Broken Soul von Yuks (SasuNaru) ================================================================================ Kapitel 11: Der Streit ---------------------- Sein blasses Gesicht kam immer näher. Ich schaute in tiefschwarze Augen. Seine Lippen drücken sich gegen meine. Schweißgebadet wachte ich auf. Schwer atmend schaute ich aus dem Fenster. Es war noch dunkel. Diese Szene ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Sie verfolgte mich seit unserer Rückkehr vor ein paar Stunden. Ich war seiner Familie und vor allem ihm aus dem Weg gegangen, hatte mich schleunigst umgezogen und mich auf meine Matratze gelegt. Doch dass ich nicht schlafen könnte, wusste ich bereits vorher. Unruhig wälzte ich mich von einer auf die andere Seite. Völlig verwirrt. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Als Sasuke ins Zimmer kam, tat ich so, als ob ich schlief. Mein Herz pochte laut gegen meine Brust. Aber er sagte nichts. Minuten später hörte ich seinen gleichmäßigen Atem. Ich seufzte. Warum hatte er das gemacht? Warum hatte er mich einfach geküsst? Empfand er etwa etwas für mich? Und was war mit mir? Empfand ich etwa was für ihn? Das war doch unmöglich... Aber warum mischte sich dann Freude in ein unbehagliches Gefühl? Freude über so eine Art der Zuneigung? Und jetzt? Warum schlief er schon? Warum redete er nicht mit mir? Machte ihm das gar nichts aus? Ich fand auf diese Fragen keine Antwort. Stundenlang geisterten sie durch meinen Kopf und quälten mich, bis ich schließlich in einen unruhigen Schlaf gefallen war. Meine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit. Ich ließ meinen Blick durch das Zimmer schweifen. Nichts besonderes...nur Sasuke schaffte es, meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ich schüttelte den Kopf und setzte mich auf. Trotz der kalten Jahreszeit fühlte ich einen Schweißtropfen meine Schläfe entlang rinnen. Und mein Mund war total ausgetrocknet. Vielleicht sollte ich was trinken..., dachte ich, stand auf und schlich mich leise aus dem Zimmer, die Treppe hinunter und in die Küche. Im Wohnzimmer blieb ich kurz stehen und lauschte. Kein Geräusch. Niemand schien mich gehört zu haben. Die Möbel ragten als schwarze Türme in der Dunkelheit auf. Durch die Fenster an der Tür fiel blasses Mondlicht, was aber nur schwach den Eingangsbereich beleuchtete. In der Küche tastete ich nach dem Lichtschalter. Das plötzliche Licht blendete mich. Schützend hielt ich meinen Arm vor meine Augen. Nach einigen Sekunden hatten sie sich auch an dieses grelle Licht gewöhnt. Ich schlurfte zu einem der Schränke. Ich hatte Mikoto öfter beobachtet, wie sie von dort Gläser herausnahm, um sie nach dem Gebrauch gespült zurückzustellen. Ich nahm ein Glas, ging zum Wasserhahn und füllte es. Ich trank alles in einem Zug. Das kühle Wasser überschwemmte meine Kehle und schwemmte auch kurzfristig die Sorgen und Gedanken davon. Als ich das Glas absetzte, atmete ich zufrieden aus. Das hab' ich gebraucht... Ich drehte den Wasserhahn auf, um mir ein zweites Glas zu füllen. Das Wasser plätscherte in die Spüle. Ich setzte an. "Was machst du hier?" Erschrocken zuckte ich zusammen. Das Glas rutschte aus meiner Hand. Ich sah es wie in Zeitlupe gen Boden fallen. Ein lauter, klirrender Aufprall. Glasklare Scherben, das Mondlicht widerspiegelnd, verstreuten sich auf dem Boden. Ich hatte die Luft angehalten und erkannte Sasuke im Türrahmen, in seinem blauen Pyjama. Eine Weile herrschte Stille. "Oh nein...es...es tut mir so Leid...", sagte ich und bückte mich nach den Scherben. Mit hochrotem Kopf und ziemlich verzweifelt sammelte ich eine Scherbe nach der anderen ein. Warum muss er gerade jetzt auftauchen und mich so erschrecken? Er stand immer noch im Türrahmen und schaute auf mich hinab. Ich sah es zwar nicht, aber ich konnte seinen Blick deutlich spüren. Gerade überlegte ich, ob ich etwas sagen sollte, als ich plötzlich einen ziehenden Schmerz in meinem Finger spürte. Ich zuckte zusammen und starrte auf die frische Schnittwunde, aus der etwas Blut tropfte. Es war keine große Wunde, aber es brannte wie Feuer. Die dazugehörige Scherbe lag rötlich schimmernd vor mir. Dann blickte ich zu Sasuke auf. Er lag angelehnt im Türrahmen und hatte die Augen geschlossen. War er eingeschlafen? In der Küche würde ich kein Pflaster finden. Ich stand auf und ging langsam auf Sasuke zu. Mir war nicht wohl dabei ihn wieder so nah bei mir zu haben. Ich schob mich schnell und mit gesenktem Kopf an ihm vorbei. Stolpernd trat ich ins Wohnzimmer. Schnell weg..., dachte ich und wollte einfach in irgendeinen anderen Raum laufen. "Und jetzt?" Erschrocken drehte ich mich um. Sasuke musterte mich prüfend. "Äh...nichts?" Ich hielt meine verletzte Hand hinter meinem Rücken. "Ich weiß, dass du dich geschnitten hast..." Wie konnte er das gesehen haben? Er stand doch die ganze Zeit über mit geschlossenen Augen da? Ausreden war zwecklos. "Wo...sind die Pflaster?" "Badezimmer...", sagte er knapp und nickte Richtung zweite Etage. Ohne ein weiteres Wort lief ich zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hoch. Sah bestimmt komisch aus, als ob ich vor ihm weglaufen wollte...was ich in gewisser Weise auch tat... Ich riss das Schränkchen über dem Waschbecken auf, wo mir direkt eine Packung mit Pflastern entgegenkam. Mit zittrigen Händen öffnete ich die Schachtel. Ich zog ein Pflaster heraus, bevor mir die Packung auf den Boden vor die Füße fiel. Leise fluchend hob ich sie wieder auf, den blutenden Finger aufrecht haltend. Nach einem kurzen Kampf mit der Packung knallte ich die Tür des Badezimmerschränkchens zu. Mit dem Pflaster in der linken Hand stolperte ich in den Flur und prallte mit Sasuke zusammen. Ich schaute zu ihm auf. Seine Augen waren unergründlich. Immer wieder verlor ich mich in dieser Tiefe. Ich schüttelte den Kopf und stürmte in unser Zimmer. Mein Herz hatte wieder begonnen laut gegen meine Brust zu hämmern. Warum lief er mir nach? Konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Ohne darauf zu achten, ob er mir auch diesmal folgen würde, versuchte ich verzweifelt das Papier am Pflaster abzumachen. Doch es blieb hartnäckig kleben. Bei solchen Sachen stellte ich mich immer sehr tollpatschig an. Wütend fuchtelte ich mit meiner linken Hand. Da packte mich etwas am Handgelenk. Ich wandte mich um. "Zu blöd, um ein Pflaster aufzukleben...", sagte Sasuke und nahm mir es aus der Hand. Er riss das Papier ab. Auffordernd schaute er mich an. Ich blickte auf meinen blutenden Finger und streckte ihn dann widerwillig meinem Gegenüber entgegen. Sasuke klebte die Wunde ab. "Hätte ich auch allein geschafft...", murmelte ich und zog meine Hand zurück. Sasuke hob eine Augenbraue hoch. "Du spinnst doch..." Er legte sich auf sein Bett. Es sah so aus, als ob er wieder schlafen wollte. Ich wollte nicht, doch ich musste ihn von mir aus ansprechen. "Warum hast du mich...naja...ge...ge..." Ich konnte es nicht mal aussprechen. Es klang so absurd, so unwirklich. Sasuke schien mich zu ignorieren. Ich sprang auf. "He, du kannst noch gar nicht eingeschlafen sein!" Er machte mich wütend. Erst küsst er mich und stürzt mich damit in ein Gefühlschaos, dann spricht er mich nicht darauf an und wenn ich ihn dann darauf anspreche, ignoriert er mich! Ich rüttelte an seiner Schulter. "Warum hast du das gemacht? Warum bist du eben aufgestanden und mir nachgelaufen? Warum tust du so, als ob nichts wäre?" Ich wusste nicht warum, aber ich war den Tränen nahe. "Verdammt..." Ich schlug auf den Tisch und sank dann zu Boden. Was sollte das alles? Ich saß schweratmend auf dem Boden, meine Arme um meine Knie geschlungen. Langsam setzte Sasuke sich auf die Bettkante. Ich würdigte ihn keines Blickes. "Du willst wissen, warum ich dich geküsst habe?" Ich zuckte zusammen. "Ja..." Eine Pause trat ein. Zögernd warf ich ihm einen Blick von der Seite zu. Er schien nachzudenken... "Keine Ahnung..." "Keine Ahnung?" Ich war aufgebracht. "Du hast keine Ahnung? Weil ich zufällig in der Nähe war oder was?!" "Jetzt reg dich mal ab, du wolltest doch unbedingt eine Antwort!" "Aber nicht so eine..." "Ich weiß doch auch nicht!" Sasukes Stimme wurde lauter. "Du hast mich dazu gebracht, dir meine Vergangenheit zu erzählen, die ich sonst noch niemandem erzählt habe! Du hast mir deine Vergangenheit gezeigt! In den Quellen hast du mich wie einen Freund behandelt! Zum ersten mal seit langem konnte ich wieder lachen! Du schaffst es, die Bemerkungen von meinem Vater und von Itachi unwichtig erscheinen zu lassen! Du hast mir gezeigt, was Freundschaft bedeutet! Vielleicht deswegen! Vielleicht hab ich dich deswegen geküsst! Reicht das!?" Er schnappte nach Luft. Ich war wie versteinert. So dachte er also. Dieser Gefühlsausbruch...es schien ihm wirklich was zu bedeuten... Plötzlich kam ich mir blöd vor. Er offenbarte mir seine Gedanken, obwohl ich ihn noch einige Minuten zuvor weggestoßen hatte, ihm nicht erlaubt hatte, seine Gefühle zu zeigen. Aber solch ein Ausdruck der Gefühle...war das nicht eigentlich...? "Bist du...in mich verliebt?" Ich traute mich kaum, diese Frage zu stellen. Sasuke verfiel in eine Art Kampf mit sich selbst. Ich sah ihm an, wie schwer das für ihn sein musste, eine passende Antwort auf meine Frage zu finden. Seine Hände krallten sich fest an die Bettkante, seine Knöchel wurden weiß. Er starrte mich nur an. Seine schwarzen Augen bohrten sich in meine. Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Er sollte aufhören mich so anzustarren und mir eine Antwort geben! "Was ist mir dir? Bist du in mich verliebt?" Ich riss die Augen auf. "Und?" "Äh...ich...ich..." Er zwang mich, über etwas nachzudenken, was ich immer verdrängen wollte. Was fühlte ich eigentlich für ihn? Freundschaft? Oder doch etwas wie Zuneigung? Nach langem Überlegen musste ich etwas sagen. "Nein...", log ich. Ich denke, es war gelogen. Ich war mir nicht sicher. Ich glaubte, nichts weiter als Freundschaft für ihn zu fühlen. Ich redete es mir ein. Schließlich war er ein Junge...und ich auch... "Ich auch nicht...", sagte er dann kühl. Wie ein Schlag in meine Magengrube. Tief in meinem Innersten hatte ich gehofft, dass er was anderes sagen würde. Ich wollte es nicht zugeben, aber ich war enttäuscht. "Aber warum hast du mich dann geküsst?" "Das hab ich doch schon erklärt! Außerdem war es doch nur ein Kuss! Denk' jetzt ja nichts Falsches! Wir sind bestenfalls Freunde, falls man das überhaupt sagen kann!" Seine Stimme klang wütend. "Falls man das sagen kann? Was bin ich denn sonst für dich? Irgendein Bekannter? Ich dachte, wir wären Freunde!" Wütend und gekränkt starrte ich ihn an. "Zumindest hab' ich das gedacht...", fügte ich leise hinzu. "Für dich geht eine Welt unter, nur weil du dachtest, wir wären Freunde? Wie naiv bist du, Naruto..." "Du Idiot!" Ich schleuderte ihm mit voller Wucht mein Kissen entgegen. "Wie kannst du nur so was sagen? Eben hast du noch erklärt, dass ich dir gezeigt habe, was Freundschaft bedeutet!" "Ich hab nur gesagt was du hören wolltest, damit du mich nicht weiter nervst!" "Also war alles gelogen?" "Ja!" Unser Geschrei verstummte. Mit bebendem Brustkorb starrte ich in seine nun kalten und emotionslosen Augen. War alles nur eine Lüge? Hatte er alles nur erfunden, um mich ins sichere Chaos zu stürzen? Wo waren die Gefühle von eben? Warum tat er nur so etwas? Um seinen Stolz nicht zu verletzen? Um mich leiden zu sehen? "Ich hasse dich...", sagte ich gefährlich ruhig und rannte aus dem Zimmer. Ich lief aus dem Haus. Raus in die Dunkelheit. Wie konnte das Ganze nur so enden? Wütend riss ich das Pflaster ab, das er mir aufgeklebt hatte. Die Wunde war mit dunkelrotem Blut verklebt. Ich verstand ihn nicht. Ich verstand mich nicht. Hosted by Animexx e.V. 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