Despaired Memories von Sheto (SasuNaru) ================================================================================ Kapitel 1: Despaired Memories ----------------------------- Es war Nacht. Dicke Regentropfen prasselten gleichmäßig auf den grauen Asphalt und am Himmel drang nur wenig Mondlicht durch die dichte, schwarze Wolkendecke und erhellte die Dunkelheit ein wenig. Der eisige Wind fegte durch die Gassen und peitschte mir den Regen ins Gesicht. Ich saß an der kalten Wand eines alten Hauses, die Beine an die Brust gezogen und die Arme um die Knie geschlungen. Ich war völlig durchnässt und fror am ganzen Körper, aber das störte mich kaum. Jede Nacht saß ich hier, jede Nacht lehnte ich verzweifelt an dieser Mauer, vergaß alles andere um mich herum und versank in meinen Gedanken. Gedanken an jene Person, wegen der ich seit langem nicht mehr klar denken konnte und jede Nacht hier verbrachte. Plötzlich tauchte mir gegenüber ein Schatten auf. Als ich aufsah, schaute ich in zwei strahlend blaue Augen, die mich verwundert und gleichzeitig irgendwie besorgt anstarrten. Hastig drehte ich den Kopf zur Seite, ich konnte ihm einfach nicht mehr in die Augen sehen. Schon die Tatsache, dass er gerade direkt vor mir stand, machte mich unglaublich nervös. Schließlich war er derjenige, der schuld daran war, dass ich mich in den letzten Tagen und Wochen so verdammt leer fühlte und jede Nacht an dieser Wand direkt gegenüber von dem Haus, in dem er wohnte, verbrachte. „Sasuke?“ Seine Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Musste er mich denn auch noch ansprechen? Konnte er nicht einfach wieder gehen? Innerlich sehnte ich mich zwar danach, dass er bei mir blieb, doch mein Verstand sagte mir, dass es besser wäre, wenn er wieder verschwinden würde. Ich dachte, es wäre das Beste, ihn einfach zu ignorieren und einfach so zu tun, als wäre er gar nicht da, und schließlich tat ich dies auch. „Sasuke, was machst du hier, mitten in der Nacht? Was ist los mit dir?“ Konnte er mich denn nicht einfach in Ruhe lassen? Musste er mich so quälen? Mir blieb wohl doch nichts anderes übrig, als ihm zu antworten, er würde sowieso nicht locker lassen. Also hob ich langsam den Kopf, sah ihn an und versuchte dabei möglichst ruhig zu bleiben. „Naruto, geh doch einfach wieder nach Hause und lass mich in Ruhe!“ Ich versuchte möglichst kalt zu klingen, um den Eindruck zu erwecken, alles sei in Ordnung bei mir. Doch als ich seinen besorgten Blick sah, mit dem er mich anstarrte, wurde mir klar, dass ich genau das Gegenteil bewirkt hatte. Sah man mir die Verzweiflung denn so an? War die Maske des gefühllosen Uchiha schon so zerfallen oder konnte Naruto einfach durch sie hindurch sehen? Ich war völlig verwirrt. Dies schien Naruto mir anzusehen, er setzte sich neben mich und versuchte weiter herauszufinden was mit mir los war. „Was ist denn mit dir? Ich sehe doch, dass du irgendwas hast!“ „Und wenn schon, was interessiert dich das?“, fauchte ich ihn an, doch es half nichts, er ließ einfach nicht locker. „Ich mach mir einfach Sorgen!“ Naruto machte eine kurze Pause, schien einen Moment zu überlegen, was er sagen sollte, dann fuhr er fort, doch jetzt klang seine Stimme plötzlich merkwürdig ernst. Selten war Naruto so ernst gewesen wie jetzt. „Ist es wegen damals? …. auf der Mission?“ Augenblicklich erstarrte ich und blickte ihn entgeistert an, wechselte aber dann schnell die Blickrichtung und starrte an die Wand vor mir. Ich wollte nicht, dass er sieht, welch Gefühlschaos er gerade in mir ausgelöst hatte, ohne das Wesentliche überhaupt zu erwähnen. Und ich war mir sicher er könnte dieses Chaos sehen, indem er mir nur in die Augen schaute. Es kam mir so vor, als könnte er, nur indem er mir in die Augen schaut, tief in meine Seele blicken. Aber ich wollte das nicht. Ich wollte nicht, dass er wusste, wie schrecklich ich mich seinetwegen fühlte. Da ich überhaupt keine Ahnung hatte, wie ich nun auf seine Frage antworten sollte, kam ich schließlich zu dem Entschluss, einfach so zu tun als wüsste ich nicht wovon er redete. „Was meinst du?“ „Jetzt tu nicht so, als wüsstest du von nichts! Du weißt genau wovon ich rede, so wie du grad reagiert hast. Ich meine die letzte Mission...den Kuss...“ Obwohl ich schon längst gewusst habe, was er gemeint hatte, erschauderte ich beim letzten Wort. Wie in einem Film spielte sich alles, was an jenem Abend passiert war, noch einmal vor meinem inneren Auge ab, ohne dass ich es verhindern konnte. ~Flashback~ Naruto und ich beschlossen noch etwas draußen am Feuer sitzen zu bleiben, als unser Sensei sich entschied, schon ins Zelt zu gehen und sich schlafen zu legen. Sakura war schon vor mehr als einer Stunde in ihrem Zelt verschwunden. Wir hatten einen anstrengenden Tag hinter uns. Seit dem Morgengrauen liefen wir durch den Wald, behaupteten uns gegen die verschiedensten Gegner und das nur um diese simple Mission zu erfüllen, indem wir eine Schriftrolle in irgendein benachbartes Dorf brachten. Nun saß ich hier mit Naruto am kleinen Lagerfeuer und gegenseitig schwiegen wir uns an. Meistens starrten wir beide in die Ferne, doch ab und zu wanderte mein Blick zu dem Blondschopf, der weiterhin mit verträumtem Blick in irgendeine Richtung sah. «Irgendwie sieht er doch ganz süß aus...», schoss es mir durch den Kopf. Ich musste mir eingestehen, dass ich schon einige Male darüber nachgedacht hatte, wie es wäre, mehr als nur mit ihm befreundet zu sein. Eine ganze Zeit lang starrte ich ihn unbewusst an, während ich meinen Gedanken nachhing. Irgendwann bemerkte er anscheinend meinen Blick, denn er drehte den Kopf zu Seite und sah mir direkt in die Augen. Das war das erste Mal, dass wir uns bewusst in die Augen sahen und es war auch das erste Mal, dass mir auffiel, wie wunderbar blau seine Augen waren. Ich versank in diesen blauen Seen und konnte den Blick einfach nicht mehr abwenden. Ich war zu fasziniert von ihnen. Urplötzlich überkam mich das Verlangen, Naruto zu küssen. Doch mein Verstand hielt mich davon ab. Dieses Verlangen wurde immer stärker und es dauerte nicht lange, da wurde es unerträglich und schließlich setzte mein Verstand völlig aus. Vorsichtig rückte ich näher an den Blondschopf heran, legte meine Hand in seinen Nacken und zog ihn langsam zu mir, bis unsere Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander getrennt waren und ich seinen warmen Atem auf meinem Gesicht spüren konnte. Mir war in diesem Moment egal, was Naruto gerade von mir dachte und schnell vergaß ich alles um uns herum. Ich sah nur noch seine blauen Augen vor mir, die mich ungläubig anstarrten. Dann schloss ich schließlich die Meinen, überwand den Abstand zwischen uns und legte meine Lippen auf seine. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, in denen ich so verharrte, doch dann spürte ich plötzlich Narutos Hände an meinen Schultern, von denen ich ein Stück zurück gedrängt wurde, sodass ich den Kuss lösen musste. Ich öffnete meine Augen und vor mir sah ich Naruto, der mich fassungslos ansah. „Sasuke...warum?“ Es fühlte sich an wie ein Schlag durch den Magen, als sich mein Verstand wieder einschaltete und ich realisierte, was ich da gerade getan hatte: Ich, Sasuke Uchiha, hatte ihn, Naruto Uzumaki, geküsst. Einfach so. Was war denn da in mich gefahren? Was sollte ich ihm denn jetzt sagen? Dass ich mich in ihn verliebt hatte? Liebte ich ihn überhaupt? In mir herrschte ein einziges Gefühlschaos. „Naruto, ich...vergiss es einfach … bitte!“ Schnell drehte ich meinen inzwischen wahrscheinlich hochroten Kopf weg und rutschte wieder ein Stück von dem Blonden weg. Aus den Augenwinkel sah ich, dass er aufstand. Einen Moment hörte ich nichts, dann nahm ich war, wie seine Schritte sich von mir entfernten und schließlich irgendwann verstummten. Was hatte ich bloß getan? Und vor allem warum? Würde er mich jetzt hassen? Mich einfach ewig ignorieren? Mir schossen tausende von Fragen durch den Kopf. Schließlich saß ich die ganze Nacht dort am Feuer und versuchte vergeblich Antworten auf all diese Fragen zu finden. ~ Flashback Ende ~ Nun stellte ich mir wieder all diese Fragen und vergrub verzweifelt den Kopf in den Händen. Ich war so in den Gedanken versunken, dass ich nichts mehr von dem, was um mich herum geschah, wahrnahm. Auch, dass Naruto die ganze Zeit vergeblich versuchte, mich wieder in die Realität zurückzuholen, bemerkte ich nicht. Erst als er mich vorsichtig an der Schulter rüttelte, wurde ich schlagartig wieder in die reale Welt zurückgeworfen und schaute zu Naruto auf. Dieser sah mich aus riesigen Augen verwirrt an. Scheinbar wusste auch er nicht, was er jetzt tun oder sagen sollte, doch dann fasste er sich wieder etwas und versuchte ruhig, mit mir zu reden. „Sasuke, warum hast du das getan damals?“ Warum. immer dieses Warum. Naruto konnte sich wohl kaum vorstellen wie oft ich mir diese Frage seit diesem Tag schon gestellt hatte. Erst vor kurzen wurde mir die Antwort auf diese Frage klar: Ich hatte mich in Naruto verliebt. Ich liebte ihn schon lange, aber ich hatte es mir in all den Tagen nie eingestehen können. Vor einigen Tagen konnte ich es endlich, aber das machte alles doch nur noch schlimmer. Wie sollte ich ihm das erklären? Wir waren doch beste Freunde. Es wäre, als wenn mein Herz von einem Messer durchbohrt werden würde, wenn ich aus seinem Mund gehört hätte, dass er mich nicht liebt, obwohl ich schon längst wusste, dass er nicht das Gleiche für mich empfand. Aber was sollte ich ihm denn jetzt sagen? Ich hätte ihm am liebsten ins Gesicht geschrieen, wie sehr ich ihn liebte. Ihm gesagt, dass ich ihn brauche, dass er alles für mich war. Aber ich konnte ihm das nicht sagen. Ich konnte einfach nicht. „Naruto...Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht …!“ Ich hoffte schwer, er würde mir das abnehmen und nicht weiter nachfragen, denn ich wusste wirklich nicht, was ich noch hätte sagen sollen. Langsam war ich wirklich am Ende. Aber auch Naruto schien zu überlegen, wie es nun weitergehen sollte. Selten hatte ich ihn so angespannt und nachdenklich gesehen. Lange schwiegen wir uns an, bis Narutos Gesichtsausdruck sich plötzlich änderte. „Sasuke?“ Seine Stimme klang zittrig. Was hatte er vor? „Hm?“ „Sasuke, du...du hast dich in mich verliebt, hab ich Recht?“ Mein Herz setzte kurzzeitig aus. Hatte er das grade wirklich gesagt? Oder hatte ich mich verhört? Nein, ich war mir sicher, dass ich es richtig verstanden hatte. Aber woher zum Teufel wusste er das? War es so offensichtlich? Ich verstand die Welt nicht mehr. Was sollte ich denn jetzt antworten? Ich wollte es nicht hören, ich wollte nicht, dass er mir ins Gesicht sagte, dass er mich nicht liebte. Aber ich konnte ihn doch auch nicht anlügen, er hätte es doch eh sofort durchschaut. Er wusste genau, was in mir vorging. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm zuzustimmen. Also nickte ich vorsichtig und senkte den Kopf. Ich konnte ihn nicht ansehen, ich hatte zu große Angst vor seiner Reaktion. Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, wie Naruto aufstand und sich ein paar Schritte von mir wegbewegte. Ich wollte ihn daran hindern, wollte, dass er irgendeine Reaktion zeigte, doch ich war wie gelähmt. Die Tatsache, dass er nichts tat, machte mich wahnsinnig. Ich wollte ihn jetzt nicht gehen lassen. Ich löste mich von meiner Starre und packte ihn am Handgelenk. Er blieb stehen, drehte sich wieder zu mir um und schaute mir tief in die Augen. Wie damals versank ich in den blauen Augen meines Gegenübers. Doch dieser Moment hielt nicht lange an, denn als ich seinen Arm losließ, drehte er sich um und ging wortlos davon. In diesem Moment wäre mir alles lieber gewesen, als das. Lieber hätte er mir ins Gesicht schreien sollen, dass er mich nicht liebte, aber er hatte überhaupt nichts getan, zeigte keine einzige Gefühlsregung. Ich verfolgte ihn mit meinem Blick, bis er an der nächsten Straßenecke abbog und verschwand. Noch eine Weile starrte ich den Punkt an, an dem er hinter der Ecke verschwunden war, dann senkte ich langsam den Kopf. Tränen sammelten sich in meinen Augen, liefen langsam an meinen Wangen entlang hinunter zum Kinn und tropften schließlich auf den Asphalt. Kapitel 2: Obsessed ------------------- Mit langsamen Schritten bog ich an der Hausecke ab, den Kopf soweit gesenkt, dass man mich möglichst nicht erkannte, denn ich wollte nicht, dass jemand den stets so fröhlichen und dauergrinsenden Uzumaki so verwirrt, zerstreut und gleichzeitig mit einer gewissen Hilflosigkeit in den Zügen vorfand, auch wenn es ziemlich unwahrscheinlich war, dass jemand um diese Uhrzeit zufälligerweise durch die gleiche Gasse lief und sich auch noch Gedanken über das Wohlbefinden des gefürchteten und verhassten Fuchsjungen machte. Ohne, dass ich es wirklich realisierte, wurde ich immer schneller, hastete regelrecht voran, um irgendwie von hier wegzukommen, irgendwo hin, egal wohin, Hauptsache weg von hier, um alles hinter mir zu lassen, was gerade passiert gewesen war. Gerade jetzt kam mir plötzlich die Tatsache in den Sinn, dass ich mir damals geschworen hatte, niemals wieder vor etwas wegzulaufen, hatte mir als Zeichen dafür, dass ich es ernst meinte, meinen Kunai in die Hand gerammt - die Narbe davon tage ich immer noch. Ich hasste mich in diesem Moment selbst dafür, dass ich diesen Schwur nun brach. Einfach so. Daran Schuld waren Emotionen. Emotionen, die ein Shinobi niemals zeigen darf, und jetzt lief ich davon, davon vor Gefühlen, davon vor meinem besten Freund und vor allem - davon von der Wahrheit. Nur im Unterbewusstsein bekam ich mit, dass ich inzwischen schon rannte, immer geradeaus, ohne jegliches Ziel, ohne jegliche Orientierung, einfach weiter. Ich konnte und wollte nicht stehen bleiben, wollte einfach weit weg, so weit wie möglich, weg von Allem, was mich an das Geschehene – an Sasuke - erinnern konnte. Aber ich konnte es nicht. Ich konnte es nicht vergessen, was er mir gesagt hatte, wie schlecht es ihm ging, wie deprimiert er gewesen war – meinetwegen. Alles war meine Schuld. Ich war Schuld, dass er so hilflos war, dass dem sonst so gefühlskalten Uchiha die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben stand, wie man es noch nie bei ihm gesehen hatte. Ich war Schuld, dass er seit Tagen jede Nacht draußen verbrachte – schon seit Wochen konnte ich ihn dort beobachten - und jeden seiner Gedanken an mich und die Ausweglosigkeit seiner Situation verschwendete. Ich war Schuld, dass er sein Leben nicht so weiterleben konnte, wie er es sonst Tag für Tag getan hätte. Gäbe es mich nicht, hätte er sich nie verliebt, hätte nie einen Gedanken daran verschwendet, wäre nie so von Ratlosigkeit geplagt gewesen. Vielleicht hatten die Dorfbewohner recht, vielleicht war ich wirklich ein Ungeheuer, ein Monster, das allen nur Unglück, Leid und Kummer brachte. Meine Füße trugen mich immer weiter voran, immer weiter geradeaus, durch etliche Straßen, Gassen und Stadtviertel, doch als ich auf ein großes Tor zurannte, auf dem ein riesiger, rot-weißer Fächer abgebildet war, verlangsamte sich mein Tempo ruckartig und wenige Meter vor dem Tor blieb ich schließlich stehen. Ich war noch nie hier gewesen, aber ich wusste genau, wo ich hier war. Es war das größte und ehemals reichste und angesehenste Viertel in Konoha - das Uchiha-Viertel. Ich erschauderte schon, als der Name ‚Uchiha’ in meinen Gedanken auftauchte, unwillkürlich musste ich wieder an ihn denken, bekam ihn nicht mehr aus meinen Gedanken, aus meinem Kopf, es machte mich wahnsinnig, brachte mich völlig um den Verstand, ließ mich nicht mehr klar denken. Geistig abwesend und in Gedanken versunken machte ich quälend langsam, fast wie in Zeitlupe, einige Schritte nach vorn, blieb direkt unter dem Torbogen stehen, ließ meinen Blick zwischen den vielen, leerstehenden und kalt wirkenden Häusern hin und her schweifen. Überall waren diese Fächer abgebildet, erinnerten mich immer wieder an ihn, alles hier erinnerte mich an ihn. Ich hielt es nicht mehr aus, keinen weiteren Augenblick konnte ich hier noch stehen bleiben, ohne völlig von der Welle der Verzweiflung mitgerissen zu werden und im unendlichen Meer der Erinnerungen zu versinken. Hastig machte ich kehrt, stolperte erst ein Stück voran, fasste mich wieder, rannte weg. So schnell wie möglich musste von dort weg, rannte, als wenn es um mein Leben ginge, rannte, um nicht von der Flut an Gedanken, dem unaufhaltsamen Strom an Angst zurückgespült zu werden. Angst, einen Freund verletzt zu haben. Angst, ihn zu verlieren. Den einzigsten Freund. Sasuke. Diesmal jedoch hatte ich ein festes Ziel, auf das ich so unaufhaltsam zurannte – ich wollte nach Hause. Einfach nach Hause, zurück in die eigenen vier Wände, ins traute Heim. Der einzigste Zufluchtsort, die einzigste Möglichkeit, um meine Gedanken zu ordnen, um ungestört und für mich allein sein zu können. Obwohl der Weg vom Anwesen bis hin zu meiner Wohnung nicht sonderlich weit war - genauer gesagt brauchte ich dahin nur wenige Minuten - kam es mir vor wie eine Ewigkeit, in der ich in hektischem Tempo rastlos durchs Dorf lief, ohne auch nur ansatzweise zu realisieren, wo ich entlang lief oder was in meiner Umgebung passierte, mit den Augen hatte ich immer starr einen Punkt direkt vor mir fixiert, um nicht über etwas zu stolpern. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam ich endlich vor dem großen, weißen und kahl aussehenden Häuserblock, in dem ich wohnte, zum Stehen - völlig außer Atem, schwer keuchend und mit einem qualvollen Stechen in der Brust, als wäre ich mehrere Male um ganz Kohoha gerannt. Mit zitternden Fingern suchte ich vergeblich in meiner Jackentasche nach meinem Schlüssel, war schon im Begriff, in Panik auszubrechen, als mir einfiel, dass ich den Schlüsselbund nicht einmal eingesteckt hatte. Fieberhaft huschte mein Blick umher, durchforschte jeden noch so kleinen Winkel nach einer Möglichkeit ins Haus zu kommen, denn bei den Nachbarn klingeln konnte ich jetzt doch beim besten Willen nicht, es war mitten in der Nacht! Aber was gab es sonst noch für eine Möglichkeit? Da es eine ziemlich kalte Nacht war und ich immer noch vom Regen - der inzwischen wenigstens aufgehört hatte - durchnässt war, wurde es mir auch allmählich kalt und ich begann, am ganzen Körper zu zittern. Das konnte doch nicht wahr sein! Warum ging denn plötzlich alles schief? Vor wenigen Monaten war doch noch alles in bester Ordnung gewesen, ich hatte Freunde, wurde immer besser beim Training und war einfach glücklich. Und jetzt? Jetzt hatte ich womöglich meinen besten Freund verloren, lief mitten in der Nacht frierend durch ganz Konoha und hatte mich zudem auch noch ausgesperrt. Bei dem Gedanken an Sasuke lief mir augenblicklich ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter und ich drohte wieder von den dürren, schwarzen Fängen der Erinnerung in ein tiefes Loch der Trauer gerissen zu werden, als mich jedoch ein lautes Klirren aufschrecken ließ und in die Realität zurückholte. Der Lärm kam von der anderen Seite des Wohnblocks, wo sich die Gärten befanden. In mir sprühte ein kleiner Funken Hoffnung auf, dass jetzt wenigstens jemand wach gewesen wäre, der mir helfen konnte, in meine Wohnung zu kommen. Rasch machte ich mich auf den schnellsten Weg auf die gegenüberliegende Seite, als ich jedoch in den Gärten angelangt war, stellte ich mit Verwunderung fest, dass in meiner Wohnung Licht brannte. Jedoch machte die Verwunderung schnell dem Gefühl der Erleichterung platz, da ich beim genaueren Hinsehen feststellte, dass die Terrassentür offen stand. Davor zeigte sich auch der Grund für den Lärm, der mich so erschrocken hatte: Ein Blumentopf, in tausend kleinste Teilchen zersplittert auf der hölzernen Veranda liegend, daneben das kleine Kätzchen, das scheinbar hierfür verantwortlich war, neugierig in der feuchten, dreckigen Erde herumgrabend. Mit schnellen Schritten ging ich auf das Malheur zu, schob die Katze grob beiseite, um die Scherben wegzuräumen, als ich jedoch direkt davor stand und auf das Scherbenmeer vor mir sah, stockte ich, zu sehr fühlte ich mich plötzlich wieder an die vergangenen Geschehnisse erinnert. Denn so, wie diese einfache Tonschale durch die Ungeschicklichkeit des Kätzchens zerbrach, so zerbrach auch unsere Freundschaft nur wegen meiner unvorsichtigen und gefühlskalten Reaktion. Nur deswegen, nur wegen der Begebenheiten weniger Sekunden, einer kurzen Gefühlsregung, einer knappen Mimik, die doch so viel aussagte, dass sie eine Freundschaft für immer zerstören konnte. Ohne weiter auf die Scherben vor mir zu achten, rannte ich urplötzlich los, stürmte ins Haus, schloss die Tür hinter mir flüchtig und mit einem lauten Knall und ließ mich im Schlafzimmer angekommen schließlich auf mein Bett fallen. Ich lag dort einfach in der Dunkelheit und starrte einen unsichtbaren Punkt an der Decke an, während die Einsamkeit wieder Besitz von mir ergriff, mich mit ihren knochigen Armen umschlang, mich festhielt, um mich in den bittersüßen, unendlichen Sog der Erinnerungen zu zerren, mich zu verschlingen. Umklammert von der Dunkelheit, versunken in den unendlichen Tiefen der Vergangenheit, wälzte ich mich von einer Seite auf die andere, versuchte der Einsamkeit zu entkommen. Doch Widerstand war zwecklos, die Schwärze hielt mich fest, schnürte mir mit ihren zähen, dunklen Fäden die Kehle zu, schien mir die Luft zum Atmen nehmen zu wollen. Ich konnte nicht entkommen, war gefangen in der einsamen Leere, hörte schließlich auf mich zu wehren und bliebt still liegen, bis ich irgendwann in einen tiefen, unruhigen Schlaf glitt. Es war kalt. Der eisige Wind schlich an mir vorbei, tanzte ausgelassen wie ein Kind durch das wenige Laub, wirbelte es auf, fegte es um mich herum, bis es schließlich wieder friedlich zu Boden segelte. Leise huschte er durch die hohen Baumkronen, brachte die Blätter zum Rascheln, sang mit ihnen seine ruhige, fast gespenstisch wirkende Arie von Stille und Melancholie. Die war jedoch das Einzige, das ich vernehmen konnte, außer dem Flüstern der Wipfel regte sich nichts um mich herum, kein einziger Laut, nur die endlose Stille, die mich fast zu erdrücken schien. Der Untergrund, auf dem im lag, war weich, gab jedoch nicht nach, mein Rücken schmerzte, ich konnte mich kaum bewegen. Wie lange lag ich hier schon? Plötzlich berührte etwas Feuchtes meine Stirn, kein Regen, denn ich hätte längst gemerkt, hätte es zu nieseln angefangen – dies jedoch war nichts anderes als Schnee. Nur ein winziger, perlweißer Eiskristall, der kaum merklich auf meiner Stirn landete, allmählich zerschmolz, schließlich als Wassertropfen mein Gesicht hinabrann und auf den Boden tropfte. Weiße kleine Schneeflocken folgten dem Vorbild des Ersten, fielen auf mein Gesicht hinab und hinterließen feuchte Spuren auf ihrem Weg nach unten. Unsicher hob ich meine Hand, die zuvor auf meinem Bauch geruht hatte, legte sie neben mir ab, spürte die dünne, eiskalte Schneedecke unter meinen dagegen nahezu glühend heiß wirkenden Händen, ließ meine Finger in den warmen Flaum sinken, bis sich meine Fingernägel in etwas härteres, festeres gruben. Es war Erde, feuchte, dreckige Erde, die nun wie Schmutz an meinen Fingern haftete, sie umhüllte. So langsam, wie ich meine Hand zu Boden geführt hatte, so ruckartig zog ich sie wieder zurück, zu erschrocken über die späte Erkenntnis, dass ich hier - wie es schien – mitten im Wald lag, inmitten all den Bäumen, die mich umgaben und mit dem Wind ihr Lied sangen. Inzwischen hatte der Schneefall zugenommen, fiel fortwährend auf mich nieder, bedeckte mich, als wolle er mich festhalten, mich verstecken, mich unter seiner Last am lebendigen Leibe begraben. Verwunderung machte sich in mir breit, als die unzähligen, weißen Flocken abrupt aufhörten auf mich nieder zu rieseln, sodass meine Neugier siegte und ich nun endlich die Augen öffnete. Zuerst nur einen Spalt, ich musste jedoch augenblicklich, geblendet von dem weißen Schnee, blinzeln, bis ich sie schließlich ganz aufschlug. Doch alles, was ich in dem Moment erblickte, waren ein Paar tiefschwarze Augen, schwärzer als die Nacht, tiefer als jedes Meer, sodass man drohte, jeden Augenblick in den bodenlosen Tiefen zu versinken, in ihren Fluten unterzugehen. Kalt starrten diese schwarzen Saphire mich an, ohne jegliche Anzeichen einer Emotion, als konnten sie die tiefen Abgründe meiner Seele durchschauen, jeden ihrer Winkel erforschen, als wollten sie mich mitsamt meiner Gedanken, meines Geistes durchbohren. Nur wenige Zentimeter lagen zwischen meinem Gesicht und seinem, sodass ich seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Die Arme links und rechts von meinem Kopf abgestützt und die Beine über meinem Becken gespreizt kniete er über mir und es blieb mir ein Rätsel, wie er sich in diese Position begeben konnte, ohne das ich auch nur im Geringsten etwas bemerkt hatte. Fortwährend starrte er mir mit eiskaltem Blick in die Augen, während er nach meinen Händen griff, sie mit seinen eigenen umschloss und über meinen Kopf drückte. Was sollte das? Was wollte er von mir? Was hatte ich ihm getan, dass er mich so behandelte? Ich musste mich irgendwie wehren, aber wie? „Sasuke, wa-“ Ich hatte kaum angefangen zu reden, da wurde ich auch schon wieder unterbrochen, jedoch nicht durch Sasukes Stimme, sondern durch dessen warme, raue Lippen, die sich auf meine pressten. Dies war kein echter Kuss, das war schlicht und ergreifend nur die einfachste Methode, mich zum Schweigen zu bringen, meine Worte mit zärtlicher Gewalt verstummen zu lassen. Das war kein Kuss, der ein ‚Ich liebe dich.’ ausdrückte, sondern lediglich ein „Sei Still!’ oder ‚Halt den Mund!’. Aber warum? Als ich jedoch plötzlich kaltes, glattes Metall anstelle von Sasukes Händen an meinen Handgelenken spürte, eine eiserne Klinge, die langsam und qualvoll in mein Fleisch drang, dämmerte mir allmählich, was er vorhatte. Ich konnte genau spüren, wie die ersten Tropfen Blut meine Haut hinabrannen und in den weißen Schnee tropften, während das Messer immer tiefer und tiefer schnitt, immer weiter, als wollte es den Strang an Ereignissen und Taten, der sich Leben nennt, mit einem Male durchtrennen. Ein Gebräu aus Schmerz, Trauer und Wut machte sich in meinem Magen breit, als die Klinge meine Adern erreichte, sie ohne Zögern durchtrennte, sodass sich mein Blut allmählich in die dichte Schneedecke sickerte und sich auf ihr ausbreitete. Schmerz, weil mein Leben hier und jetzt enden sollte, wo ich doch noch so viel vor mir gehabt hätte. Trauer, weil all meine Wünsche für immer unerfüllt blieben. Wut, weil an alledem niemand anderes als mein bester Freund Schuld war, indem er mir das Leben nahm. Sasuke... Für einen Moment übermannte mich die Wut, für einen Augenblick hasste ich Sasuke mehr als alles andere zuvor, weil er gerade im Begriff war mir alles zu nehmen, einfach alles, meine Träume, meine Wünsche, meine Zukunft – mein Leben. Schwach versuchte ich mich zu wehren, ihn irgendwie von mir zu stoßen, doch es brachte alles nichts. Raue Lippen pressten sich stärker gegen die Meinen, Zähne gruben sich in meine Unterlippe, bis der bleierne Geschmack von Blut sich auf meiner Zunge verbreitete. Der Druck auf meinen Hüften verstärkte sich, als wollte er mir damit ein lautloses ‚Ich lasse dich nicht gehen!’ vermitteln. Auch wenn mein Verstand mir sagte, ich solle mich weiter wehren, hielt ich still, denn mein Körper wollte sich nicht mehr rühren, zu kraftlos war er bereits, zu viel Blut tränkte längst den Schnee, als dass ich mich hätte bewegen können. Ich spürte kaum mehr, wie sich das Messer in meinen anderen Arm bohrte, meine Sehnen zerschnitt, bis es auf blanke, weiße Knochen traf. Nichts um mich herum nahm ich noch wahr, nicht den Druck des Gewichts auf meinen Hüften, nicht Sasukes Lippen auf meinen, nicht das feuchte Blut, was allmählich meine Kleidung tränkte. Nur ein Gedanke hatte sich tief in meinem Kopf verankert, schien sich dort festgefressen zu haben: »Mein Leben ist zu Ende. Ich werde hier und jetzt sterben, ermordet von meinem Rivalen, meinem Teamkollegen, meinem besten Freund. Von Sasuke. Nur am Rande realisierte ich, wie Sasuke sich von mir erhob, mir einen letzten, hasserfüllten Blick zuwarf und dann schließlich langsamen Schrittes zwischen den unzähligen Bäumen verschwand. Einen kurzen Moment glaubte ich einen Funken Trauer, ein winziges Bisschen Reue in Sasukes Blick erkannt zu haben. Trauer, dass es so enden musste. Reue, mich, Naruto Uzumaki, seinen besten Freund, getötet zu haben. Ein wenig glücklich darüber, dass Sasuke vielleicht um mich trauern und seine Tat bereuen würde, schloss ich zum letzten Mal in meinem Leben meine Augen und genoss die letzten Sekunden meines doch so kurzen Lebens, bis auch der letzte Rest Leben aus mir verschwand und ich in eines tiefes, schwarzes Loch fiel. Mein Leben war zuende. Mein Herz raste, mein Atem ging schneller als normal und Schweißperlen liefen mir über die Stirn, als ich mit einem Male aufwachte und mich ruckartig aufsetzte. Krampfhaft versuchte ich mich zu beruhigen und zu realisieren, was überhaupt geschehen war, aber das war leicht gesagt. Ich war völlig verwirrt, hatte keine Ahnung, was gerade passiert gewesen war, warum ich so aufgewühlt war und wo ich überhaupt war. Wenigstens letzteres klärte sich recht schnell, denn ich konnte, nachdem ich meinen Blick einmal durch meine Umgebung hatte schweifen lassen, beruhigt feststellen, dass ich mich im Bett meiner eigenen Wohnung befand. Aber was war passiert? Ich hatte scheinbar geträumt, einen Alptraum, aber was? Das Einzige, woran ich mich erinnern konnte, war Blut. Mein Blut. Und Schnee. Und... Sasuke?! Schlagartig wurde mir Alles wieder bewusst. Jedes einzelne Detail tauchte plötzlich wieder in meiner Erinnerung auf, so klar, als wäre es wirklich passiert, als hätte ich wirklich im Schnee gelegen, sterbend, weil Sasuke, mein bester Freund, mich umgebracht hatte. Aber warum zum Teufel träumte ich so etwas? Warum sollte Sasuke mich umbringen? Während ich nach unauffindbaren Antworten suchte dämmerten mir langsam wieder die Erinnerungen der letzten Nacht. Ich erinnerte mich an Sasukes Geständnis, an die Verzweiflung, die ihm förmlich ins Gesicht geschrieben stand und an die Schuldgefühle, die mich geplagt hatten. Hatte er mich in meinem Traum aus Rache umgebracht? Rache dafür, dass ich ihn hatte ohne eine Antwort sitzen lassen? Rache dafür, dass die letzten Wochen meinetwegen so schrecklich für ihn gewesen waren? Rache dafür, dass er mich kennen gelernt hatte, dass ich überhaupt existierte? Warum machte ich mir eigentlich so viele Gedanken über einen Traum? Vielleicht war es einfach nur ein Traum wie jeder Andere, meiner scheinbar zu großen Fantasie entsprungen und vollkommen unrelevant, einfach absurd. Trotzdem nahm mich das Alles ziemlich mit, mein Herz schlug immer noch etwas schneller, als es eigentlich gesund war. Frische Luft hätte mir wirklich gut getan in diesem Moment, also beschloss ich, mich eine Weile ans geöffnete Fenster zu stellen, aber als mein Blick besagtes Fenster erreichte, stockte mir der Atem, mein Herz setzte für Sekundenbruchteile aus. Eine dunkle Silhouette, aus der rote Augen deutlich hervorstachen und mich mit einem undefinierbaren Blick anstarrten. Sharingan-Augen. Einen Moment musterten sie mich gründlich, dann jedoch sahen sie mich direkt an, mit einem Ausdruck in den Augen, der irgendwo zwischen Verzweiflung, Trauer und Verlust lag, bis er den Blick plötzlich zu Boden richtete und gen Himmel verschwand. Was hatte er plötzlich hier zu suchen? Wo wollte er nun hin? Warum hatte er nichts gesagt oder irgendetwas getan, sondern mich nur angestarrt? Und was hatte dieser Blick zu bedeuten? Viele Fragen, so verdammt viele Fragen und keine Antworten, keine Einzige... Sasuke... ________________________________________ Ich bin mit dem Kapitel hier doch wesentlich zufriedener als mit dem Ersten, das Erste finde ich in zwischen ziemlich schrecklich um genau zu sein, aber es scheint ja gefallen zu haben oô Das Kapitel ist auch wesentlich länger und vorallem durchdachter, ich hab mir wirklich lange Gedanken über den Aufbau gemacht und immer wieder was geändert. Und ich weiß, sonderlich nett Anru gegenüber bin ich nicht, das ist aber vollste Absicht. x3 Das nächste Kapitel ist auch schon ca. bis zu Hälfte geplant... Also ich hoff mal, dass das hier auch gefällt ^_^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)