A world that never was von Flordelis (Eine Welt, die nie war ~ Fortsetzung von Savior) ================================================================================ Kapitel 7: Manipulation ----------------------- „Tifa!“ Marlene und Denzel riefen den Namen hocherfreut aus. Nostradon dagegen seufzte bedrückt. „Welch ein Wiedersehen. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.“ Tifa sah ihn verwirrt an. In ihrem Inneren spürte sie die Gewissheit, dass sie ihn kannte, ihm irgendwann schon einmal begegnet war, aber sie konnte ihn nirgends einordnen. Also schüttelte sie dieses Gefühl ab, damit es ihr nicht in die Quere kam und konzentrierte sich auf das, was er im Moment tat. „Was tust du mit Mediam?“ „Das Mädchen steht mir im Weg.“ Seine Stimme war gleichgültig, kalt, mit einem Hauch von Erschöpfung. Als ob etwas ihn ermüden würde. Sein Gesicht wirkte genauso ausgemergelt, sein Körper verriet nicht, ob und welche Kraft in ihm steckte. Tifa ließ sich davon nicht ablenken und starrte in seine goldenen Augen. „Lass sie los.“ „Was, wenn ich es nicht tue?“, fragte er herausfordernd. Sie sagte nichts, ließ lieber ihre Taten sprechen. Betont langsam griff sie in ihre Tasche, holte die Lederhandschuhe heraus und zog diese über ihre Hände. „Dann wirst du es bereuen.“ Seine Mundwinkel zuckten amüsiert. „Ein Kampf? Das könnte interessant werden.“ Er ließ Mediam los, die sofort zu Denzel ging und dessen Hand nahm. „Lass uns gehen, schnell.“ Der Junge nickte. Eilig liefen die drei Kinder davon. „Scheint als hätten wir freie Bahn“, bemerkte Nostradon kühl lächelnd. Tifa stellte sich in Kampfposition, die Fäuste erhoben, leicht in die Knie. Er dagegen verzog nicht einmal die Miene oder machte Anstalten, eine Waffe zu ziehen. Dabei war das riesige Schwert, das er auf seinem Rücken trug, deutlich sichtbar. Sie atmete tief durch. Sie wusste nichts über ihren Gegner, aber das hatte sie noch nie abgehalten. Dass sie ihn nicht einfach handeln lassen konnte, wusste sie aber auch ohne seine Motive zu kennen. Der ersten Angriff ging von ihr aus. Tifa sprang auf ihren Gegenüber zu. Nostradon wich locker mit einem Schritt zur Seite aus, so dass ihr Angriff ins Leere ging. Ohne jede Eile griff er nach seinem Schwert. Sie fuhr herum und griff mit einer Faustkombination an. Mühelos ließ er alle Angriffe ins Leere gehen. Schließlich zog er seine Waffe. Tifa konnte gerade noch ausweichen. Die riesige Klinge riss den Boden auf, genau dort, wo die Bardame gerade eben noch gestanden hatte. Sie wich nach hinten zurück, um aus dem Angriffsradius heraus zu kommen. Nostradon glich die Schritte wieder aus, um erneut angreifen zu können. Die eine Seite der Klinge ist stumpf..., überlegte Tifa. Das könnte ich gut nutzen. Sie wich einem erneuten Angriff aus. Jetzt! Hastig sprang sie auf die Klinge und nutzte den Schwung, um über ihren Feind zu springen. Hinter ihm rammte sie ihm den Ellbogen in den Rücken. Nostradon keuchte überrascht. Aber der Moment hielt nicht lange an. Er fuhr herum. Die stumpfe Seite der Klinge erwischte Tifa und schleuderte sie zur Seite. Wie eine Puppe schlitterte sie über den Boden, bis ihr zerschrammter Körper wieder zur Ruhe kam. Stöhnend richtete sie sich wieder auf. Der Schmerz breitete sich in ihr aus, während sie zusammengekrümmt wieder in Kampfhaltung ging. „So leicht gebe ich nicht auf.“ Nostradon lächelte. „So kenne ich dich, Tifa Lockheart.“ Sie runzelte ihre Stirn – woher kannte er sie nur? - und sprang wieder auf ihn zu, diesmal mit weniger Elan als zuvor. Erneut hob er das Schwert, um sie abzuwehren. *** „Cloud!“ Der blonde Mann hielt sein Motorrad direkt vor den Kindern. „Mediam.“ Sie nickte. „Korrekt. Du musst dich beeilen, Cloud.“ Mediam deutete hinter sich. „Tifa kämpft dort gegen euren Feind!“ Denzel und Marlene sahen ebenfalls zurück, aber von ihrem Platz aus war nichts mehr zu sehen. Cloud nickte verstehend. „Danke! Und ihr geht zurück in die Bar, schnell.“ Die Kinder nickten ebenfalls und liefen eilig weiter. Seit den Ereignissen im Kampf gegen Topaz Weapon wollte keiner von ihnen mehr freiwillig in den Kampf verwickelt werden oder – noch schlimmer – den anderen im Weg stehen oder sie gar gefährden. Cloud startete sein Motorrad wieder und fuhr weiter. Der Gedanke, dass Tifa in einen Kampf mit einem laut Alex übermenschlichem Feind verwickelt war, ließ ihn noch einmal schneller fahren. Schon kurz darauf kam er auf dem angegebenen Platz an. Tatsächlich entdeckte er die auf dem Boden knieende Tifa – und vor ihr einen blonden Mann mit einem riesigen Schwert, das seinem Buster-Schwert ähnelte. Cloud hielt sein Motorrad zwischen den beiden. Tifa hob den Kopf und lächelte erleichtert. „Cloud! Du bist gekommen!“ Sie musste wirklich fast am Ende ihrer Kräfte sein, von den Schrammen und Kratzern auf ihrem Körper zu urteilen. Ihr Feind dagegen schien völlig entspannt und unverletzt zu sein. Er erwiderte ihr Lächeln knapp und wandte sich dann ihrem Gegenüber zu. Der Mann lächelte ein wenig. „Du bist also Cloud. Es freut mich, dich kennenzulernen. Ich bin Nostradon.“ „Nostradon?“ Also war er tatsächlich der Mann, von dem Alex gesprochen hatte. Er musterte den Mann mit dem weißen Mantel. Etwas in Cloud sagte ihm, dass er diesen Mann kannte und ihn vor langer Zeit das letzte Mal gesehen hatte. Aber er konnte sich nicht daran erinnern, wo und wann. War er womöglich noch ein Teil von Sephiroth? Oder irgend etwas anderes? Nein, es war ganz anders. Das Gefühl war vertraut und in gewissem Sinne warm... wie Familie. Hastig schüttelte Cloud seinen Kopf. Das war lächerlich. Wie kam er nur darauf? Er stieg von seinem Motorrad ab und zog eines seiner Schwerter. Nostradon lächelte. „Habe ich dir etwas getan, dass du mich bekämpfen willst?“ „Du hast Tifa angegriffen, das reicht.“ Einen Moment herrschte Stille, dann lachte Nostradon leise. „Eigentlich hat sie mich zuerst angegriffen. Das ist ein Unterschied, oder?“ Tifa versuchte sich aufzurichten, ging aber gleich wieder in die Knie. „Das ist doch nicht wahr! Du hast zuerst Denzel bedroht.“ „Oh ja, Denzel...“ Nostradon lächelte leicht, fast schon andächtig. „Den hatte ich fast vergessen. Dabei kam ich doch wegen ihm extra hierher. Aber ich kam auch her, um dich zu treffen. Interessant, dass es gerade so funktionierte.“ „Wer bist du?“, fragte Cloud lauernd. „Meinen Namen erwähnte ich doch bereits.“ „Das meine ich nicht!“ Nostradons Lächeln, das nicht echt, sondern nur aufgesetzt wirkte, zerrte an Clouds Nerven. Es hatte etwas an sich, das ihn fast wahnsinnig machte. Und der Mann schien das genau zu wissen, denn es kam ein leicht amüsierter Zug zu dem Lächeln dazu. „Du wirst keine Antwort von mir bekommen, das weißt du doch, oder? Also, was willst du tun? Mich bekämpfen, weil ich deine Familie bedroht habe?“ Cloud schluckte angestrengt. „Was hast du vor?“ Nostradon schüttelte seinen Kopf. „Ich habe dir gerade gesagt, dass ich dir nicht antworten werde. Auch nicht auf eine solche Frage. Bist du etwas unentschlossen?“ Unsicherheit ergriff von ihm Besitz. Tatsächlich, ihm war nicht ganz klar, weswegen er Nostradon bekämpfen sollte. Was wollte der Mann nur? Was hatten er und die anderen vor? Gehörten sie überhaupt zusammen? Wer wusste schon, ob Alex die Wahrheit sagte... Er war ein Mann, der einst für Shinra gearbeitet hatte, möglicherweise wollte er sich nun auch nur an der Firma rächen. Hände legten sich von hinten auf seine Schultern. „Du und ich, wir beide wissen, dass du gar nicht kämpfen willst. Du sehnst dich nach einem ruhigen Leben, mit deiner Familie, nicht wahr?“ Nostradon legte eine Hand an Clouds Kinn und lenkte seinen Blick sanft zu Tifa, die diesen fragend und besorgt erwiderte. „Das ist es doch, was du willst, oder?“ Die Stimme war nur noch ein Wispern, der Mann hatte sich ihm genähert. „Das ist es, was alle Menschen wollen. Und du bist keine Ausnahme.“ Ein Schleier legte sich auf Clouds Gedanken und trübte sein Denken. Sämtliche Geräusche um ihn herum schienen von Watte verschluckt zu werden, auch Tifas Stimme erreichte seine Gedanken nicht. Aber Nostradons Stimme war dafür umso deutlicher. „Wenn du mir hilfst, kannst du dieses Leben haben. Du musst mir nur vertrauen.“ Tifa rief ihm etwas zu, doch ihre Stimme drang nicht zu ihm durch. „Und du kannst deine verlorenen Freunde wiederhaben... das perfekte Leben...“ Vor seinem inneren Auge sah er Zack, Aeris und auch Nessy vor sich. Wenngleich ihm nicht wirklich bewusst war, weswegen er letztere ebenfalls sah, aber sie war da. Doch etwas in ihm war nicht damit einverstanden. Etwas half ihm, dem Gesagten zu widerstehen und ihm nicht zu glauben. Doch sein Widerstand wurde immer schwächer – und Nostradon wusste das. Er sprach immer weiter, erzählte Cloud mit schmeichelnden Worten von einer Welt in der alle, die ihm etwas bedeutet hatten, noch lebten, einer Welt, in der er ein ruhiges Leben führte. Eine Welt, die nie existiert hatte, die noch nie gewesen war. „Wie willst du das anstellen?“, fragte Cloud. Nostradon setzte zu einer Antwort an, verfiel aber in Schweigen. Irgend etwas geschah außerhalb Clouds Wahrnehmung. Er wandte den Kopf – und entdeckte Reeve, der ebenfalls den Platz betreten hatte. In seiner Hand hielt er eine Waffe, die bedrohlich auf Nostradon gerichtet war. Er sagte etwas. Als Reaktion darauf ließ der Mann Cloud los und trat einen Schritt zurück. Schlagartig kehrten die anderen Geräusche wieder. So plötzlich und so laut, dass er das Gefühl hatte, sein Kopf würde im nächsten Moment platzen. Es dauerte einen Augenblick, bevor er sich wieder gefangen hatte und der Unterhaltung folgen konnte. Nostradon blickte Reeve an, wie man einen unberechneten Störfaktor ansah. „Was mischst du dich ein? Jemand wie du hat hier nichts verloren.“ „Ich mische mich aber gern ein“, erwiderte der Mann. „Und jetzt verschwinde besser. Ich habe keine Skrupel abzudrücken.“ Für einen Augenblick schien Nostradon abzuwägen, was er nun machen sollte. Sich widersetzen und kurzen Prozess machen? Oder sich doch lieber zurückziehen? Schließlich siegte der Gedanke an einen Rückzug. Nostradon nahm das Schwert, das er in den Boden gerammt hatte und befestigte es wieder auf seinem Rücken. „Ich ziehe mich für heute zurück. Aber ihr habt nicht das letzte Mal von mir gehört. Cloud!“ Reflexartig fing der Lieferbote etwas auf, was der andere ihm zugeworfen hatte. „Gib Tifa das, damit verheilen ihre Wunden schneller.“ Nostradon wandte sich ab und verschwand mit einem Windhauch als wäre er nie dagewesen. Cloud steckte das Schwert ein und besah sich den Gegenstand genauer. Es war eine Flasche mit einer seltsamen milchigen Flüssigkeit, die nicht gerade vertrauenserweckend wirkte. Sollte er Tifa wirklich etwas davon geben? „Tifa!“ Auf einmal fiel ihm wieder ein, dass sie immer noch verletzt auf dem Boden kniete. Reeve war bereits neben ihr. „Wie sieht es aus?“ „Ich bin okay“, sagte sie lächelnd. „Cloud, was ist mit dir?“ „Ich denke auch.“ Was ist das für ein Gefühl gewesen? Was hat dieser Mann mit mir getan? Alex sprach von einem taktischen Umgang mit Worten, aber das war etwas vollkommen anderes. Er half Tifa aufzustehen. „Lass uns in die Bar zurückgehen, du solltest dich ausruhen. Danke, Reeve. Willst du mitkommen?“ Der Gefragte nickte lächelnd. „Gern. Eine solche Einladung schlage ich nicht aus. Ich komme später nach, vorher muss ich noch wohin.“ Die anderen beiden nickten ebenfalls und so trennte sich die Gruppe. *** Das zerstörte Midgar, von allen verlassen geglaubt, beherbergte an diesem Tag mehr Leben als in den Jahren zuvor. Nicht alle Gebäude waren vollständig zerstört worden, manche waren sogar noch perfekt erhalten. Und in einem dieser Häuser herrschte Leben. Vier Personen hatten es als ihr Hauptquartier auserkoren und sich inzwischen darin versammelt, um den Tag zu besprechen. Nostradon stellte das Schwert in die Ecke, bevor er sich seinen Gefährten zuwandte. „Und was habt ihr heute erreicht?“ „Kein Erfolg“, berichtete Elodia. „Blanche kam dazu, um die Turks zu unterstützen.“ „Bei mir ist es ähnlich“, stimmte Ruki zu. „Alex hat mit diesem speziellen Etwas gedroht.“ Verron lehnte mit verschränkten Armen an der Wand und schwieg. Erst als Nostradon ihn zum wiederholten Mal aufforderte, etwas zu sagen, legte auch er Bericht ab: „Ich traf auf Rod, Samantha und Cloud. Dabei kam eine überraschende Erinnerung an Zack dazwischen.“ „Überraschend, hm?“ Verron nickte. „Die ganze letzte Zeit hat er nicht daran gedacht und gerade bei diesem Kampf musste es passieren. Ich hatte mit Erinnerungen von Gladwell gerechnet, aber nicht mit Zack.“ „Scheint als könne man eben doch nicht alles berechnen. Ruki, was sagst du dazu?“ Erschrocken sah sie Nostradon an. Bislang hatte er sie nie direkt angesprochen oder ihr eine vernünftige Frage gestellt. Lernte er ihre Fähigkeit langsam zu schätzen? „A-also... die Erinnerung an Zack war in Cloud verschüttet, aber die drohende Niederlage und die Begegnung mit den beiden Turks muss sie wieder hervorgeholt haben. Unerwarteterweise und mehr als nur überraschend. Mit solchen Dingen müssen wir wohl im Kampf gegen ihn weiterhin rechnen.“ Nostradon lächelte, ein Funke von Stolz erschien in seinen Augen. „Gar nicht schlecht. Gut, dann reden wir darüber, wie wir als nächstes vorgehen wollen. Setzt euch alle.“ Die Gruppe versammelte sich um den Tisch und begann ihre nächsten Schritte zu planen. Auch als die Sonne schon längst untergegangen war, beendeten sie die Diskussion nicht, sondern entzündeten Lampen, die weithin zu sehen waren und eventuell vorbeikommende Besucher auf sie aufmerksam gemacht hätten. Aber wie so oft kam niemand vorbei und niemand störte ihre Pläne. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)