Samurai von moonlight_005 ([NejiTen] Teil 1 der Samurai-Trilogie) ================================================================================ ~ Kapitel 20: Ambush ~ ---------------------- Kapitel 20: Ambush ~ Der Raum war von Fackeln beleuchtet, die die steinernen Wände in gespenstiges Licht tauchten. Es war gerade so hell, dass man etwas sehen konnte, aber es reichte ohnehin nur aus schemenhaften Gestalten zu erkennen. Nur auf der langen Tafel, die mitten im Raum stand und an der sich einige Menschen gegenüber saßen, stand eine Kerze auf einem bronzenen Ständer. Diese schwiegen bis auf den größten Mann an der Stirnseite, der sich über etwas zu amüsieren schien und vor sich hin lächelte. Auf seiner Armlehne hatte sich eine dunkelgrüne Schlange zusammengerollt, die manchmal mit leisen Zischlauten die Stille durchbrach. Der Mann beachtete sie nicht. Sie warteten. Schließlich durchbrach eine der Gestalten die Stille: „Wofür habt Ihr uns rufen lassen, Orochimaru-sama? Der Mann fixierte ihn, der Blick so voller Wahnsinn und Unberechenbarkeit, dass der Fragesteller unter Orochimarus Fixierung ein paar Zentimeter kleiner wurde. „Du willst wissen … warum ich euch herbestellt habe, Kidomaru?“ Der spöttische Unterton entging niemandem. Der Angesprochene nickte, scheinbar noch immer verblüfft von seiner eigenen Kühnheit, die sich in den Momenten, da Orochimaru ihn anstarrte, allerdings in Luft auflöste. „Seit wann toleriere ich es, dass ihr mir Fragen stellt?“, zischte Orochimaru. Der Mann namens Kidomaru wich noch ein Stück weiter in seinen Stuhl zurück. „Nie…niemals, Orochimaru-sama“, brachte er heraus. Der bleiche Mann lächelte ihn süßlich an: „Damit dürfte deine Frage beantwortet sein, aber“, er verengte die Augen zu Schlitzen, „solltest du mir noch einmal so dreist kommen, wirst du nicht noch mal dazu kommen mich so etwas zu fragen.“ Blass vor Angst nickte Kidomaru und auch seine Gefährten rührten sich nicht mehr. Es gab keinen Zweifel unter wessen Befehl sie standen und wer hier das Sagen hatte. Orochimaru streichelte den Kopf der Schlange, die sich daraufhin um sein Handgelenk wand. „Wie sieht es mit deiner Mission aus, Kimimaro? Habt ihr das Versteck der Rebellen aufgespürt?“, wandte sich Orochimaru nun an den stillsten Mann, der ihm gegenübersaß. Im Gegensatz zu den anderen war bei ihm keine Spur von Angst zu bemerken. Sein Blick war unbewegt, fast hypnotisch auf seinen Meister gerichtet. „Wir haben die Südseite der Berge abgesucht“, erklärte er ruhig. „Nirgendwo befindet sich eine Spur, selbst die Minen sind nicht so groß, dass es ein Geheimquartier geben könnte.“ „Ich habe die Möglichkeit an die Minen sowieso verworfen“, unterbrach ihn Orochimaru, „es wäre geradezu naiv zu glauben, dass sie sich nach der Auseinandersetzung vor ein paar Jahren noch immer dort aufhalten würden.“ „Deshalb habe ich die Suche auch nur zum Schein dort geführt“, sagte Kimimaro, „Mao-Chéng glaubt, wir haben eine Spur in dieser Umgebung, allerdings…“ er brach ab. Orochimaru strich sich eine schwarze Strähne aus dem Gesicht und lächelte hämisch. „Allerdings hast du die Suche auf alle erdenklichen Standpunkte in der Nähe ausgeweitet? Sehr gut.“ Dann verschränkte er die Finger ineinander und lehnte sich ein Stück vor. „Der Grund warum wir hier zusammengekommen sind…“ Er sah jeden der Reihe nach an. Grinste. Ein Geräusch draußen auf im Gang unterbrach ihn, im nächsten Moment wurde die Tür zum unterirdischen Tagungsraum geöffnet. Ohne den Kopf zu wenden huschten Orochimarus Augen zur Tür. „Du bist spät, Kabuto.“ Der Mann schloss die Tür, zog dann einen Mundwinkel leicht hoch. „Es war ein langer Weg.“ Zur Antwort bedeutete ihm Orochimaru sich zu seiner Rechten zu setzen. Kabuto ließ sich neben ihm nieder. Nun war kein Platz mehr leer. „Der Grund warum ich euch alle rufen lassen habe“, wiederholte er, „ist Neji Hyuga.“ Zwei der Anwesenden zogen scharf die Luft ein. Orochimaru sah sie belustigt an. „Tayuya, Jirobo, habt ihr den Gerüchten etwa keinen Glauben geschenkt?“ Er grinste. „Hizashi Hyuga hatte einen Sohn.“ Dann sah er Kabuto an. „Was hast du herausgefunden?“ Kabuto zuckte die Schultern: „Um ehrlich zu sein verstehe ich nicht, dass Ihr euch um jemanden wie ihn Gedanken macht. Ein Einzelner kann nicht viel ausrichten. Er ist ein Nichts, selbst wenn in ihm das Blut einer der mächtigsten Samuraifamilien von Konoha fließt.“ Orochimarus Augen verengten sich zu Schlitzen und er selbst strahlte eine unabwendbare Grausamkeit aus. „Es interessiert mich nicht, … was du denkst. Schon, wenn die Rebellen den Namen Hyuga hören, werden sie sich ermutigt fühlen, sie würden ihn auf ihre Seite ziehen und erst dann würde die Rebellion ihre vollen Ausmaße annehmen. Und…“ Zum ersten Mal zögerte er. „Tenten.“, sagte Kabuto, „Ihr hattet Recht, es besteht noch immer eine Bindung zwischen der Tochter des Fürsten und ihm. Hyuga hat ihre Verbindung nicht vollständig gekappt, zumindest nicht so, wie er es gewollt hatte.“ „Das bedeutet?“ „Neji Hyuga wird Euch, solange er am Leben ist, im Weg sein.“ Keiner sagte etwas, nur die Schlange zischte leise. Schließlich leckte Orochimaru ganz langsam über die Lippen, über die strahlend weißen Zähne, die leicht spitz waren. Der Blick aus den bernsteinfarbenen Augen irrte ziellos im Raum umher. „Das überrascht mich nicht, auch wenn es eine seltsame Fügung des Schicksals ist… Nun… ist es Zeit über euren Auftrag zu sprechen.“ Die fünf Gestalten, die an der Tafel saßen, erhoben sich. Kimimaro sah zu seinen Begleitern, langsam drehte er den Kopf mal nach rechts und dann nach links, wo zwei weitere seiner Gefährten standen. Es war das erste Mal, dass ein Lächeln über sein Gesicht huschte, ein kaltes Lächeln. „Ihr braucht nicht länger zu erklären, Orochimaru-sama. Wir wissen was zu tun ist.“ Jeder von ihnen trat ein paar Schritte zurück und dann huschten sie wie Schatten durch den Raum so schnell, dass das menschliche Auge ihnen kaum folgen konnte. Es dauerte nicht mal zehn Sekunden, dann hatten sie in einer Art tänzerischen Koordination den Raum verlassen. Ein eiskalter Windzug zog durch die unterirdischen Gemäuer. Die Kerze war erloschen und der Raum nur noch matt erhellt, sodass das übrige Licht scharfe Schatten auf Orochimarus Gesicht zeichnete. Dieser lächelte. Grausam. Mächtig. Siegesgewiss. Kabuto sah ihn nachdenklich an und die Schlange stieß ein leises Zischen aus. „Jetzt beginnt es. Die Geschichte wird sich wiederholen.“ Eine kurze Pause folgte in der Orochimaru sich fast genüsslich über die Lippe leckte. „So… schließt sich der Kreis.“ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ Die Tore Konoha-Gakures schienen wie riesige Wächter, die mächtig über ihnen aufragten. Der Stein war so unerschütterlich, dass es sich beinahe so anfühlte, als gingen sie in Gefangenschaft anstatt nach Hause zurückzukehren. Es war ein anderes Gefühl wie das letzte Mal, als sie diese Tore durchquert hatten. Damals waren sie sich ihrer Mission bewusst, sie wussten sogar, dass einige vielleicht nicht zurück kommen würden. Aber wirklich daran gedacht hatte niemand von ihnen. Ja, vielleicht hatte es auch keiner akzeptieren wollen. Jetzt kehrten sie verändert zurück. Manche waren gebrochen oder verletzt. Andere hatten sich noch immer nicht von den Verlusten erholt. Und Neji … ihn hatte diese Reise in seinem Inneren verändert. Noch mehr als früher war er in den Wahn seines Kampfes gesunken, in ihm war ein Hass entbrannt. Glühender, leidenschaftlicher Hass. Er hatte gezweifelt, war an den Rande seiner Kraft gelangt und über sich hinaus gewachsen. Er hatte Menschen getroffen, die er und die ihn geprägt hatten. Neji hatte sich wahrlich verändert. Naruto schloss zu ihm auf und betrachtete mit beinahe ehrfurchtsvoller Miene die Stadtmauer, die die riesige Stadt von der Außenwelt abschirmte. „Wieder zu Hause, was?“, sagte er und grinste. Neji hatte nicht viel mit Naruto gesprochen, seitdem Tenten, Shikamaru, Lee und er von Tsunade zurückgekehrt waren. Zuviel war in der Zwischenzeit geschehen: Shikaku Nara ermordet und schließlich sein Sohn, der dem Bündnis mit Konoha-Gakure zustimmt hatte. Viel Zeit mit Naruto oder Hinata zu reden war ihm da nicht geblieben, denn nachdem Shikamaru dem Vertrag zugestimmt hatte, musste auch Asuma als sein Vormund seine Zustimmung geben. Tenten hatte fast drei Tage mit ihnen und anderen wichtigen Beratern der Naras in ihren Tagungsräumen verbracht um das Bündnis in allen Punkten festzulegen. Er selbst war dazu verdammt stillschweigend in ihrer Gegenwart zu verharren um sofort eingreifen zu können, falls ihr Gefahr drohte. Der Anschlag auf ihr Leben war ihm eine Lehre gewesen und er selbst würde seine Ehre als Samurai verlieren, würde er sie daraufhin noch einmal allein lassen und hilflos möglichen Gefahren ausliefern. Es war einfach zu viel passiert und Neji hatte wahrscheinlich nicht die Ruhe gehabt alle Erlebnisse zu verarbeiten. Dass er in den letzten Tagen nicht viel Schlaf bekommen hatte, machte die Sache auch nicht besser. Sein fast immer beherrschtes Gesicht wirkte eigenartig hölzern und seine Züge müde. Seine Wachsamkeit hatte nachgelassen, er hatte die letzten Tage nur durchgehalten, weil er zeitweise in Meditation versank, wobei er neue Kraft hatte sammeln können. Nein, er fühlte sich wirklich nicht, als würden sie nach Hause zurückkehren mit einigen Gesandten der Naras und etlichen Verlusten. Naruto sah ihn fragend an: „Was ist? Bist du etwa erschöpft, großer Krieger?“ Der Schalk tanzte in seinen Augen und der Blonde grinste ihn spöttisch an. Neji warf ihm einen düsteren Blick zu. Im Gegensatz zu ihm hatte Naruto nicht gegen Sasuke Uchiha gekämpft und war auch nicht auf das Plateau des eisigen Schweigens gestiegen und den starken wechselhaften Bedingungen des Izanagi Izar ausgesetzt gewesen. „Ich bin nicht erschöpft genug, dass ich dich nicht noch …“ Neji beendete seinen Satz nicht, aber Naruto hatte die angedeutete Drohung auch so verstanden. Er rollte mit den Augen. Indessen hatte Neji sein Pferd beim Halfter gepackt und ging in Richtung Tor, das sich bereits einen Spalt geöffnet hatte. Grummelnd trottete Naruto hinter ihm her und half unterwegs Hinata, die einige Probleme mit ihrem Gepäck hatte. Dabei wurde er genauestens von Ino beobachtet, die ihn zweifelnd musterte, ab und an düstere Blicke in seine Richtung warf und schließlich selbst mit einem Ruck Hinatas Gepäck packte und das verdutzte Mädchen hinter sich herzog. Naruto blieb nichts anderes übrig als zwei Pferde hinter ihnen durch das Tor zu führen. Auf der anderen Seite hatte sich eine Menschenmasse versammelt. Hauptsächlich waren es Leute aus dem Volk, die die Rückkehr ihrer Prinzessin verfolgen wollten, aber es befanden sich auch eine Anzahl Soldaten und Berater darunter. Mao-Chéng war nicht da und Tenten, die sich suchend umgesehen hatte, schlug enttäuscht die Augen nieder. Neji ging auf sie zu. Tenten wirkte eigenartig verletzlich mitten in der Masse. Etwas in ihm… Sofort nahm er Haltung an. Neji verabscheute sich, er hatte es nicht geschafft. Die verdammte Bindung bestand noch immer: Sie war ihm nicht egal. Auf einmal legte sich eine Hand auf seine Schulter. Sofort trat der Samurai zwei Schritte vor und hatte schon beim Herumdrehen die Hand auf seinem Schwertgriff. „Deine Reflexe sind nicht so schnell wie sonst, Neji“, sagte Kakashi. Neji entspannte sich. Der alte Samurai sah ihn prüfend an und ließ seinen Blick dann über die Menge schweifen. „Komm“, sagte er, „Ich habe Mao-Chéng bereits von eurer Ankunft berichtet. Er erwartet dich, seine Tochter und noch ein paar andere.“ Neji runzelte die Stirn, übergab im Vorbeigehen sein Pferd und sein Gepäck einem Bediensteten. Dann straffte er die Schultern. Er musste noch einmal durchhalten und dann würde er Ausruhen. Kakashi indessen bahnte sich einen Weg durch die Menge und deutete dabei noch ein paar Anderen, mit ihm zu kommen. Neji folgte mit zwei Metern Abstand. Nach einer Weile waren sie dem größten Gedränge entkommen. Es schien ihm fast wie eine Ewigkeit bis endlich der Palast vor ihnen auftauchte mit all seinen Terrassen, leicht gebogen Dächern und hölzernen Wänden. Für diesen Ort schien die Zeit stillzustehen. Nichts hatte sich geändert, seitdem er das letzte Mal hier gewesen war. Damals war er jemand anderes gewesen, naiver als jetzt und mit deutlich weniger Erfahrung. Sie betraten das Gebäude. Ein paar Männer gingen in eine andere Richtung, aber Kakashi trieb ihn weiter. Neji fiel auf, dass er keine Waffen trug und als sie schließlich vor einer riesigen Tür standen, musste auch er die seinen ablegen. Leichtes Unbehagen überkam ihn. Er … fühlte sich so nackt und hilflos wie ein kleines Kind. Die Tür schwang auf und Tenten, sein Meister, sowie ein paar andere betraten den Raum. Kurz zögerte er, aber schließlich folgte er ihnen. Der Raum war groß und hatte eine hohe Decke. In seiner Mitte stand ein langer Tisch, was Neji vermuten ließ, dass sie sich hier in einem Konferenzsaal befanden. Mao-Chéng hatte ihnen den Rücken zugewandt. Er trug einen dunkelroten Kimono, auf den einige Ranken und Ornamente gestickt waren. Es war ein schwerer teurer Stoff, der ihn gewichtig erscheinen ließ, aber auch seine Macht untermalte. Langsam drehte sich der Herrscher zu ihnen um. Als sie ihren Vater sah, huschte ein Lächeln über Tentens Gesicht. Ein erschöpftes, trauriges, aber triumphierendes Lächeln und sie schritt durch den Raum auf Mao-Chéng zu, der sie in die Arme schloss. „Ich bin wieder da, Vater.“ Er lächelte und strich ihr über die Haare. „Ich habe von eurem Erfolg gehört“, sagte Mao-Chéng. Nun sah er auch die anderen an, sein gebieterischer Blick fuhr durch ihre Glieder. Neji war sich sicher, dass dieser Mann zu früheren Zeiten ein erbarmungsloser Krieger gewesen war. „Setzt euch.“ Die übrigen, es waren nur noch fünf weitere Menschen im Raum: Kakashi, Izumo, zwei Gesandte der Naras und er, ließen sich auf den Stühlen rund um den Tisch nieder. Mao-Chéng saß am Kopfende, Tenten rechts von ihm und er… er saß irgendwo auf der linken Seite in der Mitte. „Ich habe vor drei Stunden Botschafter von Asuma Sarutobi empfangen. Die Mission, die ich dir auferlegt habe“, er sah seine Tochter an, „war erfolgreich. Wir sind ein hohes Risiko eingegangen, Shikaku Nara hat sein Leben verloren und wir haben hohe Verluste einstecken müssen.“ Kurz huschte sein Blick zu Izumo, dessen Züge sich eine Winzigkeit lang verdüstert hatten. „Aber… und das ist wichtig: Wir sind mit der Familie Nara verbündet. Etwas, das man nur durch ein Risiko erreichen konnte. So hoch der Preis auch war, dies ist der einzige Weg, dem Krieg ein Ende zu bereiten.“ Die Anwesenden ließen seine Worte und die nachfolgende Stille auf sich einwirken. Der Herrscher hatte ein Talent die Menschen in seinen Bann zu ziehen. Samtweiche Worte, die er mit einer Stärke sprach, dass es niemand wagen würde ihm zu widersprechen. Aber war das richtig? Der Gedanke kam so plötzlich, dass Neji kaum zu fragen wagte, wo er hergekommen war. Plötzlich und unerwartet einfach aufgetaucht. Neji dachte an das Leid, das er gesehen hatte, den kalten Leichnam von Shikaku Nara und Shikamarus Gesicht, als er seinen eigenen Vater zu Grabe hatte tragen müssen. Er dachte auch an die Wut Uchihas, als er seinen Arm an Neji verloren hatte. Oder als er Tentens Blick gesehen hatte, in diesem Zimmer mitten in der Nacht. Es war nicht richtig, aber es gab auch keinen anderen Ausweg. Mao-Chéng sprach noch eine ganze Weile weiter, aber Neji bekam es nicht richtig mit. Kakashi warf ihm einen strengen Blick zu und Neji nahm sich trotz seiner Erschöpfung noch einmal zusammen. Jetzt legten die Gesandten dem Herrscher den bereits von Tenten, Shikamaru und Asuma unterschriebenen Vertrag vor. Mao-Chéng strich das Papier glatt und überflog das aufgesetzte Bündnis. Schließlich rollte der Herrscher das Papier wieder zusammen. Er ließ sich von Izumo über die Reise berichten und fragte die Botschafter nach Einzelheiten des Vertrages. Mit seiner Tochter würde er wohl später sprechen, stellte Neji nüchtern fest. „Damit ist die Sitzung beendet“, hörte er die tiefe, dunkle Stimme des Herrschers. Alle Anwesenden erhoben sich, verbeugten sich und machten sich schließlich wieder auf den Rückweg. Er war der letzte, der aufgestanden war und zur Tür ging. Die anderen hatten den Raum schon verlassen, nur Tenten und Kakashi befanden sich noch mit dem Fürst im Tagungssaal. „Warte.“ Die Stimme ging ihm durch Mark und Bein, Neji blieb sofort stehen, drehte langsam den Kopf. Mao-Chéngs Blick war undurchdringlich. Ausgeschlossen, dass jemand anderes als er gemeint war. „Ich möchte noch mit dir sprechen, Neji-san.“ Er warf einen Blick auf Tenten und Kakashi, die ihn überrascht ansahen. „Allein.“ Sie verschwanden, schneller als er erwartet hatte und der Raum war leer. Stille trat ein. Der Fürst von Konoha sah ihn unverwandt an, ohne Regung, doch mit einem so bestimmenden Ausdruck, dass ihn fröstelte. „Ich habe von deinem Kampf mit Sasuke Uchiha gehört.“, sagte er dann, „zuerst wollte ich es nicht glauben, Uchiha ist stark und gerissen. Er lässt sich in einem Kampf auf Leben und Tod nicht übertölpeln, das macht deinen Sieg noch unglaubwürdiger.“ Sieg? Er hatte nicht gewonnen, er hatte schlicht Glück gehabt. „Ich habe nicht gewonnen.“ „Stimmt.“ Mao-Chéng sah ihn an. Neji war verwirrt, eben noch hatte er behauptet, dass es ein Sieg gewesen wäre. „Wenn du gewonnen hättest, wäre er jetzt tot. Samurai verfallen leicht dem Kampf. Uchiha ist der lebendige Beweis, irgendetwas war in ihm – ... unruhig und abwartend – bis alles eskaliert ist.“ Er seufzte. Neji betrachtete ihn, sie standen nur drei Meter von einander entfernt. Er und der Fürst Konohas. „Ein Kampf“, sagte sein Gegenüber, „der nicht gewonnen oder verloren ist, aber zum Fortschritt führt, ist zwar kein richtiger Sieg, aber auch keine Niederlage.“ Der Samurai begann zu verstehen. Er hatte den Ronin nicht geschlagen, aber eine Wunde in seine Unantastbarkeit gerissen. „Deswegen habe ich beschlossen dich von jetzt an bei meinen regulären Samurai unterzubringen. Du wirst gehorchen, wann immer du den Befehl von mir erhältst, du wirst gegen die Rebellion ankämpfen, solange dein Eid dich an mich bindet. Von jetzt an wirst du in einem Quartier der Soldaten wohnen. Deinen Besitz habe ich schon dorthin schaffen lassen.“ Neji starrte ihn an. Er kannte ihn an … aber er zeigte ihm auch Grenzen auf bis zu denen er sich bewegen konnte. Was Mao-Chéng bestimmt hatte war keine Freiheit, es war Kontrolle. Natürlich würde der Mann vor ihm keinen vielversprechenden Krieger gehen lassen, er würde ihn ausbilden lassen, bis er stark genug war Soldaten gegen die Rebellen anzuführen. Die letzte Mission war ein Test gewesen. Wäre er zurückgekehrt, wenn sie ein Fehlschlag gewesen wäre, dann hätte ihn dieser Mann zur Rechenschaft gezogen. Neji lief es eiskalt den Rücken herunter. „Ich … Das überrascht mich.“ „Dachtest du, du wärest nicht bereit und ich würde dich weiter unter Kakashi lernen lassen? Jemand, der so eine Auseinandersetzung überlebt, braucht keine Übung mehr.“ Die hellblauen Augen blitzten ihn an. Erfahrung sprach aus ihnen und Führungskraft. Dies war der Mann, aufgrund dessen Anordnungen sich Nejis ganzes Leben geändert hatte. Er stand vor ihm … nicht mehr wie ein Gefangener, sondern als sein Samurai. Es war ein seltsames Gefühl so in seiner Gegenwart zu sein. Neji hob den Blick. Die weißen Augen blitzten im Sonnenlicht auf, sodass der Fürst blinzeln musste und ihn auf einmal eigenartig fixierte. „Ich bin bereit.“ „Bist du auch bereit den Tod in Kauf zu nehmen? Du wirst ihm mehr als einmal ins Gesicht sehen. Du wirst leiden bis wir gewonnen haben oder bis du tot bist.“ Neji sah ihn an, unerschütterlich. Mao-Chéng blinzelte nicht. Auch das war wieder ein Test, der Fürst prüfte seine Loyalität, würde er sich abwenden, könnte er das nicht mehr. Es war ein Teufelskreis, aus dem er nur mit der richtigen Antwort ausbrechen konnte. Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, fuhr sich der Fürst kurz über den weißen Spitzbart und verschränkte dann die Arme ineinander, wobei die langen Ärmel seines Kimonos kurz den Boden streiften. Neji konnte ihm nicht mehr in die Augen sehen. Sein Blick fiel auf einen Spiegel hinter Mao-Chéng, es war ein bronzenes altmodisches Modell, aber er gab sein Spiegelbild klar und unverzehrt zurück. Lange hatte er nicht mehr sein eigenes Spiegelbild gesehen. Neji sah einen anderen. Der Spiegel gab das Bild eines Kriegers wieder; ein dunkelgrüner Kimono, der ihm in Kämpfen nicht im Weg war, ein Gürtel in dem sonst die Schwertscheide Ryujins steckte, lange schwarze Haare, die ihm einen fast animalischen Ausdruck verliehen. Sein Gesicht war hart geworden, die Wangenknochen traten deutlich hervor und seine Haut legte sich straff über die Knochen. Über seinem Auge sah er die Narbe, die ihm der Ronin beigebracht hatte, bald würde sie nur noch ein weißer Strich auf seiner Haut sein. Alles Kindliche war aus seinem Gesicht verschwunden, selbst sein Blick war anders. Erfahrener, berechnender vielleicht. Abwartend betrachtete Mao-Chéng seine Züge, lächelte auf eine wissende, hypnotische Art. Vielleicht hatte er die Kontrolle über sein Leben, vielleicht war er schon jetzt gefangen in einer Welt voller Lügen. Aber er war jetzt nicht mehr der Gleiche, den man als Aufrührer hierher gebracht hatte um ihn zu töten. Jetzt war er ein Samurai, er wusste wem er verpflichtet war und in dem Moment, als er das einsah, legte er seine Vergangenheit ein für alle Mal ab. „Ich kann nicht zurück.“ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ Er kehrte nicht zurück. Naruto, Lee und Hinata mussten auf ihn gewartet haben, aber sie warteten umsonst. Neji war zu den übrigen Kriegern gezogen, nichts verband ihn länger mit dem Leben in der kleinen Unterkunft über dem Stall. Als Krieger musste er lernen wie es war im Kampf zu leben. Diese kleine Verbindung, die er zugelassen hatte… war hinderlich. Neji würde seine Cousine nicht verleugnen, aber er konnte sich nicht länger seinen Pflichten entziehen. Von jetzt an lernte und kämpfte er nur für den Sieg über die Rebellen. Er wurde in Strategie und Kampftechnik unterwiesen und alles Wissen, was man über die Rebellen und deren Strategie zusammengetragen hatte, wurde ihm unterbreitet in der Hoffnung er könne es so verwerten, dass es den Rebellen Schaden zufügte. Er wandte sich ab von allem aus seiner Vergangenheit, er lebte und war gleichzeitig tot. Er verlor sich im Kampf. Mehrere Male schickte man ihn auf Missionen, aber niemals als Anführer. Hatte Mao-Chéng Angst, er könnte sich gegen ihn erheben? Oder war es die effektivste Art ihn einzusetzen? Es gab nicht einen Tag, an dem er etwas Normales tat. Immer nur Kampf … Neji spürte nicht, wie es ihn zermürbte. Nichts vermochte es ihn aus seiner Welt zu erlösen, denn er war nicht mehr er selbst. In diesen Tagen voller Blut und Tod, legte er sich eine gleichgültige Miene zu und wurde in seinem Inneren zum Krieger. Er wurde hart wie Stahl und gnadenlos, wie man es nur in einem Kampf auf Leben und Tod lernen konnte. Selbst sein Äußeres veränderte sich: Sein Körper wurde mehr und mehr zu der muskulösen Statur eines Kriegers geformt. All die Erfahrung, die ihm gefehlt hatte, war nun auf seine Züge getreten. Er hatte Recht behalten mit seinen Worten, die er zu Mao-Chéng gesagt hatte. Es gab kein Zurück mehr für ihn. Bald wurde aus diesen Einsätzen sein Tagesrhythmus, aus dem er nicht mehr ausbrechen konnte. Blut und Tod. Stille. Kampf. Tod. Wieder Stille. Nichts konnte die unendliche Reihe unterbrechen, fast schien es so, als wartete er auf etwas, und irgendwann ließ er dieses Gefühl schließlich zu. Neji war sich sicher, dass etwas näher kam, wie ein Raubtier, das seine Beute belauerte. ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ Neji lag auf der harten Matratze und starrte an die Decke. Draußen hörte er den üblichen Lärm, den die Soldaten jeden Tag veranstalteten. Das Quartier, in dem er jetzt untergebracht war, hatte viele Zimmer, in denen zumeist mehrere Männer wohnten. Der Raum, den er bewohnte, war klein, eng und hatte gerade so Platz, dass er und sein Mitbewohner darin schlafen konnten. Persönliche Gegenstände, so weit sie vorhanden waren, hatten beide in den fest in der Wand eingelassenen Schränken verstaut. Samurai brauchten nicht viel. Sein Mitbewohner war ein Mann Mitte dreißig namens Hayate Gekko, ein Samurai, der schon seit sieben Jahren in den Diensten des Fürsten stand. Neben ihm gab es noch acht weitere Samurai, die ebenfalls hier wohnten, den Rest der Zimmer belegten gewöhnliche Soldaten, die keine Möglichkeit zum Aufstieg hatten oder für ihre Familien wenigstens die nötigsten Nahrungsmittel finanzieren wollten. Hayate Gekko war ein seltsamer Mann; er hatte mehr gesehen als die anderen und war so etwas wie der unausgesprochene stärkste Kämpfer in der Unterkunft der Krieger, dem alle hier unterstanden. Wahrscheinlich war auch das der Grund gewesen, warum man ihm Neji anvertraut hatte, der zwar den gleichen Rang wie die Samurai innehatte, aber noch lange nicht deren Erfahrungsschatz besaß. Am Anfang hatte er es nicht gerade leicht gehabt den Respekt seiner neuen Mitbewohner zu erlangen, denn immerhin hatte er auf manchen Missionen zumindest bedingte Befehlsgewalt über Krieger, die zumeist etliche Jahre älter waren als er selbst und sich deshalb nicht von einem jüngeren unerfahrenen Samurai, einem Emporkömmling, Befehle erteilen lassen wollten. Neji hatte diese Zweifel zerschlagen, als sie ihn kämpfen gesehen hatten. Allerdings war es nur eine Art bedingte Akzeptanz, die sie ihm entgegen brachten, denn er war nicht der erste, der in seinem jungen Alter bereits erfahrenen Samurai gleichberechtigt war. Der Grund war Sasuke Uchiha, der ebenfalls unter Mao-Chéng gedient hatte und denselben Weg gegangen war wie er. Neji hatte Gerüchte über den Ronin gehört, die ihn als gnadenlosen Kämpfer aufzeigten, ihn aber ebenso mit Vertrauen und Respekt seiner Untertanen auszeichneten. Auch, wenn er es nicht wollte, war das Bild eines jungen Samurai mit der Erinnerung an den Verräter verbunden. Sie würden ihn ewig mit seinem Todfeind vergleichen. Draußen herrschte jetzt lautes Treiben und als Neji sich aufrichtete, kam gerade Hayate in den Raum. Er schob die Tür mit leichtem Schwung auf und stellte seinen Bogen, mit dem er wahrscheinlich trainiert hatte, in die Ecke und warf ihm einen langen Blick zu. Der Samurai hatte fast schulterlange schwarze Haare und einen stets gelassenen Blick, der meistens aber nicht von den dunklen Schatten unter seinen Augen ablenkte. Er trug eine leichte Rüstung, mit der er sich gut bewegen konnte, und ein schmales, aber sehr robustes Katana, sowie ein kleines Wakizashi. Ähnlich wie Neji bevorzugte er allerdings den Umgang mit dem Langschwert, mit dem er ein wahrer Meister war. Er hatte oft mit ihm trainiert um Nejis Technik auszubauen und ihm einige Schlagtechniken beizubringen, die ihm im Kampf hilfreicher waren als ausgeklügelte Angriffe. Jetzt sah Hayate auf Neji herunter und stellte wortlos eine Schale Reis und einen kleinen Teller mit Aal auf den einzigen Tisch im Raum. Neji warf dem Samurai einen Blick zu, nickte ihm zu und brach die Stäbchen auseinander. „Danke“, sagte er als er die Hälfte gegessen hatte. Hayate legte den Kopf schief: „Du kannst dir das Gedrängel nicht vorstellen. Wenn es ums Essen geht, verlieren Soldaten immer den Verstand. Wer soll’s ihnen auch verdenken, wer weiß, ob sie demnächst überhaupt was kriegen.“ Hayate hatte in der Zwischenzeit die Tür geschlossen und sich an den Schreibtisch am Fenster gesetzt, wo er einen Bericht durchging. Neji war inzwischen fast mit dem Reis fertig und nahm ein kleines Stück Aal, den sie normalerweise nicht auf dem Speiseplan hatten. Wahrscheinlich hatte Hayate den Fisch in der Küche abgezweigt, die ihm wie alle Teile des Hauses offen stand. Hayate selbst aß nie in seinem Zimmer, sondern bevorzugte die ruhige Ecke im Essenssaal, die nach einem unausgesprochenen Gesetz nur ihm zustand. Dies erfüllte gleichzeitig den Zweck, dass er mit den Samurai und Soldaten aß, aber auch die nötige Distanz zu ihnen wahrte. Hayate rückte ein paar Unterlagen zurecht. Auf dem Tisch stand auch eine Kerze, neben ihm lag ein Schreibset und Tinte. Die Nacht färbte sich schwarz, die Kerze brannte herunter und das Wachs tropfte auf die polierte Holzplatte, wo es abkühlte. Sie redeten nie etwas, wenn sie beisammen saßen, es waren stille Abende. Neji hatte Hayate nie etwas über sich erzählt, oder über seine Ansicht, oder wie er sich fühlte. Hayate hatte nie danach gefragt und dennoch schien er Neji zu verstehen. Auf eine ganz besondere Art und Weise, die Neji nicht richtig deuten konnte. Vielleicht war es sogar der Grund, dass Hayate ihn nicht fragte und nicht zwang zu reden. Draußen war es jetzt dunkel und wieder einmal war Hayate über den Papieren eingenickt. Vorsorglich hatte Neji die Tinte weggeräumt, wie er es jeden Abend tat. Er starrte aus dem Fenster, dachte nach. Dann fiel sein Blick auf eins der Papiere, die Hayate unter sich begraben hatte. Vorsichtig zog er es unter dem Arm seines Vorgesetzten weg. „… deshalb finden Sie sich mit einem Dutzend Soldaten bei Sonnenaufgang an den Toren Konoha-Gakures ein, um…“ Neji überflog das Papier. Das Datum stimmte mit dieser Woche überein, der Auftrag war eine Aufklärungsarbeit, bei der die Soldaten des Fürsten in Gebiete vordrängen sollten, in denen die Rebellen zuletzt gesehen wurden. Es wurde eine Reihe von Namen aufgezählt. „… unter dem Kommando Hayate Gekkos …“ Schließlich blickte Neji auf seinen eigenen Namen: Er war Teil des nächsten Auftrags. Nach längerer Zeit waren wieder Kampfhandlungen inbegriffen. Im Text hatte etwas wie ‚bis zur völligen Vernichtung’ gestanden. Vernichtung… Das bedeutete, dass Mao-Chéng ihnen den ungeschriebenen Auftrag gab, alle auszulöschen, die auch nur entfernt mit Rebellen zu tun hatten. Neji spürte wie sein Blut in Wallung geriet. Bilder flimmerten an seinem inneren Auge vorbei, verzerrt und verschwommen, als hätte ein anderer sie erlebt: Ein Kampf irgendwo auf der Straße mit grauem Himmel über ihnen. Waffen klirrten aufeinander, Menschen, die sich gegenseitig umbrachten und er, der gehörlos war in diesem Kampf. Dann die Augen eines Rebells, die sich vor Angst weiteten, als er ihn überwältigte und schließlich die Genugtuung, als er ihn töten konnte. Es war wie in einem Rausch, der Kampf gab ihm Freiheit, ließ ihn vergessen, was er nicht ertragen konnte und trug ihn weit weg von alledem. Die Kerze erlosch und mit einem Schlag war es dunkel im Raum. Neji störte es nicht, er war die Dunkelheit gewöhnt, so verbunden mit Stille. Manchmal war sie erdrückend, manchmal entspannend und manchmal erschlug sie ihn beinahe. Heute war es eine andere Art von Stille, erwartungsvolle, geladene Stille. Auf einmal klopfte es. Der Samurai hob den Kopf, seine Augen huschten Richtung Tür. Alle seine Sinne erwachten. Noch einmal pochte jemand auf das Holz. „Ja?“ Seine Stimme war neutral, aber irgendwie doch eiskalt. Vorsichtig wurde die Tür aufgeschoben. Die Gestalt trug eine kleine Laterne, die sofort den Raum und ihre Züge sanft erhellte. Ihre Züge waren härter als sonst, noch immer zerbrechlich zwar, aber auch ausgemergelt und angespannt. „Kann ich reinkommen?“, fragte Hinata leise. Noch immer überrascht von ihrem Besuch, nickte Neji nur leicht, erhob sich und bot ihr den Platz auf seiner Matratze an. Schweigend setzte sie sich. Eine ganze Weile starrten sie sich nur an, Neji, der an der Wand lehnte, und das schüchterne Mädchen, das besorgt den schlafenden Hayate beobachtete. Schließlich durchbrach ihre leise, leicht zittrige Stimme die Stille: „Ich habe dich lange nicht mehr gesehen, Neji. Tage, wochenlang, nichts.“ Er sagte immer noch nichts. Hinata war jetzt noch mehr verunsichert und brachte nur nach einer ganzen Weile die Worte: „Ich mache mir Sorgen um dich“, heraus. Der Samurai sagte nichts, starrte nur still die kleine Papierlaterne an, die sie noch immer umklammert hielt. Das Licht malte sanfte Schattierungen auf Hinatas Wangen und Neji wagte nicht mehr ihr ins Gesicht zu sehen. „Bist du nur deswegen gekommen?“ Zögernd schüttelte das Mädchen den Kopf. „Komm wieder zurück“, flüsterte sie leise. „Komm zurück, lass alles wie vorher werden.“ Er löste sich von der Wand, setzte sich neben sie und stellte fest, dass er fast einen Kopf größer war als sie. Früher hatte es kaum Unterschiede zwischen ihnen gegeben, sie hatten einfach gelebt. „Was ist ‚wie vorher’ fragte er, „meinst du die Zeit, als wir als Ausgestoßene gelebt haben, die Zeit in der wir gelernt haben, allein zu leben, oder das Vorher, als …“ Er spürte wie der Tonfall seiner Stimme verächtlich wurde. Neji wusste, dass er Hinata wehtat. „…oder als wir auf dem Dachboden gelebt haben? Alle zusammen?“ Seine Stimme war völlig emotionslos, er wusste es, nur Hinata riss erschrocken die Augen auf. „Das meinst du nicht ernst, Neji!“, hauchte sie. „Ich wusste, auf was ich mich einlasse“, sagte er leise, „dies ist nun mein Leben und es hat wenig Platz für Bindungen.“ Hinata sah ihn an, sagte kein Wort, es war wie nicht mehr wie früher, wo sie sich trotz der Stille, die fast immer da war, dennoch verstanden hatten. „Ich verstehe nichts von diesen Dingen, Neji. Ich weiß nichts vom Kämpfen oder von dem Ehrenkodex der Krieger. Von den Gefühlen, die ein Samurai haben darf oder nicht, aber bitte…“ Sie sah ihm direkt in die hellen Augen, die genauso waren wie die ihren. „Bitte … lauf nicht die ganze Zeit vor etwas davon.“ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ Sie brachen im Morgengrauen auf. Nicht mal die Sonne war vollständig aufgegangen, aber sie hätten auch nicht darauf gewartet. Die Aufträge, die die Samurai erhielten, waren geheim, sodass niemand sie verraten konnte. Niemand, der die Rebellen warnen könnte. Es war eine Gruppe von fünfzehn Mann, die sich versammelt hatte. Relativ klein, aber dafür schnell genug um unbemerkt das Land zu durchqueren ohne Aufsehen zu erregen. Die Männer hatten abgezehrte Gesichter. Manche schienen in freudiger Erwartung, anderen stand die Angst in die Augen geschrieben. Außer Neji war nur noch ein weiterer Samurai anwesend: Hayate Gekko. Zu früheren Zeiten waren auf solchen Missionen mindestens fünf dabei gewesen, aber durch den Mangel an ausgebildeten Kriegern und der nur langsam wachsenden nächsten Generation war Mao-Chéng gezwungen seine Streitkraft so zu verteilen, dass es nicht zu einem Kräfteungleichgewicht kam. Neji hatte noch mit niemandem gesprochen, wie er es immer hielt, wenn er auf Missionen geschickt wurde. Er war niemand, der überflüssige Worte gebrauchte. Erst als der Kampf gekommen war oder sie kurz vor ihrem Ziel standen, sprach er manchmal mit jemand anderem. Dann verfiel er in seinen Kampfesrausch und er vergaß alles. Seine Ideale, seinen Schmerz und seine Vergangenheit. Er war nicht mehr der Dieb von früher und auch nicht Neji. Nicht der Samurai, der aus ihm geworden war, sondern nur ein Krieger, der im Blutrausch war. Seine Kameraden bewunderten ihn für seine Stärke, aber er merkte, wie sie zusammenzuckten, sobald er sich näherte. Wie sich ihre Panik in ihren Bewegungen widerspiegelte, als sie ihm in die kalten Augen sahen. Auch jetzt mieden sie ihn und hörten lieber Hayate Gekko zu, der gerade den Befehl erklärte. Neji war nur mit dem Nötigsten ausgerüstet: Seinen Waffen, einer leichten Rüstung und einem Beutel mit einfacher, aber sehr nahrhafter Kost. An dem Gürtel hing jetzt außerdem ein Wasserschlauch, den er mit eiskaltem Wasser gefüllt hatte. Mehr war nicht nötig auf solch einer Mission. Es konnte schneien, Winde konnten ihnen ins Gesicht peitschen, sie könnten ihren Weg verlieren, aber nichts würde ihn dazu bringen sein Ziel aus den Augen zu lassen. Denn jetzt war das in den Mittelpunkt seines Daseins getreten. Er wartete auf seine Aufträge, erfüllte sie und wartete wieder. Etwas anderes gab es nicht mehr. Neji hatte die Erinnerung verdrängt, als er noch mit Kakashi trainiert hatte oder Naruto davon abgehalten hatte Hinata nachzustellen. Und auch wie Lee völlig erschöpft auf dem Boden seines Zimmers gelegen hatte, nachdem er stundenlang trainiert hatte. Er dachte auch nicht mehr an die Reise zum Izanagi Izar, wo er den Erben der Naras kennen gelernt hatte. All das verschwamm vor seinem inneren Auge, damit er nicht an das denken musste, was ihn mehr als alles andere verletzte: Tentens Blick, der immer und immer verletzter wurde oder ihr Lächeln oder der verfluchte Moment, als er viel zu weit gegangen war. Seine Schuld war Vergangenheit… Er ertränkte diese Gedanken in einer Flut von Blut und Tod und Stille. Dann war da nichts mehr. Ein lauter Befehl unterbrach seine Gedanken. Die Krieger saßen auf ihre Pferde auf und preschten in geordneter Formation durch die Straße auf das riesige Tor Konoha-Gakures zu. Hastig stieg auch er auf, drückte seinem Pferd leicht die Füße in die Seite und brachte es dazu zu den anderen aufzuschließen. Neji wusste nicht mehr, ob er noch mal zurückkehren würde. Vielleicht kam er auch nicht mehr wieder zurück: Auf den Missionen der Krieger starb immer jemand. Ob es nun ein Samurai war oder ein Söldner oder ein einfacher Krieger. Der Tod ritt mit ihnen und jedes Mal riss er mindestens einen aus ihrer Mitte. Vielleicht würde er es diesmal sein. Vielleicht Hayate Gekko oder vielleicht jemand von den anderen. Er erreichte das Tor und nahm seinen Platz an der linken Flanke ein. Hayate nickte ihm nur kurz zu, von seinen Kameraden erhaschte er mal einen flüchtigen Blick, dann war er für sie unsichtbar. Die kraftvollen Bewegungen der Tiere trugen sie weit über das Feld und sie ließen schnell die Stadtmauern hinter sich zurück. Bald waren sie nur noch ein undeutlicher Umriss, der in der Ferne verschwamm. . . . Eine schlanke Gestalt stand auf dem steinernen Vorsprung, der direkt hinter der grauen Stadtmauer lag. Ihre warmen dunkelbraunen Augen folgten der kleinen Gruppe Reiter, die in der Ferne verschwand. Es waren die einzigen Momente, in denen sie ihn sah. Er hatte nie gewusst, dass sie ihn beobachtete, wenn er fortging um ein weiteres Mal dem Tod in die Augen zu blicken. Sie würde es ihm wohl auch niemals sagen, denn das hätte bedeutet, dass sie sich ihm ein weiteres Mal ausgeliefert hätte. Das einzige, das sie wollte, war, dass er zurückkehrte. Der Wind peitschte über das flache Land und riss an ihrem dunkelblauen Kimono, der nicht so richtig zum grauen Himmel über ihr passte. Irgendwann sah sie ihn nicht mehr, nur noch eine ferne Staubwolke, ein letztes Überbleibsel der Erinnerung. Tentens Blick war stumpf, als sie ihm nachstarrte. Sie würde ihn nicht einfangen, ihn nicht beschützen, ihn nicht dazu überreden können, nur bei ihr zu sein. Vielleicht war es das letzte Mal, dass sie ihn sah. Schnell wie der Wind und doch gefangen im Herzen genau wie sie. ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ Die Gegend war ein düsterer Ort voll mit kahlen Bäumen und steinharter Erde. Nur mit Müh und Not hatten sie es schließlich geschafft ein Feuer zu entzünden, damit sie sich wenigstens ein bisschen wärmen konnten. Nachdem sie fast den halben Tag ohne Unterbrechung geritten waren, machten sie die erste Pause. Neji konnte schon jetzt spüren wie die Erschöpfung in seinem Körper lauerte, aber er verdrängte sie. Sie hatten noch einen langen Weg vor sich und er würde nicht mehr kämpfen können, wenn er sich jetzt der Müdigkeit in seinen Knochen hingab. Neji setzte seinen Wasserschlauch an die Lippen und nahm einen langen Zug. Das noch immer eiskalte Wasser war erfrischend und kühl, sodass es alle seine Sinne weckte. „Du siehst ein bisschen angespannt aus, Neji“, sagte plötzlich eine Stimme neben ihm. Mit einem Blick aus den Augenwinkeln erkannte er Hayate Gekko. Neji ließ den Weinschlauch sinken. „Nicht mehr als sonst auch.“, sagte er, „ich kann es mir nicht erlauben meine Deckung aufzugeben.“ „Da hast du allerdings recht“, seufzte sein Vorgesetzter, „wir müssen immer damit rechnen selbst angegriffen zu werden. Nicht …“ Seine Stimme nahm einen sarkastischen Tonfall an, „..., dass die Jäger zu Gejagten werden.“ Der Samurai hob eine Augenbraue, sein Blick wurde hart, als er an den Kampf dachte, der ihnen bevorstand. „Wir sind diejenigen, die jagen. Wir werden unseren Auftrag erfüllen, so wie immer.“ Er nahm noch einen Schluck, aber dabei lockerte sich das Band, mit dem er seinen noch unberührten Essenbeutel an seinem Gürtel fest gebunden hatte, und dieser fiel zu Boden. Neji steckte den Wasserschlauch weg und bückte sich zu dem Essensbeutel, der Brot und zwei dünne Scheiben Fleisch enthielt. Seine Hand umschloss den steifen Stoff, doch im gleichen Moment rutschte seine Kette, die er seit etlichen Jahren trug, aus seinem Hemd und baumelte an dem Lederband vor seiner Brust. Skeptisch deutete Hayate auf das hübsche Schmuckstück: „Was ist das?“ Seit langem fühlte Neji sich nicht mehr so ausgeliefert. Ewigkeiten lang hatte er keinen Gedanken mehr an das perlweiße Yang verschwendet. Es war einfach nur noch da, er trug es aus reiner Gewohnheit ohne groß darüber nachzudenken. Neji richtete sich auf und strich mit dem Finger über die kalte Oberfläche. Hayate beobachtete ihn aufmerksam, vielleicht, weil er ihn noch nie mit etwas so Persönlichem gesehen hatte. Oder, weil es so wertvoll war. Auf einmal wusste er es: Dies war die letzte Verbindung, die er zu seinem altem Leben hatte. „Das ist nichts“, sagte er leise, steckte die Kette aber gleichzeitig wieder locker unter sein Hemd. Hayate warf ihm noch einen skeptischen Blick zu, aber dann zuckte er mit den Schultern und wandte sich wieder seinem eigenen Essen zu. Es vergingen ein paar Minuten und schließlich brachen sie wieder auf. Hastig kehrte jeder der Krieger an seinen Platz der Formation zurück. Nejis Gedanken kreisten um die Kette, die um seinen Hals hing und um das Gesicht, das in seinem Kopf aufgetaucht war. Ein kleines Mädchen, das so völlig anders war als er selbst und das ihm als Freundschaftsbeweis einen Teil ihrer Kette geschenkt hatte. Er würde es wohl nie vergessen, ganz egal wie sehr er sich auch bemühte. Das Lächeln des kleinen Mädchens, die Augen Tentens, die jetzt noch einen genauso starken Blick hatten wie damals. Dieses Gesicht von dem er sich endlich abwenden musste… . . . Der Himmel wurde dunkel, aber sie hatten fast ihr Ziel erreicht. Hayate teilte die Gruppe und schickte zwei Männer zum Auskundschaften los. Neji und er blieben bei dem Kernstück ihrer Truppe, die den Hauptangriff durchführen sollte, zurück. Die Gegend, in die sie gekommen waren, war hauptsächlich Land der Bauern und anderer Menschen, die auf dem Land lebten. Nach ihren Informationen hatten die Rebellen einige Dörfer angegriffen um die Bevölkerung zu schwächen, von der auch Konoha-Gakure die nötigen Lebensmittel bekam um durch den Winter zu kommen. Je mehr Vorräte die Rebellen zerstörten oder es zumindest verhinderten, dass neue angepflanzt werden konnten, desto mehr schwächten sie die Kriegsmacht Mao-Chéngs. Denn die war ohne die Vorräte hilflos dem kalten Winter ausgeliefert. Jetzt waren fast zwei Stunden vergangen, in denen sie ununterbrochen nach Anzeichen der Rebellen gesucht hatten, ungewöhnlich, dass sie sie nicht sofort fanden, weil auch die Rebellen die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen würden einen Teil der Streitmacht Konoha-Gakures auszuschalten. Die Rebellen waren nicht feige, sie versteckten sich sonst nie von ihnen. Es war seltsam. Auf einmal hörte Neji es im Unterholz knacken und eine Sekunde später stolperte einer der Auskundschafter aus dem Wald. Er hatte einen tiefen Schnitt auf dem Oberarm und schien sich nur noch mit Mühe auf den Beinen halten zu können. Sein Körper war blutverschmiert und sein Atem ging schnell. Auf den ersten Blick wusste Neji, dass man ihn nicht mehr retten konnte. Hayate reagierte sofort, kam ihm in Windeseile entgegen und stützte ihn. Neji hörte, wie er ihn leise, aber bestimmt nach seinen Informationen fragte. „Das war eine Falle“, hörte Neji den Verletzten, „sie wussten, dass wir kommen würden, zuerst wollten sie uns ausschalten und dann die Gruppe einkesseln.“ Sein Kopf sank in die Arme von Hayate, der ihn behutsam auf die Erde ablegte. Der Mann schnappte nach Luft und begann dann Blut zu spucken. Der Samurai löste das Schwert des Kriegers, legte es in dessen Hand uns schloss dessen Finger darum. Neji musste sich nicht erst fragen, was aus seinem Kameraden geworden war. Die Rebellen mussten sie überrascht haben, sodass sie keine Möglichkeit zur Verteidigung gehabt hatten. „Sie sind hier.“ Ganz leise waren die Worte des Sterbenden, aber Neji hörte sie trotzdem. Noch einmal hörte man ihn nach Luft schnappen, husten und bevor er seinen letzten Atemzug tat, die Namen seiner Kinder murmelnd. Er sagte sie so liebevoll und gleichzeitig so verzweifelt, dass Neji ein Schauer über den Rücken lief. Hayates Gesicht nahm einen stählernen Ausdruck an, als er dem Mann die Augen schloss. Dann trat er von der Leiche weg, zog sein Schwert und deutete seinen Untergebenen mit einem einzigen Blick sich kampfbereit zu machen. Neji hatte den Angriff erwartet, aber er überraschte ihn doch so sehr, als wäre dies jemandem passiert, der nicht die nötige Ausbildung eines Kriegers genossen hatte. Es war wie der Mann gesagt hatte: Die Rebellen kannten ihre genaue Position, nutzten bereits all ihre Schwächen aus und planten, wie sie möglichst schnell vernichten konnten. Neji wusste, dass sie da waren. Im Unterholz verborgen, hinter den Bäumen und tief im Wald. Sie kamen von allen Seiten. Und auf einmal brach der Kampf los. Schnell und unerwartet wie die Rebellen es wahrscheinlich geplant hatten. Neji hatte gerade noch Zeit Ryujin aus der Scheide zu ziehen bevor die Angriffswelle über ihn hereinbrach. Plötzlich war der Wald mit Schreien und Lärm gefüllt, mit Kampf und mit Tod. Neji drehte sich um die eigene Achse und brachte mit einem Schlag gleich zwei Angreifer zu Fall. Aus den Augenwinkeln betrachtete er ihre Soldaten; durch das Überraschungsmoment hatte sich ihre Formation gelöst, die auch Hayate nicht mehr in Ordnung bringen konnte. Ihr gesamter Plan versank im Chaos. Es war beinahe so, als würden sie nur darauf warten ausgelöscht zu werden. Er warf Hayate noch einen Blick zu, doch der hatte viel zu viel damit zu tun sich selbst zu verteidigen. Die Feinde hatten schnell herausgefunden, wer hier das Kommando hatte … Es entstand ein schreckliches Kreischen, als Metall auf Metall traf. Nur durch einen Reflex hatte der Samurai seinen Angreifer schließlich abwehren können. Das zeigte ihm einmal mehr ihre aussichtslose Lage. Wie konnten sie hoffen zu gewinnen, wenn sie schon unterlegen waren? Wie kämpfen, wenn bereits alles verloren schien? Neji kämpfte einfach. Ohne zu überlegen und sich all seinen Instinkten überlassend. Wieder fiel er in den Rausch des Kampfes, war überall zugleich und tötete. Wo er auftauchte hinterließ er eine Spur von Blut und Zerstörung und wer ihm in die Quere kam, starb. Aber der Schwall der Feinde nahm nicht ab und irgendwo in seinem Unterbewusstsein schien sich ein Gedanke einzunisten. Ein absurder Gedanke… „Neji!“ Hayates Befehl kam schnell und unerwartet, riss ihn aus seinem Rausch. Neji wehrte erst im letzten Moment den Schlag von links ab, griff dann nach dem Arm seines Angreifers, schleuderte diesen zu Boden und schlitze ihm im selben Moment die Kehle auf. Warmes Blut sickerte aus dem Schnitt, aber der Mann war bereits tot. Dann war Hayate bei ihm, die sonst so müden Augen wachsam auf seine Umgebung gerichtet. „Das ist kein normaler Angriff“, brachte sein Vorgesetzter heraus, worauf er nur den Kopf schüttelte. Natürlich war das kein normaler Angriff. „Was tun wir um die Lage zu retten?“, fragte Neji. Wieder ein abgewehrter Schwertstreich, ein Schrei, der erstarb. Der Samurai keuchte, sah sich wie im Fieberwahn um und berechnete im Kopf blitzschnell ihre Situation. „Wir sind verloren, wenn wir weiter so unstrukturiert handeln“, kommentierte Hayate, „wir … brauchen eine Ablenkung.“ Er sah ihm direkt in die Augen. Neji warf ihm einen Blick zu, nickte kurz und verschaffte sich einen Überblick über die Lage. Auf dem Schlachtfeld brannten vereinzelte Flammen, die den Rebellen halfen ihre Bewegungen zu koordinieren. Bei noch näheren Beobachtungen stellte er fest, dass ihre Gruppe größtenteils gespalten war. Er analysierte die Situation und wusste mit einem Mal, was er tun sollte. Der Samurai hastete auf drei Männer von ihm zu, die sich gegen eine Überzahl von Sieben wehrte, die allesamt lange schwarze Umhänge trugen. Noch ein Indiz, dass es sich nicht um Rebellen handeln konnte, aber vielleicht waren sie auch nur eine neue Kampfmacht der Rebellen, eine Spezialeinheit vielleicht. Dann war er zwischen den Angreifern und seinen eigenen Soldaten. In der Luft lag der ekelerregende Geruch von Schweiß und Blut, doch er achtete nicht darauf. Sein Erscheinen hatte die Feinde kurz innehalten lassen, sodass sie kurz das Gemetzel unterbrachen. „Bist du der Anführer?“, blaffte einer von ihnen, „du bist auch nicht besser, kein Gegner-“ Er brachte den Satz nicht zu Ende, da Neji ihm im selben Moment sein Schwert in den Brustkorb rammte. Dem Schwätzer verging augenblicklich die Sprache und seine Kameraden stierten ihn überrumpelt an, als er auf den Boden sank und Neji sein Schwert aus seinem Körper zog. Seine Augen weiteten sich, als er sich fallen ließ und alle Sinneseindrücke auf ihn einströmten. Lange hatte er nicht mehr in der Meditation einen Kampf geführt, aber dies hier gehörte zu seinem Plan und der verlangte Aufmerksamkeit. Die Bilder kehrten wie scharfgestellt zu ihm zurück. Jeden Ast, jedes Blatt und jede Regung im Gesicht seiner Feinde nahm er wahr und die starrten fassungslos zurück. Sicher hatten sie nie jemand mit dieser Schwerttechnik kämpfen sehen. Ein fast amüsiertes Lächeln – trotz der aussichtslosen Lage – trat auf sein Gesicht. „Tanz des Mondes“, flüsterte er ihnen entgegen und sah, wie sich die Angst in ihren Augen spiegelte. Sie wussten, was diese Worte bedeuteten. Kein Samurai sagte sie einfach so, es waren drei Worte mit unvorstellbarer Macht, die denjenigen, die sie hörten nur eines sagten: Ihr Tod war gekommen. Sie waren viel zu langsam um auszuweichen und er war schnell und stark wie ein Orkan. Neji zog durch die Reihen wie ein Überbringer des Todes, spaltete Schädel, teilte blitzschnelle Schwerthiebe aus – und gelangte so zu der Aufmerksamkeit, die er brauchte. Auf einmal war da Feuer und er konnte in die Augen seiner Feinde sehen, in denen sich die Flammen spiegelten, die aber zugleich auf ihn gerichtet waren. Überall um ihn herum brannte es lichterloh, aber er bahnte sich einen Weg durch das Flammenmeer. Als er sich kurz umsah, erkannte er, dass sie ihm folgten. Ob Hayate seinen Plan verstanden hatte, wusste er nicht, aber er war schlau genug aus einer verwirrten geteilten Streitmacht das Beste zu machen. Hayate würde seine Hilfe nicht brauchen. Seit seinem strategischen Ablenkungsmanöver hatte er sich immer weiter vom eigentlichen Kampf entfernt. Ein paar Männer der Rebellen verfolgten ihn, aber Neji merkte, dass sie weniger wurden. Wie war das möglich? Hatten sie seine Finte durchschaut? Neji hielt an und sah sich suchend um. Ein Frösteln durchlief ihn, als er erkannte, dass er allein war. Die Bäume um ihn herum wirkten auf einmal wie gigantische Pfeiler, die ihn selbst von den Anderen trennten, der Himmel war tiefblau, die Geräusche des Kampfes klangen von fern und seltsam abgestumpft, als hörte er sie durch einen Filter hindurch. Die Welt um ihn drehte sich und säte Panik in ihm. Das war nicht richtig! Irgendetwas lief falsch. Warum verfolgten ihn die Rebellen nicht mehr, wo er doch die größte Bedrohung für sie darstellte. Warum gaben sie die Verfolgung auf? Neji verharrte auf der Stelle, wartete und hörte, wie sein Herz mit dumpfen Schlägen Blut durch seinen Körper pumpte. Sein ganzer Körper war elektrisiert, seine Sinne wie beim Angreifen gespannt, doch sein Geist war in Panik geraten. Zwecklos versuchte er sich zu beruhigen. Er musste logisch denken: All das hatte eine Bedeutung, einen Grund, musste eine Erklärung haben… Das Feuer um ihn herum loderte hoch, tauchte alles in einen orangefarbenen Schein, Neji packte den Griff seines Schwertes fester. Plötzlich nahm er eine Bewegung wahr, blitzschnell raste der Dolch auf ihn zu, er wich einen Schritt zurück und die Klinge bohrte sich in einen brennenden Baumstamm. Das Adrenalin jagte durch seinen Körper, als er mit Angst und Anspannung zugleich all seine Sinne darauf konzentrierte den unsichtbaren Angreifer zu lokalisieren. Vergebens. Das Feuer und der Wald verbarg alles vor ihm. Ein hohles Lachen erklang durch die Bäume, voll und trotz des weiten Areals, gut zu hören. Neji fröstelte, automatisch nahm er Verteidigungshaltung ein – und wartete, dass etwas passierte. Das Flackern des Feuers wurde unterbrochen, als Schatten vorbeihuschten. Zwei näherten sich von rechts, zwei weitere kamen von der Seite. Nejis Blick huschte über die Gegend, schweifte über das Feuer und nahm vier Gestalten wahr. Sie waren so schnell, dass er kaum folgen konnte. In einem Moment hatte er sie lokalisiert, dann verlor sich ihre Spur in einem Kreis rings um ihn. Sie rannten um ihn herum, ohne, dass er sie sehen konnte. Nur ihre Schatten tanzten um ihn herum. Unmerklich zogen sie den Kreis enger um ihn, als wollten sie ihm keine Möglichkeit lassen zu entkommen. Dann war es plötzlich still; Neji hörte keine Schreie mehr von dem Kampf, da war nur noch das Knistern des Feuers um ihn herum und dann sah er sie. Vier Gestalten in blutroten Umhängen, die alle etwa sieben Meter von ihm entfernt standen. Ihre Haltungen waren so gerade als wären sie Statuen, ihre Blicke waren auf den Boden gerichtet. Etwas Unheimliches haftete an ihrem Auftreten. Neji richtete Ryujin auf sie, aber einen Weg zum Entkommen sah er nicht… „Du hast es uns wahrhaft einfach gemacht…-“ Blitzschnell drehte Neji sich um, als er die kalte Stimme hinter sich hörte. Neji wirbelte herum. Aus dem Schatten der Bäume kam ein Mann Bäumen hervor. Er war in einen ebenso blutroten Umhang gehüllt wie seine Kameraden, aber anders als sie trug er darunter ausschließlich blütenweiße Kleidung. Den Eindruck, er würde trauern, vermittelte er nicht… Sein Haar war so gebleicht, dass es fast weiß wirkte, und auf seinem Kopf mehrfach gescheitelt. Die Haut des Mannes war blass, fast durchsichtig so schien es. Sein Gang war sicher und geschickt, alles an ihm wirkte geschmeidig, doch der Ausdruck in seinen Augen war nichtssagend, beinahe unbeteiligt. Er kam noch ein paar Meter näher - so schnell, dass der Samurai ihm mit seinen Blicken nicht folgen konnte – und lächelte ein wissendes überlegenes Lächeln, bevor er seinen Satz beendete: „Neji Hyuga…“ Was?! Neji … Hyuga? Niemand hatte ihn je bei diesem Nachnamen gerufen, er hatte ihn schließlich nie gekannt. War das denn sein Name? Und woher wusste der Fremde, wer er war? Der Fremde sah ihn fast amüsiert an. „Du weißt es nicht, nicht wahr? Du weißt nicht, wer du bist. Dabei weist das Mal, das du trägst, dich als den aus, den alle, die wissen, sofort in dir erkennen werden.“ Neji starrte ihn nur fassungslos an. Dieser Mann kannte die Tätowierung auf seiner Stirn. Konnte er etwas über ihn wissen, das er selbst nicht kannte? Der Mann betrachtete seine verwirrte Miene und seine Kameraden schienen sich daran noch mehr zu ergötzen. „Dabei trug dein Vater dasselbe Zeichen“, fuhr er fort. „Wer seid ihr?“, knurrte Neji und wich fast tänzelnd einen Schritt zur Seite. Wieder lachte der Mann, freudlos und überlegen. Die Macht, die er ausstrahlte, war beinahe körperlich zu spüren. Er machte eine weite Geste, als würde er seine Kameraden vorstellen: „Wir sind die Hayai.“ Hayai? Was bedeutete das? Nie hatte er diesen Namen gehört. Waren sie Rebellen? „Die Überbringer des Todes…“, fügte der Fremde hinzu. Nejis Augen weiteten sich. In ihm keimte ein Verdacht auf, ein absurder Gedanke, der ihn verwirrte. „Ihr seid keine Rebellen.“, stellte er fest, während er versuchte gleichzeitig alle im Blick zu behalten. „Nein.“, sagte der Mann. „Was soll das Rumgeplänkel, Kimimaro!?“, rief eine der Gestalten, worauf Neji zusammenzuckte, sich blitzschnell umwandte und Kimimaro einen vernichtenden Blick in Richtung des Fragenstellers warf. „Schweig, Tayuya. Du hast meinen Befehlen zu gehorchen, sonst …“ Er ließ die Warnung unvollendet in der Luft schweben. Tayuya zuckte zusammen, erwiderte allerdings seinen Blick. Bei näherem Hinsehen, erkannte Neji, dass sie eine Frau war, mit langen flammend roten Haaren und bernsteinfarbenen Augen,die eine seltsame Mischung von Aufsässigkeit und Ungeduld trugen. Sie trat zwei Schritte auf ihn zu, zog eine Sichel, die an einer Eisenkette befestigt war, aus ihrem Gürtel, ließ sie einmal über ihrem Kopf rotieren und schien auf einen Befehl zu warten. „Warum sollen wir noch warten? Ich finde sie hat recht, Kimimaro“, ertönte da eine Stimme, die von links zu kommen schien. Nejis Blick folgte der Stimme und er erkannte, dass der Korpulenteste unter ihnen gesprochen hatte. Sein Gesicht war irgendwie aufgedunsen, doch sein Körperbau zeigte, dass er keineswegs so langsam war, wie er auf den ersten Blick wirkte. Er hatte eine Streitaxt geschultert, die er jetzt probehalber von der einen in die andere Hand legte. „Wozu sind wir sonst da“, fügte der Dritte hinzu, „wir haben wirklich keine Zeit uns mit unseren Opfern zu beschäftigen.“ Er warf Neji einen süffisanten Blick zu, der noch mehr seine Brutalität und sein schmieriges Äußeres unterstrich. „Da muss ich dir wohl ausnahmsweise recht geben, Sakon“, sagte der Vierte, eher ein dunklerer Typ mit langen spinnenartigen Armen. Der Mann namens Kimimaro ignorierte alle und wandte sich stattdessen wieder an ihn: „Du weißt zu viel, Neji Hyuga und du bist ein Hindernis…“ Er machte eine Pause und trat auf ihn zu, wobei die anderen vier ebenfalls den Kreis enger zogen. Neji hielt das Schwert kurz über seiner Schläfe. „Hindernisse müssen beseitigt werden“, sagte Kimimaro ruhig, „Dein Leben gehört uns.“ Als wäre es das gewesen, worauf seine Untergebenen gewartet hatten, zückten sie fast gleichzeitig ihre Waffen und rasten auf ihn zu. Mit extremer Anstrengung glitt Neji wieder zurück in die Schwerelosigkeit. Durch den Zustand der Meditation hörte er ihre Geräusch jetzt doppelt so laut, jeder Schritt wirkte wie eine Erschütterung, aber gleichzeitig hatte er auch das Gefühl, dass sie sich nicht in den Lauf der Natur einfügten. Sie waren geboren worden um zu zerstören… Der dicke holte mit seiner Axt aus und streifte damit seine Rüstung, riss sie auf und Neji konnte nur gerade so ausweichen. Der Samurai stolperte zurück, instinktiv wusste er, dass er mit der schmalen Klinge keine Waffe, die mit solch brachialer Gewalt geführt wurde, abblocken könnte. Er geriet aus dem Gleichgewicht, konnte fast seine Technik nicht mehr halten. Zu spät erkannte er, dass er sich durch seine Flucht selbst ausgeliefert hatte… Einer der Männer, die vorhin gesprochen hatten, der Dunkle, Spinnenartige, erinnerte Neji sich, war plötzlich hinter ihm, in der Hand hielt er eine Lanze, mit der er auf seinen Kopf zielte. Im letzten Moment schaffte Neji es, sie mit seiner Klinge abzulenken. Ein Schlagabtausch folgte, bei dem Neji nicht eine Lücke in der Deckung seines neuen Gegners fand. Der Mann war geschickt, schnell und kraftvoll. Das schrille Kreischen des aufeinandertreffenden Stahls tönte in seinen Ohren und blendete alle anderen Geräusche aus. Plötzlich hielt sein Gegner in seiner Bewegung inne, überrascht sah Neji ihn an, doch er grinste nur überlegen. Neji sah die Bewegung nicht kommen und als er sie registrierte war es bereits zu spät. Der vierte Kämpfer, Sakon, mit den blassgrauen, schulterlangen Haaren traf ihn mit der bloßen Faust im Gesicht. Augenblicklich ging Neji zu Boden, schmeckte Blut und versuchte sich aufzurichten. Doch Sakon verpasste er ihm einen Tritt in den Magen, der Neji erneut zu Boden schleuderte. Der Mann wischte sich seine Hand, an der sein Blut klebte, an seinem Umhang auf. „Das soll ein Hyuga sein? Ich verstehe nicht, dass Orochimaru-sama den fürchtet.“ Orochimaru? Irgendwo in seinem Unterbewusstsein und dem pulsierenden Schmerz in seiner Wange legte sich ein Schalter in seinem Gehirn um. „Du kennst ihn gut und dann ist er dir wieder so fremd, als hättest du ihn noch nie gesehen.“ Vor seinem inneren Auge tauchte ein Gesicht auf. Ein hämisches Gesicht mit schneeweißer Haut, durchdringenden Auge, schwarzem Haar und einer Stimme … einer Stimme, die ihn mit ihrem bloßen Klang in zwei Hälften schnitt. Das war derjenige, der den Befehl gegeben hatte ihn zu töten… Er war Mao-Chéngs rechte Hand, was er tat, … war Hochverrat. Dieser Auftrag war nur eine Illusion um ihn zu töten. Die Soldaten vorhin, hatten ihn gehen lassen, weil sie wussten, dass sein Schicksal bereits feststand. Alle übrigen würden sterben, damit niemand berichten konnte, dass es diesen Hinterhalt gegeben hatte. Die offizielle Version würde lauten, dass die Rebellen sie ausgelöscht hatten… „Schweig, Sakon!“, fuhr Kimimaro den Mann an, aber der grinste nur gehässig vor sich hin. Neji wand sich am Boden, als er spürte wie Kimimaro näher kam. Die übrigen Mitglieder der Hayai schlichen um ihn herum. Noch immer hielt er das Schwert in seiner rechten Hand, doch sein Atem ging schwer und sein Kopf fühlte sich wie gespalten an. Zwei weitere Schritte erschütterten sein empfindsames Gehör, begleitet von dem Krachen einer Kastanie, die das Feuer zerfressen hatte, und umstürzte. Seine Arme zitterten, aber Neji wollte sich seine Schwäche nicht eingestehen. Sein Blutrausch war wie verraucht, er selbst war fast von Sinnen, so sehr schnürte die Angst seine Kehle zu. Eine kräftige Hand packte ihn am Hemd und zog ihn wieder auf die Beine. Neji war Kimimaro so nah, dass er dessen warmen Atem auf seiner Haut spüren konnte. „Jetzt weißt du es, aber ich glaube nicht, dass du viel damit anfangen kannst, nicht wahr… Neji Hyuga? Oder den Gründen …“ Neji schauderte, wollte instinktiv vor diesem Mann fliehen, doch dessen Griff war so hart wie Stein, unbeweglich und beherrschend. Er war es gewohnt Befehle zu erteilen, das hatte der Samurai sofort gewusst. Urplötzlich ließ er den Stoff los und Neji taumelte vor ihm zurück. Bevor er sich wieder gefangen hatte, war er schon einige Meter von ihm entfernt. Neji atmete tief durch. Die Nacht roch nach Rauch und Feuer und Blutvergießen. Kaum ein Geräusch drang mehr zu ihm durch. War der Kampf bereits entschieden? Hayate und seine Männer mussten schwere Verluste hingenommen haben, niemand würde sich aufmachen und nach ihm suchen… Dann hörte er noch ein Geräusch, fast wie ein Krächzen eines Vogels, sodass er kurz schauderte. Als er aufblickte sah er, das Kimimaro ein fast weißes Schwert in der Hand hielt. Neji sah es an und wollte es doch nicht sehen. Das war kein normales Material, aus dem die Waffe gemacht war, das war … Der Blick des Kriegers folgte seinem und blieb an dem Schwert hängen. „Du hast niemals zuvor solch ein Schwert gesehen?“ Er lächelte. „Geschmiedet aus Eisen, gehärtet durch das heißeste Feuer und gemacht aus aus je einem Teil meiner Gegner. Es wird die Sünde fort waschen, die auf deiner Existenz haftet.“ Es schien eine Ewigkeit zu dauern, in der der Samurai fassungslos auf das Schwert starrte und nicht daran denken wollte, dass es … dass es aus menschlichen Knochen bestand … „Du hast deine Sache gut gemacht, Samurai“, fuhr der Anführer der Hayai fort, „du hast die Tochter des Fürsten so sehr verletzt, dass sie innerlich zerbrochen ist. Meister Orochimaru", er sprach den Namen fast mit einer innigen Zuneigung aus…“, sieht so etwas auf einen Blick. Aber du hast sie unterschätzt, wie wir alle… Tenten-chan“, wieder grinste er und Neji verabscheute ihn dafür wie er Tentens Namen aussprach, „hegt stärkere Gefühle für dich als erwartet. Sie würde dich niemals aufgeben, solange sie nur wüsste, dass du lebst.“ Er erinnerte sich wieder an Tentens Gesicht, an die Verletztheit in ihren Augen, als sie damals gegangen war. Sie war zerbrochen, aber es war umsonst gewesen. Neji konnte sie nicht beschützen und auch niemanden sonst. Er war nutzlos und er hasste es. Seit er Sasuke Uchiha begegnet war, war nicht mehr ein so starkes Gefühl des Hasses in ihm gewesen. Die Hayai wollten ihn hinrichten für etwas, das Tenten zerstörte. Dann kam ihm noch ein Gedanke … Solange sie wusste, dass er lebte… Er begriff es im selben Moment in dem er es dachte… Die Hayai und damit auch Orochimaru glaubten, dass sie ihn aufgeben würde, wenn er tot war und somit schwach genug sein würde, damit sie sie kontrollieren konnten. Sie bauten darauf, dass alles sich so entwickeln würde wie sie es geplant hatten. „Was habt ihr mit ihr vor?!", brachte er schließlich mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Der Mann schaute auf ihn herab, genoss die Macht, die er über ihn hatte. „Du denkst, dass wir sie töten, wenn sie nutzlos geworden ist? Nein… für sie haben wir andere Pläne …“ Sofort fuhr Neji hoch, starrte dem Hayai in die Augen und stemmte sich unter Schmerzen hoch. „Ihr werdet ihr kein Haar krümmen!“ Ryujin glitzerte für einen Moment im Schein der Flammen, dann zischte es wie eine wütende Schlange durch die Luft direkt auf Kimimaro zu. Doch der wehrte Nejis Angriff ab, als wäre er nichts: Er schlug das Schwert zur Seite und schlitze Nejis Rüstung an der Seite auf, sodass sie nur noch von ein paar Stücken zusammen gehalten wurde. Die anderen um sie herum lachten, während Kimimaro ihn jetzt wütend, fast verächtlich ansah. „Beleidige mich nicht, Neji Hyuga, du magst es vielleicht mit Sasuke Uchiha aufnehmen können, doch nicht mit mir.“ Inzwischen war Neji wieder auf die Beine gekommen, immer noch das Schwert gezückt. Sein Atem ging schwer. Er konnte die Meditation nicht mehr aufrecht erhalten und merkte, wie die Kraft langsam aus ihm herausgesogen wurde. Er richtete sich auf, streckte den Rücken durch und richtete das verfluchte Schwert auf Kimimaro. Es war seine Herausforderung an ihn und beide wussten es. Neji war sich seines Zustandes sehr wohl bewusst: Wenn es zu einem Kampf kommen sollte, musste es jetzt gleich sein, denn bald würde er nicht mehr die Kraft haben sich ihnen entgegen zu stellen. Das Feuer warf scharfe Schatten auf Kimimaros Gesicht. Vielleicht war es besser einen der anderen anzugreifen, aber instinktiv wusste Neji, dass er der Anführer war, der Stärkste, wenn er ihn ausschaltete, konnte er vielleicht entkommen… Einen Moment verharrte er, ließ sich von allen Eindrücken und Gefühlen durchströmen und für einen Augenblick die Kontrolle über ihn übernehmen. Kraft. Schwäche, Schmerz, Verzweiflung, alles was er erlebt hatte. Er durfte nicht verlieren … Neji spannte seinen Körper an, im Geist holte er alles an die Oberfläche, was er von Kakashi gelernt hatte. Vor ihm waren nur noch der brennende Wald und der eiserne Krieger mit dem Knochenschwert. In seinen Augen blitzte etwas auf und dann griff er Kimimaro an. Die anderen vier, die zwar überrascht wirkten, aber dennoch vorbereitet waren, stellten sich ihm sofort in den Weg. Seine Klinge traf auf den Speer des ihm unbekannten Mitglied der Hayai, doch sein Hieb war so mächtig, dass es diesmal er war, der mit roher Gewalt die Waffe zurückschlug. Zum ersten Mal erkannte Neji so etwas wie Furcht in den Zügen des Anderen, doch der Hayai war nicht gewillt zurückzuweichen. Neji verstrickte sich in einen komplizierten Schlagabtausch mit ihm, wobei er mehr und mehr die Oberhand gewann, doch er hatte keine Zeit … Ein weiterer Schlag und er wandte sich ab, drehte sich um und raste wieder auf Kimimaro zu. Diesmal waren die anderen vorbereitet und Neji wusste, dass er es ihnen nicht wert war bis zu ihrem Anführer durchgelassen zu werden. Tayuya und der Korpulente griffen ihn gleichzeitig an. Der Kettensichel wich er nur aus, indem sich zur Seite warf, abrollte und blitzschnell wieder auf die Beine kam. Doch der vor Kraft strotzende Dicke war schon über ihm; die Kriegsaxt beschrieb einen Bogen und schlitzte ihm den Arm auf, als er gerade zur Seite sprang. Sein Blut quoll aus dem Schnitt und Neji musste sich zusammenreißen, um nicht vor Schmerzen zu schreien. Er stolperte zurück und nahm gleichzeitig eine kurze Blöße in der Deckung des Riesen wahr. Neji wartete nicht erst, bis sein Schmerz nachließ, oder sein Gegner merkte, dass er bereits wieder kämpfen konnte. Sein Schwert wurde schwerer in seinem Griff, aber dies war kein normaler Kampf. Das war ein Hinterhalt, dessen Ziel es war, ihn zu töten. Seine Gegner würden nicht warten, bis er entkam… Die Koordination der Hayai war perfekt abgestimmt, sie mochten sich zwar nicht alle leiden, aber sie waren Verbündete und wussten, wie jeder von ihnen agieren würde. Wenn einer fiel, nahm ein anderer seinen Platz ein, es gab kein Entrinnen für einen einzigen Gegner. Das Schwert raste auf das Gesicht des Riesen zu, aber bevor dieser sich vorbereiten konnte, hatte er ihm Ryujin stattdessen in den Magen gestoßen. Er krachte in sich zusammen und Neji zog das Schwert aus dem Körper seines Gegners. Sein verletzter Arm war erschüttert worden und aus dem Schnitt strömte Blut, er fühlte sich merkwürdig taub an... Einer war so gut wie ausgeschaltet, aber er hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Sakon hatte ebenfalls ein Schwert gezogen und kam auf ihn zu. Die Kettensichel rauschte durch die Luft und Neji wollte sie gerade abwehren, als eine blitzschnelle Bewegung seine Abwehr überflüssig machte. „Haltet euch zurück“, sagte Kimimaro, „er gehört mir.“ Sakon hielt inne und Neji meinte auch die anderen nach Luft schnappen zu hören. Sie trafen schneller zusammen, als er erwartet hatte. Neji holte aus, doch Kimimaro war viel geschickter als die anderen, er war so standhaft mit dem Boden verwurzelt, dass nichts ihn umzuwerfen vermochte. Die Schwerter prallten aufeinander, bebten von der Anstrengung beider Kontrahenten und erzitterten. Einen Moment lang versuchte jeder den anderen zu überrumpeln, doch dann wichen sie wieder auseinander, tänzelten umeinander herum und schienen auf ein unsichtbares Signal zu warten. Urplötzlich griff Kimimaro an. Er war so schnell, dass seine Bewegungen selbst Nejis geübtem Auge entgingen. Ohne, dass er es bemerkte, erwischte Kimimaro ihn mit der Waffe am Bein. Er knickte ein und der Andere war plötzlich hinter ihm. Neji wusste schon, dass es zu spät war, als er den Kopf umwandte. Der Anführer der Hayai war zu stark, zu schnell… Die Klinge bohrte sich tief in seinen Schwertarm, der ohnehin schon verletzt war und machte ihn so völlig unbrauchbar. Neji zog scharf Luft ein, als er vor Schmerzen aufkeuchte. Intuitiv wechselte der Samurai das Schwert in die linke Hand um den folgenden Hieb abzublocken. Gerade noch rechtzeitig fing er Kimimaros Schwert vor seinem Brustkorb ab und er wusste plötzlich, dass er die ungebändigte Kraft nicht länger aufhalten konnte. Noch einmal wich er zurück, doch sein Gegner ließ ihm keine Zeit zur Erholung. Er war da, ehe Neji auch nur zwei Schritte rückwärts gemacht hatte und verstrickte ihn sofort in einen komplizierten Schlagabtausch. Seine Schläge kamen von allen Seiten, schnell und unberechenbar, sodass er sie nur allein mit Reflexen abfangen konnte. Der Tanz des Mondes war unbrauchbar bei dieser Schnelligkeit, wahrscheinlich hätte Neji nicht mal mehr die Kraft die Technik anzuwenden. Bei jedem Schlag brannte sein Körper mehr, der Schmerz war überall, in jedem Muskel, in jedem Teil seines Körpers. Der Schweiß rann ihm über die Stirn und die Erschöpfung übermahnte ihn beinahe, als versuchte seinen übermächtigen Gegner abzuwehren. Die Züge Kimimaros waren in einer Art vollkommener Konzentration gehärtet und fast animalisch auf ihn gerichtet … Ein lautloser Jäger, der nur den Befehlen seines Herren folgte und seine Beute fixiert hatte… Auf einmal verschwamm seine Sicht, flackerte und Neji begriff: Er konnte die Meditation nicht mehr halten. Dann wurde alles um ihn herum schwarz. Undeutlich hoben sich die Hayai in der Finsternis ab. Einem Schatten gleich stieß Kimimaro Neji Schwert zur Seite, der kaum noch genug Kraft hatte sich auf den Beinen zu halten. Nur das Feuer erhellte die Dunkelheit, fraß sich durch die Schwärze, die ihm seine Sicht nahm. Das Knochenschwert beschrieb einen Bogen und er wartete darauf getroffen zu werden, doch der Schmerz blieb aus. Irgendetwas hatte den Jäger abgelenkt… Noch während Neji zurückwich sah er wie sich die Kette wie in Zeitlupe unter dem Stoff seines Hemdes löste und vor ihm herschwebte. Kimimaros Blick war auf das schimmernde Yang gerichtet und der Schwerthieb, der eigentlich seine Kehle treffen sollte, durchschnitt das Band der Kette. Die ganze Welt um ihn herum schien auf einmal still zu stehen, als das Metall auf der Erde aufkam. Nichts war mehr wichtig außer, dass die Hayai diese letzte Verbindung durchtrennt hatten. Sein Blick war wie der Kimimaros noch immer auf das Schmuckstück gerichtet, einen Moment lang starrten sie beide darauf. Die eine Hälfte des Ganzen war vergangen… dann sahen sie auf und Neji erkannte, dass er in seiner Ablenkung eine Schwäche offenbarte, die Kimimaro gesucht hatte. Die Klinge schien eine Ewigkeit zu brauchen, bis sie ihn erreichte, er hatte nicht mal Zeit seine Augen aufzureißen. Der Schlag musste unglaublich schnell gewesen sein, doch Neji nahm ihn kaum richtig wahr. Das Schwert durchschnitt sein Hemd und traf auf seinen Körper. Die Klinge fuhr durch seinen Brustkorb und er schrie vor Schmerz, als er das Metall spürte, das ihm durch das Fleisch fuhr wie durch Butter. Er merkte nicht mehr wie er Blut spuckte, oder wie Kimimaro im selben Moment seine Klinge aus seinem Körper zog. Alles um ihn wurde schwarz nur Erinnerungen huschten an seinem inneren Auge vorbei, während er fiel. Nur ein einziges Bild trat aus dem ganzen Wirrwarr seiner Eindrücke heraus und ihr Gesicht war ihm so deutlich, als würde sie direkt vor ihm stehen. Wie im Traum steckte er die Hand aus, um sie festzuhalten, doch er würde sie niemals erreichen. Ein letzter Gedanke schoss ihm noch durch den Kopf, bevor er sich dem Tod hingab. Hätte ich sie doch noch ein letztes Mal gesehen … ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ Ich bereite mich auf das Schlimmste vor. Meuchelt mich, skalpiert mich, aber das wird es trotzdem nicht mehr ändern ^^° Komischerweise gefällt mir dieses Kapitel viel besser als das letzte. An alle, die durchgehalten haben: Super, hat bestimmt lange gedauert das zu lesen... Tja, aber irgendwie konnte ich das nicht trennen... Herzlichen Dank an , die sich die Mühe gemacht hat, dieses Kapitel auseinander zu nehmen. Du hast mir echt viel geholfen, jetzt ist das Kapitel viel besser, glaube ich ^^ Ambush heißt Hinterhalt und das erklärt sich ja schon im Kapitel, nicht? ;) Im nächsten Kapitel gibt es dann erstmal Drama, ich sagte ja, dass ich damit noch gar nicht angefangen hatte... Wie immer freue ich mich über jegliche Reviews, ob Lob oder Kritik, Vorschläge etc. lg moony Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)