Māomī von abgemeldet (Kai x Rei) ================================================================================ Prolog: Hēi'àn - Finsternis --------------------------- Übersetzung: Māomī - Kätzchen Disclaimer: Ich verdiene weder Geld mit dieser Geschichte, noch gehört (außer der Idee) irgendetwas davon mir. ~*~ Shànghǎi. So hieß diese in Finsternis versunkene Stadt einmal vor langer Zeit - doch die meisten Menschen kannten diesen Namen nicht einmal mehr. Für sie war dies nur ein Ort, an den sich Wesen zurückzogen, die entweder nicht gefunden werden wollten oder die unfreiwillige Gäste dieser verwüsteten Stadt waren. Zu letzteren gehörte Rei. Die bernsteinfarbenen Augen des Neko-jin blickten ausdruckslos auf die Wand vor ihm. Er versuchte nicht zu denken, die Kälte zu ignorieren, die schon seit langer Zeit Besitz von seinem Körper ergriffen hatte. Er wusste nicht, wie lange er hier schon saß, ob es Tag war oder Nacht, ob die weit entfernt zu vernehmenden Schreie Einbildung waren oder Realität, wann er aufgegeben hatte... Er wusste es einfach nicht. Er meinte sich zu erinnern, dass da einmal noch etwas anderes gewesen war. In seltenen Augenblicken hörte er Stimmen, die fröhlich in seinen Ohren klangen. Er fühlte tief in seinem Herzen so etwas wie Wärme, die Nähe anderer, Anderer wie er... Aber außer ihm gab es nur Menschen hier. Er hatte nicht viele von ihnen zu Gesicht bekommen und kannte weder ihre Beweggründe, noch ihre Namen, doch er wusste, dass sie ihn von diesem früheren Leben getrennt hatten. Wut empfand er trotz dieses Wissens schon lange nicht mehr - nur noch Leere und Gleichgültigkeit beherrschten die Gedanken des Neko-jins... Außer Kälte, Hunger und Trostlosigkeit gaben sie Rei nur eines: Regeln. Sie hatten sie nicht ausgesprochen, sie ihm nicht erklärt, aber er wurde bestraft, wenn er eine von ihnen brach. Er musste sie oft gebrochen haben, so wie sie ihn behandelten. Er durfte nicht reden, obwohl er sich sicher war, dass er es einmal gekonnt hatte und er durfte sich nicht vom Fleck bewegen, wenn er nicht dazu aufgefordert wurde... Überhaupt durfte er nicht viel aus freiem Willen tun. Rei verstand noch immer nicht, woher die Menschen sich das Recht nahmen über ihn zu bestimmen, doch er stellte es nicht mehr allzu oft in Frage, weil er schlicht und ergreifend keine andere Wahl hatte, als sein Schicksal so hinzunehmen, wie es war. Draußen donnerte es in regelmäßigen Abständen. Der Regen peitschte gegen das undichte Mauerwerk und Rei schloss resignierend die Augen. Lieber würde er jetzt draußen um sein Überleben kämpfen, als diese Ungewissheit ertragen zu müssen. Was hatte man mit ihm vor? Die Stadt am Abgrund, so nannte man das ehemalige Shànghǎi im Jahre 3076 - Hier war sie, die Geburtsstätte der Finsternis. Kapitel 1: Bùxìnrèn - Misstrauen -------------------------------- A/N: Wer eine ENS bei einem neuen Kapitel-Upload haben will, bitte melden! - Diese Ff ist von keiner Beta korrektur gelesen worden... Wenn ihr also Fehler findet, wäre ich dankbar für eine kleine Rückmeldung ^__^° Ich habe euch eine halbe Ewigkeit warten lassen... Ich hoffe ihr verzeit mir... T__T ~*~ Es war der Abend des 12. Dezembers und die seit Jahrzehnten unter Wasser gesetzten Straßen Juntagás waren vollkommen zugefroren. Im Jahrtausend des technischen Fortschritts und der Umweltkatastrophen fand das Leben in den meisten Teilen der Welt nur noch selten im Freien statt. Die Menschen hatten es kommen sehen; Wissenschaftler, kluge Köpfe der Jahrhunderte hatten prophezeit was nun die Realität für die Masse der Lebewesen bedeutete. Und während in dem riesigen Loft des Window Castle, dem wohl teuersten Hotel dieser Stadt, eine rauschende Party stattfand, blickten ein Paar bernsteinfarbener Augen den vereinzelten Schneeflocken hinterher, die vor seinen Augen langsam in der Schwärze der Nacht verschwanden. Rei wusste nicht in welchem Stockwerk er sich befand, aber er war sich ziemlich sicher, in seinem ganzen Leben noch nie in einem so hohen Gebäude gewesen zu sein. Auch wenn er sich an den Großteil seines früheren Lebens nicht mehr erinnerte. „Nova, nimm’ deine Hände von der Scheibe, so werden sie ja ganz dreckig.“ Rei zuckte leicht zusammen als er Boris' tiefe, leicht ironisch klingende Stimme so nah hinter sich hörte. Warum hatte er ihn schon wieder nicht kommen hören? Er hatte mal wieder nicht aufgepasst, war mal wieder unkonzentriert gewesen. Allerdings war Boris auch nicht leicht zu bemerken, wenn dieser es nicht wollte. Der junge Erbe eines Firmenimperiums war eher der schweigsame Typ und hatte dazu passend eine ebenso leise Gangart. "Schatten" nannte Rei ihn. In Gedanken – immer nur in Gedanken – nannte er ihn so, denn Sprechen durfte er ja nicht... Und er war sich auch nicht sicher, ob er dies überhaupt noch konnte. Die ständige Beobachtung ließ nicht zu, dass er es einmal ausprobierte. Und selbst wenn er die Gelegenheit dazu gehabt hätte... Rei fühlte, tief in seinem Innersten, dass er keinen Mut mehr hatte, an etwas zu glauben, an Vergangenes zu denken. Vorsichtig lugte Rei unter seinen langen schwarzen Haaren hervor. Boris blickte ihn gleichzeitig aus dem Augenwinkel heraus an. Schnell nahm Rei nun auch endlich die Hände von der Scheibe. Boris war ihm manchmal unheimlich. Er sprach oft mit Rei, wie er auch mit anderen Menschen sprach. Nur wieso? Jeder andere hier sah in Rei nur ein kostspieliges, niedliches Haustier, das manchmal auch als Mädchen für alles herhalten musste, ein Statussymbol der Reichen. Neko-jins waren teuer – ihre ihnen aufwendig beigebrachte Schauspielkunst hatte ihren Preis. Boris nippte an seinem Glas Champagner und beobachtete durch die Scheibe hindurch weiterhin Nova, der versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass er sich von ihm beobachtet fühlte. Boris war sich sicher, dass Neko-jins keinesfalls so primitive Wesen waren, wie die Medien sie zu verkaufen versuchten. Warum sollten sie gleichzeitig verstehen können, was Menschen ihnen befahlen, aber auf der anderen Seite keinen Wert auf ihre Freiheit legen? Warum sollte ein Lebewesen Anweisungen und Befehle verstehen können, aber gleichzeitig zu hilflos sein, um selbstständig und selbst verantwortlich zu leben? Novas Haare waren schwärzer als die Nacht, die sich außerhalb des Gebäudes des Tages bemächtigt hatte, doch seine bernsteinfarbenen Augen strahlten dafür nur umso heller - obgleich sie oft auch von Zeit zu Zeit abgestumpft wirkten. Sah' denn keiner, was hier geschah? Oder wollte es keiner sehen? Wie Schuppen war es Boris von den Augen gefallen, als er Sais kleines Spielzeug, ihr "Haustier" Nova, zum ersten Mal gesehen hatte. Es bestand absolut kein Zweifel, dass es sich bei diesem Neji - so kürzten die Menschen die Rassenbezeichnung der Neko-jin gerne ab - um Rei Ninlee Kari Nebû handelte - Maos jüngeren Ziehbruder. 14 Jahre der Suche hatten mit dieser Erkenntnis für die aufbrausende, aber auch liebevolle junge Frau ein Ende gehabt. Und doch fingen an diesem Punkt die Probleme erst wirklich an. Der nun Achtzehnjährige war, wie so viele vor ihm, ein weiteres Opfer des Systems geworden. Boris seufzte. Wie sollte es nun weiter gehen? Mao, bei ihm zu Hause, war in eine erschreckend düstere Stimmung verfallen, als sie realisiert hatte, dass Boris' Fund nur ein kleiner Funke war, in der Hoffnung die sie hegte. Sie hatte Rei beschützen wollen, für ihn da sein wollen, ihm alles ersetzen wollen, was er verloren hatte. Und dabei hatte sie sich keine Sekunde über ihren eigenen Verlust beklagt. Zehn Jahre alt war sie gewesen und Rei vier, als ein jeder, der ihnen vertraut gewesen war aus ihrem Leben gerissen wurde. Hinein gezogen in das System von Rabastan. Unterstützt von der willigen Blindheit der Menschen, die die Nejis kauften (und manches Mal auch behandelten), als seien sie Gegenstände. Wenn Mao an manchen Tagen von der Stille erdrückt wurde, die Boris hinterließ, wenn er einmal nicht da war, drohte sie ihr Kummer auf zu fressen. Aber sie kämpfte weiter. Für Rei. Für Jins und Shorús Kind. Für alles, was sie noch hatte. Seit beinahe zwei Wochen grübelte Boris schon darüber nach, wie er Rei aus der Familie Hiwatari befreien konnte. Doch seine Gedanken drehten sich im Kreis. Tetzu und Joanne Hiwatari verbrachten selten viel Zeit an ein und demselben Ort. Ihr Leben war ihre Karriere, sie lebten für ihre Hotels und für ihr Geld. Warum dieses Ehepaar zwei Kinder gezeugt hatte, war Boris ein Rätsel. Sai kompensierte die fehlende Zeit und Liebe ihrer Eltern damit deren Geld auszugeben. Ihr Lebensinhalt war alles zu besitzen, was man besitzen konnte - wie eben auch Rei, beziehungsweise Nova, der ein sehr teures Exemplar unter den Nejis gewesen war. Sie würde ihn unter keinen Umständen hergeben, ließ ihn streng überwachen. Boris war sich sicher, dass sie Rei zusätzlich irgendwo unter die Haut einen Ortungschip hat setzen lassen... Einen, den man sicherlich nicht einmal mit der modernsten Technik so leicht finden und unschädlich machen konnte. Und dann war da noch Kai. Kai Hiwatari war 23 Jahre alt und der Sohn, den seine Eltern nie gewollt hatten. Er hielt nichts vom neuen Adel und auch nichts von den Geschäften seiner Eltern. Und dennoch hatte er nie eine andere Wahl gehabt, als sich ihrem Willen zu beugen und in ihre Geschäfte einzusteigen. In dieser neuen, düsteren Welt kämpfte man entweder um sein Überleben, oder gab sein Geld mit vollen Händen aus. Dazwischen gab es fast nichts mehr. Eine Gesellschaft der Ärmsten der Armen, der Reichen und derer, die sich ihnen anpassten. "Nova? Nova!" Sais durchdringende Stimme schallte durch den Bankettsaal und einige konservativ gekleidete Herrschaften simulierten ein Lächeln. Der Tochter einer so reichen Familie konnte man ein solch ungestümes Verhalten doch schließlich nachsehen, oder? Rei hingegen zuckte fast unmerklich zusammen, als er sich umdrehte und dank seiner hervorragenden Augen Sais wütendes Gesicht erblickte. Widerwillig erhob er sich und schlich mehr, als das er ging, zu seiner Besitzerin. Die roten Augen blitzten ärgerlich auf, als sie Rei erblickten und der Neji ahnte nichts Gutes. Manches Mal hatte er das Gefühl nur ein Objekt zu sein, mit dem man bei anderen Menschen Eindruck schinden konnte. Denn oftmals rief Sai Rei nur, wenn sie ihn ihren vermeintlichen Freundinnen vorführen wollte, die ihn dann auch ganz entzückt betrachteten. Ansonsten war Rei so etwas wie der persönliche Diener der verwöhnten Vierzehnjährigen. Sicherlich würde sie ihn trotzdem nicht so schnell wieder hergeben, denn Rei war einer ihrer wertvollsten Besitztümer. Und alles, was Sais Reichtum nach außen hin unterstrich, würde in ihrer Sammlung bleiben. Teures Mobiliar, maßgeschneiderte Kleider, seltene Gemälde, wertvolle Bücher, die sie nie gelesen hatte und eben Rei. Doch der Neji konnte und wollte sich nicht beklagen. Dort, wo er herkam, war es um einiges düsterer gewesen, als bei den Hiwataris. Während Rei vor Sais Gästen den wohlerzogenen Neji spielen musste, folgte ihn ein weiteres Paar tiefroter Augen, welche nicht Sai gehörten. Kai hatte lange Zeit keinen einzigen Blick für den Schwarzhaarigen übrig gehabt... Und doch stand er nun in einer abgelegenen Ecke des Saals und beobachtete jede Bewegung des Neko-jin. Ohne dass er es hätte verhindern können, kamen ihm dabei Boris' Worte in den Sinn. Seine Worte über die Ausbeutung einer ganzen Rasse, die sich nicht wehren konnte. Der Blauhaarige hatte nie viel übrig gehabt für derlei Verschwörungstheorien. Doch das was sein langjähriger Freund ihm vor einigen Tagen erzählt hatte, unterstützte seinen Glauben in das Schlechte im Menschen. Hatte Rabastan wirklich die gesamte restliche Menschheit an der Nase herum geführt und eine unschuldige Rasse ihrer Identität beraubt, um sie als Spielzeug zu verkaufen? Lange Zeit hätte Kai nicht einmal sagen können, welche Augenfarbe Nova besaß. Doch nun hatte er das Gefühl, dass er blind gewesen sein musste. Nova konnte gar nicht so einfach gestrickt sein, wie er es hätte laut Rabastan sein sollen. Sein Verhalten war zu menschlich, seine Mimik zu gefühlvoll... Sie sprach Bände, wenn man denn einmal genauer hinsah. Wie ein Idiot hatte Kai sich gefühlt, seit diese Erkenntnis aus seinem Unterbewusstsein an die Oberfläche gesickert war. "Was denkst du?" Kai musste sich zusammen reißen um sich nicht erschrocken um zudrehen. Seit er Boris kannte, hasste er die Tatsache, dass er ihn nie kommen hörte. Trotzdem antwortete Kai leise. "Ich denke, an deiner Theorie könnte etwas dran sein." Boris Mundwinkel zuckten kurz, als wolle er lächeln. So einfach hatte er es sich nicht vorgestellt. Eigentlich interessierte Kai nichts, was auch nur entfernt irgendwie mit seiner Familie zu tun hatte. Kai drehte sich halb zu Boris um. "Aber wie kommst du auf deine Vermutung?" Diese Frage hatte Kai schon seit geraumer Zeit beschäftigt. Boris grinste sein unvergleichlich überlegenes ich-weiß-eben-mehr-als-du Grinsen. "Ich habe da so meine Quellen." Kai ließ sich nicht irritieren. "Wenn ich dir helfen soll, dann musst du schon ein wenig genauer werden." Boris Grinsen erstarb schlagartig. Er konnte Kai nicht einfach von Mao erzählen. Das Risiko war viel zu groß. Zwar waren Kai, Yuriy und er schon lange in gewisser Art und Weise befreundet, doch Boris tat sich trotzdem schwer Kai eine so wichtige Information anzuvertrauen. Mao war ihm mehr als eine Freundin geworden. Sie war dass absolut wichtigste in seinem Leben... Wie konnte er dass riskieren? Doch Mao würde erst glücklich werden, wenn sie Rei in ihre Arme schließen konnte und dafür brauchte Boris Kai um an sie heran zu kommen. Sai war ein kompliziertes Mädchen und der Jüngere der einzige, der so etwas wie eine Bedienungsanleitung für seine Schwester besaß. Die Blondine hatte vor nichts Respekt, außer vor ihrem großen Bruder. Eine Tatsache, die selbst Kai manchmal überraschte. Wahrscheinlich, so hatte Yuriy es einmal vermutet, war sie ein wenig eifersüchtig darauf, dass Kai die Meinung anderer egal war und er (soweit es eben ging) seine eigene Richtung einschlug. Auch wenn Boris Mimik oft ein Buch mit sieben Siegeln war. Jetzt gerade konnte Kai deutlich den inneren Kampf sehen, der in dem Älteren tobte. Ergeben rollte er mit den Augen und trank den letzten Rest Baileys aus seinem Glas in einem Zug leer. Auch wenn Kai nicht wusste, welche Intention Boris verfolgte, er hatte schon vor Stunden beschlossen den Dingen auf den Grund zu gehen und heraus zu finden, was sich hinter den bernsteinfarbenen Augen Novas verbarg. "Ich werd' sehen, was sich machen lässt." Boris blickte Kai überrascht hinterher, welcher seine Schritte in Richtung Sai und ihren Gästen lenkte. Ein angedeutetes Lächeln schlich sich auf seine blassen Lippen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)