Nemesis von Chi_desu (ItaSasu) ================================================================================ XI. Mend the cracks and say so long ----------------------------------- Ich kauere in einer Ecke, zitternd, frierend. Ich habe bloß Itachis Mantel um meinen Körper gewickelt, meine blassen, nackten Beine schauen darunter hervor. Es ist so dunkel. Warum habe ich das Gefühl, dass etwas Furchtbares passieren wird? "Sasuke." Er ruft schon wieder nach mir. Ich drücke meine Stirn an meine Knie. Ich will es nicht hören. Er soll endlich gehen. Aber ich höre seine Stimme, selbst wenn ich mir die Ohren zuhalte. Er ist da und ich weiß, irgendwann muss ich mir ansehen, was er mir zeigen will. Als ich aufsehe, ist mein Zimmer leer. Mein Bett, mein Schreibtisch, alles ist fort. Itachi steht mitten im Raum. Er trägt seine Anbu Uniform. Zu seinen Füßen knien zwei Menschen und ich will schreien, als ich sie sehe. Naruto und Sakura sitzen einfach da, tun nichts, starren in die Ferne. Wieso bewegen sie sich denn nicht? Wieso laufen sie nicht weg? Wenn sie bleiben, dann wird er sie… Itachi sieht mich an und sagt noch einmal meinen Namen. Ich möchte zu ihm gehen, aber mein Körper will sich einfach nicht bewegen. Ich weiß, dass etwas Schreckliches passieren wird. Er sieht mich an, sein Blick ist wie versteinert. Und ich weiß, was er tun wird. Dann hebt er sein Schwert und es saust auf die beiden hinab. Blut spritzt. Und dann fallen zwei Leiber auf den Holzfußboden. Ihre gebrochenen Augen starren mich an und Itachi steht über ihnen und wischt mit der linken Hand das Blut von seinem Schwert. Wieso kann ich nicht schreien? Ich bin so entsetzt, dass sich kein Muskel in meinem Körper bewegen will. Itachi kommt zu mir. Das Schwert legt er beiseite und kniet bei mir nieder. Mit seiner blutigen, linken Hand umfasst er mein Kinn. Ich kann es riechen, das Blut meiner Freunde. Itachi stützt eine Hand neben mir an der Wand ab und dann beugt er sich vor und küsst mich. "In deinem Kopf und in deinem Herzen werde ich auf ewig an erster Stelle stehen, Sasuke." Ich lege meine Arme um ihn und der Mantel rutscht mir von den Schultern. Über seine Schulter hinweg sehe ich die blutüberströmten Körper meiner besten Freunde. Die beklemmende Stille wird so laut, dass ich es nicht mehr ertragen kann. Ich sehe in Narutos erstarrte Augen und mir wird klar, dass ich ihn niemals wiedersehen werde. Jetzt fange ich an, gellend zu schreien. Über das Rauschen meines Blutes in meinem Ohr und das irrsinnige Pochen meines Herzens hinweg höre ich polternde Schritte im Haus. Es dauert keine zehn Sekunden, dann wird die Tür aufgestoßen und zwei kaum bekleidete, zerzauste Menschen stürmen mein Zimmer. "Sasuke! Was ist passiert?" Das Licht geht an und die zerzausten Silhouetten werden zu aufgebrachten, völlig aufgelösten Personen. "Du BASTARD! Es ist mitten in der Nacht, ich dachte, du wirst abgestochen!" Ich sehe die zwei wortlos an, weil ich meiner Stimme noch nicht traue. Ich selbst habe es kaum mitbekommen, aber ich muss wohl geschrieen haben wie ein Irrer, den panischen Gesichtern nach zu urteilen. Sakura sieht aus, als stünde sie kurz vor einem Herzinfarkt. "Meine Güte", keucht sie und lässt sich auf mein Bett sinken. "Ich hab gedacht, diesmal ist es soweit… ich habe schon ein Dutzend Akatsuki in deinem Zimmer stehen sehen…" "War ich so laut?", frage ich atemlos. "Laut ist gar kein Ausdruck!", funkt Naruto dazwischen. Ich weiß, dass er es hasst, mitten in der Nacht geweckt zu werden. "Du hast geschrieen wie am Spieß." "Ich habe geträumt", sage ich tonlos. Es ist nichts Neues, dass Itachi mich bis in meine Träume verfolgt. Sakura und Naruto kennen das schon, vor allem kurz nach meiner Rückkehr wurde ich ziemlich oft schreiend wach und die zwei standen besorgt an meinem Bett. Aber in den letzten Monaten hatte ich keine Alpträume mehr, wahrscheinlich sind sie deshalb so aufgebracht. Naruto fasst sich an die Stirn und seufzt. Sowohl seine Sorge als auch der Ärger über die späte Störung würden erheblich ernsthafter wirken, wenn er nicht in grotesken Boxershorts mit einem Froschmuster und einer Zipfelmütze auf dem Kopf in meinem Zimmer stehen würde. "Mann, Sasuke. Ich schwöre dir, beim nächsten Mal bleibe ich einfach liegen." "Hab ich dich gebeten, hier reingestürmt zu kommen wie ein Geisteskranker?", fauche ich ihn an. "Du bistn Blödmann! Ich hab mir bloß Sorgen gemacht!" Er verzieht das Gesicht, schnaubt abfällig und stapft aus der Tür. Ich starre ihm finster hinterher, aber eigentlich bin ich ganz froh, dass er kein Drama daraus macht. Solange er noch mit mir streiten kann, ist alles in bester Ordnung. Es ist jedenfalls besser als der mitleidige Blick, den er mir anfangs immer zugeworfen hat. Sakura ist noch da. Sie nimmt meine Hand und obwohl ich das nun schon kenne, fällt es mir immer noch schwer, sie nicht wegzuziehen. "Das ist der erste Alptraum seit Monaten", sagt sie vorsichtig. "Ist irgendwas passiert?" Ich schüttle den Kopf. "Nein, gar nichts. Ich denke, ganz in Frieden lassen wird er mich nie." Sakura weiß, wen ich meine. "Willst du mir erzählen, was du geträumt hast?" "Das übliche." Sie nickt und steht auf. Früher, ganz am Anfang, war es in so einer Nacht schwierig, sie wieder loszuwerden. Sie hat, vielleicht auch wegen ihrer Ausbildung, den unbändigen Drang, sich um alle zu kümmern, ganz besonders um mich. Damals versuchte sie immer, mir einen Becher heiße Milch mit Honig anzudrehen und wollte ganz genau hören, wovon ich denn geträumt habe. Ich habe sie immer verscheucht und inzwischen hat sie begriffen, dass ich das nicht brauche. Mit den Träumen komme ich klar. Schließlich habe ich sie schon seit meinem achten Lebensjahr. "Frierst du denn nicht?" Ihre Frage bringt mich aus dem Konzept und erst als ich sehe, dass sie auf das offene Fenster deutet, begreife ich überhaupt, was sie meint. Ich hatte gestern Abend wohl vergessen, es zu schließen. Deshalb war mir im Traum wohl so verdammt kalt. Sie schließt das Fenster, ohne meine Antwort abzuwarten, und wirft mir dann noch einen prüfenden Blick zu. "Schlaf gut, Sasuke." "Gute Nacht", antworte ich automatisch. Sie verlässt den Raum und schließt die Tür, lässt das Licht aber an. Ich sehe ihr nach und erst, als sie fort ist, kann ich mich wirklich entspannen. Ich bin froh, die beiden bei mir zu haben, aber in Momenten wie diesen bin ich immer noch am liebsten allein. Ich bin jetzt siebzehn Jahre alt, mein Zusammentreffen mit Itachi liegt knapp zwei Jahre zurück. Es hat sich viel verändert seither. Vor allem habe ich mich verändert. Als ich dieses Haus gekauft habe, dachte ich noch, ich würde allein darin wohnen. Der Mensch, der ich früher war, hätte auch niemanden sonst in seinem zu Hause ertragen. Aber irgendwie hat es sich so ergeben, dass es jetzt unser zu Hause ist. Naruto kam als erstes dazu. Das war der schwerste Schritt. Er hatte seine winzige Wohnung satt und jeden verdammten Tag musste ich mir sein Gemecker anhören. Irgendwann war er mal bei mir zu Hause und meinte, ich hätte so ein großes Haus und viel zu viel Platz für einen alleine. Da hatte ich wohl grade einen sentimentalen Moment, weil ich ihm angeboten habe, bei mir einzuziehen. Seitdem ist sein Zimmer zwei Türen weiter von meinem, im ersten Stock. Am Anfang habe ich ihm die Pest an den Hals gewünscht. Naruto ist unordentlich, aufdringlich, laut, nervtötend und in der Küche hinterlässt er nichts als Packungen von Fertignudeln und Tütensuppen. Wir haben uns so lange die Köpfe eingeschlagen – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes – bis wir uns irgendwie arrangiert hatten. Er nervt eigentlich immer noch, aber ohne ihn wäre es öde und das Haus groß und leer. Nur ein paar Wochen danach hatte Sakura einen Streit mit den Eltern. Sie stand heulend und jammernd vor unserer Tür und nicht einmal ich mit meinem Herz aus Stein habe es fertiggebracht, sie wegzujagen. Da dachte ich auch noch, sie würde irgendwann wieder gehen. Sie ist immer noch da. Wir leben seit über einem Jahr zu dritt in diesem Haus und inzwischen bin ich auch froh darüber. Auf eine merkwürdige Art und Weise bin ich glücklich. Es ist nicht dasselbe wie mit Itachi, kann es nicht sein, aber inzwischen neige ich dazu, die beiden als meine Familie zu betrachten. Ich habe, was ich wollte und nie geglaubt habe, je wieder haben zu dürfen. Ich habe eine Familie, ich habe Menschen, die mich lieben und die ich liebe. Kurz nachdem Itachi mich ins Dorf gebracht hat, war ich am Boden zerstört. Die beiden haben mich wieder aufgerichtet, sie haben mir den Mut gegeben, weiterzumachen und dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Sie sind mein Halt und sie machen mich stark. Nur wegen meiner Einsamkeit war ich anfällig für Itachi. Noch einmal wird mir das nicht passieren. Ich mache das Licht aus und lege mich wieder hin. Eigentlich ist es nicht schlimm, dass ich wieder mal einen Alptraum hatte. Der Schreck vergeht sehr schnell. Niemand weiß, dass ich immer noch sehr oft von ihm träume. Doch es sind normalerweise keine blutigen, grausamen Alpträume. Die Träume, die mich sonst heimsuchen, sind anders und auf ihre Art sehr viel erschreckender. Aber das ist mein Geheimnis. "Sitzt du schon wieder am Fenster?" Sakuras Stimme reißt mich aus meinen Gedanken und ich sehe auf. Ich habe gar nicht gemerkt, dass sie heimgekommen ist. Sie hasst es, wenn ich am Fenster sitze und nach draußen starre. "Ich musste nachdenken", antworte ich. Der Platz am Fenster ist mein Lieblingsplatz, daran wird sie auch nichts ändern. "Wenn ich dich so dasitzen sehe, denke ich immer, dass du auf etwas wartest." Darüber muss ich schmunzeln. "Ich warte schon lange nicht mehr", antworte ich und an ihrem Gesicht sehe ich, wie sehr sie es hasst, wenn ich das tue. Mit einer Kopfbewegung bedeute ich ihr, sich zu mir zu setzen. Sie nimmt neben mir Platz und wirft einen raschen Blick nach draußen. Die Aussicht ist nett, ich habe das Haus auch danach ausgesucht. Es steht am Dorfrand, in der Nähe des Uchiha Viertels, von hier aus kann ich über den Wall, der das Dorf umgibt, hinweg sehen. Man sieht den Fluss in der Ferne und weit, weit entfernt die Bergspitzen, hinter denen abends die Sonne untergeht. Den Blick liebe ich immer noch. Sakura sieht ernst aus. Eigentlich war sie nur kurz bei Tsunade, die gestern von einer Reise zurückgekehrt ist. Was ihr wohl solche Sorgen macht? Hoffentlich geht es nicht immer noch um meinen Traum gestern. "Sasuke, ich muss dir was erzählen." In meinem Magen bildet sich ein Kloß. Sie sieht nicht nur ernst aus, sie wirkt, als habe sie Angst, es mir zu sagen. Etwas Schlimmes ist passiert und mein erster Gedanke gilt Naruto. Aber wäre ihm etwas passiert, dann hätte sie nicht erst über Belanglosigkeiten mit mir gesprochen. Für sie ist er fast genauso wichtig geworden wie für mich. "Worum geht es?" "Tsunade hat erzählt, dass sie etwas gesehen hat, an der Grenze zu Otogakure…" Krieg! Das ist das erste, was mir durch den Kopf schießt, als sie zögert. Otogakure ist nach wie vor feindliches Gebiet, heute vielleicht sogar mehr denn je. Nach Orochimarus Tod gingen viele seiner Gefangenen fort, kehrten nach Hause und zu ihren Familien zurück. Aber viele sind auch dort geblieben. Es gab wochenlange Auseinandersetzungen um die Führung seines Reiches und am Ende bildete sich eine kleine Gruppe von Rädelsführern heraus, die die Leitung übernommen haben. Es sind starke Leute und sie wurden von ihm ausgebildet. Natürlich sind sie niemandem wohlgesonnen, Konoha erst Recht nicht. Vielleicht ist es soweit, vielleicht gibt es neue Erkenntnisse, die einen neuen, großen Krieg einläuten. "Da war… da war ein riesiges Gebiet das völlig zerstört war. Es muss Schauplatz eines gewaltigen Kampfes gewesen sein." "Und?" Sie holt einmal tief Luft. "Itachi hat an der Stelle gegen mindestens zwei Akatsuki gekämpft." In dem Moment, als sein Name fällt, erstarre ich innerlich zu Stein. Ich will es gar nicht wissen. Ich will nicht wissen, was er tut. Es war ja klar, dass es irgendwann wieder so einen Kampf geben würde. Kurz nachdem ich ins Dorf zurückkehrte, hat er einen der Akatsuki erledigt, die Kunde drang bis nach Konoha vor. Und innerhalb des letzten Jahres hat er noch zwei weitere umgebracht. Offenbar hat er einen blutigen Feldzug gegen sie gestartet, deshalb ist es nicht weiter verwunderlich, dass nun zwei weitere dran glauben mussten. Das alles interessiert mich nicht mehr, ich will es einfach nicht wissen. Soll er tun was er will, mir ganz egal! "Es interessiert mich nicht mehr, was er macht. Ich will das nicht wissen." "Doch, ich denke das solltest du wissen." Irgendwie ahne ich schon, was kommt. Aber ich will es nicht hören. "Es gab wohl eine Explosion… oder irgendetwas in der Art… was auch immer da passiert ist, es muss unfassbar zerstörerisch gewesen sein. Die Akatsuki sind dabei ums Leben gekommen, aber nicht nur sie." Sie nimmt meine Hand. "Sasuke-kun. Itachi ist tot." "Ach so?" Ich sehe sie an und warte ehrlich gesagt selbst auf irgendeine Art von Reaktion. Aber da ist nichts. Ich nehme das, was sie gesagt hat, zur Kenntnis. Itachi ist also tot. Aha. Ich bin richtig erstaunt, dass es mir so egal ist. "Ist das sicher?" "Ich denke schon, ja. Jedenfalls wurden drei Leichen beerdigt." Sie macht eine kurze Pause, mustert mich besorgt und drückt ganz fest meine Hand. "Ist alles in Ordnung?", fragt sie vorsichtig. Sakura kennt die ganze Wahrheit, als Einzige weiß sie alles, was in der Zeit vor meiner Rückkehr nach Konoha passiert ist. Nicht einmal Naruto weiß es, aber Sakura habe ich es in einem sentimentalen Augenblick in einer außergewöhnlichen Nacht erzählt. Sie weiß, was Itachi getan hat, was ich getan habe, was er mir einmal bedeutet hat. Aber wir haben schon sehr lange nicht mehr über ihn gesprochen. Was sie nicht weiß, ist, dass Naruto und sie es geschafft haben, ihn aus meinen Gedanken zu vertreiben. Bis jetzt wusste ich es ja selbst nicht. Doch es ist so. Ich fühle... gar nichts. "Ja, alles okay", antworte ich, aber ihr Blick bleibt sorgenvoll. "Glaub mir", beschwichtige ich sie, "er ist mir egal geworden. Vielleicht ist es gut, dass es endlich vorbei ist. Jetzt bin ich wirklich der Letzte." Sie nimmt mich in den Arm. "Ach Sasuke-kun…" Nachdem Sakura gegangen ist, gehe ich in mein Schlafzimmer und öffne den Schrank. In einem Abschnitt hängt, ganz allein, der Mantel. Zum ersten Mal seit langem nehme ich ihn vom Kleiderbügel, betrachte das eigenwillige Muster darauf. Rote Wolken… wer wohl auf die Idee gekommen ist? Inzwischen sind ja nicht mehr sehr viele Akatsuki übrig, die man fragen könnte. Ich setze mich auf das Bett und rieche an dem alten Kleidungsstück. Inzwischen riecht es allenfalls noch muffig, aber ich erinnere mich an seinen Geruch. Wieso habe ich dieses alte Teil nicht längst weggeworfen? Ich bin jetzt siebzehn Jahre alt und konnte mich noch immer nicht davon lösen. Dass die Nachricht von Itachis Tod mich gleichzeitig völlig kalt lässt, ist irgendwie so widersprüchlich. Vielleicht, weil ich nicht wirklich daran glauben kann. Itachi stirbt nicht. Das ist wie ein Naturgesetz. Der stirbt nicht bei einem Kampf, nicht gegen diese Versager, gegen die Akatsuki. Frustriert starre ich den Mantel an. Ich bin wirklich bescheuert. Jetzt ist der Mistkerl endlich für immer aus meinem Leben verschwunden und ich will einfach nicht daran glauben. Wie an diesem Mantel halte ich auch an dem Glauben fest, dass er überlebt, bis wir uns irgendwann wiedersehen. Und ich kann es nicht ändern. Ich weiß, aus tiefstem Herzen, dass Itachi nicht tot ist. Es muss endlich was passieren. Mit dem Mantel in der Hand springe ich auf. Ich laufe die Treppe runter und stürme aus der Tür. Kurz schaue ich mich auf der Straße um, aber hierher verirrt sich nur selten jemand, momentan ist jedenfalls niemand in der Nähe und ich bin froh darüber. Das hier erledige ich lieber alleine und in Ruhe. Ich sehe den Mantel an und werfe ihn dann wütend in den Dreck. Dieses dämliche Teil wird nicht mehr gebraucht. Sein Besitzer ist tot und ich muss das begreifen. Ich bin wütend und weiß selbst nicht genau, warum. Den Mantel stiere ich zornig an, so als könnte der was dafür. Für mich ist er eine Erinnerung, schön und schaurig zugleich. Eine Erinnerung, die ich nicht mehr will! Ich trete ein paar Schritte zurück und hole tief Luft. Und dann speie ich Feuer. Beißender Rauch steigt auf, als das Kleidungsstück Feuer fängt. Mit tränenden Augen sehe ich zu, wie Itachis Mantel in Flammen aufgeht. Ich warte, bis restlos alles verbrannt ist. Was den Flammen entkommt, entzünde ich erneut, so lange, bis nichts als ein paar verkohlte Reste von dem Kleidungsstück übrig sind. Endlich hab ich es geschafft, das Teil loszuwerden. Es fühlt sich an, als hätte ich die Traurigkeit und die Schmerzen, die ich damals durchgemacht habe, gleich mit ihm verbrannt. Das Haus hat sich sehr verändert, seit ich das letzte Mal hier war. Viele Jahre lang habe ich das Uchiha Viertel gemieden wie die Pest. Es weckt düstere Erinnerungen. Es tut weh, mein Elternhaus in diesem verfallenen Zustand zu sehen. Jeder Winkel erinnert mich an etwas aus der Kindheit, damals, als ich noch glücklich und unschuldig war. Jetzt ist alles von einer dicken Staubschicht bedeckt. Alles Metallische hat begonnen zu rosten, das Holz ist morsch geworden. Hier hausen nur noch Katzen. Im Versammlungsraum am Altar entzünde ich Räucherstäbchen und falte die Hände. Ich weiß, dass ich jetzt beten sollte, aber mein Kopf ist einfach nur leer. Ich kann nicht daran glauben, dass sie irgendwo auf mich warten. Und ich kann auch nicht glauben, dass sie irgendwo in irgendeiner Form noch existieren. Ich kann an gar nichts mehr glauben. Ich bin auch nicht hier, um zu trauern oder zu beten. Ich bin hier, weil ich einen Abschluss suche. Irgendwie möchte ich, dass die Erkenntnis, dass Itachi tot ist, bis zu mir vordringt. Ich will es begreifen und dann will ich endlich mit dieser Sache abschließen. Aber es ändert sich nichts. Ich stehe hier und noch immer kann ich es nicht glauben. Um meine Eltern kann ich trauern. Um Itachi nicht. Er ist nicht tot. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen. In meinen Gedanken ist Itachi unbesiegbar und unsterblich. Es würde allerdings zu ihm passen, einfach so zu sterben. Es wäre typisch für ihn, mich einfach so hier alleine zu lassen. Ohne ein Ende. Auf dass ich für immer mit der Ungewissheit leben muss. Mit klammen Fingern ziehe ich an der Kette und hole den Ring unter meinem Hemd hervor. Meine Finger schließen sich darum und ich versuche, durch die innere Taubheit hindurch endlich den Schmerz zu spüren, den Schmerz über seinen Verlust. "Sasuke." "Wie hast du mich gefunden?", frage ich und lasse den Ring an der Kette zurück unter mein Hemd gleiten. "Ich dachte mir fast, dass du hier bist." Eine Hand legt sich auf meine Schulter. "Ist alles in Ordnung?" Jetzt erst löse ich meinen Blick vom Altar und sehe Naruto an. "Ja." "Was ist das für ein Gefühl?", fragt er mich. Naruto hat keine Ahnung, wie ich zu Itachi stehe. Er weiß nicht mehr als die anderen, er weiß von meinem Hass und meinem Rachedurst, bevor ich das Dorf verließ. Und er weiß, dass ich nicht lange vor meiner Rückkehr ins Dorf an dem See gegen Itachi gekämpft habe. Er hat mich nie gefragt und ich weiß, dass Sakura ihm nichts verraten hat. Wahrscheinlich weiß er nicht einmal, ob ich Itachis Tod betrauere oder mich darüber freue. Ich blicke an ihm vorbei und antworte ehrlich: "Es fühlt sich einfach nur leer an." "Vermisst du ihn oder hasst du ihn?" "Beides." Ich wende mich von dem Schrein ab. Es hat keinen Sinn, es wird sich nichts ändern. Als wir nach draußen gehen, nehme ich den Arm hoch und blicke auf mein linkes Handgelenk. Die alte Narbe tut wieder weh. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)