A world that never was von Flordelis (Eine Welt, die nie war ~ Fortsetzung von Savior) ================================================================================ Kapitel 18: Die Räder setzen sich in Bewegung --------------------------------------------- Während Cloud mit seinem Motorrad über die Prärie fuhr, auf dem Weg zu dem Ort, der ihm von Verron beschrieben worden war, rief er sich das Gespräch mit dem Jungen noch einmal ins Gedächtnis. Genau wie der Lieferbote war er auf dem Weg zu Nostradon, der seinen Zielort bereits gefunden hatte. Es war ein alter, verlassener Tempel in der Nähe von Fort Condor, durch Erdrutsche kaum noch betretbar. Aber Nostradon würde einen Weg finden, doch hineinzukommen, bis in dessen Kern, um dort sein Ritual zu beginnen. Verrons Vision hatte sich verändert, er sah nun deutlich vor sich, was geschehen würde. Zwar war er nicht weiter ins Detail gegangen, doch seine Worte allein genügten, um Cloud zu versichern, dass es kein erstrebenswerter Zustand war. Eigentlich hatte er mit den anderen in den Kampf ziehen wollen, doch nun war er wieder allein unterwegs, allerdings nicht ohne ihnen einen Brief zu hinterlassen, in dem sich genaue Angaben zu Nostradons Aufenthaltsort befanden, genau wie Verron sie ihm übermittelt hatte. Sobald alle wach waren, könnten sie nachkommen. Solange würde Cloud alleine an der Front stehen, ein Zustand, den er bereits gewohnt war, weswegen es ihn nicht weiter störte. In seinem Inneren spürte er wieder dieses aufgeregte Kribbeln, das stets auftauchte, sobald er spürte, dass eine Situation anzog und in die heiße, die letzte Phase eintrat. Es würde zu einem Kampf kommen, das lag in der Luft. Dieses Kribbeln sorgte dafür, dass er den Fahrtwind nicht bemerkte, der ihm die kühle Morgenluft wie schneidende Kälte um den Körper wirbeln ließ, als würde sie einen Schwachpunkt suchen, um ihn zu einem Eisblock erstarren zu lassen. Gedanklich bereitete er sich bereits darauf vor, das Fahrzeug zu sehen, in dem sich Verron und die Person befanden, die ihm zur Flucht verholfen hatte. Er lächelte grimmig, als er wieder daran dachte, dass sein Misstrauen tatsächlich angebracht und nicht übertrieben gewesen war. Aber dennoch, warum tat sie das? Es gab keinen Grund, der Cloud einfiel. Doch war das nicht eigentlich egal? Sie war auf der Seite ihrer Gegner und damit ebenfalls ein Feind. Solange sie sich ihnen in den Weg stellte, würde sie den Preis dafür zahlen, egal warum sie das tat. So jagten seine Gedanken im Kreis, während er sich langsam, aber sicher seinem Ziel näherte. *** Vorsichtig entfernte Alex eines nach dem anderen die Kabel, die an Blanche angeschlossen waren. Die Person, die bei ihm stand, wirkte nach außen vollkommen gelassen, doch innerlich war er äußerst angespannt und ungeduldig. Alex musste sich gewaltsam das Grinsen verkneifen. „Dauert es noch lange?“, fragte Tseng schließlich. Der Wissenschaftler entfernte gerade das letzte Kabel, als er mit dem Kopf schüttelte. „Nein, das war's. Ihr könnt sie sofort mitnehmen.“ Er blickte auf Blanche hinunter und sah in ihre grauen Augen, als diese sich langsam öffneten. Ungelenk setzte sie sich auf, während er weitersprach: „Die Zeit war zu knapp, um sämtliche Daten des Backups zu überspielen, aber es dürfte ausreichend sein, um sie zumindest zu einer realistischen Herausforderung zu machen.“ Tseng nickte verstehend. „Tut mir Leid, dass es so kurzfristig war. Aber wenn die Pflicht ruft...“ Kopfschüttelnd wehrte Alex ab. „Ist schon in Ordnung. Du solltest dich lieber bei deinen Turks entschuldigen, die sind es immerhin, die nicht ausschlafen konnten.“ Diese Aussage brachte den Oberturk zum Schmunzeln. „Daran sind sie gewöhnt, nur keine Sorge.“ Der Wissenschaftler schob seine Brille zurecht, sein Blick ging wieder zu Blanche, die inzwischen aufgestanden war und deren Bewegungen wieder um einiges fließender vonstatten gingen. „Du weißt, was du zu tun hast, nicht wahr?“ Auch ohne Nennung ihres Namens wusste sie direkt, dass sie gemeint war. Nickend wandte sie sich ihm zu. „Nostradons Plans verhindern.“ „Verzögern“, korrigierte Alex. „Verhindern dürfte dir schwerfallen. Nostradons Kräfte haben vielleicht keine Wirkung auf dich, aber er hat immer noch Kampffähigkeiten, die deine übersteigen. Dich in Gefahr zu bringen, bringt niemandem etwas.“ Tseng runzelte seine Stirn. Es schien ihm ein wenig seltsam, dass jemand so mit einer Waffe sprach, aber in Anbetracht der Tatsache, dass es der Körper seiner Schwester war, schien es nicht mehr ganz so seltsam. Offenbar sah der Wissenschaftler sie immer noch in der von ihm geschaffenen Waffe, genau wie er seine Tochter in Mediam sah. Aber bei dieser war es für den Oberturk weitaus nachvollziehbarer, immerhin ähnelten ihre Emotionen auch denen eines Menschen, im Gegensatz zu Blanche. Wo er gerade an dieses Mädchen dachte... „Wird Mediam nicht mitgehen?“, hakte er nach. Alex schüttelte seinen Kopf. „Ihre Kräfte werden euch in diesem Kampf nichts bringen. Außerdem habt ihr schon jede Menge Leute bei euch und zu viele Köche verderben bekanntlich den Brei.“ Er zwinkerte Tseng zu und wandte sich dann wieder an Blanche. „Viel Erfolg.“ Sie nickte nur und ging gemeinsam mit dem Oberturk davon. Alex sah ihnen noch lange nach dem Schließen der Tür hinterher. Er wusste nicht, wie dieser Kampf ausgehen würde, aber er hegte die stille Hoffnung, dass alles zu ihrem Vorteil sein würde und die Welt dann endlich ihren lang verdienten Frieden genießen dürfte. *** Als ob er noch irgendetwas erwarten würde, sah Verron weiterhin auf das Display des Handys. Es leuchtete noch immer und verkündete die frühe Uhrzeit. In wenigen Stunden schon würde die Welt, wie sie jetzt war, nicht mehr existieren, es sei denn, jemand würde Nostradon rechtzeitig aufhalten. Und es gab nur noch eine Person, die das konnte, dessen war er sich sicher. Seufzend steckte er das Telefon ein und sah nach draußen. Sie fuhren an der Küstenlinie entlang, auf dem Weg zu diesem Tempel. Ohne Ruki hätte nie wieder jemand davon gehört, so gut verborgen war er inzwischen durch die Erdrutsche. Eigentlich hätte Verron erwartet, dass Ruki sich eher die Zunge abbeißen würde, als Nostradon etwas zu verraten, sie selbst war doch immer gegen diesen Plan gewesen, aber offenbar musste irgendetwas geschehen sein, das ihre Meinung geändert hatte. Oder aber sie war von Nostradon bedroht worden, wer wusste das schon? Cissnei, die am Steuer saß, warf einen Blick in den Rückspiegel zu Verron auf der Rückbank. „Alles in Ordnung? Ist dir schlecht?“ Er deutete ein Kopfschütteln an, brachte die Bewegung aber nicht zuende. „Es ist nichts. Ich habe nur nachgedacht.“ „Worüber?“, fragte sie neugierig. „Du weißt, dass ich Nostradon aufhalten will, oder?“ Sie schwieg einen Moment, den Blick wieder auf den Weg vor sich gerichtet, hochkonzentriert, als ob sie sich mitten im dichtesten Verkehr befinden würden. Die Spuren eines Fahrzeugs hatten sich tief in die Erde gegraben, diesen schien sie auch gerade zu folgen. Mit Sicherheit fuhren nicht oft Wägen durch die Gegend, also musste es sich um die Spuren von Nostradon handeln. Es dauerte mehrere Minuten, bis Cissnei schließlich antwortete: „Ich fahre dich nicht durch die Gegend, weil ich dir dabei helfen will. Nostradon wollte, dass ich dich zu ihm bringe.“ Überrascht hob Verron die Augenbrauen, nur um gleich darauf fragend die Stirn zu runzeln. „Warum will er das?“ Gleichgültig zuckte sie mit den Schultern. „Ich weiß es nicht.“ Und offenbar interessierte es sie auch nicht wirklich. Verron wandte den Blick vom Fenster ab und sah zu ihr nach vorne. Sie schien in Gedanken versunken. „Woran denkst du?“, fragte er. Sie zog die Stirn kraus, als sie wieder in den Rückspiegel sah. „Was geht dich das an?“ Die Turk versuchte, verärgert zu sein, aber schaffte es nicht so ganz. Trotz ihres Berufs schien sie keinerlei Erfahrung im wütend sein zu haben, was Verron leicht amüsierte. „Es war nur eine Frage aus Neugierde, nichts weiter.“ „Müsstest du es nicht wissen?“ „Ich kann in die Zukunft sehen, ich bin kein Gedankenleser.“ Wieder versanken sie beide in Schweigen. In der Ferne konnte Verron bereits die Umrisse von Fort Condor erkennen, ein ehemaliger Mako-Reaktor, der einst von einem Kondor als Nistplatz erwählt worden war. Obwohl der riesige Vogel längst fort war, lebten immer noch Leute in dem Gebäude. Heimat ist eben, wo das Herz ist, dachte Verron. „Darf ich dich etwas fragen?“, kam es schließlich zögernd von Cissnei. Ein wenig überrascht wandte er den Blick wieder vom Fenster ab. Sie beantwortete seine Fragen nicht, was erwartete sie da also? Dass er ihr ohne zu zögern Auskunft geben würde? Allerdings war er neugierig auf das, was sie wissen wollte, weswegen er nickte. „Warum wendest du dich plötzlich gegen Nostradon? Anfangs warst du doch für seinen Plan.“ „Das ist eine gute Frage“, erwiderte er anerkennend. „Aber die Antwort darauf ist nicht sehr eindeutig. Man könnte sagen, dass ich gesehen habe, dass dieser Plan keine Zukunft hat. Und alles, was keine Zukunft hat, darf nicht existieren.“ „Ich verstehe“, sagte sie leise, auch wenn Verron genau spürte, dass sie das nicht tat. Aber es war ihm auch egal, sie würde seine Worte noch früh genug verstehen. Er sah wieder hinaus und beobachtete, wie die Küstenlinie an ihnen vorbeizog, während sie sich dem Tempel immer weiter näherten. *** „Was soll das heißen, Cloud ist weg?“ Tifa hielt dem wütenden Barret den Brief hin, den der Lieferbote hinterlassen hatte. „Er ist vorgegangen, wir sollen nachkommen.“ „Will ich doch hoffen“, brummte der große Mann, während er ihr das Blatt abnahm, um es zu lesen. Yuffie klopfte gegen den Metallkoffer, den sie mit sich trug. „Dabei hab ich die ganze Materia. Cloud ist manchmal so unvernünftig.“ „Als ob er Materia zum Kämpfen bräuchte“, meinte Red amüsiert. „Langsam solltest du wissen, dass er der Letzte ist, der so etwas braucht.“ Die anderen nickten zustimmend, was bei Yuffie zu einem Schmollen führte. Was war Materia noch wert, wenn keiner sie mehr brauchte? Offenbar musste sie einen anderen Weg finden, um Wutai wieder zu Ruhm zu verhelfen. „Worauf warten wir dann noch?“, fragte Barret, als er mit dem Lesen fertig war. Shelkes Blick ging zum Fenster, jenseits davon konnte sie einige bekannte Personen sehen. „Ich glaube, ihr wartet auf diese Leute.“ Neugierig stellte Yuffie sich neben sie, doch die Kunoichi wirkte nicht sonderlich begeistert, als sie die anderen erkannte. „Owww~ Was wollen die Turks denn hier?“ „Mitmischen, denk ich“, antwortete Cid. „Dann müssen die wohl mit auf mein Luftschiff.“ „Groß genug ist es ja“, sagte Tifa schmunzelnd. Nicht sonderlich einverstanden damit, kratzte der Pilot sich am Kinn. „Fein, ausnahmsweise. Aber sobald einer von denen Ärger macht, fliegt er – und zwar ohne Fallschirm!“ Die anderen lachten amüsiert, während sich die Tür öffnete und die Turks mit einer nicht sonderlich enthusiastischen Begrüßung hereinkamen. Es wurde Zeit für den Aufbruch und auch für den letzten Kampf – zumindest hoffte Tifa das, als die gesamte Gruppe gemeinsam wieder die Bar verließ, um das Luftschiff zu besteigen und zu den von Cloud zurückgelassenen Koordinaten zu fliegen. Nur Shelke sah ihnen an diesem frühen Morgen durch das Fenster hinterher, bis sie zwischen den Häuserschluchten endgültig verschwunden waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)