten, lasse ich meine Hand über seinem Mund. "Hör zu, mach mir jetzt bloß keine Szene, verstanden? Weißt du eigentlich, wo wir hier sind? Wie kannst du hier so rumlaufen?" Wenigstens war er schlau genug, sein Stirnband abzunehmen. Ich lasse ihn jetzt doch los und glücklicherweise fängt er nicht gleich an, mich anzukeifen. "Du bist ja schließlich auch hier!", grollt er, aber leise. "Weil ich etwas zu erledigen habe! Und ich habe mich getarnt, wie du siehst!" Ich ziehe meine Maske wieder hoch und lasse ihn los. Misstrauisch sehe ich mich um, aber keiner scheint uns groß zu beachten. "Mann, verwandel dich oder mach irgendwas, aber lauf hier doch nicht einfach so rum!" Er macht ein Fingerzeichen und zischt mich an: "Wenn wir wieder zu Hause sind, dreh ich dir den Hals um, kapiert?" Er verwandelt sich in einen Oto-Nin, samt Stirnband und Uniform. "Jetzt zufrieden?" "Besser", nicke ich. "Und jetzt gehst du nach Hause, klar?" "Ich denk ja nicht dran." Das hatte ich befürchtet. Naruto kann so ein penetranter Quälgeist sein und ich weiß genau, womit ich zu rechnen habe, wenn er so ein Gesicht zieht. Selbst halbtot würde er sich noch hinter mir her schleifen und nichts und niemand könnte ihn davon abbringen. Dieser…! Einen Streit mit ihm möchte ich hier nicht riskieren. Ich lotse ihn besser aus dem Dorf und sobald wir außer Hör- und Sichtweite sind, drehe ich ihm den Hals um, nein, schicke ich ihn nach Hause. Ob er will oder nicht. Und wenn ich ihn geknebelt und gefesselt als Paket zurückschicken muss, er ist der allerletzte, den ich momentan bei mir haben will. "Du willst zu Itachis Grab, oder?", fragt er und ich nicke. "Dann geh ich mit." Wem mache ich was vor? Ich werde ihn nicht mehr los, es sei denn ich besiege ihn wirklich im Kampf und kneble und fessle ihn anschließend. Soweit will ich dann doch nicht gehen und ich füge mich meinem Schicksal. Außerdem, wenn ich ihn alleine rumlaufen lasse, bringt er sich wirklich noch in Schwierigkeiten. Ich stiere ihn zornig an und mache einen Schritt von ihm weg. "Komm mit." Der Wirt hatte Recht, das Gebiet, von dem alle reden, ist wirklich kaum zu verfehlen. Man geht durch den Wald und urplötzlich, mittendrin, ist da eine Art Krater im Boden. Das, was mal Waldboden war, ist versengt oder vernichtet, von den Bäumen sind nur noch Stümpfe übrig. Am anderen Ende des Kraters zieht sich durch den Wald eine Schneise, etwa zwei Meter breit, wo gar nichts mehr ist außer Asche, die den Boden bedeckt und angesengten Bäumen und Sträuchern links und rechts. Ein Feuerball, der sein Ziel verfehlt hat und stattdessen da durch gerast ist und auf seinem Weg alles zerstört hat. "Du lieber Himmel", fasst Naruto sein Erstaunen in einfache Worte. Er geht vor, betritt die tote Erde, sieht sich um und sagt: "Hier wird jahrelang nichts mehr wachsen." Eher jahrzehntelang. Es gibt Stellen, da ist der Boden pechschwarz. Im wahrsten Sinne des Wortes tot, als wäre sämtliches Leben einfach verbrannt. Schwarzes Feuer, das alles auffrisst, bevor es erlischt. Naruto deutet auf eine Stelle schräg gegenüber. "Da hinten. Das könnte es sein!" Wir gehen rüber und als wir uns nähern, wird mir klar, dass er Recht hat. Da sind drei schlichte Holzkreuze, drei Gräber. Die Geschichten, die man mir auf meinem Weg hierher erzählt hat, waren teilweise wahre Horrorgeschichten. Die Leichen wären fast bis zur Unkenntlichkeit verbrannt gewesen, sagte man mir. Von einem wäre fast gar nichts mehr übrig gewesen, das man noch hätte begraben können. Sicher wurde die Geschichte bereits verändert und ausgeschmückt, aber grauenvoll finde ich es trotzdem. Wenn Itachi wirklich in einem dieser Gräber liegt… wenn er so sterben musste… Als wir vor den Gräbern stehen, weiß ich auf einmal nicht mehr, was ich hier eigentlich wollte. Wie soll ich denn anhand dreier schlichter Kreuze erkennen, ob Itachi hier liegt oder nicht? Das bringt mir kein Stück Gewissheit. "Und jetzt?", fragt Naruto. "Willst du für ihn beten? Oder auf sein Grab spucken?" "Das ist nicht sein Grab", sage ich automatisch. "Itachi ist nicht tot, das glaube ich nicht." "Wie kommst du darauf? Du hast es doch gehört, was die Leute erzählen. Jemand mit Sharingan Augen hat hier gekämpft. Wie viele Mitglieder hat der Uchiha Clan noch?" "Nur noch zwei", antworte ich. "Aber wer weiß denn, was an den Geschichten wirklich dran ist? Es ist wohl kaum jemand dabei gewesen. Sie haben bloß gesehen, wie er mit den anderen beiden hierher gekommen ist. Vielleicht war es ganz anders." "Du machst dir was vor. Itachi ist tot!" Ich will es nicht wahrhaben. Itachi lebt, ich weiß es. Es ist so, weil es so sein muss. Fast trotzig schüttle ich den Kopf. "Wenn er hier begraben wäre, würde ich doch irgendetwas fühlen, meinst du nicht?" Naruto erwidert achselzuckend: "Du hast ihn doch gehasst, oder nicht? Warum solltest du es merken, wenn er tot ist?" Ich schaue ihn an und sage todernst: "Wenn ich eines sicher weiß, dann dass das nicht sein Grab ist." Er sieht mich an, als hätte ich den Verstand verloren, aber er sagt nichts mehr dazu. Stattdessen murmelt er: "Du wolltest unbedingt herkommen. Soll ich dich alleine lassen?" "Nein." Ich starre die drei Kreuze an. Wirklich, ich fühle gar nichts. Itachi ist hier nicht begraben. Ich glaube, das ganze war nur ein weiterer grausamer Scherz, den er sich mit mir erlaubt hat. Vielleicht hat er die Leute absichtlich in dem Glauben gelassen, er wäre gestorben, nur um mich zu quälen. Vielleicht ist das ja eine Prüfung und er will nur sehen, ob ich an der Nachricht, er wäre gestorben, zugrunde gehen werde oder nicht. Es ist absurd, aber ich stelle mir vor, wie er hinter mir auftaucht und irgendwas Abfälliges zu mir sagt, so wie Dummer kleiner Bruder, hast du wirklich geglaubt, du wirst mich so einfach los? Nein, so einfach werde ich ihn sicher nicht los. Und ich bin froh, dass ich nicht glauben kann, dass er tot ist. Im Grunde weiß ich, dass es mich umbringen würde. Ich kann ohne ihn nicht sein, auch wenn wir die letzten zwei Jahre getrennt waren, war er doch irgendwie immer da, und sei es nur durch den Ring um meinen Hals. Aber ganz ohne ihn, das wäre unerträglich, es wäre… Da ist jemand. Mir wird regelrecht schlecht, als ich merke, dass sich jemand nähert. Das kann nicht wahr sein. Ich habe doch nicht wirklich damit gerechnet, dass… Dann wird mir klar, dass es nicht Itachi ist. Seine Schritte klingen anders, er bewegt sich in einem völlig anderen Rhythmus. Sofort drehe ich mich um, schneller noch als Naruto, und mit den Sharingan sehe den Angriff noch bevor er kommt. "Naruto, pass auf!", schreie ich und schubse ihn zur Seite. Da, wo er eben noch stand, saust etwas auf den Boden und explodiert dort mit solcher Wucht, dass ich fast von den Füßen gerissen werde. Dicht neben mir kommt ein Mensch auf dem Boden auf, bereit für eine weitere Attacke. Vage vertraute Augen fixieren mich und ich bin endlich wieder bei klarem Verstand. Ich ziehe meinerseits mein Schwert. Gerade will ich in Kampfposition gehen, da zuckt beißender Schmerz durch meinen Körper, ausgehend von dem Juin in meinem Nacken. Ich schreie, total überrascht, und weiß gar nicht, wie mir geschieht. Meine Knie geben nach und binnen Sekunden werden die Schmerzen so heftig, dass ich bloß noch schreien kann wie am Spieß. Ich lasse das Schwert los und bin wie fixiert auf die Schmerzen, die überall zu sein scheinen und einfach nur unerträglich sind. "Der zweite hat kein Juin", brüllt jemand. Und: "Tötet sie noch nicht, ich will sie lebend!" Ich will mich aufrichten, die Ursache meiner Schmerzen finden, doch es geht nicht, mein Körper ist wie paralysiert. Naruto ist bei mir, fragt mich, was denn mit mir los ist. Jemand spricht, aber ich verstehe es nicht mehr, weil das Rauschen meines Blutes in meinem Ohr ohrenbetäubend laut geworden ist. Ich kann nicht mehr, die Schmerzen sind so heftig, dass ich kaum atmen kann. Ich kann nicht mal mehr schreien. Jemand sagt etwas, Naruto antwortet. Und dann verliere ich das Bewusstsein. Als ich zu mir komme, sind da gedämpfte Stimmen. Äußerlich lasse ich mir nicht anmerken, dass ich wach bin, ich halte meine Augen geschlossen und meinen Atem gleichmäßig, während meine Sinne langsam aber beständig zurückkehren. Ich liege auf dem Boden. Meine Hände scheinen gefesselt zu sein, aber ohne sie zu bewegen kann ich das nicht mit Sicherheit sagen. Soweit ich das feststellen kann, scheine ich weitestgehend unversehrt zu sein. "Tsunade ist wirklich dämlich. Sie schickt ihre Leute wie Lämmer zur Schlachtbank." "Ausnahmsweise hat das wohl nichts mit Tsunades Dummheit zu tun. Sasuke ist garantiert gekommen, um sich davon zu überzeugen, dass sein Bruder auch wirklich tot ist." "Den Weg hätte er sich sparen können." Dem Satz folgt finsteres Gelächter. "Aber dass wir so viel Glück haben würden, hätte ich nicht gedacht. Der blonde Junge ist der Träger des Fuchsungeheuers." "Sollen wir damit wirklich unsere Zeit vergeuden? Wir haben keine Ahnung, was die Akatsuki mit den Jinchuuriki anstellen wollten. Es könnte Wochen oder sogar Monate dauern, bis wir eine Möglichkeit gefunden haben, uns die Macht des Kyuubi zunutze zu machen. Und bis dahin steht längst eine Armee aus Konoha vor unserer Tür, um ihn zurückzuholen." Einige der Stimmen kommen mir bekannt vor. Kein Wunder, ich kenne doch einige Bewohner dieses Landes. Ich bin sehr erleichtert, als sie über Naruto reden. Es klingt nicht so, als wäre er tot. Solange wir beide leben, besteht noch Hoffnung. "Darüber haben wir schon geredet. Das Risiko ist es wert. Wenn wir die Kraft der Ungeheuer nutzen können, dann kann uns nichts und niemand mehr aufhalten. Das war letzten Endes schließlich auch das Ziel der Akatsuki… bevor sie sich auf so unglückliche Weise mit Itachi zerstritten haben." Wieder lachen sie. Sie sind erstaunlich gut informiert, das muss man ihnen lassen. Ich höre Schritte, jemand nähert sich mir. "Und was machen wir mit ihm?", fragt eine weibliche Stimme und dann werde ich auf den Rücken gedreht. "Wir brauchen ihn nicht. Ich bin sicher, dass einige von uns noch eine Rechnung mit ihm offen haben. Wir werden sehen, wer das Vergnügen haben wird, ihn töten zu dürfen." Der Mann kichert begeistert. "Ich schlage vor, wir schicken Tsunade seinen Kopf. Das wäre ein Geschenk, über das sie sich sicher freuen würde. Die Uchiha Familie macht sowieso nur Ärger." Es macht mir keine Angst, dass sie meinen Tod planen. Soweit wird es nicht kommen, ich werde sie alle töten, bevor sie mir ein Haar krümmen können. Jemand berührt meine Wange und die Frau sagt: "Es ist wirklich schade um ihn. Ich fand schon immer, dass Orochimaru sich mit ihm ein ganz besonders schönes Exemplar ins Haus geholt hat." Jetzt erkenne ich ihre Stimme. "Ich denke, bevor er stirbt, werde ich noch ein bisschen Spaß mit ihm haben." Die Hand gleitet von meiner Wange nach unten über meine Brust und schlüpft dann unter mein Hemd. "Karin. Finger weg." Ich schlage die Augen auf und das erschreckt sie so sehr, dass sie fast umgefallen wäre. Die Hand zieht sie sofort weg. Sie fasst sich an die Brust, atmet tief ein und es dauert einen Moment, bis sie sich von dem Schreck erholt hat. "Sasuke, du bist wach", sagt sie mit gespieltem Erstaunen und rückt sich die Brille zurecht. Ich bin tatsächlich an Händen und Füßen gefesselt und ich liege auf dem Boden eines kleinen, fast leeren Raumes, den ich als eine von Orochimarus Zellen wieder erkenne. Das weckt böse Erinnerungen. Ich bin in Orochimarus Palast, mitten in Otogakure. Scheiße. Hinter Karin erkenne ich eine kleine Gruppe von Oto-Nin, unter ihnen einige vertraute Gesichter. Suigetsu ist auch dabei und jetzt, wo ich ihn sehe, wird mir auch klar, dass ich eben auch seine Stimme gehört habe. Aber er ist nicht derjenige, der hier den Ton angegeben hat, sondern das ist der Blonde neben ihm. Ihn kenne ich auch, aber sein Name will mir nicht mehr einfallen. Er war nie von Interesse für mich und deshalb hielt ich es auch nicht für nötig, mir seinen Namen zu merken. Was ich über ihn weiß, beschränkt sich auf die Information, dass er gewalttätig und unberechenbar ist. Aber dass Karin und Suigetsu sich offenbar im Kreis der neuen Führungsriege befinden, erfüllt mich einen Augenblick lang mit einer gewissen Genugtuung. Die beiden hatte ich für mein Platoon ausgesucht, das ich seit meiner Ankunft in Otogakure im Geiste zusammengestellt hatte. Ich hielt die beiden plus Juugo, der allerdings nicht hier ist, für die Stärksten und brauchbarsten Shinobi hier. Offensichtlich hatte ich Recht. Der Blonde kommt jetzt zu mir und beugt sich mit einem sadistischen Grinsen über mich. "Sasuke. So sieht man sich wieder." "Jetzt komme ich ja doch noch dazu, dich zu töten", antworte ich grimmig. Es wird Zeit, ihn und die anderen in ihre Schranken zu verweisen. Gerade als ich die Sharingan aktivieren will, rast ein irrsinniger Schmerz durch meinen Körper, ausgehend von meiner Schulter. Ich schreie und sinke zurück auf den Boden, krümme mich vor Schmerzen. Schon wieder! Orochimaru ist doch tot, das bedeutet, sie haben einen Weg gefunden, das Juin zu kontrollieren. "Probleme, Sasuke?", fragt er mich. Der Schmerz ebbt ab und ich ringe verzweifelt nach Luft. "Wie praktisch, dass Orochimaru dir ein Juin verpasst hat. Wir haben inzwischen ein bisschen experimentiert." Er hält zwei Finger zu einem simplen Zeichen hoch. Nicht nur, dass sie das Juin kontrollieren können, nein, es ist auch noch so einfach. Gottverdammt. "Wenn du Schwierigkeiten machst, kann ich dir Schmerzen zufügen, dass du dir wünschst, du wärst nie geboren worden." Als ob Schmerzen mich aufhalten würden! Das Problem ist, dass ich mich recht deutlich daran erinnere, was passiert ist, bevor ich das Bewusstsein verloren habe. Bloße Schmerzen könnten mich nicht davon abhalten, jemanden anzugreifen. Aber ich war wie paralysiert, unfähig, irgendetwas zu unternehmen. Langsam wird mir klar, dass ich in größeren Schwierigkeiten bin, als ich anfangs vermutet habe. "Wo ist Naruto?", knurre ich. Er versetzt mir einen schmerzhaften Tritt in die Seite. "Das hat dich nicht zu interessieren." Suigetsu macht einen Schritt auf mich zu und die Ungeduld steht ihm ins Gesicht geschrieben. "Lasst mich ihn einfach töten. Wir brauchen ihn nicht und es juckt mich in den Fingern, wenn ich ihn ansehe." "Verzieh dich!", keift Karin ihn an. "Du entscheidest hier nicht alleine." Er verzieht das Gesicht. "Was findest du an ihm? Er ist weiblicher als du." Wutentbrannt geht Karin auf Suigetsu los und während die anderen versuchen, die zwei zu trennen, überlege ich fieberhaft, wie ich aus der Situation wieder rauskommen kann. Lange werden sie mich nicht am Leben lassen. Keine Ahnung, ob sie wissen, dass es Itachi war, der Orochimaru getötet hat, aber sie wissen sehr genau, wer ich bin. Juin hin oder her, ich stelle eine Gefahr für sie dar, solange ich lebe. Wenn ich hier lebend rauskommen will, muss ich mir was einfallen lassen, und zwar schnell. Wenn ich bloß wüsste, wo Naruto ist. Er hat kein Juin, er dürfte nur schwer unter Kontrolle zu halten sein. Mit etwas Glück unternimmt er noch vor mir etwas, aber darauf werde ich mich nicht verlassen. Während Suigetsu und Karin sich lautstark prügeln, berät die kleine Gruppe sich nochmal. Einige sind dafür, mich auf der Stelle umzubringen. Sieht so aus, als hätten sie gehörigen Respekt vor mir. Aber andere sind dafür, noch zu warten. Itachis Name fällt auch, aber den Rest kann ich nicht verstehen, weil Karin in dem Moment Suigetsu gegen die Wand geknallt hat. Am Ende haben die zwei sich beruhigt und Otogakures kleine Führungsriege hat entschieden, mich noch eine Nacht leben zu lassen und frühestens morgen zu entscheiden, wer das Privileg genießen wird, mich umbringen zu dürfen. Der Blonde wirft mir beim Verlassen der Zelle noch einen finsteren Blick zu. "Ich warne dich, Uchiha. Wenn du Dummheiten machst, bringe ich dich und deinen Kameraden gleich mit um. Verstanden?" Ich antworte nicht, aber damit hat er wohl auch nicht gerechnet. Die Tür wird zugeknallt, von außen verriegelt und dann bin ich allein. Wenn ich hier lebend rauskommen will, muss ich mich beeilen. Und wenn möglich werde ich versuchen, vor meiner Flucht noch jemanden von ihnen zu erwischen und auszufragen. Sie haben über die toten Akatsuki gesprochen. Ich glaube, sie wissen mehr als ich. Vielleicht können sie mir meine Frage beantworten. Es ist ein bisschen seltsam, aber Angst verspüre ich momentan überhaupt keine. Vielleicht ist die Macht mir auch schon zu Kopf gestiegen. Ich glaube immer noch, trotz des Juin, dass ich sie alle auf einmal erledigen kann und werde. Sie haben keine Ahnung, mit wem sie sich angelegt haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)