Kätzchen von -Ayla- (DMxHP [SBxRL]) ================================================================================ Kapitel 1: Kätzchen ------------------- Kätzchen Große braune Augen musterten das kleine Kätzchen in den dünnen Armen. Kritisch betrachtete sie das Tier, skeptisch eine Augenbraue hochgezogen. „Und du bist dir absolut sicher, dass das Harry ist?“ fragte Hermine an den Rothaarigen gewandt, von dessen Armen sie von stechend grünen Augen gemustert wurde. Ron nickte eifrig. „Er war in unserem Schlafsaal!“ Die Brünette verdrehte die Augen. Als ob das ein Beweis wäre! Der Junge zeigte auf die rechte Stirnseite des Kätzchens. „Schau doch mal, sieht aus, wie Harrys Narbe!“ Er deutete auf eine blitzförmige Fellzeichnung, die nur geringfügig dunkler war, als das Fell drum herum. Hermine besah sich das Schwarz auf Dunkelgrau. „Die Katze ist sowieso teils getigert!“ Beine, Füße, Bauch und Kinn waren weiß, ansonsten hatte die Klassenbeste natürlich mal wieder Recht. „Aber die Karte der Herumtreiber sagt das auch!“ erklärte der Sommersprossige nun trotzig. „Hm!“ machte Hermine. Das war natürlich ein Beweis. Fachmännisch warf sie einen Blick auf das ihr dargebotene Pergament. Tatsächlich war der Punkt, der Harry darstellte, direkt neben den Punkten, die die beiden Freunde darstellten. Aber was, wenn Harry sich einfach seinen Tarnumhang übergezogen hatte und sich innerlich halb totlachend neben ihnen stand? Hermine sah sich mit zusammengekniffenen Augen um. Ron bohrte seiner Freundin eine Hand in die Seite. „Was?“ Hermine sah Ron ärgerlich an und bemerkte, dass er ihr den zusammengeknüllten silbrigen Stoff des Tarnumhangs entgegenhielt. Sie sah den Rothaarigen perplex an. Er wusste ja, dass Hermine erst in sämtlichen Richtungen überlegen würde, bevor sie ihm glaubte. Also hatte er Vorkehrungen getroffen. Die Brünette sah wieder auf das Kätzchen hinab. „Was hast du nur wieder angestellt, Harry?“ seufzte sie dem Kater entgegen. Dann wandte sie sich vorwurfsvoll an Ron. „Wieso hast du nichts bemerkt?“ „Was sollte ich denn bemerkt haben?“ hakte dieser irritiert nach. War er jetzt mal wieder der Sündenbock, oder wie? „Hast du nicht gemerkt, dass er irgendeinen Zaubertrank gebraut oder einen Zauberspruch benutzt hat? Immerhin wohnt ihr im gleichen Schlafsaal!“ erklärte Hermine. „Es ist ja nicht so, dass du soooo weit weg wohnst!“ giftete Ron zurück, was ein ungeduldiges Fauchen des Katers zur Folge hatte. Die beiden sollten sich verdammt noch mal nicht wieder streiten! Der Rothaarige sah etwas perplex zu dem Tier in seinen Armen hinab, dann hob er den Blick wieder auf seine Freundin. „Nein, ich habe nichts bemerkt. Vielleicht wollte er es geheim halten, weil er ein Mädchen beeindrucken wollte“, grinste er viel sagend. Hermine wiegte bedächtig den Kopf. „Zumindest muss etwas schief gegangen sein, sonst würde er sich zurückverwandeln.“ Das Kätzchen maunzte leise und es kam den beiden Freunden so vor, als wolle es zustimmen. „OK, wir sollten erst zu Madame Pomfrey“, bestimmte Hermine und schritt schnurstracks auf das Loch hinter dem Porträt der Fetten Dame zu. Das Bild schwenkte zur Seite und Ron kletterte der Brünetten nach, Harry noch immer auf dem Arm tragend. Er warf einen kurzen prüfenden Blick auf die Karte des Herumtreibers. „Siehst du, Harrys Punkt verfolgt unseren!“ meinte er leicht triumphierend. Hermine folgte seinem Blick und konnte erkennen, dass er Recht hatte. „Jaja, ich glaube dir ja!“ versicherte sie nun. Ein leises „Unheil angerichtet!“ war zu hören und Ron steckte das nun wieder leere Pergament ein. Gemeinsam schritten sie durch unzählige Gänge, über ebenso viele Treppen, bis sie endlich zum Krankenflügel kamen. Kaum hatten sie auch nur einen Fuß über die Türschwelle gesetzt, kam ihnen die Krankenschwester auch schon erwartend entgegen. „Was ist passiert?“ Madame Pomfrey ließ ihren Blick über beide Körper gleiten, konnte aber weder Verletzungen noch irgendwelche missglückten Flüche an ihnen erkennen. „Nun?“ „Das ist Harry“, erklärte Ron und hielt ihr eine handvoll Katze entgegen. Tatsächlich war das Kätzchen nicht viel größer als Rons Handfläche, doch er musste seine Vordertatzen ein wenig einziehen, damit seine Tatzen nicht ins Leere stocherten. Er saß etwas unsicher auf Rons Hand, war das doch nicht gerade eine große Fläche, auf der er sitzen konnte. Das Kätzchen schien etwas unsicher zum Boden zu blicken. Der war so verdammt weit weg! Er hatte definitiv keine Lust, herunterzufallen. Nachdem er endlich halbwegs sicher saß, hob er sein Köpfchen und sah die Menschenfrau an. „Ah. Habt ihr eine Ahnung, was er angestellt hat?“ wandte sie sich an die beiden Freunde. „Nein“, antwortete Hermine. „Aber es wird nicht der Vielsafttrank sein.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. Jetzt hatte sie sich verraten! „Also, ich meine…“ „Mit dem Vielsafttrank darf man sich ja nicht in Tiere verwandeln, nicht wahr?“ sprang Ron der Brünetten bei und die war dankbar dafür, dass Ron wenigstens einmal in seinem Leben eine halbwegs intelligente Bemerkung hatte fallen lassen. Schließlich musste die Krankenschwester keineswegs wissen, dass Hermines Katzenstruktur damals in der zweiten Klasse von dem verbotenen Vielsafttrank hergerührt hatte. Aber die Katze, die es sich wieder auf Rons ganzem Unterarm, den dieser an seinen Bauch gepresst hatte, bequem gemacht hatte, war komplett verwandelt, Hermine hatte damals schon noch die Statur und die Größe eines normalen Menschen gehabt. „Ich werde ihm trotzdem den Gegentrank dafür verabreichen“, entschied Madame Pomfrey und verschwand sofort in ihrem Büro, in dem sie auch sämtliche Tränke verwahrte. Nach einer kurzen Zeit kam sie dann mit einem kleinen Glasgefäß mit einer grünlich schimmernden Flüssigkeit und einem Schälchen zurück. Sie kippte das kleine Schälchen voll und stellte es auf den Boden. Ron ging in die Hocke und setzte das Kätzchen fast schon liebevoll daneben. Harry war motorisch noch etwas ungeübt, was seinen Katzenkörper anging, daher war er etwas unsicher auf den Beinen, wie ein frisch geborenes Kitten, als er auf das Schälchen zutapste. Er senkte sein Köpfchen ganz tief über das Schälchen, schien erst zu überlegen, wie Katzen überhaupt Flüssigkeit zu sich nahmen, doch dann vertraute er einfach auf seinen Katzeninstinkt und leckte mit seiner Zunge die Tinktur auf. Doch auch längst nachdem er den Trank geleert hatte, tat sich absolut nichts. Das hätte er den drei Menschen, die um ihn herum standen, auch gleich sagen können, wenn er denn reden könnte, also hatte er es ihnen demonstrieren müssen. Er hatte etwas anderes ausprobiert, und zwar… „Dann kann er nur versucht haben, ein Animagus zu werden. Das macht die Sache natürlich um einiges komplizierter. Deshalb muss eine Verwandlung auch angekündigt werden, es muss jemand fachkundiges bei der ersten Verwandlung anwesend sein und er muss registriert werden“, erklärte Madame Pomfrey. Sie nahm nun ihrerseits den kleinen Kater mit der Hand um den Bauch, so dass sämtliche Glider herabhingen und sie hielt ihn leicht über sich, so dass der Kater nach unten blicken musste, um sie anzusehen. „Was du nur immer machst! Du bringst es immer fertig, dich in Schwierigkeiten zu bringen!“ Sie seufzte resigniert. „Genau wie dein Vater!“ Sie ließ die Hand sinken. „Du wirst eine Woche warten müssen, bis Madame Sprout die Alcampas nachgezüchtet hat, bevor ich ein Gegenmittel brauen kann.“ Diesmal nahm Hermine den kleinen Kater entgegen und als sie ihm das Köpfchen streichelte, gab dieser ein zufriedenes Schnurren von sich. ** Ron stürmte gleich auf den blonden Slytherin zu. Das konnte doch nicht wahr sein! Der Rothaarige war sehr erstaunt gewesen, als Harry plötzlich verschwunden war, aber er hätte nicht geglaubt, dass er den Kater nach längerer Suche schließlich ausgerechnet auf Malfoys Armen wieder finden würde. Pansy Parkinson stand quietschend daneben und strich dem Kater immer wieder begeistert über den Kopf. „Malfoy!“ schrie er. „Gib Harry sofort zurück!“ Der hob nur spöttisch eine Augenbraue. „Selbst wenn ich ihn hätte, wer sagt, dass ich ihn dir aushändigen würde?“ Pansy konnte den Blick nicht von der süßen Katze nehmen. Sie war viel zu vernarrt in den Kleinen. Zwar war sie etwas irritiert gewesen, als ausgerechnet Malfoy, der absolut gar nichts mit Tieren anfangen konnte, eben ein solches auf dem Arm hatte, aber sie war hellauf entzückt. Ron deutete mit dem Finger auf das Fellknäuel, das zwischen den Falten des Umhanges des verhassten Slytherin lag. „Das ist Harry.“ Malfoy sah Ron an, als sei er jetzt vollkommen durchgeknallt. Obwohl, so abwegig war das seiner Meinung nach auch gar nicht. Auch Pansy hob nun amüsiert den Blick auf den Rotschopf. „Ja, natürlich, und ich bin der Kaiser von China!“ Malfoys Stimme troff nur so vor Sarkasmus. „Sieh dir doch die Blitzförmige Fellfärbung an seiner rechten Stirnseite an!“ Ron hatte sichtbar und auch hörbar damit zu kämpfen, ruhig zu bleiben und Malfoy nicht an die Gurgel zu springen. Aber der hatte Harry im wahrsten Sinne des Wortes in der Hand. Malfoys Blick war skeptisch, dennoch kam er der Aufforderung nach, nicht auszudenken, wenn er wirklich seinen Erzfeind buchstäblich auf Händen tragen würde. Tatsächlich konnte er besagte Fellfärbung nur allzu deutlich ausmachen. Er gab ein undefinierbares Geräusch von sich und streckte die Arme angewidert von sich. Noch ehe Ron es verhindern konnte, hatte Harry, der durch Malfoys Bewegung aller Grundlagen beraubt worden war, schon wieder sicheren Boden unter den Füßen. Ohne sich weiter um Malfoy oder Ron zu kümmern, rannte er nun auf Hermine zu, die am unteren Treppenabsatz angekommen war. Das Mädchen ging sofort in die Hocke und nahm das Kätzchen wieder auf den Arm. Derweil funkelte Ron Malfoy böse an, doch als er den Mund öffnete, kam Pansy ihm zuvor und schnitt ihm das Wort ab. „Was fällt dir eigentlich ein, das arme Tier einfach fallen zu lassen?“ kreischte sie, so dass es in Rons Ohren, der ja praktisch neben ihr stand, schmerzhaft schrillte. Auf Tinitus war er nicht scharf, wartete aber dennoch gespannt auf Malfoys Antwort. Der Blonde zuckte mit den Achseln. „Ist doch nur Potter!“ „Und? Er hat dir in seiner Katzengestalt doch nichts getan!“ quietschte Pansy weiter. „Potter bleibt Potter! Er hat auch kein reines Blut!“ schnarrte Malfoy. Für ihn war somit das Gespräch beendet. Er drehte sich um, um mit wehendem Umhang Richtung Großer Halle zu gehen, ohne sowohl Ron, als auch die noch immer zeternde Parkinson zu beachten. Ron zuckte mit den Schultern und trat zu Hermine, die gemeinsam nun ebenfalls den riesigen Saal betraten und würdevoll an den anderen Haustischen vorbei schritten. Hermine setzte Harry auf ihren Schoß, auf dem er gelegentlich auch etwas zu Essen zugesteckt bekam. Dennoch blieb Harry nicht vor den Blicken der vielen Mädchen verborgen, die ihn absolut niedlich fanden und jede Menge Tricks erfanden, zu Hermine zu gehen und somit auch den Kater zu erreichen, um ihn zu streicheln. Auch dessen entnervtes Fauchen brachte sie nicht davon ab, so dass die Brünette ihn beruhigend hinter den, verhältnismäßig zum Körper, großen Ohren kraulen musste. ** Harry saß mal wieder auf Hermines Arm, die gemeinsam mit Ron auf dem Weg zum Zauberkunstunterricht war. Das Kätzchen schaute neugierig in die Umgebung. Seit er ein Kater war, erschien ihm alles größer. Die Menschen waren höher gewachsen, ebenso die Möbel. Die Wände schienen himmelhoch, die Gänge verloren sich in der Unendlichkeit. Wenigstens war er dadurch, dass er nun vier Beine zum Gehen benutzte, relativ schnell dort, wo er hinwollte. Dennoch ließ er sich gerne von seiner brünetten Freundin überall hintragen und döste derweil auf dem weichen Stoff ihres Umhanges. Professor Flitwick staunte nicht schlecht, als er den kleinen Kater auf Hermines Arm bemerkte. Doch sie erklärte ihm schnell, dass es sich um Harry handelte und das sie der Meinung war, dass er keinen Stoff verpassen dürfe und dies schließlich die einzige Möglichkeit war, zumindest die Theorie mitzubekommen, denn sie war sich sicher, dass ein Animagus alles mitbekam, was um ihn geredet wurde, dem Harry innerlich zustimmen musste. Trotzdem konnte er nicht anders, als neugierig den Hals zu Flitwick zu strecken und an ihm zu schnuppern. Er wusste noch nicht, wie er die Katzentriebe unterdrücken konnte, war sich aber sicher, es noch zu lernen, schließlich lebte ja auch sein Pate mit seinen tierischen Instinkten. Es wäre sicher einfacher, wenn Sirius ihm das beibringen könnte, aber erstens war sein Pate nicht anwesend und er hatte auch keine Ahnung, wo der sich herumtrieb, zweitens wäre das ein ziemlich einseitiger Unterricht, denn solange er nicht seine Menschengestalt annehmen konnte, konnte er auch keine Fragen stellen. Hermine setzte ihn auf den Tisch vor sich und packte ihre Bücher aus. Er bewegte seinen Schwanz hin und her, wartete, bis seine Freunde alle Unterrichtsmaterialien ausgepackt hatten, woraufhin er sich hinlegte und die Augen halb schloss. Nichtsdestotrotz hörte er aufmerksam zu, denn Hermine hatte schon Recht und es würde ihm schwer fallen, den Unterrichtsstoff einer ganzen Woche nachzuholen. Doch auf einmal sprang er auf. Ihm war langweilig, denn schon die ganze heutige Stunde waren die Schüler damit beschäftigt, aus einem Buch vorzulesen. Also tapste er quer über den Tisch und ohne, dass Hermine oder Ron, die fleißig mitlasen, es mitbekamen, hatte er auch schon die Tischkante erreicht. So sprang er also hinunter auf den Boden und lief unter ein paar Tischen hindurch, an mehren langen Beinen vorbei. Dann nutzte er eine Schultasche als Trampolin und saß auch schon auf einem der Slytherin-Tische. Als er Goyle erkannte, wusste er, dass irgendwas schief gelaufen war. Er hatte wohl in der Dunkelheit unter den Tischen und den vielen schwarzen Umhängen die Orientierung verloren, denn eigentlich hatte er den Tisch der anderen Gryffindor-Jungs aus seinem Schlafsaal angepeilt, um ihnen einen Besuch abzustatten. Diese saßen ein gutes Stück weit weg von dem Tisch, an dem er und seine Freunde normalerweise saßen, denn am Anfang des Schuljahres waren die drei zu spät dran gewesen, so dass selbst Hermine nun ganz hinten im Klassensaal saß. Goyle bemerkte ihn nicht, so dass er sich schnell wieder fangen konnte. Wenn er schon mal hier war, ließ sich doch sicherlich irgendwas anstellen. Harry sah sich um und sein Blick blieb an dem kleinen Tintenfläschchen hängen. Er hatte eine Idee. Schnell hatte er die grüne silbrig schimmernde Flüssigkeit umgekippt, so dass sie nun quer über Goyles Pergamente floss. Der Kater rannte der Flüssigkeit nach, so dass es dem dicken Jungen nun auch auffiel. „Hey!“ protestierte der, doch zu spät. Auch Grabbes und Malfoys Pergamente zierten nun grüne Katzenpfoten. Ohne hinzusehen oder zu erkennen, was auf seinem Pergament war, schlug Malfoy danach, so dass er mit dem Handrücken das Fellknäuel erwischte und dieses auf seinen dünnen Beinchen strauchelte. Harry miaute gequält. Dennoch stand er schon auf Zabinis Pergament, als dieser ihn im Nackenfell packte. „Was soll das?“ funkelte der Schwarzhaarige ihn an. „Genau!“ schloss sich Malfoy nun an, der erkannt hatte, wer der Quälgeist war. Er schielte auf die grünen Katzenspuren auf seinem Pergament, wandte sich wieder grimmig dem Übeltäter zu und griff wütend nach eben jenem. Doch Harry kämpfte erfolgreich gegen den Katzeninstinkt, sich klein zu machen und unbeweglich zu halten, wenn er im Nacken gegriffen wurde. Stattdessen schlug er nun mit seinen Tatzen um sich und schon zierten drei schöne parallele blutigrote Kratzer Malfoys Wange. Der sah ihn perplex an, doch noch ehe er reagieren konnte, griff Professor Flitwick ein. „Am Besten gehen Sie zu Madame Pomfrey. Und nehmen Sie den Kater mit, der stiftet nur Unruhe.“ Malfoy blickte nun noch wütender drein und griff den Kater um den Bauch, der schmerzvoll protestierend aufmaunzte. Der Slytherin schien sich eindeutig unwohl dabei zu fühlen, Harry auch nur anzufassen. Mit verzogenem Gesicht und einem zappelnden Kater in der Hand verließ er den Klassensaal. Da Harry es nicht aufgab, sich zu wehren, lockerte Malfoy seinen Griff etwas und legte ihn schließlich Augen rollend doch wieder auf seinen Arm, auf dem Harry endlich Ruhe gab. Im Krankenflügel angekommen, genügte ein kurzer Zauber, um den eitlen Malfoy von den gesichtsentstellenden Kratzern zu befreien. Besänftigt beäugte er nun den Kater, der friedlich auf seinem Arm zu dösen schien. Der Blonde zögerte, doch dann gab er sich einen Ruck und begann, Harry hinter den Ohren zu streicheln, was dieser mit einem leisen Maunzen quittierte. Nach einem kurzen Blick auf die Uhr beschloss er, dass es sich nicht lohnen würde, zum Unterricht zurückzugehen. Stattdessen beschäftigte er sich mit dem Kater. Potter hin oder her, er war der Einzige, der sich seit geraumer Zeit so nah an Malfoy herantraute. Was der allzu seltsam fand, da sie doch eigentlich Feinde waren. Aber es machte ihm momentan auch gar nichts aus, sie waren alleine, so dass er kein Image aufrechterhalten musste. Er hatte sich auf die zweitunterste Stufe der Treppe gegenüber dem Zauberkunstsaal gesetzt und Harry vor seinen Füßen abgesetzt. Jetzt beobachtete der Blonde amüsiert, wie der Kater die Ohren in eine bestimmte Richtung drehte und sich auf leisen Pfoten davon schlich. Grauen Augen folgten ihm und bemerkten, dass Harry tatsächlich ein kleines Tier aufgespürt hatte. Auf die Entfernung konnte der Junge nicht ausmachen, ob Maus oder sonst was, aber als das Knäuel sich in die Lüfte erhob, konnte er eindeutig feststellen, dass der Kater eine kleine Eule aufgeschreckt hatte. Leise rief der Slytherin nach dem Kätzchen und dessen Ohre drehten sich sofort nach der sanften Stimme um, bevor auch der Kopf folgte und der Kater seine interessierten grünen Augen von dem Piepmatz nahm. Auf Samtpfoten trottete er zu dem Blonden zurück. Was Malfoy allerdings nicht wusste, war, dass Harry der Eule keine Feder gekrümmt hätte, denn er hatte eindeutig Pigwidgeon erkannt und fragte sich, ob der kleine Vogel sich verirrte hatte oder aus welchem Grund er in den Gängen der Zauberschule unterwegs war, anstatt in der Eulerei zu sitzen. Aber er hatte auch erkannt, dass die Eule keinen Brief oder ähnliches am Fuß angebunden hatte und er fragte sich, welche Bedeutung dies hatte. Doch inzwischen war er bei dem jungen Blonden angekommen, der die Hand zum Boden gesenkt hatte, um Harry aufzunehmen. Von der großen breiten Hand des Malfoy-Erben hielt Harry wieder Ausschau nach Pig, konnte ihn aber nirgends entdecken, also widmete er sich wieder dem Slytherin, der den Kater jetzt auf seinem Schoß abgesetzt hatte. Er ließ sich streicheln und schnurrte leise, bis schon nach kurzer Zeit die Tür zum Zauberkunstsaal aufflog. Malfoy setzte wieder seine kalte undurchdringliche Maske auf, erhob sich und kaum, dass er stand, stand auch schon Hermine vor ihm und ließ sich den Kater aushändigen. Harry maunzte kurz zum Abschied und ließ sich von Hermine in den Gryffindorgemeinschaftsraum bringen, in dem er sofort wieder Mittelpunkt der Damenwelt war. ** Am nächsten Tag war Harry einfach nur noch genervt von den ganzen Mädchen, die ihre Hände nach ihm ausstreckten und ihn streichelten. Das ging jetzt schon seit seiner Verwandlung so und er bekam noch mehr Aufmerksamkeit als normalerweise als Der-Junge-der-lebt. Warum war das Interesse an ihm so groß? Immerhin war er nicht die einzige Katze, die durch Hogwarts streifte. Doch er war die einzige Katze, die von jemandem ständig und überallhin mitgeschleift wurde. Hermine ließ ihn nämlich selten alleine und war ständig in seiner Nähe, was ihm auch schon auf den Geist ging, aber leider konnte er sich nicht verständlich machen. Zurzeit saß er auf dem Gryffindortisch, aß Fisch, den Ron ihm hingeschoben hatte und trank Wasser, also typische Katzennahrung. Dennoch ließen auch hier die Mädchen nicht von ihm ab und sobald er mit dem Essen fertig war, wobei er eingehend beobachtet worden war, streckten sie wieder ihre Hände nach ihm aus. Wenn Katzen mit den Augen rollen könnten, dann hätte er es jetzt getan, also begnügte er sich damit, erst den Boden unter dem Tisch genauestens zu beobachten und sich dann fallen zu lassen. Er landete sicher, von seinen Freunden unbemerkt, die sich wegen eines Artikels im Tagespropheten stritten und rannte geschwind unter sämtlichen Haustischen hindurch. Unter dem letzten Tisch an der Wand strich er suchend an den Beinen vorbei, bis er das gefunden hatte, was er gesucht hatte. Geschwind sprang er hoch und rollte sich dann auf Malfoys Schoß zusammen. Der sah erstaunt nach unten, als er ein leichtes Gewicht auf seinen Beinen spürte, musste dann aber schmunzeln, als er das Fellknäuel erkannte. Harry hatte in Katzenmanier die Augen fast geschlossen und entspannte sich nun erst einmal von der vielen Aufmerksamkeit und den vielen Händen, wohingegen Malfoy einfach weiteraß, als sei nichts gewesen. Nachdem der Blonde dann zu Ende gegessen hatte, kraulte er Harry hinter den Ohren, während er sich mit seinen Freunden über ihr nächstes Quidditch-Spiel unterhielt. Der Kater spitzte die Ohren. Er wusste nicht, wer der Gegner Slytherins am Wochenende war, doch aus dem Gespräch konnte er heraushören, dass es Ravenclaw sein musste und sofort dachte er an Cho Chang, doch ihr Gesicht verdrängte er sofort wieder. Diese Erinnerungen wollte er tief in sich vergraben, denn die Enttäuschung war zu bitter. Um sich abzulenken rieb er seinen Kopf an Malfoy, denn der war so vertieft in seine Fachsimpeleien gewesen, dass er längst aufgehört hatte, Harry zu streicheln und der fühlte sich sträflich vernachlässigt. Abermals richtete der Slytherin überrascht den Blick nach unten, doch nun wurde auch Pansy aufmerksam und sah den Kater neugierig an. „Was macht der denn da?“ fragte sie und streckte die Hand aus, um den Kleinen zu streicheln, doch Malfoy fing ihre Hand auf. „Ich nehme an, er hatte einfach die Nase voll, von den ganzen Mädchen betatscht zu werden“, erklärte der Blonde, während er Pansy in die Augen sah. Die nickte verstehend und der Junge ließ ihre Hand los, die Pansy auch sofort wieder zu sich zog. „Ich dachte, du magst ihn nicht?“ erkundigte sie sich. Malfoy sah auf den Kater hinab. „Naja…“ Doch weiter kam er nicht, denn scheinbar hatte Hermine Harry gefunden. „Was machst du mit Harry, Malfoy?“ fragte die Brünette scharf, hatte Ginny, Lavender und Parvati im Schlepptau, die offensichtlich nur darauf warteten, den kleinen Kater wieder in die Hände zu bekommen. Angesprochener fixierte sie mit seinen grauen Augen. „Ich tue gar nichts, Streberin. Er ist freiwillig zu mir gekommen und wie du siehst, halte ich ihn auch nicht auf.“ Zur Demonstration hob Malfoy beide Hände, doch wie vorhergesagt, blieb der Kater dort sitzen, wo er war, ließ nur seine Ohren etwas zucken. „Er kann kommen und gehen, wann er will“, setze der Blonde noch hinzu. Hermine schnaubte, drehte sich dann aber um, um zu gehen. Harry hatte seinen freien Willen und scheinbar gefiel es ihm auf Malfoys Schoß. Auch den Rest des Tages verbrachte der Gryffindor bei dem Slytherin, die sich auch ohne Worte verstanden. Allerdings schleppte Malfoy den Kater meistens nicht mit sich herum, sondern Harry lief neben ihm her und spielte mit Malfoys Umhangsaum. ** Zwei Tage später hatten sie zunächst Kräuterkundeunterricht. Professor Sprout erklärte ihm den Fortschritt im Wachstum der Alcampas, bevor sie mit dem Unterricht begann. Harry sah interessiert zu, wie Hermine und Ron Pflanzen umtopften, Wurzeln schnitten und Früchte ernteten. Die Pflanzen, die sie heute behandelten, waren alles andere als gefährlich. Bei dem dritten Gewächs wiederholte sich alles und Harry beschloss, sich davon zu stehlen und das Gewächshaus aus Katzenperspektive zu erkunden. Überhaupt waren alle Pflanzen in diesem Gewächshaus ungiftig, also konnte der Kater sich nach Herzenslust austoben. Er ließ lange herabhängende Blätter über seinen Körper streicheln, was leicht kitzelte. Der Kater schlug mit den Pfoten nach den Blättern und sah begeistert zu, wie sie wieder zu ihm zurück schwangen. Innerlich wunderte der Zauberer sich, womit er sich als Katze so alles beschäftigen konnte. Er konnte stundenlang einfach nur dösen, stundenlang diesen Blättern zusehen, sich stundenlang von Malfoy, Hermine oder Ron kraulen lassen – die drei waren die Einzigen, bei denen er es nicht als unangenehm empfand. Seit er eine Katze war, war er noch gar nicht richtig draußen gewesen, hatte sich also weder mit Mäusen, noch mit Vögeln konfrontiert gesehen, abgesehen von dem kleinen Zusammenstoß mit Pigwidgeon. Doch jetzt hatte er eine Maus entdeckt. Leise pirschte er sich heran, den Körper nah an den Boden gepresst und ließ das Tier nicht aus den Augen. Er fühlte, dass sein Körper angespannt war und verfluchte diesen Katzeninstinkt, denn töten wollte er eigentlich niemanden, auch keine Maus. Jedoch hatte er schnell einen Grund gefunden, sich zu entspannen, denn mittlerweile war er näher heran und konnte feststellen, dass die Glaswand des Gewächshauses die Maus gerettet hatte. Der Kater setzte sich vor die Glasscheibe und beobachtete die Maus gewissenhaft, den eigenen Schwanz hin und her schwingend. Doch auch dies wurde ihm mit der Zeit zu langweilig. Die Maus knackte Nüsse und ansonsten gab es nichts Interessantes zu sehen. Davon einmal abgesehen, dass die Maus sich auch nicht von ihm stören ließ. Wahrscheinlich hatte sie ihn nicht bemerkt, da er ja hinter der Scheibe in dem Gewächshaus saß. Also beschloss er, wieder zu der Klasse zurückzutrotten. Als er zurückkam, waren seine Mitschüler dabei, ihre Arbeitssachen zusammen zu packen. Verwundert stellte er fest, dass Malfoy sich besorgt suchend umblickte, doch als er den kleinen Kater entdeckte, umspielte ein leichtes erleichtertes Lächeln seine Lippen. Doch als er bemerkte, dass auch das Kätzchen ihn ansah, wandte er sich schleunigst ab. Harry tapste auf den groß gewachsenen Slytherin zu und strich ihm um die Beine. Scheinbar hatte sich der Ältere doch tatsächlich Sorgen um das Kätzchen gemacht. ** Nach dem Abendessen folgte der Kater Malfoy durch die Gänge von Hogwarts. Überhaupt verbrachte er seit dem missglückten Zauber mehr Zeit mit dem Blonden, als mit Ron und Hermine. Was aber keinesfalls daran lag, dass er die beiden nun plötzlich nicht mehr mochte. Im Gegenteil, sie schienen es sogar zu akzeptieren, dass er sich so eingehend mit dem Slytherin beschäftigte, also gab es keinen Anlass, sauer zu sein. Nein, der Grund war schlicht, dass Ron und Hermine schnell von vielen Mädchen umzingelt waren, die den kleinen Kater streicheln wollten, wohingegen Malfoy meist alleine war und sich niemand an den Eisprinzen herantraute, somit hatte auch Harry seine Ruhe. Ihm war allerdings aufgefallen, dass Crabbe und Goyle in letzter Zeit nicht mehr so oft um ihren Boss herumwuselten, wie das früher der Fall war. Er fragte sich, was wohl der Grund dafür sein mochte. Vielleicht waren die beiden jetzt unter Malfoys Würde, da der endlich erkannt hatte, dass ihre Intelligenz weit hinter seiner eigenen zurücklag. Oder Malfoy war der Meinung, keine Bodyguards mehr zu benötigen, da Harry als Kätzchen sowieso nichts gegen ihn ausrichten konnte. Doch wenn es so war, dass er glaubte, sich vor Harry schützen zu müssen, würde er sich jetzt nicht täglich mit dem verwandelten Zauberschüler abgeben, denn dem blieben die kleinsten Angewohnheiten des Blonden nicht verborgen. Vielleicht hatten sie sich auch einfach nur verkracht, Malfoy wollte seine Ruhe haben oder sonst was. Aber ansonsten schien der Eisprinz recht einsam. Pansy hatte ihren Fanclub aufgegeben, seit sie einen Freund hatte, Millicent Bullstrode hatte durch einen Umzug bedingt die Schule gewechselt und Zabini steckte all seine Energie in ein geheimes Projekt. Hinzu kam, dass Malfoys Eltern zurzeit beide in Askaban einsaßen. Harry fragte sich, welche Bezugsperson Malfoy überhaupt momentan noch hatte. Er selbst hatte ja wenigstens noch seinen Paten. Zu sehr in diesen Überlegungen vertieft, die man, wie er erschreckenderweise feststellte, schon fast Sorgen nennen konnte, bemerkte der Kater nun erst, dass die Gänge um ihn herum immer dunkler wurden. Sie waren bei den Kerkern angekommen. Vor einem dunkelgrünen Wandteppich blieb sein Begleiter stehen. Das Kätzchen legte fragend das Köpfchen schief und blinzelte zu dem Grauäugigen empor. Wenn er sich nicht irrte, war dies der Eingang zum Slytheringemeinschaftsraum. Er wusste nicht, was Malfoy nun tun wollte. Harry setzte sich abwartend hin, doch er hörte, wie Malfoy etwas murmelte und sah, dass dieser auch schon durch den Teppich trat. Dennoch blieb er genau dort sitzen, wo er war. Seiner Meinung nach hatte er kein Recht, einfach dort einzudringen, es sei denn, er würde direkt dazu aufgefordert. Ein Kopf tauchte wieder aus dem Wandbehang auf und sah sich suchend um. Harry musste innerlich grinsen. Hätte er es nicht besser gewusst… es erinnerte ihn stark an die vielen Köpfe der ehemaligen Hauselfen, die auf einem Wandpodest an den Wänden ausgestellt wurden. Außerdem war Malfoy quicklebendig, was Harry auch sofort zu spüren bekam, denn kaum hatte der ihn entdeckt, erschien noch zusätzlich ein Arm aus dem grünen Stoff und schnappte sich den Kater. Der gab ein etwas überraschtes Maunzen von sich. Nicht nur, dass es ungewöhnlich war, dass Malfoy ihn packte, denn meistens ließ der ihn in Ruhe, so dass Harry selbst entscheiden konnte, ob er dem Blonden folgte oder eine andere Richtung einschlug, sondern er hatte auch, wie er im Stillen vor sich selbst zugeben musste, etwas Bammel davor, den Slytherinwohnbereich zu betreten, obwohl die meisten Slytherin wahrscheinlich noch gar nicht mitbekommen hatte, dass ihr Erzfeind Potter ein kleines Kätzchen war, doch ob das bedeutete, dass sie ihm nichts tun würden, das war fraglich. Doch zu seinem Glück war der Oberslytherin wohl sein Beschützer, weshalb er gleich wieder still war, als Malfoy ihn durch den Wandbehang zog. In dem kalt wirkenden grauen Raum sah Harry sich neugierig um. Nicht nur, dass Malfoy nicht unbedingt mitbekommen sollte, dass er hier schon einmal in seinem zweiten Schuljahr gewesen war, sondern auch, weil er neugierig war, wie sich alles in den vier Jahren, die zwischenzeitlich vergangen waren, verändert hatte. Der blonde Junge setzte den Kater auf dem Boden ab und sah lächelnd dabei zu, wie dieser den ihm riesig vorkommenden Raum auf tapsigen Beinen erkundete. Derweil setzte Malfoy sich in einen der behaglich aussehenden grün gepolsterten Sessel am Kamin. Eine Weile versuchte er, der verspielten Katze mit den Augen zu folgen, doch der sauste unter dunklen Umhängen hindurch, so dass er bald nicht mehr zu sehen war. Zum Glück waren nicht allzu viele Schüler da, so dass Harry keine Panik schieben brauchte, entdeckt zu werden. Währenddessen starrte Malfoy nachdenklich in die Feuersbrunst, wurde erst wieder aus seinen Gedanken gerissen, als der Kater schließlich wieder auf seinen Schoß sprang. Der Blonde war überrascht, wie schnell das Kätzchen seinen Erkundungsgang beendet hatte und kraulte ihn gedankenverloren. Harry schnurrte sanft und der Slytherin spürte eine angenehm beruhigende Wirkung. Später am Abend nahm Malfoy den Kater auf seine Hand, stand auf und stieg einige Treppen empor. Abermals sah das Tier ihn fragend an, doch auch diesmal gab Draco keine Antwort. Stattdessen staunte Harry nicht schlecht, als sie plötzlich ganz eindeutig in einem der Schlafsäle standen. Mit großen grünen Augen musterte er die gleichfarbigen Himmelbetten. Irgendwie hatte er ja eigentlich fast schon erwartet, dass die Slytherins auf harten Holzpritschen schlafen würden, um ihre Härte und Disziplin zu demonstrieren. Erst als Malfoy ein bestimmtes Bett ansteuerte, wurde Harry so wirklich klar, wo er sich befand und er fühlte sich sogleich unwohl in seiner Haut. Der Junge setzte ihn auf der Decke ab. „Bin gleich wieder da!“ lächelte er sanft, zog etwas unter der Bettdecke hervor und war kurz darauf durch eine andere Tür im Zimmer verschwunden, hinter der Harry einfach mal das Bad vermutete. Er warf einen Blick auf die verschlossene Zimmertür. Wenn ihm nicht der Zufall zu Hilfe kommen würde und jetzt nicht jemand den Schlafsaal betreten würde, dann säße er hier in der Falle. Aber wieso tat Malfoy das? Ihn mit sich ins Schlafzimmer zu nehmen, so was taten Feinde nicht. Eigentlich. Doch so lange er auch die Tür anstarrte, den anderen Bewohner hier im Saal schien es noch zu früh zu sein, diesen zu betreten. Stattdessen schwang nun die Badezimmertür auf und ein komplett umgezogener Malfoy stand keine zwei Sekunden später vor ihm. Malfoy trug, wie konnte es auch anders sein, einen grün-silbernen Pyjama. Harry stellte sich auf seine vier Pfoten, wollte schon vom Bett hinunter springen, aber Malfoy fing ihn geschickt unter dem Bauch auf, so dass dem Kater nichts anderes übrig blieb, als seine Gliedmaßen herabbaumeln zu lassen. Es war kein Wunder, dass er ihn erwischte, immerhin hatte er das ständige Quidditch-Training und er war nicht umsonst der Sucher der Mannschaft. Er hatte zwar noch nie den Schnatz vor Harry selbst gefangen, aber es musste ja irgendeinen Grund haben, dass Slytherin die anderen Spiele immer gewann, obwohl er nicht wusste, inwiefern Malfoys Sucher-Fähigkeiten damit zu tun hatten, doch es wurden ja nur selten Spiele gewonnen, ohne dass das Siegerteam den Schnatz gefangen hatte. Er zappelte leicht, um sich aus Dracos Umklammerung zu befreien, während der die grünen Vorhänge um das Bett zuzog und sich dann in sein Bett und unter die Decke legte, wollte den Kater aber scheinbar nicht loslassen. Es schien, als hätte er Angst, dass dieser sich dann verziehen könnte. Stattdessen drückte Draco das Kätzchen an seine Brust. „Bleib bitte bei mir, Harry“, flüsterte Malfoy leise. Angesprochener hob den Kopf und sah, dass der Blonde ihm traurig entgegenblickte, während er wieder begonnen hatte, den Kater zu streicheln. „Du bist doch der Einzige, den ich noch habe.“ Der Junge verstummte und blickte das Tier eine Weile schweigend an, bevor er weiter sprach. „Der Einzige, der mir noch so was wie Aufmerksamkeit schenkt.“ Er legte sich auf die Seite, den Kater neben sich auf der Matratze. „Am Anfang habe ich dich wirklich gehasst.“ Ein leises Seufzen war zu vernehmen und er schloss kurz besinnend die Augen, doch er hatte sich dazu entschlossen, es sich von der Seele zu reden. „Wie du weißt, bin ich Einzelkind“, fuhr er schließlich leise fort und sah den Kater dabei wieder an, der ihn eingehend zu mustern schien. „Meine Eltern haben mich immer verwöhnt und verhätschelt, mir jeden Wunsch von den Augen abgelesen, ich konnte immer meinen Willen bei ihnen durchsetzen. Und sie haben mir von dem berühmten Potter-Jungen erzählt. Als ich dann hörte, wir wären im gleichen Jahrgang, habe ich mich ehrlich darüber gefreut, dich kennen zu lernen, was wiederum meine Eltern nicht erfreut hätte, hätten sie davon gewusst, immerhin warst du ja der Grund, weshalb sie verfolgt worden waren und Voldemort von der Bildfläche verschwunden war. Bei unserer ersten Zugfahrt musste ich natürlich sofort wissen, wer dieser Potter war und war enttäuscht, schon einen Zauberer-Freund an deiner Seite zu sehen, und dann ausgerechnet noch einen Weasley. Ich war sauer, wütend und verletzt, denn bis dahin hatte ich immer alles bekommen, was ich wollte. Dennoch habe ich mich dir als Freund angeboten, aber als alleinigen Freund, kein Weasley sollte mir dazwischenkommen. Doch ich wurde erneut enttäuscht, da du mir ja eine eindeutige Abfuhr erteilt hast. Und schon war der Hass da. Hass, Neid und Eifersucht auf Weasley, der in deiner Nähe sein durfte, mit dir befreundet war. Hass auf den berühmten Potter, weil er mich abgelehnt hatte, weil er mich nicht als Freund brauchte, weil er mich ignorierte. Dieses Gefühl wurde immer wieder aufs Neue entfacht, jeden Tag, wenn ich dich gesehen habe. Deshalb konnte ich mir die bissigen Bemerkungen und die Häme nicht verkneifen und fand Gefallen daran, dich leiden zu sehen. Aber mit jedem Schuljahr, das verging, wurdest du stärker, vor allem innerlich. Ich kam mir vor, als wäre ich in einem Straßengraben ausgesetzt und zurückgelassen. Also musste ich dir wehtun, denn du warst Schuld. Ich wollte nichts weiter, als deine Aufmerksamkeit. Jetzt sind meine Eltern in Askaban, meine Freunde wurden erwachsen, ohne weiter an mich zu denken und ich sitze noch immer einsam am Straßenrand und sehe zu, wie alle an mir vorbei laufen, ohne mich eines Blickes zu würdigen.“ Draco seufzte abermals, doch diesmal vor Erleichterung. Er hatte es endlich jemandem sagen müssen, anstatt seine Ängste in sich hineinzufressen und dass er es Harry erzählt hatte, umso besser. Der Blonde schloss müde die Augen. Zwar war er nicht körperlich müde, aber dieses Geständnis hatte ihn geistig angestrengt, denn es war sehr schwer für ihn, das alles zuzugeben. Harry schlich sich auf Samtpfoten zu Dracos Gesicht, das ihm noch immer zugewandt war. Der öffnete erschrocken die Augen, als er die raue Zunge des Katers über seine Wange streichen fühlte. Im Gegensatz zu dem Kätzchen hatte Draco nicht bemerkt, dass ihm salzige Tränen über die Wangen flossen. ** Sie waren in der Nähe von Hagrids Hütte bei ihrem Pflege-magischer-Geschöpfe-Unterricht. Die meisten Schüler saßen eher teilnahmslos in der Wiese, zupften gelangweilt das Gras. Einzig Hermine schien den Ausführungen des Halbriesen zu folgen und auch Ron täuschte sein Interesse nur vor. Heute war das Wetter viel zu schön, um es mit einschläferndem Unterricht zu verbringen. Malfoy hingegen beobachtete den Kater eingehend. Harry lag vor der niedrigen Umzäunung flach an das saftig grüne Gras gepresst in Lauerstellung. Die Ohren lauschten aufmerksam, doch nicht den Worten des Lehrers, sondern auf Geräusche der Tiere, die Hagrid ihnen heute vorstellen wollte. Durch seine grünen Augen beobachtete er die Tiere. Sie sahen aus, wie Ratten, hatten aber keinen Schwanz und kakigrüne oder braune Schuppen. Malfoy verfolgte amüsiert das Interesse des Katers. Dessen Instinkt sagte zwar ‚Angreifen!’ aber er wusste aus Erfahrung, dass die Tiere, die Hagrid behandelte, meist gefährlich waren und er hatte keine Lust, am eigenen Leib zu spüren, ob die Viecher nun Feuer oder Säure spuckten. Dennoch ließ er die Tiere, die in dem Gatter übereinander herwuselten, nicht aus den Augen. Bis seine Ohren plötzlich etwas vernahmen. Der Kater drehte diese nach hinten und bald folgte sein Köpfchen. Er hatte eindeutig ein Geräusch gehört, das aus dem Verbotenen Wald kam und er hatte die schuppigen Ratten in dem Käfig sofort vergessen. Einer Eingebung folgend, preschte er kurz darauf davon. Verwundert sah Malfoy ihm nach, aber vorerst konnte er seinen Platz nicht verlassen, wenn es auch nicht jedem gleich aufgefallen wäre, wenn er es getan hätte, da er alleine etwas abseits stand. Das Kätzchen lief geschwind über die sonnenüberflutete saftig grüne Wiese, am Rand des Verbotenen Waldes entlang. Bald darauf erschien ein riesiger schwarzer Hund auf der Bildfläche. Der Blonde konnte sehen, wie Harry sofort eine andere Richtung einschlug, aber nicht zu seinen Mitschülern zurück, sondern auf das Schloss zu. Malfoy keuchte leise auf und stieß sich von dem Holzzaun um Hagrids Garten ab. Der Hund würde dem Kater doch nichts tun? Das würde er nicht zulassen! Noch ehe jemand reagieren konnte, rannte er auch schon den leichten Hügel zu den Eingangstoren von Hogwarts hinauf. „Mister Malfoy!“ schrie Hagrid dem flüchtigen Schüler hinterher, doch dieser ignorierte es. Hermine folgte ihm zunächst mit den Augen, bevor sie diese zu dem Hund und dem Kater gleiten ließ. Sie erfasste die Situation intuitiv und setzte sich sogleich ebenfalls in Bewegung. „Hermine!“ rief Hagrid, wurde aber abermals ignoriert. Der Bärtige wandte sich Ron zu, der schon im Begriff war, seiner Freundin zu folgen. „Du bleibst hier!“ befahl er harsch. „Und die anderen ebenfalls!“ Er funkelte den Rest der verwunderten Schüler an, als hätten auch sie vor, ungefragt den Unterricht zu verlassen. Ron gab sich gefügig und schaute Hermine und Malfoy nach. Derweil hatte Malfoy die Eingangshalle der Schule erreicht. Schnell sah er sich um und erkannte, dass Harry einfach unbeweglich am Boden hockte, während der große Hund sich ihm schwanzwedelnd mit der Schnauze näherte. Panik erfüllte ihn, als der Hund diese dann auch noch öffnete und er die scharfen Eckzähne aufblitzen sah. Beherzt sprang Malfoy auf den Kater zu, umgriff ihn schützend mit der Hand und rollte sich über die Schulter auf dem Boden ab. Ein stechend scharfer Schmerz durchzog seine Schulter, doch das war ihm egal. Ein Knie beließ er auf dem Boden, während er ein Bein aufstellte. Wütend blitzte er den Hund an, der ihn scheinbar nur verwirrt und fragend ansah. „Schnuffel?“ erschallte nun Hermines Stimme von der Eingangstür und sie betrachtete den großen Hund. Das Mädchen hatte noch gerade gesehen, was passiert war. Sie blickte kurz zu Malfoy, war doch überrascht, dass dieser, nun ja, sein Leben hatte er wohl nicht aufs Spiel gesetzt, jedoch schwere Wunden billigend in Kauf genommen, für Harry. „Lass Harry los!“ meinte sie dann zu Malfoy gewandt. „Aber…“, wollte Malfoy protestieren, wurde aber unterbrochen. „Nun mach schon!“ schnitt die Brünette ihm scharf das Wort ab. Widerwillig folgte Malfoy ihrer Anweisung, zumal der Kater nun kläglich miaute. Der Hund schritt abermals auf den sitzenden Kater zu, doch Malfoy wich ihm keinen Deut von der Seite. Sorgevoll sah er zu, wie sich die große Hundeschnauze erneut öffnete und er spannte sich an, um doch noch eingreifen zu können. Jedoch ließ der Hund nur eine große rosafarbene Zunge herausschnellen und leckte damit dem Kater mehrfach über den Kopf und den ganzen Körper. Malfoy sog überrascht die Luft ein, hatte er doch mit allem gerechnet, nur damit nicht. Er hatte wirklich geglaubt, der Hund wolle seine Reißzähne in das kleine Kätzchen schlagen. ‚Aber seit wann essen auch Hunde Katzen?’ schalt er sich in Gedanken einen Narren. Als er nun hoch sah, kam Hermine mit einem sanften Lächeln auf sie zu, das wohl den beiden Tieren galt. Gerade, als sie ihre Hand nach dem Hund ausstrecken wollte, hob der lauschend den Kopf. Bereits kurze Zeit später stand Snape am oberen Treppenabsatz. „Miss Granger, Mister Malfoy, wieso sind Sie nicht in Ihrem Unterricht?“ Seine Stimme tropfte vor Fett genauso wie seine Haare. Malfoy konnte beobachten, wie der Hund sich setzte und sich das kleine Kätzchen fast unter ihm verkroch. Es sah so aus, als wollte Harry sich regelrecht unter den großen Köper schieben. Er wandte dem Lehrer seine Aufmerksamkeit zu, denn Hermine hatte erstaunlicherweise noch nicht geantwortet. „Besondere Umstände“, nuschelte er erklärend, glaubte aber nicht, dass Snape das durchgehen ließ. „Besondere Umstände?“ wiederholte der Lehrer kalt und musterte den Slytherin eingehend. Dann wandte er sein Interesse der Brünetten zu. „Sie werden beide eine Strafarbeit erhalten.“ Er ließ seinen Blick zu den beiden Tieren schweifen und betrat dann einen der Gänge außerhalb der Sichtweite der anderen Anwesenden. „Wir sollten uns einen leeren Klassenraum suchen“, murmelte Hermine leise. Malfoy zog erstaunt eine Augenbraue hoch. Er hatte jetzt angenommen, die Streberin würde nun sofort zum Unterricht zurückstürmen. Es hatte ihn sowieso verwundert, dass sie ihm gefolgt war und hoffte nun, den Grund zu erfahren. Der Blonde sah, dass der Hund aufstand und das Kätzchen mit den Zähnen im Nackenfell packte. So konnte er das kleine Tier bequem transportieren. Er setzte sich in Bewegung und folgte Hermine, Malfoy schloss sich kurz darauf ebenfalls an. Die Brünette hatte schnell einen leer stehenden Klassensaal gefunden und dirigierte den Rest der Gruppe hinein, bevor sie die Tür wieder hinter sich schloss. Gerade wollte Malfoy den Mund öffnen, um nachzufragen, was hier vor sich ging, als er bemerkte, dass der Hund kein Hund mehr war und stattdessen ein Zauberer mit langen schwarzen Haaren vor ihnen stand, der den Kater auf einer Hand trug. „Was hast du nur angestellt, Harry?“ Er musterte das Kätzchen ausgiebig aus seinen blauen Augen. „Ein missglückter Animagus-Zauber“, klärte Hermine ihn auf, woraufhin Sirius bedächtig nickte. „Sieht so aus.“ Der Ältere richtete seinen Blick auf die Brünette. „Als wir davon erfahren haben, mussten wir uns einfach vergewissern, wie es ihm geht.“ Er wandte den Blick wieder auf den Kater. „Aber anscheinend ja ganz gut.“ Der Zauberer kraulte sein Patenkind hinter den Ohren und erntete wohliges Schnurren. „Wir?“ hakte Hermine nach. „Öhm…“ Sirius sah betreten drein. „Danke, dass du mich verraten hast“, war nun eine sarkastische Stimme aus dem Nichts zu vernehmen. „’Tschuldige“, murmelte Sirius schuldbewusst. Ein Seufzen erklang und plötzlich stand Remus Lupin mitten im Raum. Er legte sich den Tarnumhang über den Arm und wandte sich lächelnd an Hermine. „Hallo, Hermine.“ „Professor Lupin!“ kam es nun überrascht von Malfoy. Es war das erste Mal seit langem, dass er das Wort ergriff; was bisher geschehen war, hatte ihm die Sprache verschlagen. „Ich bin hier kein Lehrer mehr, Mister Malfoy. Mister Lupin genügt vollkommen“, lächelte Remus auch den Blonden freundlich an, während Sirius’ Gesichtsausdruck eher grimmig erschien. Zu gut kannte er Lucius Malfoy und war sich sicher, dass der Spross nicht wesentlich anders war. Dennoch sagte er nichts, beschäftigte sich nur mit seinem Patenkind. „Wieso der Tarnumhang und die Verwandlung?“ fragte das einzige Mädchen nun neugierig. Abermals seufzte Remus. „Ich bin ein schwarzmagisches Wesen. Alle Zauberer denken, dass diese automatisch die Bösen sind und zu Voldemort gehören.“ Sirius zuckte mit den Achseln. „Ich werde noch immer als angeblicher Mörder vom Zaubereiministerium gesucht.“ Er warf wie beiläufig einen forschenden Blick zu Malfoy. Es würde sich noch herausstellen, ob der Blonde sie verraten würde. Plötzlich flog die Tür auf und die Anwesenden herum, doch es war nur Ron, der in der Tür stand. „Ich soll dir von Madame Pomfrey sagen, dass der Trank bereits heute fertig ist!“ erklärte der Rothaarige. Eigentlich sollte es erst in zwei Tagen soweit sein, aber je früher, desto besser, wie Harry fand. Sirius fragte sich sogleich misstrauisch, weshalb der Weasley-Spross nicht überrascht war, sie hier alle zu sehen, doch dann fiel sein Blick auf ein Stück Pergament in der Hand des Sommersprossigen, das auch erklärte, wie er sie gefunden hatte: die Karte der Herumtreiber. „Wer hat ihn gebraut?“ erkundigte Sirius sich argwöhnisch. Er traute Snape keinen Schritt, doch er wusste ja, dass dieser hier Zaubertränkeunterricht gab. „Professor Slughorn, der neue Lehrer für Zaubertränke. Snape unterrichtet jetzt Verteidigung gegen die dunklen Künste“, klärte Ron ihn auf. „Aha“, brummte Sirius. War es nun wirklich besser oder eher schlechter, dass Snape nun VgddK unterrichtete? „OK, dann auf!“ rief Hermine, die sichtlich froh war, dass Harry bald wieder seine normale Gestalt annehmen würde, wohingegen Malfoy dem eher mit gemischten Gefühlen entgegen sah. Immerhin hatte er Potter ziemlich viel aus seiner Gefühlswelt erzählt, wohingegen von diesem erst noch eine Reaktion darauf folgen musste. Sirius und Remus tauschten einen kurzen Blick. „Wir werden hier warten“, erklärte Remus dann. „Aber lasst uns die Karte da, damit wir wissen, wenn jemand hierher kommt“, fügte Sirius hinzu, wonach Ron ihm besagte Karte überreichte. Die vier machten sich also alleine auf den Weg zum Krankenflügel, der Kater trottete neben ihnen her. Er freute sich ungemein darüber, endlich seinen menschlichen Körper zurückzuerhalten, die ganzen Mädchen hatten ihm das Katzendasein wahrlich zur Hölle gemacht. Dem Einzigen, dem er vielleicht etwas nachtrauern würde, wären wohl Malfoys Streicheleinheiten. Dieser Gedanken überraschte ihn, aber er stellte fest, dass das wohl die Wahrheit war. Kurz vor dem Eingang zum Krankensaal strich er noch ein letztes Mal um Malfoys Beine, der ihn auch prompt auf den Arm nahm und noch einmal drückte, während Ron die Tür öffnete und die beiden Gryffindors bereits den weitläufigen Saal betraten. Malfoy folgte den beiden in einigem Abstand. Ihm war irgendwie mulmig in der Magengegend, es war, als müsse er seinen einzigen Freund hergeben, aber er wusste, dass es besser sein würde. Besser für Harry zumindest. Den Blonden hingegen ergriff eine Art Melancholie und dennoch bewegten sich seine Beine automatisch zu Madame Pomfrey, die sie schon zu erwarten schien. Die Krankenschwester füllte ein kleines Schälchen mit einer roten, bläulich schimmernden Flüssigkeit und setzte diese auf dem Boden ab. Harry sah Malfoy noch einmal aus seinen grünen Katzenaugen an, bevor dieser ihn neben dem Schüsselchen absetzte. Dann wandte er seine komplette Aufmerksamkeit dem Gebräu zu. Er tauchte seine Zunge hinein und spürte sofort ein Kribbeln darauf. Hastig trank er weiter und stellte fest, dass dies endlich mal ein Zaubertrank war, der auch halbwegs schmeckte. In seiner Zaubererlaufbahn hatte er ja schon genug Erfahrung mit allerlei Heiltränken gemacht, so dass er dies beurteilen konnte. Nachdem die Schale geleert war, geschah erst einmal nichts und Draco fragte sich schon besorgt, ob es nicht wirkte. Doch mit einem Mal saß Harry wieder vor ihnen. Er trug Teile seiner Schuluniform und machte ein etwas verwirrtes Gesicht, ob seiner seltsamen Sitzposition, denn er hatte beide Beine nach außen angewinkelt neben sich liegen, was sehr unangenehm war. „Du hast noch deine Katzenohren“, flüsterte Hermine leise und jetzt erst fiel es auch Malfoy auf. „Und deinen Katzenschwanz“, fügte Ron leise hinzu. Harry hob beide Hände zu seinem Kopf und tastete nach seinen Ohren. Als er die fellbewachsenen spitzen Objekte berührte, wurde sein Blick noch verwirrter und etwas entsetzt. „Tja, ich kann dir noch etwas von dem Trank bringen, aber nicht zu viel, sonst schadet dir das“, mischte sich nun Madame Pomfrey ein. „Ich…“ begann Harry, doch seine Stimme war nur ein einziges Krächzen, was ihn sofort abbrechen ließ. Draco ging vor Harry in die Hocke und beugte sich zu ihm. Er hatte etwas gesehen, als Harry sprechen wollte, was er nun überprüfen wollte. Langsam hob er die Hand, legte sie an Harrys Kopf, der ihn sofort verwundert ansah und öffnete mit dem Daumen dessen Lippen. Der Blonde zuckte zurück, als Harry ihn so ansah und wandte verlegen den Blick ab. „Die Reißzähne hat er auch noch“, erklärte er schließlich. Der Jüngere ließ seine Zunge über seine Zähne gleiten, nur um festzustellen, dass Malfoy tatsächlich Recht hatte. „Hier ist noch ein wenig des Trankes.“ Madame Pomfrey stand plötzlich wieder neben Harry und reichte ihm eine kleine Glasphiole hinab. Der nahm sie entgegen und leerte sie in einem Zug. Während sie gespannt auf eine Wirkung warteten, versuchte Harry, in eine bequemere Sitzposition zu finden, doch er hatte Mühe, überhaupt seine Beine dorthin zu bekommen, wo er sie hinhaben wollte. „Komm, ich helfe dir hoch.“ Draco war wieder aufgestanden und hielt dem Sitzenden nun leicht lächelnd seine Hand entgegen. Harry sah so hilflos aus, als er erfolglos versuchte, aufzustehen. Der Schwarzhaarige griff nach kurzem Zögern danach und Draco zog ihn hoch. Als der Gryffindor schließlich stand, waren sich ihre Gesichter ziemlich nahe, so dass sie sich schnell voneinander trennten, nicht ohne dem anderen noch tief in die Augen zu sehen. Auch nach einiger Zeit trat keine Wirkung der zweiten Dosis Medizin ein. „Sieht so aus, als wäre an deinem Aussehen nichts mehr zu ändern“, meinte Madame Pomfrey nachdenklich. „Ich werde mit Dumbledore reden müssen.“ Damit verschwand sie dann auch schon wieder in ihrem Büro. „Naja“, grummelte Harry daraufhin nur, empfand den Ärmel seines weißen Hemdes aber momentan viel interessanter. „Dann können wir ja jetzt gehen!“ erklärte Ron fröhlich. Hermine zog den Rothaarigen mit sich. „Wir müssen noch Hausaufgaben machen!“ „Aber…!“ begann Ron zu protestieren, erhielt aber einen unauffälligen Stoß von Hermines Ellbogen in die Seite, so dass er nicht weiter sprach sondern sich aufs Fluchen verlagerte. „Ich geh nur kurz zu Sirius und Remus!“ erklärte Harry an seine Freunde gewandt. Hermine nickte lächelnd. Die beiden Gryffindor stiegen die Treppe hinauf, während Harry und Draco die Treppen hinab stiegen. Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinander her. „Was wird jetzt aus uns, Harry?“ durchbrach Malfoy schließlich leise die Stille. „Sind wir noch immer Feinde?“ „Ich weiß nicht“, zuckte Harry mit den Achseln, woraufhin er einen irritierten Blick erntete. „Wie meinst du das?“ hakte Malfoy verwundert nach. „Es hängt ganz von dir ab.“ Harry wandte den Kopf und sah den Blonden aufmerksam an. „Kannst du dich an unser erstes Treffen erinnern?“ Malfoy nickte. „Und dann das, was du mir neulich in deinem Bett erzählt hast?“ Abermaliges Nicken folgte. „Du hast mich zu deinem Feind gemacht. Ich wollte nie dein Feind sein“, erklärte Harry nun. „Ich wollte mir lediglich meine Freunde selbst aussuchen und Ron war einer davon. Du wolltest das aber nicht akzeptieren und hast mich vor die Wahl gestellt. Ich wollte nicht mit jemandem befreundet sein, dem ich alleine gehören sollte und der keine anderen Freunde an meiner Seite dulden wollte. Nur deshalb habe ich ausgeschlagen. Also sag du mir: Sind wir noch Feinde?“ Malfoy schluckte. Da hatte er sich damals wohl was eingebrockt. „Harry!“ Malfoy griff nach dessen Hand und riss ihn zu sich herum, weil dieser sich mittlerweile wieder von ihm abgewandt hatte. Er sah fest in die grünen Augen seines Gegenübers. „Ich will nicht, dass wir Feinde sind.“ Harry lächelte. „Gut. Freunde?“ Zu seiner Überraschung schüttelte Malfoy den Kopf. „Nein. Mehr.“ Er zog den Jüngeren zu sich heran und küsste ihn einfach auf die Lippen. Doch der Kleinere schob ihn von sich. „Lass das! Du kannst nicht von Null auf Hundert gehen und alles dazwischen auslassen!“ „Harry, ich liebe dich!“ schwor Draco und sah sein Gegenüber eindringlich an. „Lass uns erst mit einer normalen Freundschaft anfangen, OK, Draco?“ Harry sah den Blonden bittend an. So schwer es Draco auch fiel, er musste zustimmen, wenn er Harry nicht wieder vollkommen verlieren wollte. Aber ihm war aufgefallen, dass Harry ihn zum ersten Mal beim Vornamen genannt hatte und es klang wirklich schön, was ihn leicht lächeln ließ. Und außerdem hatte Harry eine Beziehung ja nicht von vorneherein abgelehnt. Kurz danach erreichten sie den Klassensaal, in dem sie die beiden Älteren zurückgelassen hatten. Der Schwarzhaarige riss überschwänglich die Tür auf. Was er dahinter sah, ließ ihn ein wenig stutzig werden, denn sein Pate und dessen bester Freund waren in einen innigen Kuss vertieft. Der Junge räusperte sich, woraufhin die beiden ertappt auseinander flogen und sich ein leichter Rotschimmer auf Remus’ Wangen legte. „Ich will euch ja nicht stören“, grinste er frech und auch Malfoy hinter ihm musste grinsen. „Aber ich dachte, euch interessiert vielleicht das Ergebnis meiner Rückverwandlung.“ Sirius hingegen war ganz gelassen und musterte sein Patenkind. „Scheint nicht ganz geklappt zu haben“, stellte er fest. Harry zuckte mit den Schultern. „Ich kann damit leben.“ „Du hättest mich doch fragen können, wie der Animagus-Zauber richtig funktioniert“, tadelte Sirius ihn. Harry zog eine Augenbraue hoch. „Ach, und du glaubst, du hättest noch gewusst, wie es funktioniert?“ Diese Frage stimmte Sirius nachdenklich. Hätte er es tatsächlich noch gewusst? Damals hatten James und er den Trank gemeinsam ausgeheckt und es war an die 20 Jahre her, als sie zu ihren Tierformen wurden. Er zuckte also mit den Schultern. „Ich weiß es nicht“, gab er dann ehrlich zu. „Siehst du! Hätte mit deiner Hilfe auch schlimmer enden können!“ erklärte Harry triumphierend, woraufhin sein Pate einen gespielten Schmollmund zog. Remus lachte leise, schien sich köstlich zu amüsieren. „Und ihr zwei seid jetzt ein Paar?“ erkundigte Harry sich neugierig bei seinem Paten. Remus wandte sich etwas verlegen Sirius zu, doch dieser schien keine Geheimnisse vor seinem Patenkind haben zu wollen. „Was heißt hier jetzt?“ meinte der lapidar. „Wir waren schon in unserer Schulzeit zusammen. Nur Askaban hat uns dreizehn Jahre lang getrennt. Aber es war ja klar, dass du es herausfindest. Du bist eben genauso neugierig, wie dein Vater“, zwinkerte er Harry zu und ignorierte, dass es ihr eigenes Verschulden war, dass er sie erwischt hatte, denn sie hätten die Karte der Herumtreiber beobachten können. „Was, und das sagt ihr mir erst jetzt?“ Harry tat empört. „Naja, jetzt bist du jedenfalls alt genug, um es zu verstehen“, erklärte Sirius nur. Dann wechselte er das Thema. „Du kommst jetzt gut mit Malfoy aus?“ Harry drehte sich etwas zu dem Blonden. „Wir sind jetzt Freunde.“ Dann wandte er sich wieder seinem Paten zu. „Was dagegen?“ „Nein.“ Diese Antwort überraschte Harry. „Du bist alt genug, um dir deine Freunde selbst auszusuchen.“ „Du bist nicht sauer?“ hakte Harry verwundert nach. „Weshalb sollte ich? Du musst wissen, was du tust. Ich kenne nur seinen Vater. Wenn ich von ihm auf sein Fleisch und Blut schließen würde, müsste ich sehr besorgt sein. Und eigentlich heißt es ja auch ‚Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm’“, meinte Sirius und musterte die beiden Jungen. „Sirius…“ wollte Remus seinen Liebsten beschwichtigen, wurde aber unterbrochen. „Ja, Papa, ich werde vorsichtig sein und Mama, du brauchst nicht einzugreifen.“ Während dieser Worte versuchte Harry, ernst zu bleiben, was ihm angesichts der Gesichter der Erwachsenen mehr als nur schwer fiel. Schließlich konnte er nicht mehr anders und prustete los. Die verwirrten und erstaunten Gesichter der beiden waren einfach ein Anblick für die Götter. Nachdem er sich wieder beruhigt hatte, wurde er wieder ganz ernst. „Ihr seid doch meine Ersatzeltern, oder?“ fragte er leise. Remus lächelte leicht und winkte den Jungen zu sich heran. Dann vergrub er eine Hand in Harrys strubbeligem Haar. „Natürlich, Harry.“ Er gab Angesprochenem einen kleinen Kuss auf die Stirn und auch Sirius drückte Harry an sich. „Kann ich dann in den Ferien bei euch wohnen?“ wollte Harry leise wissen. „Harry, du weißt, dass du bis zu deiner Volljährigkeit bei deiner Muggelverwandtschaft bleiben sollst“, erklärte Remus sanft. „Aber diesmal wird es ja nur ein Monat sein, dann hast du ja Geburtstag.“ Malfoy beobachtete die ganze Szene von der Tür aus, an der er noch immer stand. Es versetzte ihm einen kleinen Stich ins Herz. Er hatte keine Familie mehr. Aber immerhin hatte er jetzt wieder einen Freund. Und vielleicht würde eines Tages mehr aus ihnen werden. Kapitel 2: Reaktionen --------------------- 2. Reaktionen Harry und Draco standen in der leeren Eingangshalle. Der Schwarzhaarige hatte sich gerade von einem unsichtbaren Remus und einem fröhlich um ihn her springenden und schwanzwedelnden Schnuffel verabschiedet. Aus der Großen Halle drang der Lärm der anderen Schüler. Hagrids Unterricht fand nachmittags statt und auch wenn der Besuch der beiden Erwachsenen recht kurz gewesen war, so war es doch schon Zeit, um zu Abend zu essen. Doch Harry hatte keine allzu große Lust, dort aufzutauchen und wieder einmal alle Blicke auf sich zu ziehen. Es würde reichen, wenn ihn morgen alle anstarren würden und ihn nach den Ohren und dem Schwanz fragen würden. Also durchschritt er mit großen Schritten die Eingangshalle und schlug den Weg in Richtung einer Tür zwischen der Großen Halle und der ausladenden Treppe im Eingangsbereich ein. „Wo gehst du hin?“ wollte Draco schließlich wissen, der dem anderen Jungen folgte. „In die Küche.“ Der Gryffindor warf dem Blonden einen Seitenblick zu. „Ich habe keine Lust, den anderen neuen Gesprächsstoff zu liefern.“ Er richtete seine grünen Augen wieder auf sein Ziel. „Jedenfalls heute nicht.“ „Kann ich dir Gesellschaft leisten?“ hakte der Slytherin nach. Harry schenkte ihm ein leichtes Lächeln. „Klar! Ich esse sowieso nicht gern alleine.“ Somit öffnete er die Tür und führte Draco eine steinerne Treppe hinab in einen ebensolchen, von Fackeln gesäumten Gang, an dessen Wände bunte Gemälde hingen. An dem großen Gemälde mit der Obstschale hielt er inne, um die Birne zu kitzeln, die sofort begann, zu kichern und sich in einen Türknauf verwandelte. Nun betrat er die Küche, dicht gefolgt von Draco. Auch hier herrschte ein munteres Treiben, denn an die hundert Elfen waren damit beschäftigt, das Essen für die hungrigen Mäuler in der Großen Halle zu bereiten. Der Schwarzhaarige ließ hungrig seinen Blick über die bis zum Rand gefüllten Schüsseln gleiten und ihm wurde bewusst, dass er lange nichts mehr gegessen hatte und dass das Mittagessen, das er als Katze zu sich genommen hatte, für ihn als Mensch nicht mehr ausreichte. Er blinzelte und schon waren sämtliche Schüsseln in Sichtweite leer. Vermutlich war das gesamte Essen nun in den goldenen Schüsseln in der Großen Halle aufgetaucht und ihre Mitschüler taten sich sicherlich jetzt gütlich daran, während Harrys Magen knurrte. Vielleicht lag es an eben diesem Geräusch, dass nun einer der Hauselfen auf sie aufmerksam wurde. Die graue Gestalt drehte sich mit schlackernden Ohren zu ihnen um und an den Socken und den unzähligen Hüten, die in einem schiefen Turm auf seinem Kopf aufragten, konnte Harry erkennen, dass dies Dobby sein musste. An den aufleuchtenden grünen Augen konnte er sehen, dass auch sein Gegenüber ihn erkannt hatte, doch das sich ausbreitende Lächeln auf dem runzligen Gesicht erstarb sofort, als der Blick des Elfen hinter Harry glitt. Wie ein aufgescheuchtes Huhn und die Hände mit den langen Fingern angstvoll über dem Kopf zusammenschlagend, warf der Elf sich kopfüber hinter einen großen Ofen. Harry runzelte die Stirn und folgte dem Elf, der sich hinter dem Ofen zusammengekauert und das Gesicht zitternd in den großen Händen versteckt hatte. „Dobby, ich bin’s doch, Harry“, versuchte er dem Elf klarzumachen. Der Elf sah schließlich angsterfüllt auf. Sein Blick glitt fahrig zwischen zwei Punkten hin und her. „M-Meister, seid Ihr gekommen, um mich zu bestrafen?“ fiepte er schließlich mit hoher Stimme. Harry zog abermals die Stirn kraus und drehte sich dann um, um in Dracos überraschtes Gesicht zu sehen. „Nein, nein!“ meinte dieser rasch. „Harry und ich möchten nur etwas essen.“ Dobby richtete seine grünen Augen schutzsuchend auf den Schwarzhaarigen. „Draco und ich sind Freunde!“ beeilte der sich zu sagen. Der Hauself ließ abermals den Blick zwischen den beiden Jungen hin und her gleiten, er schien unsicher, ob er dieser Information Glauben schenken sollte. Schließlich sprang er auf und wandte sich an Harry. „Dobby wird Harry Potters Lieblingsessen vorbereiten, Sir.“ Er winkte mit seiner schlaksigen Hand zu einer Wand der riesigen Küche und Harry konnte dort einen kleinen Holztisch sehen, an dem einige Stühle standen. Die Sitzecke sah so aus, als würde sie oft benutzt, vermutlich schon über Jahre, so dass die Kleckereien der Schüler sich schon richtiggehend eingebrannt hatten. Wenn er sich richtig erinnerte, hatten Fred und George erzählt, dass sie oft hier gegessen hatten, meist aber ein Zwischenimbiss, denn den Trubel in der großen Halle hätten sie sich nie entgehen lassen. Vermutlich hatten sie die Hauselfen auch mal mitten in der Nacht aufgescheucht, schließlich waren die beiden für jeden Unsinn zu haben; Hermine, die noch immer mit B.Elfe.R für die Elfenrechte eintrat, hätte so was absolut missbilligt und die Zwillinge versucht zu überzeugen, von solchem Unsinn abzulassen, also war es vermutlich ein Glück für die Brüder, dass sie im letzten Schuljahr ihre Ausbildung geschmissen hatten. Während Harry sich setzte und Draco es ihm gleichtat, ließ er seinen Blick durch die riesige Küche schweifen. Seit seinem letzten Besuch hatte sich nicht viel verändert, nur dass keine betrunkene Winky mehr vor dem Kamin lag; sie hatte sich offenbar beruhigt. Einige Elfen in der Nähe waren dabei, einen gigantischen Haufen Kartoffelschalen zusammenzukehren, während andere offensichtlich dabei waren, Kürbissaft herzustellen. Sein Blick traf auf Draco, der ebenfalls seine Neugier nicht verbergen konnte und das Umherwuseln der Elfen fasziniert betrachtete. Harry schmunzelte. Noch vor ein paar Tagen hätte er nicht gedacht, je einen solchen, entspannten Gesichtsausdruck auf dem Antlitz des Eisprinzen zu sehen, aber diesem schien dies noch nicht einmal unangenehm zu sein, als er nun den Blick des Schwarzhaarigen bemerkte und ihm leicht zulächelte. Plötzlich stand Dobby wieder neben ihnen, mit unzähligen gefüllten Schüsseln bepackt, die er auf dem Tisch aufstellte. Er warf einen kurzen unsicheren Blick auf Malfoy, bevor er sich an Harry wandte. „Guten Appetit, Sir!“ Er verbeugte sich mit der Nase bis zum Boden, bevor er in den Untiefen der Küche verschwand. Draco musterte die Schüsseln. „Das ist also dein Lieblingsessen?“ „Äh, nicht ganz.“ Harry war etwas verlegen. „Er meinte wohl einfach ein kleines Festessen.“ Es gab nicht viel, was Harry besonders mochte und er aß fast alles. Und Dobby hatte auch eine große Auswahl angeschleppt. Schweigend beluden sie sich ihre Teller und begannen wortlos zu essen. Schließlich hielt Harry die Stille zwischen ihnen nicht mehr aus. „Und ihr spielt übermorgen gegen Ravenclaw?“ fragte er, froh, dass ihm ein Gesprächsthema eingefallen war. „Äh, ja. Das wird aber mit Sicherheit nicht so einfach, wie gegen Hufflepuff.“ Seit Cedrics Tod hatten die Gelben eine ziemliche Lusche als Sucher und sie hatten noch jedes Spiel verloren, aber einen besseren Sucher hatten sie anscheinend nicht gefunden. „Cho Chang ist eine passable Sucherin.“ Normalerweise hätte Harry sich über solch lobende Worte von dem Slytherin gewundert, aber es schmerzte zu sehr, an die Pleite mit der hübschen Chinesin erinnert zu werden. Er verzog das Gesicht und wollte die Erinnerung am Liebsten gleich wieder verdrängen, doch Draco hatte offenbar sein Unbehagen bemerkt und sah ihn daher fragend an. „Ich war mal in sie verknallt. Hab mir aber zu große Hoffnungen gemacht“, nuschelte Harry undeutlich zwischen zwei Bissen, doch der Blonde hatte ihn wohl verstanden. Er wandte sich stumm wieder seinem Essen zu und fühlte erneut einen Stich in der Brustgegend. Sein Schwarm war in dieses Mädchen verliebt gewesen, daran würde er während des Spieles wahrscheinlich ununterbrochen denken müssen. Der Ältere stocherte lustlos in seinem Kartoffelpüree herum, was auch Harry nicht entging. Außerdem hatte sich nun erneut eine peinliche Stille zwischen ihnen ausgebreitet. Hätte Harry bloß nichts gesagt! Fieberhaft suchte er nach etwas, das er nun sagen konnte, am Besten etwas, was den Blonden ablenkte. Quidditch war nun jedenfalls nicht mehr unverfänglich genug, über seine Eltern würde er sicherlich nicht reden wollen und Harry wagte es auch nicht, nachzuhaken, weshalb Draco meist alleine unterwegs war und nicht mit seinen Freunden. Dabei musste er nun an seine eigenen Freunde denken, an Ron und Hermine und die anderen Gryffindors und ihm entwich ein entnervtes Stöhnen. Das zog nun wieder Dracos Aufmerksamkeit auf ihn. „Woran denkst du?“ Der Schwarzhaarige sah sein Gegenüber unbehaglich an. „Daran, dass ich heute noch durch den Gryffindorgemeinschaftsraum gehen muss.“ Er griff sich unwillkürlich mit den Händen an die pelzbesetzten Ohren, warf einen Blick auf seinen Schwanz und sah dann auf das Stück Fleisch auf seinem Teller herab. „Es ist schon seltsam mit den langen Zähnen. Ich komme mir vor, wie ein Raubtier.“ Draco grinste ihn an. „Bist du doch schon längst! Du bist seit sechs Jahren ein Löwe.“ Harry erwiderte das Grinsen. „Und jetzt bin ich tatsächlich eine Miniaturausgabe einer Raubkatze.“ Er legte nachdenklich den Kopf schief. „Und du bist eine Schlange, doch dein Name lässt eigentlich an einen Drachen denken.“ Draco wurde es etwas unbehaglich unter Harrys ruhigem Blick, der ihn fixierte und er wandte sich schließlich wieder seinem Gemüse zu. „Die sind ja auch irgendwie miteinander verwandt“, stellte der Dunkelhaarige schließlich grinsend fest. Nur mit dem Unterschied, dass er als Katze die kleine Form des Löwen war, wohingegen Draco als Drache der größere Verwandte einer Schlange war. Er musste flüchtig an Sirius und Remus denken, die als Hund und Wolf ja auch der gleichen Gattung angehörten. Vermutlich war das auch der Grund, weshalb Sirius diese Animagusform gewählt hatte. Harry wandte sich wieder seinem Essen zu, im Grunde froh, dass sie beide eigentlich Menschen waren. „Wenn du dich im Gemeinschaftsraum so wie du bist, nicht zeigen willst, dann verwandle dich doch einfach wieder in die Katze“, schlug Draco vor und schob seinen letzten Bissen in den Mund. Auch Harry beendete gesättigt das Essen und nickte Draco zu. „Gute Idee!“ Schon bald kam Dobby angewuselt, um unter vielen Verbeugungen die leeren Teller abzuräumen und Harry ließ es sich nicht nehmen, die Hauselfen ausführlich zu loben, was ihm ein paar rote Wangen des Dieners einbrachte. Die beiden Jungen beschlossen, die Küche zu verlassen, damit die Hauselfen in Ruhe alles aufräumen konnten. Schon in der Eingangshalle verabschiedeten sie sich, um in entgegen gesetzten Richtungen davon zu gehen. Nachdenklich stieg Harry die unendlichen Treppen Richtung Gemeinschaftsraum empor. Er hatte heute eine Seite an Malfoy kennen gelernt, von der er bisher geglaubt hatte, der Andere würde sie gar nicht erst besitzen. An dem Porträt der Fetten Dame angelangt, stieß er das Passwort hervor, verwandelte sich aber sofort in die kleine Katze, als das Bild nach vorne schwang. Auf leisen Pfoten schlich er sich an den Mitschülern vorbei, dann die enge Steintreppe nach oben, schlüpfte durch die angelehnte Tür ihres Schlafsaales und verwandelte sich, nachdem er sich vergewissert hatte, alleine zu sein, wieder in den schwarzhaarigen Jungen zurück. Er klaubte seine Schlafsachen zusammen und eilte ins angrenzende Bad, stellte sich rasch unter die Dusche, schließlich hatte er sich nun schon seit einer Woche nicht mehr richtig geduscht, bis auf die Tatsache, dass er sein Fell stets mit seiner Zunge glänzend gehalten hatte. Der Junge stöhnte wohlig auf, als er das warme Wasser über seinen Körper fließen spürte. Als er danach vor dem Spiegel stand, fragte er sich flüchtig, wie er seine pelzigen Ohren trocknen sollte, entschloss sich aber, einen einfachen Trocken-Zauber zu benutzen, der seine Haare gleich mittrocknete. Bei den Dursleys würde er die Ohren dann mitföhnen müssen. Danach steckte er seine Nase aus der Tür hinaus, doch seine Mitbewohner waren noch immer nicht da. Er sprang zu seinem Bett hinüber, kramte in seinem offenen Koffer nach einem Buch und zog dann die roten Samtvorhänge rundherum zu. Flugs griff er nach seinem Zauberstab und nach einem geflüsterten „Lumos!“ begann er zu lesen, bis es so dunkel war, dass er beschloss, das Licht wieder zu löschen und sich hinzulegen. Kaum hatte er sich tief in die Decke gekuschelt, als auch schon die Tür aufschwang und seine Zimmergenossen den runden Raum betraten. Doch sie nahmen wohl an, dass Harry schon schlief, sie wussten sicherlich schon über die Rückverwandlung bescheid; es war zu hören, dass sie krampfhaft versuchten, nur wenige Geräusche zu verursachen, um ihn nicht zu wecken. Er drehte sich zur Seite und war auch relativ rasch eingeschlafen, so dass er noch nicht einmal merkte, wie langsam schläfrige Ruhe in dem Schlafsaal einkehrte. ** „Harry, wir müssen…“ Angesprochener wurde durch einen Lichtstrahl, der durch auseinander gezogene Vorhänge auf sein Gesicht traf, geweckt. Er blinzelte und fragte sich, warum Neville nicht weiter gesprochen hatte, doch der besah sich offenbar ganz fasziniert Harrys Ohren, die müde zuckten und war somit eindeutig abgelenkt. Der Schwarzhaarige setzte sich auf und rieb sich über die Augen. „Was müssen wir?“ hakte er schläfrig nach. „Ich dachte, Ron hätte mich verarscht, als er es mir gestern erzählt hat“, stieß Neville hervor, Harrys Frage komplett ignorierend, und betrachtete den Katzenschwanz, der sich um Harrys Hüfte gelegt hatte. „Bald ist Frühstück!“ rief nun Ron von seinem Bett aus dazwischen. Der Grünäugige rappelte sich hoch. Er hätte sich ja denken können, dass Ron es allen erzählt hatte und nun mit Sicherheit schon die ganze Schule davon wusste. Harry huschte ins Bad, zog sich um und schloss sich dann den anderen vieren an, wobei er auch die neugierigen Blicke von Dean und Seamus bemerkte. Zu fünft marschierten sie nun die Treppen hinunter. Im Gemeinschaftsraum trat dann das ein, was Harry schon befürchtet hatte. Alle Blicke wandten sich ihm zu und sofort setzte Getuschel ein. Der Schwarzhaarige behandelte dies genauso, wie sonst, wenn aus irgendwelchen Gründen über ihn geredet wurde und ignorierte alle um ihn herum. Aus dem Augenwinkel konnte er allerdings erkennen, dass ein gewisser blonder Junge mit einer Kamera auf ihn zukam und er erhöhte sein Schritttempo, um ihm zu entgehen, doch Seamus schob sich dazwischen und drängte Colin geschickt ab, so dass dieser unverrichteter Dinge aufgeben musste. Die Jungs verließen den Saal und stiegen schwatzend zur Großen Halle hinunter. Auch hier wandte sich die gesamte Aufmerksamkeit ihm zu und es schien, als hätten die meisten nichts Besseres zu tun, als ihn anzustarren und darüber ihr Frühstück zu vergessen. Er schritt der Reihe nach an den langen Haustischen vorbei und setzte sich auf einen freien Platz am Gryffindortisch, die anderen setzten sich zu ihm. Doch auch jetzt nach der Rückverwandlung hatte er es mit den Mädchen schwer. Denn die bewunderten seine Ohren und den Katzenschwanz, und fragten ihn ständig, ob alles echt sei und ob sie die Echtheit überprüfen dürften, oder besser: sie fragten allen Ernstes, ob sie ihn wieder betatschen durften. Seine Freunde sprangen ihm bei und wimmelten die neugierigen Mädels ab, aber Harry war nach einem Brötchen so entnervt, dass er sich rasch verwandelte, sich umdrehte und unter den Haustischen verschwand. Abermals streifte er suchend unter dem Slytherintisch entlang, konnte Malfoy aber nirgends entdecken. Daher schoss er unter dem Tisch der Grünen hervor und verließ eiligst die Große Halle. Draußen verwandelte er sich wieder und sah sich suchend nach Draco um. Das hätte er besser bleiben lassen und stattdessen seine nähere Umgebung im Auge behalten sollen, denn plötzlich standen fünf Schüler, die er dank der grün-silbernen Krawatten als Slytherin identifizieren konnte, bedrohlich um ihn herum. „Och, hat Potty es endlich geschafft, selbst auch ein Mischblut zu werden, die er ständig so verteidigt?“ fragte ihr scheinbarer Anführer mit gespielt süßlicher Stimme in hoher Tonlage. „Die Mädchen sind ganz aus dem Häuschen!“ fügte ein anderer in ebensolcher Tonlage hinzu. „Vielleicht sollten wir dir das Mischblut aus deinem Körper treiben!“ sagte ein dritter mit tiefer kehliger Stimme und schlug sich mit der geballten Faust in die flache Hand und Harry konnte das gefährliche Knacken von Fingern hören. Er wog seine Chancen ab, seinen Zauberstab schnell genug ziehen zu können, um sich zu verteidigen, doch ihm bot sich eine andere Möglichkeit. Rasch verwandelte er sich erneut und huschte durch die Beine der Slytherins, die sich zuvor breitbeinig um ihn herum gestellt hatten, um ihm kein Entkommen zu lassen. Die Jungen sahen sich mit dümmlichen Gesichtern nach dem Kater um, doch der hatte ein klares Ziel vor Augen, dass seinen Verfolgern noch nicht einmal klar wurde, als sie ihn wieder einfangen wollten. Doch Harry hatte sich mittlerweile unter den Umhangsaum von keinem geringeren als Draco Malfoy geflüchtet. Der hatte die Verfolgungsjagd beobachtet und empfing seine Hausgenossen mit verschränkten Armen und einer hochgezogenen Braue. „Malfoy!“ stellte der Anführer der Bande fest und klang ehrfürchtig und unterwürfig, wie Harry belustigt und Draco zufrieden feststellten. „Wir wollten Potter gerade eine Abreibung verpassen“, fuhr der andere fort und deutete mit einem Funkeln in den Augen mit der Hand auf den Kater, der nun zwischen Dracos Füßen saß. Der legte sein Köpfchen schief, sah zu dem Blonden auf und war gespannt, wie der nun reagieren würde. „Kommt ja gar nicht in Frage!“ erklärte Malfoy kalt. „Potter gehört mir!“ Harry senkte den Kopf. Den Slytherins war wahrscheinlich gar nicht bewusst, wie zweideutig diese Bemerkung gewesen war. Natürlich, die meinten, Draco würde ihn fertig machen, sobald sich eine Gelegenheit finden würde, doch er musste dabei unwillkürlich an Dracos Liebesgeständnis denken. Doch er beschloss, dies zu ignorieren, während Draco an den fünfen vorbei schritt, seinen Weg zur Großen Halle wortlos fortsetzte und darauf achtete, dass der Kater dicht an seinen Fersen war. Verblüfft sahen die Slytherins ihrem Boss hinterher. Normalerweise war der doch immer der Erste, wenn es darum ging, seinem größten Erzfeind eins auszuwischen. Wenn Harry gekonnt hätte, hätte er diesen blöden Slytherins jetzt sicherlich triumphierend die Zunge rausgestreckt, doch so begnügte er sich damit, Draco zu folgen und es sich auf dessen Schoß bequem zu machen, sobald der saß. „Du ziehst Probleme ja magisch an!“ seufzte der Größere dem Kater zu und dieser maunzte zustimmend. Auch Harry wäre es mit Sicherheit lieber, es wäre nicht so. Doch nun verspeiste er erstmal den Toast, den Draco ihm freundlicherweise hinhielt, denn aus Erfahrung wusste er, dass das Brötchen von vorhin nicht vorhalten würde und er früh Hunger bekommen würde, wenn er jetzt nicht noch etwas aß. ** Harry, Ron und Hermine hatten gerade im Verwandlungssaal Platz genommen, als Professor McGonagalls strenge Stimme ertönte. „Mister Potter, kommen Sie bitte nach vorne!“ Angesprochener sah verwundert drein. Fieberhaft überlegte er, was er denn nun schon wieder angestellt haben könnte, doch ihm wollte partout nichts einfallen, weshalb er sich fragte, was die Lehrerin von ihm wollte. „Aus gegebenem Anlass“ Sie warf Harry einen scharfen Blick durch ihre Brillengläser zu, „werden wir uns heute mit Animagi beschäftigen.“ Der Schwarzhaarige spürte Verlegenheit in sich aufkommen und er mochte nicht die neugierigen Blicke sehen, die ihm die gesamte Klasse zuteil werden ließ, weshalb er den Blick gen Boden richtete. McGonagalls Umhang wehte leicht, als sie neben ihn trat. Dann wies sie mit spitzem Finger zunächst auf seine Ohren, dann auf den Katzenschwanz. „Sowas kann natürlich passieren, wenn man die Verwandlung nicht anmeldet und kein fachkundiger Experte bei Brauung und Anwendung des Zaubertrankes und bei Gebrauch des Zauberspruches anwesend ist“, erklärte sie der Klasse. „Es hätte natürlich auch schlimmer kommen können, er hätte beispielsweise seine Pfoten behalten können, dann würde er seine Hände noch nicht einmal zum Gebrauch des Zauberstabes verwenden können.“ Sie musterte einige der Schüler an ihrer langen Nase vorbei. „Das mir keiner auf dumme Ideen kommt, das nachzumachen!“ Dann atmete sie tief durch. „Verwandeln Sie sich!“ befahl sie grob und Harry tat, wie ihm geheißen. Die Professorin hob den kleinen Kater umsichtig auf und setzte ihn auf das Pult, damit ihn alle in Augenschein nehmen konnten. „An sich ist die Verwandlung ganz gut gelungen und die Wahl einer Katze als Tier, war auch sehr geschickt. Können sie mir sagen weshalb, Mister Potter?“ Keine zwei Sekunden später stand Harry wieder vor dem Pult. „Weil eine Katze ein einheimisches Tier ist. Somit ist sie weder in der Magier- noch in der Muggelwelt auffällig und eignet sich auch für verschiedenes Terrain, sei es Stadt, Land oder Wald. Außerdem sind Katzen meist klein, flink und wendig und können Bäume hochklettern“, erklärte Harry seine Überlegungen, die ihn dazu bewogen hatten, eine zu Katze werden. „Was ich aber noch nicht versucht habe“, fügte er zu seiner letzten Bemerkung hinzu, was ihm leichtes Gelächter einbrachte. Professor McGonagall blinzelte ihn an. „Gut, zehn Punkte für Gryffindor.“ Dann sah sie wieder zur Klasse. „Ja, man sollte sich dann ein unauffälliges Tier suchen, das dennoch einige Vorteile bietet. Hinsetzen, Potter.“ Während er an den anderen Schülern vorbei zu seinem Platz ging, fiel ihm ein, dass Professor McGonagall ja auch selbst ein Katzenanimagus war und somit wohl immer ein offenes Ohr für die positiven Eigenschaften einer Katze hatte. Er knirschte mit den Zähnen, als ihm flüchtig durch den Kopf ging, dass Rita Kimmkorn sich auch ein für ihre Zwecke perfektes Tier ausgesucht hatte, ein Wunder nur, dass sie nie jemand zerquetscht hatte. Die restliche Stunde verbrachten sie damit, aufzuschreiben, was man beachten sollte bei der Wahl des Tieres, in das man sich verwandeln wollte, die Vorkehrungen, die die zuständige Abteilung im Zaubereiministerium mit den Kandidaten entwickeln musste, mögliche Pannen, die alle einmal im Laufe der Geschichte passiert waren, welche Gesetze man überschritt, wenn man es heimlich versuchte und welche Zwecke mit diesen Gesetzen verfolgt wurden und noch so einiges mehr. Harry fragte sich, ob auch er künftig im Verwandlungsunterricht erwähnt werden würde, wenn es um die Aufzählung von Pannen ging. ** Waren die Hinweise von Professor McGonagall in Verwandlung noch gut gemeint gewesen, traf es Harry in Zaubertränke nun knüppeldick. Denn statt eines rundgesichtigen Professor Slughorn rauschte, nachdem sie alle Platz genommen hatten, eine riesige schwarze, harkennasige Fledermaus namens Snape in den Kerker. „Professor Slughorn ist leider unpässlich“, erklärte er im Herumwirbeln mit seiner starren monotonen Stimmlage. Dann ließ er seine gehässigen schwarzen Augen über die Schüler schweifen. Als sie an Harry hängen blieben, verstärkte sich das hasserfüllte Funkeln und er grinste bösartig. „Wir haben nun also ein Mischblut in dieser Klasse, Potter.“ Das Grinsen verbreiterte sich. „Ich habe doch gleich gesagt, dass Sie nicht dazu taugen, einen Zaubertrank zu brauen. Wie Sie es hier in diesen UTZ-Kurs geschafft haben, ist mir ein Rätsel. Es ist ja zu sehen, wie unfähig Sie sind.“ Er musterte die Katzenohren abfällig. „Wundert mich, dass Slughorn Sie nicht längst rausgeworfen hat.“ Harry unterdrückte seine Wut, was ihm allerdings nicht leicht fiel, denn in ihm brodelte es. Slughorn war immer zufrieden mit seiner Arbeit und er wollte sich nicht von Snape das Gegenteil einreden lassen, obwohl er zugeben musste, dass Snape ihn immer in Rage brachte, egal, was er sagte; wenn er schon nur diese Fetthaare sah, würde er ihm am liebsten eben jene in den Hals reinwürgen. „Macmillan!“ bellte der Lehrer schließlich durch den Raum. „Wehe, der Kessel explodiert!“ Angesprochener zuckte unter dem strengen Blick geringfügig zusammen. Snape fuchtelte mit seinem Zauberstab und an der Tafel erschien eine ellenlange Zaubertrankrezeptur. „Am Ende der Stunde sammele ich die Phiolen ein.“ Sofort schoss Hermines Hand nach oben. „Dafür reicht die Zeit nicht!“ Snape wandte ihr seine Hakennase zu. „Hab ich Sie um Ihre Einmischung gebeten? Zehn Punkte Abzug für Gryffindor! Und jetzt fangen Sie endlich an!“ Stumm begannen sie, die Zutaten vorzubereiten und arbeiteten still vor sich hin, während Snape einmal mehr den Eindruck erweckte, er sei eine zu groß geratene Fledermaus, die mit Adleraugen jede ihrer Handbewegungen begutachtete. Er schritt würdevoll zwischen den Tischgruppierungen einher und warf den Schülern bei Bedarf kritische Blicke über die Schultern. Als er an ihren Tisch kam, verzog er unwirsch das Gesicht, so dass es noch hässlicher wirkte, als eh schon. „Grün, Macmillan! In dieser Stufe der Zubereitung sollte der Trank in einem schimmernden Gelb erscheinen!“ wies er den Hufflepuff hin. Dann schwebte er zu Harry hinüber. „Potter!“ Er schüttelte den Kopf, als würde es ihn vor dem Trank in Harrys Kessel grauen. „Orange!“ Der Lehrer rauschte weiter. Harry warf einen Blick in seinen Kessel und schnaubte. Von wegen, Orange! Das war eindeutig Gelb! Vielleicht ein klein wenig dunkel, aber eindeutig Gelb! „Sehen Sie hier! Malfoys Trank hat die richtige Farbe! Ein sattes reines Gelb!“ erklärte die Fledermaus einen Tisch weiter. Draco hingegen war es gar nicht so recht, über den grünen Klee gelobt und mit Harry verglichen zu werden. Früher hätte er sich jetzt grinsend und mit herablassendem Blick in Pose geworfen, doch er begnügte sich damit, still weiterzuarbeiten und das Lob seines Hauslehrers zu ignorieren. „Was ist denn mit Malfoy los?“ zischelte Ron Harry zu. „Normalerweise bedenkt er dich an dieser Stelle mit einem triumphierenden Grinsen!“ Harry lächelte leicht und zuckte mit den Schultern. Er war froh, dass Draco nicht auf Snapes Gehässigkeiten einstieg. Genau so, wie es sich auch für einen Freund gehörte. Zwischendurch sollte der Trank dann wirklich grün sein, was Snape nach einem Blick in Harrys Kessel mit einem gehässigen „Schlammbraun!“ kommentierte. Auch hier kämpfte der Schwarzhaarige seine Wut zurück und Draco ließ das erneute Lob des Zaubertränkemeisters an sich abprallen, wohingegen Ernies Trank nun tiefschwarz war. Gegen Ende der Stunde hatte Harry es geschafft, einen knallroten Trank herzustellen, dessen Farbe in nichts dem des Trankes von Hermine nachstand und er war sich sicher, dass diese alles richtig gemacht hatte. Dennoch, fertig waren sie alle bei weitem nicht. Hastig füllte Harry eine Phiole ab und schritt dann auf das Lehrerpult zu, doch unglücklicherweise stieß Snape heftig mit dem Ellbogen gegen Harrys Arm, so dass die Glasphiole aus seiner Hand auf den harten Steinboden geschleudert wurde und dort zerschellte. „Ups!“ meinte Snape mit einem gehässigen Funkeln in den Augen. Jeder wusste, dass Snape es nicht duldete, eine zweite Phiole zu füllen und abzugeben. Harry rauchte förmlich vor Wut und wäre dem Zaubertränkelehrer am liebsten an den Hals gesprungen, um ihn mit beiden Händen zu würgen. Denn wenn er keine Probe seines Trankes abgeben würde, würde dies zwangsläufig ein Schrecklich oder gar die Note Troll bedeuten, die schlechtesten Noten, die in der Zaubererwelt nach den ZAGs, vor denen gewöhnliche Noten von eins bis sechs verteilt wurden, darstellten. „Professor Snape?“ erklang nun Dracos Stimme. „Könnten Sie sich meinen Trank ansehen? Er ist babyrosa!“ Der Ältere glitt lautlos zu seinem Lieblingsschüler hinüber und betrachtete die Phiole in Malfoys Hand, die dieser ihm entgegenstreckte. Unterdessen war Harry an seinen Platz zurückgekehrt und füllte rasch eine neue Phiole ab, die er Hermine zusteckte, die sie zusammen mit ihrer eigenen abgeben würde. Sie hatte Ron und Ernie hinter sich, die ihre Phiolen hinter Hermine in die dafür vorgesehene Halterung stecken würden, um Harrys Phiole zu tarnen. Auswerten würde den Trank nämlich Slughorn, der Harry bei einem solchen ‚Missgeschick’ sicherlich erlaubt hätte, eine zweite Phiole abzufüllen. Snape runzelte derweil die Stirn über Malfoys Trank. Er war sich sicher gewesen, dass sein Musterschüler es als Einziger hinbekommen würde, den Trank richtig zu brauen, stattdessen nun also schweinchenrosa. „Wie mir scheint, haben Sie zu viel Drachenkralle hinzugesetzt.“ Er reichte dem Blonden die Phiole, der sehr zerknirscht drein sah und sie dann nach vorne ans Pult brachte. Dort überflog er geschwind die Beschriftungen der Phiolen und musste dann ein Lächeln unterdrücken. Er hatte sein Ziel erreicht. Harry hatte doch noch eine Phiole abgeben können. Als er wider aufsah, traf sich sein Blick mit dem Harrys und er war sich fast sicher, dass dieser sein Ablenkungsmanöver durchschaut hatte. Dann sah er hastig zu Snape, doch dieser schien nichts bemerkt zu haben. Woher auch, die beiden Jungen galten noch immer als Erzfeinde, wieso sollte Draco Harry auch einen Gefallen tun? ** Draco war mal wieder alleine im Schloss unterwegs. Er seufzte verdrießlich. Aber Crabbe und Goyle hatte er eigenhändig abserviert, da er es leid war, ihnen jeden Satz zehnmal erklären zu müssen. Sowohl seine eigenen, als auch die der Lehrer. Die beiden waren schlichtweg dämlich, wie er vor einiger Zeit erkannt hatte. Was selbstverständlich nicht hieß, dass er nicht noch einen äußerst losen Kontakt zu ihnen pflegte. Blaise hingegen war voll und ganz mit einem neuen Eroberungsversuch beschäftigt, allerdings war Draco noch nicht ganz klar, wem das Bemühen des Schwarzhaarigen galt. Was aber klar war, war Blaises Neigung, die genauso wie Dracos nicht zu verleugnen war. Und das wollten die beiden auch längst nicht mehr. Vielleicht hatte sich Pansy auch aus Frust in die Arme von Nott geworfen, der sie anscheinend gut getröstet hatte, denn seitdem waren die beiden unzertrennlich und Pansy akzeptierte es mittlerweile, dass ihr einstiger Schwarm Männer bevorzugte. Natürlich, zunächst war sie in Tränen aufgelöst gewesen, doch, wie sie ihm einige Zeit später anvertraut hatte, war sie ihm nun unendlich dankbar, da sie durch Dracos, eher unfreiwilligem, Coming outs erst auf Theo, wie sie ihn liebevoll nannte, aufmerksam geworden war. Der Blonde war gerade auf dem Weg zum Nachmittagsunterricht, Verwandlung - bei der alten Hexe wollte er lieber nicht zu spät kommen. Allerdings wurde er plötzlich fest am Arm gepackt und da er so überrumpelt war, gelang es dem anderen auch, ihn in eine etwas dunklere Nische zu ziehen, was dieser aber auch widerstandslos mit sich machen ließ, nachdem er erkannt hatte, wer ihn da so überfiel. „Danke“, meinte Harry. „Wegen vorhin.“ Er lächelte leicht. Leider hatte er nach Zaubertränke nicht mehr die Gelegenheit gehabt, mit Draco zu sprechen und dann hatten seine Freunde ihn zum Mittagessen in die Große Halle geschleppt. Also hatte Draco Recht behalten mit seiner Vermutung, dass Harry ihn durchschaut hatte. „Gern, Harry.“ Er erwiderte das Lächeln. „Aber… wieso hast du das getan? Snape hätte dich auch durchschauen können. Außerdem bekommst du deswegen jetzt eine schlechte Note.“ Der Schwarzhaarige runzelte die Stirn. Doch Draco zuckte nur mit den Achseln. „Nicht so schlimm. In Zaubertränke bin ich ja normalerweise ganz gut, da ist eine schlechtere Note kein Beinbruch. Wenn du allerdings gar keine Probe abgegeben hättest, hätte das deine Note ganz schön reinreißen können. Was Snape angeht: Der ist manchmal echt mit Blindheit geschlagen und sieht nicht, was vor seiner Nase abläuft, vor allem, wenn es um seine Slytherins geht. Dafür sieht er dann bei den Gryffindors Sachen, die gar nicht vorhanden sind.“ Draco verdrehte die Augen. „Das kannst du allerdings laut sagen!“ schnaubte Harry. „Man muss nur wissen, wie man diese Blindheit für sich nutzen kann“, fuhr Draco fort und zwinkerte dem Jüngeren verschwörerisch zu, was Harry wieder lächeln ließ. Dann verließ der Slytherin die Nische, dicht gefolgt von dem Schwarzhaarigen. Da die Flure mittlerweile leer waren, würde sich niemand über die traute Zweisamkeit der beiden Jungen wundern. „Ich hab jetzt Verwandlung, da will ich lieber nicht noch später kommen“, erklärte der Blonde. „Ja, entschuldige“, meinte Harry verlegen. „Welches Fach hast du jetzt?“ erkundigte der Slytherin sich neugierig. „Ich hätte jetzt Wahrsagen, wenn ich es nicht abgewählt hätte“, brummte Harry und als der Größere sich zu ihm umwandte, konnte er erkennen, dass dessen Stirn dunkel umwölkt war. „Mochtest du Wahrsagen nicht?“ erkundigte Draco sich daher vorsichtig. „Nicht mögen ist untertrieben!“ erklärte Harry aufbrausend. „In jeder Stunde sagte die Libelle meinen Tod voraus!“ Draco musste lachen. „Was?“ blaffte Harry ihn wütend an und seine Augen funkelten vor Zorn. Er erinnerte sich noch allzu gut an die ständigen Vorhersagen der Professorin. Der Blonde musste sich weiteres Lachen verkneifen und hob abwehrend die Hände. „Reg’ dich ab!“ Dann musterte er Harry aus seinen sturmgrauen Augen interessiert. „Du warst also ihr Todesopfer bei Gryffindor?“ Harry nickte ungehalten. „So erging es mir am Anfang auch“, erläuterte Draco nun. „Aber dann hat mein Vater mal ein ernstes Wörtchen mit ihr gewechselt, seitdem war Blaise bei uns Slytherins in jeder Stunde ihr Opfer. Olle Heuchlerin! Aber wir Slytherins haben allesamt Wahrsagen jetzt abgewählt.“ Nun grinste Harry wieder, während sie vor dem Verwandlungssaal angekommen waren. „Ich werde es mir jetzt jedenfalls im Gemeinschaftsraum gemütlich machen. Mit Snapes Hausaufgaben.“ Diesmal natürlich für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Er beobachtete, wie Draco zur Türklinke griff. „Dir jedenfalls viel Spaß.“ Draco lachte abermals. „Dir auch, Harry, dir auch!“ Harry schnaubte belustigt und während hinter ihm zu hören war, wie McGonagall mit Draco wegen der Verspätung schimpfte, machte er sich gemütlich auf den Weg zum Gryffindorturm. ** Heute Morgen hatte Harry lange geschlafen, dann ausgiebig geduscht und mit seinen Freunden in der durch das Wochenende nur teilweise besetzten Großen Halle gefrühstückt. Seit jeher war es den Schülern an Wochenenden freigestellt, wann sie frühstücken wollten, wohingegen Mittag- und Abendessen wie auch in der Woche gemeinsam eingenommen wurden. Jetzt war er allerdings auf dem Weg zum Quidditch-Feld. Natürlich war es schwer gewesen, Ron und Hermine dafür zu begeistern, sich das Spiel anzusehen. Immerhin spielten nur Ravenclaw gegen Slytherin, ein für die Gryffindors eher uninteressantes Spiel, obwohl sie freilich nicht die einzigen Gryffindors waren, die sich das Spiel ansehen wollten, denn es war freigestellt, die verschiedenen Spiele anzusehen. Nur das Prestige-Duell Gryffindor gegen Slytherin wurde meist von ausnahmslos allen Schülern besucht, da es hier auch meistens um den Pokal und die Hausmeisterschaft ging. Aber nun waren sie tatsächlich zu dritt auf dem Weg über die grünen Wiesen. Doch Harry hatte auch einen guten Grund, sich das Spiel anzusehen, so konnte er seinen neuen Freund unterstützen. „Wieso hast du dich eigentlich mit dem hüpfenden Frettchen angefreundet?“ erkundigte Ron sich jetzt schon bestimmt zum hundertsten Mal. Und er erhielt auch die gleiche Antwort, wie die neunundneunzig Mal zuvor. „Er war in letzter Zeit sehr nett zu mir.“ Wobei er freilich versuchte, seine Gereiztheit zu unterdrücken, die sich bei dieser Frage schon automatisch einstellte. „Du hast es ja in Zaubertränke selbst mitgekriegt. Er hat mir mit Snape geholfen“, erklärte Harry. „Unsinn!“ erwiderte Ron unwirsch. „Der macht nichts ohne Hintergedanken!“ Hinter Harry stieg er die Treppen zu den Tribünen hinauf. „Wir haben miteinander gesprochen und ich weiß, wieso er mich die Jahre vorher so gehasst hat, aber das hat sich jetzt geändert.“ Dracos Liebesgeständnis hatte er noch nicht erwähnt und er würde es auch nicht in nächster Zeit tun, das würde Ron auch nicht verkraften, der ja schon damit zu kämpfen hatte, auch nur eine Freundschaft zwischen den beiden Erzfeinden zu akzeptieren. Im Gegensatz zu Hermine. Zwar konnte auch sie sich nicht vorstellen, dass Malfoy sein Verhalten so geändert haben sollte, noch zu gut konnte sie sich daran erinnern, wie er sie in ihrem dritten Schuljahr so sehr in Rage gebracht hatte, dass sie, die sich stets korrekt an die Vorschriften hielt – wenn man einmal von dem Vielsafttrank absah - ihm ein paar saftige Ohrfeigen verpasst hatte, doch sie war der Meinung, dass Harry schon wüsste, was er tat, wenn er Malfoy traute. Und Hermine war davon überzeugt, dass Malfoy Harry bei Snape aus der Patsche geholfen hatte. Mittlerweile saßen sie auf einer der Holzbänke und warteten angespannt, zumindest Harry, darauf, dass das Spiel endlich beginnen würde. Er sah zu, wie die grünen und blauen Spieler das Feld betraten und ihm viel auf, dass die Umhänge von Slytherin nun mehr silbern waren als sonst, wohl deshalb, dass man die beiden Mannschaften besser voneinander unterscheiden konnte, auch die Spieler selbst. Die vierzehn Gestalten plus Madame Hooch stießen sich am Boden ab und flogen hinauf in die Lüfte. Heute war das ideale Wetter, um Quidditch zu spielen und Harry würde nun einiges dafür geben, selbst zu spielen und auf seinem Feuerblitz ein paar schnelle Runden über dem Feld zu drehen. Sofort hefteten seine grünen Augen sich auf seinen blonden Freund und beobachteten ihn genauestens. Natürlich, von hier aus würde es schwer sein, den Schnatz zu sehen, schwerer, als vom Feld aus. Und er war etwas hin und her gerissen. Er würde nicht sagen, dass er auf der Seite von Slytherin stand, nein. Auch wenn Draco dort spielte und der sein Freund war. Bei einem der Manöver des Blonden sauste Cho Chang durch sein Blickfeld und Harry verzog schmerzlich das Gesicht. Aber wenn er alleine die beiden Sucher der Mannschaften betrachtete, so würde er sich nichts sehnlicher wünschen, als dass Draco gegen Cho gewann. Doch es geschah nur alle zweihundert Jahre, dass die Mannschaft, die den Schnatz fing, verlor und es waren erst zwei Jahre vergangen, als dies zum letzten Mal passiert war: beim Quidditch-Weltmeisterschaftsfinale Irland gegen Bulgarien. Also noch einhundertachtundneunzig Jahre, bis dies – statistisch gesehen – wieder eintreffen würde. Wenn Slytherin jedoch gewinnen würde, so wäre das traditionell letzte Spiel der Saison, Gryffindor gegen Slytherin, kaum noch an Spannung zu überbieten, denn dann würde es erneut um Alles oder Nichts gehen – konkreter: um den Pokal. Dennoch, da er die anderen Chaoten in Dracos Mannschaft nach wie vor abstoßend fand, konnte er sich nicht dazu durchringen, sich auf die Seite der Grünen zu schlagen. Er ließ den Blonden jedenfalls nicht aus den Augen. Bereits nach einer dreiviertel Stunde riss dieser triumphierend die Faust in die Luft. Harry blinzelte. Vom restlichen Spiel hatte er überhaupt nichts mitbekommen, wie er nun überrascht feststellte und er wandte sich an Ron, um nach dem Endstand zu fragen. Der runzelte die Stirn. „Hast du nicht aufgepasst? Dabei warst du es doch, der das Spiel sehen wollte!“ Er war empört. „Zweihundertsechzig zu vierzig“, erklärte Hermine und packte ihre Bücher zusammen, die sie lieber gelesen hatte, als auf das Spiel zu achten. „Ah … danke“, erwiderte Harry etwas verlegen. Er hatte mehr auf die geschmeidigen Bewegungen von Draco geachtet und über dessen Liebesgeständnis philosophiert. Der Schwarzhaarige dachte nun schon seit ein paar Tagen darüber nach, verstand es aber noch immer nicht so ganz. Was waren die Gründe dafür? In ihrem ersten Schuljahr wollte Draco mit ihm befreundet sein, dann hatten sie sich fast sechs Jahre lang gehasst und nun wollte der Blonde statt Freundschaft sogar Liebe. Seit seinem Liebesgeständnis hatten sie nicht mehr darüber gesprochen. Vielleicht lag es ja auch nur daran, dass seine Eltern fern von ihm waren und ihm nun keine Zuneigung mehr entgegen bringen konnten, vielleicht sehnte er sich nur nach Nähe. Aber das würde er auch von jedem anderen bekommen, Pansy hatte ihn doch jahrelang angeschmachtet, also warum er, Harry? Vielleicht war es wirklich nicht nur das Sehnen nach Nähe und Aufmerksamkeit, sondern echte Gefühle, aber Harry wusste noch immer nicht, wie er damit umgehen sollte. Am Besten war es, es würde so weiterlaufen, wie bisher. Keine Feindseligkeiten, kein Hass, keine Verachtung, sondern langsames, ruhiges Annähern. Kapitel 3: Wiederauferstehung der DA ------------------------------------ 3. Wiederauferstehung der DA „Hey, Harry“, grüßte Draco und ließ sich auf einen freien Stuhl sinken. Genannter sah von seinem dicken schweren Zauberkunstbuch auf und lächelte den Blonden leicht an. Sie hatten gemeinsam von Flitwick die Aufgabe erhalten, die verpasste Stunde nachzuholen, die sie ja teilweise zusammen im Krankenflügel verbracht hatten. Als Treffpunkt und auch Arbeitsplatz hatten sie sich die Bibliothek auserkoren. Harry war einige Zeit früher da gewesen und hatte schon ein paar Bücher bei Madame Pince ausgeliehen und sie aufgeschlagen über dem riesigen Tisch ausgebreitet. „Hallo, Draco. Bereit?“ Er musterte den Slytherin grinsend. Dieser murrte. „Wenn’s denn unbedingt sein muss. Das einzig Positive an dieser Nachholstunde ist wohl, dass ich sie mit dir verbringen kann.“ Er lächelte und zwinkerte Harry zu. Der Schwarzhaarige wandte hastig den Blick ab und beschäftigte sich lieber damit, seine Feder ausreichend in die rot-goldene Tinte zu tauchen. Das war eindeutig ein Flirtversuch des Blonden, doch er konnte einfach nicht darauf eingehen. Stattdessen strich er nun seine Pergamentrolle glatt, was diese eigentlich nicht nötig gehabt hätte und seine Ohren zuckten etwas nervös. Er ärgerte sich ein wenig darüber. Seit er Katzenohren hatte, die sich unkontrolliert bewegten, konnte man ihm ständig ansehen, wenn er nervös oder verlegen war. Sie verrieten seine Gefühle und das ließ ihn noch unbehaglicher werden. „Am Wochenende ist wieder Hogsmeade-Wochenende“, drang nun Dracos warme Stimme an seine Ohren. Manchmal kam es Harry so vor, als würde es an seinen Katzenohren liegen, als würden sie ihn trügen, denn nie zuvor hatte er Malfoy mit solch einer warmen Stimme sprechen hören, doch seit seinem Geständnis kam das immer öfter vor. „Gehen wir gemeinsam dorthin?“ stellte Draco seine Frage, die ihm sehr wichtig war. Er beobachtete sein Gegenüber eingehend, um nicht die kleinste Reaktion zu verpassen. „Äh … ich weiß nicht…“ Harry hob den Blick. Wieso nur machte ihn Dracos bloße Anwesenheit so unsicher? Das lag sicherlich an dessen Liebesgeständnis und an seinen ständigen Annäherungsversuchen. Es verwirrte Harry, dass er nun plötzlich dem Blonden gegenüber so schüchtern war, was auch gar nicht zu seinem Verhalten passte, das er an den Tag gelegt hatte, als sie sich noch hassten. Draco hingegen fand die gelegentliche Schüchternheit und Verlegenheit des Schwarzhaarigen einfach nur niedlich und er tat sich schwer daran, ein Lächeln zu verkneifen. Vielleicht, so überlegte er, hatte Harry sich nie damit konfrontiert gefühlt, begehrt zu werden, er selbst, als Harry Potter, und nicht als der-Junge-der-lebt und der eine Berühmtheit war. Forsch suchte er den Blick der grünen Augen und musste sich zusammenreißen, nicht darin zu versinken. „Ron und Hermine…“ fügte Harry an, sprach aber nicht weiter, denn das kleine Lächeln, dass Dracos Mundwinkel zuvor noch umspielt hatte, verschwand und die grauen Augen verdüsterten sich. Auch Dracos Körperhaltung veränderte sich, von vormals entspannt auf seinem Stuhl zurückgelehnt zu nun aufrecht und steif. „Verstehe“, meinte er mit dunkler Stimme und wandte sich einem x-beliebigen Buch zu. Es hätte ihm klar sein müssen, dass seine Freunde von Harry noch immer den Vorzug erhielten. Und der Rothaarige wäre mit Sicherheit nicht sonderlich begeistert davon, wenn sich das einmal ändern sollte. „Wir… könnten ja alle zusammen…“ schlug Harry leise vor und ließ seinen Blick über das markante Gesicht seines Gegenübers gleiten, das dieser etwas nach vorne geneigt hatte, um in eines der Bücher zu blicken. Der Schwarzhaarige war sich nicht so sicher, dass Draco tatsächlich etwas lesen konnte, denn alle Bücher waren auf Harry ausgerichtet, so dass sein Gegenüber aus dieser Position die Schrift auf dem Kopf stehend vor sich hatte. Doch jetzt blickte er wieder auf und Harry sah sofort in seine sturmgrauen Augen, die für einen Moment unergründlich waren. „Nur, wenn du willst“, setzte er hastig hinzu und da auch er sich etwas nach vorne gebeugt hatte, um zu sehen, welches Buch der Blonde vorgab, zu lesen, fiel ihm erst jetzt auf, wie nahe sich ihre Gesichter waren, doch er machte keinen Rückzieher, zu fesselnd war das Grau, dass ihn in sich aufsog. Draco lächelte nun wieder. „Wenn das für deine Freunde okay ist…“ Harry erwiderte das Lächeln und nickte. Dann lehnte er sich etwas zurück und wandte sich einem der Bücher zu, während Draco das Buch, über das er sich schon zuvor gebeugt hatte, nun in seine Richtung umdrehte. ** Sie warteten in der Eingangshalle auf den blonden Slytherin. Es war schwer gewesen, Ron zu überzeugen, ihn mitzunehmen. Fast wäre es soweit gekommen, dass Harry und Hermine zusammen mit Draco zu dem Dorfbesuch gestartet wären und Ron sich einer anderen Gruppe angeschlossen hätte, aber mit Unterstützung des brünetten Mädchens hatte er einige Tage darauf verwendet, den Rothaarigen dazu zu überreden, dem Blonden wenigstens so etwas wie eine Chance einzuräumen. Denn Harry wollte Draco in keinem Fall absagen. Später am Tag konnte Ron sich noch immer abseilen. Heute war einer der warmen Spätfrühlingstage, daher waren sie relativ leicht gekleidet. Harry trug eine einfache schwarze Jeans und ein T-Shirt, Hermine einen kurzen Rock und ein rotes Top und Ron, der ein mürrisches Gesicht zog, Bluejeans und ebenfalls ein T-Shirt, beides relativ verwaschen. Aber Muggelkleidung. Ron war sehr gespannt. Bei den Gryffindors, Ravenclaws und Hufflepuffs war es selbstverständlich, dass sie in der Freizeit Muggelkleidung trugen, die Slytherins schreckte noch nicht einmal der Hochsommer ab, Umhänge zu tragen, wie es sich für Zauberer gehörte, aber Harry hatte in einer sehr beiläufigen Bemerkung erwähnt, dass auch der Slytherinprinz heute in einem muggeltauglichen Outfit erscheinen wollte. Allein diese Ankündigung war bei manch einem Zauberer einen Blick wert, wenn er zum Beispiel an den alten Mann bei der Quidditch-Weltmeisterschaft in dem Muggelnachthemd dachte. Doch da der Slytherin jeden Tag die Mitglieder der anderen Häuser in Muggelkleidung sah, würde er wohl einige Vorstellungen davon haben, was man anziehen konnte und was eher nicht. „Hallo, Harry. Entschuldige die Verspätung.“ Draco war endlich hinter ihm aufgetaucht. Lächelnd drehte er sich um, doch als sein Blick auf Zabini fiel, der hinter dem Blonden stand, zog er eine Augenbraue hoch. Er hatte nämlich nicht erwähnt, dass Draco diesen noch mitbringen würde. „Hi.“ Der Schwarzhaarige Slytherin grinste in die Runde, doch Ron sah nicht gerade begeistert davon aus, sich auch noch mit zwei Slytherins herumschlagen zu müssen, wohingegen Hermine den Anderen eingehend musterte. „Tut mir leid, Blaise ließ sich nicht abwimmeln“, nuschelte Draco leise an Harry gewandt, so dass nur der es hörte. Aber nachdem er jetzt mehr über dessen ‚Projekt’ wusste, musste er seinen Freund doch unterstützen, schließlich war er der Einzige, der ihm außer Harry noch nahe stand. Harry warf dem Langhaarigen noch einen kurzen Blick zu, bevor er mit den Schultern zuckte. Mit Zabini hatte er bisher noch nicht so viel zu tun gehabt, somit hatte der ihm auch bisher keine Probleme bereitet, also war es ihm egal. Und er war sowieso der Meinung, je mehr sie waren, desto besser würde die Stimmung werden, jedenfalls sobald das Eis überhaupt mal gebrochen war. So richtete Harry sich darauf ein, in der ersten Zeit das Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Zweiergruppen zu sein. „Können wir jetzt endlich gehen?“ fragte Ron gereizt, doch Blaise war gleich an seiner Seite. „Klar!“ strahlte der den Kleineren an, wurde aber keines Blickes gewürdigt. Stattdessen stapfte Ron voran, dicht gefolgt von Blaise und Hermine; Draco und Harry bildeten gemeinsam die Nachhut. Sie schlenderten über die saftig grünen Wiesen Hogwarts und durchquerten das von Steinebern gesäumte Tor, das Hogwarts und Hogsmeade voneinander trennte. Ron raste noch immer voraus, bis er abrupt stehen blieb und sich umdrehte. „Wohin - ?“ Doch weiter kam er nicht, denn Zabini war in ihn hineingelaufen und Ron fand sein Gesicht an dessen Brust gepresst wieder. „Ups, sorry“, meinte der Slytherin nur, grinste aber bis über beide Ohren. Wer hatte auch ahnen können, dass er seinem Ziel so schnell würde näher kommen, wenn auch etwas unfreiwillig? Der Rothaarige hingegen stolperte hastig einige Schritte zurück und funkelte den Schwarzhaarigen sauer an. Doch dann tat er so, als würde der Größere schlichtweg nicht existieren, sah an ihm vorbei und wandte sich wieder an seine Freunde. „Wohin wollen wir als erstes?“ Seiner Stimme jedoch war anzumerken, da sie angespannt war, dass ihm der Zusammenstoß doch sehr unangenehm gewesen war. Hermine, die ein paar Schritte hinter den Junges gegangen war, fand es etwas seltsam, dass Zabini scheinbar unbedingt mit Rons ausfallendem Tempo mithalten wollte. „Ich brauche jedenfalls neue Federn, Tinte, ein paar Pergamentrollen und ich muss noch ein bestelltes Buch abholen“, erklärte sie resolut in die Runde, allerdings sah sie niemanden speziell an. Draco biss sich auf die Lippen, um nicht gleich beim ersten richtigen Treffen etwas Falsches zu sagen, doch Harry nahm ihm die Worte aus dem Mund. „War ja so vorhersehbar! Sogar ohne ‚Das innere Auge’!“ seufzte der und verdrehte seine grünen Augen, was ihm sowohl ein Grinsen seitens Dracos und Zabinis als auch eines von Ron einbrachte. Offenbar hatten die Jungs alle sofort das Gleiche gedacht und auch Hermine musste nun über die plötzliche und unerwartete Einigkeit ihrer Begleiter schmunzeln. „Welches Buch hast du denn bestellt?“ fragte Blaise scheinbar interessiert nach. „Wahrscheinlich eine dicke fette ‚leichte Lektüre’!“ erklärte Ron grinsend, während sein Blick eine Weile auf Hermine verweilte und ihm somit entging, dass Blaise ihn verträumt ansah. Dann wandte er sich wieder um und sie gingen gemeinsam weiter, wobei sie noch zuvor im Honigtopf Station machten, um sich mit Süßigkeiten einzudecken. Dort stellte sich heraus, dass Zabini Rons Leidenschaft für allerlei Süßkram teilte und schon hatten die beiden ein gemeinsames Gesprächsthema entdeckt, das sie in eine leidenschaftliche Diskussion verfallen ließ. Nachdem Hermine dann endlich ihre Besorgungen gemacht hatten, betraten sie die Hogsmeade-Zweigstelle von Weasleys Zauberhafte Zauberscherze, die die Zwillinge in dem Laden eröffnet hatten, in dem zuvor Zonko seine Scherzartikel unter die Kundschaft gebracht hatte. Ron wollte nämlich unbedingt seine Brüder sehen und ihnen ein wenig von ihrem Klimbim abschwatzen, darauf hoffend, dass sie großzügiger waren, als in der Winkelgasse und sie ihm doch den ein oder anderen Artikel kostenfrei zur Verfügung stellen würden, was Hermine natürlich alles andere als guthieß, denn sie gab zu bedenken, dass Ron sich doch mehr auf seine schulischen Leistungen konzentrieren sollte, als seine Zeit mit Scherzartikeln zu verschwenden. Doch wie eigentlich immer wurde dieser Einwand schnell ignoriert und gemeinsam betraten sie den kunterbunt ausgestatteten Laden. Der Rothaarige stürzte sich auch sogleich auf die neuesten Erfindungen seiner beiden Brüder, dicht gefolgt von Blaise, während es die restlichen drei vorzogen, alles eher mit bedacht zu betrachten. Doch sogleich hatte Harry ein paar Langziehohren zur Hand, denn seine waren mittlerweile gerissen, so oft hatte er versucht, Sirius und Remus zu belauschen. Kurz darauf stand Draco plötzlich vor ihm und hielt ihm etwas entgegen, das wie kleine Kätzchen aussah. Er blinzelte irritiert und zog eine Augenbraue hoch. Die Kätzchen waren nicht größer als ein Fingerhut, doch sie bewegten sich, kuschelten sich aneinander und rollten sich auf Dracos Hand ein. „Aus der, ich nenne es mal ‚Mädchenabteilung’“, lachte Draco, lächelte Harry dann liebevoll an. „Hat mich sofort an dich erinnert.“ Harry sah von der ihm dargebotenen Hand in Dracos Gesicht und erwiderte das Lächeln leicht. „Und was können die?“ „Du wirfst sie in die Badewanne und aus dem Wasser steigt Wasserdampf empor, der die Gestalt eines Kätzchens annimmt. Hält auch eine Weile“, erklärte nun Fred, der plötzlich neben ihnen stand. Er grinste Harry an, doch erst jetzt schien ihm aufzufallen, zu wem die Hand gehörte, auf der sich die Kätzchen tummelten, denn sofort erstarb das Grinsen und sein Gesicht verfinsterte sich, als er Draco erkannte. Fred schien sehr irritiert, den Malfoy-Erben an Harrys Seite zu sehen. Doch der Blonde ignorierte das einfach und lächelte auch weiterhin. „Und was kosten die?“ „Dir verkaufen wir nichts“, erklärte Fred barsch. Natürlich, Geld war Geld, aber der Verkauf verlief momentan so gut und die Einnahmen waren dementsprechend, dass er sich eine solche Ablehnung durchaus leisten konnte. Mit Genugtuung nahm er wahr, dass Malfoys Lächeln nun doch verschwand und dieser den Rothaarigen ausdruckslos anstarrte, während die Kätzchen in der ausgestreckten Hand munter umhertapsten. Doch noch ehe er etwas erwidern konnte, hörte er sein leises Glucksen neben sich. Beide Jungen drehten Harry ungläubig den Kopf zu. „Naja“ Harry grinste. „Vor nicht mal etwas mehr als einer Woche hätte ich es als unter der Würde eines Draco Malfoys geglaubt, dass er je auch nur einen Fuß in einen Scherzartikelladen setzen würde und jetzt, da er es tatsächlich tut, willst du ihm nichts verkaufen.“ Er richtete seinen Blick nach unten auf Dracos Hand, streckte seine eigene aus und nahm dem Blonden die Kätzchen ab. Dabei streifte er mit seinen Fingerkuppen über Dracos Handinnenfläche und diesen durchfuhr ein angenehmer Schauder. „Was kosten die?“ wiederholte Harry und hielt Fred erneut die Kätzchen unter die Nase. Fred rang sichtlich mit sich selbst. Harry war ihr Finanzier und sie hatten ihm gesagt, dass er bei ihnen nichts bezahlen musste, schließlich schuldeten sie ihm einiges, zumal das Geschäft besser lief, als sie es erwartet hatten. Doch wenn er sie dem Schwarzhaarigen kostenlos überließ, war es so gut wie gewiss, dass dieser sie draußen Malfoy wieder in die Hand drücken würde, was seine Ablehnung wieder relativierte. Aber wenn er Harry die Kätzchen wie jeden anderen bezahlen lassen würde, wäre er unglaubwürdig, da er dann ein Versprechen brechen würde, wenn auch nur ein mündliches. „Nimm sie einfach“, murrte der Rotschopf schließlich. „Wir haben dir schon einmal gesagt, dass du bei uns nichts zu zahlen brauchst.“ Die tausend Galleonen, die sie von ihm damals geschenkt bekommen hatten, waren schließlich ganz schön viel Geld, im Gegenzug zu den paar Sickel für die Kätzchen. „Danke!“ Harry lächelte strahlend. Er nahm es nicht für selbstverständlich hin, denn es war nur allzu offensichtlich, dass er wenigstens ein paar dem Slytherin später in die Hand drücken würde. Auch die Langziehohren wurden ihm aufgedrängt, die beiden Schüler drehten sich um und machten sich auf den Weg, den Laden zu verlassen, dicht gefolgt von Hermine, die Scherzartikel nicht mehr sehen konnte und Blaise, in der Annahme, dass auch Ron ihnen folgen würde. Somit bemerkten sie nicht, dass Ron von seinem Bruder zur Seite gezogen wurde. Erst draußen wurde ihnen bewusst, dass einer von ihnen fehlte und so beschlossen sie, nicht unweit des Eingangs zum Laden auf den Weasley zu warten. In der Zwischenzeit überreichte Harry Draco die Kätzchen, die dieser umsichtig entgegennahm und wegsteckte. Nach einer Weile stieß auch Ron wieder zu der Truppe. „Was wollte Fred?“ fragte Hermine gleich nach. Angesprochener verzog unbehaglich das Gesicht. „Wahrscheinlich das, was sich alle anderen Schüler auch fragen: was die da“ er nickte mit dem Kopf zu Draco und Blaise „bei uns zu suchen haben. Sind ja schließlich Slytherins und Malfoy unser größter Feind.“ „Und, was hast du gesagt?“ wollte Hermine rasch wissen. „Wir können eure Unterhaltung hören!“ warf Blaise ein, während sie schon auf dem Weg zu den Drei Besen waren, während Draco schwieg. Ihm war unwohl dabei, auch nur an das zu denken, was das Wiesel geantwortet haben könnte. Ron zuckte mit den Schultern, während er Blaise’ Bemerkung ignorierte. „Ich hab ihm gesagt, dass wir noch leben, wovon er sich ja selbst überzeugen konnte. Was heute sonst noch passiert, da lass ich mich überraschen. Außerdem denke ich, dass Harry schon weiß, warum er Malfoy plötzlich vertraut“, erklärte er einfach. Draco zog überrascht eine Augenbraue hoch. Sollte er tatsächlich glauben, dass der Gryffindor das zu seinem Bruder gesagt hatte? Er warf Harry, der neben ihm ging, einen Seitenblick zu, doch dieser lächelte nur zufrieden vor sich hin. Der Schwarzhaarige schien sich jedenfalls sicher zu sein, dass es so war. Nachdenklich wandte er sich wieder nach vorne. Vielleicht hatte Blaise es tatsächlich schon geschafft, den Rothaarigen milde zu stimmen, immerhin hatte Harry ihm in der vergangenen Woche oft genug erzählt, dass seine Gespräche mit Ron wegen dem gemeinsamen Ausflug, zu scheitern drohten. Kaum hatten Ron und Hermine die Tür zu den Drei Besen geöffnet und einen Fuß hineingesetzt, winkte ihnen auch schon ein sichtlich begeisterter Neville zu. Als er allerdings die beiden Slytherins hinter Harry eintreten sah, ließ er seine Hand schnell sinken, wohl in der Hoffnung, unentdeckt zu bleiben, doch die beiden Gryffindors waren schon unterwegs. Nun sah Neville eher ängstlich drein, während er beobachtete, wie Hermine, Ron und Harry sich an den anderen Sitzgelegenheiten vorbeischlängelten, dicht gefolgt von Nevilles schrecklichstem Alptraum, nach Professor Snape natürlich, Draco Malfoy und einem Slytherin, den er nur vom Sehen her kannte. Innerlich richtete er sich schon darauf ein, von dem Blonden wieder schikaniert zu werden, bevor ihm einfiel, sich darüber zu wundern, weshalb dieser sich überhaupt dazu herabließ, mit Gryffindors unterwegs zu sein und dann ausgerechnet noch mit Harry. Auch Ginny und Seamus, die bei ihm am Tisch saßen, sahen unbehaglich drein; an Luna schien das ganze Geschehen hingegen vorbei zu gehen. Doch Hermine ließ sich schon neben Ginny fallen, Ron direkt neben sich, allerdings am Kopfende des Tisches, dann folgten Blaise, Draco und Harry setzte sich neben Seamus. „Hallo!“ meinte Harry strahlend. Er versuchte, es zu ignorieren, dass sie alle wenig begeistert aussahen und tat so, als sei es das Natürlichste der Welt, dass Draco Malfoy neben ihm saß und der noch einen weiteren Slytherin im Schlepptau hatte. Madam Rosmerta kam zu ihnen an den Tisch gewuselt und nahm die Bestellungen entgegen, die ausnahmslos aus Butterbier bestand. Schnell hatte Ginny Hermine in ein erregtes Gespräch verwickelt, an dem sich auch Luna gelegentlich beteiligte, wohingegen die Jungs sich erstmal abschätzend musterten. Harry wusste nicht so recht, ob er den anderen erst eine Eingewöhnungszeit einräumen sollte oder ob er sie lieber voneinander ablenken sollte. Nachdem das Butterbier jedenfalls vor ihnen stand, beschloss Harry, einfach mal etwas zu sagen. „Was habt ihr heute so gemacht?“ richtete er sich an Neville und Seamus, die anscheinend mehr an ihren Butterbierflaschen interessiert waren, als an einem Gespräch. Seamus sah auf und richtete seinen Blick auf seinen Zimmergenossen. „Das Übliche. Derwish & Banges, Honigtopf, Weasleys Zauberhafte Zauberscherze.“ Einer Eingebung folgend griff Draco in seine Umhangtasche und setzte ein paar der Kätzchen, die Harry ihm in die Hand gedrückt hatte, auf den Tisch. Fast sofort hatte er Ginnys Aufmerksamkeit darauf gezogen. „Die sind doch aus der Mädchenabteilung.“ Das Mädchen runzelte die Stirn. „Jaaah“, erklärte der Blonde gedehnt. „Malfoy in der Mädchenabteilung?“ hakte nun Seamus verwundert nach. Der Slytherin zuckte mit den Schultern. „Haben mich eben an Harry erinnert.“ Zärtlich stupste er eines der Kerlchen mit der Fingerspitze an, während die Gryffindors lachten. Nun hob Draco irritiert den Blick. „Was?“ „Nichts“, grinste Hermine, doch niemandem war Dracos Gesichtsausdruck entgangen, vor allem Harry nicht, der nun etwas rosa im Gesicht war. Somit war das unbehagliche Schweigen zwischen ihnen jedenfalls gebrochen. Plötzlich legten sich zwei Hände von hinten auf Harrys Augen. „Wer bin isch?“ Harry lehnte sich leicht lächelnd zurück. „Dem Akzent nach zu urteilen würde ich auf Fleur tippen. Aber ihre Stimme klingt anders.“ „Dasss schdimmt!“ erklärte die Stimme weiter und lachte leise. „Rate weiter, ’Arry!“ forderte nun Fleurs Stimme. Der Schwarzhaarige konnte sich schon denken, dass das Gabrielle, Fleurs Schwester sein musste, doch in dem Alter wäre sie wahrscheinlich stolz darauf, wenn er sie nicht erkennen würde und diese Freude wollte er ihr nicht nehmen. „Keine Ahnung!“ Er wurde lachend losgelassen und im Stuhl herumgedreht. „’Allo, ’Arry! Gennst du misch noch?“ Harry musterte das blonde Mädchen. „Natürlich! Wie könnte ich dich je vergessen!“ lächelte er die junge Französin an. Die grinste und nahm den Stuhl, den ihre Schwester von einem Nachbartisch genommen hatte, entgegen, um ihn zwischen den von Seamus und Harry zu stellen, da sie unbedingt neben ihrem damaligen Retter sitzen wollte, während Fleur sich noch auf die Bank dazugesellte, was ihr missbilligende Blicke von Hermine und Ginny und äußerst schmachtende von Ron einhandelte. Doch sie ignorierte alle und redete einfach munter mit Harry weiter. „Bill und isch sind ’eute ’ier zu Besuch. Bill redet noch mit einem seiner Zwillingsbrüder.“ Die Veela sah nachdenklich drein. „Fred, glaube isch. Er ’at uns gesagt, dass ihr ’ier seid.“ Nach und nach trudelten noch andere Schüler ein, die meisten waren mit ihnen befreundet, seit sie gemeinsam Dumbledores Armee besucht hatten. Susan Bones, Ernie Macmillan und Hannah Abbott Händchen haltend mit Justin Finch-Fletchley. Lavender Brown, Parvati Patil und ihre Schwester Padma, die ihre Ravenclaw-Freundinnen Mandy Brocklehurst und Lisa Turpin dabei hatte, genauso wie die Ravenclaws Terry Boot, Anthony Goldtsein und Michael Corner. Alle wurden sie wie magisch von dem Tisch angezogen, an dem Harry und die anderen saßen und ausnahmslos alle warfen Draco und Blaise seltsame Blick zu, als sie näher kamen. Mittlerweile hatten sie schon ein paar Tische angestellt und Stühle hinzugenommen, es wurde dennoch langsam eng. Als Harry von der Toilette zurückkam, hatte sich Fred auf seinen Stuhl gepflanzt, der gerade Mittagspause machte und somit seiner Angestellten den Laden überließ – die meisten Schüler waren gleich am Morgen in den Scherzartikelladen gestürzt, so dass nun schon weniger los war und Bill saß auf Gabrielles Stuhl und hatte das Mädchen auf seinen Schoß genommen. Harry sah sich unschlüssig um, was er nun tun sollte. Platz für einen weiteren Stuhl am Tisch war definitiv nicht. Viele Kunden, die neu in die Kneipe kamen, sahen sich nach dem Lärm um, der an ihrem Tisch veranstaltet wurde, selbst Draco und Blaise waren in Gespräche verwickelt. Doch als er auf Dracos Blondschopf vor sich hinab sah, kam ihm eine Idee und in Hogwarts hatte es ja auch funktioniert. Rasch verwandelte er sich in seinen Animagus, huschte unter Dracos Stuhl hindurch, um auf dessen Schoß zu springen, auf dem er gleich von einer warmen Hand empfangen wurde, die ihn liebevoll kraulte. Er schloss genießerisch die Augen, doch durch den vielen Lärm spürte Draco das leichte Schnurren mehr, als dass er es hörte. Nach einer Weile blickte Fleur auf ihre silberne Armbanduhr. „Wo bleibt ’Arry denn nur? Isch wollte misch doch noch von ihm verabschieden!“ Draco gluckste leise. „Aber er ist doch schon längst wieder da!“ Er erntete einen verwirrten Gesichtsausdruck der Veela und beschloss daher, das Kätzchen von seinem Schoß auf den Tisch zu verfrachten. Fleur musterte das Tier mehr als skeptisch. Harry sprang auf seine vier Pfoten und tapste auf die blonde Französin zu. Etwas zögerlich streckte diese die Hand aus und streichelte dem Kätzchen über den Kopf, der diesen noch etwas näher an ihre Hand drückte. Dann umfasste sie das Tierchen vorsichtig, erhob sich mit dem Kater auf dem Arm, kämpfte sich von ihrem Platz weg und auch Gabrielle und Bill standen nun auf. In einem Gang zwischen den Tischen verwandelte Harry sich zurück und verabschiedete die drei. Dann ging er zum Tisch zurück und ließ sich auf seinen ursprünglichen Platz neben Draco fallen, denn Fred war auf Gabrielles Stuhl gerückt. Der sprach ihn auch gleich an. „Sag, wieso hast du eigentlich die DA aufgelöst?“ Sofort kehrte am Tisch eine ungewöhnliche Stille ein und alle Augen waren auf ihn gerichtet und sie warteten gespannt auf eine Antwort. „Naja, sie ist doch eigentlich nicht mehr notwenig“, begann Harry. „Wir dürfen im Unterricht wieder Zaubern und Umbridge ist ja auch nicht mehr da…“ „Aber es hat solchen Spaß gemacht!“ warf Susan ein und erntete zustimmendes Gemurmel. „Gerade jetzt sollten wir doch vorbereitet sein, da Du-weißt-schon-wer offiziell wieder zurück ist und sich nicht mehr verbergen muss“, meinte Hannah. „Und du weißt doch, was der Sprechende Hut gesagt hat: die Häuser sollen zusammenhalten. Die DA ist dafür doch eine sehr gute Gelegenheit“, wandte nun Padma ein. „Ihr würdet also alle wieder kommen?“ fragte Harry in die Runde. „Klar!“ riefen einige, andere nickten nur. „Habt ihr denn eure Münzen noch?“ wollte der Schwarzhaarige dann wissen, woraufhin er erneutes Nicken erntete. „Also, Zacharias, Cho und Marietta haben mir ihre Münzen zurückgegeben. Außerdem hab ich die von Angelina und Alicia bekommen, die ja die Schule beendet haben“, erläuterte Hermine und warf Lisa und Mandy je eine Münze hin und Padma erklärte leise, was es damit auf sich hatte. „Was ist mit euren, Fred?“ Da die beiden mitten im letzten Schuljahr abgebrochen hatten, hatten sie noch keine Gelegenheit gehabt, über die präparierten Münzen zu reden. „Wir haben unsere natürlich noch!“ Fred warf sich in Pose. Dann wandte er sich an Harry. „Wenn du nichts dagegen hast, würden George oder ich sicherlich gerne hoch kommen, wenn eine Stunde stattfindet und wir in Hogsmeade sind.“ Harry nickte. Wieso sollte er etwas dagegen haben? Solange das mit den Öffnungszeiten ihres Ladens kein Problem werden würde. „Ähm, eine kurze Frage“, mischte sich nun Draco ein. „Was genau ist die DA?“ Ron warf Blaise einen Blick zu, der es anscheinend auch nicht wusste. „Das wisst ihr nicht?“ fragte er erstaunt und auch die anderen am Tisch wirkten überrascht. „Naja“, druckste Draco und es war da erste Mal, dass viele der Anwesenden ihn so sahen. „Damals war ich viel zu beschäftigt damit, euch, oder besser Harry, auffliegen zu lassen, als dass ich mich darum gekümmert hätte, was genau ihr überhaupt gemacht habt. Unter Umbridge war schließlich alles verboten.“ Er zuckte mit den Schultern. Einigen war deutlich anzusehen, dass sie sich nachträglich am liebsten die Zunge abgebissen hätten, denn sie hatten vor Malfoy über die DA gesprochen, doch der wusste augenscheinlich noch nicht einmal, um was es ging. „DA steht für Dumbledores Armee oder auch Defensiv Armee“, erklärte Harry ehe ihn jemand daran hindern konnte. „Wir sollten uns ja in Verteidigung nur auf die Theorie verlassen, aber Voldemort würde uns bei einem Kampf nicht erst im Buch blättern lassen. Wir müssen die Zauber schließlich auch beherrschen.“ Wie üblich zuckten die Meisten bei der Nennung des Namens unwillkürlich zusammen, doch Harry ignorierte es gekonnt, selbst wenn es ihn schon manchmal nervte, dass alle allein vor einem simplen Namen so viel Erfurcht zeigten. Doch wie Dumbledore schon sagte: man sollte die Dinge beim Namen nennen. „Und jemand, der die Schule abgebrochen hat, will bei einem Schüler, der zwei Klassenstufen untendrunter ist, noch Zauber lernen?“ erkundigte Draco sich nun bei Fred, klang aber weder gehässig, herablassend noch arrogant oder überheblich. Es war eine einfache Frage und das irritierte den Angesprochenen. Also ging er darüber hinweg, wer die Frage gestellt hatte. „Bei den vielen wechselnden Lehrern, die wir hatten, ja. Die hatten alle nicht mehr alle Tassen im Schrank, bis auf Lupin natürlich, der war der Beste.“ Fred erntete zustimmendes Gemurmel. „Harry hat schon viel durchgemacht, was nicht jeder erwachsene Zauberer von sich behaupten kann. Er hat sich immerhin durch das Trimagische gekämpft. Ich behaupte schon, dass ich noch von ihm lernen könnte.“ Harry wandte etwas verlegen den Blick auf den Tisch und seine Wangen wurden leicht rosa, da er die Blicke der anderen auf sich spüren konnte. „Apropos Lupin. Die Stelle des Verteidigungslehrers ist verflucht und daher dachte ich mir … wenn es Snape vielleicht am Ende des Schuljahres auch trifft … nunja, ich würde Professor Lupin dann eine Eule schicken und ihn bitten, hierher zurückzukommen. Dann hätten wir endlich wieder einen anständigen Lehrer in diesem Fach“, erklärte Lavender lächelnd und einige andere beschlossen, es ihr dann gleichzutun. Wahrscheinlich ahnte sie nicht einmal, dass die Stelle tatsächlich verflucht war, dachte Harry bei sich, doch Dumbledore hatte ihm ja gesagt, dass Voldemort dafür verantwortlich war, dass die Lehrer schon seit Jahrzehnten nur ein Jahr bleiben konnten. Doch das würde er jetzt nicht laut sagen. „Ihr haltet wohl nicht viel von Professor Snape?“ wollte Draco nun wissen. Lavender verzog das Gesicht. Selbst wenn sie nun riskierte, verraten zu werden, immerhin war Snape Malfoys Hauslehrer und der Blonde dessen Lieblingsschüler, wollte sie nun darauf antworten. „Er ist ziemlich unfair. Er zieht uns immer Punkte ab, wenn wir den Zauber nicht können, aber er lässt uns ja auch gar keine Zeit zum Üben. Noch ein Grund mehr, die DA wieder ins Leben zurückzurufen“, meinte die Brünette. „Also. Wann findet das erste Treffen statt?“ fragte sie dann an Harry gewandt. „Uhm, keine Ahnung. Wir müssen die Quidditch-Zeiten der ganzen Häuser berücksichtigen.“ Er rieb sich nachdenklich mit dem Zeigefinger über die Nasenspitze, dann schüttelte er den Kopf. Der Schwarzhaarige blickte auf. „Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich werde euch über die Münzen Bescheid geben. Aber einmal die Woche sollten wir uns schon treffen.“ „Weiterhin im Raum der Wünsche?“ fragte Anthony quer über den Tisch. „Jaah, ich denke schon. Der ist ja groß genug“, stimmte Harry zu. „Hört mal, ihr könnt ruhig noch ein paar Freunde mitbringen“, meinte Hermine. „Es ist immerhin kein geheimer Club mehr.“ „Ach, übrigens, ich denke, beim ersten Treffen sollten wir erstmal nur wiederholen. Wem das nicht passt, der braucht ja nicht zu kommen“, erklärte Harry. Ginny schnaubte. „Keiner von uns heißt Zacharias Smith.“ ** Harry war zusammen mit Ron, Hermine, Draco und Blaise als erstes im Raum der Wünsche. Gemeinsam verteilten sie die Sitzkissen in dem Raum und Hermine zauberte noch ein paar extra weiche Exemplare hervor, damit sie Schock-Zauber und Lähmzauber üben konnten, ohne den Gegner ernsthaft zu verletzen. Ron war anfangs nicht sonderlich begeistert gewesen, die beiden Slytherins an der DA teilnehmen zu lasser, aber da die beiden eh bescheid wussten und man Harry und Draco kaum noch voneinander trennen konnte, die beiden waren fast immer zusammen unterwegs, hatte er schließlich nachgeben müssen. Und nach gutem Zureden seitens Hermine, die einen nicht geringen Einfluss auf Ron hatte, hatte dieser schließlich die Zähne zusammengebissen und war dennoch zum Raum der Wünsche mitgekommen. Nach einiger Zeit, in der Harry mit Ron und Hermine die Zauber, die er heute wiederholen wollte, durchgegangen war, trafen schon die ersten Mitglieder der DA ein. Nicht nur das. Nach einer Weile wurde Harry klar, dass ihre Gruppe stark angewachsen war. Beispielsweise war die Komplette Gryffindor-Quidditch-Mannschaft anwesend, denn Harry, Ron und Ginny hatten sich, gleich nachdem Harry über die Münzen das erste Treffen bekannt gegeben hatte, vor dem Training darüber unterhalten, was auch die Aufmerksamkeit von Demelza, Jimmy, Richie und Katie auf sich gezogen hatte. Katie war so beigeistert von der Idee, die DA weiterzuführen, dass sie sogar das Lernen für ihre UTZe für eine Stunde in der Woche unterbrechen wollte. Hermine war natürlich nicht sonderlich begeistert davon gewesen, da sie es schließlich nicht verantworten konnten, dass Katie wohlmöglich wegen ihnen in ihren Abschlussprüfungen schlechter abschneiden könnte, doch Harry war der Meinung, dass Katie das schon selbst entscheiden sollte. Katie war nun tatsächlich auch anwesend und hatte sogar noch ein paar weitere Siebtklässler im Schlepptau, genauso, wie auch Fred und George beide anwesend waren, hatten wohl beide ihren Arbeitstag heute nach Hogsmeade verlegt. Nachdem die angegebene Zeit um fünf Minuten überschritten war – Harry wollte allen, die teilnehmen wollten, auch die Gelegenheit geben, alles mitzubekommen, vor allem, den Neuen – stellte er mit einigem Erstaunen fest, dass ihre Zahl ungefähr um das Doppelte gestiegen war. Ihm wurde bei dem Anblick der in freudiger Erwartung auf ihn gerichteten Gesichter mulmig zumute. Er fühlte sich so unwohl, wie damals, als er den Meisten zum ersten Mal im Eberkopf gegenübergesessen hatte. Sollte er jetzt noch mal die gleiche langatmige Rede halten, die er damals gehalten hatte, mit seinen gesamten Gefühlen in Bezug auf Flüche und Voldemort? Aber diesmal musste er augenscheinlich niemanden überzeugen. Und vielleicht hatten die, die zuvor schon in der DA waren, ihren Freunden erklärt, was es genau mit der DA auf sich hatte. Harry sah sich beunruhigt um. Als er das schmachtende Gesicht von Romilda Vane sah, musste er sich davon abhalten, unwirsch das Gesicht zu verziehen. Unbehaglich warf er Hermine einen Blick zu. Das letzte Mal hatte sie die Eröffnungsworte gehalten und er hatte auch jetzt keine sonderlich große Lust, anzufangen, obwohl alle Augen neugierig auf ihn gerichtet waren. Hermine jedoch verstand die stumme Bitte. „Ähm, hallo. Die Gruppe ist wohl etwas angewachsen.“ Sie machte eine Pause und warf einen prüfenden Blick in die Runde. Alle Häuser waren anwesend. Natürlich, Slytherin war nur durch Draco und Blaise vertreten, aber ansonsten waren sie ein kunterbunter Haufen. „Also, ich denke mal, jeder von euch weiß, wieso wir hier sind. Allerdings haben wir nicht damit gerechnet, dass heute so viele Neue da sein werden“, fuhr Hermine schließlich fort. „Daher werde ich ein leeres Pergament rundgehen lassen, in dem ihr euren Namen und euer Haus angebt, damit wir ungefähr wissen, mit wem wir es zu tun haben. Natürlich, mit einer solchen Liste lassen sich keine Gesichter den Namen zuordnen, aber wir werden euch dann im Laufe der Woche ansprechen, um euch kennen zu lernen. Außerdem bekommt ihr bei dieser Gelegenheit dann eure Münzen.“ Sie reichte Neville, der zu ihren Füßen hockte, besagtes Pergament, auf dem Harry, Ron und Hermine schon eingetragen waren. Während die Liste rund ging, erhob Harry sich schließlich. „Wir werden heute nur wiederholen, was die älteren Mitglieder der DA schon im letzten Schuljahr bei mir gelernt haben. Deshalb möchte ich euch bitten, dass ihr in Zweierpaaren zusammen geht, jeweils einer derjenigen, die schon länger dabei sind mit jemandem, der neu hinzugekommen ist.“ Er dachte zumindest, dass das das Beste sei und die Neulinge so schnell von den alten Hasen lernen konnten. Der Schwarzhaarige sah, dass Romilda auf ihn zukam, doch er duckte sich schnell hinter Draco und sie schlug hastig einen anderen Weg ein, denn schließlich wollte sie dem Blonden nicht in die Quere kommen. Als Harry schließlich wieder auftauchte, hatte sie bereits jemand anderes zum Partner. Zum Schluss waren noch Hermine und Harry sowie Draco und Blaise übrig. Wieso war es nicht verwunderlich, dass niemand ausgerechnet mit Slytherins Zaubern üben wollte? Da Ron sich schön gedrückt und sich einfach irgendjemanden als Partner genommen hatte, erbarmte Hermine sich und schritt zu Blaise hinüber, während Draco sich nun lächelnd zu Harry umwandte. „OK. Da ich das letzte Mal bemerkt habe, dass manche auch den Expelliarmus-Zauber nicht beherrschen, denke ich, dass wir damit anfangen sollten“, wandte Harry sich an die Menge. Natürlich war einiges Brummen zu hören. Viele hatten etwas ganz anderes erwartet, etwas Größeres und sie glaubten, diesen einfachen Entwaffnungszauber zu beherrschen. Doch Harrys Prognose bewahrheitete sich, denn selten schaffte es jemand, den älteren DA-Mitgliedern den Zauberstab aus den Händen zu zaubern. Da Draco Harry im Null-Komma-Nix entwaffnet hatte und es umgekehrt auch recht einfach gewesen war, begann Harry bald wieder mit seiner obligatorischen Runde, um den Schwung der Zauberstäbe der Übenden zu korrigieren, doch die wurden meist schon von ihren fortgeschrittenen Partnern verbessert. Derweil flogen Hermines, Blaise’ und Dracos Zauberstäbe munter durch den halben Raum. Nach einer Weile, in der es viele bereits geschafft hatten, den Gegner zu entwaffnen, beschloss Harry, erst den Schock-Zauber, dann den Lähmzauber, die Bein- und Ganzkörperklammer sowie den Schildzauber, der seiner Ansicht nach sehr wichtig war, zu wiederholen. Natürlich war es für die Anfänger nicht sonderlich leicht, den schnell wechselnden Zaubern zu folgen, aber er wollte auch keineswegs Langeweile bei den Fortgeschrittenen aufkommen lassen. Am Ende der Stunde bat Harry die Neuen, sich auf die Sitzkissen auf einer Seite des Raumes zu setzen, während einige Fortgeschrittene gegenüber Aufstellung beziehen sollten. „Die Fortgeschrittenen und ich werden euch jetzt zeigen, was ihr später auch können solltet, was schon etwas schwieriger ist, ihn zu bewerkstelligen: den Patronuszauber“, erklärte Harry den Sitzenden, zu denen auch Seamus gehörte, denn er hatte damals ja nur eine einzige Unterrichtsstunde gehabt, bevor sie aufgeflogen waren. Harry stellte sich vor die anderen Stehenden und warf einen kurzen Blick über die Schulter. „Bei drei. Eins…Zwei…Drei!“ „Expecto Patronum!“ schallte es zwanzigfach durch den Raum und genauso viele silbrig glitzernde Wesen brachen aus den Zauberstäben hervor und tummelten sich zwischen ihnen. Es musste einfach beeindruckend sein, wie die durchscheinenden Tiere um sie herum wuselten, denn nicht wenigen Zuschauern stand vor Bewunderung der Mund offen auf Grund dieser gelungenen Darbietung. Mit einem Schlenker seines Zauberstabes verschwand der Hirsch in vorderster Front und Harry wandte sich an die Sitzenden. „Dieser Zauber ist eines der Ziele dieses Unterrichts.“ Nachdem alle Patroni aufgelöst worden waren, erklärte Harry die Unterrichtsstunde für beendet. Nach und nach verabschiedeten sich seine Schüler, bis nur noch seine Freunde übrig waren. Harry sah sich nach Ron und Hermine um. „Ich fürchte, ich werde die Gruppe teilen müssen. Ich denke nämlich nicht, dass die Fortgeschrittenen sich ewig mit der Rolle von Hilfslehrern zufrieden geben werden. Außerdem müssen auch die Anfänger die Zauber perfekt beherrschen können, wenn sie einem Todesser gegenüber stehen. Bei diesem Tempo ist das kaum möglich.“ „Du kannst schlecht zwei Stunden pro Woche halten. Du musst auch für deine Prüfungen lernen, schließlich hast du dir mit deinem Berufswunsch ein hohes Ziel gesetzt. Es geht ja schon Zeit drauf, wenn du dreimal die Woche Quidditch trainierst“, wandte Hermine ein. „Genau, du kannst als Kapitän kein Quidditch verpassen!“ bekräftigte Ron. Harry zog eine leidvolle Miene. „Es ist meine Sache, was ich mit meiner Freizeit anfange und ich finde die Vorstellung gut, wenn viele Leute richtig gut zaubern können, jetzt, da Krieg herrscht. Ich opfere lieber eine Stunde mehr von meiner Freizeit, als dass jemand stirbt, nur weil er den richtigen Zauber nicht parat hatte.“ Damit hatte er eindeutig einen Nerv bei seinen Freunden getroffen, denn sie sahen betreten drein und erwiderten nichts darauf, schließlich hatten die Todesser tatsächlich schon mehrere Familienmitglieder von Mitschülern auf dem Gewissen, sie mussten also selbst so gut wie möglich ausgerüstet sein, selbst wenn die kleineren Zauber nicht viel gegen schwarzmagische Flüche ausrichten konnten, aber Harry hatte ja noch die Verteidigungsbücher von Sirius und Remus in der Hinterhand und auch schon einige Zauber davon mit der DA ausprobiert. „Was Quidditch und die Zeitfindung angeht: da es bei den Fortgeschrittenen keine Slytherin geben wird, kann diese Unterrichtsstunde ja während der Slytherin-Quidditch-Zeiten stattfinden. Dann kann auch keiner behaupten, ich hätte eine bestimmte Taktik geklaut.“ Harry warf Draco einen schiefen Seitenblick zu, doch der grinste nur scheinheilig. Doch auch damit schien Hermine nicht glücklich zu sein. Harry hatte sie immerhin wieder daran erinnert, dass er gemäß der Prophezeiung der Einzige war, der Voldemort besiegen konnte, jedenfalls war das es, was Voldemort dachte, weshalb er Harry ja ständig nachsetzte. „Wir können uns auch mit dem Anfängerunterricht abwechseln und ihr übernehmt auch mal den Unterricht“, schlug der Schwarzhaarige darum vor. Ron sah unbehaglich drein. „Ohne mich, Leute. Ich kann niemandem etwas beibringen, dafür bin ich vollkommen ungeeignet. Selbst ausführen ist kein Problem, aber anderen beibringen? Nein, danke!“ Hermine schüttelte ebenfalls den Kopf. „Ich kann das nicht so gut wie du, Harry.“ Blaise lachte. Und so was von Hermine, der Streberin hoch zehn! Doch er wurde ignoriert. „Oder hat es je gefruchtet, wenn ich dir oder Ron etwas beibringen wollte? Nein! Siehst du! Du kannst das einfach besser und auf dich hören die Leute einfach!“ erklärte die Brünette weiter. „Außerdem bist du der Einzige, der Malfoy und Zabini im Griff hat!“ mischte sich nun Ron wieder ein. „Ja, allerdings!“ bestätigte Draco nickend und Blaise stimmte ebenfalls zu, obwohl er sich auch von Ron was sagen lassen würde, was dieser aber nun mal nicht wusste. Harry sah von den Gryffindors zu den Slytherins und wieder zurück. „Ich seh schon, ihr wollt es mir schwer machen“, seufzte er übertrieben. Es war ja eigentlich nur ein Vorschlag zur Güte seinerseits gewesen, er hatte es ja von Anfang an alleine machen wollen. „Also ist es beschlossen.“ Da es mittlerweile nach der Sperrstunde war, warf Harry einen raschen Blick auf die Karte der Herumtreiber und nickte dann Hermine und Ron zu und Draco winkte Blaise hinter Harrys Rücken zu, dass auch er verschwinden sollte. Der Schwarzhaarige legte das letzte Kissen auf den Stapel und wandte sich, in der Annahme, alleine zu sein, um und war daher erstaunt, Draco hinter sich stehen zu sehen. „Bringst du mir den Patronus bei?“ bat Draco. Harry legte den Kopf leicht schief. „Du kannst es wohl gar nicht erwarten, wie?“ lächelte er den Blonden an. „Nein. Schließlich sind die Dementoren sehr aktiv“, erklärte der Slytherin. „Wem sagst du das?“ seufzte Harry, schließlich war überall der Nebel, der von den Dementoren-Brutstellen ausging, zu sehen. Der Schwarzhaarige zog erneut seinen Zauberstab. „Also, du brauchst eine extrem glückliche Erinnerung und den Zauberspruch, den du ja schon gehört hast.“ Draco stellte sich neben Harry und zückte ebenfalls seinen Zauberstab. „Und so musst du den Zauberstab schwingen.“ Harry zeigte es und Draco beobachtete ihn aufmerksam. Aus Harrys Zauberstab brach abermals ein Hirsch hervor, während Draco einen dünnen silbernen Nebel fabrizierte, der schon nach einer Sekunde wieder verpuffte. „Doch nicht so einfach, wie du gedacht hast, wie?“ grinste Harry, Draco sah ihn mit schief gelegtem Kopf an. „Vielleicht war der Gedanke nicht glücklich genug.“ Draco legte die Stirn in falten und überlegte sich einen anderen glücklichen Gedanken. Dann erhob er erneut den Zauberstab und führte den Zauber aus, oder zumindest versuchte er es. Nach jedem gescheiterten Versuch überlegte er sich einen anderen Gedanken. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass jeder Gedanke an Harry ihn glücklich machen würde, doch anscheinend war das Gefühl nicht stark genug. Also machte er sich Gedanken darüber, ob es nicht gescheiter wäre, nach einem realen glücklichen Erlebnis zu suchen, als sich eine gemeinsame Zukunft, die noch in den Sternen stand, da nicht sicher war, ob Harry je seine Gefühle erwidern würde, auszumalen. Rund eine halbe Stunde später brach endlich ein gestaltiges Wesen aus der Spitze seines Zauberstabes. Draco war darüber mehr als glücklich, doch als er erkannte, was es war, war er nicht mehr ganz zufrieden. „Nur ein Kätzchen? So ein schwaches Tier kann mich doch nicht vor einem Dementor beschützen!“ Genau in diesem Moment fiel sein Blick auf Harry, der ihn mit großen Augen und leicht geöffnetem Mund anstarrte und ihm fiel bei dem Anblick von dessen Ohren und Schwanz siedendheiß ein, dass Harrys Animagus genau so ein Kätzchen war und er hatte ihn als schwach hingestellt. „Also, ich meine … naja, er wird schon seinen Zweck erfüllen, oder?“ Vorsichtig musterte er Harry, dessen Blick kurz zu dem Patronus hinübergewandert war. Er beobachtete den Schwarzhaarigen nachdenklich. „Sag mal, was ist denn los? Seit du meinen Patronus gesehen hast, wirkst du wie versteinert“, stellte er schließlich fest. Harry zuckte leicht zusammen, als er von Draco aus seinen Gedanken gerissen wurde und er drehte sich zu ihm, sah dessen besorgten Gesichtsausdruck. „Hast du dich nicht gefragt, weshalb ein Patronus eben genau diese Gestalt annimmt und keine andere?“ Draco schüttelte den Kopf. Nein, darüber hatte er noch nicht nachgedacht, aber er hatte seinen Patronus auch gerade erst zum ersten Mal geschafft. „Remus hat mir erzählt, dass jeder seinen persönlichen Patronus besitzt, der etwas mit ihm selbst zu tun hat. Mein Patronus hat beispielsweise etwas mit meinem Vater zu tun, sein Animagus war ein Hirsch“, klärte Harry Draco auf. „Sirius’ Patronus hat die Gestalt eines Wolfes, wohingegen der von Remus ein großer Hund ist, verstehst du?“ Draco sah Harry ein Weilchen nachdenklich an, bevor er glaubte zu wissen, worauf Harry hinauswollte. „Also ist mein Patronus ein Kätzchen, weil ich dich liebe?“ „Ja. Es hat mich ein wenig überrascht. Deine Gefühle für mich müssen wirklich tief und aufrichtig sein.“ Harry musterte den Blonden eingehend. Der nickte nur, schließlich wusste er ja, was er fühlte. „Ändert sich dein Patronus dann, wenn du dich verliebst?“ wollte er nur wissen. Harry schüttelte den Kopf. „Das glaube ich nicht. Remus meinte, ein Patronus ändert sich nur selten, beispielsweise nach einem Schock oder einem einschneidenden Erlebnis. Mein Patronus war schon immer ein Hirsch, obwohl ich zwischendurch mal verliebt war. Dass dein Patronus ein Kätzchen ist, liegt wohl daran, dass du zum jetzigen Zeitpunkt, da du ihn zum ersten Mal erschaffen hast, in mich verliebt bist und das wohl ziemlich heftig.“ Der Schwarzhaarige wandte sich ab. „Du hast den Zauber relativ schnell gelernt. Jedenfalls schneller als ich, aber ich hatte auch einen Irrwicht als Gegner und eine schmerzende Narbe, die mich den Tod meiner Eltern hat hören lassen.“ Draco blickte Harry kummervoll an. Er hatte schon so viel durchmachen müssen und er konnte sich vorstellen, dass es nicht gerade ein angenehmes Erlebnis war, den Tod seiner Eltern mit anhören zu müssen. Und er selbst hatte ihm das Leben auch mehr als schwer gemacht. „Wir sollten jetzt gehen“, meinte Harry leise und der Slytherin nickte mechanisch. ** Harry sah von einem zum anderen und musterte sie intensiv. Sie alle wussten, was auf dem Spiel stand. Aber gegen Slytherin bestand kein Motivierungsbedarf, schließlich wollten sie den Quidditch- und den oft damit verbundenen Hauspokal gewinnen, denn der Quidditch-Pokal würde viele Hauspunkte mit sich bringen. Eine halbe Stunde hatte er geredet. Im Vergleich zu Wood nicht viel, aber sie wussten jetzt, worauf es ankam und auf Nachfrage hatte niemand eine Frage an ihn gerichtet, also schien er sich präzise genug ausgedrückt zu haben. Außerdem war es nun an der Zeit, das Quidditch-Feld zu betreten. Während die sieben auf die riesigen Tore zuschritten, legte Harry Ron eine Hand auf die Schulter. „Du schaffst das schon. Denk an Felix. Als du glaubtest, ich hätte ihn dir untergejubelt, hast du ja auch jeden Quaffel gehalten. Du kannst es also.“ Ron sah ihn an und verzog das Gesicht zu einem aufgesetzten Lächeln, doch er war wie vor jedem Spiel blassgrün im Gesicht. „Aber wenn die Slytherins wieder Weasley ist unser King anstimmen...“ „Die Gryffindors haben es doch schon längst umgedichtet“, grinste Harry. „Denk einfach nicht mehr dran.“ „Wird schon gut gehen“, stimmte Ginny zu. Die Tore öffneten sich und Harry schritt erhobenen Hauptes seiner Mannschaft voran. Tatsächlich war der Schlachtgesang erneut zu hören und irgendwo brüllte Lunas Löwenhut. Sie schritten gemeinsam bis zur Mitte des Feldes und nahmen den Slytherins gegenüber Aufstellung. In vorderster Front stand Draco und lächelte Harry die ganze Zeit entgegen. „Reicht euch die Hände, Kapitäne!“ forderte Madame Hooch. Draco streckte sofort seine Hand vor, doch Harry beäugte sie erst kritisch, als würde er fürchten, dass Draco seine Hand mit Gift eingerieben hätte. Doch da hätte er sich auch selbst mitvergiften müssen, also griff Harry beherzt nach der Hand und schüttelte sie kurz. Natürlich, die Mitglieder der DA wussten, dass die beiden einstigen Feinde nun miteinander befreundet waren und vielleicht hatten es mittlerweile auch ein paar andere mitbekommen, immerhin verfluchten sie sich auch nicht mehr in den Gängen, doch die meisten Slytherins wussten es nicht und für die konnte man durchaus eine kleine Show abziehen. Harry sah von ihren Händen auf und schenkte Draco ein strahlendes Lächeln, hoffte er doch, dass es vielleicht – selbstverständlich nur vielleicht – bei diesem Spiel wenigstens zwischen den beiden Suchern ein wenig fairer als sonst zugehen würde. Doch Quidditch war ein Kampf um die Ehre und sie würden sich sicherlich nichts schenken. Draco überlief ein wohliger Schauder, als sich ihre Hände berührten, doch Harrys Strahlen übertraf das noch, erst recht das Funkeln der grünen Augen, die ihn in ihren Bann schlugen. Erst als Harry seinen Blick abwandte, konnte Draco sich von den Smaragden trennen. Alle fünfzehn bestiegen ihre Besen und auf den Pfiff der Schiedsrichterin stießen sie sich vom Boden ab und schwangen sich in schwindelerregende Lüfte. Ron und Blaise sausten zu den jeweiligen Torringen, Jimmy und Richie packten ihre Schlagstöcke fester und die drei Jägerinnen erwischten vor den Slytherins den großen roten Quaffel. Harry war gespannt, wer heute den Spielkommentar führen würde. Während er weiter nach oben stieg, versuchte er den Schüler oder die Schülerin zu erkennen, der das magische Megafon in den Händen hielt. Zacharias Smith war es definitiv nicht, Luna allerdings ebenfalls nicht, sie musste McGonagall so sehr verärgert haben, dass diese sich schleunigst nach jemand neuem umgesehen hatte. Die Stimme, die zu ihm empor stieg, kannte er jedenfalls nicht, glaubte aber, den Jungen als eines der neuen Mitglieder der DA identifiziert zu haben. Mittlerweile hatte er schon einige Anfängerstunden abgehalten, aber alle Namen und Gesichter kannte er noch nicht. Hermine hatte sogar eine seiner beiden verzauberten Galleonen silbern gehext, damit er sie nicht verwechselte und somit nicht die Falschen Schüler erscheinen konnten. Wenigstens war also der Kommentator den Gryffindors einigermaßen friedlich gestimmt, wenn es schon nicht der Gegner war. Er schwebte jetzt ungefähr zwei Meter über dem Geschehen und betrachtete von oben, wie Ginny einen Freiwurf verwandelte, obwohl Zabini, wie er zugeben musste, ein ganz guter Hüter war, aber Ron auf der Gegenseite hatte auch schon einige Torwürfe gehalten. „Solltest du nicht lieber nach dem Schnatz Ausschau halten?“ Harry wandte den Kopf und sah einen grinsenden Draco nicht weit von sich entfernt in der Luft stehen. Der Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern. „Ich halte unterhalb meiner Position Ausschau. Aber dort unten ist er nicht zu sehen.“ Er deutete mit der Hand nach unten, wo Demelza gerade den Quaffel an Katie abgab. Dann richtete er sein Augenmerk auf den Blonden, der ihn mit seinen sturmgrauen Augen fixierte und ebenfalls nicht nach dem Schnatz zu suchen schien. „Es wäre wohl zu auffällig, wenn wir hier lange so gemeinsam rumhängen“, beschloss Harry, umschloss seinen Besenstiel fester und machte sich wieder auf die Suche. Während er nun mal hierhin und mal dahin flog, um sich die nähere Umgebung genauer zu betrachten, hörte er mit halbem Ohr zu, was der Stadionsprecher zu sagen hatte, was mit seinen beweglichen Katzenohren viel leichter zu bewerkstelligen war, als früher. Ohne es wirklich zu bemerken, schwebte er immer tiefer und somit immer weiter auf das eigentliche Spiel zu. Doch plötzlich sah er ihn: den Schnatz. Lächelnd raste er darauf zu und konnte sehen, dass Draco ihm entgegenkam, auch er hatte ungefähr im selben Moment die kleine Goldkugel ausgemacht. Harry beugte sich tief über seinen Besenstil, um den Schnatz als erster zu erreichen, doch bald sah er, dass Draco keine Chance mehr hatte und er richtete sich wieder auf. Genau in diesem Augenblick fiel ihm Dracos geschocktes Gesicht auf. „Harry, Klatscher!“ schrie der Blonde entsetzt. Der Schwarzhaarige zog eine Augenbraue hoch. Für wie blöd hielt Draco ihn? Er würde nicht darauf hereinfallen und sich ablenken lassen! Dracos schauspielerische Fähigkeiten waren ganz passabel, man könnte ihm durchaus auf den Leim gehen, aber er würde sich nicht davon beeindrucken lassen. Harry streckte die Hand nach dem Flügelball aus. Nur noch ein paar Zentimeter… Plötzlich traf ihn etwas mehr als hartes im Rücken, eine Handbreit über seinem Katzenschwanz. Erschrocken riss der Junge die Augen auf, als er durch die Wucht nach vorne geschoben wurde, schloss automatisch die Hand um den kleinen Ball, doch er wurde in hohem Bogen nach hinten von seinem Besen geschleudert. Draco musste hilflos zusehen, wie Harrys Körper sich aufbäumte, wie er wie eine Marionette nach oben gerissen wurde, während die Besenspitze nach unten gerichtet wurde und der Besen im Sturzflug nach unten davonflog. Wieso hatte Harry bloß nicht auf ihn gehört? Den Bruchteil einer Sekunde war Draco wie gelähmt, doch dann riss er sich zusammen, er konnte doch nicht tatenlos zusehen, wie Harry dem harten festen Sandboden entgegenstürzte. Hastig gab er seinem Besen die Sporen, beugte sich tief nach vorne und bekam Harry noch gerade so an seinem Handgelenk zu packen. Ein Aufatmen ging durch die Menge, als der Slytherin seinen vermeintlichen Feind davor bewahrte, gut zwanzig Meter hinabzustürzen, doch der hatte weit wichtigere Probleme, als sich damit zu befassen, was seine Mitschüler im Moment dachten oder taten. „Harry, reich mir die andere Hand!“ befahl er dem Jüngeren, denn es war furchtbar schwer, ihn zu halten, wenn beide die dicken Handgelenk- und Unterarmschoner anhatten. Der Schwarzhaarige sah schmerzerfüllt und panisch zu seinem Retter nach oben. „Ich spüre meine Beine nicht mehr!“ rief er mit ängstlicher Stimme. „Schon gut! Aber wenn du mir nicht auch deine andere Hand reichst, kann ich dich nicht halten!“ stieß Draco hervor. Er wusste nicht, was Harrys Problem war - Madam Pomfrey würde das schon richten. Der Schnatz in Harrys anderer Hand flatterte, als würde er Harrys Panik teilen. Harry hob endlich doch noch die Hand, konnte Dracos Arm aber scheinbar nicht erreichen und es sah auch nicht so aus, als würde er den Schantz in nächster Zeit loslassen. Draco verdrehte die Augen. „Madame Hooch hat doch schon längst gesehen, dass du den Schnatz gefangen hast! Lass das verdammte Ding los! Dein Leben ist wichtiger als dieser verdammte Schnatz!“ „Das hat doch keinen Sinn, Draco!“ jammerte Harry, denn selbst wenn er den Schnatz loslassen würde, er glaubte kaum, dass er sich mit seinen Handschuhen besser an Dracos Unterarmschützern festklammern konnte, als umgekehrt. Dennoch kam er der Aufforderung nach und der Schnatz huschte auch gleich wieder weg. Verzweifelt griff er nach Dracos Handgelenk und hing nun mit seinem ganzen Gewicht an Dracos linkem Arm, jedoch merkte er, dass er sich so nicht lange würde halten können, was auch der Blonde zu bemerken schien. „Ich hab eine andere Idee! Lass los!“ rief Draco plötzlich. „Du kannst dich aber auch nicht entscheiden, wie?“ brummte Harry noch bevor Draco den Plan erläutert hatte, gehorchte aber. „OK, ich lasse dich jetzt kurz los…“ Doch weiter kam Draco nicht, da er abermals unterbrochen wurde. „Wie bitte?“ meinte Harry empört. Er hatte gedacht, sich auf Draco verlassen zu können, aber der schien jetzt eine unmögliche Idee zu haben. „Vertrau mir, OK?“ bat Draco und sah fest in Harrys grüne Augen. Der zögerte kurz, nickte dann aber. Der Slytherin drückte den Stiel seines Besens scharf nach unten, während er Harry wie angekündigt losließ. Ein empörter Schrei ging durch die Zuschauermenge, die anderen Slytherins hingegen lachten gehässig, hatten sie sich zuvor doch noch gewundert, warum ihr Boss seinem Feind helfen wollte. Die anderen Gryffindorspieler, die sich bisher zurückgehalten hatten und unter den beiden einstigen Konkurrenten Kreise gezogen hatten, um Harry im Notfall aufzufangen, wurden zornesrot und sahen sich bestätigt. Obwohl sowohl Draco als auch Blaise in der DA geduldet waren und sie eigentlich gedacht hatten, dass sie auf sie zählen konnten, wurde ihnen nun klar, dass Harry sich offenbar hatte täuschen lassen. Vor allem Ron und Ginny waren nun wütend auf dem Weg zu den beiden. Doch Draco hatte richtig kalkuliert und dank seines fliegerischen Könnens saß Harry nur Sekunden später vor dem Blonden auf dem Besen. Irgendwie hatte er es geschafft, dass er mit Besen schneller nach unten geflogen war, als Harry hinab gefallen war, was einiges Geschick erforderte. Draco umschlang den Körper vor sich und presste Harry dicht an sich, so dass er mit der anderen Hand um ihn herum greifen konnte und den Besenstil noch erreichen konnte, um ihn wieder gerade auszurichten. „Alles klar, Harry?“ hauchte Draco dem Schwarzhaarigen ins Ohr. „Nein“, erwiderte der prompt. „Meine Beine sind total taub. Ich kann sie nicht bewegen. Es ist, als würden sie nicht existieren. Ich spüre noch nicht einmal den Besenstil zwischen meinen Beinen.“ Harry schob erneut Panik, jetzt, da er einigermaßen sicher auf dem Besen saß; zumindest glaubte er das, so wie Draco ihn umklammerte. „Ich will nicht im Rollstuhl landen! Das würde ich nicht ertragen!“ Während sie sanft gen Boden schwebten, fragte Draco sich flüchtig, was ein Rollstuhl war, doch Harry schien panische Angst davor zu haben. Wahrscheinlich ein Muggelgerät. Rollen kannte er und er wusste, was Stühle sind, natürlich. Und wenn Harry seine Beine nicht spürte oder bewegen konnte, konnte er sich selbst ausmalen, was ein Rollstuhl war und er konnte sich vorstellen, dass das nicht angenehm war, erst recht nicht, wenn Muggel solche Verletzungen nicht heilen konnten und so den Rest ihres Lebens in diesem Stuhl auf Rollen verbringen mussten, auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen. „Keine Sorge, Harry, Madame Pomfrey kann das schon heilen“, redete er beruhigend auf Harry ein. „Und wenn nicht?“ wimmerte Harry leise. „Alles wird gut. Du bist doch sonst immer so optimistisch. Wo ist dein Optimismus geblieben?“ sprach der Blonde weiter. Harry sagte nichts dazu und lächelte nur gequält. Er legte seinen Kopf zurück auf Dracos Schulter und da seine Ohren unbehaglich zuckten, streiften diese Dracos Hals, was diesem eine angenehme Gänsehaut bescherte. Nach einer Weile hatte Draco dann den harten Boden unter den Füßen. Doch wenn Harry seine Beine noch nicht einmal spüren konnte, würde er auch nicht stehen, geschweige denn gehen können. Also packte er den Schwarzhaarigen fester um die Hüfte, beugte sich etwas und schob den anderen Arm unter dessen Kniekehlen. Als er sich wieder aufrichtete, lag Harry quer über seinen Armen und krallte sich in den Stoff des Umhanges an Dracos Schulter. Draco drehte sich zum Schloss und wäre beinahe mit Ron und Ginny zusammengeknallt, die direkt neben ihm standen. „Gib ihn uns, wir können ihn zu zweit hoch tragen!“ forderte Ron und seine Schwester nickte zustimmend. Nach dem kleinen Schock fünfzehn Meter über dem Boden waren sie sich nicht mehr so sicher, ob sie dem Slytherin tatsächlich noch trauen sollten. „Nein, das mache ich selbst!“ antwortete Draco steif, drängte sich an den beiden Geschwistern vorbei und setzte seinen Weg zum Schloss fort. Er kämpfte sich durch die Menge und wurde mehr als nur einmal schief angesehen, doch keiner wollte ihn offenbar ansprechen, denn er hatte eine grimmige und abweisende Miene aufgelegt. Harry hingegen störte es nicht im Geringsten, dass Draco ihn zum Krankenflügel brachte, im Gegenteil, er bewunderte, dass der Blonde stark genug war, ihn auf seinen Armen zu tragen. Der Schwarzhaarige hatte sich schon seit einiger Zeit gedacht, dass mehr in Draco steckte, als nur blasiertes Gehabe. Allerdings hatte er nicht mit körperlicher Stärke gerechnet, hatte Draco sich doch immer hinter den Muskeln seiner beiden Bodyguards versteckt. Als sie schließlich im Krankenflügel ankamen, wurden sie schon von der Heilerin erwartet. „Was ist passiert?“ Sie sah von Harry in Dracos Armen zu eben jenem und wieder zurück. „Klatscher auf den Rücken“, erklärte Draco. „Lendenwirbel“, fügte Harry hinzu. „Ich spüre meine Beine nicht mehr.“ Was wenn ihm der Rollstuhl doch nicht erspart blieb? Aber gab es so was überhaupt in der Magierwelt? „Ah“, machte Madame Pomfrey, wandte sich dann an Draco. „Legen Sie ihn auf eines der Betten.“ Der Blonde kam der Aufforderung sofort nach. Madame Pomfrey verschwand kurz in ihrem Büro, während die Jungs schwiegen. Harry blickte kummervoll an die Decke, wobei Draco ihn unbehaglich beobachtete. Still beschloss er, sich bei Hermine schlau zu machen, was genau ein Rollstuhl war. Als Madame Pomfrey zurückkam, schloss sie den Vorhang um Harrys Bett und bedeutete Draco, draußen zu warten. Mit einem kurzen Schlenker ihres Zauberstabes zog sie Harry um, so dass er danach einen weißen Pyjama trug. Dann reichte sie ihm zwei Zaubertränke. Der eine, um die Wirbelsäule wieder zu richten, der andere, um das Rückenmark wieder verwachsen zu lassen. Außerdem gab sie ihm noch einen dritten Zaubertrank zur Beruhigung, da sie noch einen leichten Schock diagnostiziert hatte. Nachdem sie gegangen war, schob Draco sich durch die Vorhänge und blickte Harry besorgt an, sah aber nur, dass Harry schon wegen dem Trank eingeschlafen war. Stumm zog er einen Stuhl heran und setzte sich direkt neben das Bett. Mitten in der Nacht wurde Harry wach. Müde blinzelte er, wobei sein Blick zunächst auf seine linke Seite fiel, an der Ron und Hermine auf zwei Stühlen saßen. Die Brünette hatte den Kopf auf Rons Schulter abgelegt, Ron seinen Rotschopf auf Hermines Kopf und beide schliefen scheinbar fest. Dann wurde seine Aufmerksamkeit nach rechts gelenkt, als ihn dort etwas an der Hand berührte und er sah den blonden Slytherin. „Wie geht es dir?“ Draco sah ihn aus sorgenvollen Augen an und drückte leicht seine Hand, was Harry sanft erwiderte. „Ganz gut“, lächelte der Schwarzhaarige. „Meine Beine kribbeln ein wenig.“ Daraufhin lächelte auch Draco. Er war erleichtert, dass Harry keine bleibenden Schäden davontragen würde. Mittlerweile hatte er auch Hermine danach gefragt, was ein Rollstuhl war. Diese hatte es ihm auch erklärt. Es war nichts anderes, als er sich selbst schon gedacht hatte, doch Hermine hatte ihm erklärt, dass Harry wohl keine Angst vor dem Rollstuhl an sich gehabt hatte, sondern eher davor, von anderen Leuten abhängig zu sein, deren Hilfe ständig in Anspruch nehmen zu müssen und nur eingeschränkt ein eigenständiges Leben führen zu können. Draco hatte verständnisvoll genickt. Auch er wäre vermutlich nicht sonderlich angetan gewesen, wenn er hätte davon ausgehen müssen, dass er bewegungsunfähig im Rollstuhl enden würde. Aber zum Glück befanden sie sich in der Zaubererwelt. „Ich hatte noch gar keine Gelegenheit, mich bei dir zu bedanken.“ Harry wirkte verlegen. „Also: Danke vielmals.“ „Gern geschehen, Harry“, lächelte Draco und strich zärtlich mit dem Daumen über Harrys Handrücken. Der Schwarzhaarige musterte Draco. „Wieso hast du noch deine Quidditch-Klamotten an?“ „Ich konnte dich doch nicht alleine lassen!“ Draco lächelte Harry liebevoll an. „Keiner wusste schließlich, wann du aufwachst.“ „Ich habe deine Freunde etwas erzürnt, als ich dich einfach losgelassen habe“, erklärte er weiter und wies mit dem Kopf auf die beiden Freunde. „Weasley und Granger sind hier, um mich zu überwachen - wie man sieht“, fügte er sarkastisch hinzu, besaß aber genug Anstand, zu flüstern, um die beiden nicht zu wecken. Harry schmunzelte über Dracos Sarkasmus. Er bedachte den Blonden mit einem sorgenvollen Blick. „Du solltest dich duschen und umziehen, sonst erkältest du dich noch.“ Bei ihm selbst hatte das Madame Pomfrey mit einem Zauber erledigt, er war weder verschwitzt noch verdreckt. Draco winkte ab. „Der Schweiß ist längst getrocknet und das Adrenalin hat mich nicht nur wach sondern auch warm gehalten.“ „Ich will nicht, dass du wegen mir die nächsten Tage flach liegst“, erklärte Harry bestimmt. „Wenn du mich dann pflegen würdest, würde ich das sogar in Kauf nehmen.“ Draco grinste frech. Harry sah Draco tadelnd an. „Die Prüfungen rücken näher. Du kannst dir jetzt eine Auszeit nicht leisten.“ Draco seufzte und verdrehte die Augen. „Du hörst dich an wie Blaise. Außerdem kann ich ganz gut selbst entscheiden, wann ich mir eine Auszeit leisten kann.“ „Ich komme dich dann jedenfalls nicht besuchen. Wenn du mich also in den nächsten Tagen sehen willst, musst du schon gesund bleiben“, erläuterte Harry und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das ist gemein!“ begehrte Draco auf und zog einen Schmollmund. „Erpressung!“ „Hauptsache, es funktioniert“, grinste Harry fies. „Schon gut, schon gut, ich geh ja schon!“ Draco spielte beleidigt und drehte sich um, um den Krankenflügel zu verlassen. „Gute Nacht!“ rief Harry dem Blondschopf nach, der glücklich darüber war, dass Harry sich scheinbar um ihn sorgte. Durch diesen Ruf und die zuschlagenden Türflügel wurden die beiden anderen Gryffindor geweckt und bemerkten sogleich, dass der Slytherin nicht mehr anwesend war. Sie erkundigten sich nach Harrys Zustand und wurden kurz darauf von Madame Pomfrey aus dem Krankenflügel gescheucht, was sie nur zuvor nicht getan hatte, da Draco trotz aller Mahnungen und Strafarbeitandrohungen von McGonagall nicht von Harrys Seite gewichen war und Hermine und Ron sich somit auch standhaft geweigert hatten, die beiden alleine zu lassen. Da der Slytherin aber nun nicht mehr da war, gab es auch keinen Grund für die Gryffindors, den Rest der Nacht auch noch bei ihrem Freund zu verbringen. Kapitel 4: Das falsche Medaillon -------------------------------- 4. Das falsche Medaillon Harry saß angespannt auf dem Besen, sein Tarnumhang umflatterte ihn wild. Neben ihm flog Dumbledore, der unentwegt in einer ihm fremden Sprache murmelte, um die Abwehrzauber um Hogwarts und dessen Ländereien aufzuheben, damit sie die Mauern überqueren konnten, ohne in der Luft zerrissen zu werden. Er war sehr erschrocken gewesen, als Madame Rosmerta sie nach dem Besuch in der Höhle darauf aufmerksam gemacht hatte, dass das Dunkle Mal über dem Schloss schwebte. Ihm war das Herz sprichwörtlich in die Knie gerutscht. Kurz hatte er mit dem Gedanken gespielt, mit seinen Münzen die Fortgeschrittenen der DA zu alarmieren, doch erstens schliefen die vermutlich fest und zweitens wollte er deren Leben nicht unnötig riskieren, in ihren Betten in den durch Passwörter geschützten Häusern waren sie sicherer. Harry flog Dumbledore nach, der den höchsten der Türme Hogwarts ansteuerte: den Astronomieturm, denn der war es auch, von dem das Dunkle Mal ausging. Kaum waren sie gelandet, zückte Harry seinen Zauberstab und sprang auf die Tür zu, um die Treppen hinunter zu stürzen, doch in dem Augenblick waren rennende Schritte auf der Treppe zu hören, die hochkamen. Wie von einer unsichtbaren Hand wurde der Junge rückwärts von der Tür weggerissen und er kam bewegungsunfähig an der Brüstung zum Stehen. Er kam nicht umhin, festzustellen, dass sein Tarnumhang ihn gänzlich umhüllte. Im nächsten Augenblick wurde die Tür aufgerissen und eine schwarze Gestalt betrat die Aussichtsplattform. Der Zauberstab des Schulleiters wurde ihm in hohem Bogen aus der Hand gerissen und über die Brüstung geschleudert, da Dumbledore sich um Harry gekümmert hatte, statt um seinen Zauberstab. Die schwarze Kapuze wurde nach hinten geschoben und Snapes fahles Gesicht und die Hakennase kamen zum Vorschein, die Augen glänzten wie kleine schwarze Käfer. „Dumbledore!“ zischte er abfällig und richtete seinen Zauberstab auf den grauhaarigen Mann. „Ich habe einen Auftrag.“ „Ich weiß“, antwortete Dumbledore leise und geschwächt. Der Trank über dem Medaillon hatte ihm stark zugesetzt. Harry konnte von seiner Position aus zusehen, wie der alte Mann langsam an der Brüstung herab glitt, obwohl er sich alle Mühe gab, aufrecht stehen zu bleiben. „Bitte, Severus! Ich glaube nicht, dass du das wirklich willst!“ hielt Dumbledore dagegen und musterte den Zaubertränkelehrer aus verschleierten blauen Augen, während seine Kraft immer mehr nachließ. Harry beobachtete alles stumm, konnte sich nicht rühren. „Ich werde dich töten, alter Mann!“ Ein irres Grinsen erschien auf Snapes Gesicht und auch seine Augen strahlten den puren Wahnsinn aus. Harry wurde hellhörig. Also hatte er die ganze Zeit doch richtig gelegen, dass Snape nicht Dumbledores Spion bei den Todessern war, sondern dass Snape auf Voldemorts Seite stand und umgekehrt den Orden ausspionierte. Wenn ihm nicht bald etwas einfallen würde, würde Dumbledore für seine Leichtgläubigkeit mit dem Leben bezahlen. Er sah an sich herab und stellte mit Genugtuung fest, dass die Spitze seines Zauberstabes fast genau auf Snape zeigte. Würde er doch nur einen halben Schritt nach vorne machen! Snape hob den Zauberstab noch ein Stück und trat den von Harry herbei gewünschten Schritt nach vorne. „Avada Ke-“ Er musste jetzt unbedingt einen stummen Zauber hinbekommen! Petrificus Totalus! dachte Harry entschlossen. Tatsächlich, es funktionierte! Noch ehe Snape den Fluch komplett ausgesprochen hatte, klappten seine Arme an seine Seiten und mit mild entsetztem Gesichtsausdruck kippte Snape nach hinten um. Doch noch bevor er auf dem Boden aufkam, löste er sich zu Harrys Überraschung in rote Funken auf. Der Schwarzhaarige indes konnte sich noch immer nicht bewegen oder etwas sagen, da Dumbledore seinen Zauber nicht aufheben konnte. Accio Dumbledores Zauberstab! dachte er konzentriert und tatsächlich kam dieser kurz darauf angeflogen und sein rechtmäßiger Besitzer fischte ihn aus der Luft. Dumbledore hob die Zauber auf Harry auf. „Professor, was ist passiert?“ fragte Harry sofort aufgeregt. Er hatte keineswegs die Absicht gehabt, Snape zu töten, zumal das der Ganzkörperklammerfluch war, der in der Regel nicht tödlich war und er war doch einigermaßen entsetzt, dass sein Zauber den Tod eines anderen Menschen ausgelöst hatte. Angesprochener fixierte ihn über die Gläser seiner Halbmondbrille. „Sieht so aus, als hätte Snape den Unbrechbaren Schwur geleistet. Keine Sorge, du bist nicht Schuld an seinem Tod. Er hat jemandem geschworen, mich zu töten und als du ihn davon abgehalten hast, hat der Schwur gegriffen.“ Harry nickte mechanisch, obwohl er nicht so recht verstand, was das bedeutete. „Geht es Ihnen gut, Sir?“ Dumbledore runzelte die Stirn. „Sagen wir es so, es geht mir nicht viel schlechter, als vor Severus’ Auftauchen.“ „Soll ich Sie stützen, Professor?“ erkundigte Harry sich sorgevoll. „Wenn es dir nichts ausmacht.“ Dumbledore lächelte schwach. „Natürlich nicht!“ entgegnete Harry hastig, trat an Dumbledores Seite und legte sich erneut dessen Arm um die Schulter. Gemeinsam machten sie sich an den Abstieg, beide mit gezücktem Zauberstab, denn nach dem Lärm zu urteilen, der von unten heraufdrang, war Snape wohl nicht der einzige Todesser, der einen Weg in das gut abgesicherte Schloss gefunden hatten. Als sie den Gang erreichten, streckte Harry zunächst vorsichtig den Kopf um die Ecke, doch seine feinen Katzenohren hatten schon längst die umherzischenden Zauber ausgemacht. Tatsächlich flogen die roten und grünen Zauber nur so hin und her. Nur, was Harry überraschte, war, dass wohl eine größere Anzahl an DA-Mitgliedern wach war und die Schule verteidigte, wohingegen die Todesser nur eine handvoll waren, aber mit Sicherheit in ihrer schwarzen Magie besser ausgebildet, als die Schüler in ihrer weißen Magie. Dennoch gelang es den Jugendlichen, die Todesser ganz schön in Trab zu halten, genauso, wie Harry und eine handvoll andere es vor einem Jahr in der Mysteriumsabteilung getan hatten. Er erkannte auch Remus, zwischen dessen Beinen ein großer schwarzer Hund umherwuselte und alle Todesser anknurrte und anbellte und gelegentlich umwarf oder sich in ihnen verbiss. Doch genauso konnte er sehen, dass ein riesiger Todesser den Todesfluch sehr willkürlich um sich schoss, so dass nicht zu erkennen war, ob er überhaupt zielte und als dann einer seiner verstreuten Zauber einen anderen Todesser traf und dieser zusammenbrach, konnte er sicher sein, dass der große Blonde geistig nicht ganz auf der Höhe sein musste. Er hoffte jedenfalls, dass ein anderer Blondschopf sicher in den Kerkern war, während Gryffindors und Ravenclaws mit stämmigen Zwillingen, einem Kerl mit gelben Augen und allerhand anderen Todessern beschäftigt waren. Hufflepuffs hatten wohl noch nicht den Weg hier nach oben gefunden, was ja auch kein Wunder war, welcher von ihnen würde sich mitten in der Nacht im siebten Stock herumtreiben, wohingegen es sich Gryffindors sowieso nie nehmen ließen, ihren Gryffindor-Mut unter Beweis zu stellen und gerne mal Nachts unterwegs waren und vielleicht war es Parvati gewesen, die die Ravenclaws, die in einem der anderen Türme wohnten, informiert hatte. Als Dumbledore und Harry durch die Tür traten, wandte sich die Aufmerksamkeit einiger der Kämpfer auf sie zu. „Rückzug!“ bellte der gelbäugige Todesser plötzlich, da er bemerkt hatte, dass Snapes Auftrag fehlgeschlagen war. Doch Sirius preschte ihm nach und warf ihn um, als er ihm den Rücken kehrte und drückte ihn zu Boden. Der Kampf war nichtsdestotrotz in vollem Gange, denn die Schüler und die wenigen anwesenden Ordensmitglieder sahen es nicht ein, wieso sie ihre Gegner ungestraft davonkommen lassen sollten. Einige der Todesser wollten sogar ohne ihre Zauberstäbe fliehen, die die Mitglieder der DA ihnen aus den Händen geluchst hatten. Ein kurzer Schlenker aus Dumbledores Zauberstab genügte, um den tollwütigen Todesser kalt zu stellen und die fliehenden kamen ebenfalls nicht weit. Es war, als wären sie an unsichtbaren Fäden an die Wände gefesselt. Kingsley Shaklebolt kämpfte sich durch die Schüler. Seit er als Privatschutz für den englischen Muggelpremierminister arbeitete, kam er seiner Arbeit als Auror nur noch selten nach, doch nun würden er und Tonks die gut verschnürten Todesser zum Zaubereiministerium bringen und von dort aus nach Askaban. „Da wird sich Dracos Vater sicherlich auf Gesellschaft freuen“, murmelte Dumbledore leise, so dass es nur Harry, der direkt neben ihm stand, hören konnte. Er sah den Direktor überrascht an. Wusste der etwa, dass er und Draco jetzt befreundet waren? Nun ja, nach der Aktion auf dem Quidditch-Feld lag es vielleicht nahe. Die beiden Auroren verschwanden mit ihren entwaffneten Gefangenen und McGonagall gebot den Schülern, wieder schlafen zu gehen und erinnerte sie an die Prüfungen, die in zwei Tagen beginnen würden. Die Schüler allerdings grummelten und tauschten sich darüber aus, warum Dumbledore nicht in Hogwarts anwesend gewesen war, wieso Dumbledore die Schule ohne großen Schutz verlassen hatte, weshalb Harry an seiner Seite war und wie die Todesser überhaupt in die Schule gelangt waren. Andere wiederum brachten einige Verletzte in den Krankenflügel. „Du solltest ebenfalls schlafen gehen“, wandte Dumbledore sich an Harry, während die anderen Schüler der Anweisung bereits folge leisteten. „Aber, was ist mit-?“ wollte Harry beginnen, um mehr über das Medaillon zu erfahren. „Morgen, Harry“, wurde er unterbrochen. „Du musst fit für die Prüfung übermorgen sein. Nicht, dass du wieder während einer der Prüfungen einschläfst.“ Dumbledore blinzelte ihn bestimmt über seine Halbmondbrille an und Harry verstand die Anspielung auf die Ereignisse des letzten Schuljahres. Ja, es war sehr unnötig gewesen, Voldemort direkt in die Arme zu laufen, denn es hatte wirklich nichts gebracht, außer dass Voldemort einmal mehr Gelegenheit gehabt hätte, Harry umzubringen, was er aber zum wiederholten Male nicht geschafft hatte. Und Snape hatte es heute auch nicht geschafft, Voldermorts größten Widersacher aus dem Weg zu Räumen. Eine Niederlage für Voldemort und auch nicht die Erste, wenn er an die zerbrochene Prophezeiung dachte, aber er verbuchte auch viele Erfolge. Zu viele für Harrys Geschmack, und nicht nur für seinen. Das ganze Schuljahr über hatten zig seiner Opfer Erwähnung im Tagespropheten gefunden. Harry nickte dem alten Schulleiter, dem deutlich anzusehen war, wie müde und erschöpft er mittlerweile war, zu und machte sich dann stumm mit Hermine und Ron auf den Weg zum Gemeinschaftsraum, folgten somit verspätet den anderen, die schon längst weg waren. „Gut, dass du uns den Felix gegeben hast. Du hattest eine richtige Vorahnung. Obwohl Threlawney dir nie eine hohe hellseherische Begabung vorausgesagt hat“, meinte Hermine. „Die Zauber sind alle irgendwie an uns vorbeigegangen. Obwohl ich zugeben muss, dass es manchmal sehr, sehr knapp war.“ An der Treppe wandte Ron sich einem anderen Weg zu. „Ich geh noch kurz in den Krankenflügel. Bill hat’s erwischt. Ausgerechnet ein Werwolf hatte ihn angefallen. Ist zwar kein Vollmond, aber sieht trotzdem unappetitlich aus. Neville ist übrigens auch im Krankenflügel. Und Luna.“ „Also, was habt ihr in Sachen Horkrux herausgefunden?“ wandte das Mädchen sich an Harry, während sie weitergingen. „Wir haben ihn“, erklärte Harry schlicht. „Slytherins Medaillon.“ Hermine öffnete den Mund, um etwas zu sagen, wurde aber von dem Schwarzhaarigen abgeschnitten. „Lass uns morgen darüber sprechen, ja? Ich bin tierisch müde und würde gerne erst etwas schlafen. Morgen erzähle ich dir dann auch, warum ich so müde bin.“ Hermine nickte verständnisvoll und sagte der Fetten Dame das Passwort, die schlecht gelaunt schien, dass so viele Schüler mitten in der Nacht unterwegs waren und sie deshalb nicht schlafen konnte. Der Gemeinschaftsraum war noch gut gefüllt und ihre Mitschüler waren fleißig am Diskutieren. Einige hatten offenbar auf Harry gewartet, in der Hoffnung auf mehr Informationen. Doch der erklärte nur, dass er viel zu müde war, um jetzt darüber zu reden. Seine Hausgenossen waren sichtlich enttäuscht und wollten ihn auch gar nicht mit einer solch lahmen Ausrede gehen lassen, doch er verwandelte sich einfach in seinen Animagus und huschte unter sämtlichen Beinen, die ihm im Weg standen hindurch und erreichte somit schnell die Tür zu den Schlafsälen. Dort angekommen zog er sich im Rekordtempo um, zog die Vorhänge um sein Bett zu und ließ sich erschöpft in sein Bett fallen, war auch fast sofort eingeschlafen, so dass er nicht mitbekam, wie die anderen Jungs ebenfalls in den Schlafsaal kamen. ** Harry kam gerade aus der Dusche. Das Salzwasser hatte heute Morgen tierisch auf der Haut gejuckt und er hatte ein paar Algenreste in seinen verstrubbelten Haaren gefunden. „Unten steht ein aufgeregter Malfoy vor dem Porträt und wartet ungeduldig drauf, dass du endlich runterkommst“, erklärte Ron gleichgültig. „Aber vorher kannst du uns doch von eurem Ausflug erzählen, oder?“ Malfoy war schließlich nicht wichtig. Der konnte sich ruhig grün und schwarz warten. Harry zog sich einen Pullover über. „Nein, ich gehe erst zu Draco“, bestimmte er. Der Rotschopf verdrehte die Augen. „Ist der dir mittlerweile wichtiger, als wir?“ Der Jüngere schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Aber wenn er schon am Sonntagmorgen hier hoch kommt, kann ich ihn schlecht warten lassen. Du wärst doch auch sauer, wenn ich dich warten lassen würde.“ „Nein, eigentlich nicht. Ich würde eher selbst zu spät kommen“, grinste Ron. „Hermine ist die Pünktliche.“ Harry lächelte, machte sich aber dennoch auf den Weg nach unten und der Rothaarige folgte ihm. Im Gemeinschaftsraum trafen sie auf Hermine und gemeinsam verließen sie den Gryffindorturm. „Harry!“ Draco stürzte sofort besorgt auf den Schwarzhaarigen zu, warf den beiden anderen aber nur flüchtige Blicke zu. Hermine packte Ron am Arm. „Komm, wir gehen noch Bill vor dem Frühstück besuchen.“ Somit zerrte sie ihn mit sich fort, was Ron nur widerwillig mit sich machen ließ. „Wir können die beiden doch nicht alleine lassen!“ „Oh doch! So oft wie die beiden schon allein ihre Hausaufgaben zusammen machen, werden sie sich nicht unbedingt heute an die Gurgel springen! Außerdem glaube ich nicht, dass sie das je wieder tun werden, dafür ist Draco zu friedlich geworden“, erklärte die Brünette und ihre Stimme ließ erkennen, dass sie keinen Widerspruch dulden würde. „Bah! Du nennst ihn ja auch schon beim Vornamen!“ ließ Ron es sich nicht nehmen, dennoch etwas zu entgegnen. „Ja und? Harry ist mit ihm befreundet und ich finde, wir sollten das akzeptieren und ihm entgegenkommen“, erwiderte Hermine bestimmt. „Hast du etwa schon vergessen, wie oft er dich Schlammblut genannt hat?“ erkundigte Ron sich giftig. „Nein, aber Menschen können sich ändern“, war Hermine überzeugt. Sie warf einen Blick über die Schulter und konnte sehen, wie der Blondschopf einen Schritt auf Harry zuging. „Wie geht es dir?“ wollte Draco sofort wissen, nachdem Hermine und Ron außer Hörweite waren. „Gut, wie du siehst“, erwiderte Harry lächelnd. „Ich hab mir solche Sorgen gemacht, als ich hörte, was passiert ist“, fuhr der Slytherin fort. „Schon gut. Ich bin ja erst viel später dazu gestoßen“, erklärte Harry. Draco sah ihn verständnislos an. „Wie meinst du das? McGonagall meinte, dass du dabei warst.“ Daher hatte Draco also seine Informationen. Er fragte sich, wie viel die einzelnen Lehrer heute Morgen erzählt hatten. Oder ob einige Schüler einfach nur die Gespräche am Lehrertisch belauscht hatten. „Ja, aber erst gegen Ende des Kampfes“, erläuterte Harry, doch Draco sah noch immer verwirrt drein. „Ich war mit Dumbledore unterwegs.“ Er hatte dem Schulleiter geschworen, niemand anderem als Hermine und Ron von den Horkruxen zu erzählen und das schloss auch Draco mit ein. Während sie sprachen, schlenderten sie ein Stück den Gang entlang. „OK.“ Draco beließ es dabei, wirkte aber dennoch bedrückt. Harry legte den Kopf leicht schief und sah den Blonden fragend an. Der verstand die stumme Frage sofort. „Ich habe mir tierische Sorgen gemacht und hatte Angst um dich, da niemand wusste, ob du unverletzt bist. Erst recht, als ich dann hörte, dass Greyback hier war.“ „Du kennst ihn, nicht wahr?“ hakte Harry leise nach und konnte sich noch gut daran erinnern, was er und seine Freunde vor Borgin & Burkes mit Hilfe der Langziehohren belauscht hatten. „Oh ja. Ich weiß, wozu er fähig ist. Er beißt aus purem Vergnügen zu“, erklärte Draco. „Wusstest du, dass er es war, der Remus gebissen hat?“ fragte Harry leise. Der Blonde musterte Harry, der nun seinerseits bedrückt wirkte. „Das kann ich mir vorstellen. Er beißt oft zu, meist Kinder, und das nur, weil er Spaß daran hat. Aber ich denke, es bereitet ihm in gewisser Weise auch Lust.“ Harry sah sein Gegenüber erschrocken an, konnte erkennen, dass Dracos Stirn dunkel umwölkt war, ließ es daher, dazu noch etwas zu sagen. „Wie du siehst, bin ich nicht im Krankenflügel. Außerdem hat Dumbledore sich kurz nach unserer Ankunft um die Todesser gekümmert“, meinte er daher nur. „Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist.“ Draco lächelte den Schwarzhaarigen schwach an. Stumm gingen sie ein Stück weiter, Draco mit gedankenverloren gesenktem Blick, wohingegen Harry ihn von der Seite her musterte. Der Blonde konnte allein den Gedanken daran nicht ertragen, Harry möglicherweise zu verlieren. Und an Voldemort wollte er daher erst gar nicht denken, schließlich würden die beiden sich früher oder später gegenüberstehen und jeder konnte sich denken, dass nur einer lebend aus dieser Begegnung herausgehen würde. Diesmal hatte Harry wohlmöglich Glück gehabt, aber wie er Voldemort einschätzte, hatte er seinen Todessern sowieso verboten, Harry anzurühren, da er das selbst erledigen wollte. Natürlich, er hatte erst heute Morgen erfahren, was am Vortag passiert war, nichtsdestotrotz waren Verlustängste über ihn hereingebrochen. „Draco?“ Harrys Stimme war sehr leise. Draco schreckte aus seinen sorgevollen Gedanken und stellte fest, dass Harry stehen geblieben war. Er sah ihn an und keiner der beiden konnte den Blick des jeweils anderen richtig deuten. „Würde es dir helfen, wenn ich dir erlauben würde, mich zu umarmen?“ Harry konnte sich nur allzu gut vorstellen, worum Dracos Gedanken kreisten und für denjenigen, der ihn liebte, musste so was sehr schwer zu akzeptieren sein. Es fiel ihm ja schon selbst nicht leicht, sich mit seinem Schicksal, mit seiner Aufgabe abzufinden. Draco sah den Jüngeren überrascht an, doch dann wurde der Ausdruck in seinen Augen unendlich milde. „Darf ich denn?“ Er wartete das leichte Nicken des Schwarzhaarigen ab, bevor er diesen in eine Umarmung zog. Draco schlang beide Arme um den dünnen Körper und senkte seinen Kopf, so dass er ihn an Harrys legen konnte. Dann drückte er ihn feste an sich, als hätte er Angst, dass Harry ihm entgleiten könnte, und als ob er ihn nie wieder loslassen wollte. Harry ließ das einen Moment unbeweglich mit sich geschehen, doch dann legte er kurz eine Hand auf Dracos Hüfte. „Wenn du mich zerquetschst, hast du nicht mehr lange was von mir“, erklärte er mit mildem Lächeln. „Entschuldige. Ich habe nur solche Angst, dich irgendwann zu verlieren.“ Draco entließ den Kleineren aus seinen Armen, doch zu seiner Überraschung war es nun Harry, der seine Arme um Dracos Hüfte schlang und den Kopf an seine Brust schmiegte. „Ich weiß.“ Harry schloss die Augen, spürte erneut Dracos Arme um sich und genoss dies und die von ihm ausgehende Wärme eine Weile. Er wusste nicht, ob er Dracos Gefühle erwiderte, doch in diesem Augenblick fühlte sich die Umarmung einfach richtig an. „Geht es dir jetzt besser?“ nuschelte Harry nach einer Weile in Dracos schwarzen Umhang. Draco strich dem Jüngeren zärtlich durch die Haare. „Ja, und dir?“ „Gleichfalls.“ Harry löste sich von dem Größeren, sah ihn aber aus lauter Verlegenheit nicht an, doch Draco konnte den zarten Rosaton auf seinen Wangen ausmachen und sah die leicht zuckenden Katzenohren. „Lass uns frühstücken gehen.“ Gemeinsam gingen sie hinunter zur Großen Halle. Kaum hatten sie diese betreten, sprang auch schon ein großer schwarzer Hund an Harry hoch, legte seine Vordertatzen auf Harrys Schultern ab und leckte ihm übers Gesicht, während sein Schwanz wild hin und her schwang. „Schnuffel!“ Harry packte das Fell an den Seiten unterhalb der Ohren und kraulte den großen Hund. Dann ließ Schnuffel sich wider auf alle Viere herunter, denn ansonsten wäre sein Verhalten zu menschenähnlich und damit auffällig. Begeistert sprang der Hund um den Schwarzhaarigen herum, bis der in die Hocke ging und den Hund mit Streicheleinheiten verwöhnte. Nach einer Weile hatte Harry dann aber genug, außerdem meldete sich nun sein Bauch zu Wort, da er ziemlichen Hunger hatte. Er ließ von Sirius ab und dieser preschte sofort davon und flitzte auf den Gryffindortisch zu und Harry konnte mit einigem Erstaunen erkennen, dass dort Remus saß, zu dessen Füßen sich sein Pate nun legte, den großen Kopf auf den Vorderpfoten und Harry aus treuen Hundeaugen entgegenblickend. Draco sah mit Erleichterung das glückliche Strahlen in Harrys Augen. Jeder der beiden Jungen ging nun zu seinem jeweiligen Haustisch. Harry setzte sich sofort zu Remus. „Du bist noch da?“ Angesprochener, der Sirius’ Begrüßung schmunzelnd beobachtet hatte, sah erneut von seinem Brötchen auf. „Ja. Wie du weißt, wurde Bill von einem Werwolf gebissen. Er wird sich zwar nicht verwandeln, da Greyback ihn in seiner menschlichen Form angefallen hat, er ist nur leicht infiziert, aber ich glaube, er fühlt sich wohler, wenn ich noch ein Weilchen hier bleibe. Außerdem hat Dumbledore mich gebeten, da Snape nicht mehr da ist, die Verteidigungsprüfungen abzunehmen und euch bis zu den Ferien zu unterrichten. Und bevor du fragst, warum ich nicht am Lehrertisch sitze: Ich war nicht sonderlich erpicht darauf, auf Snapes Platz zu sitzen. Da wäre auch gar kein Platz für Schnuffel gewesen.“ Harry nickte verstehend und hielt Sirius ein Stück Wurst hin, der es auch sofort verschlang. Remus lachte. „Weißt du, es ist kein Wunder, dass er dick wird, wenn ihn alle füttern.“ Er nickte mit dem Kopf zu Parvati und Lavender, die Schnuffel begeistert ansahen. Harry runzelte die Stirn. Er wusste nur zu gut, wie wild die beiden waren, ihre übertriebene Zuneigung an unschuldigen Tieren auszulassen. Sirius hingegen knurrte Remus an und fletschte die Zähne. Er und dick? Wo denn? Der groß gewachsene Magier hatte noch immer eine sportliche Figur, wovon sein Freund sich jeden Abend, und auch jeden Morgen nach dem Aufstehen, oder bei der gemeinsamen Dusche oder – nun ja es gab genug Gelegenheiten, bei denen Remus sich davon überzeugen konnte. Die beiden frühstückten und Harry wunderte sich, wo Ron und Hermine blieben, doch kaum hatte er das gedacht, kamen die beiden an und setzten sich zu ihnen. „Bill sieht schlimm aus“, meinte Hermine bedrückt. „Mach dir darum mal keinen Kopf. Fleur bleibt immerhin bei ihm. Die Hochzeit wird also nicht abgesagt“, erklärte Ron und nahm sich ein Brötchen aus dem Korb. „Harry?“ Neville stand plötzlich hinter ihm. Der wandte sich um. „Soll ich dir geben“, erläuterte Neville und hielt ihm ein Pergamentröllchen hin. Harry nahm es entgegen und band die Schnur auf. „Von Dumbledore.“ Hastig las er den Brief. „Ich soll sofort zu ihm kommen.“ Rasch sprang er auf und noch ehe einer seiner Tischgenossen etwas sagen konnte, ging er schnellen Schrittes und mit wehendem Umhang aus der Halle, warf Draco einen kurzen Blick zu, der diesen kurz erwiderte. Harry machte sich auf den Weg zu dem launischen Wasserspeier und stieß direkt das Passwort, dass Dumbledore ebenfalls angegeben hatte, hervor. Der Wasserspeier sprang förmlich zur Seite und Harry betrat die sich windende Treppe und ließ sich von ihr nach oben tragen. Höflich klopfte er dann an der großen schweren Bürotür an und wurde fast sofort hereingebeten. Der Junge betrat das kreisrunde Büro und sah Dumbledore, der eindeutig besser aussah, als am Vortag, hinter seinem Schreibtisch sitzen und ihn wie gewöhnlich über seine Halbmondbrille ansehen. „Du möchtest doch sicher wissen, was nun mit dem Hokrux ist“, vermutete Dumbledore und auf ein Nicken des Schülers wies er ihm den Stuhl ihm gegenüber zu. Harry setzte sich und sah den Schulleiter erwartungsvoll an. „Nun, du erinnerst dich sicherlich an das Aussehen des Medaillons?“ erkundigte sich Dumbledore und musterte Harry forsch. „Natürlich, es trug Slytherins Zeichen“, erklärte Harry. Er sah es vor sich, als ob es erst gestern gewesen wäre, da er es zuletzt in der Erinnerung im Denkarium gesehen hatte. Riddels Aufregung, es endlich wieder zu besitzen, das Familienerbstück, war schon verständlich, strahlte es doch eine beeindruckende Aura aus. „Nun, das hier“, der alte Mann deutete auf das ovale Medaillon vor sich auf dem Schreibtisch „ist es jedenfalls nicht.“ Harry blinzelte irritiert und bemerkte ebenfalls, dass Slytherins Wappen fehlte. „Aber … Ich verstehe nicht … es war doch gut versteckt und für Voldemort sehr passend, das sagten Sie doch …“ „Schon, Harry, aber uns ist jemand zuvor gekommen“, fuhr Dumbledore fort. „Wie? Aber wer …?“ Harry schien es, als ob ein Gedanke einrasten würde. Aber konnte das sein? „Ein Todesser?“ hauchte er. Dubledore sah Harry scharf an. „Vielleicht.“ Er hielt dem Jungen ein vergilbtes Stück Pergament entgegen. Der sah verwundert drein, nahm es dann aber entgegen, faltete es auf und las sich die wenigen Zeilen durch. Danach sah er auf. „Wer ist R.A.B.?“ Dumbledore verengte etwas die Augen. „Ich kenne nur einen mit diesen Initialen. Und das wird Sirius gar nicht gefallen.“ Abermals war Harry verwirrt. „Was hat Sirius damit zu tun?“ In diesem Moment ging die Tür auf und ein etwas wild wirkender Sirius betrat das Büro und Harry konnte flüchtig erkennen, dass der Bewohner eines der Bilder an den Wänden des Büros gerade wieder seinen gewohnten Platz einnahm. Also musste Dumbledore einen ehemaligen Schulleiter nach Sirius geschickt haben. „Sie wollten mich sprechen, Professor?“ Sirius warf Harry einen kurzen Blick zu und wandte sich dann an Dumbledore. „Sagt dir R.A.B. etwas?“ erkundigte Dumbedore sich. Sirius sah argwöhnisch drein. „Was ist mit Regulus?“ Der Älteste wandte sich erklärend an Harry. „Regulus Aurelius Black.“ Dann sah er wieder zu Sirius. „Dein Bruder hat uns die Arbeit erschwert. Kann natürlich auch sein, dass er uns eine Menge Arbeit erspart hat, das weiß ich noch nicht genau.“ Sirius runzelte die Stirn, wusste offenbar nicht, worauf Dumbledore hinaus wollte. „Er hat den echten Horkrux entwendet und einen falschen hinterlassen“, erläuterte Dumbledore und bedeutete Harry, das Pergament an seinen Paten weiterzureichen. Sirius’ blaue Augen huschten über die Schrift, dann sah er auf. „Er war nicht mächtig genug, einen Horkrux zu zerstören.“ Dumbledore nickte. „Das denke ich mir auch. Jedenfalls lässt das seinen Tod wohlmöglich in einem anderen Licht erscheinen und er ist vielleicht auch nicht der Feigling, für den du und andere ihn gehalten haben. Wenn er dabei erwischt wurde, noch weitere Hokruxe zu beschaffen, ist es durchaus verständlich, dass das Voldemort nicht gepasst hat.“ Sirius nickte zustimmend und auch Harry schien das einleuchtend. „Ich werde Erkundigungen –“ Dumbledore wurde unterbrochen. „Irgendwas seltsames geschieht im Black-Haus“, meldete sich nun Phineas Nigellus, der offenbar gerade erst in seinem Porträt angekommen war. „Das ganze Anwesen bebt.“ Sirius sah Dumbledore wie vom Donner gerührt an. „Das ist sicherlich kein normales Beben, denn es ist das einzige Haus in der Straße, das davon betroffen ist“, fuhr der fahlgesichtige Mann fort. Harry konnte sehen, wie sein Pate nun erschreckend blass im Gesicht wurde. „Wir werden der Sache auf den Grund gehen“, bestimmte Dumbledore und trat sofort an den Kamin. Er murmelte wie bereits am Vortag in einer fremden Sprache und kurz konnte Harry bläuliche Funken sehen. Harry nahm an, dass er eine Art Flohpulverschutz über seinem Kamin aufgehoben hatte, denn er winkte nun Sirius heran. „Nach dir.“ Während Sirius mit großen Schritten beim Kamin war und Flohpulver aus der kleinen Schachtel über dem Kaminsims griff, wandte sich der Professor Harry zu. „Du bleibst hier, immerhin musst du ab morgen Prüfungen schreiben. Mach dir keine Sorgen, wir richten das schon. Geh jetzt deinen sonntäglichen Aktivitäten nach.“ Während Harry auf die Stelle starrte, an der gerade Sirius’ Rücken verschwand, nickte er mechanisch. Wenn Dumbledore das sagte, dann würde es wohl stimmen. Kurz darauf war er alleine in dem großen Büro. Eine Weile stand er noch unschlüssig da, sah abermals bläuliche Funken, die bedeuteten, dass der Schutz wieder aktiviert worden war, beschloss dann aber, Remus bescheid zu geben und auch den anderen endlich zu erzählen, was Sache war. ** Die Prüfungen waren geschrieben und sie hatten danach noch drei Wochen Unterricht gehabt. Heute war das letzte Frühstück in der großen Halle und später würden sie mit dem Hogwarts-Express nach Hause fahren. Darüber war Harry so unglücklich, wie eh und je. Sommerferien bei den Dursley waren immer der reinste Horror. Natürlich, er musste diesmal nur einen Monat ausharren. Aber er würde voraussichtlich weder Ron und Hermine, noch Draco sehen können. Also keine Ferien im Fuchsbau. Oder zumindest nicht im ersten Monat, aber es stand ja noch eine Hochzeit bevor. Und Sirius hatte sich seit besagtem Tag auch nicht mehr blicken lassen oder ihm geschrieben. Er hatte Remus gelöchert, doch immer die Antwort erhalten, dass auch er nichts wüsste, dass Sirius ihm noch nicht einmal geschrieben hätte. Und Harry war geneigt, dem Glauben zu schenken, denn Remus sah schlecht aus, sehr schlecht. Er schien dauermüde und ständig besorgt. Den Vollmond hatte er auch zum ersten Mal seit drei Jahren wieder alleine verbracht, wie er Harry erklärte. Das veranlasste Harry dazu, sich noch mehr Gedanken zu machen, denn es passte so gar nicht zu seinem Paten, dass er seinen Liebsten während dieser Qualen alleine ließ, genauso wenig, wie es zu ihm passte, sich noch nicht einmal bei Remus zu melden. Der einzige Trost, wenn man es denn so nennen wollte, war, dass man seitdem auch Dumbledore nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Das würde mit Sicherheit bedeuten, dass die beiden zusammen unterwegs waren. Zu fünft marschierten sie in der warmen Sommersonne über die Wiesen hinunter nach Hogsmeade. Entgegen aller anderen Schüler hatten sie sich dagegen entschieden, sich von den Kutschen dorthin bringen zu lassen. Ron und Blaise unterhielten sich darüber, in den Ferien zusammen Quidditch zu trainieren. Hermine war ungewöhnlich still, obwohl sie die Jungs immer wieder dazu ermahnte, lieber für die UZTe und einen gescheiten Abschluss zu lernen. Vielleicht wollte sie ihnen auch einfach nicht die letzten Ferien damit verderben. Draco und Harry hingegen gingen einfach nur schweigend nebeneinander. Seit der Umarmung war nichts weiter zwischen ihnen geschehen. Dazu war Harry nicht bereit, denn er war sich seiner Gefühle noch immer nicht bewusst, obwohl er schon spürte, dass diese Beziehung zu Draco anders war, als die zu Ron oder Hermine. Der Blondschopf gab sich damit zufrieden, in Harrys Nähe zu sein, denn er wollte sich nicht aufdrängen, das könnte nur zum Gegenteil führen und das wollte er in keinem Fall riskieren. Stattdessen genoss er es stillschweigend, wenn sie sich alleine trafen, um Hausaufgaben zu machen, wenn Harry ihn durch seine wunderschönen Augen ansah, dass er ihm überhaupt Aufmerksamkeit schenkte. Manchmal berührten sich ihre Hände und Draco stellten sich die Nackenhaare auf, von der Berührungsstelle ging ein Kribbeln aus, das seinen ganzen Körper durchströmte und er war in diesen Momenten einfach unglaublich glücklich. Die Zugfahrt war stinklangweilig. Der einzige Höhepunkt war das Schachduell zwischen Ron und Blaise, denn Spitzenspieler Ron hatte endlich einen ebenbürtigen Gegner gefunden. Zwar gewann er abermals, aber ein so ausgeglichenes Spiel hatte Harry bei ihm noch nie gesehen und Ron war so dicht an einer Niederlage gewesen, wie er es nicht mehr war, seit den Anfangstagen, nachdem seine Brüder ihm das Spiel beigebracht hatten. Das führte dazu, dass Blaise selbst auf seine Niederlage ein wenig stolz war. Die Gryffindors brachten den Slytherins sogar Snape explodiert bei und nach den Ereignissen auf dem Astronomieturm waren sie sich einig, dass das Spiel zu Recht nach ihm benannt worden war. Bei den Rundgängen der Vertrauensschüler waren Blaise und Harry dann alleine in ihrem Abteil und da sie sich nun schon ein wenig kannten, unterhielten sie sich auch über dies und jenes. Als die drei anderen von ihrem letzten Rundgang zurückkamen, hatte Harry seinen Katzenschwanz schon im Hosenbein seiner extrem weiten Hose versteckt und eine große schwarze Ballonmütze über die Ohren gezogen. Die Dursleys brauchten vorläufig nicht zu wissen, dass er jetzt halb ein Kater war, die würden nur in Ohnmacht fallen und ihn spätestens dann rausschmeißen, Schutzzauber hin oder her. Draußen am Gleis 9 am Muggelbahnhof stand seine Verwandtschaft schon und wartete darauf, den ungeliebten Pflegesohn wieder mitzunehmen. Harry wandte sich seinen Freunden zu. Ron und Blaise schlugen mit ihm zum Abschied ein, während Hermine den Schwarzhaarigen kurz umarmte. Dann standen Draco und Harry sich alleine und etwas verlegen gegenüber, zumindest von Harrys Seite. „Schreibst du mir?“ Harry sah den Blonden etwas unsicher an. „Jeden Tag!“ Das Lächeln war etwas schmerzlich. Sie waren sich so nahe, aber wenn Draco schon nur daran dachte, Harry die nächsten Wochen nicht zu sehen, spürte er eine gewisse Sehnsucht. „Dann ist ja gut.“ Auch Harrys Lächeln war etwas traurig. Er griff nach Dracos Hand und strich leicht mit dem Daumen über dessen Handrücken, bevor er sich zu Tante Petunia, Onkel Vernon und Dudley umdrehte. Besorgt musterte Draco Harrys Verwandtschaft, befand sie als ungeheuer unsympathisch. Aber er würde Harry nicht befreien können, denn der hatte ihm von dem Zauber erzählt und das Wichtigste für ihn war, dass Harry in Sicherheit war. Und er konnte ihn noch nicht einmal besuchen, da auch er seine Apparierprüfung genau wie Harry altersbedingt noch nicht ablegen konnte. Kapitel 5: Endlich volljährig! ------------------------------ Das Geburtstagskapitel^^ im doppelten Sinn: einmal Harrys - und einmal meiner =^.^= 5. Endlich volljährig! Am nächsten Abend saß Harry in seinem Zimmer am Fenster und sah gedankenverloren hinaus. Der Tag war anstrengend gewesen. Er hatte das Haus geputzt und sich um den Garten gekümmert. Es war, als hätte sich in der Zeit, in der er nicht da war, niemand um den Garten gekümmert, dementsprechend hatte er viel zu tun gehabt. Und Dudley war wieder auf Diät. Das hieß, er hatte noch nicht einmal Energie- oder Kraftreserven für die viele Arbeit gehabt, da ja alle in der Familie die Diät mithalten mussten. Aber was hatte er denn auch erwartet? Doch nicht wirklich, dass sich die Dursleys geändert hatten!? Nein, natürlich nicht, aber es kam ihm jedes Mal am Ferienanfang so vor, als würden dies die schlimmsten Ferien seines Lebens werden, doch er wusste: er musste sich erst wieder eingewöhnen, was aber meist schon nach wenigen Tagen der Fall war, denn es war jedes Jahr die selbe Prozedur. Sein Blick war in weite Ferne gerichtet, als ihm etwas auffiel, das im Sonnenuntergang rasant auf ihn zugeflogen kam. Der kleine Punkt wurde immer größer und Harry konnte eine schwarze Eule erkennen. Schnell sprang er vom Fensterbrett und riss selbiges auf. „Aguila!“ begrüßte er die große Eule vertraut, als sie schließlich auf dem Schreibtisch direkt neben dem Fenster landete. Zutraulich ließ sie sich von ihm streicheln, denn sie kannten sich ja. Dann nahm Harry der männlichen Eule den Brief ab und betrachtete erfreut das grüne Siegel mit dem Wappen, in dessen Mitte ein fein geschwungenes silbernes M thronte. Umsichtig brach er das Wachssiegel auf und entrollte das Pergament. Während Aguila Hedwig in Augenschein nahm und an dem von Harry gereichten Eulenkeks knabberte, war Harry gespannt, was in dem Brief stand. Er setzte sich mit ihm auf sein Bett. Hallo, Harry! Wie versprochen gleich heute der erste Brief. Ich hoffe, du bist einigermaßen gut in deinem Ferienalltag angekommen und die Muggel behandeln dich anständig. Deine Verwandtschaft hat nicht gerade einen sympathischen Eindruck auf mich gemacht. Ich glaube, wenn dein Onkel keinen Schnurrbart tragen würde, könnte man die beiden Wahlrösser nicht voneinander unterscheiden. Ich hatte noch eine kleine Unterhaltung mit Ron und Hermine über deine Verwandtschaft; ich hätte dich am liebsten gleich mit nach Malfoy-Manor genommen, trotz des Zaubers. Ich will natürlich auch, dass du in Sicherheit bist, obwohl ich nicht glaube, dass Voldemort hier nach dir suchen würde, doch ich glaube kaum, dass dein Pate da mitgespielt hätte. Malfoy-Manor ist nämlich sehr sicher, musst du wissen, auch wenn meine Eltern momentan beide in Askaban sitzen. Sie haben nämlich viele Schutzzauber über das Anwesen gelegt. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob Voldemort überhaupt weiß, wo es liegt, denn er war ja nie hier, sondern sie mussten immer zu ihm. Ich werde dich jedenfalls einladen, wenn du volljährig bist, dann kann auch dein Pate nichts mehr dagegen sagen, da du das dann selbst bestimmen kannst. Bis dahin bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als mich in Geduld zu üben. Und du wirst lachen, wie geduldig ich sein kann. Hier ist es etwas einsam. Außer mir sind nur noch die Hauselfen anwesend. Und da die sowieso so gut wie alles für mich machen, habe ich recht wenig zu tun und langweile mich schon. Hausaufgaben möchte ich nämlich nicht unbedingt machen. Du weißt, dass Blaise mich immer dazu bringen muss, etwas für die Schule zu tun und jetzt sind definitiv Ferien. Freiheit! Aber ich werde ihn wohl dazu verdonnern, ein paar Tage oder Wochen hier bei mir zu verbringen, sonst gehe ich noch ein. Wenn du willst, schicke ich dir Fotos von unseren Ländereien. Freue mich auf baldige Antwort, Draco Harry zog eine Augenbraue hoch. Ländereien? Kein Wunder, dass Draco ein verwöhntes Einzelkind war, seine Eltern mussten ja Geld haben wie Heu. Dagegen war sein Vermögen, das ihm seine Eltern hinterlassen hatten, geradezu mickrig. Eine Weile überlegte er fieberhaft, was er zurück schreiben konnte. Er fand es nicht sonderlich spannend, von Unkraut, Pilzbefall bei Pflanzen oder verstreute Brotkörner auf dem Küchenboden zu erzählen. Außerdem sollte es sich nicht so anhören, als ob er jammern würde. Obwohl, vielleicht würde Draco dann tatsächlich einen Weg finden, ihn zu sich zu nehmen, doch das würde Sirius dann wohlmöglich als Entführung interpretieren. Am Besten, er verhielt sich so ruhig wie möglich, dann brauchten sich weder Sirius noch Draco großartige Sorgen zu machen. Nachdenklich musterte er die Adlereule, die sich neben Hedwig in den Käfig gequetscht hatte. Na wenigstens zwei, die die Nähe eines anderen hatten. Also beschloss er, noch eine Nacht drüber zu schlafen und sich Gedanken darüber zu machen, dass sein Brief wohl um einiges kürzer ausfallen würde, als der von Draco. Hedwig schien auch nichts gegen einen Mitbewohner zu haben und so schloss er das Fenster wieder, zog sich um und legte sich ins Bett. ** Harry schlich sich durch die weiten leeren Straßen. Er war geflüchtet. Wiedereinmal. Doch diesmal in seiner Katzengestalt. So war es einfacher, zu entkommen. Außerdem machte es Spaß, alles ungestört erkunden zu können. Zum Glück hatte Sirius ihm mal erzählt, dass dies der wohl einzige Zauber war, den das Zaubereiministerium trotz seiner Überwachung minderjähriger Zauberer nicht aufspüren konnte. Und darüber war er mehr als froh, bedeutete dies doch meist Abwechslung von seinem Alltag. Und vor allem eins: Freiheit. Und Ruhe. Vor seinem Cousin, vor seinem Onkel, vor seiner Tante. Plötzlich hielt er inne. Da, unter dem Auto. Gelb-grün leuchtende Augen. Ein seltsamer Geruch ging von der anderen Katze aus, aber seine Neugier war geweckt. Auf leisen Pfoten schlich er auf das parkende Auto zu, ließ dabei die Augen, die ihm entgegenblickten, nicht aus dem Blick. Unerwartet erhob sich die andere Katze und der Geruch wurde stärker. Das Nächste, was er mitbekam, war, dass er der Katze über eine grüne Wiese hinterher jagte. Er hatte keine Ahnung, wie er dorthin gekommen war, spürte jetzt aber das lange Gras an seinem Bauch. Wieso lief er dieser Katze nach? Wie lange lief er dieser Katze nach? Wo war diese Wiese? Irgendwie hatte er einen Filmriss. Er setzte zum Sprung auf die Katze an, die Pfoten von sich gestreckt, als würde er sie aufhalten wollen, damit sie ihm nicht durch die Hände, beziehungsweise Pfoten schlüpfen würde. Langsam dämmerte es ihm. Er hielt abrupt in seiner Bewegung inne, ließ sich auf seine vier Tatzen zurückfallen und sog erneut diesen seltsamen Geruch ein. Rochen so Katzen, die rollig waren? Nach und nach wurde ihm von diesem Geruch schrecklich übel. Kein Wunder, dass Kater ihr Gehirn ausschalteten und die Katzen besprangen. A propos. War er etwa gerade dabei gewesen, die Katze besteigen zu wollen? Zum Glück hatte sich sein Verstand noch rechtzeitig wieder eingeschaltet. Das nächste Mal würde er mehr aufpassen müssen, wenn er auf eine Katze traf. Er schüttelte innerlich über sich selbst den Kopf. Wenn er das Draco erzählen würde.... Oder nein, er sollte es ihm besser nicht erzählen, wer wusste schon, was der dann dachte. Wäre dann vielleicht eifersüchtig, das sollte er ihm ersparen. Ihm fiel auf, dass er ganz in der Nähe des Hauses der alten Mrs Figg war. Jetzt, da er wusste, dass sie eine Squib war, war er ihr gegenüber aufgeschlossener. Nicht mehr so sauer, wie am Anfang, nachdem er es erfahren hatte. Immerhin hatte sie zu seinen Gunsten vor dem Zaubereiministerium ausgesagt und auch dank Dumbledore war er ja freigesprochen worden. Also schlug er, nachdem er sich von dem Schock seiner Triebneigungen erholt hatte, den Weg zu der betagten Dame ein. An dem kleinen grauen Häuschen, das ihm aus der Katzenperspektive um ein vielfaches größer erschien, angekommen, umrundete er es erst mal, um zum Hintereingang zu kommen, als Katze konnte er schließlich nicht klingeln. Auch hier waren, eigentlich wie immer, einige Katzen anwesend. Und da Hochsommer war, saß die alte Frau auf dem Balkon im Schatten, trank Wasser und beobachtete die Katzen, die aus verschiedenen Wasserschälchen tranken. Gleich hatte sie den getigerten Kater ausgemacht, der Ziersteine und Blumentöpfe umrundete. „Na du? Kommst du mich auch mal wieder besuchen?“ erkundigte sie sich freundlich bei ihm, umfasste seinen Bauch und hob ihn auf seinen Schoß. „Haben deine Verwandten dich wieder schikaniert?“ wollte sie wissen, während Harry sich auf ihrem Schoß niederließ und sich kraulen ließ. Er maunzte zustimmend. Was war er froh, seiner Tante entwischt zu sein! Natürlich wusste Mrs Figg längst bescheid, er hatte sich schon am Anfang der Ferien vor ihr zurückverwandelt. Zunächst war sie sehr irritiert gewesen, hatte sich dann aber über seinen Besuch gefreut. Seitdem erschien er gelegentlich bei ihr und genoss ihre Aufmerksamkeit. Außer wenn Harry irgendetwas nicht so erledigt hatte, wie Tante Petunia es wollte oder wenn er sich zu sehr Zeit ließ, seine Aufgaben zu erledigen, bekam er Aufmerksamkeit von seinen Verwandten und das war sicherlich nicht die Beste. Also freute er sich, wenn mal jemand positiv ihm gegenüber eingestellt war. Ansonsten bestanden die einzigen Lichtblicke seiner Ferien in den täglichen Briefen von Draco, die er auch alle beantwortete. Meist schrieb er dann von seinen Abenteuern als Katze. Es war zwar heute das erste Mal gewesen, dass er auf diese Art Bekanntschaft mit einer weiblichen Katze gemacht hatte, aber auch sonst konnte man als Kater allerlei Abenteuer erleben. ** Harry lag gerade gemütlich in der Badewanne und seifte seine Füße ein, als sein werter Cousin hereingeplatzt kam. Beide sahen sich entsetzt an. Harry, weil er vor dem anderen Jungen entblößt in der Wanne lag, doch der hatte etwas ganz anderes im Blick. Die Katzenohren und den Katzenschwanz. Harry war es bisher ganz gut gelungen, beides auch ohne Zauber zu verbergen. Seine Verwandten hatten sich zwar gewundert, warum Harry auch zu Hause immer mit Mütze herumlief, doch sie hatten es auf seine Verrücktheit oder die verkorksten Gene geschoben. Doch Harry konnte natürlich nicht mit Mütze und weiter Hose baden. Und ganz offensichtlich hatte er heute vergessen, abzusperren. „Mum! Dad!“ brüllte Dudley durchs halbe Haus, nachdem er sich gefangen hatte. Seine Gesichtsfarbe hatte rasend schnell von weiß, wegen dem Schock, ein Monster in der Familie zu haben, zu rosa-rot vor Freude über die Schikane, die Harry erhalten würde, gewechselt. Da Harry nicht die geringste Lust verspürte, von seinem Onkel und seiner Tante auch noch nackt gesehen zu werden, sprang er unter Dudleys scharfem Blick, der darauf achtete, dass Harry nicht entwischen konnte, aus der Badewanne, trocknete sich in Rekordtempo ab und hatte daher zu seinem Glück schon seine Boxershorts übergestreift, als die beiden Erwachsenen an der Badezimmertür ankamen. Dennoch war der Katzenschwanz nur allzu deutlich zu sehen, der von Harrys hinterer Leistengegend ausging und auch die Katzenohren waren auffällig, obwohl Harry gerade dabei war, seine Haare mit einem Handtuch zu trocknen. Onkel Vernon wechselte ebenso rasch die Gesichtsfarbe, nur mit dem Unterschied, dass sein Gesicht vor Wut dunkelrot wurde, während das seiner Frau offensichtlich im weißen Stadium hängen blieb. „Ich wusste doch, dass das mit dir kein gutes Ende nehmen wird!“ schrie der dickbeleibte Mann, lauter noch als sein Sohn zuvor. „Du Monster!“ Harry störte sich nicht an dem Gebrülle. Er hatte nichts anderes erwartet, für den Fall, dass sie es rausbekommen würden. Stattdessen zog er sich fertig an, während er Vernons Schimpftirade nur mit halbem Ohr mitbekam. Es interessierte ihn nicht wirklich, schließlich musste er nur noch eine Woche hier bei den Muggeln verbringen, dann war er volljährig und frei und durfte ungehindert zaubern, auch wenn er wusste, dass auch das Zaubern vor Muggeln generell verboten war. Wie oft hatte er sich schon ausgemalt, sobald er volljährig war, Rache zu nehmen. „Sofort in dein Zimmer! Den Rest der Ferien wirst du dort verbringen!“ bestimmte Vernon, packte mit seinen dicken Wurstfingern grob Harrys Arm und schleifte ihn mit sich zu dessen Zimmer, schubste ihn hinein und verschloss die Tür hinter dem Jungen. „Dein Essen bekommst du durch die Katzenklappe!“ rief Vernon, bevor sich schwere Schritte entfernten. Harry setzte sich auf sein Bett und zuckte mit den Schultern. Seine Verwandtschaft wusste schließlich noch immer nicht, dass er sich auch in eine Katze verwandeln konnte und somit die Klappe kein Hindernis für ihn darstellte. Und noch ein paar Vorteile brachte die Verbannung mit sich. Er brauchte weder im Garten, noch im Haushalt noch einen Finger zu rühren. Jetzt hatte er unendlich viel Zeit. „Mach deine Hausaufgaben und lerne! Die UTZe stehen bald an!“ Hörte er Hermines befehlende Stimme in seinem Kopf. Harry grinste. Tatsächlich hatte er seine Hausaufgaben schon fast fertig, wie immer heimlich Nachts unter der Bettdecke angefertigt. Schließlich wollte er seine baldige Volljährigkeit in vollen Zügen genießen können, ohne nervende Hausaufgaben im Nacken. Doch ein Aufsatz stand noch aus, für Zaubertränke. Seit er das Buch des Halbblutprinzen nicht mehr hatte, fiel ihm das Fach wieder unendlich schwer. Und solch theoretische Aufsätze gingen ihm meist schon nach kurzer Zeit auf den Senkel. Vielleicht sollte er Hermine um Hilfe bitten. Oder Draco. Er ging zu seinem Schreibtisch und holte zum wiederholten Male einen großen Umschlag aus der Schublade. Aguila hatte ihn kurz nach Ferienbeginn gebracht. Darin befanden sich um die 500 Bilder der Malfoy’schen Ländereinen, Villen, Wochenendhäusern, Strandhäusern - alles vom nobelsten. Draco hatte ihre Ländereien wohl eigens mit dem Besen überflogen, um zu fotografieren. Und bei der Fülle an Bildern hatte es ihm wohl auch einigen Spaß bereitet. Der Blonde hatte einige der Bilder beschrieben, doch eigentlich wollte er sich alles für den Zeitpunkt aufheben, zu dem Harry ihn besuchen kommen würde. Die Einladung stand jedenfalls. ** Tante Petunia öffnete aufgesetzt freundlich lächelnd die Tür, doch dieses falsche Lächeln fiel ihr förmlich aus dem Gesicht und sie zuckte zurück, als sie die beiden fremden Männer vor ihrer Haustür erblickte. Erwartungsvoll blickte sie zwischen den Fremden hin und her, doch geheuer waren sie ihr nicht, zumindest der eine, dessen lange schwarze Haare ihn wild umflossen. Der andere Mann mit den braunen zusammengebundenen Haaren sah auch wesentlich freundlicher aus. „Wir möchten Harry abholen“, erklärte dieser in freundlichem Tonfall und lächelte sein Gegenüber an, nachdem Petunia beschlossen hatte, sich dem netter aussehenden Gast zuzuwenden. Petunia legte überrascht den Kopf zur Seite. „Er hat Hausarrest. Ich wusste nicht, dass er solch alte Freunde hat.“ Sirius legte den Kopf in den Nacken und ließ sein bellendes Lachen ertönen. Dann fixierte er die Frau ernst. „Ich bin sein Pate“, erklärte er schlicht. Petunia wurde blass. „D-der Mörder?“ Sirius grinste gefährlich. „Genau der.“ Petunia wich mehrere Schritte zurück, während sie den großgewachsenen Mann nicht aus den weit aufgerissenen Augen ließ. Sirius folgte ihr bedrohlich, doch dann legte Remus eine Hand auf seinen Unterarm. „Übertreibs nicht!“ bat er seinen Freund. Der lächelte Petunia sofort übertrieben an. „Wir wollen nur meinen Patensohn abholen,“ erklärte er, seine Stimme war hart und strafte das Lächeln Lügen. „Das geht nicht, wir haben die Verantwortung für ihn übernommen“, versuchte Petunia es schwach, doch sie konnte ihre panische Angst nicht verbergen. Es war ihr nur allzu bewusst, dass ein erwachsener Zauberer, die Spezies, die sie am meisten verabscheute, vor ihr stand. Der war auch an keine Minderjährigenschutzgesetze gebunden, so wie Harry, konnte also zaubern, wann immer er wollte. „Wo ist er?“ Sirius’ Stimme war tief und rau geworden. „I-in seinem Zimmer.“ Petunia griff fahrig nach dem Schlüssel zu Harrys Zimmer, die beiden Zauberer nicht aus den Augen lassend. Dann ging sie mit gesenktem Kopf auf die Treppe zu. „Petunia? Wer ist da?“ rief plötzlich Vernon von irgendwo im Haus. Sirius grinste Remus kurz zu. Er würde sich schon um das Walross kümmern, während Remus weiterhin Petunia folgte, begab er sich ins Wohnzimmer, in dem er Harrys Onkel vermutete. Nachdem Petunia die Zimmertür endlich aufgeschlossen hatte, betrat Remus den kleinen dahintergelegenen Raum. Harry war gerade dabei, seinen großen Koffer abzuschließen. „Sieht so aus, als hättest du uns schon erwartet“, schmunzelte der Werwolf. Harry sah überrascht auf, als er Remus’ Stimme erkannte und nicht wie erwartet die seiner Tante oder seines Onkels. „Remus!“ Er lächelte. „Nein, habe ich nicht. Aber da ich jetzt volljährig bin, hätte mich nichts mehr hier gehalten.“ Der Schwarzhaarige griff nach Hedwigs leerem Käfig. Diese war seit ihrem gestrigen Flug nach Malfoy Manor noch nicht mit dem heutigen Brief zurückgekehrt. Aber daraus machte er sich nichts. Aguila hatte auch öfter mal bei ihm übernachtet und manchmal ließen Dracos Briefe bis spät am Abend auf sich warten, vor allem in der letzten Woche, da Blaise bei ihm war. Die beiden heckten allerhand zusammen aus, was Draco ihm meist ausführlich berichtete, geschmückt mit Blaises krakeligen Bemerkungen, was wiederum Harry jedes Mal grinsen ließ, wenn sie unterschiedlicher Meinung waren und ihren Streit schriftlich austrugen. „Wir nehmen dich mit“, erklärte Remus, zückte seinen Zauberstab und richtete ihn auf Harrys Gepäck. „Aber erst haben wir noch etwas vor.“ Remus lächelte verschwörerisch, während Harrys Gepäck verschwand. Die beiden verließen Harrys Zimmer, das nun komplett leer war. Als sie auf der Treppe ankamen, konnte Harry einen grinsenden Sirius am Fußende ausmachen. Sofort machte er sich wieder Sorgen, dass er erkannt werden und ans Zaubereiministerium verraten werden könnte. Aber er war auch unendlich froh, ihn zu sehen und nun endlich zu wissen, dass es ihm gut ging, immerhin hatte er auch in den Ferien nichts von sich hören lassen. Neben dem schwarzhaarigen Zauberer stand ein sehr mürrisch wirkender Vernon und ein vor Angst ganz blasser Dudley. An der Tür sah Harry seine Verwandten noch kurz an. „Also, ich gehe dann jetzt.“ Die drei Muggel würdigten ihn keines Blickes, aber das war Harry herzlich egal. Er ging sowieso davon aus, sie nie wieder zu sehen. Zu dritt traten sie vor die Tür und zogen sie direkt hinter sich zu. Sofort wandte Harry sich zu Sirius. „Wenn jemand dich erkennt!“ Sirius grinste nur. „Ja, ich finds auch schön, dich zu sehen! Und ja, mir geht es gut.“ Harry lächelte. „Das ist mir aufgefallen.“ Er spürte, wie die beiden Männer ihn eng in ihre Mitte nahmen und noch ehe er in irgend einer Weise reagieren konnte, verschwand die Welt um ihn herum. ** Als die Welt um ihn wieder Gestalt annahm, war das Erste, das er sah, ein grauer Himmel, er vernahm Meeresrauschen und heftig tosender Wind umstrich sein Gesicht. Er fühlte sich daran erinnert, als er mit Dumbledore nach dem Horkrux gesucht hatte. Damals hatte auch der Wind gepeitscht und er hatte das salzige Meer riechen können. Blinzelnd sah er sich um. In der Nähe stand ein Häuschen, mit Holz verkleidet. Etwas weiter entfernt konnte er ein paar weitere solcher Häuser ausmachen, doch dieses hier war das Einzige, das so nah an den Klippen stand. „Wo sind wir hier?“ erkundigte er sich bei Sirius. „Godric’s Hollow.“ Sein Pate hatte den Blick in weite Ferne auf den Horizont gerichtet. Harry schluckte. Das also war es. Das hätte sein zu Hause sein sollen. Sirius wandte nun den Blick von der unendlichen Weite über dem Meer zu dem kleinen zweistöckigen Haus. „Remus und ich haben es in den letzten drei Jahren wieder aufgebaut.“ Er ging auf die Holztür an der Vorderfront zu. Remus folgte ihm sofort, Harry nach kurzem Zögern ebenfalls. Sie betraten das Haus und Harry sah sich neugierig um. „Dazu haben wir das Denkarium benutzt, damit die Inneneinrichtung wieder so wird, wie vor Voldemorts ... Besuch“, fügte Remus hinzu, während die beiden Magier beobachteten, wie Harry das Wohnzimmer inspizierte. Er fand viele alte Fotos und Ziergegenstände, die sicherlich seine Mutter gekauft hatte. Dann ging er zur Küche weiter, die einfach, aber gemütlich eingerichtet war. Harry wandte sich seinem Paten zu, der nachdenklich in die ungenutzte Feuerstelle starrte. „Hübsch hier. Und ihr habt das ganz alleine wieder aufgebaut?“ Sirius schüttelte den Kopf und sah Harry wieder an. „Wir hatten Hilfe von Leuten, die ebenfalls in den zwei Jahren mal hier waren und das Haus vor der Zerstörung gesehen hatten. Außerdem hat das Zaubereiministerium öfters mal einen Abstecher hierher gemacht, es wäre für mich zu gefährlich gewesen, auch wenn Shaklebolt mich immer gewarnt hat. Zu zweit wäre das auch gar nicht in der kurzen Zeit zu schaffen gewesen, zumal wir, oder vielmehr Remus, noch für den Orden unterwegs waren.“ Er wandte sich ab, um die Küche zu verlassen. Derweil hatte Harry die Pinnwand entdeckt, an der einige vergilbte Zettel hingen. Der Junge trat näher heran, um sie in Augenschein zu nehmen. Es waren Termine für das Jahr, in dem Harry seinen ersten Geburtstag gefeiert hatte. Harry zog sich das ganze Herz zusammen. Seine Eltern hatten noch so viel in ihrem Leben vorgehabt, bevor Voldemort alles zerstört hatte. Aber scheinbar waren der Kalender und die anderen Zettel an der Pinnwand nicht von dem Feuer vernichtet worden. Sirius hatte ja erzählt, dass er und Remus nur kurz danach hier ankamen und das Feuer gelöscht hatten. Sein Pate hatte ihn dann aus dem zertrümmerten Haus gerettet und an Hagrid übergeben, der ihn wiederum, gemäß Dumbledores Anweisungen, zu den Dursleys gebracht hatte. Er folgte Sirius aus der Küche, der nun die Treppen emporstieg und schloss sich ihm an. Oben öffnete Sirius eine Tür. „Das ist dein Zimmer. Lily wollte es unbedingt traditionell in blau einrichten, obwohl James diese Einteilung in rosa und blau als lächerlich empfand. Aber wie so oft hat Lily sich durchgesetzt.“ Sirius schmunzelte bei diesem Gedanken. Die rothaarige Schönheit war die Einzige gewesen, die James je in den Griff bekommen hatte. Zwar hatte auch sie ihn nicht ganz bändigen können, aber, wie sie ihm verraten hatte, war das auch nie ihre Absicht gewesen, schließlich hatte sie sich letztendlich doch in den mutigen, wilden Abenteurer verliebt, doch durch Lily war er sanfter geworden, erst recht, als dann Harry zur Welt gekommen war. Ihn und seine Frau hatte James beschützen wollen, genauso, wie er es letztendlich getan hatte, auch wenn es sein Leben gefordert hatte. Harry sah sich derweil staunend in dem großen hellen Zimmer um. Er hätte das Zimmer in jedem Fall gemocht. Es wäre sowieso alles besser gewesen, als in einem kleinen Schrank unter der Treppe aufzuwachsen. Nach einer Weile trat er dann lächelnd auf den Flur hinaus und sah Sirius fragend an, der gegen die Wand gelehnt gegenüber seiner Zimmertür stand. „Was sind das andere für Zimmer?“ erkundigte er sich dann und besah sich die geschlossenen Türen. Sirius stieß sich von der Wand ab. „Glaubst du denn, du hättest Einzelkind bleiben sollen?“ Sofort verschwand Harrys glückliches Lächeln. Er hatte sich so oft ausgemalt, wie sein Leben hier hätte verlaufen können, dass er glatt vergessen hatte, dass auch die Familienplanung seiner Eltern wohlmöglich gar nicht abgeschlossen gewesen war. Ein beklemmendes Gefühl beschlich ihn und er spürte grenzenlose Trauer in sich aufsteigen. Seine Eltern waren eigentlich so jung gewesen, als sie sterben mussten. Aber er wusste auch, dass sie sich ganz bewusst dafür entschieden hatten, gegen Voldemort zu kämpfen und tief in seinem Inneren wusste er auch, dass diese Entscheidung richtig gewesen war, auch mit einem solchen Ende für die beiden und für Sirius, der sein halbes Leben in Askaban verbracht hatte. Sirius öffnete eine weitere Tür und ließ Harry den Vortritt. Darin stand ein riesiges Ehebett und ein kleines Babybettchen. Harry schluckte und ihm stiegen die Tränen in die Augen. Hier war es passiert. Hier hatte seine Mutter den Tod gefunden, während sie ihn, ihren Sohn, beschützt hatte. Hier hatte Sirius den kleinen Harry gefunden, neben ihm die Leiche von Lily, die Voldemort von ihm heruntergezerrt hatte, schließlich musste er irgendwie an das Baby herankommen. Sirius hatte den schreienden Harry aus seiner Wiege gehoben. Alle Gefühle hatte er aus seinem Verstand gesperrt, er hatte nur noch mechanisch gehandelt. Zunächst hatte er Harry getröstet, dann hatte er ihn frisch gewickelt, ein paar Babysachen eingepackt, da er ihn mit sich nehmen wollte, mit sich nehmen musste, schließlich war er sein Pate und nun Vormund. Dann hatte er den mittlerweile wieder schlafenden Harry an seine Schulter gelegt, hatte Lily einen letzten Blick zugeworfen, dann war er zur Treppe gegangen, auf der er schon zuvor über die Leiche seines besten Freundes gestiegen war. Remus war schon am Fuß der Treppe umgekehrt. Es war einfach zu viel gewesen, James dort gekrümmt liegen zu sehen, die leeren Augen, die sie anklagend angestarrt hatten, und zu wissen, dass er nie wieder aufstehen würde, nie wieder verschmitzt lachen würde, so wie er es immer nach einem Streich getan hatte. Sirius hatte Remus bedeutet, draußen zu warten. Remus hatte die Befürchtung gehegt, dass Sirius ihn nun für einen Feigling halten würde, doch als dieser dann mit Harry aus dem Haus gekommen war, hatte ein Blick genügt, um zu wissen, dass dem nicht so war. Auch Sirius hatte es schwer zugesetzt, seine Freunde so zu sehen. Er hatte nur daran gedacht, nach dem Baby zu sehen, zu sehen, ob Harry noch lebte, und dem war ja auch so gewesen. Sirius hatte tröstend einen Arm um Remus gelegt und ihn nah zu sich herangezogen, ihn beruhigend geküsst. Dann war Hagrid mit Hilfe eines Portschlüssels aufgetaucht und hatte Sirius einen Brief von Dumbledore überreicht. Sirius, ich weiß, dass du Harrys Pate bist und du ihn gerne bei euch wohnen lassen würdest. Aber du weißt auch von dem starken Blutzauber, der Harry nur bei seiner Muggelverwandtschaft schützen kann. Deshalb habe ich Hagrid geschickt. Er wird den Jungen hierher bringen. Sirius hatte Remus kurz angesehen, dem die Tränen über die Wangen flossen. Dann hatte er Harry kurz ins Gesicht gesehen und zum ersten Mal die Fluchnarbe entdeckt. Kurz hatte er dem Baby über den Kopf gestrichen, bevor er ihn Hagrid ausgehändigt hatte. „Aber nimm mein Motorrad. Remus und ich können apparieren,“ hatte er zu Hagrid gesagt. Dann hatten die beiden dabei zugesehen, wie Hagrid mit dem kleinen Bündel Leben davongeflogen war, danach waren sie gemeinsam zu ihrer Wohnung appariert. Harry konnte es nicht fassen, dass er nun hier stand, an dem Ort, an dem seine Mutter den Tod gefunden hatte. Abermals hörte er ihre Schreie in seinem Kopf, die er damals gehört hatte, als er den Patronus geübt hatte. Es ging ihm nun ähnlich, wie Remus damals: es war ihm einfach zu viel. Er legte seine Hände auf seine Katzenohren, um die Schreie auszuschließen, die Tränen liefen ihm unaufhaltsam über die Wangen, er drehte sich um und stürmte an Sirius vorbei, die Treppen hinunter und raus aus dem Haus. Erst davor kam er zum Stehen und starrte auf das wild peitschende Meer hinaus. Dann besah er sich das saftige Grün der Wiese unter seinen Füßen und ließ die Schultern hängen. Genauso, wie das Gras hier einfach wieder weiterwuchs, würde auch er weiter leben. Er fragte sich, weshalb Sirius und Remus ihn überhaupt hierher geführt hatten. „Das ist dein letztes Erbe, Harry“, erklärte Remus nun hinter ihm, als hätte er seine Gedanken gelesen. „Du bist jetzt volljährig“, fügte Sirius hinzu. „Es ist dein Haus.“ Harry wischte sich die Tränen weg und sah Sirius an, der ihn schmerzlich anlächelte. „Was ist mit deinem Haus?“ Sirius zog eine Augenbraue hoch. „Was soll damit sein? Ich kann schlecht von dir verlangen, zu mir zu ziehen, nur weil mir gelegentlich die Decke auf den Kopf fällt und mir langweilig ist. Du bist volljährig und damit erwachsen. Du bist frei und niemandem Rechenschaft schuldig, Harry.“ „Und wenn ich trotzdem bei dir leben möchte?“ fragte Harry und sah seinen Paten bittend an. Sirius lächelte leicht. Er hatte gehofft, dass Harry zu ihm ziehen wollte. Der Schwarzhaarige betrachtete den Schüler. „Du solltest dir aber im Klaren sein, dass ich dann weiterhin ein Augen auf dich haben werde, egal, ob erwachsen, oder nicht.“ Harry erwiderte das Lächeln. „Schon klar und akzeptiert.“ Nach einem kurzen Abstecher zum Grab von Harrys Eltern, an dem er einen kleinen Strauß weißer Rosen ablegte, apparierten sie nun zum Grimauldplatz. ** Als sie die große Villa betraten, war niemand da. Harry hatte eigentlich erwartet, dass Ron ihm entgegengelaufen kam, dass alle Weasley anwesend sein würden, dazu noch Hermine, schließlich war heute doch sein Geburtstag. Doch es schienen noch nicht einmal andere Ordensmitglieder da zu sein. Remus zeigte Harry kurz sein neues Zimmer, das wesentlich größer war, als das, das er sich früher mit Ron geteilt hatte und das er nun alleine bewohnen konnte. Harry stellte fest, dass sein Gepäck bereits da war, sein Pate hatte wohl damit gerechnet, oder zumindest die Hoffnung gehegt, dass Harry zu ihm ziehen würde. Gemeinsam gingen sie dann in die große Küche hinunter. „Wo sind denn die anderen?“ wollte er von seinem Paten wissen. Dieser lächelte. „Die kommen heute Abend, keine Sorge, du bekommst noch deine Party. Aber wir haben uns gedacht, dass wir bis dahin eine kleine Familienfeier zu dritt abhalten.“ Harry erwiderte das Lächeln. „Familienfeier, wie?“ „Sirius hat extra eine Torte gebacken. Auf Muggelart, weil das mehr Spaß macht, wie er sagt“, erklärte Remus grinsend und stellte erwähnten Kuchen auf den Küchentisch. „Herzlichen Glückwunsch, Harry.“ „Naja, Remus hat mir geholfen. Eigentlich hab ich zwei linke Hände.“ Sirius deckte den Tisch für drei Personen und setzte sich dann hin. „Von mir auch ein Happy Birthday.“ Sirius sah zu seinem Patenkind hoch. Remus schnitt den Kuchen und verteilte die Stücke. „Hab ich dir je von Sirius’ erstem selbstgebackenem Kuchen erzählt, Harry?“ Der schüttelte den Kopf und musste grinsen, als Sirius die Augen verdrehte. „Erzähl nicht davon!“ bat Sirius seinen Freund wehleidig, doch Remus grinste nur, er kannte kein Erbarmen. „Du kennst doch Hagrids Kekse?“ Remus wartete erst gar nicht Harrys Nicken ab, der mittlerweile auch am Tisch saß. „Die sind nichts dagegen! An den Keksen kann man noch ein paar Krümel mit den Zähnen abkratzen, aber bei Sirius’ Kuchen war selbst das unmöglich, so hart war der.“ „Hey, ich war damals 16! Und hatte nie Muggelkunde!“ erwiderte Sirius. „Warum hast du dann nicht gezaubert?“ wollte Harry grinsend wissen. „Weil es etwas besonderes werden sollte“, erläuterte der Ältere und seine Augen funkelten begeistert auf. Remus lachte. „Oh ja, es war etwas besonderes! James hat ihn aus dem Fenster geworfen, du weißt schon, aus dem Schlafsaal im Gryffindorturm. Selbst das hat er überstanden!“ Harry lachte nun ebenfalls, zumal sein Pate nun einen Schmollmund zog und beleidigt tat. Der Junge tat sich etwas von dem Kuchen auf die Gabel und aß das Stück. „Schmeckt lecker!“ kommentierte er, doch dann fiel ihm etwas ein. „Hast du die Kuchen, die du mir geschickt hast, damit ich wegen Dudleys Diäten nicht verhungere, auch selbst gebacken?“ erkundigte er sich und musterte seinen Paten. Der nickte bestätigend. „Remus hat mir ja immer geholfen und mittlerweile habe ich auch etwas Übung.“ Sirius zwinkerte leicht und Harry lächelte. „Übrigens, Draco hat mich zu sich eingeladen.“ Er musste die lockere Stimmung ausnutzen. Vielleicht war mit Sirius besser zu reden, wenn er gemütlich saß und Kuchen aß. Sirius zog beide Augenbrauen zusammen. „Ich möchte nicht, dass du dorthin gehst. Das ist viel zu gefährlich. Du weißt, dass seine Eltern beide Todesser sind und er ist das wahrscheinlich auch. Du würdest ihm in die Falle tappen.“ Harry nickte leicht. Das hatte er schon erwartet. „Und wenn wir uns in der Winkelgasse treffen?“ schlug er daher vor. Sirius und Remus tauschten Blicke aus. Remus war sofort klar, was Sirius dachte. „Ich möchte nicht, dass du dich überhaupt mit ihm triffst. Es ist schon schlimm genug, dass ihr jetzt befreundet seid“, erklärte Sirius mürrisch und bestätigte somit Remus’ Vermutungen. „Du kannst es ihm nicht verbieten“, wandte der Brünette daher ein, noch bevor Harry etwas erwidern konnte. Sirius sah seinen Freund verstimmt an. „Du kennst Lucius und Narzissa.“ „Außerdem: Auf welcher Seite stehst du eigentlich?“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Natürlich kenne ich die beiden. Und mir ist durchaus bewusst, dass die beiden Todesser sind und es nicht auszuschließen ist, dass Draco in die Fußstapfen seiner Eltern tritt. Aber er ist nun mal nicht Lucius. Vielleicht will er mit all dem nichts zu tun haben“, erklärte Remus. Sirius hob eine Augenbraue. „Du weißt genau, dass das sein Todesurteil wäre.“ „Er ist erwachsen, Sirius. Und er wäre nicht der Erste, der Voldemort den Dienst verweigert“, meinte der Werwolf ruhig. „Und wie viele von diesen Verweigerern leben noch?“ hakte Sirius nach und starrte Remus dabei über den Tisch hinweg an. Harry hingegen hielt sich im Hintergrund und verfolgte das Gespräch gespannt. Remus sah betreten auf den Tisch. Beide wussten, dass es keiner überlebt hatte, wenn sie ernsthaft die Seiten gewechselt hatten. Sirius sah den Brünetten weiterhin schweigend an, doch er erhielt keine Antwort. Dann wandte er sich an Harry. „Ich kann es dir natürlich nicht verbieten, wenn du dich unbedingt mit ihm treffen willst. Auch wenn mir alles andere als Wohl bei dem Gedanken ist. Und du musst dir im Klaren darüber sein, dass du auf dich aufpassen musst.“ Harry nickte artig. Das war ihm schon seit einiger Zeit bewusst. Er konnte im Grunde niemandem trauen, außer sich selbst. Und noch ein paar Leuten, für die er seine Hand ins sprichwörtliche Feuer legen würde. Dazu zählten nun mal Sirius und Remus, Ron und Hermine. Doch sollte er auch Draco dazuzählen? Der Schwarzhaarige dachte flüchtig an das Gespräch zwischen Draco und dem Inhaber von Borgin & Burkes, das er belauscht hatte. Er hatte noch immer nicht herausfinden können, worum es sich dabei gehandelt hatte. Aber er dachte auch an Dracos Gefühle für ihn und seinen Patronus, der eindeutiger nicht sein konnte. „Was macht dich so sicher, dass Draco dich nicht verrät?“ Remus hatte den Jungen eingehend beobachtet und er hegte die Vermutung, dass Harry einen triftigen Grund hatte, Draco zu vertrauen. Harry wurde etwas rot um die Nase. Um dies zu vertuschen, senkte er seinen Blick auf seine Hände, die unruhig in seinem Schoß lagen und die er ausgiebig knetete. Remus beobachtete ihn weiterhin interessiert. Weder die neue Gesichtsfarbe, noch das unbehagliche Zucken von Harrys Katzenohren war ihm daher entgangen. Ebenso wenig, wie der innere Kampf, den Harry mit sich austrug. Der rang mit sich selbst. Wie gerne würde er mit den beiden über Draco, dessen Gefühle zu ihm und seine eigenen Gefühle gegenüber dem Slytherin reden, doch er war unsicher, gerade, was Sirius anging. Er konnte die neugierigen Blicke von Sirius, der nun auch bemerkt hatte, dass sein Patensohn etwas verschwieg, als auch die abwartenden Blicke Remus’ auf sich spüren. „Er liebt mich“, flüsterte er kaum hörbar und hatte selbst nicht einmal bemerkt, dass seine Lippen sich geteilt hatten, um zu sprechen. Erst als es raus war, wurde er sich bewusst, dass er es laut gesagt hatte. Bereuend biss er sich auf die Unterlippe, so dass es schon schmerzte. Sirius sog überrascht die Luft ein. Auch Remus zog die Augenbrauen hoch. „Was macht dich so sicher?“ Harry zögerte, konnte den beiden noch immer nicht in die Augen sehen. „Sein Patronus...“ Kurz zögerte er. „Ist ein Kätzchen.“ Sirius und Remus sahen sich an. Beide wussten nur zu gut, was das bedeutete. „Und was empfindest du für ihn?“ hakte Remus nach. „Ich ... mag ihn.“ Unsicher richtete Harry seinen Blick auf Remus. „Es ... ist schwer zu beschreiben. Es ist anders, als mit Hemine oder Ron.“ Remus lächelte sanft, doch Sirius stöhnte auf und rollte die Augen. „Jetzt verliebst du dich einmal und dann ausgerechnet in diesen ... diesen ...“ Er schien kein passendes Wort dafür zu finden, wie er Malfoy umschreiben konnte, doch er hatte die Hände zu Fäusten geballt und sein Gesicht war vor Wut verzerrt. Harry fühlte sich nach dieser Reaktion seines Paten sichtbar unbehaglich. Remus beugte sich zu seinem Freund hinüber und legte ihm beruhigend eine Hand auf den Unterarm. „Du weißt genauso gut wie ich, dass man es sich nicht aussuchen kann, in wen man sich verliebt“, versuchte er Sirius zu beschwichtigen. Dieser wandte ihm leicht angesäuert den Kopf zu und zog beide Augenbrauen hoch. Doch bevor er etwas erwidern konnte, fuhr Remus fort: „Du hast dich schließlich auch in mich verliebt, obwohl du wusstest, dass ich dir gefährlich werden kann, obwohl es damals keinen Wolfsbanntrank gab, aber dir war das egal. Im Gegenteil, je gefährlicher, umso besser.“ Es hatte mal eine Phase gegeben, in der Remus sich tatsächlich gefragt hatte, ob Sirius ihn nur deshalb liebte. Weil er ein Werwolf war, weil er gefährlich war, weil Sirius das Risiko liebte. Doch der Brünette liebte Sirius seinerseits so sehr, dass er selbst das akzeptieren würde, denn er wollte Sirius in keinem Fall verlieren. Sirius hob eine Hand und strich Remus damit zärtlich über die Wange. „Du kannst nichts dafür, dass du ein Werwolf bist“, erklärte er in milder Tonlage. Dann richtete er seinen Blick wieder auf Harry. „Im Gegensatz zu Malfoy. Der ist freiwillig Todesser.“ „Er ist kein Todesser!“ Harrys Stimme bebte vor Wut und er hatte Mühe, sich zu beherrschen. „Ich habe nie das dunkle Mal bei ihm gesehen!“ Wieso konnte Sirius nicht seine Vorurteile beiseite schieben? Draco war schließlich nicht sein Vater! „Das kann man verbergen“, grummelte Sirius. Jetzt reichte es! Harry sprang auf. „Er liebt mich und würde mir nie etwas antun!“ Er stürmte aus der Küche und rannte zu seinem neuen Zimmer. Dort griff er nach seinem Besen, um auf dem riesigen Dachboden, dort, wo Seidenschnabel noch vor kurzem gehaust hatte, ein paar wütende Runden zu drehen. Die Luft stand praktisch in dem Raum, doch Harry hatte ein hohes Tempo, so dass auch diese Luft es vermochte, ihm um die Ohren zu sausen. So hatte er sich seinen Geburtstag sicherlich nicht vorgestellt. Und zwar ganz und gar nicht. Nicht mit einem Streit. Er fühlte sich allein gelassen. Alleine mit seinen Gefühlen, die ihn in gewisser Weise belasteten. Denn er konnte es Draco nicht einfach so sagen, was er erst mit Remus’ Hilfe realisiert hatte. Die Erkenntnis war auf ihn eingestürmt wie ein schwerer Orkan. Und er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Stattdessen hatte er sich mit Sirius gestritten, von dem er sich mehr Verständnis und Hilfe erhofft hätte. Remus hatte zwar versucht, seinen Paten zu beruhigen, doch er hatte zu dem Werwolf nie ein so enges Verhältnis aufgebaut, wie zu Sirius. Sirius stand seinem Herzen einfach näher, das Letzte, was er wollte, war ein Streit mit diesem, erst recht nicht an seinem Geburtstag. Abrupt blieb Harry mitten in der Luft stehen. Seine Ohren zuckten vor Aufregung. Während seine Gedanken Purzelbäume geschlagen hatten, sich einander in seinem Kopf gejagt hatten, er einfach nur keine Ahnung hatte, wie es weiter gehen sollte, hatte sich eine Frage ganz plötzlich wie ein aus dem Nichts erscheinender weißer Blitz an die Oberflächen seiner Gedanken gesetzt und er war fassungslos darüber, dass er es in der kurzen Zeit vergessen hatte. Was hatte damals das alte Black-Haus zum Beben gebracht? Er stand in der Luft und zermaterte sich den Kopf, weshalb er daran nicht mehr gedacht hatte, aber eine Sekunde später stürzte er von der Decke etliche Meter dem Boden entgegen. Schlitternd landete er am Boden, stieg hastig von seinem Besen und rannte dann die enge schwarze Treppe mehrere Stockwerke hinab. Als er unten in der Küche ankam, war nur noch Remus dort, saß am Küchentisch und blickte nun neugierig und überrascht von den Pergamenten in seiner Hand auf. „Wo ist Sirius?“ keuchte Harry atemlos. Remus öffnete den Mund, um ihm zu antworten, doch er kam nicht mehr dazu. „Hier bin ich.“ Sirius trat aus der Speisekammer in die Küche, zwei Bierflaschen in der Hand. Er musterte sein Patenkind. „Ich dachte, du wärst sauer auf mich. Ich habe ehrlich gesagt erwartet, dass du eine Weile nicht mehr mit mir sprichst.“ Harry sah stumm dabei zu, wie Sirius sich Remus gegenüber wieder an den Tisch setzte, die beiden Flaschen öffnete und eine davon zu Remus hinüber schob. „Wieso hat das Haus gebebt?“ stieß Harry dann hervor, den Feuerblitz noch immer in der Hand. „Ah, ich dachte schon, du fragst gar nicht mehr.“ Sirius sah von seinem Platz zu Harry hoch und grinste. Dann stand er wieder auf. „Am Besten, ich zeige es dir. Remus?“ Der nickte nur und winkte die beiden fort. Er würde die Gäste schon empfangen, sobald sie eintrafen. Harry lehnte schnell seinen Besen an den Küchentisch und beeilte sich dann, Sirius zu folgen. Während er dessen Rücken betrachtete, schossen Harry noch einmal alle möglichen und unmöglichen Gründe durch den Kopf, die diese Auswirkung auf das Haus gehabt haben konnten, die er aber alle damals schon mit Ron und Hermine diskutiert und wieder verworfen hatte. Sirius führte ihn zu einer glatten Wand, tippte kurz mit dem Zauberstab dagegen und murmelte etwas für Harry unverständliches vor sich hin. Zu seiner Überraschung glitt die Wand vor seinen Augen auseinander. Dann folgte er Sirius weiter in die Dunkelheit, die aber nicht lange andauerte, da Sirius mit einem Schlenker seiner Zauberstabes die Fackeln entzündete, die in gewissen Abständen zu beiden Seiten des Ganges an den Wänden hingen. „Ich habe vorher nie gewusst, dass es diesen Gang oder die Treppe überhaupt in diesem Haus gibt“, ergriff nun Sirius das Wort und Harry folgte ihm schweigend eine Treppe hinunter. „Obwohl man meinen sollte, man müsste sein eigenes Elternhaus in und auswendig kennen. Ich nehme an, da kenne ich Hogwarts besser.“ Harry dachte flüchtig daran, dass der Raum der Wünsche nicht auf der Karte der Rumtreiber verzeichnet war, doch er hatte keine Lust, Sirius darauf aufmerksam zu machen. Nach einer scheinbaren Ewigkeit gelangten sie in eine kleinere unterirdische Felsenhalle. Sirius wandte sich nach rechts, und Harry fragte sich kurz, was die Schwärze verbarg, die in dem Tunnel lag, der noch geradeaus weiterging. Sein Pate sah ihn abwartend an. Als Harry sich ihm wieder zukehrte, konnte er erkennen, dass Sirius mit verschränkten Armen neben einer Glasvitrine stand. Er trat näher heran, um die verschiedenen Gegenstände, die darin verborgen waren, anzusehen. Überrascht zog er die Luft ein. Vor ihm lag das echte Medaillon von Slytherin, daneben der Kelch von Hufflepuff, beide zerstört, und natürlich der Ring, den Dumbledore zuvor schon zerstört hatte. „Dumbledore hat mich eingeweiht“, erklärte Sirius leise. Harry sah Sirius abwartend an. “Das Haus hat gebebt, weil sich der Durchgang zu dieser geheimen Kammer geöffnet hat. Regulus hatte hier Hinweise auf die verschiedenen Horkruxe, die er gefunden hatte, hinterlegt. Da jemand den falschen Horkrux entwendet hat, hat sich eine Art Mechanismus in Gang gesetzt, der den Durchgang geöffnet hat. Er ist vermutlich davon ausgegangen, dass nur Voldemort die Horkruxe zurückholen würde und er dachte, dass ich dann hier sein würde und seine Hinweise verstehen würde, um die Horkruxe zu finden und zu zerstören. Mit meiner Hilfe hat Dumbledore die Nachrichten entschlüsselt und wir haben gemeinsam die neuen Verstecke, an denen Regulus die Horkruxe erneut versteckt hielt, aufgesucht und die Horkruxe mit dem Schwert von Godric Gryffindor zerstört. Das Basiliskengift ist eines der wenigen Dingen, die einen Horkrux zerstören kann. Als du damals mit dem Schwert gegen den Basilisken gekämpft hast, hat das Schwert die Kraft des Giftes in sich aufgenommen. Deshalb konnte es die Horkruxe zerstören. Wie du siehst, haben wir allerdings nur diese drei ausfindig machen können. Mein Bruder hat einige Überlegungen angestellt, die denen von Dumbledore sehr nahe kommen. In seinen Aufzeichnungen, die er hier gelassen hat, vermutete er, dass einer der übrigen Horkruxe Ravenclaws Diadem sein könnte und das weitere ein Artefakt Gryffindors. Aber mehr als Vermutungen konnte er keine anstellen.“ „Die beiden übrigen müssen wir also selbst suchen.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Und Nagini blieb natürlich auch noch. Sirius antwortete nicht, sondern beide musterten eine Weile schweigend die Gegenstände. Nach einer Weile räusperte Sirius sich. „Wir sollten wieder nach oben. Die Gäste kommen gleich.“ Harry nickte abwesend, brauchte aber noch einen Augenblick, um sich von dem Anblick loszureißen. Gemeinsam machten sie sich dann auf den Weg zurück. „Reg hat auch Vermutungen über das Tagebuch angestellt. Er wusste, dass Malfoy und unsere werte Cousine Bellatrix Voldemorts engste Vertrauten waren. Da er den Becher von Hufflepuff bei Bellatrix gefunden und ihr im Gegenzug ein Duplikat hinterlassen hatte, lag die Vermutung nahe, dass auch Malfoy einen dieser Gegenstände verwahrte. Wie wir heute wissen, stimmt das sogar“, erklärte Sirius über seine Schulter, da er wieder vor Harry ging, obwohl Treppe und Gang breit genug gewesen wären, dass sie beide hätten nebeneinander gehen können. Doch Harry war froh, dass dem nicht so war, so konnte er mit einem Ohr zuhören und es fiel nicht so sehr auf, dass er mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt war. Da Malfoy offensichtlich einen wirklich sehr hohen Posten unter den Gefolgsleuten des Dunklen Lords einnahm, da er ja sogar einen Horkrux verwahrt hatte, kamen Harry nun plötzlich wieder Zweifel daran, dass Draco es wirklich ernst mit ihm meinte und dass er vielleicht doch ebenfalls ein Todesser war. Er war froh, dass Sirius nun bei dieser Gelegenheit nicht noch einmal dieses Thema anschnitt. Der Junge war sich sicher gewesen, dass Dracos Patronus seine Gefühle für ihn offenbarten, doch konnte er es nicht von der Hand weisen, dass er manchmal starke Zweifel hegte. Und er befürchtete, durch seine eigenen Gefühle den Blick für die Wahrheit zu verlieren. Als er nun jedoch durch die Wand im Eingangsbereich trat, in den Teil des Hauses, der ihm schon bekannt war, wurde er schnell auf andere Gedanken gebracht, denn sofort stürzte sich jemand auf ihn und drückte ihn fest an sich. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Harry!“ Hermine verstärkte kurz ihre Umarmung, bevor sie ihn losließ. Ron lachte herzlich über den überrumpelten Gesichtsausdruck, der zum Vorschein kam, als Hermine sich von Harry löste. „Endlich volljährig, Mann!“ Ron klopfte ihm kräftig auf die Schulter und erntete ein Lächeln von Harry. Sofort wurde er in die volle Küche gezogen, in der der halbe Orden des Phönix anwesend war: die komplette Familie Weasley, natürlich ohne Percy, Tonks, Fleur und Hagrid und zu seiner Überraschung auch Neville mit seiner Großmutter, Seamus und Luna. Harry freute sich, dass sie alle da waren. Doch er spürte, dass er jemanden vermisste. Draco. Kapitel 6: Das Ritual --------------------- Hallo! *wink* Eigentlich sollte dieses Kap pünktlich zum einjährigen Jubiläum von Kätzchen online gehen - es war auch fertig. Ich hatte nur ca drei Wochen lang kein Internet -_- Ich möchte mich jedenfalls bei allen Lesern bedanken, besonders denjenigen, die von Anfang an dabei sind. Ich weiß, sechs Kaps in einem Jahr erscheinen wenig - aber dafür sind sie ellenlang - und rauben mir so manchen Schlaf^^° nya, dafür, dass es eigentlich eine One-Shot war, ist die Bilanz doch großartig^^ genug der (Vor-)Worte^^ 6. Das Ritual Harry tippte mit seinem Zauberstab auf die rote Backsteinmauer. Gerade eben hatte er sich von Tom, dem Wirt des Tropfenden Kessels, losreißen können, der ihm den neuesten Klatsch aus der Zaubererwelt aufgedrängt hatte. Das wirklich Interessante, nämlich alle Neuigkeiten über Voldemort und seine Aktivitäten, die ganzen seltsamen, unerklärlichen Vorfälle in der Muggel-Welt, die wusste er natürlich von den anderen Mitgliedern des Ordens des Phönix, denn der Tagesprophet durfte ja nichts darüber schreiben, und sicher wäre es auch für Tom viel zu gefährlich, sich über so etwas zu unterhalten, weshalb er es vermutlich auch unterlassen hatte. Die hohe Mauer vor im teilte sich, wie üblich, doch die Winkelgasse war eher trostlos anzusehen. Viele Fenster der Geschäfte waren zugenagelt und Harry vermutete, dass die dort einst tätigen Zauberer entweder vor Voldemort auf der Flucht waren, oder dass sie von einem Todesser, wobei auch immer, erwischt und kaltgestellt worden waren. Es waren auch weniger Leute unterwegs, als sonst. Harry hatte einige Vorkehrungen getroffen, bevor er hierher aufgebrochen war. Zum einen hatte er sämtliche Verbergungszauber erlernt, zum anderen hatte er seine Haare hüftlang wachsen lassen, um die spitzen Ohren zu verbergen, einen Unsichtbarkeitszauber über seine Narbe gelegt und sich einen Kinnbart angezaubert. Außerdem hatte er einen schwarzen Umhang von Sirius an, der ihm auf Grund des Größenunterschiedes bis zu den Knöcheln reichte und ihn so fast vollkommen verhüllte, auch seinen Katzenschwanz. Alles in allem sah er aus, wie eine jüngere, wildere Version von Sirius, bis auf die Farbe seiner Augen und die Brille, der Remus eine andere Form und Farbe verpasst hatte. Er war nicht mehr so schnell zu erkennen, doch er fühlte sich auch nicht unbedingt wohl in seiner Haut. Als er nun an den Läden vorüber ging, war er sehr viel aufmerksamer, als früher. Es war gefährlich für ihn, alleine in der Öffentlichkeit umherzuwandern und er war sich dessen bewusst, doch er hatte darauf bestanden. Er beobachtete sehr genau die Zauberer in seinem Umfeld, doch die würdigten ihn keines Blickes und rauschten einfach an ihm vorbei. Zunächst wollte er seine neuen Schulbücher besorgen, doch seine Aufmerksamkeit wurde von einer Traube Jugendlicher vor einem Schaufenster angezogen und er fühlte sich in die Sommerferien vor seinem dritten Schuljahr zurückversetzt, denn ihm wurde gleich, nachdem er herangetreten war, klar, dass es wohl wieder um den neuesten Rennbesen ging. Geduldig wartete er ab, bis die Betrachter sich zurückzogen, bevor er dann an die Scheibe vortrat und den neuen Besen betrachtete. Als Fachmann konnte er natürlich fast sofort die Verbesserungen gegenüber seinem Feuerblitz entdecken. Er ließ seinen kundigen Blick über den schmalen Stiel aus hellem Holz gleiten, über den akkurat verwendeten Reisig des Schweifes bis hin zu dem goldenen Schildchen, das genau die gleichen Worte beinhaltete, wie vor so vielen Jahren: Preis auf Anfrage. Er runzelte die Stirn, vermutlich war es Strategie, die Leute in den Laden zu locken, damit sie, wenn der Preis doch zu hoch für sie war, wenigstens einen anderen Besen kaufen würden, anstatt sich einfach nur genervt vom Schaufenster abzuwenden und ihrer Wege zu gehen. Während er den Besen sehr genau begutachtete, bemerkte er zu spät, dass jemand hinter ihn getreten war. Erst als er die unmittelbare Präsenz hinter sich spürte, spannten sich seine Sinne. Doch es wäre möglicherweise übereilt, nach dem Zauberstab zu greifen und seinem Hintermann einen Fluch auf den Hals zu hetzen. Wahrscheinlich war es nur jemand, der auch den Besen betrachten wollte und einfach nur sehr nah an ihn herangetreten war, um eine bessere Sicht zu haben. Doch schon eine Sekunde später spürte er, dass dem vielleicht doch nicht so war und er zuckte zusammen, als sich eine Hand an seine Hüfte legte. Er getraute sich nicht, sich umzudrehen, verkrampfte sich ein wenig und sein Herzschlag setzte aus. „Ein schöner Besen, nicht wahr?“ hauchte eine raue Stimme in sein Ohr. Als Harry die Stimme erkannte, lief ihm ein heißer Schauer über den Rücken und sein Herz schlug einen Trommelwirbel. Harry hob den Blick und konnte Dracos grinsendes Gesicht in der Spiegelung des Schaufensters erkennen. „Erschreck mich doch nicht so!“ zischte Harry gefährlich. Dracos Grinsen wandelte sich in ein ehrliches Lächeln um und er zog Harry etwas näher zu sich und war erstaunt, als dieser sich tatsächlich an ihn lehnte und das Lächeln mild erwiderte. Harry musterte Draco noch immer in der Spiegelung. „Wie hast du mich erkannt?“ fragte er argwöhnisch, doch Draco lächelte nur. „Dich würde ich unter tausend Verkleidungen wiedererkennen,“ entgegnete der Blonde weiterhin lächelnd. Sie beobachteten sich eine Weile schweigend gegenseitig in der Spiegelung, wie sie so hintereinander standen, Draco eine Hand leicht auf Harrys Hüfte gelegt. Schließlich wandte Harry den Blick ab und ließ ihn wieder durch das Fenster zu dem Besen gleiten und Draco tat es ihm gleich, als er merkte, dass er nicht mehr Harrys Aufmerksamkeit hatte. „Ich wollte dir sowieso noch ein Geburtstagsgeschenk kaufen. Ich könnte dir den Besen...“ Weiter kam Draco nicht, denn Harry schüttelte sofort den Kopf und unterbracht ihn. „Das könnte ich doch nicht annehmen! Der ist doch viel zu teuer!“ Harry sah ihn in der Spiegelung leicht vorwurfsvoll an. Draco drehte den Schwarzhaarigen in seinen Armen nun zu sich um. „Harry,“ begann er sehr ernst. „Ich habe dieses Geld.“ Er hob eine Hand, um Harry zu bedeuten, nichts zu sagen, denn der hatte schon den Mund geöffnet, um Draco darauf hinzuweisen, dass das kein Grund war. „Es ist besser, wenn ich das Geld für dich ausgebe. Selbst auf die Gefahr hin, dass Gryffindor dann wieder Slytherin schlägt und den Pokal gewinnt. Aber ich würde es nicht ertragen, wenn meine Eltern genau dieses Geld dem Dunklen Lord in den Rachen werfen würden.“ Draco hielt dem überraschten Blick aus grünen Augen stand. Harry war irritiert und daher sprachlos, konnte aber in Dracos Gesicht ablesen, dass es ihm wirklich sehr ernst war. Er wandte den Blick von seinem Gegenüber ab und war erleichtert, dass niemand in der Nähe war, der Draco gehört haben konnte. Ihm war etwas unbehaglich zumute. Er konnte ein solches Geschenk in keinem Fall annehmen, denn dann hätte er das Gefühl, Draco etwas ähnlich wertvolles zurückschenken zu müssen, und sein Vermögen war nun mal nicht so groß. In Gedanken ging er andere mögliche Gründe durch, Dracos Angebot abzulehnen. Diese verwarf er allerdings allesamt sehr rasch, bis ihm etwas einfiel. „Ich hänge nun mal an meinem Feuerblitz.“ Er sah Draco fest in die Augen. „Er ist das erste Geschenk von Si ... meinem Paten. Er war ja lange Zeit ... weg.“ „Wir haben schon viel zusammen durchgemacht, der Feuerblitz und ich,“ fügte Harry hinzu und hätte sich fast im gleichen Moment, da er es gesagt hatte, selbst die Zunge abgebissen. Verlegen wandte er den Blick von Draco ab. Wie kindisch war das denn? Wie mädchenhaft? Er spürte seine heißen Wangen und wäre am liebsten im Erdboden versunken. Weshalb tat sich nicht die Erde auf, wenn man es brauchte? Draco betrachtete Harry nur stumm, ergriff aber dessen Arm, als der sich hastig umwenden wollte, so dass dieser stehen bleiben musste, doch Harry zog es vor, ihn nicht anzusehen. „Ich verstehe dich,“ meinte er schlicht. Harry sah sich ungläubig nach dem großen Slytherin um. Er verstand ihn? Zaghaft musterte er seinen ehemaligen Feind, doch er konnte keinen Spott und keine Häme in seinem Gesicht, in seinen Augen erkennen. Nur Zärtlichkeit und Liebe war in diesen sturmgrauen Augen zu lesen. Harry nickte schüchtern, wandte sich dann dennoch um. „Lass uns zuerst die Bücher kaufen.“ Nachdem sie den halben Tag in der Winkelgasse verbracht hatten, beschlossen sie, sich Muggellondon anzusehen. Harry war etwas überrascht über Dracos plötzliche Neugier den Muggeln gegenüber, doch es freute ihn auch. Da Draco auch noch nie mit dem Fahrenden Ritter gereist war, fand er die Busfahrt und erst Recht die anschließende U-Bahnfahrt unter der Erdoberfläche sehr abenteuerlich. Zunächst wollte Harry Draco zum Essen, denn die Mittagszeit war schon längst um, in ein Restaurant einer bekannten Hamburgerkette mitnehmen, doch auf Grund des penetranten Fettgeruchs, der ihnen beim Eintreten entgegen schlug, machte Draco bereits auf der Türschwelle kehrt und verließ die Einrichtung augenblicklich. Harry sah ihm zunächst mehr als irritiert nach, bevor er dem Blonden hastig folgte. „Was ist denn los?“ Harry musterte Draco besorgt. Der zog die Augenbrauen zusammen. „Du erwartest doch nicht ernsthaft, dass ich in diesem Gestank etwas esse? Da dreht sich einem ja der Magen um!“ Harry grinste verständnisvoll. „Du hast recht, der Geruch ist nicht sehr angenehm. Und das Essen ist sowieso ungesund.“ Damit wandte er sich um und hielt nach einer anderen Gelegenheit Ausschau, um etwas zu essen. „Wie wäre es mit einem asiatischen Imbiss?“ wandte er sich schließlich wieder an seinen Begleiter. „Asiatisch? Hört sich gut an. Ich war schon öfter mit meinem Vater in Asien. China und Japan, Korea, Vietnam und Indien,“ erklärte Draco auf Harrys Blick hin. Der Schwarzhaarige steuerte den Asia-Imbiss an. „Du solltest nicht zu viel erwarten. Die meisten Asiaten haben ihr Essen an den europäischen Geschmack angepasst.“ „Das kann durchaus positiv sein,“ meinte Draco nur, während Harry schon ein Essen für sich bestellte. Da es Sommer war, nahmen sie sich das in Plastikschälchen verpackte Essen und die Cola-Dosen und schlenderten in einen nahegelegenen Park, in dem sie sich auf eine der Holzbänke niederließen und ihr Essen schließlich auspackten. Draco unterdessen beobachtete die verschiedenen Leute, die teils durch den Park schlenderten, oft mit Hunden, oder teils eher hetzten und wohl keine Zeit hatten und in der Nähe war ein Spielplatz, auf dem einige Kinder umhertollten. Es war seltsam, diese ganzen Muggel mit anzuschauen und sie konnten froh sein, dass Tom zugestimmt hatten, dass sie ihre Umhänge bei ihm in der Kneipe lassen durften, was es notwendig gemacht hatte, dass Harry seinen Katzenschwanz in der Hose versteckte. „Du scheinst neugieriger auf die Muggel zu sein, als du je zugeben würdest,“ stellte Harry schließlich fest und aß sein letztes Stück Ente. Draco wandte seine silbergrauen Augen auf Harry. „Eine interessante Spezies.“ Harry verdrehte nur die Augen. Sie saßen eine Weile stumm nebeneinander auf der Bank. Harry warf einen Blick auf seine Uhr. „Wir könnten ins Kino gehen.“ Draco warf ihm einen etwas skeptischen Blick zu. „Was ist das?“ „Wirst du dann sehen!“ grinste Harry. Er sprang auf und griff nach Dracos Hand, um ihn von der Bank hochzuziehen. Bei dieser Berührung überkam Harry eine Gänsehaut und ein Kribbeln breitete sich von seinen Fingerspitzen über seinen gesamten Körper aus. Doch es war keinesfalls unangenehm. Harry lief voraus und zerrte den Blonden in eine bestimmte Richtung hinter sich her. Mit einigen wenigen Schritten war Draco schnell neben ihm, doch die miteinander verschränkten Hände lösten sie nicht voneinander. Vor dem riesigen Kinokomplex hielt Harry an und studierte die Plakate. Auch Draco warf einen interessierten Blick darauf und wartete regelrecht darauf, dass die auf den Fotos abgebildeten Personen sich bewegen würden, doch in dieser Hinsicht wurde er enttäuscht, denn die Leute taten ihm diesen Gefallen nicht und die Fotos blieben starr. Nachdem Harry sich endlich für einen Film entschieden hatte, zog er Draco erneut mit sich, der sich das widerstandslos gefallen ließ. An der Kasse allerdings musste Harry Dracos Hand zu dessen Leidwesen loslassen, da er beide Hände benötigte, um in seinem Geldbeutel nach dem zuvor in Gringotts eingetauschten Muggelgeld zu kramen. Harry ging dem Slytherin mit den Karten voraus und drückte diese dann dem Kartenreißer in die Hand. Gemeinsam betraten sie wenig später den entsprechenden Kinosaal. Als sie schließlich auf ihren Plätzen saßen, erklärte Harry kurz, dass alles, was sie gleich sehen würden, nur gespielt, unecht und reine Fiktion war. Draco verfolgte Harrys Ausführungen aufmerksam und haderte der Dinge, die nun auf ihn zukommen würden. Jedenfalls machte ihn Harrys Begeisterung neugierig. Er war etwas irritiert, als kurz danach das Licht erlosch. Zunächst mussten sie die Werbung über sich ergehen lassen, doch hier bekam Draco schon einen kleinen Eindruck davon, was ungefähr ein Film war, bevor dieser dann endlich begann. Harry hatte einen Fantasy-Film ausgesucht. Dieser hatte natürlich auch komische Augenblicke, aber zu Harrys Leidwesen auch romantische Momente. Das behagte ihm mit Draco an seiner Seite nicht so, daher hatte er es eigentlich vermeiden wollen. Als dann der erste Drache auftauchte, warf er Draco einen flüchtigen Blick zu. Dieser hatte sich zwar während des Filmes mit allerhand Fantasie-Wesen – jedenfalls was das Wissen der Muggel darüber anging – konfrontiert gesehen, doch von diesen unechten Drachen war er schon irgendwie beeindruckt. Er wusste ja, dass Muggel weder Elfen noch Gnome geschweige denn Drachen kannten, doch man hätte fast meinen können, die Wesen wären echt. Aber eben nur fast. Draco besaß genug Erfahrung mit allerlei realen Drachen, Wassermenschen und Hauselfen, als dass er darauf hereinfallen würde, doch er musste zugeben, dass der Erfindungsreichtum der Muggel und ihre Darstellungsmöglichkeiten wirklich faszinierend waren. Er würde Harry darauf ansprechen müssen, doch momentan war er einfach zu gebannt von der großen Leinwand und der seltsam verworrenen Handlung, so dass er sein Vorhaben, in der Dunkelheit wieder Harrys Hand zu ergreifen, einfach vergessen hatte. Während sie nach dem Film den Kinosaal verließen, bemerkte Harry die schrägen Blicke, die ihm die anderen Leute zuwarfen und spürte dann einen kräftigen Griff um sein Handgelenk und wurde in eine dunkle Ecke gezogen, in der er sich mit einem gezückten Zauberstab konfrontiert sah. Er blinzelte irritiert, doch die silbergrauen Augen fixierten etwas oberhalb seines Kopfes. Draco schien seine Verwirrung zu bemerken und richtete seinen Blick auf Harrys Augen. „Man sieht deine Katzenohren,“ flüsterte er und wandte dann diesen wieder seine Aufmerksamkeit zu. Er sah sich flüchtig um, doch niemand schien ihnen Beachtung zu schenken, also murmelte einen Desillusionszauber über Harrys Ohren und steckte den Zauberstab wieder weg. Harry biss sich auf die Unterlippe. Es war wohl etwas naiv gewesen, zu glauben, lange Haare würden ausreichen, seine Katzenohren dauerhaft zu verdecken. Jedenfalls war er froh, dass die Katzenohren wenigstens zuvor unentdeckt gewesen waren. „Das war unvorsichtig, Harry.“ Dracos leise Stimme hatte einen tadelnden Unterton. „Die Muggel...“ „...werden mich für verrückt halten.“ Harry grinste schief. Das war ja schon fast normal für ihn. Auch in der Zaubererwelt gab es genug Leute, die ihn für absolut gestört hielten. „Sie werden einfach denken, ich hätte einen Haarreif mit Katzenohren aus Pappe aufgehabt. Sie haben nicht bemerkt, dass sie echt sind oder dass sie sich bewegen. Muggel finden für alles, was ihnen unbekannt ist, eine für sie plausible Erklärung oder auch Ausrede. Selbst wenn jemand gesehen hat, wie sie sich bewegt oder gezuckt haben, werden sie an eine Sinnestäuschung glauben oder denken, sie hätten sich geirrt.“ Harry schwieg, bis sie das Kino verlassen hatten. Es war ein milder Sommerabend und der Schwarzhaarige saugte die warme Luft tief in seine Lungen ein. Natürlich war es ein kleiner Schreck gewesen, dass plötzlich jeder Muggel seine Katzenohren gesehen hatte. Und auch, dass Draco den Zauberstab gegen ihn erhoben hatte. Kurz waren wieder Sirius’ Worte und seine eigenen Zweifel in ihm aufgeflackert. In Gedanken schimpfte er sich einen Narren. Er sollte Draco endlich vertrauen. Lächelnd wandte er sich zu dem Blonden. „Wie wäre es mit einem Eis?“ ** Harry biss sich auf die Unterlippe. Er war etwas nervös. Denn heute sollten sie in den Orden des Phönix aufgenommen werden. Ron, Hermine, Seamus, Neville, Ginny, Luna und er. Sirius hatte ihnen von einem Ritual erzählt. Natürlich hatte man ihnen erklärt, was sie tun sollten, aber er hatte etwas Angst, dass er was falsch machen würde, obwohl die Zeremonie keinen strengen Regeln unterworfen war. Aber er wollte sich nicht blamieren, vor all den anderen Mitgliedern. Sirius und Remus hatten den ganzen Tag den Zeremoniensaal vorbereitet, doch Harry durfte diesen noch nicht sehen. Er wusste noch nicht einmal genau, wo der sich überhaupt befand, welches Zimmer oder welchen Salon die beiden umfunktioniert hatten. Beide hatte er den ganzen Tag nur zum Essen zu Gesicht bekommen. Langsam wurde die Neugier immer größer. Nervös trat er von einem Fuß auf den anderen, während er darauf wartete, dass die anderen endlich kommen würden. Wie so oft in letzter Zeit, drifteten seine Gedanken zu Draco ab. Er hatte ihm nichts von dem heutigen Ereignis erzählt. Auch nicht von seinen Gefühlen für ihn. Harry hatte einfach Angst, dass Draco zu viel zu schnell von ihm wollen würde, doch dazu war er noch nicht bereit. Der Schwarzhaarige hatte einfach sein eigenes Tempo. Schließlich war die Türglocke im ganzen Haus zu hören, doch es blieb erstaunlich ruhig. Sirius und Remus hatten endlich einen komplizierten, aber effektiven Zauber gefunden, Mrs Blacks Bild in der Eingangshalle zu Schweigen zu bringen, hatte immerhin lang genug gedauert. Dennoch konnten sie das Bild nicht abhängen, aber da ihr Antlitz noch immer von den schweren schwarzen Vorhängen verdeckt wurde, störte das nun niemanden mehr. Harry stürzte mehr oder weniger zur Tür und riss sie auf. „Hey, Harry,“ begrüßte ihn sofort eine gestresst wirkende Mrs Weasley und drängte sich augenblicklich an ihm vorbei und verschwand in der Küche. „Hallo, Harry. Du musst Molly verzeihen, aber die Vorbereitungen wollten kein Ende nehmen,“ entschuldigte Mr Weasley seine Frau und schob sich die Brille auf der Nase zurecht. „Kein Problem,“ erwiderte Harry und ließ die komplette Familie Waesley eintreten. Mr Weasley folgte fast sofort seiner Frau, Fred und George scherzten und zogen Harry beiseite, um ihm die neuesten Scherzartikel zu präsentieren, während Ron und Ginny einen ebenso nervösen und unsicheren Eindruck machten, wie Harry sich ebenfalls fühlte. Als es das nächste Mal läutete und Harry öffnete, stand ein gütig lächelnder Dumbledore vor der Tür. Nach und nach trafen noch etliche andere Mitglieder des Phönixordens ein und Harry hatte schon automatisch den Job des Türöffners übernommen, denn die beiden Hausherren ließen sich nicht blicken und die anderen hatten alle den Weg in die Küche eingeschlagen, während die vier betreten und erwartungsvoll in der Eingangshalle blieben, damit Harry nicht so alleine war und sie nicht die neugierigen Blicke auf sich zogen. Dann endlich trafen auch Luna, Seamus und Neville mit Anhang ein. Luna schien wie immer gar nicht aufgeregt und trug einen knallgelben Festumhang, während die anderen eher mit dezenten Farben gekleidet waren, wenn auch sie bereits ihre Festumhänge trugen, in Erwartung, dass das Ritual jeden Moment beginnen konnte. Irgendwann fiel Harry schließlich auf, dass schon länger niemand mehr geklingelt hatte. Sie hatten sich so angeregt über die bisherigen Ferien und die bevorstehenden Feierlichkeiten unterhalten, dass ihm das gar nicht aufgefallen war. Aber wenn dem so war, dann bedeutete dies, dass nun alle da waren, was ihn noch hibbeliger werden ließ, da das Ritual nun unaufhaltsam näher rückte. Dann, endlich, tauchte Sirius auf, der ebenfalls seinen Festumhang trug, wie alle anderen Gäste auch, und ihnen wortlos bedeutete, ihm zu folgen. Harry bemerkte seine vor Aufregung schweißnassen Hände und rieb sie fahrig am Umhang ab. Er warf einen unbehaglichen Blick auf seine Freunde, die diesen großteils erwiderten. Nur Luna wirkte, als würde sie jeden Tag an einer solch wichtigen Zeremonie teilnehmen. Wenigstens trug sie nicht ihre Radieschen-Ohrringe, dafür aber orangefarbene, die nicht so recht zu ihrem Umhang passen wollten. Der Schwarzhaarige wandte bedrückt seinen Blick wieder nach vorne auf den breiten Rücken seines Paten und erkannte verwundert, wo der sie hinführte. Denn Sirius führte sie zu dem nun offenen Felsengang, den Harry in diesen Ferien bisher nur einmal betreten hatte, als Sirius ihm erklärte, warum das Black-Haus gebebt hatte und er ihm die bereits gesammelten Horkurxe gezeigt hatte. Harry schluckte. Er würde doch nicht vorhaben, jedem davon zu erzählen? Es war gefährlich, je mehr davon wussten. Sie gingen den mit Fackeln gesäumten Gang hinunter, doch die Ecke, in der die Vitrine mit den Horkruxen stand, war verschwunden. Harry nahm an, dass jemand einen Illusionszauber gesprochen hatte, so dass auch diese Stelle so aussah, als würde sie aus massivem Fels bestehen. Er atmete erleichtert aus und folgte seinem Paten dann den Tunnel, der ihm schon damals aufgefallen war, entlang und fand sich später in einer unendlich groß erscheinenden Felsenhalle wieder und Hermine war nicht die Einzige, der bei diesem Anblick ein Geräusch des Erstaunens ausstieß. Keiner hätte vermutet, dass es hier eine Halle mit solchen Ausmaßen geben würde. Der braune Fels war auf natürliche Art und Weise mit verschiedenen Farben wie grün und rot durchzogen und glitzerte im Schein der Fackeln. Die Decke war gesäumt von funkelnden Stalagtiten. Harry konnte nicht genau sagen, ob das Glitzern und Funkeln aus dem Gestein selbst rührte, ob es Pflanzenbewuchs war oder ob jemand mit einem Zauber nachgeholfen hatte. An einer der Längsseiten der Halle war ein riesiger Tisch aufgebaut und erinnerte an einen der langen Haustische in Hogwarts, dennoch reichte der Tisch nicht einmal bis zur Hälfte der langen Wand. An dem Tisch saßen alle Mitglieder des Ordens des Phönix, die Harry eingelassen hatte. Er wusste, dass nicht alle anwesend waren, einige hatten Aufträge; außerdem war es zu riskant, den gesamten Orden an einem Ort zu versammeln. Die Zauberer am Tisch sahen ihnen erwartungsvoll entgegen. Auch hier fühlte Harry sich sehr an Hogwarts erinnert, oder vielmehr an seinen ersten Tag dort und die Auswahl der Erstklässler; an diesem Tag waren auch viele neugierige Blicke auf sie gerichtet gewesen. Um sich abzulenken, ließ Harry seine Augen über den Rest der Halle gleiten, während er Sirius weiter in die Halle hinein folgte. Hinten an der Stirnseite der Halle war ein kleiner Bibliotheksbereich eingerichtet – klein allerdings nur im Vergleich mit dem Rest der Halle. Er konnte mehrere gut gefüllte Regale erkennen und warf einen Seitenblick auf Hermine. Auch sie hatte die Bücher trotz ihrer Nervosität bereits entdeckt und ihre Augen funkelten begeistert. Harry schüttelte lächelnd den Kopf und konnte aus den Augenwinkeln etwas weißes an der Wand dem Tisch gegenüber erkennen. Als er den Kopf zur Seite drehte, konnte er etwas erkennen, das aussah, wie weißes Papier. Bevor er aber genauer hinsehen konnte, waren sie an ihrem Ziel angekommen und er musste dem seltsamen Plakat, oder was auch immer es war, den Rücken kehren. Da die Neulinge nun den älteren Mitgliedern gegenüber standen, erhob sich Dumbledore. „Nun, ich denke,“ begann der alte Professor. „Dass wir alle wissen, weshalb wir uns heute hier versammelt haben.“ Er räusperte sich, hasste er doch jegliche Floskeln und Reden. „Ich denke, wir fangen am Besten gleich damit an.“ Er musterte die Schüler neugierig und mit einem schalkhaften Glitzern in den Augen, von dem Harry nicht genau wusste, wovon es herrühren sollte. Dumbledore drehte sich zu McGonagall, die ihm ein silbernes Tablett mit ebenso silbernen, reich verzierten Dolchen reichte. Vorsichtig nahm er einen davon in die Hand, wobei er die Schneide auf seiner anderen Hand ablegte. „Ich nehme an, euch wurde alles erklärt.“ Er musterte die Schüler über seine Halbmondbrille. Obwohl es keine Frage war, nickten die sieben. „Eure Paten habt ihr wohl auch gewählt,“ fuhr der alte Schulleiter fort und wandte sich an die anderen Anwesenden. „Die Paten sollten sich dazu gesellen.“ Harry hatte sich Sirius zum Paten ausgesucht. Zum einen, weil er ihm bedingungslos vertraute, zum anderen, weil er und Remus die einzigen waren, die er zu seiner Familie zählte. Die Zwillinge waren ungewöhnlich ernst, als sie zu ihren Geschwistern traten. Ron hatte zunächst gegrummelt, dass er einen der Zwillinge zum Paten nehmen sollte. Doch seine anderen Brüder waren verhindert und seine Eltern wollte er nicht unbedingt zum Paten. Hermine hatte sich Tonks ausgesucht, oder vielmehr hatte diese sich Hermine regelrecht aufgedrängt. Lunas Pate war ihr schräger Vater, Seamus’ hatte seinen Cousin Fergus aufgefordert, ihm zu helfen und auch Neville hatte eine entfernte Cousine, Celine, im Orden. Die jeweiligen Paten nahmen einen der Dolche von Dumbledore entgegen. Harry legte seine linke Hand mit der Handfläche nach oben in die von Sirius, der den Dolch nun fester packte und damit die Hand aufschnitt, tief genug, dass es sofort anfing, zu bluten. Remus stand direkt neben ihnen, um etwas von Harrys Blut in einem silbernen Kelch, in dem bereits ein ebenfalls silberner Zaubertrank schwamm, aufzufangen. Dann reichte er Sirius Verbandszeug und eine Heilsalbe, die dieser umsichtig auf der Handfläche verstrich und das er vorsichtig um Harrys Hand wickelte, denn es gehörte zu dem Ritual, die Wunde nicht mit einem Zauber zu heilen. Danach reichte Sirius Harry seine Hand und er nahm den nun gesäuberten Dolch an sich. Er sah Sirius an. Natürlich hatten sie schon vorher genau darüber gesprochen, aber es war ein seltsames Gefühl, jemandem, den man gut kannte, absichtlich eine Wunde und Schmerzen zuzufügen. Ihre Blicke trafen sich und Sirius nickte ihm kaum merklich aufmunternd zu. Der Griff um den Dolch wurde fester, bevor er die Klinge über Sirius’ Handfläche führte. Auch sein Blut wurde von Remus in dem Becher aufgefangen und ein wenig geschwenkt, während nun Harry die Salbe verteilte und Sirius’ Hand mit Verbandszeug umsorgte. Nachdem das erledigt war, reichte Remus Sirius den Becher. Der nahm ihn an und nahm einen Schluck daraus, Harry nicht aus den Augen lassend. Dann nahm Harry den Becher entgegen. Er betrachtete skeptisch die zähflüssige Substanz darin. Sie roch weder nach Blut, noch war sie rot wie Blut. Harry setzte den Becher an die Lippen, doch es war ein unangenehmes Gefühl, zu wissen, was darin enthalten war. Der Junge gab sich einen Ruck. Er hatte schließlich gewusst, was auf ihn zukommen würde und hatte dennoch zugestimmt. Schließlich trank auch er einen winzigen Schluck des Zaubertrankes. Den Rest gab er an Remus weiter, der den Kelch wiederum Dumbledore übergab, der nun sieben dieser Kelche vor sich stehen hatte. Das gesamte Ritual war schweigend verlaufen, auch von den etlichen Zuschauern. Der Schulleiter stand an einem Tisch, auf dem riesige weiße Tücher ausgebreitet waren. Oder zumindest hielt Harry sie zunächst dafür. Als er allerdings genauer hinsah, wusste er nicht genau, aus welchem Material sie bestanden. Waren es nun Tücher, oder war es Papier? Etwas kratzte an seiner Erinnerung, doch er wusste nicht, was. Dann sahen sie zu, wie Dumbledore die Becher nacheinander über jeweils einem der Tücher ausgoss. Umso erstaunter war er, als sich danach in schwarz glänzender Farbe die Umrisse derjenigen Person bildeten, die nun neu im Orden aufgenommen worden war. Fasziniert beobachtete er, wie sich erst sein Gesicht bildete, dann die Harre, Katzenohren und die Schultern bildeten den Abschluss. Darunter bildete sich ein Banner mit dem Schriftzug Harry James Potter. Er ließ seinen Blick unauffällig zu Hermines Banner schweifen. Dass Rons zweiter Name Bilius war, wusste er ja, aber Hermines war ihm unbekannt. Als er dann als zweiten Namen Ephigenia las, weiteten sich seine Augen vor Unglauben und dann musste er sich stark zurückhalten, nicht loszulachen. Aber das konnte er seiner Freundin wahrlich nicht antun, sie konnte ja nichts dafür, dass ihre Eltern diese Namen ausgesucht hatten, die wohl ein Faible für griechische Heroinen-Namen hatten. „Was ist so lustig?“ hörte er plötzlich Sirius’ leise Stimme neben sich. Als er diesem nun einen Blick zuwarf, umspielte dessen Lippen ein leises Schmunzeln. Sie beide waren nicht für strenge Zeremonien geschaffen und Sirius offenbar dankbar für etwas Ablenkung. Harry fühlte sich ertappt. Er wollte nicht das Gefühl haben, seine Freundin auszulachen. „Nichts,“ wiegelte Harry ab. Er konnte ja schlecht seine Freundin verraten. Die grünen Augen hatten die ganze Zeit verfolgt, wie McGonagall und Flitwick die neuen Bilder an die Wand gezaubert hatten. Dabei war sein Blick zu den schon vorhandenen hinübergeschweift und er hatte die seiner Eltern und der Rumtreiber ausmachen können. Ein Lächeln glitt über seine Züge, als er davor stand und sie eingehend betrachtete. Aber auch ein Gefühl von Wehmut, ähnlich dem vor einiger Zeit in Godric’s Hollow, ergriff ihn. „Alles klar, Harry?“ vernahm er abermals Sirius’ nun besorgte Stimme. Als er sich umdrehte wurde ihm bewusst, dass Sirius ihn die ganze Zeit beobachtet haben musste. Harry lächelte und nickte, was Sirius eine Braue heben ließ, doch er sagte nichts. Nun jedoch würde noch ein anderes Ritual stattfinden, das so genannte Kerzenritual. Darum hatten Remus und Sirius nun jeweils eine dicke weiße immerbrennende Kerze in Händen, als Harry zu ihnen zurückkehrte. Auf der Kerze, die Remus hielt, stand in großen verschlungenen Buchstaben Lily Evans geschriebenen, auf der von Sirius war James Potter zu lesen. Harry presste angespannt die Lippen aufeinander, bevor er eine ähnliche Kerze mit dem Schriftzug seines Namens von Dumbledore entgegennahm. Er wusste nicht genau, was geschehen würde, wenn er seine Kerze an der seines Vaters entzünden würde. Sirius hatte nur schelmisch gegrinst und von einer kleinen, schön anzusehenden Überraschung gesprochen. Die Kerze fest in beiden Händen, schritt er auf Sirius zu und hielt den Docht in die Flamme. Das Feuer griff nun auf seine Kerze über. Er trat ein paar Schritte zurück. Staunend sah er dabei zu, wie die drei Kerzen nun in einem Dreieck eine schwebende goldene Verbindung zueinander eingingen. Kleine Funkenbälle liefen an diesen Schnüren entlang. Sirius hatte Recht behalten: Es sah einfach unglaublich aus, vor allem im schummrigen Licht des Fackelscheins in der riesigen Halle. Nach einer Weile erlosch die Verbindung und die Flamme seiner Kerze verwandelte sich ebenfalls in das charakteristische Karmesinrot des Gubraith-Feuers. Harry spürte ein leichtes Kribbeln auf der Haut und wusste, dass das Ritual nun vollzogen war. Sirius lächelte stolz, dann wandte er sich Shaklebolt zu, der mit seiner eigenen Kerze hinter ihm stand. Er übergab ihm James’ Kerze und nahm seine entgegen. Dann drehte er sich zu Hermine um und gemeinsam mit Tonks nahm er nun auch das Kerzenritual mit der Brünetten vor. Sirius und Remus hatten stellvertretend für Harrys Eltern das Ritual mit ihm durchgeführt, doch Hermine war muggelstämmig und so hatten die beiden ihr angeboten, dieses Ritual mit ihr durchzuführen, während Molly und Arthur Weasley beide Rituale ihrer Kinder vornahmen. Nach kurzer Zeit waren sämtliche Rituale abgeschlossen und eine entspannte Feier konnte beginnen. Kapitel 7: Malfoy Manor ----------------------- Zu Weihnachten also endlich ein neues Kap^^ Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch^^ 7. Malfoy Manor Harry stand vor dem großen schmiedeeisernen Tor, das den Eingang zum Grundstück der Malfoys markierte. Er hatte sich das Manor groß vorgestellt. Sehr groß. Aber nicht so groß. Es war einfach riesig. Der Park drum herum ebenfalls. Sicherlich mehrere Hektar. Kein Wunder, dass Draco sich alleine in diesem Haus einsam fühlte. Doch Harry verstand nicht, weshalb eine dreiköpfige Familie überhaupt ein solch riesenhaftes Gebäude brauchte. Er runzelte die Stirn, als er die Villa von weitem betrachtete. Der Schwarzhaarige sah sich um, an der weißen Mauer entlang, doch bevor er eine Klingel oder ein magisches Äquivalent dazu fand, öffnete sich das Tor bereits wie durch Geisterhand. Ein kurzes Lächeln huschte über seine Gesichtszüge. Er hätte sich ja denken können, dass er bereits sehnsüchtig erwartet wurde. Genauso sehnsüchtig, wie er darauf wartete, dem Blonden wieder gegenüber zu stehen. Immerhin war ihr gemeinsamer Besuch der Winkelgasse bereits etwas mehr als eine Woche her. Ein wenig unsicher ob der riesenhaften Residenz, durchtrat er schließlich zögerlich das Tor. Kaum hatte er zwei Schritte hindurch getan, hörte er ein leises Rascheln neben sich und er fuhr herum. „Willkommen auf dem Anwesen der Malfoys.“ Draco stand wie aus dem Nichts vor ihm und verbeugte sich theatralisch. Dann richtete er sich auf und in seinen Augen blitzte es vergnügt auf. „Darf ich den Herren zum Anwesen begleiten?“ Er reichte seinem Gast den Arm. Harry starrte ihn perplex an. Er wusste nicht, ob er belustigt sein sollte oder doch lieber ehrfürchtig. Der Gryffindor schluckte und zögerte kurz, bevor er mit zwei schnellen Schritten neben Draco war, der ihn abwartend gemustert hatte und sich bei ihm unterhakte. Deutlich war zu erkennen, dass er sich nun doch für ersteres entschieden hatte. Er konnte Draco im Moment einfach nicht ernst nehmen. Denn welcher Hausherr, der es mit seiner herrschaftlichen Rolle ernst nahm, holte seinen Gast persönlich und auch noch zu Fuß vom Tor ab? Unauffällig schmiegte er sich ein wenig an den Größeren. Wie hatte er ihn allein in dieser einen Woche vermisst! Während sie auf das Anwesen zugingen, spürte Harry, wie Draco diese alberne Rolle ablegte und sich wieder normal gab. Doch plötzlich ging ihm auf, dass das Manor offensichtlich gar nicht ihr Ziel war. Harry blickte fragend zu seinem Führer auf. Der begegnete seinem Blick. „Kannst du reiten, Harry?“ Der smaragdene Blick wurde zunächst unsicher, dann skeptisch. Er wusste, wenn er zugeben würde, dass er noch nie geritten war, würde Draco es ihm beibringen. Aber etwas anderes bereitete ihm mehr Sorgen. „Nein,“ erwiderte er daher. „Außer auf einem Hyppogreif bin ich noch nie geritten. Und ich hab mich vor einem Jahr an einem Testral festgeklammert, um nach London zu kommen.“ Draco bedachte den Jüngeren an seinem Arm mit einem überraschten Blick, hakte aber nicht weiter nach, während er weiterhin auf die Stallungen zuschritt, wie Harry nun erkannte. „Aber vertragen sich Pferde denn mit Katzen? Immerhin bin ich zur Hälfte Katze,“ brachte Harry seine Sorge schließlich auf den Punkt. Der Blonde betrachtete Harry eine Weile von der Seite. „Ich denke, sie können sich daran gewöhnen.“ Harry erwiderte den Blick unbehaglich. „Ist das nicht etwas vage? Pferde sind große Tiere und können sicherlich jemanden über den Haufen rennen, wenn ihnen etwas oder jemand nicht passt.“ Draco lachte leise, löste schließlich seinen Arm von Harry und wuschelte ihm zärtlich durchs Haar. „Du machst dir zu viele Sorgen!“ Der Schwarzhaarige grummelte, obwohl seine leicht zuckenden Ohren verrieten, dass er die Berührung genoss. „Und du nimmst mich nicht ernst!“ Draco seufzte leise und nahm seine Hand schweren Herzens aus der schwarzen Wuschelmähne. „Pferde sind sehr sanftmütige Tiere. Aber wenn du willst, gebe sich dir dennoch die sanfteste Stute, die ich besitze.“ Sie durchschritten das offen stehende Tor und wurden sofort von freudigem Gewieher empfangen. Harry sah ihn überrascht an. „Die du besitzt? Oder deine Eltern?“ Der Größere führte ihn zielgerichtet zu einer bestimmten Box. „Die Pferde sind tatsächlich mein Besitz. Ich kann zwar nicht viel mit kleinen Tieren anfangen, die nur zum Knuddeln geeignet sind, aber Pferde liebe ich. Daher habe ich eine Zucht aufgebaut. Zwar bin ich dadurch, dass ich in Hogwarts zur Schule gehe, selten zu Hause, aber daher hat meine Mutter die meisten Geschäfte übernommen, nur in den Ferien konnte ich dem selbst nachgehen. Jetzt, da Mutter in Askaban sitzt, werden sie weitestgehend von den Hauselfen versorgt. Das ist zwar absolut kein Zustand, aber was soll ich machen? Einige Pferde habe ich als Leihgabe bis zu meinem Schulabschluss an anderen Gestüte abgegeben, doch alle konnte ich nicht unterbringen. Bis zum Ende der Ferien will ich aber eine Lösung gefunden haben. Vielleicht stelle ich menschliches Personal ein. Die Pferde müssen schließlich auch geritten werden, sie brauchen Bewegung, können nicht nur im Stall und auf der Weide rumstehen. Auch nur ein Pferd ganz zu verkaufen möchte ich allerdings vermeiden. In den Ferien reite ich jeden Tag, mehrfach und möglichst viele der verbliebenen Pferde,“ erklärte er, während er schließlich die Box zu einem wunderschönen Fuchs öffnete. „Darf ich vorstellen: das ist Franka.“ Draco ging ohne Scheu geradewegs auf die Stute zu, während Harry lieber im Eingang stehen blieb. Liebevoll strich Draco dem Tier über die Nüstern und wandte sich lächelnd seinem Gast zu. „Ich bin mir sicher, dass ihr euch gut verstehen werdet.“ Harry hingegen betrachtete das Pferd weiterhin eher skeptisch, das wohl Geschmack an Dracos blonden Haaren gefunden hatte, so zufrieden, wie es daran knabberte. „Du kannst ruhig näher kommen, sie beißt nicht. Auch wenn es im Moment anders aussieht.“ Draco lachte und auch Harry konnte sich ein Lächeln nun nicht mehr verkneifen. Sobald er aber einen Schritt auf die Stute zutrat, schien diese ihr zweites Frühstück zu vergessen, sie hob ihren Kopf an und betrachtete Harry offenbar interessiert. Der gab sich einen Ruck und ging weiterhin auf das Tier zu, hob eine Hand und legte sie ihr schüchtern auf die Nüstern. Das Pferd bewegte sich nicht, als ob es ahnen würde, dass Harry jederzeit bereit war, rückwärts auszuweichen, und schnaubte nur leise. Nach einer Weile, in der Draco nur stumm beobachtete, entspannte Harry sich und wagte sich näher heran, bis er schließlich problemlos den Hals der Stute streicheln konnte. Er wandte den Kopf ein wenig und lächelte den Blonden an. Offensichtlich hatte Franka nichts gegen Katzengeruch einzuwenden. Draco erwiderte das Lächeln. „Damit ihr euch etwas besser kennen lernt, solltest du sie zunächst ein wenig striegeln.“ Draco reichte Harry eine Bürste und zeigte ihm, wie er es machen sollte. Eine ganze Weile war Harry so beschäftigt, er war richtiggehend vertieft. So sehr, dass er noch nicht einmal bemerkte, dass Draco plötzlich weg war. Er umrundete das Pferd und die Stute beschnupperte ihn. Dann hörte er Hufgetrappel und kurz darauf stand Draco wieder an der Box, hinter sich einen tiefschwarzen Hengst. Draco brachte Zaumzeug und Sattel und gemeinsam legten sie es der Stute an. Danach führten sie die Tiere in den Hof und Draco half Harry, aufzusteigen. „Franka wird automatisch dicht bei Blacky bleiben,“ erklärte Draco, achtete aber dennoch darauf, dass Harry sicher im Sattel saß. „Blacky?“ Harry warf zunächst einen Blick zu dem Rappen, dann sah er auf Draco hinab. Er fand den Namen recht einfallslos. Draco schien diesen Gedanken zu erraten, denn er erklärte: „Eigentlich Black Diamond, aber der Einfachheit halber habe ich es abgekürzt.“ Harry nickte, während er beobachtete, wie Draco nun in den Sattel stieg. Der Blonde pfiff leise und Franka setzte sich prompt in Bewegung, um zu dem Hengst aufzuschließen. Harry fühlte sich etwas unbehaglich. Es war so ganz anders, als auf einem Besen zu fliegen. Bei einem Besen hatte er immer die Kontrolle, hier war das anders. Ein Pferd war schließlich ein Lebewesen, das durchaus seinen eigenen Willen haben konnte. Aber welche großartige Wahl hatte er denn? Er war schließlich auf einem Hyppogreif geflogen, da sollte ihn ein Pferd doch nicht schrecken!? Der Gryffindor versuchte, sich lockerer zu machen. Sein Gryffindormut sollte doch wiederauffindbar sein. Er warf einen Seitenblick zu Draco und bemerkte, dass dieser ihn sehr genau beobachtete. Verlegen wandte er den Blick ab. Er kam sich ertappt vor. Denn auch Draco kannte ihn schließlich nur als furchtlosen Jungen-der-lebt, doch es war für ihn momentan einfacher, mit einem knallrümpfigen Kröter klar zu kommen, als auf einem Pferd zu reiten. Aber es war auch klar, dass jeder nur den furchtlosen Jungen in ihm sah, denn niemand nahm seine inneren Ängste wahr. Zur Beruhigung beugte er sich vor, um den Hals der Stute zu streicheln, nur war er sich nicht so sicher, wessen Beruhigung dies diente, der der Stute oder doch eher seiner eigenen. Doch sollte er der Stute vertrauen und damit auch Draco, der die Wahl des Tieres getroffen hatte. Nachdem er das beschlossen hatte, entspannte er sich deutlich. „Alles klar, Harry?“ fragte nun auch Draco. Der lächelte ihn erleichtert an und nickte. „Dann können wir das Tempo ja etwas anziehen.“ Gesagt, getan und schon sausten die beiden einen kleinen Hügel empor. ** Nun saßen sie schon eine Weile im Salon und tranken ihren gerade frisch aufgebrühten Tee. Der Salon war für Harrys Geschmack etwas zu protzig eingerichtet, genauso, wie auch die riesige Eingangshalle, die sie durchquert hatten, ebenfalls auf Status und Finanzen der Besitzer hinwiesen. Überall riesige Gemälde, dicke Teppiche, schwere Samtvorhänge, dunkle Möbel. Dazu feinstes Porzellan, so dass Harry schon Angst hatte, die Tasse könne, wenn er sie bloß ansah, zerbrechen, und natürlich hochwertiges Silberbesteck. Draco hatte ihm erklärt, dass sie kein anderes Geschirr besaßen und dass die schweren Kristallgläser auch meist eher unhandlich waren, ganz anders als das funktionelle Geschirr in Hogwarts. Harry nippte an seinem Tee und lehnte sich in dem riesigen Sessel zurück. Er musterte sein Gegenüber und griff nach einem der leckeren luftigen Kekse, die ein Hauself kunstvoll auf einem silbernen Tablett serviert hatte. Das Reiten hatte er dann doch noch genießen können. Denn mittlerweile wusste er, was ihm zu Anfang überhaupt nicht behagt hatte: der Sattel. Er war es nicht gewohnt, auf einem Sattel zu sitzen, hatte immer den Besen oder das Wesen direkt zwischen seinen Beinen gespürt, somit jede kleine Veränderung Zwar hatte er keinen sicheren Halt gehabt, als er auf Seidenschnabel oder dem Testral geflogen war, doch er hatte jeder kleinen Muskelbewegung nachspüren können. Erst nach einer Weile hatte er sich dann mit dem Sattel wohlgefühlt. Er hatte Draco bewundert. Der saß in seinem Sattel, erhaben wie auf einem Thron. Einfach beeindruckend. Auch auf diesem riesigen antiken Stuhl, der mit Samt überzogen und mit reichlichen silbernen Ornamenten verziert war, wirkte Draco sehr erhaben, wohingegen Harry eher das Gefühl hatte, in dem riesigen Sessel, auf dem er saß, zu versinken. „Du siehst nicht so aus, als ob du dich hier wohl fühlen würdest,“ stellte Draco schmunzelnd fest. „Ich ... ähm...,“ begann Harry verlegen und kam sich äußerst ertappt vor. Rasch stellte er die Tasse auf dem Untersetzer ab, um Draco nicht ansehen zu müssen. Draco lachte leise. „Das braucht dir nicht unangenehm zu sein. Du bist eben anderes aufgewachsen, ich bin diesen Protz gewohnt, für mich ist das normal. Obwohl ich alles einfacher einrichten würde, wenn ich es dürfte. Vielleicht, wenn ich mal eine eigene Villa oder ein Manor besitze.“ „Du willst später auch so ein riesiges Haus besitzen?“ fragte Harry mit großen runden Augen. Draco legte den Kopf leicht schief. „Möchtest du kein Haus?“ Harry wandte abermals den Blick ab. „Doch, schon, aber ein kleines Häuschen würde auch reichen.“ „Ein kleines Häuschen hat aber meistens keinen Platz für eine komplette Bibliothek oder eine Schwimmhalle,“ wies Draco drauf hin, womit er Harrys Aufmerksamkeit sofort wieder hatte. „Ihr habt eine Schwimmhalle?“ wollte er wissen und versuchte seine Begeisterung nicht allzu sehr in der Stimme mitschwingen zu lassen. Draco lächelte. „Natürlich.“ ** Mit großen Augen sah Harry sich in der kolossalen Halle um. Die Wände waren blau gekachelt, die Säulen blau gestrichen, das Wasser funkelte ebenfalls in einem klaren Blauton. Vor Harry lag ein 25-Meter-Schwimmbecken, an einer Seite der Halle waren Torbögen mit riesigen bis zum Boden reichenden Fenstern, davor standen einige Liegen, die ebenfalls aus purem Silber zu bestehen schienen. An jeder der Säulen standen Palmen und grüne Sträucher, man konnte sich hier schon fast wohl fühlen, zumindest wohler, als im restlichen Manor, das er bisher gesehen hatte. „Sollen wir schwimmen?“ fragte Draco hinter ihm. Harry drehte den Kopf und musste ihn ein wenig in den Nacken legen, um Draco in die Augen sehen zu können. „Ich hab doch gar keine Badehose dabei!“ gab er zu bedenken. „Und?“ lächelte Draco. „Wir könnten doch auch nackt baden.“ Hastig wandte Harry den Blick zu Boden, um die leichte Röte, von der er wusste, dass sie nun sein Gesicht einnahm, zu verbergen. „Aber das geht doch nicht!“ Draco umrundete den Kleineren und versuchte, ihm in die Augen zu sehen. „Und warum nicht?“ fragte er sachte nach. „Weil ich mich dann unwohl fühle!“ erklärte Harry wahrheitsgemäß. Er spürte weiterhin einen fragenden Blick auf sich. „Ich mag meinen Körper nicht,“ fühlte er sich genötigt, leise hinzuzufügen. Als er aufsah, kam er nicht umhin, festzustellen, dass Draco bereits sein schneeweißes Hemd aufgeknöpft hatte. Kurz blieb sein Blick auf dem muskulösen Oberkörper hängen, bevor er weiter zu Dracos Gesicht wanderte, der ihn verständnislos anblickte. Eine Weile sahen sie sich stumm an, dann beschwichtigte Draco: „Ich kann dir auch eine von meinen Badehosen geben.“ Während er sprach, streifte er sich das Hemd endgültig ab und legte es auf eine der vielen Liegen. Dann ging er zu einem unauffälligen Schrank hinüber und holte zwei Badehosen heraus, bevor er wieder zu Harry zurückkehrte, der jede seiner Bewegungen beobachtet hatte. Eine davon reichte er an Harry weiter, danach zog er ungerührt seine schwarze Stoffhose aus und ließ sofort die Shorts folgen. Harry hingegen konnte seinen Blick nicht abwenden, er wurde wie magisch von Dracos wunderbarem Körper angezogen. Als ihm allerdings bewusst wurde, dass er Draco nun zum ersten Mal vollkommen nackt sah, wurde er knallrot im Gesicht. Draco schien das nicht zu kümmern, er drehte dem Schwarzhaarigen den Rücken zu, um in die Badehose zu schlüpfen, wobei Harry jetzt seine Hinterpartie bewundern konnte. Rasch wandte er sich nun ab und zog sich hastig ebenfalls um und hoffte, dass Draco ihn nicht so intensiv betrachten würde, wie er es getan hatte. Als er fertig war, drehte er sich zu dem Blonden um und lächelte ihn schüchtern an. Das Lächelnd wurde strahlend erwidert und Draco packte Harry an der Hand und zog ihn mit sich. „Ich zeig dir mal was!“ erklärte er nur dazu. Irritiert aber auch neugierig folgte Harry ihm. Schließlich kamen sie zu einem riesigen Spiegel. Draco drehte Harry so, dass dieser in den Spiegel sehen musste und stellte sich selbst leicht versetzt hinter ihn. Gemeinsam betrachteten sie sich eine Weile, bevor Draco das Wort ergriff. „Dieser Körper,“ Er griff um Harry herum, legte seinen Zeigefinger auf dessen Brustbein und ließ ihn, begleitet von einer Gänsehaut, dann über Brust und Bauch bis zum Nabel gleiten, „gefällt dir also nicht?“ Da Draco offenbar eine Antwort erwartete, schüttelte Harry den Kopf. Der Blonde brachte nun seine Lippen dicht neben Harrys Ohr, während er ihn weiter im Spiegel beobachtete. „Ich finde dich wunderschön!“ hauchte er leise, schlang seine Arme um den schmalen Körper und zog ihn leicht an sich. Verlegen registrierte Harry den neuerlichen Rotschimmer auf seinen Wangen und die zuckenden Ohren, genoss aber dann lieber die Umarmung, lehnte sich leicht an die starke Brust hinter ihm, für den Augenblick. Zaghaft wandte Harry sich nach einer Weile aus der Umarmung, doch Draco verstand ihn auch ohne Worte und ließ ihn augenblicklich los. Rasch wandte Harry sich um und ging wieder zum Wasser hinüber, tauchte kurz zunächst die Füße in das kalte Nass, bevor er zu der Steintreppe hinüber ging, die in das Becken führte, dicht hinter sich Draco, der nichts mehr gesagt hatte. ** Harry sah sich ganz genau um. Dracos Zimmer war einfach nur riesig. Hier würde sein Zimmer vom Grimauldplatz locker dreimal reinpassen, von seinem Zimmer, das er bei den Dursleys bewohnt hatte, erst gar nicht zu reden. Es hatte einen Kamin mit flauschigem Teppich davor, begehbare Schränke, riesige Bücherregale, bei deren Anblick Hermine vermutlich in Freudentaumel verfallen wäre, und ein Himmelbett, in dem bequem die gesamte Familie Malfoy mehr als genug Platz gehabt hätte. Hier gab es keine Porträts, sondern nur Landschaftsmalereien, die zugegebenermaßen sehr faszinierend waren; von Orten, die entweder der Fantasie des Malers entsprungen waren, oder die Harry einfach nur nicht kannte. Das Zimmer war erstaunlich hell eingerichtet, im Gegensatz zu den Räumlichkeiten, die Harry bisher von dem Manor gesehen hatte – und er hatte bei weitem nicht alles gesehen. Harry glaubte auch, dass es Tage dauern würde, sich wirklich alle Räume anzusehen. Nun saß er auf der schwarzen Ledercouch an eines der weichsten Kissen gekuschelt, die er je in der Hand gehabt, geschweige denn, es sich damit gemütlich gemacht hatte. Draco war schon vor einiger Zeit in einem der Schränke verschwunden und Harry harrte der Dinge, die nun auf ihn zukommen würden. Doch währenddessen nutzte er die Zeit, sich in dem Zimmer genau umzusehen, um jedes Detail in sich aufzusaugen. Als Draco wieder vor ihm stand, musste Harry sich ein Lachen arg verkneifen. Draco trug eine weißes Hemd und einen schwarzen Schottenrock. Dazu schwarze Strümpfe, die ihm bis zu den Knien reichten, so dass von diesen unter dem Kilt recht wenig zu sehen waren, schwarze Schuhe mit silberner Schnalle und eine schwarze Ballonmütze. Außerdem hatte er einen schwarzen Gehstock mit silbernem Knauf in der Hand und sah Harry nun streng an. „Das ist nicht zum Lachen,“ erklärte er mit seinem altbekannten kühl-arroganten Blick, doch lachte er dann selbst. „Ich habe schottische Vorfahren,“ fügte er dann erklärend hinzu und schmunzelte über Harrys Amüsement. „Dieses Kostüm trage ich nur zu besonderen Festen, zu denen der schottische Zweig der Familie einlädt.“ Der Blonde schritt recht modelhaft vor dem anderen auf und ab und schwenkte dabei seinen Stock, um sich gekonnt in Szene zu setzen, während Harry ein breites Grinsen nun nicht mehr unterdrücken konnte. Plötzlich drehte Draco sich zu Harry um. „Warte nur ab, was ich dir noch zeigen werde! Du wirst dich vor Lachen auf dem Boden kugeln!“ Mit einem Grinsen seinerseits verschwand Draco wieder in seinem begehbaren Schrank und ließ einen grübelnden Harry zurück. Was bitte sehr konnte noch witziger anzusehen sein, als dieses Schottenoutfit? Doch als Draco wieder vor ihm erschien, wusste er, was dieser gemeint hatte. Perplex sah Harry ihn an, doch wie prophezeit musste er dann losprusten, was auch den Blonden grinsen ließ. Dieser schien, als sei er einem Barockbild entsprungen, inklusive silberner Bordüre, grünem Samt, weißen Rüschen und Spitzen an den Trompetenärmeln, die unter den Ärmeln des langen Gehrocks zu sehen waren. Dazu die aufgeplusterte Ballonhose, die weiße Strumpfhose und abermals die schwarzen Schuhe mit den silbernen Schnallen. „Und wofür ist das Outfit?“ wollte Harry dann lachend wissen. „Für bestimmte Zeremonien,“ erklärte Draco, fuhr aber fort, als er Harrys fragendes Gesicht bemerkte. „Offizielle Verlobungen, Hochzeiten, Taufen, Beerdingungen, all so ein Kram.“ Harry hatte ihm mit gewölbten Brauen zugehört. „Aber warum so Barockzeugs?“ „Unsere Familie entstammt einem uralten Adelsgeschlecht mit Wurzeln in Frankreich. Es wird viel Wert auf Traditionen gelegt; diejenigen, die sich bei diesen Anlässen allzu modisch geben, werden nicht eingelassen,“ erläuterte Draco. „Aber damit werde ich jetzt brechen. Wir sind zwar reinblütig bis weit in frühere Jahrhunderte, aber das heißt ja nicht, dass wir auch wie damals leben müssen. Meine Gegenwart und Zukunft liegt in der Moderne, und das schließt auch mit ein, dass ich nichts gegen Muggelstämmige oder Halbblüter habe.“ Harry sah den Anderen eher skeptisch an. „Wieso hast du das dann nie gezeigt?“ Draco wandte sich nun wieder ganz seinem Gast zu. „Weil ich bisher annahm, dass alles, was meine Eltern mir beibrachten, auch so sein muss. Aber gewisse Umstände haben mir klar gemacht, dass dem nicht so ist. Ich muss selbst für mich denken und Entscheidungen treffen. Und ich habe in letzter Zeit viel nachgedacht, auch über uns beide.“ Harry sah Draco unbehaglich an. „Und was ist dabei rausgekommen?“ Der Angesprochene lächelte sanft. „Dass Muggelstämmige durchaus eine Bereicherung für die Zauberergemeinschaft sein können. Man nehme als Bespiel nur deine Freundin Hermine, die Jahrgangsbeste ist. Selbst ich, obwohl ich sehr gute Noten habe und reinblütig bin, reiche nicht an sie ran, was ausgeschlossen sein müsste, wenn es nach den Vorstellungen der Reinblüter gehen würde. Und du, du bist nun ein Mischblut, doch das ändert nichts an deinem Verständnis für die Magie. Ich meine, du bist ja in Verteidigung nicht plötzlich schlechter, nur weil du nun Katzenohren und einen Katzenschwanz hast.“ Harry lächelte leicht. Er wusste, was Draco damit sagen wollte, schließlich hatte er genug Erfahrung mit Reinblütern, auch wenn diese Erfahrung von der Seite herrührte, die vor allem Draco ihn und andere Muggelstämmige gelehrt hatte. Doch offenbar hatte bei Draco ein Prozess des Umdenkens eingesetzt, worüber er sehr froh war. „Was heißt es dann für dich, dich gegen die Prinzipien deiner Familie zu stellen?“ fragte er dann vorsichtig. Draco zuckte lediglich mit den Schultern. „Ich werde nicht mehr zu Feiern eingeladen und bin nicht erbberechtigt, wenn jemand aus der entfernten Verwandtschaft stirbt. Nur meine Eltern oder wenn es ausdrücklich im Testament gewünscht wurde, können mir etwas vererben, aber so was wie Pflichterbteil, den es bei den Muggeln gibt, wie Blaise mir verraten hat, gibt es bei uns sowieso nicht. Ansonsten kann ich nur noch von der Familie meiner Mutter, den Blacks erben, aber diese haben ja ihren eigenen Erben.“ Mittlerweile wusste Harry, dass Blaise Zabini Muggelkunde belegt hatte – als einziger Slytherin. Aber er hatte schon immer ein Interesse daran gehegt, die Muggel verstehen zu wollen, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt, wie Mr. Weasley, vor allem nicht auf die chaotische Art des Rothaarigen. „Das tut mir leid,“ meinte Harry leise und mit gesenktem Blick. „Mir nicht,“ erwiderte Draco daraufhin. „Wir haben genug Vermögen und diese Feiern sind eh zu langweilig. Da finden keine ehrlichen Gespräche statt, sondern jeder ist darauf bedacht, sich im bestmöglichen Licht darzustellen und den anderen Honig ums Maul zu schmieren.“ Harry schmunzelte. Selbst Muggelsprüche hatte Draco nun dank Blaises Unterricht drauf. Plötzlich trat Draco an Harry heran, stellte sich neben ihn und strich ihm sanft über die Haare. „Außerdem liebe ich einen Mann, dass ist unter Reinblütern ebenfalls verpönt. Schließlich haben Gefühle solcher Art dort nichts zu suchen, Beziehungen werden nur um des Fortbestandes der reinblütigen Rasse eingegangen. Einst war der Malfoy-Stamm sehr mächtig, doch mein Großvater war schon Einzelkind, mein Vater ebenfalls und ich auch. Also hat er sich selbst verdünnt, denn die Familien der eingeheirateten Frauen zählen natürlich nicht.“ Draco begann, Harry liebevoll hinter den Ohren zu kraulen. „Aber du hättest da von vorne herein schlechte Karten, zumal du ein Mischblut bist. Doch auch wenn du es nicht wärest, du bist immer noch ein Mann und somit nicht fähig, mir Nachkommen und somit Erben zu schenken. Außerdem bist du erst in der ersten Generation reinblütig, da deine Mutter muggelstämmig ist. Es finden sich also immer mehr Gründe für mich, diesen ganzen Reinblüterkram als für mein Leben ungeeignet zu betrachten.“ Harry lehnte seinen Kopf an Dracos Bauch und schnurrte behaglich. Ein Lächeln lag auf seinem Gesicht. Er freute sich über Dracos Entwicklung. Kapitel 8: Fuchsbau ------------------- 8. Fuchsbau Mit strahlenden Augen sah Harry das Haus an. Endlich war er wieder da. Es war das einzige Gebäude neben Hogwarts, das er in den letzten Jahren je als eine Art zu Hause betrachtet hatte, auch wenn er meist nur einige Wochen in den Sommerferien hier verbracht hatte. Natürlich war er sehr froh, dass er nun im Grimauldplatz bei seinem Paten wohnte und dort ein eigenes Zimmer besaß, dennoch hatte er den Fuchsbau richtiggehend vermisst. Hier war immer etwas los und der windschiefe Bau war immer voll gestopft mit fröhlichen Menschen. Gleich im Garten kamen ihnen schon Molly und Ginny entgegen, die beide Teller vor sich herschweben ließen oder in Ginnys Fall vor sich her trugen. Direkt auf der grünen Wiese stand ein riesiger Tisch und Charlie und Bill waren dabei, Stühle herbei schweben zu lassen. „Da ist ja unser Kätzchen!“ wurde er begrüßt und Harry spürte einen schweren Arm um seine Schultern. Er drehte leicht den Kopf und sah in Georges Gesicht, der ihn angrinste. Harry wusste genau, dass es George war, die beiden Rotschöpfe waren, wie er fand, gar nicht so schwer auseinander zu halten, wenn man sie näher kannte. Fred konnte es sich nicht verkneifen, über das Fell an seinem Katzenschwanz zu streichen. Harry grinste die Zwillinge an. „Wundert mich ja, dass ihr noch nicht auf die Idee gekommen seid, mir das nachmachen zu wollen!“ „Wir doch nicht!“ antworteten die beiden unisono und legten ihre besten Unschuldsmienen auf. „Du willst doch nur ein Unikat sein!“ neckte George dann grinsend. Der Schwarzhaarige verdrehte nur lachend die Augen. Er wurde von den beiden Weasleys untergehakt und zum Tisch mitgeschleift und musste hilflos auf die sich entfernenden Rücken seiner Begleiter sehen, die offenbar zuerst den Fuchsbau betreten würden. „Hallo, Harry!“ wurde er sogleich von Molly begrüßt und in eine feste Umarmung gezogen. Dann trennte sie sich von ihm und musterte ihn und Harry konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie reagiert hatte, als sie seine Katzenmerkmale zum ersten Mal gesehen hatte. Sie hatte ihn kritisch gemustert, doch noch ehe sie das Wort ergreifen konnte, hatte Sirius es ihr abgeschnitten. „Du brauchst nichts zu sagen, Molly, ich hab ihm schon eine Standpauke gehalten.“ Harry hatte sich erleichtert zu ihm umgedreht und in dankbar angesehen. Remus, der daneben gestanden hatte, hatte kurz eine Augenbraue hochgezogen, aber nichts gesagt. Alle drei hatten sie schließlich gewusst, dass diese Standpauke in Wirklichkeit gar nicht stattgefunden hatte, doch sie hatten es dabei belassen, genauso, wie Mrs Weasley, die Harry noch einen skeptischen Blick zugeworfen hatte. Auch diesmal schien sie etwas dazu sagen zu wollen, doch dann besann sie sich offenbar und wuselte wieder hinein, vermutlich in die Küche, um das Essen vorzubereiten. Er selbst wandte sich nun, wie auch Remus und Sirius, die mit Mr Weasley wieder aus dem Haus herausgetreten waren, wieder dem Tisch zu, um Charlie und Bill mit den Stühlen zu helfen oder Ginny den Tisch zu decken. „Da bist du ja!“ Ehe Harry sich versehen hatte, hatte er seine brünette Freundin in seinen Armen liegen und wurde fest gedrückt. Als Hermine sich wieder von ihm löste, lächelte er sie an, dann wurde er auch schon von Ron begrüßt. Kurze Zeit später saßen sie alle am Tisch. Fleur war schon ganz aufgeregt wegen der Hochzeit, die hier auf dem Grundstück der Familie stattfinden würde und erzählte Harry, Remus und Sirius begeistert von den Vorbereitungen, denn sie waren die einzigen, denen sie damit noch nicht auf den Geist gefallen war und die ihr noch halbwegs zuhörten. „Übrigens, Harry, wie war es in Malfoy Manor?“ hakte Hermine später nach und Ron runzelte die Stirn. Harry hatte ihm aus offensichtlichen Gründen nicht geschrieben, dass er Draco besuchen würde, nur Hermine und Sirius und Remus hatten davon gewusst. Ihm wurde bewusst, dass auch die Zwillinge nun neugierig geworden waren und auch Sirius war aufmerksam geworden, denn Harry hatte ihm nicht sonderlich viel von seinem Aufenthalt erzählt. Etwas verlegen wandte Harry seinen Blick auf seinen Teller und schob die letzten Reste zusammen. „Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!“ mischte sich nun George ein und Fred nickte zustimmend. „Wie bist du überhaupt hingekommen?“ erkundigte Ron sich mit skeptischem Blick. „Draco hat mir einen Portschlüssel geschickt, der mich zum Anwesen gebracht hat,“ begann Harry mit seiner Erzählung, in der er sofort unterbrochen wurde. „Aber über dem Manor liegt doch sicherlich ein Fidelius?“ hakte Hermine nach. Harry sah seine Freundin leicht lächelnd an. „Natürlich, aber Draco ist selbst der Geheimniswahrer. Er hat mir also einen ähnlichen Zettel geschrieben, wie Dumbledore damals für den Grimauldplatz.“ Er wandte sich wieder seinem Essen zu und fuhr dann fort. „Er hat mir einen Teil der Ländereien gezeigt. Wir sind geritten, geflogen und im Pool geschwommen. Und wir haben viel geredet.“ Der Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern. „Mehr gibt es da nicht zu erzählen.“ Hermine musterte ihn mit einem prüfenden Blick. Ihr war nicht entgangen, dass da tiefere Gefühle zwischen den beiden waren, doch sie wollte jetzt nicht nachhaken, vor allen anderen, vor allem, da sie nicht wusste, wie die anderen reagieren würden, oder ob Sirius überhaupt davon wusste. „Ich werde ihm gleich noch einen Brief schreiben,“ erklärte Harry und schob sein Besteck zusammen. Fred und George sahen sich an. „Ron meinte, Zabini und er wollten zusammen Quidditch trainieren.“ „Du könntest die beiden ja einladen,“ führte George Freds Satz fort. „Ihr glaubt doch nicht, dass eure Eltern das zulassen?“ Spätestens jetzt war klar, dass Sirius ihnen tatsächlich zuhörte. „Sie werden den Fuchsbau ja gar nicht betreten,“ erklärte Fred rasch. „Zabini kann doch apparieren. Wir geben ihnen die Koordinaten von Ottery St. Catchpole und holen sie dann ab,“ fügte George hinzu. „Wir trainieren drüben auf dem Feld. Dank der Banne bekommen sie den Fuchsbau nicht zu Gesicht,“ erläuterte George. Harry warf seinem Paten einen Blick zu und sah dessen skeptisch erhobene Augenbraue. „Nun, wenn eure Eltern nichts dagegen einzuwenden haben,“ grummelte der Hundeanimagus dann. „Die wissen nichts davon,“ grinste George breit. „Und das sollte auch so bleiben,“ meinte Fred und schielte zu Sirius hinüber. Doch bevor der etwas sagen konnte, ergriff jemand anderes das Wort. „Ich finde schon, dass ihr es ihnen sagen müsst,“ mischte sich nun Remus ein und sah dabei die Zwillinge auffordernd an. „Ich schreibe ihnen erst mal und frage nach, ob und wann sie kommen wollen,“ unterbrach Harry die Diskussion. Er wusste, dass weder Sirius, noch die Weasley-Eltern den beiden Slytherins trauten. Zumal Lucius Malfoy allen schon einigen Ärger bereitet hatte und so das Misstrauen seinem Sohn gegenüber groß war und auch ihre Kinder erst seit wenigen Monaten mit Draco und Blaise befreundet waren, wenn man es überhaupt so nennen konnte. Und sicherlich hatten nicht nur die Zwillinge zuvor immer davon berichtet, wie furchtbar Draco doch war und dass er absolut dem Bild entsprach, dass sich ihre Familie von den Malfoys gemacht hatte. Harry stand auf und half, dass Geschirr wegzuräumen, bevor es den Nachtisch gab: Schokoladenpudding. ** Neugierig sah Harry sich um. Er war noch nie in Ottery St. Catchpole gewesen. Die Weasleys hatten nie Grund gehabt, das kleine Muggeldorf zu besuchen, also hatte auch er keine Möglichkeit dazu gehabt. Es war ein recht typisches kleines Muggeldorf mit einem Marktplatz in der Mitte, den die Zwillinge bereits erreicht hatten, die sich heute frei genommen hatten und vorneweg marschiert waren. Ron und Ginny folgten ihren Brüdern auf den Fuß, während Harry und Hermine sich unverhohlen interessiert umsahen, denn auch die Brünette war nie hier gewesen. Auch Sirius war dabei, als großer schwarzer Hund, der froh war, sich endlich einmal wieder austoben zu können, saß er doch meistens noch immer in seinem Haus am Grimauldplatz fest. Er rundete außerdem das Bild ab, das sie mit Hilfe des Illusionszaubers aufgebaut hatten, denn alle Muggel würden in ihnen nur eine Jugendgang sehen, keine roten Haare, die sie als Geschwister auswiesen. Dennoch hatte sein Pate Bedenken geäußert, die Syhterins in die Nähe des Fuchsbaus zu lassen, da er Draco noch immer für einen Verräter hielt und vielleicht eine ganze Todesserschwadron warten konnte, zumal weder Harry noch Ron und auch Ginny eine Apparierlizenz besaßen und somit nicht einfach so verschwinden konnten. An der Stelle hatten sich dann die Zwillinge für die Slytherins eingesetzt, was vor allem deren Eltern, die nun zwangsläufig eingeweiht worden waren, sehr erstaunt hatte. Der Fuchsbau stand sowieso seit geraumer Zeit unter dem Fidelius, deren Geheimniswahrer Molly war, die die meiste Zeit eh zu Hause oder am Grimauldplatz verbrachte, also immer relativ sicher war. Und auch andere Banne schützten das Gebäude. Harrys Aufmerksamkeit wurde rasch durch zwei ihm nur allzu bekannte Gestalten abgelenkt und er winkte den beiden lächelnd zu. Draco hob skeptisch eine Augenbraue, denn er sah nicht Harry, sondern einen ihm unbekannten schlanken blonden Jungen mit kristallblauen Augen. Und auch die anderen erkannte er nicht. Vorneweg kamen ihnen zwei frech grinsende Jungen entgegen, einer ein regelrechter Hüne, der andere groß, dürr und schlaksig. Dahinter kam ein kleiner runder Junge zum Vorschein, der irgendwie an Neville erinnerte, neben ihm lief ein braunhaariges Mädchen und neben dem Blonden, der ihm zugewinkt hatte, befand sich eine ebenfalls blonde, langbeinige Schönheit, die ihre grünen Augen aufmerksam umherhuschen ließ. Dank des Zaubers war auch nicht zu sehen, dass sie alle ihre Zauberstäbe griffbereit hatten. Auch wenn sie selbst Draco und Blaise vertrauten, war es in diesen Zeiten gefährlich, vor allem für Harry, sich nicht in einem speziell magisch abgesicherten Bereich zu befinden. Neben der Gruppe tobte ein großer schwarzer Hund, der allerdings knurrte, als er den beiden Slytherin näher kam. „Schnuffel, hör auf!“ meinte Harry leise, aber bestimmt, wobei ihm dennoch ein leichtes Lächeln auf den Lippen lag, das sich sogleich auf Dracos Gesicht spiegelte, denn nun hatte er Harry endlich an dessen Stimme erkannt, genauso, wie Blaise, der nun schon neugierig die anderen betrachtete. Die beiden Jungen in vorderster Front mit dem ultrabreiten Grinsen konnten ja dann nur die Zwillinge sein und wenn jeder in seiner Illusion sein Geschlecht behalten hatte, war der kleine rundliche Junge Ron, den Blaise sofort begeistert anstrahlte. „Hallo!“ wurden sie von dem breitschultrigen Riesen begrüßt, der sie als erster erreichte und auch die anderen begrüßten die Neuankömmlinge. Harry blieb gleich dicht bei Draco, was diesen sehr freute und sie gingen zurück Richtung Fuchsbau, bogen aber etwas außerhalb der Stadt auf einen Feldweg, der sie auf die andere Seite des Wäldchens brachte, das direkt an den Fuchsbau grenzte. Dort hatten sie mit Hilfe verschiedener Zauber zweimal drei Torringe untergebracht, die allesamt in einem durch Zauberbanne geschützten Gebiet lagen, so dass die Illusion nun nicht mehr notwendig war. Sie wurden bereits von Bill und Charlie erwartet. Fred wandte sich an die beiden Slytherins. „Wir haben uns überlegt, mit zwei Mannschaften mit jeweils zwei Jägern, einem Treiber und einem Hüter zu spielen.“ George blickte in die Runde. „Sollen wir die Mannschaften auslosen?“ „Ich wäre gerne mit Draco in einer Mannschaft,“ erklärte Harry leise, mit gesenktem Blick und leicht zuckenden Ohren. Er war nur froh, dass seine Wangen nicht heiß und somit rot geworden waren. „Blaise und ich sind Hüter,“ meinte Ron daraufhin. „Ich bin Harrys Hüter.“ Die anderen zuckten mit den Schultern und die Zwillinge sahen sich an. „Wir sind dann die Treiber,“ teilten sie daraufhin unisono mit. „Okay. Und Ginny ist Schiedsrichterin.“ Beide Teams zogen sich kurz zur Besprechung in ihr Feld zurück. Harry sah kurz zu Draco. Sie beide waren also Jäger. War mal was neues. Genauso, wie die Tatsache, dass sie keine Gegner waren. Und er würde sich anstrengen, auch in dieser Position gut zu sein, auch wenn er sie noch nie inne gehabt hatte, aber er würde alles geben. „Taktik?“ erkundigte Fred sich, der ihr Treiber war. „Tore werfen,“ erwiderte Ron trocken, was ihm ein Augenrollen seines Bruders einbrachte. Harry hob die Schultern. Sie waren sowieso nur eine reduzierte Mannschaft, war da Taktik allzu wichtig? „Okay, also auf die Besen!“ befahl Fred, der sich kurzerhand zum Kapitän erklärt hatte. Draco zog seinen Besen aus der Hosentasche und zauberte ihn auf Normalgröße. Dann bestiegen sie alle ihre Besen, die die hier wohnenden unter einem Baum abgelegt hatten und stießen sich sogleich ab. Die Mannschaften kamen in der Mitte zusammen und Ginny stieß hinzu, unter dem Arm einen großen braunen Lederball, der ihr Quaffel sein würde, in der Hand einen kleineren schwarzen Ball, der zum Klatscher verzaubert worden war, den sie auch sofort losließ. Dann warf sie den Quaffel hoch, den Bill als erster erwischte. Eine Weile spielten sie so, doch es war schnell zu merken, dass mit nur zwei Jägern kein richtiger Spielaufbau möglich war und sie beschlossen einvernehmlich, die Treiber in Jäger umzuwandeln und den Klatscher still an den Boden zu zaubern. Es fiel auch auf, dass Hermine und Schnuffel, die zunächst zugesehen hatten, mittlerweile verschwunden waren. Hermine würde vermutlich einige Bücher verschlingen, die Sirius ihr aus der unterirdischen Bibliothek mitgebraucht hatte, während Sirius sich wahrscheinlich um andere Dinge kümmern würde. Wenn er nicht selbst mitspielen konnte, war Quidditch eine eher langweilige Angelegenheit. Fred zauberte sich seinen roten Pullover gelb, so dass er für seine Mannschaftskameraden besser von seinem Bruder unterschieden werden konnte und kurzerhand beschlossen die anderen, auch ihre Oberteile in einheitliche Farben umzuzaubern, so dass Team Fred nun gelb war, Team George blau. Allerdings fiel nun schnell ein wichtiger Umbau im gegnerischen Team auf: Blaise war nun nicht mehr Hüter und hatte seine Position mit Charlie getauscht, der nun auf die Ringe aufpasste, während Blaise sich direkt bei Rons Ringen positionierte. Doch Harry hatte keine Zeit, darauf zu achten. Er war zu beschäftigt mit seiner neuen Position. Wenigstens waren die Abgaben mit drei Jägern nicht mehr so leicht vorherzuberechnen, wie noch mit zwei. Und er war das Fangen ja schon gewöhnt, wenn auch der Quaffel wesentlich größer war, als der Schnatz. Nur mit dem Werfen war er nicht ganz so sicher, wie er sich das gewünscht hätte, weshalb er sich nach einiger Zeit darauf konzentrierte, ihre Gegner nicht zu ihren Torringen durch zu lassen und Draco und Fred das Torewerfen zu überlassen, die das wesentlich besser machten, als er. Doch nun war er hinten und bekam so zwangsläufig mehr von Blaise’ Kapriolen mit, der dauernd auffällig nahe bei Ron war und ihn immer angrinste und ihn überschwänglich lobte, wenn dieser einen seiner Bälle hielt, was dem Rothaarigen zunächst schmeichelte, aber dann irgendwann nur noch ein Augenrollen entlockte. Denn wieso sollte Blaise jemanden der gegnerischen Mannschaft so begeistert anfeuern? Er war auch nicht der Einzige, dem das auffiel und der sich darüber wunderte, auch Harry fand das höchst seltsam und warf dem schwarzhaarigen Slytherin immer wieder prüfende Blicke zu, wenn er gerade nichts zu tun hatte, da die anderen beiden auf dem Weg zu den generischen Torringen waren. Ginny hingegen hatte auch einiges zu tun. Zwar waren die beiden Slytherins akzeptiert, dennoch gab es einige unfaire Aktionen, diesmal aber mehrheitlich von den Zwillingen. Und sie musste die Tore von beiden Seiten mitzählen, ohne durcheinander zu geraten. Allen Beteiligten gefiel ihr Training so gut, dass es bereits früher Abend war, als sie beschlossen, dass es genug war. Außerdem hatte Mrs Weasley zum Abendessen gerufen. Mittags hatten sie und Remus vier riesige Tabletts mit großen Tellern voll mit belegten Brötchen gebracht, die die ausgehungerten Jungs gierig verschlungen hatten. Harry hatte sich flüchtig gefragt, weshalb Remus mit Mrs Weasley kam und nicht Sirius, doch war er dann auf den Gedanken gekommen, dass die Erwachsenen Draco und Blaise vermutlich zeigen wollten, dass genügend Personen in der Nähe waren, die auf Harry aufpassten. Er war etwas ungehalten darüber, doch er war schon froh, dass Sirius nicht den ganzen Tag wie eine überfürsorgliche Glucke bei ihm gesessen hatte, aber Bill und Charlie hatten wahrscheinlich auch den Auftrag, aufzupassen. Außerdem war es ja so, dass Remus bei ihnen zu Hause auch den Posten eines Hausmannes übernommen hatte, also war es gar nicht so unwahrscheinlich, dass er Mrs Weasley tatsächlich geholfen hatte. Er seufzte leise, während er seinen Besen ins Gras fallen ließ und sich dann ebenfalls hinsetzte. Während die anderen nach und nach verschwanden, kam nun Draco zu Harry und setzte sich neben ihn. Endlich hatten sie ein wenig Zeit für sich alleine, wie Draco fand. Der Blonde sah zu Harry hinüber, der sich gegen einen breiten Baumstamm gelehnt hatte, den Kopf in den Nacken gelegt und scheinbar blicklos zu den weißen Wattewölkchen am sommerlichen Himmel starrte. Er rückte ein wenig näher an den Jüngeren heran und lehnte sich ebenfalls gegen den Baum. Doch er warf einen Blick auf den Schwarzhaarigen hinab und musterte ihn eine Weile. „Woran denkst du?“ wollte er dann wissen. „Daran, wie gerne ich dort oben bin und wie frei ich mich dann fühle,“ antwortete Harry, wandte sich aber erst jetzt wieder Draco zu und ein leichtes zufriedenes Lächeln umspielte seine Lippen. Dann wurde er wieder ernst. „Dort oben habe ich keinerlei Verpflichtungen, niemand erwartet etwas von mir.“ Er presste die Lippen zu einem dünnen Strich aufeinander und wurde leicht melancholisch, als er an Voldemort und seine Aufgabe dachte. Doch dadurch, dass nun auch Sirius eingeweiht war, wusste er wenigstens, dass dieser und auch Dumbledore ihm tatkräftig zur Seite standen. Und er wusste ja auch, dass Ron und Hermine ihn immer unterstützen würden. Jedoch konnte er dieses Geheimnis leider nicht mit Draco teilen, er hatte es versprochen. Draco bemerkte den Stimmungsumschwung und legte Harry ohne zu zögern einen Arm um die Schultern und zog ihn ein wenig näher an sich heran. Er konnte den Druck, der auf Harry lastete, wahrscheinlich nicht nachvollziehen, doch er konnte ihn wenigstens durch Nähe trösten. Seine Hand strich ihm zunächst beruhigend über den Oberarm, bevor er sie weiter nach oben in Harrys Nacken wandern ließ, um ihn dort zu kraulen. Derweil legte Harry seinen Kopf auf Dracos Schulter ab. Er fühlte sich gerade pudelwohl und genoss die Nähe. Eine Weile saßen sie so, bevor Harry seinen Kopf hob und zu Draco aufsah. „Draco...“ Dieser senkte seinen Blick auf den Schwarzhaarigen in seinen Armen hinab. Sein Blick glitt über die funkelnden grünen Augen und blieb an den rosigen Lippen hängen. Einen Augenblick verharrte sein Blick dort, bevor sein Denken komplett aussetzte, er sich zu den begehrten Lippen herabbeugte und seine eigenen hungrig draufdrückte. Er bemerkte nicht, dass er mit einer Hand sanft Harrys Kinn umschloss, während er sachte seine Lippen gegen die des Schwarzhaarigen bewegte und dann Harrys mit den seinen einfing. Harry saß einfach nur unbeweglich neben ihm. Er wusste nicht, was er tun sollte, zu sehr wurde er von seinen überschwappenden Gefühlen überrollt. Eine warme Woge umfing ihn und hüllte ihn komplett ein. Dracos Lippen waren so warm und weich und sie erschwerten das Denken ungemein. Nach einer Weile, in der er keinerlei Reaktion erhalten hatte, löste Draco den Kuss wieder und musterte den Jüngeren, teilweise besorgt und unsicher, da er befürchtete, etwas kaputt gemacht zu haben, da er ja versprochen hatte, sich zurückzuhalten, auf der anderen Seite konnte er es aber einfach nicht bereuen, da er schon so lange wartete. Eine Weile hielt Harry dem Blick aus sturmgrauen Iriden stand, doch dann wandte er verlegen den Blick ab und er konnte nur zu deutlich den leichten Rotschimmer auf seinen Wangen und die zuckenden Ohren spüren. Natürlich war der Kuss sehr angenehm gewesen, aber er war auch sehr überraschend gekommen. Er stand auf, allerdings ohne Draco noch einmal anzusehen. „Ich... muss jetzt gehen.“ Das war auch das, was er ursprünglich hatte sagen wollen. Dann ging Harry an Draco vorbei, der noch immer an dem Baum angelehnt saß und lief den Hügel zum Fuchsbau hinab. Ihm fiel auf, dass er seinen Feuerblitz vergessen hatte, doch nach einem kurzen „Accio, Feuerblitz!“ flog dieser ihm hinterher. Er bekam gar nicht mit, dass er an Blaise vorbeirannte, der ihm verwundert hinterher sah und noch erstaunter war, als schließlich Harrys Besen an ihm vorbeiraste. Dann wandte er sich wieder um und stieg den Hügel empor, auf dem er Draco stehen fand, der unfokussiert in die Weite starrte. Blaise klopfte ihm auf den Rücken. „Was hast du denn nun wieder angestellt?“ Draco seufzte leise und senkte den Blick wieder. „Ich hab ihn geküsst,“ erklärte Draco seinem besten Freund leise, ohne ihn dabei anzusehen. Der hob eine Augenbraue. „Und das hat ihn in die Flucht geschlagen?“ Doch er erntete nur ein Schulterzucken von dem Blonden. Harry derweil war beim Fuchsbau angekommen und betrat somit auch wieder eine der magischen Barrieren, die zu seinem Schutz errichtet worden waren. Er betrat das Gebäude und die Anwesenden sahen von ihrem Essen hoch, doch er bemerkte all dies nicht. Der Junge lief einfach durch die Küche, ohne die anderen zu beachten, weiter ins Treppenhaus und erklomm die Stufen, während die Anderen ihm ratlos hinterher sahen. Schnell hatte er mit seinem Besen in der Hand Rons Zimmer erreicht, in dem er auch diesmal auf einem der Feldbetten schlief. Seinen Feuerblitz ließ er daneben auf den Boden fallen, er selbst setzte sich auf sein Bett. Seine Lippen kribbelten, während in seinem Bauch die Schmetterlinge Salto schlugen. Sachte legte er seine Fingerspitzen auf seine Lippen, auf denen kurz zuvor noch Dracos Lippen lagen und ein leichtes glückliches Lächeln umspielte seine Lippen. Auch wenn er wusste, dass seine Flucht den Slytherin vermutlich verletzt hatte. Er saß eine ganze Weile so, bevor es klopfte und kurz darauf Ginny ihren Kopf hereinstreckte. „Willst du nicht zu Abend essen?“ Sie musterte ihn ein klein wenig besorgt. Er war nun etwas in sich zusammengesunken. Es zerfraß ihm das Herz, dass er einfach davongelaufen war. Dennoch war das Kribbeln auf seinen Lippen nicht verschwunden. Ginny trat nun vollends ein, schloss die Tür hinter sich und setzte sich neben den Schwarzhaarigen. „Wir müssen sowieso noch reden,“ stellte sie leise fest und Harry hob den Kopf und sah sie fragend an. Das Mädchen lächelte leicht, beugte sich dann nach vorne und ehe Harry sich versah, hatte er abermals Lippen auf den seinen liegen und er spürte die Zunge, die sachte über seine Lippen leckte. Doch Harry drückte die Rothaarige sanft aber bestimmt von sich weg. „Ich liebe dich, Harry. Noch immer,“ erklärte Ginny und sah ihn abwartend an. Harry schüttelte traurig lächelnd den Kopf. „Tut mir leid, aber ich liebe jemand anderes.“ Ginny presste die Lippen zusammen und seufzte dann. „Okay. Kann man wohl nichts machen.“ Hastig stand sie auf und verließ den Raum, um in ihrem eigenen Zimmer ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Harry sah ihr nach. Es war bedauerlich, dass er sie zum Weinen gebracht hatte, doch es war die Wahrheit. Er hoffte nur, dass sie weiterhin befreundet sein konnten. Harry hatte ein taubes Gefühl auf den Lippen und auch die Schmetterlinge in seinem Bauch schienen abgestorben. Es war, als hätte Ginny ihm Dracos Kuss von den Lippen gestohlen. ** Heute war endlich der große Tag von Bill und Fleurs Hochzeit. Sie alle hatten ihre Festumhänge angezogen und saßen nun in einer der zahlreichen Stuhlreihen in dem großen Festzelt, das auf der Wiese neben dem Fuchsbau aufgebaut worden war. Vorne am Altar stand Bill und strahlte über das ganze Gesicht. Er war zwar nicht mehr so gutaussehend, wie vorher, tiefe Narben zierten sein Gesicht, doch er war rundum glücklich, seine Traumfrau heute heiraten zu können. Ginny, Hermine und Gabrielle waren die Brautjungfern und hatten wunderschöne königsblaue bodenlange Umhänge an, die, wie Harry fand, ihnen allen ausgezeichnet standen. Als Musik einsetzte, drehte er sich reflexartig um und sah, wie eine ebenfalls über das ganze Gesicht strahlende Fleur durch den Mittelgang schritt und sein Blick fiel auf das silbern glänzende Diadem in ihrem Haar. Harry hatte heute schon einige entferntere Verwandte der Weasleys kennen gelernt, doch am wundersamsten war das alte Tantchen Muriel gewesen, der besagtes Diadem gehörte und dieses immer wieder für Hochzeiten innerhalb der Familie verlieh. Die alte Dame war wirklich schrullig und hatte auch einiges an Fleur auszusetzen gehabt und Fleur hatte einiges damit zu tun gehabt, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie viele der Bemerkungen der Frau hart trafen. Erst nachdem Mrs Weasley ihr gesteckt hatte, dass Fleur bereits schwanger war, wenn auch erst im dritten Monat und man somit noch nichts unter dem Brautumhang sah, war sie ruhig geworden. Denn wie einige andere ihrer Generation war es nur natürlich, dass der Mann eine von ihm schwangere Frau zu heiraten hatte, um sie und sein Kind zu versorgen; das war schließlich seine Pflicht. Harry warf einen Blick zu Sirius und Remus hinüber, die neben ihm saßen. Sirius hatte sein Aussehen mit dem Vielsafttrank verändert, da nicht jeder der Gäste hier eingeweiht war und er die Feier auch nicht versauen wollte. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder nach vorne und es dauerte nicht lange, bis es schließlich zum Treueschwur kam. Die beiden hatten sich eigene Worte dazu ausgesucht, was gar nicht allzu einfach gewesen war und zumindest von Bill wusste er, dass er sich ewig Gedanken gemacht hatte und etliche Anläufe wieder verworfen hatte, bevor er endlich die richtigen Worte gefunden hatte. Nach der Zeremonie wichen die langen Stuhlreihen runden Tischen, an denen sich die Gäste niederließen. Erstaunt stellte er fest, dass nicht nur Sirius und Remus, sondern auch das wundersame Tantchen Muriel an seinem Tisch saß. So entging ihm auch nicht ihr Gemecker darüber, dass zwei Kerle sich doch nicht zu küssen hatten, es so was früher nie gegeben hatte und so was verboten gehöre. Harry schmunzelte nur und auch Sirius und Remus störten sich nicht daran, im Gegenteil, Harry hatte eher den Eindruck, vor allem Sirius wollte die alte Dame mit ihren öffentlichen Küssen provozieren. Des weiteren störte sich auch keiner der anderen Gäste daran. Er wurde aufmerksam, als sich Hermine und Ron neben ihn setzten und Ron der Brünetten einen Kuss auf die Lippen drückte. Überrascht hob er die Augenbrauen, bevor er sie ansprach. „Und wann wolltet ihr mir das sagen?“ hakte er nach, war aber keinesfalls böse. Er hatte ihnen schließlich auch noch nichts von dem Kuss von Draco erzählt. Hermine wandte sich ihm strahlend zu. „Hätten wir schon noch getan. Aber so lange sind wir ja auch noch gar nicht zusammen.“ Harry nickte nur und lächelte, was die beiden zu beruhigen schien. Vielleicht hatten sie ja eine andere Reaktion erwartet, doch der Schwarzhaarige war der Meinung, dass sie schon lange zusammen gehörten und man ihnen ihre Gefühle eh schon lange angesehen hatte. Nur sie selbst hatten es offenbar nicht gewusst. Er sah sich um und es versetzte ihm einen Stich, als ihm bewusst wurde, dass überall glückliche Paare saßen. Kapitel 9: Vollmond ------------------- 9. Vollmond Mittlerweile waren ein paar Tage vergangen seit der Hochzeit und sie waren wieder zurück am Grimauldplatz. Harry saß alleine in der geräumigen Küche und leerte seine Tasse Tee. Dann trug er sie hinüber zur Spüle und mit einem Schlenker seines Zauberstabes und einem gemurmelten Haushaltszauber, den Remus ihm beigebracht hatte, war die Tasse wieder sauber und er stellte sie in den Schrank. Er löschte das Feuer im Kamin, denn es war schon spät und er ging nicht davon aus, dass einer seiner beiden Mitbewohner es heute noch brauchen würde. Harry verließ die Küche und wollte zu seinem Zimmer emporsteigen, als ihm Remus und Sirius auf der Treppe entgegen kamen. Remus war ungewöhnlich blass und Harry erinnerte sich sofort daran, dass der Brünette bereits die ganze Woche über abends immer den Wolfsbanntrank zu sich genommen hatte. Er musterte den Älteren besorgt. Wenn er sich nicht irrte, war heute Vollmond und es war nur noch wenig Zeit, bis die Verwandlung einsetzen würde. Remus schien bereits geschwächt, denn Sirius stand seinem Freund stützend zur Seite. Gemeinsam setzten sie ihren Weg nach unten fort. „Wohin geht ihr?“ richtete Harry das Wort an die beiden Erwachsenen, konnte aber nicht verbergen, dass er auch ein wenig neugierig war. „Raus,“ antwortete Sirius knapp und musterte seinen Patensohn. „Remus braucht Freiheit,“ fügte er dann hinzu. Ein Werwolf brauchte auch mal Auslauf. James hatte es Gassi gehen genannt. „Kann ich mit?“ Harry war sofort Feuer und Flamme. Er wusste, dass die beiden bei Vollmond meist in dem dunklen Wald, der an das Grundstück angrenzte, verschwanden. Und es war das erste Mal Vollmond, seit er selbst auch ein Animagus war; beim letzten hatte er noch bei den Dursleys festgesessen. Remus und Sirius sahen sich kurz an. „Also, ich weiß nicht...“ Es war nur allzu deutlich, dass Remus bei dem Gedanken nicht gerade wohl war. Er wollte nicht, dass sich andere wegen ihm wissentlich in Gefahr brachten. „Ich verwandele mich einfach! Wenn du Sirius nichts tust, tust du mir auch nichts!“ war Harry felsenfest überzeugt und sah die beiden bittend an, aber seine Vorfreude war nicht zu übersehen. Nach einer Weile gab Sirius schließlich nach. „Aber ich werde ein Auge auf dich haben!“ „Schon klar!“ lachte Harry. Er war froh, in einer solch schweren Zeit auch einmal für Remus da sein zu können. Sofort machte er kehrt, von seiner anfänglichen Müdigkeit war nichts mehr vorhanden und seine Ohren zuckten vor Aufregung. Behände sprang er die Treppe hinunter und wartete dann ungeduldig auf den Rest seiner Familie. Gemeinsam verließen sie dann das Gebäude durch die Hintertür, die Sirius dann magisch verschloss. Danach schlugen sie den Weg in Richtung besagtem Waldstück ein. Sie gingen einen schmalen Weg entlang bis zu einer Lichtung. Dort ließ Sirius Remus ins hohe Gras sinken. Jetzt hieß es warten, bis die Verwandlung abgeschlossen war. Bereits nach kurzer Zeit gab Remus leises schmerzvolles Stöhnen von sich, das sich nach und nach zu ausgewachsenen Schreien steigerte. Es tat weh. Verdammt weh. Harry hätte nicht gedacht, dass es ihn so schmerzen würde, Remus bei seiner Verwandlung zuzusehen. Damals in der dritten Klasse hatte er wahrlich anderes im Kopf gehabt und es gar nicht richtig mitbekommen, wie sich Remus Knochen verlängerten, die Haut aufplatzte, dicke Muskeln, lange Zähne und Fell wuchsen. Zum Glück heilten die Verwandlungswunden rasch, doch es sah aus, als müsse es höllisch schmerzen und genau das tat es wahrscheinlich auch. Harry verzog schmerzlich das Gesicht, bevor er sich nach einer Mahnung von Sirius rasch verwandelte und er war unendlich froh, dass die Verwandlung zum Animagus absolut schmerzfrei vonstatten ging. Nach einer gefühlten Ewigkeit lag dann endlich nicht mehr ein kraftlos zitternder Remus vor ihnen, der eine qualvolle Mischung aus Mensch und Wolf war, sondern ein kompletter Werwolf. Harry fühlte unendliche Erleichterung, als die Verwandlung endlich abgeschlossen war und er befürchtete, dass die Rückverwandlung mindestens genauso schmerzvoll vonstatten gehen würde. Das Kätzchen tapste auf den silber-grauen Wolf zu. Die besorgten grünen Augen lagen auf Remus und er legte sich direkt vor dessen Nase, allerdings mit angespannten Muskeln zum Sprung bereit, falls der Wolf ihn nicht akzeptieren würde. Er spürte, dass auch Sirius lauernd hinter ihm stand, um sofort eingreifen zu können, falls der Wolf angesichts des neuen Geruches durchdrehen würde. Sirius’ Geruch war er schon lange gewöhnt, die beiden verbrachten den Vollmond immer zusammen, sie waren die einzigen beiden, die von ihrem einstmals vierköpfigen Rudel übrig geblieben waren. Ob der Wolf ein neues Rudelmitglied akzeptieren würde, würde sich also noch zeigen. Zumal er es vermutlich riechen würde, dass Harry wesentlich jünger und somit unerfahrener und darum leichtere Beute war. Sirius hoffte, dass Remus dank des Zaubertrankes sein zweites Ich besser unter Kontrolle hatte, als früher. Doch Remus hob nur den Kopf, beschnüffelte den Kater vor sich ausgiebig und leckte ihn dann beruhigend ab. Eine Welle der Erleichterung flutete Harrys Herz. Auch er war sich die ganze Zeit der Gefahr bewusst gewesen und er war unendlich froh, dass Remus’ Wolf ihn akzeptierte. Zufrieden erhob er sich wieder, Remus tat es ihm gleich, wenn auch eher schwerfällig und noch von der Verwandlung erschöpft. Sofort war Sirius an seiner Seite und stupste ihn sanft mit seiner Schnauze an, was direkt von Remus erwidert wurde. Harry stand dazwischen und kam sich zwischen den beiden Wänden aus Fell etwas verloren vor. Und noch ehe er sich versah, waren die beiden Älteren auch schon davon geprescht; Remus schien es augenscheinlich wieder besser zu gehen. Kurz sah Harry irritiert den beiden davon rasenden Fellbergen hinterher, bevor er versuchte, die beiden einzuholen. Er war schnell als Katze, aber nicht unbedingt so schnell, wie ein gut trainierter Hund und ein vor Kraft strotzender Werwolf. Nach einer Weile stellte er fest, dass er langsam aufholte, doch das lag wohl eher daran, dass die beiden verlangsamten bis sie schließlich standen und ihm wartend und hechelnd entgegensahen. Harry kam sich so blöd vor. Er hätte sich ja denken können, dass er mit seinen kleinen Beinchen nicht mithalten konnte und die beiden nur bremsen würde in ihrem Tatendrang. Sirius legte den Kopf schief und ließ seine Zunge heraus hängen. Dann deute er mit dem Kopf in Remus’ Richtung, der sich auf das Gras niedergelegt hatte und offenbar wartete. Harry verstand nicht gleich, doch dann interpretierte er auf gut Glück. Er ging zu dem Werwolf und versuchte, an dessen Seite hochzuklettern. Unterstützend fuhr er die Krallen aus, um sich im Fell besser festzuhalten, doch offenbar dauerte das alles zu lange, denn er spürte, wie Sirius’ Schnauze sich unter seinen Hintern schob, um ihm hoch zu helfen, damit er schließlich auf Remus’ Rücken zu sitzen kam. Fast augenblicklich stand Remus auf und Harry musste darauf achten, auf seinem schwankenden Untersitz zu bleiben. Abermals war er froh über seine Krallen, die er in dem grauen Fell vergrub. Und dann startete Remus. Es war gigantisch. Der Boden unter ihm raste nur so dahin und die Bäume flogen an ihm vorbei. Es war fast so wie fliegen und es machte ihm daher sofort Spaß, auch wenn er selbst keine Kontrolle hatte, doch er vertraute Remus blind und hatte keinerlei Angst. Der Wind sauste ihm um die Ohren und er warf einen kurzen Blick hinüber zu Sirius, der locker mit dem Tempo des Werwolfes mithalten konnte. Flüchtig fühlte er sich daran erinnert, wie er damals auf Seidenschnabel geflogen war, nur dass diese Angelegenheit wesentlich wackeliger gewesen war. Freudig spürte er, wie sich die festen Muskeln unter ihm bewegten. Es war ein berauschendes Gefühl, auch wenn andere Fortbewegungsmittel mit großer Wahrscheinlichkeit sicherer waren. Doch ihm gefiel es uneingeschränkt. Nach einer scheinbaren Ewigkeit war Remus dann schon etwas ausgepowerd, so dass er das Tempo drosselte und schließlich auf einer kleinen geschützten Lichtung zum Stehen kam und sich dann auch sofort hinlegte, damit Harry von ihm runterklettern konnte, was dann doch mehr einer Rutschpartie glich, auch wenn er sich weiterhin an Remus’ Fell krallte. Sobald Harry wieder auf festem Boden stand, setzte Remus sich auf seine Hinterbeine und begann, den kleinen Kater liebevoll und ausgiebig abzuschlecken. Wenn Harry es als Kater gekonnt hätte, hätte er nun freudig vor sich hingekichert, denn er fand es sehr lustig, wie der Werwolf mit ihm umging. Außerdem kitzelte es ein wenig. Doch so beschränkte er sich nur darauf, sich auf dem Boden umherzukugeln, damit die große Zunge auch seinen Bauch erreichen konnte. Sirius sah dem ganze Spektakel nur mit heraushängender Zunge und wachsam in die Umgebung gerichteten Ohren zu. Dann plötzlich und ohne Vorwarnung und ohne dass es jemand hätte vorhersehen können, stürzte sich der große schwarze Hund auf den silbergrauen Wolf und warf ihn um. Sogleich war ein Spielkampf zwischen den beiden Partnern entfacht, dem Harry nur rasch ausweichen, bevor er noch unter Fellbergen begraben werden konnte, und dann verwundert zusehen konnte. Die beiden stellten sich teilweise auf die Hinterbeine und schnappten auch nach dem jeweils anderen, aber Harry glaubte, dass das normal war, denn keiner der beiden versuchte, wegzulaufen. Und zu seinem Paten würde das auch sehr passen, er war nun mal der wilde Raufbold, der immer wieder neue Herausforderungen und Abenteuer suchte. Er konnte sich gut vorstellten, dass es zwischen den beiden an Vollmond immer so ablief. Erst nach einiger Zeit wurden die beiden wohl doch etwas müde. Es war schließlich fortgeschrittene Nacht und sie waren ja auch schon den ganzen Tag wach gewesen. Remus legte sich hin, bettete den Kopf auf seinen Vorderpfoten und schloss die bersteinfarbenen Augen. Sirius trottete zu ihm hin und legte sich dicht an seine Seite, so dass sich ihre wuchtigen Körper eng berührten. Der Hund ließ die Zunge heraushängen und schaute dem Kätzchen aus blauen Augen dabei zu, wie es sich einfach zwischen den Vorderpfoten des Werwolfes gemütlich machte und sich an dessen Brust kuschelte. Harry schloss die Augen und war kurz darauf eingeschlafen. ** Harry wurde wach, als ihn etwas warmes feuchtes am Gesicht berührte. Langsam öffnete er die grünen Augen und sah dann Sirius’ große rosafarbene Zunge, die ihm über den Kopf leckte. Es war bereits hell und warm, woraus Harry schloss, dass es bereits Mittag war. Er fragte sich, was mit Remus war, denn er konnte ihn nicht sehen, doch Sirius schien seine Gedanken zu lesen, denn er wies mit seinem großen Kopf in eine bestimmte Richtung. Harry hob den Kopf und blickte hinüber. Dort lag Remus, rückverwandelt und er schien den gleichen Umhang zu tragen, wie am Vorabend. Auch Sirius verwandelte sich nun zurück und Harry tat es ihm gleich, denn es drohte ihnen keine Gefahr mehr. „Was ist mit ihm?“ fragte Harry besorgt, doch Sirius winkte ab. „Er ist bewusstlos. Das ist immer so, ein paar Stunden nach der Verwandlung.“ Er nahm Remus auf seine Arme und sah seinen Patensohn an. „Wir werden zum Grimmauldplatz apparieren.“ Harry nickte, hielt dann aber inne. „Wenn dich jemand sieht...“ Sirius schüttelte den Kopf. „Wir werden hineinapparieren. Ich war gerade dort und habe den Apparierschutz für zwei Minuten aufgehoben, deshalb müssen wir uns beeilen.“ Er wusste, dass Harry noch keine Apparierlizenz hatte und dass es illegal war, wenn er es jetzt trotzdem tat. Und er hatte es ja auch bereits getan, als er mit Dumbledore appariert war. Aber es war ja alles, was sie jetzt getan hatten, illegal. Sie durften sich nicht bei einem Werwolf aufhalten, geschweige denn, eine Nacht mit einem verbringen. Sirius war ein vielgesuchter Verbrecher, dem einige Morde angehängt wurden, mit ihm dürfte er sich also auch nicht erwischen lassen. Also war es egal. Und Sirius schien darauf zu vertrauen, dass sein Unterricht ausreichen würde, damit er in einem Stück ankam. Er konzentrierte sich und war kurz darauf verschwunden. Es war ein unbehagliches Gefühl, wie immer. Als er zu Hause ankam, war er tatsächlich an einem Stück und kurz darauf erschien dann Sirius mit Remus. Harry konnte die musternden Blicke auf sich spüren und erst, als Sirius sich sicher war, dass ihm, im wahrsten Sinne des Wortes, nichts fehlte, ging er zu der großen einladenden Treppe, um Remus hoch in ihr gemeinsames Zimmer zu bringen, damit er sich ausruhen konnte. Der Schwarzhaarige ging derweil weiter in die Küche, um Tee aufzusetzen, den Remus sicherlich trinken wollte, wenn er wieder wach wurde. Er hatte diese Nacht sehr genossen, es war wie ein Stück Freiheit gewesen, das er so selten mit den beiden genießen konnte und er freute sich auf weitere solche Nächte, auch wenn es jetzt erst mal hieß, nach Hogwarts zurückzukehren. Kapitel 10: Apparierprüfung --------------------------- 10. Apparierprüfung Harry stand mit seinem Gepäck an Gleis 9 ¾. Remus hatte ihn hergebracht, ihn aber bereits am Muggelbahnhof verabschiedet. Der Abschied von Sirius war ihm nicht leicht gefallen, denn dieser war dann wieder alleine am Grimauldplatz, da Remus noch ein paar Aufträge erhalten hatte. Es tat ihm Leid, dass sein Pate somit als einziger in dem riesigen Gebäude anwesend war und niemand ihn ablenken konnte. Denn Remus’ Auftrag konnte diesmal doch gefährlich werden, wenn man auch seine Aufträge mit Bedacht wählen musste, da es bekannt war, dass er ein Werwolf war. Harry hoffte nur, dass Remus den Vollmond nicht alleine verbringen musste. Doch er hatte auch noch ganz andere Dinge im Kopf. Draco beispielsweise. Es war ihr erstes Aufeinandertreffen, seit dem Kuss. Und er wusste nicht so genau, wie er sich verhalten sollte, wenn sie sich wieder sahen. Auch wenn er immer ein Kribbeln in seinem Bauch spürte, wenn er auch nur an den Kuss dachte, verdrängte er den Gedanken daran lieber, denn der war auch immer mit einem leichten schlechten Gewissen verbunden. Es war ihm irgendwie auch peinlich, einfach die Flucht ergriffen zu haben. Der Gedanke, einfach so zu tun, als sei nie etwas gewesen, war ihm natürlich gekommen und das war wahrlich der einfachste Weg. Aber wenn er das tatsächlich tun würde, würde er Draco vermutlich erst recht nicht mehr in die Augen sehen können. Er sah sich kurz um, konnte aber im näheren Umkreis niemand bekanntes entdecken. Also zückte er seinen Zauberstab und dirigierte sein Gepäck damit die Treppe hoch in den Zug und dann weiter den Gang entlang bis zu einem freien Abteil. Dort verstaute er seinen riesigen Koffer auf der Ablage über den Sitzen, Hedwigs momentan leeren Käfig stellte er auf einem der Sitze ab und hängte seine Jacke an einen der Harken neben dem Fenster. Kurz stand er dann unschlüssig in dem Abteil, bevor er beschloss, da noch Zeit war, wieder hinaus zu gehen und zu sehen, ob er einen seiner Freunde finden würde. Kurz danach fand er die Familie Weasley auf dem Bahnsteig und hatte somit nicht nur Ron, sondern natürlich auch Hermine gefunden, die sich immer wieder Küsse auf die Lippen gaben und anscheinend nicht genug voneinander bekamen. Harry lachte, als er Ginnys Augenrollen sah, doch als die Jüngere ihn bemerkte, wandte sie rasch den Blick ab und hievte ihren Koffer in den nächstbesten Waggon. Er biss sich auf die Unterlippe, als er ihr nachsah und hoffte, dass sie bald über ihn hinweg sein würde und sich wieder normal mit ihm unterhalten konnte, doch nun wurde seine Aufmerksamkeit von seinen Freunden beansprucht, die ihn entdeckt hatten und ihn nun sehr stürmisch begrüßten. Lachend schloss er seine Freunde in die Arme und auch Mrs Weasley ließ es sich nicht nehmen, ihn kurz zu umarmen, bevor sie alle zum Zug scheuchte, da es nun doch schon spät war. Kurz sah Harry sich nach Draco um und hielt auch nach Blaise Ausschau, denn wo der schwarzhaarige Slytherin war, war der Blonde schließlich nicht weit, doch er schien kein Glück zu haben und als die Pfeife der Dampflok ertönte, machte Harry sich schleunigst daran, einzusteigen. Draco würde wahrscheinlich schon eingestiegen sein. Außerdem murrte Ron schon, dass er sie doch endlich zu dem Abteil bringen sollte, in dem er seine Sachen abgestellt hatte und es sah so aus, als würde Hermine den Rotschopf nicht mehr lange besänftigen können. Also erbarmte er sich und ging zu seinem Abteil voran, in dem die Zwei dann ihre Sachen verstauten, bevor die beiden Vertrauensschüler sich auch schon wieder zur allgemeinen Besprechung verabschiedeten. Alleine im Abteil lehnte Harry sich zurück. Obwohl er gewusst hatte, dass seine Freunde ihren Vertrauensschülerpflichten nachgehen mussten, fühlte er sich nun doch etwas einsam. Er schaute hinaus aus dem Fenster und betrachtete die vorbeifliegende Landschaft. Der Junge dachte an die Ferien zurück, die in diesem Jahr recht abwechslungsreich verlaufen waren. Endlich hatte er Eltern, die sich auch für ihn interessierten und die ihn nicht die ganze Drecksarbeit machen ließen, auch wenn Black-Manor nun hauselfenfrei war. Und er fühlte sich pudelwohl bei Sirius und Remus. Nur Draco, der hatte ihm oftmals doch sehr gefehlt. Ein Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken und er sah auf und zur Abteiltür hin, die nun aufgeschoben wurde und den Blick auf die grinsenden Patil-Zwillinge frei gab. „Hey, Harry!“ grüßte Padma und ließ sich ihm gegenüber auf die gepolsterte Bank sinken. Auch diese Zwillinge konnte er mittlerweile ganz gut unterscheiden. Er sah zu, wie Parvati sich neben ihre Schwester setzte und Lavender, die die beiden im Schlepptau hatten, ließ sich neben Harry nieder. „Na, wie geht’s?“ Harry musterte die Brünette lächelnd. „Gut. Wie waren die Ferien?“ „Sehr schön. Wir waren in Indien,“ erzählte Parvati begeistert und schon war ein fröhliches Gespräch über ihre Ferien im Gange und Harry hatte das Gefühl, dass sich immer mehr Leute in das Abteil quetschten, so dass er bald schon fast den Überblick verloren hatte, wer noch da war oder zwischenzeitlich wieder gegangen und die Sprache kam auch irgendwann auf die DA. „Ich hoffe, du hast ein paar gute neue Zauber auf Lager!“ zwinkerte Hannah ihm zu und er grinste. „Klar! Ich hab noch die Bücher von Remus...“ erklärte er, wurde an dieser Stelle aber unterbrochen. „Harry, ich hatte doch gesagt, dass ich Professor Lupin eine Eule schicken würde, wenn die Stelle des Lehrers für Verteidigung gegen die dunklen Künste frei werden würde. Ich hab ihm geschrieben, dass er ein toller Lehrer war und dass er zurückkommen soll. Aber er hat mir geantwortet, dass er die Stelle nicht angenommen hat,“ meinte Lavender plötzlich ernst. Harry lachte. „Oh ja, deine Eule war nicht die Einzige! Er hat in den letzten Wochen jeden Tag mindestens 10 Eulen erhalten mit der Bitte, dass er nach Hogwarts kommen soll.“ Er grinste bei der Erinnerung. Bei den ersten solcher Eulen hatte Sirius sich schon gefragt, ob er eifersüchtig werden sollte, denn die Briefe mancher Mädchen waren dann doch sehr schwärmerisch gewesen. „Und warum hat er dann abgelehnt?“ wollte Neville aus irgendeiner Ecke des Abteils wissen. Harry zuckte mit den Schultern. „Das hat mehrere Gründe. Er hat halt viel zu tun.“ Doch der eigentliche Grund war, wie Harry wusste, dass Remus Sirius nicht so lange alleine lassen konnte und auch nicht wollte. Lavender seufzte laut. „Wär ja auch zu schön gewesen, um wahr zu sein.“ Sie sah in die Runde. „Was glaubt ihr, wie der neue Verteidigungslehrer sein wird? Ob der auch so schrullig oder überdreht oder kauzig sein wird, wie unsere bisherigen Lehrer in dem Fach? Ich würde mir mal jemanden wünschen, der was von dem Fach versteht und trotzdem gut mit Schülern umgehen kann. Bisher konnte das außer Lupin niemand. Die waren alle inkompetent und Moody... nun ja...“ Sie zuckte mit den Schultern und ließ den Satz unbeendet, doch die Meisten der Anwesenden wussten nur zu gut, was sie meinte. Was Großteils vor allem daran lag, dass sie nie den echten Mad-Eye kennen gelernt hatten, fügte Harry in Gedanken an, doch wenn er ehrlich zu sich selbst war, war ihm auch der Echte nicht geheuer. Er zuckte mit den Achseln. Es würde ihnen allen nichts anderes übrig bleiben, als abzuwarten und zu spekulieren. Aber eigentlich hofften alle, dass Dumbledore mal wen vernünftigen auf diesen Posten ließ. „Mann, hier ist es ja voll!“ war plötzlich zu hören und Harry sah zur Abteiltür und musste schmunzeln. Ron wollte sich noch dazuquetschen, denn auf den Bänken saßen schon mehr Leute zusammengepfercht, als eigentlich drauf passten und Justin hatte beispielsweise seine Freundin Hannah auf dem Schoß und Harry war sich sicher, wenn hier mehr Platz wäre, wären ungefähr doppelt so viele Schüler hier drin, wie jetzt. Doch Hermine hielt ihn auf. „Nebenan sitzt momentan niemand, also lassen wir doch einfach die Wand verschwinden!“ Mit einem kurzen Schlenker ihre Zauberstabs tat Hermine das auch und die Sitze an der Wand, die zwischen den beiden Abteilen gewesen waren, hatten nun einfach keine Lehne mehr und es gab einen schmalen Durchgang zu dem anderen Abteil. Ein paar seiner Freunde standen auf und verteilten sich nun auch auf das zweite Abteil und ehe Harry sich versah, saß plötzlich Draco neben ihm. „Ganz schön was los hier!“ Mit amüsiertem Funkeln in den Augen sah er sich um und Harry konnte nur schlucken. Oh, verdammt, er hatte nicht damit gerechnet, jetzt auf den Blonden zu treffen, dabei hatte er sich noch gar nicht entschieden, wie er sich ihm gegenüber nun verhalten sollte. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Blaise sich grinsend neben Ron auf die Sitzbank fallen ließ, während von Hermine keine Spur zu sehen war. Seltsam, die beiden waren sonst unzertrennlich. Ob was vorgefallen war? All diese Gedanken schossen ihm in sekundenschnelle durch den Kopf, während er Draco ansah und bemerkte, dass er sich selbst jetzt noch lieber von dem Gedanken an Draco und den Kuss ablenkte, als irgendwas zu unternehmen. Aber er wusste ja sowieso nicht, was Er kam sich grausam vor, doch Draco wandte sich ihm nur zu und sah ihm lächelnd in die Augen. Zaghaft erwiderte Harry den Blick und versuchte das Grau zu ergründen, um herauszufinden, ob Draco wegen seiner Flucht irgendwie sauer war, doch dem schien nicht so. Verlegen wandte er den Blick ab und biss sich unsicher auf die Unterlippe, bemerkte aber die wild zuckenden Ohren nicht. Unruhig knetete er seine Hände in seinem Schoß. Himmel, er war wirklich kurz davor, aufzustehen und sich woanders hinzusetzen, doch das konnte er Draco nicht antun. Überrascht sah er hoch, als plötzlich eine warme Hand auf seiner lag, fahrig glitt sein Blick über Dracos Gesicht und er versuchte, darin zu lesen, doch der Blonde lächelte ihn weiterhin sanft an und beugte sich ein wenig zu ihm hinüber. „Hör zu, Harry. Ich möchte mich bei dir entschuldigen. Ich hatte ja eigentlich versprochen, mit zurückzuhalten, aber...“ „Nein!“ unterbrach Harry ihn hastig und mit klopfendem Herzen. Er sollte sich nicht dafür entschuldigen, dass Harry ihm einfach seine Gefühle nicht gestehen konnte. Und auch jetzt, in dem vollen Abteil, war nicht der richtige Augenblick. Draco musterte ihn abwartend und Harry wurde bewusst, dass er noch etwas hinzufügen musste. „Ich meine ... ich bin es, der sich entschuldigen muss,“ haspelte er und sah Draco dabei fest in die Augen und hoffte, dass der ihn verstand, auch ohne dass er das nun weiter ausführen musste. Und tatsächlich brachte seine Entschuldigung das Lächeln auf Dracos Gesicht zurück. Eine Weile sahen sie sich nur stumm in die Augen, wobei Dracos Hand eine unglaubliche Wärme in Harrys Innerem auslöste. „...rry! Harry!“ hörte er plötzlich Ron rufen und etwas hartes traf ihn an der Schläfe. Verwirrt wandte Harry seinen Blick zu Ron, der ihm offenbar irgendwas an den Kopf geworfen hatte, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. „Auch wieder anwesend?“ grummelte der Rotschopf, während Blaise neben ihm nur ultrabreit grinste, immerhin war diesem weder entgangen, dass sein bester Freund noch immer Harrys Hand hielt, auch wenn diese mittlerweile zwischen den beiden ehemaligen Kontrahenten auf der Sitzfläche der Bank lag, noch dass sich beide so innig angesehen hatten. „Was ist denn?“ wollte Harry verwundert wissen, viel zu verwirrt, dass es noch andere Menschen außer ihm und Draco auf der Welt gab, um sauer zu sein. „Ich wollte nur wissen, ob du weißt, wann denn nun unsere Apparierprüfungen sind!“ wiederholte Ron zum gefühlten hundertsten Mal seine Frage. „Morgen,“ erwiderte Harry prompt und sah dabei zu, wie Rons Blick ungläubig und sein Gesicht ganz blass wurde. „Sag, dass das nicht wahr ist!“ platzte er dann heraus. „Wie kann man denn nur einen Prüfungstermin vergessen?“ harkte Draco mit hochgezogener Augenbraue nach. „Und wann sollen wir dann noch mal üben?“ verlangte Ron mit sich überschlagender Stimme zu wissen. Noch einmal durfte er nämlich nicht durchfallen, sonst wurde er für ein Jahr für die Prüfungen gesperrt und so lange wollte er nicht warten Harry zuckte mit den Schultern. Er hatte sich nicht wirklich Gedanken darüber gemacht, immerhin konnte er apparieren. Der Schwarzhaarige hatte auch während der Übungen im letzten Schuljahr keine sonderlich großen Schwierigkeiten gehabt, doch das Gefühl, das dabei in seinem Inneren entstand, mochte er noch immer nicht sonderlich. Ron sprang nun auf und hatte kurz darauf das Abteil verlassen, gefolgt von Blaise. Verdattert blickte Harry ihnen nach, wurde dann aber abgelenkt, als er spürte, dass Dracos Daumen sanft über seinen Handrücken fuhr. ** Als sie endlich in Hogwarts ankamen, waren ihre Hände noch immer fest umschlungen, erst in der Großen Halle lösten sie sich, um an ihre jeweiligen Haustische zu gehen. Es war ein sehr schönes Gefühl für Harry gewesen, auch wenn sie nicht weiter über den Kuss geredet hatten. Er konnte einfach nicht, aber er konnte auch nicht Dracos Hand loslassen, es war einfach zu angenehm gewesen. McGonagall führte die neuen Schüler herein, doch es waren diesmal wenige. Harry vermutete, dass einige Eltern dachten, dass ihre Kinder bei ihnen zu Hause sicherer sein würden. Doch er war anderer Meinung. Solange Dumbledore da war, war Hogwarts der sicherste Ort in Großbritannien, denn er war der einzige Zauberer, vor dem Voldemort Respekt hatte und der ihm mindestens ebenbürtig war. Die Zuteilung begann und Harry ließ seinen Blick schweifen. Ihm entging Rons desinteressiertes Gesicht nicht, der ungeduldig mit den Fingern auf dem Tisch trommelte und mit knurrendem Magen auf das Essen wartete und sich offenbar wegen der vergessenen Apparierprüfung wieder beruhigt hatte. Sein Blick glitt weiter über Hermine und seine anderen Freunde. Er wurde wehmütig, als er daran dachte, dass dies der Anfang ihres letzten Schuljahres war und dies die letzte Schuljahreseröffnungsfeier sein würde, die er erlebte, weshalb er rasch seine Aufmerksamkeit wieder dem Geschehen vor dem Lehrertisch zuwandte, um nicht allzu viel zu verpassen. Kurz darauf erhob Dumbledore sich, hielt seine kurze obligatirische Willkommensrede und stellte auch den neuen Verteidigungslehrer vor und Harry warf diesem einen kurzen Blick zu. Er schien genauso gut gelaunt und streng, wie Snape, war auch genauso blass und hatte schwarze lange glatte Haare, war aber nicht schwarz, sondern mitternachtsblau angezogen. Nachdem der Direktor geendet hatte erschien auch schon das Essen und Harry tat sich allerhand der Speisen auf, die es nur bei den Feiern gab, bei den normalen Abendessen im Laufe des Schuljahres aber nicht. Er hatte das Gefühl, sonst irgendeine Kleinigkeit zu verpassen und es dann später zu bereuen, wenn er diese nun nicht würdigen würde. Nach dem Essen machten sie sich alle zusammen zum Gryffindorturm auf, von Draco hatte er sich ja bereits verabschiedet. Gesättigt ließ er sich auf einen der Sessel in dem Raum fallen. „Sag mal, was läuft denn da zwischen dir und Malfoy?“ wollte Ron plötzlich wissen und sah Harry herausfordernd an, wobei ihm Hermines Augenrollen somit entging. Harry zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“ Ron schnaubte. „Das sah mir heute aber nicht nach ‚keine Ahnung’ aus. Ihr habt Händchen gehalten!“ Der Schwarzhaarige zuckte zusammen. Er hatte eigentlich gehofft, es wäre niemandem aufgefallen, sie hatten es immerhin gut unter ihren Umhängen versteckt. „Was ist mit Ginny?“ harkte der Rothaarige dann weiter nach. Harry hob abermals die Achseln. „Du weißt, dass ich mit ihr Schluss gemacht habe. Sie ist frei und kann sich einen anderen Freund suchen.“ „Sie liebt dich aber noch immer!“ erklärte Ron aufgebracht. Wenn es um seine Schwester ging, nahm Ron keinerlei Rücksicht. „Ja, aber ich habe ihr bereits gesagt, dass ich jemand anderes liebe,“ erklärte Harry, doch damit hatte er offenbar das Falsche gesagt, denn Rons Gesicht wurde wütend und seine Ohren färbten sich knallrot. Doch bevor er ausbrechen konnte, kam Hermine ihm zuvor. „Du liebst ihn also wirklich?“ „Ähm...“ Harry zögerte. Sollte er es ihnen wirklich sagen? Aber er konnte Hermine sowieso nichts vormachen, sie war immerhin nicht umsonst die intelligenteste Hexe in ihrem Jahrgang. Er zuckte erneut mit den Schultern. Das konnten seine Freunde dann auslegen, wie sie wollten. „Oh Harry, das ist ja wunderbar!“ Hermine strahlte ihn regelrecht an. Auf ihr Verständnis hatte er schon gehofft und er war froh, dass er nicht enttäuscht wurde. Ron hingegen hatte ja schon Schwierigkeiten allein damit gehabt, dass Draco und er das Kriegsbeil begraben hatten. Nun kam auch er damit zurecht, zwangsläufig, und hatte sich schon etwas mit Blaise angefreundet, aber er glaubte einfach nicht, dass der Rothaarige es ihm so einfach machen würde. Ron verzog das Gesicht, doch abermals kam er nicht zu Wort. „Bist du bi oder schwul?“ fragte nun Seamus, der mit Neville ganz in der Nähe saß und offenbar mitgehört hatte. Diese Frage überraschte Harry und er dachte kurz nach. Ihm kamen seine Küsse mit Cho und Ginny in den Kopf. Sie waren ihm auch im Nachhinein nicht unangenehm, aber wenn er dann an das Kribbeln dachte, das ihn schon nur erfasste, wenn er an den kurzen Kuss mit Draco dachte, bei dem sie sich ja nur mit den Lippen, nicht mit Zunge geküsst hatten, dann glaubte er die Antwort zu wissen. „Schwul,“ meinte er dann. Ron schnappte lautstark nach Luft, während Hermine, Seamus und Neville lächelten. „Wie ihr bereits wisst, ich ja auch. Und das ist absolut nichts schlimmes.“ Seamus warf Ron einen strengen Blick zu und beide Jungen rückten ihre Sessel an den Tisch, der zwischen Ron, Hermine und Harry stand, schließlich mussten nicht alle neugierigen Schüler in ihrem Umfeld alles mitbekommen. Er beugte sich vor und ein leichtes Glitzern legte sich in seine hellbraune Augen. „Ich habe auch mein Auge auf jemanden geworfen! Er ist so toll! Aber ich weiß nicht, wie ich an ihn rankommen soll, er ist Slytherin.“ Verschämt biss er sich auf die Unterlippe und sah seine Freund unsicher an. Harry lächelte. „Sofern es nicht Draco ist... aber ich könnte dir allenfalls noch mit Blaise helfen...“ Er zog eine Augenbraue hoch, als Seamus knallrot im Gesicht wurde. „Oh, Volltreffer...“ erkannte Harry erstaunt. „Ich müsste erst einmal herausfinden, wie seine sexuellen Neigungen sind. Vielleicht ist er ja auch durch und durch hetero...“ brachte Seamus seine Bedenken auf den Punkt. „Ich könnte Draco fragen... unauffällig, natürlich,“ bot Harry an und überlegte sogleich, wie er das anstellen könnte. Seamus strahlte. „Das wär toll!“ Erst jetzt fiel Harry Rons abwehrende Haltung auf. Der Rotschopf hatte sich weit in seinem Sessel zurückgelehnt, als könne er sich an seinen Freunden mit einer schweren Krankheit anstecken, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und beobachtete alles angespannt. Im Gegensatz zu Harry, Hermine und Neville hatte er das mit Seamus nicht gewusst. Aber Harry wertete es als gutes Zeichen, dass er nicht aufgesprungen und weggerannt war. Er tauschte mit Hermine einen kurzen Blick und die Brünette bedeutete ihm, Ron etwas Zeit zu geben und er nickte unmerklich. Dann ergriff Neville das Wort. „Also, wenn du kein Interesse mehr an Ginny hast, dann werd ich sie nach einem Date fragen!“ Er klang ungewohnt entschlossen, was sofort die Blicke seiner Freunde auf ihn lenkte. „Ich hab kein Problem damit,“ erwiderte Harry einfach nur. ** Heute stand endlich die Apparierprüfung an. Harry war noch nie vor einer Prüfung so ruhig gewesen, wie jetzt, noch nicht einmal vor einer der Verteidigungsprüfungen, in denen er ja immer sehr gut war. Er wusste einfach, dass er es konnte und daher nichts schief gehen würde. Im Gegensatz zu Ron. Der war leichenblass und hatte schon den ganzen Morgen kein Wort gesagt. Zunächst hatte Harry angenommen, es würde noch um sein Outing gehen, doch dann war ihm aufgefallen, dass Ron noch nicht einmal mit Hermine sprach und auch beim Frühstück keinen Bissen herunter bekam. Seine letzte Prüfung hatte zwar bis auf die halbe Augenbraue ganz gut geklappt, immerhin gab es auch Leute, die sich trotz etlicher Trainingsstunden bei der Prüfung, meist vor Nervosität, komplett zersplitterten, doch wenn er es dieses mal nicht schaffte, drohte ihm eine einjährige Prüfungssperre und das würde nicht nur seine Brüder zu Spott hinreißen. Außerdem war es sehr wichtig, als erwachsener Zauberer apparieren zu können, gerade in Kriegszeiten. Aber Harry befürchtete, dass Ron sich schon zu sehr verrückt machte und es dann eventuell gerade deswegen, weil er sich selbst zu viel Druck machte, schief gehen würde. Draco, der neben ihm stand, machte auch einen sehr gelassenen Eindruck, aber das hatte er nicht anders erwartet. Seamus hingegen hatte schon seine Koordinaten erhalten und war gerade vor ihnen verschwunden und die beiden Prüfer besahen sich die Stelle genau, ob der Gryffindor auch nur das kleinste Körperteil zurückgelassen hatte, doch den zufriedenen Gesichtern nach zu urteilen, hatten sie nicht eines seiner Moleküle gefunden, was sie auch auf ihrem Klemmbrett notierten. Kurz darauf war dann Neville an der Reihe und da alles nach dem Alphabet ging, war Draco danach dran, doch auch Harry wurde schon heran gewunken, da es mehrere Prüferteams gab. „Viel Glück, Alter!“ wünschte Ron ihm, doch er war noch immer leichenblass. Draco drückte kurz seine Hand und lächelte ihm zu, während Harry zu seiner Prüferin ging, Draco zu einem anderen. Die Prüferin gab ihm die Aufgabe, direkt vor das Café von Madame Puddifoot zu apparieren, was er auch gleich in die Tat umsetzte. Als er an seinem Zielort ankam, wurde er bereits von zwei weiteren Prüfern erwartet, die ihn dann gründlich untersuchten. Dann erschien ein Pergament vor den Augen der Prüfer und einer der beiden angelte es aus der Luft. Beide warfen einen kurzen Blick darauf und nickten dann zufrieden. Dann notierten sie etwas auf einem weiteren Pergament und wandten sich dann an den wartenden Schwarzhaarigen. „Herzlichen Glückwunsch, Mister Potter, Sie haben bestanden!“ Nacheinander reichten sie ihm die Hand und drückten ihm nun sein Zertifikat in die Hand, das besagte, dass er nun offiziell apparieren durfte. Lächelnd verabschiedete er sich und apparierte zu ihrem Treffpunkt, den Drei Besen. Als er eintrat, saßen dort bereits ein strahlender Seamus, ein ebenso glücklich wirkender Neville, eine mild lächelnd Hermine und auch Blaise war da. Kurz darauf erschien auch Draco hinter ihm und beide setzten sich zu ihren Freunden. Dann fehlte jetzt nur noch Ron, doch der ließ auf sich warten. In der Zwischenzeit bestellten alle Butterbier und unterhielten sich über die Prüfung. Dass alle bestanden hatten, stand außer Frage. Nach einige Zeit kam dann auch ein sehr erleichtert wirkender Ron herein gestürmt und wedelte mit seinem Zertifikat in der Luft herum. Auch er bestellte sich ein Butterbier und sie feierten ihre bestandene Prüfung. ** Am Ende der Woche saßen Draco und Blaise in der Bibliothek, um gemeinsam mit Harry Hausaufgaben zu machen. Der war etwas zu spät, doch er war froh, dass er sich überhaupt mit dem Blonden treffen konnte, denn seine Ämter als Quidditch-Kapitän und als Leiter der beiden DA-Gruppen nahmen ihn ganz schön ein. Und auch diesmal würde er wohl nicht lange bleiben können, da heute Abend noch Quidditch-Training anstand. Schwer atmend kam Harry schließlich in die Bibliothek gerannt und versuchte, seinen Schritt zu verlangsamen, damit er nicht Madame Pinces Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde. Doch sein Herz schlug noch immer heftig, als er bei den beiden Slytherins ankam und sich neben Draco auf den Stuhl fallen ließ. Tief atmete er durch, während Blaise und Draco ihn abwartend ansahen. „Sorry, Beziehungsstreit. Musste mal wieder als Schlichter herhalten. Aber so geht das ja schon seit der zweiten Klasse,“ erklärte er kurz und sah beide nacheinander an. Draco hob elegant eine Augenbraue, während er eine Seite in dem Buch vor ihm umblätterte. „Wovon redest du bitte?“ Auch Blaise warf ihm einen neugierigen Blick über die Bücher und Pergamente auf ihrem Tisch hinweg zu. „Hermine und Ron! Haben sie noch nicht erwähnt, dass sie ein Paar sind?“ wollte Harry wissen. Doch eigentlich war es so offensichtlich, dass die beiden es auch selbst bemerkt haben müssten. „Oh,“ meinte Blaise nur kurz angebunden und senkte den Blick vor sich auf die Tischplatte. Harry runzelte die Stirn und ihm entging nicht der Blick, den Draco seinem besten Freund zuwarf. War das Sorge in seinen Augen? Mitleid? Der Gryffindor sah zwischen beiden hin und her. „Was ist los?“ An seiner Erklärung war doch nun wirklich nichts Neues gewesen, seine beiden Freunde waren schließlich lange genug umeinander herumgeschlichen. „Naja...“ Draco zögerte, während sein Blick weiterhin auf dem schwarzhaarigen Slytherin lag. Der nickte kaum merklich und schien somit sein Einverständnis zu geben, dass Draco es erzählen durfte. „Also,“ begann Draco erneut und wandte sich nun an seinen unmittelbaren Sitznachbarn. „Blaise ist total in Ron verknallt.“ Harry öffnete überrascht seinen Mund ein Stück und hob beide Augenbrauen. Damit hatte er nun nicht wirklich gerechnet, aber sein Auftrag bezüglich Blaises sexueller Präferenzen hatte sich nun von selbst ergeben. „Ich hatte mir echt Hoffnungen gemacht,“ erklärte nun Blaise leise. „Wir verstehen uns mittlerweile super und er greift nicht mehr sofort nach seinem Zauberstab, sobald ich nur in seine Nähe komme. Aber ich dachte auch, er mag es, wenn ich ihn berühre, was ich in letzter Zeit ziemlich oft gemacht habe, weil ich mich langsam an ihn herantasten wollte.“ Harry musterte sein Gegenüber aufmerksam. „Naja, Ron ist das vielleicht gar nicht so sehr aufgefallen. Er hat viele Geschwister, eine große Familie, die sich dauernd irgendwie berühren oder umarmen oder so was in der Art. Als ich die Weasleys kennen lernte, musste ich mich auch erst einmal daran gewöhnen, dass sie mich ständig irgendwie angefasst haben, denn in der Familie in der ich aufgewachsen bin, gab es das nicht.“ Harry schwieg kurz und zögerte. Sollte er? „Aber es gibt einen anderen Gryffindor, der ein Auge auf dich geworfen hat.“ Er sah, wie Blaises Kopf hoch ruckte und er plötzlich von tieftraurigen blauen Augen gemustert wurde, als wolle der Ältere herausfinden, ob er es ernst meinte. Doch weiter kam Harry in seinen Erklärungen gar nicht, denn plötzlich stand Seamus neben ihrem Tisch. „Blaise, würdest du mir Nachhilfe mit dem Patronus geben?“ Er blickte auf den Slytherin hinunter, dann warf er Harry einen kurzen Blick zu. „Du hast den letzte Woche schon sehr gut hinbekommen, aber bei mir will er einfach keine richtige Gestalt annehmen. Ich würde ja Harry fragen, aber der hat so wenig Zeit.“ Erneut streifte sein Blick Harry, doch der hatte längst den Sinn und Zweck verstanden und ließ Seamus einfach machen, zumal er dessen hoffnungsvollen Blick bemerkt hatte. Blaise hingegen sah ihn zunächst verwundert an. „Ja, wieso nicht?“ meinte er dann lapidar und zuckte mit den Schultern. „Okay, morgen?“ Seamus strahlte seinen Gesprächspartner regelrecht an. „Meinetwegen.“ Man spürte, dass Blaise niedergeschlagen war, doch Seamus nickte zufrieden, machte kehrt und lief auch schon wieder aus der Bibliothek. Blaise wandte sich mit hochgezogener Augenbraue seinen beiden Mitstreitern zu. „Was war denn das? Er hätte doch auch jeden anderen aus der DA fragen können! Da gibt’s ja auch genug Gryffindors.“ Es war das erste Mal, dass Seamus und er überhaupt miteinander gesprochen hatten. Auch Draco sah nun Harry fragend an, der keineswegs überrascht schien. „Na...“ Harry wies bedeutungsvoll mit dem Kopf in die Richtung, in der Seamus verschwunden war, doch Blaise schien ihn nicht zu verstehen, wohingegen bei Draco der Groschen gefallen war, da er wohl an das Gespräch von zuvor dachte. „Ach du meinst...?“ Er deutete ebenfalls mit dem Kopf dorthin, wo Seamus eben gestanden hatte, dann auf Blaise und Harry nickte lächelnd. Blaise blinzelte. „Könnte mich mal wer aufklären?“ „Seamus ist derjenige welcher,“ meinte Draco und lächelte ebenfalls. Blaise sah zwischen den beiden hin und her. Er hatte eindeutig was verpasst und sein blonder Freund sprach in Rätseln. „Und jetzt noch mal für kleine Slytherins zum mitschreiben. Und bitte ausführlich,“ bat er die beiden dann, als er sich nach einer Weile noch immer keinen Reim auf Dracos Aussage machen konnte. Der verdrehte die Augen. „Du bist aber schwer von Begriff! Seamus ist derjenige, der in dich verknallt ist!“ brachte er schließlich die Fakten auf den Tisch und diesmal deutlich. „Ach?“ Blaise sah den Blonden erstaunt an. Damit hatte er nun echt nicht gerechnet. Aber Draco wusste, dass auch Seamus genau Blaises Typ war. „Aber“ Harry rutschte auf dem Stuhl etwas nach vorne, lehnte sich über den Tisch und sah Blaise ernst an. „Falls du es wirklich in Erwägung ziehen solltest... ich gebe dir den Rat, es wirklich ernst mit ihm zu meinen, wenn du dich an ihn heran machst.“ Er setzte sich wieder normal auf seinen Stuhl, sah Blaise aber dabei unverwandt an, doch der erwiderte den Blick nur fragend, aber auch neugierig. „Er wurde sehr, sehr verletzt. Ihr kennt doch Dean aus unserem Jahrgang?“ Blaise nickte und Harry warf auch Draco einen Seitenblick zu, der ebenfalls bejahte. „Seamus und er waren ein Paar. Allerdings hat Seamus Dean dabei erwischt, als dieser ihn betrogen hat. Mit einem Mädchen,“ fuhr Harry fort. „Das passiert eben.“ Draco zuckte mit den Schultern, sah dann jedoch Harrys bösen Blick. „Ich meine, wenn man bi ist. Es ist ja nicht so, dass es dann schlimmer ist, wenn es ein Mädchen ist. Hätte genauso gut ein Junge sein können.“ „Eben nicht,“ entgegnete Harry. „Dean sagt von sich, dass er weder homo- noch bisexuell ist, sondern durch und durch hetero. Er wollte nur mal ausprobieren, wie es mit einem Kerl ist. Er hat mit Seamus nur gespielt und ihn dann wie eine Puppe fallen lassen, als er sein Spielzeug nicht mehr wollte. Alles, was er je zu Seamus gesagt hat, war gespielt und gelogen.“ Die beiden Slytherins schwiegen betroffen und beide hatten, wie Harry erkennen konnte, den Blick gesenkt. Eine Weile herrschte Stille, bevor Harry fortfuhr. „Jedenfalls hat Seamus danach erst mal vier Wochen in Hufflepuff gewohnt, da er es nicht in einem Schlafsaal mit Dean ausgehalten hat und er hat sich im Unterricht immer so weit weg wie möglich von ihm gesetzt. Wir stehen alle hinter Seamus.“ Draco hob nun den Kopf und schnaubte. „Uns Slytherins wir immer Dreistigkeit und Hinterlist vorgeworfen. Aber es gibt offenbar Leute, auf die das wirklich zutrifft.“ Erneut schwiegen sie, bevor Harry nach seiner Schultasche griff, die er zuvor neben seinem Stuhl auf dem Boden abgelegt hatte. „Ich muss jetzt auch schon wieder weg.“ Er stand auf. „Schon?“ Draco sah etwas enttäuscht zu ihm hoch. Harry war nur sehr kurz da gewesen, sie hatten kaum Zeit gehabt, richtig miteinander zu reden, geschweige denn, etwas Zeit für sich alleine gehabt. „Tut mir Leid.“ Harry grinste verunglückt zu dem Blonden hinab. Auch er hätte liebend gern mehr Zeit mit Draco verbracht, zumal sie sich heute nicht mehr sehen würden. Blaise sah zwischen den beiden hin und her. „Warum geben mir Leute Beziehungstipps, die noch nicht einmal ihre eigene Beziehung auf die Reihe kriegen?“ Harry lächelte, beugte sich vor und küsste Draco kurz auf die Wange. „Immerhin haben wir eine Beziehung!“ Rasch drehte er sich um und verließ eilig die Bibliothek, bevor einer der beiden noch den Rotschimmer auf seinen Wangen und die heftig zuckenden Ohren bemerkten. Derweil sah Draco Harry perplex hinterher, strahlte aber übers ganze Gesicht, als er sich wieder Blaise zuwandte. „Immerhin haben wir eine Beziehung!“ wiederholte er glücklich. Blaise hob eine Augenbraue. „Wenn dir das reicht...“ „Vorläufig schon...“ Draco zuckte mit den Schultern. „Und dieses Lächeln ist jetzt in deinem Gesicht festgeklebt, was?“ Auch Blaises andere Augenbraue wanderte nach oben. „Ja,“ antwortete Draco schlicht und das Lächeln wurde noch bereiter, woraufhin Blaise nur noch die Augen verdrehen konnte. Kapitel 11: Okklumentik ----------------------- 11. Okklumentik Gerade waren die Posteulen gekommen. Auch Hedwig war zu ihm gekommen und hatte ihm einen Brief von Remus gebracht. Doch zunächst hatte er sich um seine Eule gekümmert, da er in letzter Zeit nicht oft dazu gekommen war und sie sich wohl schon vernachlässigt fühlte, nachdem sie in den Ferien fast täglich was zu tun gehabt hatte. Also gab er ihr ein Stück trockenen Toast und streichelte sie ausgiebig. Erst nachdem sie wieder mit ihm versöhnt und weggeflogen war, öffnete er die Pergamentrolle. Hallo, Harry! Wir machen uns ein wenig Sorgen. Auch jetzt, nach zwei Wochen, kommen noch immer Eulen, in denen ich gebeten werde, wieder in Hogwarts zu unterrichten. Ist der neue Lehrer in VgddK wirklich so schlimm? Ich hoffe es nicht; Dumbldore hat gerade jetzt vermutlich einen sehr kompetenten Lehrer gefunden. Meine Arbeit verläuft recht gut und auch Schnuffel hat Beschäftigung gefunden. Tut mir im übrigen Leid, dass wir uns so lange nicht gemeldet haben, aber du weißt ja, dass es im Moment schwierig ist. Wir hoffen, dir geht es gut und du lernst gut. Außerdem sollst du aufpassen, du weißt, was er meint. Remus und Schnuffel Harry verdrehte die Augen. Natürlich wusste er, was oder vielmehr wer gemeint war. Draco. Aber die Formulierung ließ ihn erahnen, dass diese Warnung mehr von Sirius als von Remus kam und dieser seinen Freund wohl genötigt hatte, das zu schreiben, denn Remus war Draco gegenüber recht unvoreingenommen, im Gegensatz zu seinem Paten. Er freute sich, dass Sirius eine Beschäftigung gefunden hatte, so kam er sich in dem großen Gebäude vielleicht nicht mehr so alleine und eingesperrt vor. Doch genau das hatte Harry jetzt sehr neugierig gemacht und er fragte sich, was diese Beschäftigung wohl war. Dass Remus geschrieben hatte, war auch ein gutes Zeichen dafür, dass er seine Aufträge gut zum Abschluss bringen konnte, auch wenn er es absichtlich vage formuliert hatte, falls Hedwig abgefangen worden wäre. Was den neuen Lehrer anging, nun, er hatte diesem gegenüber eher ein neutrales Gefühl. Er mochte ihn zwar nicht unbedingt, aber er mochte ihn auch nicht nicht. Im Grunde war er okay. Zwar streng, aber so lernte man auch ganz gut. Harry selbst hatte sich jedenfalls noch nicht über ihn geärgert, denn im Gegensatz zu Snape zog er nicht einfach grundlos Punkte ab und ließ sie die einzelnen Zauber auch üben. Erst, als er das Pergamentblatt neben seinen Teller legen wollte, bemerkte er, dass dort ein weiterer zusammengerollter Brief lag, der noch verschnürt war. Er wusste, Hedwig hatte diesen nicht gebracht und er hatte keine Ahnung, wer ihn dorthin gelegt hatte, aber es stand sein Name darauf. Schleunigst öffnete er auch diesen, denn das Frühstück war bereits zu Ende und die anderen machten sich bereits daran, die Große Halle zu verlassen und zum Unterricht zu gehen. Auch Harry sprang hastig auf, um den Brief im Gehen zu lesen, wobei er aber nicht sonderlich darauf geachtet hatte, ob niemand hinter ihm stand, weshalb er sein Gesicht an einen Umhang gepresst wieder fand. „Hm, heute bist du aber stürmisch!“ hörte er eine amüsierte Stimme direkt an seinem Ohr und Harry trennte sich verlegen lächelnd wieder von Draco und sah zu ihm hoch. „Gehen wir zusammen in die Kerker?“ Der Blonde lächelte ihn verschmitzt an und Harry versuchte, das Zucken seiner Ohren abzustellen. Dann zuckte er mit den Schultern. Da sie Zaubertränke hatten, mussten sie sowieso beide dorthin und da er heute Nachmittag Quidditch-Training hatte, würde ihnen heute vielleicht gerade mal eine Stunde zusammen bleiben, also mussten sie jede Gelegenheit nutzen, die sie gemeinsam verbringen konnten. Gemeinsam gingen sie also zu den Kerkern und erst, als sie an ihrem Platz saßen, fiel ihm wieder der Brief in seiner Hand ein, den er schlichtweg vergessen hatte. Er war aber auch zu abgelenkt gewesen. Kurz überflog er die Zeilen und runzelte missmutig die Stirn. Dann las er ihn ein weiteres Mal, in der Hoffnung, dass dort jetzt etwas anderes stehen würde, als zuvor. Doch natürlich war dem nicht so und er stöhnte frustriert auf, was sowohl Ron, Hermine und Ernie an seinem Tisch, als auch Draco und Blasie am Nachbartisch aufmerksam machte. Da Slughorn noch die Hausaufgaben einsammelte, beugte er sich zu Draco und flüsterte ihm zu: „Wir können uns heute leider gar nicht treffen.“ Doch noch ehe Harry etwas erklären oder Draco nachfragen konnte, begann Slughorn mit seinem Unterricht. Derweil schob Harry Dumbledores Brief zu Hermine hinüber, die kurz las und ihm einen mitleidigen Blick schenkte, denn auch sie wusste ja, dass die beiden kaum Zeit füreinander fanden. Aber genauso wie Harry selbst wusste sie auch, dass es notwendig war, dass er endlich Okklumentik lernte, damit nicht noch einmal ein solches Desaster wie Ende des fünften Schuljahres geschehen würde, als Voldemort Harry ins Ministerium gelockt hatte. Diesmal würde allerdings Dumbledore sein Lehrer sein. ** Es war Abend und Harry war einfach nur noch müde. Nach dem Unterricht hatte er Hausaufgaben gemacht, dann hatte er das heutige Qudditch-Training rund eine halbe Stunde verlängern müssen, da seine Kameraden sehr unkonzentriert gewesen waren, das Abendessen hatte er auch herunterschlingen müssen, da er keine Zeit gehabt hatte. Nun war er auf dem Weg zu Dumbledores Büro, zusammen mit Draco, um wenigstens ein paar Minuten miteinander verbringen zu können. Jedoch war Harry so müde, dass er sich fragte, ob er sich in seinem Okklumentikunterricht überhaupt würde konzentrieren können. Auch jetzt drifteten seine Gedanken ständig ab, denn sein Kopf brauchte einfach mal eine Pause. Das schien auch Draco zu bemerken, der einfach schweigend neben ihm herlief. Er war nicht sonderlich begeistert gewesen, als Harry nach dem Zaubertränkeunterricht erklärt hatte, weshalb ihr Treffen würde ausfallen müssen. Doch genauso wie Hermine und Harry selbst ja auch, hatte er eingesehen, dass es für Harry wichtig war, dass er Okklumentik beherrschte, zumal Harry ihm kurz die Verbindung, die zwischen ihm und Voldemort bestand, erläutert hatte. Während Harry und Ron Quidditch-Training gehabt hatten, hatte Hermine ihm dann von den Ereignissen berichtet, die dazu geführt hatten, dass Harry und seine Freunde ins Zaubereiministerium eingebrochen waren. Von dem Traum mit dem Angriff Naginis auf Arthur Weasley, der den Tatsachen entsprochen hatte, so dass Harry glauben musste, dass auch alles, was er danach sehen würde, der Wahrheit entsprechen musste. Allerdings ging sie nicht näher auf den Kampf oder den Grund ein, weshalb Voldemort Harry genau dort hatte haben wollen, doch ging sie davon aus, dass Draco sowieso einiges von der Gerichtsverhandlung seines Vaters mitbekommen hatte und dass weitere Erklärungen daher nicht nötig waren. Und Draco hatte auch nicht weiter nachgefragt, aber er wusste jetzt umso mehr, dass Harry unbedingt würde Okklumentik lernen müssen. Vor dem Wasserspeier zu Dumbledores Büro angekommen, drehte Harry sich dem Blonden zu und lächelte ihn wehmütig an. Er hoffte inständig, dass die beiden neben der ganzen Lernerei für die Abschlussprüfungen – die Lehrer hatten beschlossen, ihnen dafür noch mehr Hausaufgaben auszuhalsen, als in den Jahren zuvor schon –, dem Quidditch-Training beider Häuser und den DA-Stunden bald mehr Zeit würden füreinander finden können. Und ab heute würde auch noch regelmäßiger Okklumentik-Unterricht hinzu kommen. „Also, viel Erfolg. Ich denke, du schaffst das!“ Draco lächelte Harry aufmunternd an und dieser war augenblicklich froh darüber. Den ganzen Tag hatte er sich Sorgen gemacht, wie der Okklumentik-Unterricht wohl verlaufen würde, denn mit Snape war es wahrlich kein Zuckerschlecken gewesen. Mit Dumbledore würde es hoffentlich besser laufen. Dennoch war er nicht sonderlich erpicht darauf, auch vor diesem seine Erinnerungen auszubreiten. „Morgen haben wir hoffentlich mehr Zeit.“ Harry erwiderte den sanften Druck von Dracos Hand auf seiner, dann wandte er sich ab, sprach das Passwort, durchschritt die Öffnung und betrat die Wendeltreppe, die sich unter seinem Gewicht sofort in Bewegung setzte. Er warf einen Blick zurück auf Draco und er wusste, dass sich jetzt seine innere Unsicherheit doch noch auf seinem Gesicht widerspiegelte, doch Dracos aufmunterndes Lächeln verrutschte keinen Millimeter, obwohl Harry sicher war, dass Draco es bemerkt hatte, so dass das Harry auch wieder zum Lächeln brachte. Langsam verschwand Draco aus seinem Blickfeld. Oben angekommen betrat er zunächst das kleine Podest vor der Tür, bevor er an eben jene anklopfte. Ein kräftiges „Herein!“ ertönte und Harry betrat das dahinter gelegene Büro. Für die vielen kleinen Gerätschaften, die überall herumstanden, hatte Harry heute allerdings keinen Blick, dafür war er zu angespannt. Er versuchte, sich nichts davon anmerken zu lassen und nach einer einladenden Handbewegung des Rektors setzte er sich auf einen der Sessel gegenüber dem alten Mann. Dabei fiel sein Blick auf die ineinander verschränkten Hände, die auf dem Schreibtisch lagen. Seit der Ring zerstört war, war auch die zuvor schwarz verfärbte Hand wieder normal. Harry wusste zwar nicht, weshalb, aber er nahm an, dass das in unmittelbarem Zusammenhang stand. Vielleicht war die Verfärbung eine Art Schutzmechanismus gewesen, der es verhindern sollte, dass der Ring zerstört wurde. „Nun,“ Dumbledore war keineswegs der Blick auf seine Hand entgangen, doch er sagte nichts dazu und zog dezent seinen Ärmel etwas weiter Richtung Handgelenk. „Wir werden erst einmal sehen, was Snape in deinem Kopf angerichtet hat.“ Harry entging nicht, dass Dumbledore das ‚Professor’ absichtlich weg ließ und Snape nur beim Familiennamen nannte, was eine gewisse Distanz Snape gegenüber erkennen ließ. Er schien mittlerweile eingesehen zu haben, dass er sich in Snape getäuscht hatte, auch wenn er Harry gegenüber immer darauf schwor, dass er schon seine Gründe hätte. „Entspann dich einfach, den Rest mache ich.“ Während Dumbledore seinen Zauberstab erhob, versuchte Harry dieser Aufforderung nachzukommen, was gar nicht so einfach war. Nur zu gut hatte er noch die schlechten Erfahrungen mit Snapes Okklumentik-Unterricht in Erinnerung. Sofort spürte er, wie Dumbledores Präsenz in seinen Kopf eindrang. Es war wie etwas, worüber er in der Muggelwelt schon einmal gehört hatte: Sein ganzes Leben zog in Bildern an ihm vorbei, allerdings nicht wie ein Film und von Todesangst ausgelöst, sondern in einzelnen bewegten Fotos, die Dumbledore ans Licht brachte. Allerdings konnte er kaum einen Blick darauf werfen, so schnell war es auch schon wieder vorbei. Die Bilder waren so schnell an ihm vorbei gezogen, dass er sich manchmal nicht sicher war, welche Situation in seinem Leben sie gezeigt hatten und ob er sich auch bewusst daran erinnern konnte. Nachdem der Bilderfluss also abgerissen war, sah er seinen Rektor erwartungsvoll an. Dumbledore sah ihn eine Weile bedächtig an, bevor er das Wort ergriff. „Snape hat leider einiges an Schaden angerichtet. Er hat deine bereits unbewusst existierende Verteidigung, die jeder Mensch, ob Zauberer oder Muggel, von Geburt an besitzt, in Mitleidenschaft gezogen. Deine Verteidigung ist keine dich schützende Mauer mehr, sondern wirkt eher wie ein alter, löchriger Vorhang; fast völlig zerstört.“ Harry sah Dumbledore entsetzt mit weit aufgerissenen Augen an. Er hatte schon damit gerechnet, dass Snape einiges angestellt hatte, doch so schlimm hatte er es sich nicht ausgemalt. „Ich kann dir leider nicht dabei helfen, die Löcher zu stopfen und die Abwehrmauer wieder zu stärken. Ich kann dir nur beibringen, wie du es selbst machen kannst. Das kannst du dann Abends vor dem Schlafen in Angriff nehmen.“ Dumbledore beobachtete Harry besorgt. Auch er hatte nicht damit gerechnet, Harrys Abwehr so geschwächt vorzufinden; Snape hatte wirklich ganze Arbeit geleistet. „Erzähl mir doch bitte, wie euer Unterricht ausgesehen hat.“ Harry erklärte kurz, dass er seinen Kopf leer machen und seine Gedanken ausschalten sollte und wie Snape dann den Legillimens immer wieder angewendet hatte. Dumbleodre runzelte die Stirn. „Genauso sollte der Unterricht auch stattfinden.“ Er schwieg und überlegte kurz, während Harry wartete, zu welchem Schluss er kam. Dann ergriff Dumbledore wieder das Wort. „Möglicherweise hat er noch einen weitern Zauberspruch verwendet, einen stummen. Du hast gesagt, dass du nach dem Zauber deine Vergangenheit gesehen hast, aber nicht mehr mitbekommen hast, was Snape möglicherweise noch getan hat, außer in deine Gedanken einzudringen. Was durchaus normal ist, aber vielleicht hat er genau das ausgenutzt.“ Harry nickte. Er hatte keine Ahnung davon, aber es hörte sich wahrscheinlich an. Ihm wurde unwohl bei dem Gedanken, was Snape alles angerichtet hatte oder schlimmeres hätte tun können, während er in seiner Vergangenheit gefangen gewesen war. Er hätte ihn ja auch körperlich verletzen können oder ihn lähmen können, um ihn zu Voldemort zu bringen, ohne dass er es mitbekommen hätte, geschweige denn sich hätte wehren können. Harry kniff die Lippen zusammen, während er Dumbledore zuhörte, der ihm den Zauberspruch vorsagte, der seine Abwehr stärken würde und ihm einschärfte, wie wichtig die Betonung bei diesem Spruch war. Dann sollte Harry seinen Kopf leeren und sich auf sein Innerstes konzentrieren, was ihm zunächst partout nicht gelingen wollte. Zwar war seine Müdigkeit verpufft, als er gehört hatte, wie schlimm es um ihn stand, doch er hatte so viel im Kopf, das ihn beschäftigte. Er fühlte sich auch verdammt unwohl unter Dumledores Blick, der geduldig darauf wartete, dass es Harry endlich gelang, in seinen eigenen Geist abzutauchen. Der Schüler gab sich wirklich Mühe, er strengte sich an, doch er hatte das Gefühl, je mehr er es wollte, desto schwerer würde es ihm fallen. Er schloss die Augen, da es sicher hilfreich war, wenn er versuchte, sich zu entspannen. Außerdem konnte er dann nicht mehr Dumbledores unergründlichen Blick sehen und konnte alles andere ausblenden. Dann kreiste er lockernd die Schultern, er hatte den Eindruck, total verspannt zu sein. Er dachte an Draco. Gedanken an Draco waren immer entspannend, weil es einfach schön war, an ihn zu denken. Ein leises Lächeln huschte über sein Gesicht. Nach und nach verschwanden alle unnötigen Gedanken, während er nur noch Dracos Gesicht vor sich sah. Eine heftige Welle der Zuneigung überschwemmte ihn und er musste sich zusammenreißen, nicht dösig zu werden und sich wieder zu konzentrieren. Nach einer Weile verblasste Dracos Bild vor ihm und er wusste instinktiv, dass er dort angelangt war, wo er hinwollte. Er warf einen Blick rundum, doch außer grellem unendlichem Weiß war nicht viel zu sehen, auch wenn es etwas diffus war und es schien, als würde Nebel um ihn wabern. Harry hatte das Gefühl, in einem sehr weiten Saal zu stehen, dessen Wände er nicht sehen konnte. Doch er sah etwas anderes. Vorhänge. Überall. Ebenfalls weiß, dennoch etwas dunkler als das Weiß des Raumes. Löchrige Vorhänge. Er wusste nicht, ob es in ihm tatsächlich so aussah, oder ob er es sich nur so vorstellte, weil Dumbledore es so verglichen hatte. Dennoch verstand er sofort, was der Rektor meinte. Zögernd trat er an einen der Vorhänge heran und ließ seinen Blick gründlich darüber schweifen. Sah echt übel aus und ihn ergriff ein klammes Gefühl. Langsam hob er beide Hände und legte die Innenflächen nebeneinander auf den Vorhang, so wie Dumbledore es ihm gesagt hatte und wiederholte den kurz zuvor gelernten Zauberspruch. Seine Stimme hörte sich hier anders an, irgendwie fremd, mit einem leisen Echo. Um seine Hände herum begannen die Löcher in dem Vorhang, sich wieder zu schließen. Er nahm die Hände weg und betrachtete sich sein Werk. Allerdings war wirklich nur die Fläche wieder zusammengewachsen, die er berührt hatte und nur etwas darüber hinaus, als hätte sich zusätzlich um seine Handabdrücke ein etwa ein Zentimeter breiter Rahmen gebildet. Harry seufzte leise. Er hatte seine Hände gar nicht so weit voneinander entfernt auf den Vorhang gelegt, aber noch nicht einmal der Abstand dazwischen war nun wieder ganz geheilt. Es würde lange, sehr lange dauern, bis er sämtliche Vorhänge wieder repariert haben würde. Harry legte den Kopf in den Nacken, um nach oben zu sehen. Er hatte keine Ahnung, wie er dort oben rankommen sollte, er selbst konnte hier keinen Zauberstab benutzen; im Gegensatz zu demjenigen, der all dies angerichtet hatte. Vielleicht würden sie sich dort oben von selbst regenerieren, wenn er erst einmal alles in seiner Reichweite wieder erneuert hatte. Plötzlich drang ein Geräusch an sein Ohr, leise, aber in der Stille um ihn herum dröhnte es in seinen Ohren. Rasch drehte er sich um, instinktiv wusste er, dass dieses Geräusch hier nichts verloren hatte. Doch er sah nichts anderes, als zuvor schon: zerrissene Vorhänge. Er kniff die Augen zusammen, in der Hoffnung, mehr zu sehen, doch es funktionierte nicht. Aus dem Augenwinkel glaubte er, eine Bewegung gesehen zu haben. Schnell wandte er den Kopf, doch es war abermals nichts zu sehen. Er trat einige Schritte in die Richtung, in der er die Bewegung gesehen zu haben glaubte und sah dabei immer wieder prüfend nach rechts und nach links, damit ihm nichts entging. Gerade, als er glaubte, wieder etwas gesehen zu haben, hörte er plötzlich eine Stimme. Es war, als ob Dumbledore direkt neben ihm stehen würde. Da er nun an Dumbledore dachte, spürte er, dass seine Konzentration sich auf seinen Rektor legte und seine Gedanken ihn rasch wieder in die Realität zogen. Genau zu dem Zeitpunkt, als er seinen Körper schon wieder fühlen konnte, sah er es. Einen dunklen Schatten hinter einem der dünnen Vorhänge. Doch er war so schnell wieder zurück, dass er sich nicht sicher war, ob es nicht vielleicht Einbildung gewesen war. Als er wieder zurück war, blinzelte er irritiert, dann sah er Dumbledores besorgtes Gesicht, der direkt vor ihm stand und sich über ihn beugte und sah ihn fragend an. „Du warst fast eine Stunde weg und nicht ansprechbar,“ erklärte sein Gegenüber und musterte Harry eingehend. Harry war verwirrt. Eine Stunde? Er war doch allerhöchstens fünf Minuten weg gewesen. Das teilte er auch Dumbledore mit, der sich nun vor seinen Schreibtisch stellte. Dumbledore sah ihn über seine Brillengläser hinweg an. „Du hast dort ein anderes Zeitempfinden.“ Harry nickte, stöhnte aber innerlich. Wenn fünf Minuten und einmal Anwenden des Zauberspruchs hier eine Stunde beanspruchte, dann würde er sich doch ewig nicht heilen können. Und er musste daran denken, um nicht zu viel Zeit in seinem Kopf zu verbringen. Wohlmöglich würden sich sonst noch ganz andere Leute Sorgen machen, als Dumbledore. Und es war ungewiss, ob sie ihn würden zurückholen können. Der Schatten in seinem Kopf war vergessen. „Bist du nun bereit für den eigentlichen Unterricht, Harry?“ erkundigte Dumbledore sich nach einer Weile des Schweigens. Harry sammelte sich und nickte anschließend. „Gut.“ Dumbledore hob seinen Zauberstab und richtete ihn auf seinen Schüler. „Mach es so, wie du es gelernt hast. Wir werden erst sehen, was du schon beherrschst.“ Harry schnaubte. Er hatte gar nichts gelernt. Aber gut, Dumbledore hatte ihm vorhin gesagt, dass die Grundregeln von Snape schon richtig gewesen waren, also versuchte er erneut, seinen Kopf frei zu bekommen. „Legillimens!“ Und schon schoss ihm der Zauber entgegen. Als der Zauber ihn traf, wurde er fest in seinen Sessel gedrückt und er spürte, wie er unwillkürlich seine Hände in die Armlehnen krallte. Unbeabsichtigt dachte er wieder an Snapes Unterrichtsstunden und das war auch das Erste, was er unter dem Zauber sah. Snape, wie er ihm in dem dunklen Büro unten in den Kerkern gegenüber stand und ihn unbarmherzig ansah. Wie er ihm immer wieder seine Unzulänglichkeiten aufzählte, ihm sein Versagen unter die Nase rieb. Harry versuchte, sich auf Snape zu konzentrieren, doch sobald der Zauber in seiner Erinnerung ihn getroffen hatte, sah er nicht mehr Snape, sondern das, was dieser ihn während ihrer Sitzungen gezeigt hatte. Nach einer Weile registrierte er, dass er wieder Dumbledores Gesicht vor sich hatte und er blinzelte etwas, um die Bilder der Erinnerung abzuschütteln. Erneut musterte Dumbledore ihn nachdenklich. „Vielleicht hat er absichtlich diese Erinnerungen gewählt, um dich besser abzulenken, denn diese müssen doch sehr qualvoll für dich sein, nicht wahr?“ Es war nicht so sehr eine Frage, eher eine Feststellung, dennoch musste Harry ihm Recht geben. Dumbledore nickte bedächtig. „Du hast nicht viel gelernt, aber unter diesen Umständen war das auch nicht anders zu erwarten. Da er immer noch mit einem zweiten Zauber in deinen Kopf eingedrungen ist, konntest du dich vermutlich schlechter auf deine Aufgabe konzentrieren. Versuchen wir es noch einmal.“ Diesmal lehnte Harry sich gleich zurück, um nicht noch einmal von der Wucht des Zaubers gegen die Sessellehne gedrückt zu werden. Harry sah nun seine Umgebung aus der Froschperspektive, oder vielmehr aus der Katzenperspektive, wie er nur wenige Sekunden später feststellte. Auch wusste er sofort, welche Situation er gerade sah. Es war einer der ersten Tage, nachdem der Animaguszauber schief gelaufen war. Er saß in einem der Gewächshäuser und beobachtete durch eine Glasscheibe eine Maus dabei, wie diese ihre Nüsse knackte und dann immer wieder kleine Bisse von dem harten Fruchtfleisch abknabberte. Sein Blickfeld drehte sich um 180 Grad und er sah die langen Blätter der verschiedenen Pflanzen, unter denen er durchschlüpfte. Kurz darauf war er wieder bei seiner Klasse angelangt, die er kurz betrachtete und dann auf Draco zuging, um ihm um die Beine zu streichen, an die er sich anschmiegte. Harry bemerkte, dass seine Wangen bei dieser Erinnerung ganz schön warm wurden und er bemühte sich wirklich, Dumbledore aufzuhalten. Nicht, weil Dumbledore diese Erinnerung nicht sehen sollte, sondern weil er diese Erinnerung gerne für sich alleine gehabt hätte. Als nächstes sah er, wie er als Katze auf der Flucht vor Slytherins unter Dracos Umhangsaum flüchtete und mit seiner Tatze eben an jenem spielte, dann saß er plötzlich in den Drei Besen auf Dracos Schoß, bevor er plötzlich, noch immer in seiner Katzengestalt, neben diesem auf dem Bett saß, wie er auf den Blonden zuschlich, um ihm die Tränen von den Wangen zu lecken. Harrys Wangen wurden noch heißer und er musste unwillkürlich an den Kuss denken. Kaum hatte er das gedacht, saß er unter dem Baum neben dem improvisierten Quidditch-Feld in der Nähe des Fuchsbaus und sah Dracos Gesicht dicht vor sich und es schien ihm, als fühle er Dracos weiche Lippen auf den seinen. Seine Wangen mussten mittlerweile Kochtemperatur erreicht haben und glühend rot sein, doch dann fiel ihm etwas auf, das ihm damals schlichtweg entgangen war, denn Draco hatte bei seinem Kuss genießerisch die Augen geschlossen und sofort wurde das schlechte Gewissen des Schwarzhaarigen noch stärker. Plötzlich rissen die Erinnerungen ab und Harry keuchte auf. Er war erleichtert, musste aber zugeben, dass er sich zum Schluss nicht mehr wirklich bemüht hatte, Dumbledore aufzuhalten. Es war ihm peinlich, dass das, was er gesehen hatte, auch sein Rektor gesehen hatte und er hatte schlichtweg vergessen, wenigstens zu versuchen, Okklumentik anzuwenden. Auch Dumbledore war sich dessen bewusst und er sah Harry nun tadelnd an, der sofort den Blick senkte. „Sie müssen sich mehr anstrengen! Noch einmal!“ Diesmal lag Harry auf dem Boden im Zaubereiministerium und musste hilflos mit ansehen, wie die Glaskugel, die die Prophezeiung über ihn und Voldemort enthielt, zerbrach und der weiße Nebel der konservierten Vorhersage in die weiten der Halle, in der der Kampf tobte, empor stieg und schließlich verpuffte. Er stand taumelnd auf, ihm tat alles weh. Sein Blick fiel auf Sirius und Bellatrix, die sich bis aufs Blut bekämpften. Flüchtig fragte er sich, ob Bellatrix einen Sectumsempra auf Sirius geschleudert hatte, denn der hatte eine tiefe Schnittwunde an der Wange, die unaufhörlich blutete. Dann geschah es. Bellatrix, durch einen einfachen Stupor getroffen, verlor das Gleichgewicht und flog in hohem Bogen durch den Todesvorhang, von dem Harry erst wesentlich später erfahren hatte, was es mit ihm auf sich hatte. Und er wusste, dass es nur Glück war, dass es nicht Sirius getroffen hatte. Obwohl ihr Ausflug letztendlich recht glimpflich für sie ausgegangen war, hatte er sich schwere Vorwürfe gemacht, Voldemorts Visionen und Kreacher zu trauen. Dieses Mal gelang es ihm, Dumbledores Präsenz in seinem Kopf zu erkennen und er versuchte, diese, wenn er sie schon nicht ganz aus seinem Kopf werfen konnte, zumindest in eine andere Richtung zu drängen. Er versuchte es zwar, aber es war nicht von Erfolg gekrönt. Dennoch spürte er, dass Dumbledore sich zurückzog, bis er wieder das vertraute Büro des Rektors vor Augen sah. „Das war schon besser,“ nickte Dumbledore, obwohl Harry noch meilenweit davon entfernt war, dass er seine Gedanken wirklich schützen konnte. Aber sobald er seine Abwehr geheilt hätte, würde es ihm noch leichter fallen, gegen Eindringlinge in seine Gedanken vorzugehen. Der Rektor sah kurz zu der Standuhr, die in einer der vielen Ecken seines Büros stand. „Für ein letztes Mal ist noch Zeit,“ beschloss er also und hob seinen Zauberstab erneut. Harry erkannte nicht gleich, wo er diesmal gelandet war. Doch plötzlich schob sich ein ihm nur allzu bekanntes Gesicht in sein Blickfeld und ihm zog sich schmerzhaft das Herz zusammen. Er sah in das Gesicht seines Vaters. James wuschelte Harry lächelnd durch die struppigen Haare. Er war stolz darauf, dass sein Sohn seine Haarfarbe geerbt hatte und offenbar auch die Widerspenstigkeit der Haare. Es war schön, dass der Kleine Lilys grüne Augen geerbt hatte; er liebte die Katzenaugen seiner Frau ganz besonders, wenn er auch freilich alles an ihr liebte, aber ihre Augen hatten es ihm von Anfang an angetan. Und durch die schwarzen Haare, die Harry hatte, kamen die hellen Augen noch besser zur Geltung. Lily setzte das Baby auf den Boden und drückte ihm eines seiner Lieblingsspielzeuge in die Hand. Sie war stolz darauf, dass Harry eigenständig sitzen konnte. Es klingelte und James öffnete, während Lily auf dem Boden saß und aus liebevollen Augen ihren Sohn beobachtete. Als ihr Mann zurückkam, folgten diesem seine beiden besten Freunde. Sirius ging sofort auf seinen Patensohn zu, nahm ihn auf den Arm und knuddelte ihn, was sofort mit einem freudigen Quietschen und einigem unverständlichen Gebrabbel quittiert wurde. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, kleiner Mann!“ Lächelnd setzte er Harry auf den Boden zurück und auch Remus strich dem Jungen durch die wilde Mähne. Lily seufzte zufrieden. „Ich freue mich darauf, wenn er endlich anfängt, zu reden. Das wird bestimmt fantastisch!“ Harry unterdessen beschäftigte sich mit dem riesigen Geschenk, das sein Pate neben ihn auf den Boden gelegt hatte und riss eifrig das Geschenkpapier ab, das danach in Fetzen um ihn herum lag. Das Papier fand er auch sehr interessant, weshalb er sogleich eine handvoll davon in den Mund steckte und ausgiebig darauf herum kaute. „Harry, nicht!“ Lily war sofort bei ihm und klaubte dem Jungen das bunte Papier aus dem Mund und räumte auch die restlichen Überbleibsel weg, wobei ihr Blick nun erstmals auf das eigentliche Geschenk fiel. Sie hob eine Augenbraue. „Harry ist noch viel zu jung für einen eigenen Kinderbesen.“ Die Rothaarige drehte sich zu Sirius und Remus um, die mittlerweile auf der Couch saßen, während James in dem Sessel daneben Platz genommen hatte. „Er kann ja noch nicht einmal stehen, wie sollte er sich dann auf einem fliegenden Besen festhalten können?“ Sirius grinste breit. „Bei den Genen wird er mit Sicherheit ein glänzender Quidditch-Spieler!“ Er warf seinem besten Freund James einen verschmitzten Blick zu. „Und ich als sein Pate werde ihm natürlich meine gesamten Tricks beibringen!“ Remus unterdessen sah Lily entschuldigend an. Er hatte natürlich versucht, seinen Lebensgefährten von der Idee abzuhalten, Harry so vorzeitig einen Besen zu kaufen, auch wenn der gerade so hoch fliegen würde, dass Harrys Füße nicht den Boden berührten. „Ich konnte ihn nicht davon abhalten,“ seufzte Remus verlegen lächelnd. Lily legte ihn beruhigend eine Hand auf das Knie, während sie noch immer bei Harry auf dem Boden saß. Sie wusste ja, dass Remus keine Schuld traf und sie konnte sich die Diskussion zwischen den beiden lebhaft vorstellen. Oft hörte Sirius auch auf seinen vernünftigen Freund, da er wusste, dass dieser meistens Recht hatte, doch traf das nicht auf alle Bereiche zu. Wenn es um Abenteuer ging, ließ er meist nicht mit sich reden, obwohl dies wohl eher ein Abenteuer für Harry war. Unter Lilys strengem Blick, die diese, ausgelöst durch ihre Fürsorglichkeit als Mutter, dem Schwarzhaarigen zuwarf, meinte Sirius wohl, sich verteidigen zu müssen. Oder er wollte einfach nur aus Spaß ein kleines Geheimnis lüften. „Außerdem kann Harry bereits stehen!“ erklärte er breit grinsend und verschränkte zufrieden die Arme vor der Brust, als er von beiden Eltern erstaunt angesehen wurde. Dann schüttelte Lily den Kopf. „Das hätte ich ja wohl mitbekommen!“ Auch wenn Sirius sehr viel Zeit mit Harry alleine verbrachte, wenn dieser Babysittete, Harry hätte das mit Sicherheit irgendwann auch hier bei ihnen wiederholen wollen. „Nicht, wenn er dazu eine bestimmte Hilfe braucht!“ erklärte Sirius, dessen Grinsen sich immer mehr ausbreitete. Kurz darauf saß ein großer schwarzer Hund auf dem Sofa, dort, wo kurz zuvor noch Sirius gesessen hatte. Lily sah skeptisch zu, wie der Animagus von der Sitzgelegenheit herunter sprang und behände auf dem Boden aufkam. Mit wenigen Schritten war er neben Harry, der sofort juchzend nach dem langen zotteligen Fell seines liebsten Spielgefährten griff. Sirius kläffte leise und stupste Harry mit der Nase an, was dieser wohl als Aufforderung empfand, sich aufzurichten. Da Sirius ihm mit der Schnauze half und er sich gut an dem langen Fell festhalten konnte, stand wenig später ein lachender Harry neben dem Hund. Harry war gerade so groß, dass er Sirius’ Hundgestalt bis zu den Schultern reichte. Dieser wandte sein Gesicht wieder seinen beiden Freunden zu, die ihren Sohn verblüfft betrachteten, bevor ihr Blick unendlich zärtlich und stolz wurde. Sirius kläffte erneut und ließ seine große Zunge aus seinem Maul hängen. Er war sichtlich zufrieden mit sich selbst und sein Blick schien triumphierend. „Wuffie!“ kreischte Harry, ließ dessen Fell aber keine Sekunde los. Stattdessen umklammerte er die Haare fest und zog daran. Etwas Probleme mit dem Gleichgewicht hatte er schon noch, aber mit ein wenig mehr Übung würde er das sicherlich auch bald hinbekommen. „Wuff!“ stimmte Sirius zu, dem es offenbar nichts ausmachte, dass sein Patenkind ihm so am Fell zog und schien damit sagen zu wollen, dass er es ihnen ja gesagt hätte. Lily derweil standen Tränen der Rührung in den Augen. Die Tränennassen Augen seiner Mutter waren das Letzte, was Harry sah. Er spürte das leichte Lächeln auf seinen Lippen und auch seine Augen waren feucht, doch er wurde dadurch abgelenkt, dass er wieder neue Bilder sah. Harry bemerkte sofort, dass es eine spätere Erinnerung war. Der schwarzhaarige Junge saß auf seinem Besen, der eine Handbreit über dem Boden schwebte. Seit seinem ersten Geburtstag war nicht ganz ein Monat vergangen, am Anfang hatte Lily ihn auf dem Besen noch festgehalten, noch immer nicht sicher, ob der Besen eine so gute Idee war, doch mittlerweile saß er alleine auf dem Besen und hielt sich fest, als hätte er nie etwas anderes getan. Somit konnte er sich bereits auf einem Besen halten, noch bevor er laufen konnte. War aber nicht wirklich ein großes Wunder, da der Besen schnell sein absolutes Lieblingsspielzeug geworden war und er jeden Tag darauf flog und er immer quengelig wurde, wenn er nicht fliegen durfte. Lily konnte darüber nur den Kopf schütteln. Sie war noch nie sonderlich Quidditchbegeistert gewesen und konnte auch dem Fliegen generell nichts abgewinnen. Doch Harry hatte eindeutig James Leidenschaft geerbt, dagegen konnte sie wohl nichts tun. Da der Besen weder allzu hoch, noch allzu schnell flog und ihre beiden Männer quengelig wurden, wenn sie keinen Besen in der Hand hatten, hatte sie schließlich gegen jede Vernunft nachgegeben. James hatte bei den ersten Flugstunden auch brav auf seinen Sohn aufgepasst, damit ihm nichts passierte. Dieser betrat nun nach einem seiner Aufträge für den Phönixorden das Haus. Sofort ging er zur Wohnstube weiter, ließ sich seufzend auf einem der Stühle am gedeckten Esstisch nieder und streckte die Beine von sich. Kurz schloss er die Augen, bevor sein Blick auf den kleinen Harry fiel, der einmal mehr seine Runden um den Esszimmertisch drehte und immer wieder hinter den breiten Lehnen der Stühle verschwand, da er so niedrig flog. Unwillkürlich huschte ein Lächeln über James’ Gesicht. Sogleich kam seine Frau mit einem dampfenden Kessel aus der Küche. Sie begrüßten sich wie üblich sehr herzlich, bevor James begann, von seinem Tag zu erzählen, während Lily das Essen verteilte und Harry von seinem Besen holte, um ihn in sein magisches Babystühlchen zu setzen, damit er mit ihnen essen konnte. Seinen lautstarken Protest ignorierte sie geflissentlich, doch das brachte James nur zum Lachen. Nachdem Harry endlich an seinem Platz saß, warf Lily ihrem Mann ein sanftes Lächeln zu. Es war schön, ihn hier, zu Hause, öfter mal lachen oder auch nur lächeln zu sehen. Oft genug war er besorgt und angespannt wegen dem Krieg, der draußen herrschte. Doch ihr Haus war eine kleine Ruheinsel in dem immer stärker werdenden Sturm. Aufmerksam lauschte sie seinem Bericht über Sirius’ hervorgebrachten Pläne, die immer waghalsiger wurden und ihren Bemühungen, Voldemort immer wieder kleine Siege abzuringen. Jeder noch so kleine Sieg konnte möglicherweise zum endgültigen Erfolg beitragen. „Was habt ihr beiden heute so getrieben?“ erkundigte James sich schließlich, während er amüsiert dabei zusah, wie Lily Harry fütterte, dieser aber den Blick abgewendet hatte, der nur voller Sehnsucht auf seinem Besen ruhte, den er auch am Liebsten mit in sein Bett nehmen wollte. Seit seinem Geburtstag hatte Harry Sirius noch viel lieber. „Wir waren beim Heiler,“ bemerkte Lily beiläufig, als wäre es das Normalste auf der Welt. „Wie bitte? Ist etwas passiert? Ist Harry etwa krank?“ James wandte seinen Blick besorgt aber auch aufmerksam seiner Frau zu. Lily lächelte nur. „Nein, keine Sorge. Es war wegen mir.“ Doch James’ Sorge wich keinesfalls von seinem Gesicht. „Und?“ Er wollte sofort wissen, wie es ihr ging. Die Rothaarige grinste ihn verschmitzt an. „Was würdet du davon halten, wenn Harry bald ein Geschwisterchen bekommen würde?“ James sah sie mit leicht geöffnetem Mund an, bevor bei ihm der Groschen fiel und er über das ganze Gesicht strahlte. „Du bist schwanger?!“ Lilys Lächeln wurde ganz sanft, als sie nickte. Sofort sprang James auf, umrundete den Tisch und drückte seine Frau an sich. „Das ist ja wunderbar!“ Er küsste sie überschwänglich. „Ich liebe dich, Schatz!“ hauchte er leise in ihr Ohr. „Ich dich auch, James.“ Lächelnd drückte sie sich an ihren Mann und warf dann Harry einen Blick aus überglücklich strahlenden Augen zu. Als Dumbledore sich diesmal zurückzog, war Harry noch ganz in den Eindrücken seiner Erinnerungen gefangen. Erst, nachdem er geblinzelt hatte, bemerkte er den Tränenschleier vor seinen Augen. Seine Mutter war also zum Zeitpunkt ihres Todes schwanger gewesen. Somit hatte Voldemort also drei Potters auf dem Gewissen. Eigentlich sollte er Wut empfinden, doch er spürte nur eine unendliche Leere in seinem Inneren. Warum hatten Sirius und Remus ihm nie davon erzählt? Sie hatten es doch mit Sicherheit gewusst. Oder? Er schnappte japsend nach Luft und versuchte, den dicken Klos der Trauer in seinem Hals runterzuschlucken. Jetzt erst bemerkte er, dass seine Wangen tränennass waren und sah das Mitleid, mit dem sein Direktor ihn betrachtete. „Wir machen Schluss für heute. Du kannst gehen,“ erklärte der alte Mann leise, nahm die Brille ab und wischte sich mit einer Hand über die Augen. Er hatte es nicht gewusst. Er hatte nicht gewusst, was er in Harrys Erinnerungen zu Tage fördern würde, wenn er so weit in der Zeit zurückging. Er hatte eigentlich gehofft, mit Erinnerungen an James und Lily ihrem Sohn Mut machen zu können, waren diese beiden doch immer voller Lebensfreude gewesen, selbst im ersten Krieg. Dass er so etwas finden würde, hatte er nicht geahnt. Mit bedrücktem Gesicht sah er schließlich zu, wie Harry mit gesenkten Schultern und gesenktem Kopf das Büro verließ, nachdem er noch eine Weile stumm und regungslos auf dem Sessel gesessen hatte. Harry bekam durch den Tränenschleier vor seinen Augen gar nicht mit, dass er die sich bewegende Wendeltreppe hinunter stolperte, dass er in seinem Schmerz die Gänge mehr entlang taumelte, denn ging. Seine Brust schmerzte bei dem Gedanken daran, was Voldemort seiner Familie angetan hatte. Wie sollte er, gegen jemanden, der so grausam war, bestand haben? Er war doch nur ein Kind! Mit 17 war er zwar in der Zaubererwelt erwachsen, aber er war doch viel zu jung, um gegen jemanden wie Voldemort zu kämpfen, geschweige denn, dass er ausreichend Erfahrung hätte. Unbewusst war er immer mehr Treppen immer weiter nach unten gewankt. Als er aufsah, um sich von seinen quälenden Gedanken loszureißen, bemerkte er, dass er in der Eingangshalle war. Er wusste nicht, wieso er hier war. Es war längst nach Sperrstunde, er sollte längst nicht mehr hier sein, sondern oben im Gryffindorturm, noch besser in seinem Bett; doch instinktiv schlug er einen anderen Weg ein. Die dunklen Gänge, die nur spärlich von einzelnen Fackeln erhellt waren, führten ihn noch weiter nach unten. Und plötzlich wusste er, was er suchte, als er es sah. Das helle Blond, das ihm vom Ende des Ganges beschwingt entgegen kam. Sofort beschleunigte er seinen Schritt, dann rannte er und warf sich in die ausgebreiteten warmen Arme. Erst in der Umarmung entrang sich seiner Kehle ein lautes Schluchzen, das aber von dem Umhang, in den er sein Gesicht drückte, glücklicherweise gedämpft wurde. Da Draco Vertrauensschüler war, kam er gerade von seinem Kontrollgang, als Harry in die Kerker gerannt war. Er spürte eine Hand, die ihm beruhigend über den Rücken streichelte, die andere Hand fuhr ihm sanft durchs Haar, während er sich weinend an ihn drückte. Erst nach einer Weile, in der Draco versucht hatte, Harry zu trösten, nahm er diesen an den Schultern und drückte ihn ein wenig von sich, um in sein Gesicht sehen zu können. Harry sah ihn mit rot verheulten Augen und tränennassen Wangen an. Seine Tränen wollten nicht versiegen und flossen noch immer ungehindert weiter. Er trauerte um seinen Bruder oder seine Schwester; es war, als wäre er oder sie gerade eben und nicht bereits vor 16 Jahren gestorben. Draco lächelte ihn sanft an, bevor er sich langsam zu ihm hinunter beugte, um ihm sachte die salzigen Tränen von den Wangen zu küssen. Harry schloss die Augen und genoss Dracos Zuwendungen, die einfach nur gut taten. Nach einer Weile sah er ihn wieder an. „Es tut mir so Leid, Draco,“ flüsterte er dann, woraufhin Draco ihn fragend ansah. „Ich hätte es schon viel früher sagen sollen.“ Er hob eine Hand und fuhr Draco mit den Fingerspitzen sacht über die Wange, was dieser sich nur allzu gerne gefallen ließ. „Ich liebe dich auch, Draco!“ wisperte er und sah Draco dabei fest in die Augen. Er konnte die Veränderung in Draco in dessen Augen genau mitverfolgen. Erst sah er die Sorge darin und die Ungewissheit, weshalb Harry so aufgelöst war; beides ließ seine Augen in einem tiefen Sturmgrau erscheinen. Als dann die Erkenntnis in seine Augen trat, erhellten sie sich merklich in ein wunderbares weiches Nebelgrau. Ein unglaubliches Lächeln breitete sich auf Dracos Gesichtszügen aus und Harry konnte gar nicht anders, als sanft zurückzulächeln. Dann spürte er, dass Draco sein Gesicht in beide Hände nahm und ihn zu sich heranzog, um ihn leidenschaftlich zu küssen. Bereits nach kurzer Zeit löste er sich allerdings wieder und zeichnete sacht die noch immer sichtbaren Tränenspuren auf Harrys Wange mit dem Daumen nach. „Es ist so schön, das zu hören,“ hauchte er gegen Harrys weiche Lippen, „weil ich dich wirklich liebe, Harry!“ Erneut küsste er ihn kurz, bevor er Harry wieder ansah. „Erzählst du mir, was passiert ist?“ Draco hielt seine Stimme noch immer gesenkt, dennoch war wieder eine leichte Sorge darin zu hören. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Harry so verheult war, weil er ihm seine Liebe gestehen wollte. Intuitiv dachte er an Harrys Okklumentik-Unterricht und er fragte sich, was er gesehen hatte. Sofort nickte Harry. „Aber nicht hier,“ meinte er leise und sah Draco unschlüssig an. „Raum der Wünsche?“ erkundigte Draco sich mit gedämpfter Stimme. Ihm war nicht bewusst, dass ihr ganzes Gespräch im Flüsterton abgelaufen war, auch wenn er nicht glaubte, dass jemand in der Nähe war. Abermals nickte Harry und ergriff Dracos Hand. Er wollte den Älteren keinesfalls loslassen, hatte doch erst seine Umarmung ihn beruhigt. Mit ineinander verschränkten Fingern gingen sie zum Raum der Wünsche hoch und begegneten glücklicherweise keinem der Lehrer. Nervös sah Harry dabei zu, wie Draco einen Raum herbei wünschte; er wäre sicher nicht dazu in der Lage gewesen, vernünftig zu denken. Draco griff nach der Klinke, sobald die Tür erschienen war, öffnete sie und trat dann bei Seite, um Harry den Vortritt zu lassen. Harry betrat den gemütlich wirkenden warmen Raum und sah sich um. Das Zimmer war recht gemütlich; hatte nur einen Kamin, einen kleinen Tisch, sowie ein Sofa und einen Sessel. Mehr Platz war aber auch nicht vorhanden. Der Schwarzhaarige wartete, bis Draco sich auf das Sofa gesetzt hatte und ging direkt auf ihn zu, um sich seitlich auf dessen Schoß zu setzen, sodass er sich an Draco lehnen, ihn aber dennoch beim Reden ansehen konnte. Er spürte, wie sich Dracos Hände um seine Taille schlangen, doch wusste er nicht, wie er anfangen sollte, weshalb er erst einmal einfach nur so sitzen blieb. Draco hingegen ließ Harry die Zeit, seine Gedanken, Gefühle und Worte zu sortieren und genoss einfach dessen Nähe, nach der er sich so lange gesehnt hatte. Sacht ließ er seine Hand Harrys Rücken nach oben streichen, bevor er schließlich damit anfing, ihn im Nacken zu kraulen, was Harry dazu verführte, sich noch näher an ihn zu schmiegen. Nach einer Weile begann Harry dann zu erzählen, was er während seines Unterrichtes gesehen hatte; nicht ohne einer guten Portion Röte im Gesicht, als er davon berichtete, dass Dumbledore ihren Kuss gesehen hatte. Als er zur ersten Erinnerung mit seinen Eltern kam, musste er schlucken, auch wenn er wusste, dass die zweite noch viel schlimmer zu erzählen sein würde. Draco lachte leise. „Dann ist es kein Wunder, dass du so ein guter Flieger bist! Hast es ja reichlich früh gelernt. So früh war ich nicht dran. Ich hab meinen ersten Kinderbesen erst mit vier bekommen.“ Er tauchte seine Nase an den Katzenohren vorbei in Harrys wilde schwarze Mähne, um den Duft nach einem fruchtigen Shampoo, ein klein wenig Katze und natürlich nach Harry selbst tief in sich aufzunehmen. Derweil legte er die Hand, die Harry zuvor noch im Nacken gekrault hatte, wieder um dessen Hüfte, so dass Harry nun danach greifen konnte. Er legte seine auf die von Draco und strich sanft darüber. Dabei kam er nicht umhin, festzustellen, dass seine Hand um einiges schmaler war, als die von Draco. Schließlich erzählte er auch von dem Gespräch seiner Eltern am Essenstisch. Harry atmete tief durch. „Es ist, als wäre mein Geschwisterchen erst gerade vorhin und nicht bereits damals gestorben. Ich habe wieder einmal bemerkt, wie schnell das Leben vorbei sein kann und dass man die Zeit nutzen muss, die einem bleibt. Gerade ich, von dem erwartet wird, dass ich den mächtigsten Schwarzmagier unserer Zeit besiege.“ Er sah gequält zu Draco auf, der ihn besorgt musterte. Schnell wandte er den Blick ab. „Deshalb wollte ich dir jetzt so schnell wie möglich sagen, dass ich deine Gefühle erwidere, bevor...“ Er brach ab, konnte es nicht aussprechen, wollte er doch erst gar nicht daran denken, dass sein Leben möglicherweise schon bald beendet sein würde. Doch Draco verstand ihn auch so und zog ihn umso fester an sich. „Dir wird nichts geschehen, dafür werde ich sorgen, das verspreche ich!“ erklärte der Blonde entschlossen, ergriff Harrys Kinn, um sein Gesicht sanft zu sich zu drehen und ihn erneut zu küssen. Unwillkürlich musste Harry lächeln. Er fühlte sich bei Draco einfach wohl - und beschützt, daher glaubte er ihm sofort. Jedoch war das nicht alles, was Harry auf dem Herzen hatte und er fühlte sich unbehaglich, allein bei dem Gedanken. „Draco?“ murmelte er zwischen zwei Küssen. Sofort trennte der Blonde sich von ihm und sah Harry fragend an. „Ich... hab irgendwie... ein schlechtes Gewissen.“ Harry wich dem Blick aus silbergrauen Augen aus, schwieg dann aber. „Weshalb?“ hakte Draco schließlich leise nach. „Weil sich erst diesen Anstoß gebraucht habe, um es dir zu sagen. Ich hätte es dir eigentlich schon früher sagen können. Ich...“ Weiter kam er nicht, denn Draco hatte seinen Zeigefinger auf seine Lippen gelegt, was ihn wieder zu dem Blonden sehen ließ, und lächelte ihn sanft an. „Das ist kein Problem, Harry,“ versicherte er, doch schien ihm Harrys Blick noch unsicher. „Wirklich. Du hast eben noch ein wenig Zeit gebraucht, das ist durchaus verständlich.“ Erneut beugte er sich vor, um zärtlich an Harrys Lippe zu knabbern. Der Schwarzhaarige war unendlich froh, dass Draco nicht sauer war und entspannte sich merklich. Allerdings kehrte nun die Müdigkeit mit voller Wucht zurück, vielleicht sogar noch härter, da an diesem Abend noch so viel passiert war, was sein Gefühlsleben angestrengt hatte. Das bemerkte auch der Blonde, der Harrys Erschöpfung spürte. Daher trennte er sich sacht von Harrys Lippen, der das sofort nutzte, um seinen Kopf auf Dracos Schulter zu betten. Draco lachte leise. „Da ist aber jemand sehr müde. Aber der Tag war auch anstrengend. Am Besten, wir gehen ins Bett.“ Doch Harry schüttelte vehement den Kopf. Es stimmte, er war zum Umfallen müde, doch bedeutete ‚Bett’ für ihn sein Schlafsaal im Gryffindorturm und somit die Trennung von Draco. Und diese Trennung wollte er einfach nicht, daher klammerte er sich kurzerhand an Draco fest. Erneut war ein leises Lachen zu hören. „Nein? Sollen wir zusammen hier schlafen?“ Daraufhin spürte Draco ein heftiges Kopfnicken an seinem Hals und er musste breit grinsen. Da Harry schon halb im Dämmerschlaf war, griff also Draco nach seinem Zauberstab. Mit diesem vollführte er eine kurze Bewegung, die das Sofa verlängerte und ein wenig verbreiterte, damit sie beide genug Platz darauf hatten. Sogleich drehte er sich mit Harry im Arm, damit sie beide ins Liegen kamen. Dann griff er nach seinem Umhang, den er bereits kurz nach Betreten des Raumes über die Sofalehne gelegt hatte und deckte sie beide damit zu. Obwohl er das Sofa vergrößert hatte, umgriff er Harry, der bereits eingeschlafen war, fester, damit dieser nicht während der Nacht von ihrer noch immer recht schmalen Schlafgelegenheit herunter plumpsen würde. Im Schlaf drückte Harry sich näher an Draco heran, legte sein Gesicht in Dracos Halsbeuge ab, was seinen gleichmäßigen Atem über dessen Haut streifen ließ, was wiederum einen wohligen Schauer tief in Dracos Innerem auslöste. Lächelnd gab Draco Harry noch einen kleinen Kuss auf sein Haar, bevor auch er die Augen schloss, um zu schlafen. Mit Harry in seinem Arm war er einfach nur glücklich. _________________________________________________________________________________ Anm.: Ich kenne mich mit einjährigen Kindern nicht aus, daher bin ich mir nicht sicher, ob ein knapp einjähriges Kind wirklich auf einem fliegenden Besen sitzen kann. Aber das war auch nicht meine Idee, sondern die von JKR, siehe Band 7 Kapitel 12: Halloween --------------------- 12. Halloween Als Harry am nächsten Morgen wach wurde, spürte er einen sanften Atem im Gesicht. Dennoch erschreckte er sich, als er die Augen öffnete, denn Dracos Gesicht war dem seinen sehr nah und er sah in hellgraue Seelenspiegel. Dadurch, dass er erschrak, wich er reflexartig zurück. Er bemerkte schon, dass er den Halt auf der Couch verlor, doch abermals bewies Draco hervorragende Reflexe. Der Blonde umschloss den Jüngeren mit beiden Armen und bewahrte ihn dadurch vor einem unsanften Sturz. Harry wurde an den warmen weichen Körper gezogen und leise aufseufzend kuschelte er sich näher an Draco heran. Er spürte, wie sanfte Lippen über seine Stirn strichen. „Guten Morgen, Harry!“ „Morgen,“ nuschelte Harry zurück und genoss die innige Umarmung. Wenn er doch immer bei Draco aufwachen könnte. Er hatte nicht geahnt, welch wunderschönes Gefühl das war; so geborgen. „Es gibt bald Frühstück,“ erklärte Draco nach einiger Zeit, während er Harry durch das schwarze Haar strich und es noch mehr verwuschelte, als es ohnehin schon war und nach dem Schlafen insbesondere. Harry nickte nur abwesend, hatte aber gerade so gar keine Lust, sich zu bewegen und auch Dracos Arme wichen nicht von seinem Körper. „Ich muss noch in den Turm,“ seufzte er schließlich, rührte sich aber noch immer nicht. „Hm,“ stimmte Draco träge zu. Beide genossen ihr Zusammensein viel zu sehr, als dass sie sich trennen wollten. Draco beugte sich herunter und ließ seine Lippen erneut über Harrys Stirn gleiten, dann die Nasenwurzel hinab, küsste kurz die Nasenspitze, bevor sie auf ihr Gegenstück trafen. Harry erwiderte den Kuss ohne zu Zögern. Doch dann trennte Draco sich von ihm. „Es wird wirklich Zeit.“ So ungern er sich auch von dem Schwarzhaarigen trennte, aber sie mussten frühstücken. Das Frühstück, so sagte man, war die wichtigste Mahlzeit des Tages und ein Verzicht eher ungesund. Davon abgesehen, dass Draco ziemlichen Hunger hatte und er es nicht bis zur ersten Pause aushalten würde. Das tat sein Bauch auch mit einem lautstarken Knurren kund, was Harry ein Lachen entlockte. „Okay, bevor du mir hier noch verhungerst,“ kicherte er und setzte sich auf. Er beugte sich zu dem Slytherin hinüber und drückte ihm noch einmal kurz die Lippen auf, bevor er schließlich aufstand und Draco es ihm gleich tat. Gemeinsam verließen sie den Raum der Wünsche. Als Harry schließlich im Gemeinschaftsraum eintraf, wurde er schon erwartet. „Wo warst du denn? Ron sagte, du hättest nicht im Schlafsaal übernachtet,“ stellte Hermine fest. Prompt wurde Harry rot im Gesicht. Er wusste ja, dass es verboten war, außerhalb zu übernachten. Und Hermine war schließlich nicht umsonst Vertrauensschülerin. Draco, der ja auch Vertrauensschüler war, hatte sich nur aus Eigennutz nicht beschwert. Hermine beobachtete ihren besten Freund durch zusammen gekniffene Augen, dann schien ihr ein Licht aufzugehen. „Oh, sag nur, du hast…“ sie ließ den Satz unbeendet und sah ihn erwartungsvoll an. Doch er wurde glücklicherweise einer Antwort enthoben. „Mensch, da bist du ja!“ Ron knallte ihm die Hand auf die Schulter. „Wir haben dich schon gesucht und Hermine hat sich Sorgen gemacht.“ Er blinzelte seine Freundin neckend an. Die stemmte die Hände in die Hüften. „Tu doch nicht so, als ob du dich nicht gefragt hättest, wo er steckt!“ Harry nutzte die Gunst der Stunde, da beide unaufmerksam waren, um heimlich still und leise abzuhauen. Immerhin trug er noch sämtliche Klamotten von gestern, die nun auch ziemlich verknautscht aussahen, da er ja in ihnen geschlafen hatte. Also sprintete er zum Schlafsaal hoch, denn die Zeit drängte, wenn er noch Frühstück bekommen wollte. Und er würde ja auch Draco in der Großen Halle wiedersehen, Motivation also genug, sich zu beeilen. Oben angekommen, riss er sofort seinen Schrank auf, zog ein frisch gebügeltes Hemd heraus, suchte einen Umhang, der weniger lädiert aussah und schlitterte ins Bad, um sich frisch zu machen. Hemd und Umhang, die er ausgezogen hatte, wanderten sogleich in den Korb für die Dreckwäsche, den die Hauselfen im Laufe des Tages, während sie im Unterricht saßen, leeren würden. Er wusch sich nur kurz, für eine Dusche fehlte ihm schlichtweg die Zeit. Dann griff er sich seine Schultasche, suchte seine Bücher, Hausaufgaben und leeren Pergamente für heute heraus und griff sich Kessel und Zauberstab. Kaum hatte er alles eingepackt, stürmte er auch wieder nach unten. Hermine und Ron standen noch immer dort, wo er sie stehen gelassen hatte, diesmal jedoch ganz offensichtlich in einen Versöhnungskuss vertieft. Harry musste an gestern Abend denken und ohne es zu merken, breitete sich ein regelrechtes Strahlen auf seinem Gesicht aus. Jedoch wurde es von jemand anderem bemerkt. „Siehst glücklich aus,“ stellte Seamus fest. „Als hättest du eine wundervolle Nacht verbracht.“ Der Ire grinste breit, doch es verbreiterte sich noch mehr, als Harry knallrot anlief. „Es ist nicht so, wie du denkst,“ wiegelte er ab und lief schnurstracks an dem sich noch immer küssenden Pärchen vorbei, aber so schnell wurde er den Rotblonden wohl nicht los. „Weiß ich doch!“ lachte Seamus. „Du bist nicht der Typ, der allzu rasch mit jemandem in die Kiste steigt.“ Harry wurde noch roter und biss sich auf die Unterlippe. Soweit hatte er noch nicht einmal gedacht. Doch er konnte nicht leugnen, dass ihm die sanften Küsse gefielen. „Und wie steht‘s mit dir und Blaise?“ erkundigte er sich, während sie auf eine der beweglichen Treppen warteten, die sie nach unten und somit zur Großen Halle führen sollte. Einmal natürlich, um von sich selbst abzulenken, aber auch, weil es ihn wirklich interessierte. Diesmal war es an Seamus, zu erröten, wenn auch nur leicht. Ein tiefes Seufzen folgte. „Er hat gestern versucht, mir den Patronus beizubringen, hat aber nicht funktioniert. Du glaubst gar nicht, wie nervös mich der Typ macht! Ich hab gar nichts zustande gebracht, obwohl er eigentlich nichts gemacht hat. Also, außer zu versuchen, mir den Patronus beizubringen. Aber ich bekomme noch immer nicht viel mehr hin, als einen feinen weißen Nebel. Mir ist aufgefallen, dass er etwas abwesend und traurig ist. Weißt du, woran es liegen könnte?“ Seamus sah Harry erwartungsvoll an. Vielleicht konnte der ihm ja einen guten Tipp geben. „Tja…“ Harry presste die Lippen zusammen. Er haderte mit sich, ob er Seamus die Wahrheit sagen sollte. Aber er hatte Blaise ja auch gesagt, dass es Seamus war, der in ihn verknallt war, hatte Seamus es dann nicht auch verdient, zu wissen, was los war? Harry warf diesem einen kurzen Seitenblick zu. „Weißt du, er hat Liebeskummer.“ Jetzt war es raus. „Oh,“ meinte Seamus nur und klang enttäuscht. Der Schwarzhaarige bereute seine Entscheidung sofort, auch wenn Seamus nun wusste, woran er war. „Wer?“ fragte der Ire tonlos. „Weiß nicht,“ flunkerte Harry. Er hielt es für besser, wenn Seamus nicht wusste, dass Ron sein Konkurrent war. Der Gryffindor konnte einfach nicht abschätzen, wie Seamus reagieren würde. „Aber das wird schon.“ Harry legte Seamus eine Hand auf die Schulter und drückte sie kurz. „Immerhin steht er auch auf Männer und sein Schwarm ist zu seinem Pech mit einem Mädchen zusammen und hatte noch nie Interesse an einem Jungen.“ Harry lächelte ihn aufmunternd an. „Gib ihm einfach etwas Zeit.“ Seamus nickte mit hängendem Kopf. „Hey, warum habt ihr nicht auf uns gewartet?“ Sie hatten gerade die Eingangshalle erreicht, als sie Ron rufen hörten. Sie blieben stehen und warteten, bis Hermine und Ron die Treppe herunter gekommen waren. Gemeinsam betraten sie die Große Halle. Als erstes glitt Harrys Blick zum Slytherin-Tisch und als er sich mit dem von Draco kreuzte, lächelte er ihn sofort an, was direkt erwidert wurde. Dennoch ging er mit seinen Freunden weiter zu ihrem Tisch. Harry war etwas überrascht, als Hermine es so arrangierte, dass er mit dem Gesicht Richtung Slytherin-Tisch saß, was ihn nicht im Geringsten störte, konnte er so doch immer wieder Blicke zu seinem blonden Freund werfen. Das bedeutete aber auch, dass Hermine doch bemerkt hatte, was in ihm vorging und vermutlich ahnte sie auch, was gestern passiert war; sie war eben eine gute, aufmerksame Freundin. ** Seit diesem Tag war alles anders zwischen ihnen. Sie hielten sich immer an den Händen, wenn sie den Klassenraum wechselten, standen immer ein wenig abseits, um sich zu küssen und zu umarmen und irgendwie fanden sie wieder mehr Zeit füreinander, ohne die Schule, ihre Pflichten oder ihre Freunde zu vernachlässigen. Ihre Freundeskreise waren sowieso verschmolzen. Auch Pansy und Nott waren mittlerweile in der Gryffindor/ Slytherin-Clique angekommen. Lustigerweise verstanden sich Hermine und Theo sehr gut, denn beide waren ziemliche Streber, die sich gegenseitig in ihrem Wissensdurst unterstützten, manchmal sehr zum Leidwesen ihrer jeweiligen Partner. Grabbe und Goyle hatten sich ganz von ihrem ehemaligen Boss abgewandt, denn den beiden passte es einfach nicht, dass der jetzt so viel Zeit mit den größten Hauskonkurrenten verbrachte und mit einem von ihnen ständig Speichel austauschte, wie sie es nannten. Auch generell hatte sich die Rivalität zwischen dem roten und dem grünen Haus etwas gelegt. Sie schenkten sich zwar noch immer nichts, doch gab es auch in den anderen Klassenstufen erste Annäherungsversuche. Inzwischen war es Ende Oktober. Somit stand Halloween auf dem Kalender. Neben dem üblichen Halloween-Essen in der Großen Halle war eine Kostüm-Party im Raum der Wünsche organisiert worden. Ein Sechstklässler aus der DA hatte die Idee gehabt und einige Freiwillige hatten ihm geholfen. Natürlich waren beide DA-Gruppen mit dabei, aber auch jeder andere Schüler, der Lust hatte, konnte kommen. Harry hatte große Probleme gehabt, ein Kostüm zu finden. Er wollte Ohren und Schwanz schließlich nicht verstecken. Also hatte er sich für den Gestiefelten Kater entschieden, während Draco als blasser Vampirfürst teilnehmen wollte. Das Kostüm war mehr improvisiert, aber er war zufrieden. Und auf großartiges Tamtam hatte er eh keine Lust. Draco war gerade, da Samstag war, in Malfoy Manor, um dafür dort sein grünes Barock-Kostüm zu holen, das er Harry in den Ferien gezeigt hatte. Außerdem hatte er noch ein paar andere Dinge dort zu erledigen, weshalb Harry nun schon den ganzen Tag auf ihn verzichten musste. Daher hatte er sich entschlossen, sich der Reparatur seiner natürlichen Gedankenabwehr zu widmen. Somit hatte Harry sich in ihrem Schlafsaal verkrochen, jedoch nicht ohne seinen Freunden Bescheid zu geben. Mittlerweile funktionierte es auch besser, als noch beim ersten Mal in Dumbledores Büro. Er schaffte es nun, den Zauber bis zu fünf Mal in einer Stunde durchzuführen, was ihn mit einigem Stolz erfüllte, obwohl es nicht so das Wahre war, da er auch mit fünf Sprüchen nur einen Bruchteil der Vorhänge verstärken konnte. Harry hatte es sich angewöhnt, nach fünf Zaubersprüchen aus seinem Inneren zurückzukehren, das war sicherer und nicht so anstrengend. Erst, als er bereits seine Brille wieder aufgesetzt hatte und in seinem Bett saß, fiel ihm ein leises Schluchzen auf. Irritiert sah er sich um, bevor er erkannte, dass Seamus die Vorhänge um sein Bett zugezogen hatte und offenbar dahinter lag. Kurz überlegte er, ob er einfach gehen sollte; Seamus würde schon seine Gründe haben, alleine zu sein, doch dann dachte er sich, dass er seine Hilfe zumindest anbieten konnte. Also stand er auf, ging zu dem Bett seines rotblonden Freundes hinüber und schob langsam und vorsichtig den Vorhang ein wenig bei Seite, um ihn nicht zu erschrecken. „Seamus?“ Dieser stellte sein leises Wimmern sofort ein und hob den Kopf leicht an. Wie Harry bereits wegen der Geräusche vermutet hatte und die roten Augen und die feuchten Wangen nun bestätigten, weinte Seamus. Er sah ihn fragend an und wartete darauf, ob der Ire selbst das Wort ergreifen würde. Der wischte sich erst mit dem Umhangärmel über das Gesicht, dann rückte er ein wenig zur Seite und bedeutete Harry, sich zu ihm zu setzen, während er liegen blieb und nun eine Weile stumm an die Decke des Himmelsbettes blickte. Harry kam der Aufforderung nach und zog die Beine an sich, so dass der Vorhang hinter ihm wieder zufiel. Dann wartete er geduldig ab, wann Seamus mit ihm reden würde, denn dass er das tun wollte, zeigte schon alleine die Tatsache, dass er ihn nicht weggeschickt hatte. Schließlich seufzte Seamus leise. „Wie du weißt, bin ich total in Blaise verschossen. Ich habe mich an deinen Rat gehalten, mich zurückgehalten und abgewartet. Aber mittlerweile ist es nun schon einen Monat her. Ich hab ein paar Andeutungen gemacht, mich öfter unter fadenscheinigen Gründen mit ihm getroffen, um Zeit mit ihm zu verbringen und in seiner Nähe zu sein. Aber er reagiert gar nicht darauf. Er hat wohl wirklich kein Interesse.“ Seamus schloss gequält die Augen. „Ich weiß ja, entlieben ist schwerer, als verlieben. Und sich dann wieder neu verlieben, erstrecht. Aber er könnte es mir doch dann deutlich sagen, oder? Er weiß ja nicht, dass ich weiß, dass er unglücklich verliebt ist.“ Harry sah Seamus nachdenklich an. „Vielleicht denkt er sich, dass ich es dir gesagt habe. Außerdem hab ich ihm das mit Dean erzählt.“ Seamus sah ihn entsetzt an. „Du hast was?“ fuhr er den Schwarzhaarigen an. „Wenn du ihm davon erzählt hast, dann hast du ihm bestimmt auch gesagt, dass ich ihn ... mag?“ Harry presste die Lippen zusammen. Stimmt, das hatte er alles hinter Seamus’ Rücken getan, ohne zu bedenken, dass der wenig begeistert davon sein würde. Seamus interpretierte Harrys Schweigen richtig und ließ den Kopf wieder aufseufzend auf sein Kissen fallen. „Mach dir keine Sorgen. Er hat es gut aufgenommen. Außerdem meint Draco, du wärst sein Typ. Also Blaises. Du könntest ihn ja bei der Party zum Tanzen auffordern,“ schlug Harry vor, um Seamus aufzumuntern. Und er wollte auch ein klein wenig wieder gut machen, dass er Blaise alles erzählt hatte, auch wenn er in erster Linie damit Seamus vor einem erneuten Reinfall hatte schützen wollen. Seamus sah Harry zweifelnd an. „Meinst du?“ „Ja, klar. Du kannst aber auch warten, bis jemand anderes Interesse an ihm bekundet und ihn dir vor der Nase wegnimmt.“ Harry hob auffordernd eine Augenbraue. „Nein, soweit lasse ich es nicht kommen. Ich werde es tun. Wenn er es eh schon weiß, kann ich auch ruhig ein wenig offensiver werden!“ Nun sah Seamus so entschlossen aus, dass Harry leicht lächeln musste. „Lass uns in den Gemeinschaftsraum gehen!“ Harry stand auf und zog die roten Vorhänge wieder auseinander und Seamus tat es ihm auf der anderen Seite gleich. ** Einen Tag später saßen die Freunde vor dem Kamin und unterhielten sich über die Party und die Hausaufgaben, als es plötzlich gegen eines der hohen Turmfenster klopfte. Jemand musste die großen Fenster geöffnet haben, denn plötzlich saß Hedwig auf Harrys Pergament und sah ihn vorwurfsvoll an. Ob nun, weil er es nicht gewesen war, der ihr geöffnet hatte oder weil er ihr nicht sofort den Brief vom Fuß band, konnte er nicht genau sagen, aber er konnte sie schnell mit einem Eulenkeks wieder versöhnen. Derweil betrachtete er erstaunt das Siegel, welches das Papier verschloss. Es trug Sirius‘ Wappen. Dabei durfte sein Pate doch keine offizielle Post verschicken, da er doch noch immer gesucht wurde und sofort machte Harry sich wider Sorgen. Es war unangebracht von dem Älteren, undurchdacht. Zwar wusste er, dass Sirius gerne Risiken einging und sich ungern zurückhielt, doch er hätte nie gedacht, dass er irgendwann so leichtsinnig werden würde; immerhin ging es hier um nichts geringeres, als sein Leben. Nun gut, zugegebenermaßen hatte er das auch schon sehr oft riskiert, aber nur, wenn es sich wirklich lohnte. Das hier war absolut unnötig. Harrys Herz schlug schneller, als er daran dachte, dass er wohlmöglich Neuigkeiten über die Horkruxe in Händen hielt. Aber auch das wäre nicht Sirius‘ Leben wert. Außerdem, wenn er Informationen über den Ereignisstand erhalten würde, dann sicherlich nicht in einem Brief. Dann würde Dumbledore ihn in Kenntnis setzen, nicht wahr? Schließlich trafen sie sich noch immer regelmäßig zu seinem Okklumentikunterricht und der Direktor erkundigte sich genauso oft über den Fortschritt seine mentale Stabilität betreffend. Also, was sollte Sirius ihm schreiben? Doch wenn er noch länger nachdachte, anstatt den Brief endlich zu öffnen, würde er es nie erfahren. Hastig zerbrach er das Siegel, rollte das Pergament auseinander und begann endlich damit, zu lesen. Während des Lesens wurden seine Augen immer größer und glänzender und sein Mund stand leicht geöffnet. Am Ende des Briefes sprang er freudig aus seinem Sessel auf, stieß die Hand mit dem Brief in die Luft und ließ ein im ganzen Saal zu hörendes „Ja!“ vernehmen. Leiser fügte er dann hinzu: „Endlich!“ Doch die Aufmerksamkeit aller anderen Schüler war ihm bereits gewiss. Als sie aber erkannten, dass Harry sich lediglich wieder in seinen Sessel zurücksetzte, wandten sie sich ihren jeweiligen Tätigkeiten wieder zu. Im Gegensatz zu Ron und Hermine, die ihren Freund neugierig betrachteten und offensichtlich darauf brannten, dass er ihnen die Neuigkeiten mittteilte, die ihn in einen solchen Freudentaumel ausbrechen ließen. Doch Harry wusste, dass er keine Geduld haben würde, ihnen alles zu erklären, daher reichte er ihnen das Pergament, das unter seinem festen Griff ein wenig zerknittert worden war. Hermine nahm es entgegen, glättete es, legte es auf dem Tisch ab und Ron und sie steckten die Köpfe zusammen, um gemeinsam lesen zu können. Hallo Harry. Ich will gar nicht lange um den heißen Kessel herumreden, dafür sind die Nachrichten, die ich für dich habe, einfach zu gut. Die Aurorenabteilung des Ministeriums hat nach langer Suche nach Beweisen und nach seinem Aufenthaltsort Peter Pettigrew in Gewahrsam genommen. Er hat alles gestanden, hatte wohl zu viel Angst. Sein Todesserdasein, seine Rolle bei Voldemorts Wiederauferstehung, seine Hilfe für den dunklen Lord seitdem. Und auch die Sache damals. Dass er James‘ und Lillys Geheimniswahrer war, dass er sie verraten hat, dass er die Straße in die Luft gejagt hat, um seinen Tod vorzutäuschen, dass ich ihn eigentlich hatte stellen wollen, die Tatsache, dass er ein Animagus ist und wie er das alles bewerkstelligt hat. Sein Geständnis wird mich rehabilitieren. Ich bin also ganz offiziell und legal wieder zurück und er wird seine Strafe erhalten. Zunächst habe ich gedacht, dass Voldemort es zuließ, dass Wurmschwanz gefasst wird, weil er ihn einfach nicht mehr braucht oder es einfach gut in seine Pläne passt. Aber er hätte ihn vermutlich getötet, wenn er ihn nicht mehr braucht. Daher bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Peter sich hat fangen lassen, um Voldemort zu entgehen. Vermutlich hat er bemerkt, dass er keinen Nutzen mehr für Voldemort hat und dass er ein Klotz an dessen Bein ist. Und wir wissen alle, dass Voldemort undankbar ist und alles, was Peter für ihn getan hat, schnell vergessen ist. Er dachte wohl, dass er in Askaban sicher ist vor Voldemort. Dabei weiß er gar nicht, wie schlimm es in Askaban ist. Wie dem auch sei, morgen erscheinen einige Artikel im Tagespropheten darüber, von denen ich hoffe, dass sie die Zauberbevölkerung von meiner Unschuld überzeugen werden. Unter anderem wird das Zaubereiministerium eine offizielle Entschuldigung drucken lassen. Je nachdem, wie es läuft, werde ich dann eventuell meinen Aurorenposten wieder aufnehmen können. Weihnachten kannst du dann selbstverständlich bei mir und Remus verbringen. Wir sehen uns hoffentlich bald, Sirius „Wow, das ist ja klasse!“ rief Ron nachdem er mit Lesen fertig war und auch Hermine strahlte über das ganze Gesicht. „Das sind super Neuigkeiten,“ stimmte sie zu. „Das muss gefeiert werden!“ korrigierte Ron überdreht. Harry grinste nur vor sich hin. Diese Neuigkeit machte ihn wirklich glücklich und er freute sich auf die Reaktionen all derjenigen, die immer geglaubt hatten, dass Sirius ein Verräter war. „Ich muss es Draco erzählen!“ Harry war ganz hibbelig und wollte am Liebsten die ganze Welt umarmen. Also weshalb nicht mit seinem Freund anfangen? Er sprang auf, griff nach dem Brief und war kurz darauf auch schon durch das Porträtloch verschwunden. Daher bekam er auch nicht mit, dass Ron eine Schnute zog und Hermine ihm mild lächelnd hinterher sah. ** Freudig hüpfte Harry mit einem strahlenden Lächeln durch die Gänge und ignorierte die anderen Schüler die ihm begegneten und ihn seltsam anschauten. Es war ihm schlichtweg egal, was sie in diesem Moment von ihm dachten. Er konnte nur daran denken, seine Freude mit seinem Freund zu teilen, von dem er auch wusste, dass er heute wieder zurückgekommen war. Durch den Brief war er ein wenig spät, was ihr vereinbartes Treffen anging, doch er war sich sicher, dass Draco ihm das verzeihen würde, wenn er ihm von den Neuigkeiten berichtete. Und er sollte Recht behalten. Wenig später saßen sie zusammen im Raum der Wünsche und Draco lauschte Harrys Erzählungen über Sirius, wie die Ereignisse damals wirklich verlaufen waren und freute sich einfach mit seinem Freund, der redete, wie ein Wasserfall. So lange Harry gut gelaunt war, war er es auch und er war zufrieden damit, nicht wirklich zu Wort zu kommen, auch wenn er seinen Freund das ein oder andere Mal unterbrach, um ihn kurz zu küssen. Jedoch tat er das selten, schließlich wollte er nicht, dass Harrys gute Laune wegen ihm plötzlich umschlug, doch der ließ sich nicht beirren. Dennoch verlagerte Draco sich fast ausschließlich darauf, Harry sanft über den Rücken zu streicheln, während seine andere Hand fest mit der seines Freundes verflochten war. Als Harry schließlich mit seinen Schwärmereien fertig war – auch die Ereignisse aus dem dritten Schuljahr hatte er ihm ausführlich erzählt – meinte Draco spaßeshalber: „Aber ich muss jetzt nicht eifersüchtig sein?“ Harry sah ihn perplex an. Offenbar verstand er nicht, was Draco meinte und nahm seinen Satz daher wörtlich. „Wieso solltest du? Ich liebe ihn ja nicht. Nun ja, zumindest nicht so.“ Verlegen und mit roten Wangen drehte Harry sein Gesicht von seinem Freund weg. „Du hast aber gerade ganz schön von ihm geschwärmt,“ neckte Draco in weiter, während er seinen Atem frech über Harrys empfindliche Ohren streichen ließ, die sofort zu zucken begannen. „Er ist wie ein Vater für mich!“ empörte Harry sich, konnte aber nicht verhindern, dass er vor Wohlgefallen leicht erbebte. Dracos samtig weiches Lachen perlte in seinen Gehörgang und ließ ihn wohlig erschauern. Und bemerken, dass Draco es gar nicht ernst meinte, sondern ihn nur aufzog. „Blödmann!“ Als kleine Rache boxte er Draco leicht auf die Schulter, was diesen nur noch mehr zum Lachen brachte und ehe Harry sich versah, lag er unter Draco auf der Couch, was ihm ein erschrockenes und ganz und gar unmännliches Geräusch zwischen Quietschen und Keuchen, da die rasche Bewegung und Dracos Gewicht auf seinem Brustkorb ihm die Luft aus den Lungen gepresst hatte, entriss. Erneut lachte Draco, während er sich wie eine Decke auf Harry legte und sich dort ausbreitete, während er ihn einfach nur hielt und sein Gesicht an Harrys Halsbeuge vergrub. Weiter wollte er noch nicht gehen, da er Harry schließlich nicht überfordern wollte. Der war auch so schon rot genug im Gesicht und äußerst froh, dass Draco so rücksichtsvoll war, auch wenn das schlechte Gewissen an ihm nagte, da er ahnte, dass das Draco irgendwann nicht mehr reichen würde. Irgendwann spürte er, wie Draco hauchfeine Küsse auf seinem Hals verteilte. Harry bog seinen Kopf ein wenig zur Seite, um Draco mehr Platz dafür zu geben und war über seine eigene Reaktion erstaunt. Er hatte eigentlich keinerlei Erfahrung, die über Küsse hinausging. Kurz darauf wanderten Dracos Küsse über seinen Kiefer und sein Kinn, bis hin zu seinen Lippen. Sofort erwiderte Harry den Kuss und diesmal öffnete er seinen Mund als eine Zunge fragend über seine Lippen streichelte. Desweiteren spürte Harry nur zu deutlich die warme Hand, die sich unter sein Hemd und auf seinen bloßen Bauch geschlichen hatte, ihn dort sanft streichelte und eine Gänsehaut verursachte. „Draco...“ seufzte Harry und vergrub seine Hände in den blonden Haaren, um Draco noch näher an sich zu ziehen, während sie den Kuss vertieften. Nach einer Weile löste Draco sich sachte von seinem Freund und sah ihn einfach nur an, während er dessen Ohren kraulte. Er war fasziniert von der leichten Röte, die Harrys Wangen zierte und betrachtete die glänzenden grünen Augen und die rosigen einladende Lippen. Bald beugte er sich wieder herab, um Harry zu küssen. Doch dabei fiel sein Blick auf seine Armbanduhr und er stellte fest, dass sie bereits eine halbe Stunde des Abendessens verpasst hatte, was er Harry auch gleich mitteilte. Daher beschlossen sie hastig, sich auf den Weg in die Große Halle zu machen. ** Mittlerweile war Halloween, das Festessen in der Großen Halle lag bereits hinter ihnen, so dass sie sich nun dem Party-Geschehen widmen konnten. Sie saßen alle zusammen in einer Ecke des wunderbar geschmückten Raums der Wünsche und ließen sich ihre Butterbier schmecken, während sie ihre Mitschüler an den anderen Tischen oder auf der Tanzfläche beobachteten. Harry wurde erst aufmerksam, als Draco, der eben noch neben ihm gesessen hatte, aufstand. Fragend sah er ihn an. Der Blonde hingegen lächelte seinen Freund an und hielt ihm die Hand entgegen: „Lust, zu tanzen?“ Zunächst zögerte Harry, hatte er doch das letzte Mal, als er tanzen wollte, oder eher musste, ziemlich kläglich versagt. Doch das war Draco, der mit ihm tanzen wollte und sicherlich wollte er keine Standard-Tänze mit ihm durchexerzieren, sondern lediglich so tanzen, wie alle anderen auch: sich kuschelnd hin und her wiegen. Also griff er nach der angebotenen Hand und folgte seinem Freund auf die Tanzfläche. Harry wusste nicht, ob man das denn überhaupt noch ‚tanzen‘ nennen konnte, aber so übel fand er es dann doch nicht, vor allem, da Draco sein Tanzpartner war. Sie waren schon eine ganze Weile auf der Tanzfläche und genossen einfach nur die Nähe des anderen, als Draco Harry sanft anstupste und mit dem Kopf in eine bestimmte Richtung wies. Der Schwarzhaarige folgte dem Blick und sah etwas weiter von ihnen entfernt, dass Ginny sich mit einem Ravenclaw unterhielt, den er nicht kannte. Er konnte sehen, dass Draco nicht darauf anspielte, sondern auf einen grimmig blickenden Neville, der in der Nähe stand und offen sichtbar eifersüchtig war. Gerade trat er zu Ginny heran, offensichtlich, um sie von diesem Jungen loszueisen. „Da bahnt sich wohl was an,“ raunte Draco und er sollte Recht behalten, denn Ginny war offenbar nicht geneigt, das Gespräch mit dem Ravenclaw zu beenden und sie war so aufgebracht, dass es sogar zu einem kurzen Disput zwischen ihr und Neville kam. Dann schien sie sich allerdings doch für den Gryffindor zu entscheiden und nahm die ihr angebotene Hand an. „Ob sich da wohl gerade ein neues Pärchen findet?“ murmelte Harry. Er würde es Ginny jedenfalls wünschen. Sie war zwar kein Kind von Traurigkeit, aber seit er sich in den Sommerferien abgewiesen hatte, hatte er sie nicht mehr mit einem Jungen gesehen. Es tat ihm noch immer Leid, sie so enttäuscht zu haben, aber für seine Gefühle konnte er nichts, genauso wenig, wie sie. Aber Liebe musste auf Gegenseitigkeit beruhen, sonst ergab sie keinen Sinn und sie wären beide unglücklich gewesen. Ein anderes sehr interessantes Tanzpaar für Harry waren allerdings Blaise und Seamus. Zwar tanzten sie in normaler Tanzhaltung, mit Seamus als Dame, aber das war nichtsdestotrotz schon mal ein guter Anfang. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)