Rei-Tsuki von BloodWitch (Die Ankhmädchen) ================================================================================ Kapitel 1: Seltsames -------------------- Mira spürte erst, dass sie die Augen geschlossen hatte, als ihr eine kalte Nase ins Gesicht stieß. „Key?“ fragte sie und erschrak im ersten Moment vor dem Klang ihrer Stimme. Sie klang rauer, erwachsener. Vorsichtig schlug sie die Augen auf und blinzelte durch einen dichten Vorhang aus schwarzen Fäden zu einem blauen, von rot durchzogenen Himmel empor. Eine Abenddämmerung. Sie griff nach dem Vorhang und merkte, dass es Haare waren. Und nicht irgendwelche. Sie setzte sich abrupt auf und strich sich die langen schwarzen Haare aus den Augen, die ihr Gesicht bedeckt hatten. Verwirrt sah sie sich um und entdeckte eine Frau neben sich liegen. Sie hatte rotes Haar und trug eine enge schwarze Lederhose, ebenfalls schwarze Lederstiefel mit umgeschlagenen Rand und eine Art hellblaues Hemd mit halblangen Ärmeln, das durch seine Weite die Formen des weiblichen Körpers betonte. Als sie ihre Hand nach der Fremden ausstreckte, bemerkte sie, dass ihre Haut noch bleicher geworden war, als ohnehin schon. Statt des sonst zumindest leicht vorhandenen Rosaschimmers sah sie nun aus als wäre sie aus weißem Marmor. Dann fiel ihr Blick zum ersten Mal auf ihren Körper und sie schnappte nach Luft. Sie war genauso gekleidet wie die andere Frau und es kam ihr so vor, als hätte ihr Körper jetzt äußerst ausgeprägte weibliche Rundungen. Eine silberne Schnauze schob sich in ihr Blickfeld, der ein großer Kopf folgte. Entsetzt blickte Mira einem ausgewachsenen Wolf mit silbernem Fell in die Augen. Der Wolf setzte sich jedoch hin und sah sie mir schräg gelegtem Kopf an. „Key?“ fragte Mira vorsichtig und ihr tierischer Gesprächspartner wedelte mit dem Schwanz, stand auf und legte ihr die Pfoten auf die Schultern. „Anscheinend hab nicht nur ich mich verändert, was?“ murmelte das Mädchen und blickte zu der immer noch bewusstlosen Fremden hinüber. Vorsichtig tippte sie ihr mit dem Zeigefinger auf die Schulter und sofort schlug die Andere die Augen auf. „Wer bist du? Wo ist Mira?“ schrie Selina und setzte sich auf. „Keine Angst. Ich bin es. Und das ist Key. Anscheinend verändert man sich, wenn man stirbt“ versuchte die Jüngere ihre Freundin zu beruhigen. „Stirbt? Wieso stirbt? Sind wir tot?“ Tränen sammelten sich in Selinas Augen und Mira legte ihr die Hand auf den Arm. „Woran erinnerst du dich?“ „An nichts. Wir waren im Wald und dann war plötzlich alles schwarz…“ „Hör mir zu. Bevor es schwarz wurde war ein Sturm im Wald. Ein Blitz ist genau neben uns eingeschlagen. Da ist es nicht verwunderlich, dass wir jetzt hier sind.“ „Aber das ist nicht der Himmel! Mira, das kann nicht der Himmel sein!“ schrie Selina und jetzt liefen ihr die Tränen über das Gesicht. Die Schwarzhaarige schob den Wolf weg und nahm ihre Freundin in die Arme. „Alles wird gut. Weine nicht. Ich bin doch da. Da kann dir nichts passieren.“ Eine ganze Weile redete sie so auf die ältere Frau ein, bis deren Tränen versiegt waren. Sie Sonne war schon untergegangen und die Welt war in Dunkelheit und das bleiche Licht des Mondes getaucht. Selina schlief irgendwann ein, doch Mira konnte nicht schlafen. Das Bild ihrer Mutter, wie sie im Wald herumlief bis sie drei verkohlte Leichen fand ging ihr nicht aus dem Kopf. Ihre Mutter hatte doch auch so schon genug Sorgen. Als die ersten Strahlen des neuen Morgens mit blassrosa Fingern nach der Nacht griffen, glitt auch sie in einen leichten Schlaf, in dem sie ihrer Mutter zu sagen versuchte, dass es ihr gut ging, diese sie aber nicht hörte und immer weiter in einen dunklen Wald lief. „Au! Hör auf du blöder Wolf!“ Mira war sich nicht sicher, ob sie diese Stimme nur in ihren Träumen hörte, bis neben ihrem Ohr ein tiefes Knurren zu hören war. Sofort setzte sie sich auf und streckte die Hand nach Selina aus. Ihr gegenüber standen zwei Männer, einer hielt sich die Hand, auf der ein blutiger Abdruck zu sehen war, von dem Mira annahm, dass Key die Ursache dafür war. „Wer seid ihr?“ wollte sie wissen und musterte die beiden Männer neugierig. Der Ältere hatte kurze schwarze Haare mit einem leichten Blauschimmer und fast schwarze Augen. Er trug eine Lederhose, Lederstiefel, die wie ihre am Rand umgeschlagen waren, ein kurzärmliges Hemd mit Knöpfen die aussahen, als wären sie aus Horn gefertigt und ein dünnes Lederband, dass er sich dreimal um den linken Unterarm geschlungen hatte. Der Jüngere, vermutlich in ihrem Alter, hatte dunkelbraune Haare und grünliche Augen. Unter dem offenen Mantel mit den abgerissenen Ärmeln schaute eine muskulöse Brust hervor, die ebenfalls in eine Lederhose und dann in dieselben Stiefel überging, die anscheinend jeder hier trug. Als die beiden Männer sich jetzt ihr zuwandten, sah sie, dass ihnen über der linken Schulter jeweils ein Griff ragte. Schwerter, dachte sie teilnahmslos. Sie tragen Schwerter. Selina schlug in dem Moment die Augen auf, als der jüngere der beiden sich noch einmal nähren wollte. Sie stieß einen Schrei aus, bei dem Mira die Ohren klingelten und sprang auf die Füße. Mira hielt sie an der Hand fest und zog sie neben sich auf den Boden. Die andere Hand legte sie Key auf den Rücken. „Denke nicht, dass ich ihn festhalte, wenn du etwas Dummes tust. Aber ich denke, dass ihr eine Chance verdient um uns zu sagen, wer ihr seid.“ Mira wunderte sich, wie sie es schaffte so gelassen zu klingen. War die Aussicht auf den Tod so ernüchternd, dass man nichts mehr fühlte? „Mein Name ist Falken“ stellte sich der Ältere vor. „Dies ist Marlen. Aber ich denke eher, dass Ihr Euch erklären müsst, meine Damen. Zwei Frauen allein im Wald und nur einen bissigen Silberwolf als Schutz… Das ist sogar in Friedenstagen ein waghalsiges Unterfangen.“ „Mein Name ist Mira, dies ist meine Freundin Selina. Aber ich verstehe nicht. Wieso sollte es denn waghalsig sein in einem einfachen Wald zu schlafen?“ „Wollt Ihr damit sagen, dass Ihr keine Angst vor den Räubern habt, die gern im Wald herumschleichen? Räuber, die seit Monaten keine Frau mehr hatten? Ihr seid wirklich wahnsinnig!“ Der junge Mann, der Marlen hieß, schüttelte ungläubig den Kopf. Selina wandte verängstigt den Kopf zu Mizu zu, doch die blickte nur auf die Männer vor ihnen. „Es gibt keine Räuber, oder, Mira?“ fragte sie mit zitternder Stimme. „Nicht in unserer Welt, Selina.“ Marlen und Falken sahen sich fragend an und schüttelten die Köpfe. „Wir können Euch zum nächsten Dorf bringen, da könnt Ihr Euch in einem Gasthaus ein Zimmer nehmen“ erklärte Marlen und streckte mit einem aufmerksamen Blick auf Key die Hand aus um Mira aufzuhelfen. „Danke“ erwiderte sie und griff nach der Hand. Sofort zog der junge Mann die seine weg und starrte auf ihren Unterarm. Erst jetzt fiel Mira eine Tätowierung auf, die sich schwarz auf weiß von der Haut ihres rechten Unterarms abhob. Ein Ankh, ungefähr zehn Zentimeter groß. Es sah tatsächlich aus wie das Henkelkreuz, das den Ägyptern als Zeichen des ewigen Lebens gedient hatte. Selina starrte das Zeichen verwirrt an und blickte dann auf ihre eigenen Unterarme. Kein Keuchen entfuhr ihren Lippen, als sie auf ihrem rechten Unterarm ebenfalls ein Ankh entdeckte. „Wo habt Ihr dieses Zeichen her?“ wollte Falken entsetzt wissen. „Wenn ich es weis, sag ich es dir, in Ordnung?“ entgegnete Mira gereizt. Ein Ankh war hier offenbar kein gutes Symbol. „Falken, ich glaub wir sollten sie auf jeden Fall ins nächste Dorf zum Priester bringen. Ich bin mir sicher, dass er uns sagen kann, was das zu bedeuten hat.“ Marlen sah seinen Begleiter fast flehend an. Hatte er Angst? Mira wusste es nicht. „Ja, ich glaube auch, dass das die beste Lösung ist. Würdet Ihr uns bitte folgen?“ Mira stand auf und half Selina auf die Füße. Die beiden Männer hatten sich umgedreht und gingen ihnen voran in den Wald. Mit einem Schnalzen der Zunge bedeutete die Schwarzhaarige Key ihr zu folgen. Die Ältere griff nach ihrer Hand und drückte sie. „Alles wird gut, Selina. Ich bin mir sicher.“ So redete Mira den ganzen Weg zu dem Dorf auf ihre Freundin ein. Sie ist so unschuldig und ängstlich. Ich muss stark sein, für uns beide, dachte Mira und blickte auf die Rücken der beiden Männer, die vor ihnen gingen. Die Schwerter waren mit zwei Lederbändern auf ihren Rücken fixiert. Der Griff ragte über die linke Schulter, die Spitze der ein Meter langen Klinge ruhte auf der Hüfte. Eine Hohlkehle zierte die Mitte der Schwerter. Mira hatte einiges über diese Waffen gelesen um zu erkennen, dass ihre vorübergehenden Beschützer Bastardschwerter trugen. Marlen drehte sich um und bemerkte anscheinend ihren Blick, denn er lies sich zurückfallen, bis er neben ihr ging, zog mit einer fliesenden Bewegung das Schwert blank und reichte es ihr mit einem Lächeln. „Ihr könnt es gerne einmal halten.“ Sie nahm das Schwert ehrfürchtig entgegen. In ihrer Welt konnte man ein die meisten Schwerter nur in Glaskasten bewundern. Es wog mehr als sie gedacht hatte. Schnell legte sie die zweite Hand an den Griff. „Es ist wunderschön“ meinte sie und strich mit den Fingern über den verzierten Griff. „Ich habe es bei einem Schmied gekauft, der in dem Dorf lebt, zu dem wir bald kommen. Er ist ein Meister seines Fachs.“ Stolz nahm er das Schwert wieder entgegen und machte es auf seinem Rücken fest. „Denkst du, ich kann auch so eins bekommen?“ „Eine Frau mit einem Schwert? Ich glaube nicht. Frauen tragen keine Waffen.“ Selina stieß Mira an und flüsterte ihr ins Ohr: „Ich komm mir langsam vor wie im Mittelalter. Schwerter, die Art zu reden, die Annahme Frauen wären schwach.“ „Du hast recht“ stimmte die Jüngere ihr zu. „Lass uns zumindest anhören, was der Priester zu sagen hat. Ich hoffe, dass wir dann immerhin wissen wo wir sind.“ Lange Zeit sprach keiner von ihnen. Falken führte die kleine Gruppe zielsicher durch den Wald ohne einem bestimmten Pfad zu folgen. Mira war überrascht, als sie aus dem Dickicht des Waldes traten und ein Dorf in der Mitte der Lichtung vor sich sahen, wie sie es nur aus Filmen kannte. Die Häuser waren ein erster Linie einfache Holzbauten mit Dächern aus Stroh. Kleine, glaslose Fenster waren in die Wände eingelassen und die Türen waren aus demselben Holz wie die Fassade. Kleine Kinder in einfachen Leinenhemden liefen lachend den Hühnern hinterher, eine braune Katze schlief vor einer Tür und ein Hahn stolzierte durch die Straßen. Doch am meisten verwunderten sie die Erwachsenen. Sie sahen aus als wären sie einem Ritterfilm entsprungen. Die Männer trugen weite Leinenhosen und in manchen Fällen auch Hemden. Viele liefen mit nacktem Oberkörper herum und keiner trug Schuhe. Frauen waren keine zu sehen. Es schien keine Ordnung zu geben, nach der sie herumliefen, doch nach einiger Zeit begriff Mira, dass dieser Eindruck täuschte. Alle erledigten eine bestimmte Aufgabe. Dieser dort mit den blonden Haaren war für das Holz zuständig. Der mit der Narbe auf der Brust war eine Art Schlachter und der große, muskulöse Glatzkopf mit einer stark behaarten, breiten Brust und einer Lederschürze, musste ein Schmied sein. „Ich träume“ hörte sie Selina neben sich sagen. „Das ist doch nicht wirklich.“ In diesem Moment bemerkten sie die Kinder und liefen aufgeregt zu den Männern. Der Schmied musterte den Grund der Aufregung und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Marlen! Falken! Schön euch wieder zu sehen!“ brüllte er mit einer tiefen Stimme zu ihnen herüber und die Kinder in seiner Nähe pressten sich die Hände auf die Ohren. Sofort erschienen ein paar Frauen in den Hauseingängen und kicherten vergnügt. Sie alle waren in einfache Kleider gekleidet. Die beiden Männer führten sie und Selina ins Dorf und es folgte ein Austausch von kräftigen Schlägen auf die Schultern, wobei Mira bei dem bloßen Anblick der Rücken schmerzte. „Wo ist den Mo? Oder habt Ihr schon wieder euren Priester vergrault, Ian?“ fragte Marlen und grinste den Schmied breit an. „Wieso braucht ihr den einen Priester?“ wollte der wissen und sah neugierig die beiden Frauen an. „Ihr seid doch nicht den weiten Weg gekommen um euch hier mit diesen Mädchen zu vermählen, oder? Obwohl ich euch ja verstehen könnte.“ Mit diesen Worten stieß er Marlen in die Seite und der errötete. „Ihr könnt doch nicht all den Mädchen im Dorf einen Strich durch ihre Zukunftspläne machen, indem ihr euch vermählt.“ „Wir haben sie im Wald getroffen. Und wir müssen jetzt wirklich mit Mo sprechen, Ian“ schritt Falken mit teilnahmsloser Stimme ein. „Natürlich, Falken. Er ist in seiner Hütte.“ Schnell trat der Schmied aus dem Weg und machte ihnen Platz. Mira drückte ihren Unterarm an ihr Bein und bedeutet Selina es ihr gleich zu tun. Sie wollte keinen Aufruhr wegen einer Tätowierung. Die Hütte des Priesters unterschied sich nur dadurch von den anderen, dass sie über ihrer Tür ein Symbol prangte, das eine Sonne zeigte, anderen Rand sich ein Mond schmiegte. Sie klopften an der Tür und ein kleiner Mann öffnete ihnen. Er ging Mira nur bis zur Schulter und hatte dünne graue Haare. Sein weites Gewand war aus grobem Leinenstoff und ebenfalls mit dem Sonne-Mond-Symbol verziert. „Wie kann ich euch behilflich sein, meine Herren? Habt ihr euch endlich entschlossen eurem wilden Leben ein Ende zu machen und euch hier niederzulassen?“ Wieso reden hier alle von Heirat, dachte Mira und merkte mit einem Blick auf Selina, dass sie dasselbe dachte. „Obwohl ich eure Frauen erst einmal ziemlich kleiden würde. Sie bieten allzu viel den Blicken da.“ Empört rümpfte er die Nase und sah trotzig Falken und Marlen an. Ohne ein Wort nahm Falken Selinas Hand und drehte sie um. Ein Keuchen entfuhr den Lippen des Priesters. „Ihre Namen habe ich noch nie gehört. Könnt ihr uns sagen, was das zu bedeuten hat?“ wollte der Schwarzhaarige wissen. „Natürlich, natürlich… wo hab ich es denn?“ Eilig wuselte der kleine Mann davon und begann verschiedene Pergamentbögen aufzurollen und wieder wegzulegen. „Aha! Hier ist es.“ Er kehrte mit einer Schriftrolle zurück an deren oberem Ende zwei Ankh abgebildet waren. Darunter stand ein langer Text in einer merkwürdigen Sprache. „Ja, ja… Genau wie ihr sagt. Das müssen sie sein. Ich habe es mir schon gedacht…“ murmelte der Priester und fuhr mit einem dünnen Finger über die Zeilen. „Was steht da?“ wollte Marlen wissen und blickte unruhig zwischen Falken und Mo hin und her. „Dies ist die letzte Prophezeiung, die die Priester der alten Priesterstadt aufgezeichnet haben.“ „Ja, aber was steht da!“ „Wenn der Frieden tückisch wird, Der Hass des Menschen Herz verdirbt, Wird die Hoffnung sich erheben Um zu retten unser Leben. Zwei Frauen hat die Hoffnung geboren, Ihre Gedanken sind verworren, Wo sie sind, wissen sie nicht, Eine ist Dunkel, die andere Licht. Auch ihre Namen sind hier fremd, Keine die man hier je kennt. Somit werden sie genannt Nach alten Göttern, wohl bekannt: Mizus Haar, schwarz wie die Nacht. Sie ist die, die nicht oft lacht. Ray trägt eine rote Wonne, gleißend hell, schön wie die Sonne. Doch Licht und Dunkel spielen gern, Wer ist wer, wüsst’ jeder gern. Sie selbst können es nicht sagen, Nicht wissend um der Macht sie tragen. Jede hat eine Gabe ihrer Macht Die Wächterin der dunklen Nacht Spricht mit der Zunge jener Wesen Die einst ihrer Verbündeten gewesen. Des Lichts der Sonne Wächterin Ist eine große Heilerin Weder Wunden noch Krankheit Sind nicht gegen ihre Macht gefeit. Ein Wolf mit Fell aus Silber, Viele kennen nur die Bilder, Beschützt die Unschuld dieser Frauen, Manche würden ihm nie trauen. Zwei Menschen sind an ihrer Seit, Ihre Vergangenheit trägt weit, In den Krieg von Licht und Schatten Zu Königen dir immer warten. Fünf Wesen ist es auferlegt Die Angst zu zerstören, die sich hegt Durch der Kriege Schmerz und Leid Nachwirkungen der alten Zeit. Sie werden die Lösung aller Dinge Finden in der Stadt der Klinge Fern der alten Priesterstadt Nah am Rand von Licht und Nacht Ist dies alles nur ein Traum Hier unter dem weißen Baum Wo die Priester versuchen zu verstehn Wann das Schicksal lässt sie gehen.“ Der Priester lies die letzen Worte bedeutungsvoll verklingen. „Soll das heißen, dass diese Mädchen niemand anders als die Wächterinnen sind, auf die wir seit fast zwei Jahrzehnten warten?“ stieß Falken hervor und lies Selinas Hand los. „Ja. Niemand außer ihnen kann dieses Zeichen tragen. Und eure Geschichte passt auch dazu. Die Verwirrtheit, die merkwürdigen Namen… Alles passt.“ Mit diesen Worten warf sich der Priester vor den Frauen auf den Boden. „Oh, allmächtige Wächterinnen!“ Mira und Selina starrten sich an. Damit hätten sie in keiner Weise gerechnet. Auch Marlen und Falken sahen sie verwirrt an. „Ich muss hier raus“ presste Mira zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, stieß die Tür auf und lief nach draußen. Bevor sie sich versah, war sie am Rand des Dorfes und rannte in den Wald. Dort lies sie sich auf den Boden sinken, lehnte den Kopf an einen Baum und weinte. Sie weinte um ihre Mutter, ihren Bruder, Anne, Micha und alle anderen, die sie nie wieder sehen würde. Wie sollte sie aus dieser Welt entkommen? Wie nur, nachdem sie jetzt eine Göttin war? Was brachte es göttlich zu sein, wenn man die die man liebte nie wieder sehen konnte? „Mizu?“ Marlen lies sich einen Meter neben ihr auf den Boden sinken und sah sie an. „Wieso weint Ihr?“ „Wieso ich weine? Ich bin in einer Welt, deren Namen ich nicht einmal kenne, in einer Rolle, die ich niemals spielen wollte! Ich werde meine Familie und meine Freunde nie wiedersehen! Ich werde behandelt als könnte ich den Mond vom Himmel holen und durch ein Blatt ersetzen! Wie soll ich da nicht weinen?“ schrie sie unter heftigem Schluchzen. Marlen sagte nichts. Natürlich nicht. Er hatte keine Ahnung wovon sie sprach. „Falken und Ray warten im Dorf. Der Priester hat gemeint, wir sollen euch in die Stadt der Klinge bringen“ brach er nach einer Ewigkeit das Schweigen. „Ich will aber nicht. Ich will hier bleiben! Vielleicht finde ich einen Weg zurück. Selina…“ „Ray“ unterbrach er sie. „Nein! Selina! Sie ist so schwach und leicht einzuschüchtern. Sie kann das nicht.“ „Mizu. Selina und Ihr, ihr seid die einzige Hoffnung die wir noch haben. Wollt Ihr etwa, dass die Menschen sich gegenseitig abschlachten, nur weil sie vergessen haben was Liebe und Vertrauen ist?“ Marlen sah ihr tief in die Augen und als sie seinem Blick ausweichen wollte, hielt er ihr Kinn fest. „Ich habe es gesehen, Mizu. Menschen, die sich nahestanden haben sich den Krieg erklärt. Clans, die seit Ewigkeiten in Einheit gelebt haben, fangen wegen einer Kleinigkeit eine Fehde an. Es herrscht Hass auf der Welt.“ „Aber es ist nicht meine Welt! Was interessiert es mich?“ Weil es die meine ist, sagte eine Stimme in ihrem Kopf. Ich bin hier geboren und gestorben. Du bist ich, also interessiert es dich. Du bist nicht so schwach, wie du denkst. Marlen legte ihr die Hand auf den Arm, doch in diesem Moment ertönte ein Knurren und Key trat aus dem Wald. „Komm bitte mit zurück“ bat er sie und erhob sich. Key trat an Miras Seite und stieß sie an. Auch er wollte, dass sie ging. „Key, wir gehören hier nicht her.“ Doch, sagten seine Augen. Dies ist unsere wahre Welt. Nur hier gehören wir hin und nirgendwo sonst. Langsam erhob sie sich und folgte Marlen aus dem Wald. Eine Gruppe von Menschen hatte sich um Falken und Selina versammelt. Anscheinend hatte sich die Ankunft der Erlöserinnen bereits verbreitet. Ian stand neben Falken und blickte neugierig zum Rand des Waldes, als sie heraustrat. Mira war sich ihrer roten Augen erst bewusst, als ihre Freundin sie besorgt ansah. „Ihr braucht Waffen“ stellte Falken fest und drehte sich zu Ian um. „Denkt Ihr, dass Ihr Waffen habt mit denen sie umgehen können?“ „Ich denke schon. Wenn mich die Damen bitte begleiten würden“ forderte er Mira und Selina auf und ging ihnen voran an ein Haus, das einen Vorbau aus Stein hatte, in dem eine riesige Feuerstelle stand. Außerdem konnte Mira noch einen Amboss und viele andere Geräte erkennen, die sie sonst nur auf Mittelaltermärkten zu sehen gab. „Wo sind sie denn…“ murmelte Ian und ging zu mehreren Fässern in denen Schwerter und Bögen steckten. „Mizu.“ Die Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. „Wächterin Mizu.“ „Hast du etwas gesagt, Selina?“ „Nein“ erwiderte diese und blickte neugierig zu einem Haufen Stöcke, die in Miras Augen wohl eher Feuerholz als Waffen waren. Wieder hörte sie die Stimme flüstern: „Mizu. Hier drüben. Wächterin Mizu.“ Langsam ging sie in den hinteren Teil der Schmiede, der im Dunkeln lag und aus dem die Stimme zu kommen schien. Erst sah sie nichts, doch als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten, erkannte sie ein Schwert. Es war schmaler aus die Waffen von Marlen und Falken, fast hätte sie es weiblich genannt. Es steckte in einer schwarzen Lederscheide, Griff und Heft waren aus schwarzem Metal und mit ebenfalls schwarzem Leder umwickelt. Eine merkwürdige Anziehungskraft ging von der Waffe aus. Als würde es sie rufen. Vorsichtig nahm sie es in die Hand und zog es blank. Auch die Klinge war aus schwarzem Metal. Eine schmale Hohlkehle zierte die Mitte beider Seiten. Es war erstaunlich leicht und fügte sich in ihre Hand als wäre sie dazu geboren es zu halten. Oder es geschmiedet von ihr gehalten zu werden. Langsam lies sie es durch die Luft fahren. Mira hatte noch nie mit einem Schwert gekämpft, doch sie glitt automatisch durch eine Reihe von Stellungen, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. „Mizu?“ Sie drehte sich um und sah Selina vor sich stehen. Die Rothaarige drückte einen der Stöcke an ihre Brust, als wäre er das Kostbarste auf der Welt. „Was tust du da?“ Mira stieß das Schwert zurück in die Scheide und band es sich mit einem Lederband, das an der Hülle befestigt war, um die Hüfte. „Ich will dieses Schwert. Es ist wie für mich gemacht. Und was hast du gefunden?“ „Ich weis nicht. Ich glaube es ist eine Art Zauberstab. Schon seltsam, dass so schöne Sachen in diesem kleinen Dorf zu finden sind.“ Erst jetzt bemerkte Mira, dass das obere Ende des Stabs wie ein Drachenkopf geformt war und Smaragde als Augen hatte. „Wollen wir zu Ian gehen und ihn fragen, was er für die Waffen haben will?“ wollte Selina wissen und blickte zu ihrer Freundin, als diese wie versteinert stehen blieb. „Was hast du, Mizu?“ „Erst einmal heiße ich immer noch Mira und zweitens: Womit willst du das da bezahlen?“ „Macht Euch da keine Gedanken, Mizu.“ Ian trat zu ihr und schaute verwirrt auf die Waffen, die die beiden Mädchen sich ausgesucht hatten. „Welcher Schmied kann schon von sich sagen, dass er die Wächterinnen ausstatten durfte. Ich schenke euch die Waffen.“ „Woher habt Ihr dieses Schwert?“ wollte Mira wissen, leicht verärgert, dass jeder sie mit diesem neuen Namen ansprach. „Ähmm…“ Verlegen sah der Schmied auf die Erde. „Ich weis nicht. Ich habe sie ehrlich gesagt noch nie zuvor gesehen.“ „Wir nehmen sie gerne an, Danke Ian“ versicherte Selina ihm schnell, bevor Mira etwas Gegenteiliges sagen konnte. „Das freut mich.“ Erleichtert blickte der Schmied die Rothaarige an. „Mizu, Ray, habt ihr Waffen gefunden, die euch gefallen?“ schallte Falkens Stimme durch die Schmiede. „Ja, wir kommen“ rief Selina zurück und lief aus dem Gebäude. Langsam folgte ihr die Schwarzhaarige und blieb im Schatten stehen, als sie sah, dass sich noch mehr Menschen um ihre Freundin und ihre selbsternannten Beschützer versammelt hatten. „Verbergt Eure Zeichen, Mizu. Jeder der sie sieht wird so reagieren.“ Mira erschrak als Ian plötzlich neben sie trat. „Danke für die Warnung, Ian. Ich werde sie beherzigen“ versicherte die junge Frau und trat in das Licht der Sonne. Sofort flogen alle Blicke zu ihr und dem Schwert, das sie um die Hüfte trug. „Wann brechen wir auf?“ wollte sie wissen. „Wir werden noch einige Vorräte besorgen und dann können wir aufbrechen“ versicherte Marlen ihr schnell, während Falken sich in Richtung Dorfzentrum ging. „Verzeiht, junge Mann, aber Ihr solltet Euren Begleiterinnen Mäntel verschaffen. Es wird immer kälter und ich hab’s in den Knochen, dass es bald Frost gibt“ mischte sich ein alter Mann mit krummem Rücken, Glatze und Krückstock ein. Sein Gesicht sah aus wie altes Leder, doch die leuchtenden grauen Augen erinnerten an einen jungen Mann. „Habt Dank, Väterchen. Ich werde Euren Rat beherzigen. Ihr wisst nicht zufällig, wo ich solche Mäntel finden kann?“ Das Väterchen nahm eine sehnige Hand legte sie sich aufs Herz. „Junger Mann, ich würde mich geehrt fühlen, wenn mein Schwiegersohn Loki Euch diese Mäntel zur Verfügung stellen dürfte. Ihr findet ihn gleich neben Sams Gasthaus. Sagt ihm, dass Balthasar Euch schickt und Euch die besten Mäntel versprochen hat, die er hat.“ „Ich danke Euch von Herzen, Balthasar“ erwiderte Marlen und verneigte sich vor dem kleinen Mann. „Balthasar? Was ist das denn für ein Name?“ flüsterte Selina ihrer Freundin zu. Diese zuckte nur mit den Achseln und ging Marlen hinterher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)