Rote Augen von abgemeldet (Die Fortsetzung von Familienbande) ================================================================================ Kapitel 46: Regen ----------------- Ich stand vor dem Feuer. Es brannte lichterloh, zu stark, dass es irgendjemand löschen konnte. Ich stand dort und all meine Fehler wurden mir gezeigt. Jeder falsche Schritt, jedes falsche Wort, jede falsche Geste. Alles. Ja, ich hatte immer Zeit für mich gebraucht, als wir bei den Volturi waren, doch nur um diese Rolle weiterhin beherrschen zu können. Ich hatte ihn immer geliebt. Immer. Selbst, als er ging. Immer. Auch, als er mich blutend verlassen hatte. Immer. Es hatte keinen Moment gegeben, in dem mein Herz nicht für ihn geschlagen hätte. Und nun war er fort. Nie wieder sollte ich sein Lachen hören. Nie wieder sollte ich seinen Duft einatmen. Nie wieder sollte ich ihn bei mir spüren. Nie wieder sollte ich seine Stimme hören. Nie wieder sollte ich seinen Gedanken lauschen. Die Endgültigkeit, die mir hinter alldem bewusst war, war erschreckend. Nie wieder. Für einen Vampir war das Wort nie gefährlicher als für Menschen, aber ich durfte es nutzen. Er würde nämlich nicht zurückkehren. Nie. Selbst, wenn ich Gott anflehen würde. Er war fort. Für immer und ewig. Der Regen setzte ein, doch er störte das Feuer nicht. Mich auch nicht. Er fiel mit dieser stillen Verachtung auf der Welt, die nur der Regen hatte. Er fiel einfach, ganz egal, was gerade geschah. Er fiel und lachte über alle, die an ihr Leben auf der Erde gebunden waren. Über jeden einzelnen, ob gut oder böse, ob Mensch oder Vampir. Warum hatte ich ihm nicht gesagt, dass er noch immer in meinem Herzen war? Warum? Stattdessen hatte ich ihm keine Hoffnung mehr gegeben. Ich hatte ihn verachtend angesehen und vor seinen Augen einen anderen geküsst. Niemals würde ich diese Schuld begleichen können. Denn er war fort. Einfach fort. Wäre er es wert gewesen, gerettet zu werden? Ja. Warum hatte ich ihm das nicht gesagt? Warum hatte ich ihm so vieles nicht gesagt? So viele unausgesprochene Dinge. Solange hatte ich ihn einst belogen. Ich hatte mich nicht einmal anständig entschuldigt. Würde er mir verzeihen, wenn wir uns eines Tages vielleicht in der Hölle wieder begegneten? Wenn auch ich gestorben war und wir uns erneut sehen würden? Ich hatte einst eine Familie von Gott verlangt, eine, die man mir nicht wieder einfach nehmen konnte. Er hatte sie mir gegeben. Ich hatte einst jemanden von Gott verlangt, der mich aufrichtig liebte – anders als es meine Familie tat. Auf die Art und Weise wie ein Mann seine Frau liebte. Er hatte ihn mir gegeben. Es war mein Fehler gewesen, ihn gehen zu lassen. Ich schloss für einen Moment die Augen, um ihn wieder sehen zu können, doch kein Bild in meinem Kopf sollte je dem Original nahe kommen. Vielleicht war all das meine Schuld. Wenn ich Edward nicht gebeten hätte, auf Andrew aufzupassen, wäre Andrew nie verwandelt worden und dieser Krieg wäre nie ausgebrochen. Er würde noch leben. Es war mein Fehler. Wegen meinem Fehler war er fort und würde nie zurückkehren. Jemand schrie und es dauerte lange, bis ich merkte, dass ich es war, die schrie. Jemand schlang seine Arme um mich, als meine Beine nachgaben und hielt mich gerade noch aufrecht. „Pscht, es ist gut“, flüsterte mir jemand zu und ich wehrte mich gegen die Umarmung. Wollte zum Feuer. Wollte spüren, wie es auch meine Haut verbrannte. Wollte zu ihm. Ich wollte jetzt wissen, ob er mir alles vergeben konnte. Dass ich zurückweisend gewesen war. Dass ich uns keine erneute Chance gegeben hatte. Dass ich ihn belogen hatte. Aber die Arme waren zu stark. Schluchzend brach ich zusammen, doch es verließen keine Tränen meine Augen. Das Monster in mir rebellierte und wollte nicht, dass ich so schwächlich war, sodass meine Augen schon ein sattes schwarz angenommen hatten, doch es war mir egal. Wenn ich könnte, würde ich dem Monster die Kontrolle überlassen, aber ein letzter Funken Verstand hielt mich davon ab. Ich spürte, wie ich den Boden unter den Füßen verlor und jemand meinen Kopf gegen seine Halsbeuge drückte. „Es wird alles gut, Faye“, flüsterte die gleiche Stimme wie zuvor nah an meinem Ohr. „Edward?“, fragte ich so leise, dass er es kaum hören konnte. „Ja, Kleine. Dein großer Bruder passt jetzt auf dich auf.“ __________________________ Das nächste Kapitel wird wahrscheinlich Samstagabend hochgeladen werden. Würd mich interessieren, was ihr zu diesem Kapitel sagt. =) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)