Marian von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 2 Teil 2 --------------------------- Marian trat näher und musterte ihn. Sein Haar ruhte auf seinen Schultern, nur ein paar lange rote Strähnen fielen ihm ins Gesicht. Seine Züge wirkten entspannt und er wirkte zu m ersten Mal auf Marian so jung wie er wirklich war: 20 Jahre. Er war der jüngste Ritter, den König Richard jemals aufgenommen hatte und üblicherweise schätzte man ihn auf Anfang 24, denn er hielt sich mit einer Würde, die eines Ritters angemessen war, und trug zumeist eine nachdenkliche Miene zur Schau. Nur wenn er lachte oder, wie hier, schlief, konnte man sein wahres Alter, seine Jugend erkennen. Gilbert hatte die Beine auf einem Schemel ausgestreckt und die Arme vor der Brust verschränkt. Sein Mantel, den er wie eine Decke über sich gelegt hatte, war von seinen Schultern herabgeglitten und hing von seinen Beinen auf den Boden herab. Marian bückte sich, fasste den Mantel und schickte sich an, ihn um Gilberts Schultern zu legen, als dieser ihre Handgelenke umfasste, die Augen aufschlug und ihr die Arme hinter den Rücken zwang. “Gilbert, Du tust mir weh!” Gilbert zwinkerte ein paar Male, wie um sich zu vergewissern, dass er wirklich wach war, und ließ Marian los. “Entschuldige, Marian, ich habe nicht gemerkt, dass Du es bist. Meine Reflexe sind mit mir durchgegangen.” Verlegen kratzte er sich hinterm Ohr. “Nun, Deine Reflexe scheinen gut ausgeprägt, Du bist pfeilschnell.” Marian rieb sich die Handgelenke und lächelte Gilbert verschmitzt an. War das tatsächlich Röte, die ihm da in die Wangen stieg? “Was machst Du eigentlich hier? Warum schläfst Du nicht?”, fragte er. Nur war es Marian, die rot wurde. “Es gibt da einiges, über das ich grübele. Ich möchte eine bisschen an die frische Luft, um auf andere Gedanken zu kommen. Ich werde nur kurz über den Wehrgang gehen. Bitte setz dich und schlaf weiter.” “Marian, nein, Du weisst, dass ich Dich nicht allein lassen kann. Ich werde Dich begleiten.” “Oh Gilbert, nicht schon wieder dieses Thema. Um diese Uhrzeit kann ich nun wirklich einmal allein vor die Tür.” “Das kommt nicht in Frage. Gerade um diese Uhrzeit gehst Du mir nirgends allein hin, auch wenn es nur im Schloss ist.” Das schien für Marian das Fass zum Überlaufen zu bringen. Sie tat einen Schritt auf Gilbert zu. “Das hast Du nicht zu entscheiden. Du benimmst Dich, als wäre ich Deine Gefangene, aber dem ist nicht so, Hauptmann. Ihr seid es, der mir zu gehorchen hat. Merkt Euch das.” Sie stieß Gilbert zurück und er sackte auf den Stuhl, während das aufgebrachte Mädchen aus der Tür stürmte. Marian lief durch das Labyrinth der Gänge, kümmerte sich nicht um verstutzte Wachen, die ihr alle paar Ecken hinterher schauten. Sie erreichte den Wehrgang. Auch hier saß ein Wachmann vor der Tür, aber er schlief, eingenickt wie Gilbert. Sie schlich durch die Tür, trat auf den Gang hoch oben über dem Schlosstor und atmete die frische Luft. Stille lag über dem Schlosshof und Marian betrachtete den Wald in der Ferne. Dort waren alle ihre Freunde, beinahe alle Menschen, die ihr im Leben etwas bedeuteten. Sie würde alles geben, um wieder an diesen Ort zurückkehren zu können, doch sie wusste, dass es nicht möglich war. Selbst wenn Sie sich gegen die Expedition entschied, würde sie nicht in Nottingham bleiben können. Wahrscheinlich würde sie mit dem königlichen Hofstaat wirklich nach Lutezia ziehen müssen. Der Gedanke, ständig mit dem Zeremoniell und unter Beaufsichtigung leben zu müssen, war ihr zutiefst zuwider. Nein, sie wollte das Leben in Freiheit verbringen und wenn sie nicht so frei sein konnte, wie ihre Freunde im Wald, dann würde sie alles tun, um wenigstens so frei zu sein wie möglich. Marian hatte sich endlich entschieden. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie in den Mond hinauf sah. Ein Rascheln zu ihrer Rechten holte sie aus ihren Gedanken zurück. Sie erspähte Gilbert, der, an die hüfthohe Mauer des Zinnen gelehnt, dastand. Eigentlich wollte sie immer noch wütend sein, doch die endlich getroffene Entscheidung hatte ihr das Herz so leicht gemacht, dass sie ihm ein Lächeln schenkte. “Es tut mir leid, dass ich dich vorhin so angefahren habe”, sagte sie. “Nein, mir tut es leid.” Mit ein paar langen Schritten kam Gilbert auf sie zu, nahm seinen Umhang ab und legte ihn Marian um die Schultern. Für einen kurzen Moment spürte sie seine warmen Hände auf ihren Schultern und sie fühlte sich so ruhig und geborgen wie lange nicht. Gilbert musterte ihr vom Mond beschienenes Gesicht. “Du wirkst sehr viel ruhiger als in den letzten Tagen. Gibt es einen Grund dafür?” “Ja, den gibt es.” “Willst Du darüber reden?” “Mmh, weisst Du, ich habe endlich eine Entscheidung getroffen.” “Eine Entscheidung?” “Ja. Minerva hatte mich vor die Wahl gestellt, mit auf Expedition zu kommen oder in England zu bleiben.” “Sie hat Dir die Wahl gelassen? Aber der König hatte Dir Doch bereits den Befehl erteilt, wie kann sie Dich dann noch wählen lassen?” “Sie meinte, dass sie die Führerin der Karawane sei und nicht einmal seine Majestät sie dazu zwingen könnte, jemanden unfreiwillig mitzunehmen.” Gilberts Herz pochte schneller. Konnte es sein, dass Marian sich dem König widersetzen würde? Seine Hoffnung keimte, doch Marian zerschlug sie mit den Worten, “Ich habe mich entschieden, mit Minerva zu gehen.” Gilbert schwieg und schaute in die Weite hinaus. Er erinnerte sich, wie er vor drei Jahren an derselben Stelle gestanden hatte, hoch auf den Zinnen, und den Mond angeheult hatte vor Schmerz, Schmerz, den ihm Marian bereitet hatte. Wehmütig dachte er, dass sich die Dinge zu wenig verändert hatten. “Was hast Du, Gilbert?” Marians Stimme drang an sein Ohr. Er zwang sein Gesicht in ein Schmunzeln und sah sie wieder an. “Bist Du sicher, dass es die richtige Entscheidung ist?” “Meinst Du denn, es wäre falsch, mit zu gehen?” “Ja, natürlich. Marian, ich glaube du begibst Dich in viel zu große Gefahr.” Gilbert sah ihr tief in die Augen. “Und was ist, wenn Du nicht wiederkehren solltest? Marian, Deine Eltern wären am Boden zerstört, auch Robin und die anderen und… auch ich.” Seine letzten Worte waren kaum ein Flüstern gewesen. Marian schloss die Augen, um seinem brennendem Blick auszuweichen. Sie musste klar denken können. Was wäre wenn Sie hierbliebe? Sie würde weiterleben wie bisher: ein Vogel im goldenen Käfig. Ging sie mit Minerva, konnte sie frei sein und dann noch immer zurückkehren. Sie würde ein behütetes Leben in England führen, doch zuvor würde sie wenigstens etwas erlebt haben, erfahren haben was es heißt, frei zu sein. Sie raffte alle Überwindung zusammen, öffnete die Augen und sagte zu Gilbert, “Verzeih mir, ich muss gehen.” Damit ging sie an ihm vorbei und ließ Gilbert allein auf dem Wehrgang zurück. Er starrte noch lange ins Leere und merkte erst einige Minuten später, dass er seinen Umhang wieder in der Hand hielt. Marian hatte ihn ihm zurück gegeben. Am folgenden Tag unterrichtete sie Minerva über ihren Entschluss. Minerva freute sich ehrlich über die Nachricht, dass Marian mit auf die Expedition gehen würde. “Es wird wunderbar, das verspreche ich dir. Du wirst so vieles sehen, dass es Dein Leben verändern wird. Abgesehen davon bin ich beruhigt, noch eine intelligente Frau mit auf Reisen zu haben” sagte Minerva. Marian fühlte sich geschmeichelt und es half ihr dabei, nach vorne zu schauen und sich auf die Reise vorzubereiten. Zwei Wochen vergingen im Flug mit packen, letzte Lektionen von Monsieur Valois und Abschieden von Verwandten und Freunden. Nur eines bedrückte Marian: Ihre Freunde aus dem Wald kamen nicht um sich zu verabschieden. Sie schickte immer wieder Briefe in den Wald, in denen sie vor allem Robin und Winnifred zu sich bat, doch niemand kam, um sie zu besuchen. Sie rang mit sich, Gilbert zu fragen, doch seit dem Vorfall auf den Zinnen hatten sie kein Wort gewechselt. Es war der Abend des offiziellen Abschiedsfestes und noch immer war keiner ihrer Freunde aufgetaucht. Im Gewirr der vielen Menschen hatte Marian gehofft, ein vertrautes Gesicht zu erspähen, doch so sehr sie auch um sich schaute, sie sah niemanden. Der offizielle Teil des Abends war schon lange vorbei und Marian hatte sich unter die Leute gemischt. Von hinten legte sich eine Hand auf ihre Schulter. Sie drehte sich um und schaute Cleo in die Augen. “Na, wie geht´s? Amüsierst Du Dich?”, fragte Cleo. “Eher weniger. Sag, Cleo, hast Du Robin und die anderen aus dem Wald gesehen?” “Nein.” Cleo versteckte ihren Mund hinter der Hand und kicherte. “Was ist daran so lustig?” “Ach, Du wirst schon sehen. Komm mit.” Damit schnappte Cleo Marian am Arm und zog sie mit sich mit. Sie schlängelten sich aus der Menge heraus, in sicherem Abstand zu Marians Eltern und ihrem Lehrer. Nach hundert Ecken und Winkeln kamen sie an eine Kutsche, die von vier Reitern eingerahmt war, zwei hinter, zwei vor der Kutsche. Es waren die Ritter der Schwarzen Rose, Gilbert saß auf seinem Pferd Schwarzer Drache hinter der Kutsche. Alle lächelten Marian an und sie begann zu begreifen. “Wirklich?”, fragte sie in einer Mischung aus Freude und Rührung. “Ihr habt doch nicht etwa geglaubt, man würde Euch unverabschiedet gehen lassen, Lady Marian?”, fragte Ritter Gruhl. “Ich habe schon sehr gezweifelt, das muss ich zugeben”, sagte Marian. “Na, jetzt müssen wir uns aber beeilen, sonst kommst Du noch zu spät zu Deiner eigenen Abschiedsparty”, erinnerte Cleo an den Aufbruch. Marian hatte gerade noch Zeit, Gilbert anzulächeln, der ihr zunickte, als Cleo sie schon in die Kutsche schubste. Die Kutsche reihte sich hinter einer anderen ein, die das Schloss gerade verließ. “Werden mich Monsieur Valois und meine Eltern nicht suchen?“ “Nein, ich habe Deiner Mutter gesagt, dass Du Kopfweh hast und Dich hingelegt hast. Außerdem sagte ich ihr, dass ich bei Dir im Zimmer schlafen würde und dass einer der Ritter Wache halten wird. Übrigens sitzt in diesem Moment wirklich ein Ritter vor Deiner Tür und schickt jeden weg, der dich sehen will.” “Klasse, Du bist wirklich clever.” Die Mädchen lachten zusammen. Die Kutsche fuhr unbehelligt bis in den Wald. Es war still und ganz dunkel, als sie die Bäume erreichten. Einige Minuten fuhren sie vor sich hin, bis Lichter auftauchten, die die Kutsche umzingelten. Marian und Cleo hörten Schreie, die immer näher kamen, die Ritter zückten ihre Schwerter und versuchten, die Angreifer abzuwehren, doch einige klammerten sich an die Kutsche und brachten sie zum Schwanken. Die Mädchen im Inneren schrien um Hilfe. Dann übertönte eine sonore Stimme alles Getöse: “Also gut. Ihr seid uns schon einmal entkommen, steigt aus der Kutsche und ergebt Euch. Eure Wachen haben wir überwältigt.” -------------------------------------- Hier ein kleines aber schnelles Update. Ich freue mich über Kommentare jeglicher Art. Gruß, Cat Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)