Diener der Nacht von myrys84 ================================================================================ Kapitel 16: Kapitel 16 - Verrat ------------------------------- Kapitel 16 Verrat "Ich kann es nicht fassen. Bin ich denn hier ausschließlich von dreckigen kleinen Verrätern umgeben?", zischte Ibliis. Bedrohlich kam er auf sie zu. Sein Blick fiel auf Gabriel, den Jérôme mittlerweile abgesetzt hatte, ihn jedoch beschützend festhielt. "Was tust DU noch hier?", fragte er. "Akin hätte dich längst ins Jenseits befördern müssen, noch dazu, wo doch deine Todesmeldung im Fernsehen kam…" "Lass die beiden in Ruhe, Zahir, die sind nicht dein Problem. Es war ein Teil meines Plans, dass du das glaubst", antwortete Akin lässig und steckte sich eine Zigarette an. "Scheint ja so, als hättest du mich erwischt." "Was für eine kleine Schlange habe ich da nur all die Jahre in meiner Nähe geduldet und habe es nicht erkannt", stöhnte Ibliis, sich langsam zu Akin umdrehend. "Tja, dann hättest du dieser Schlange die Giftzähne ziehen müssen bevor sie dich beißt. Selbst schuld", erwiderte der junge Mann lässig und blies dabei kleine Rauchwölkchen aus. "Und was soll ich jetzt deiner Meinung nach mit dir machen, Akin?", wollte sein Herr in einem Ton wissen, als spreche er mit einem kleinen ungezogenen Kind. "Nun ja, die Folterkammer liegt ohnehin schon auf unserem Weg. Ich bring die beiden nur schnell raus, dann darfst du mich gerne die ganze Nacht lang vermöbeln", schlug Akin in lässigem Ton vor. "Das hättest du wohl gerne, was? Nein, für dich weiß ich eine viel schlimmere Strafe", sagte Ibliis langsam und drohend. "Akin, du bist entlassen." Dieser zog lässig an seiner Zigarette und blies den Rauch aus, während er dem Bärtigen fest in die Augen sah. "Weißt du, für diesen Fall habe ich vorgesorgt", sagte er schließlich. Er zog einen ordentlich gefalteten Bogen Papier aus seiner Jacke den er seinem Herrn reichte. "Ich kündige", grinste er hinterhältig. Ibliis entfaltete den Brief und las ihn kurz durch. "Tatsache, eine Kündigung…", murmelte er etwas überrascht, doch dann schmunzelte er. "Du kommst nicht von mir los, Akin. Achthundert Jahre lang hast du mich immer und überall hin begleitet. Ich gebe dir höchstens ein paar Monate, dann stehst du winselnd vor meiner Tür und bettelst mich an, dich wieder aufzunehmen." "Von mir aus, rede es dir schön, Zahir. Aber ich denke, es ist eher umgekehrt. Ohne mich bringst du keinen Fuß mehr auf die Erde. Du bist alt, körperlich wie auch geistig." "Gegen körperlich muss ich ganz klar Widerspruch einlegen", warf Jérôme ein, was ihm sowohl von Gabriel als auch Akin ein lautes "Klappe halten!" einbrachte. Er verstummte augenblicklich und Akin fuhr fort, als wäre er nie unterbrochen worden: "Ich glaube, die Pyramiden müssen in deiner Jugend moderne Architektur oder so was gewesen sein. Jedenfalls hast du irgendwann vor einigen Jahrhunderten aufgehört, dich weiterzuentwickeln. Überleg doch mal. Wer schmeißt denn den Laden hier? Wer kümmert sich um die Geschäftsabschlüsse, die Buchhaltung, das Personal, ja sogar die Nahrungsbeschaffung, hm? Wer ist deine Verbindung zur Außenwelt? Ja, das bin ich. Du bist vollkommen von mir abhängig. Im Vordergrund bist es zwar du, den die Menschen fürchten, jedoch schmückst du dich mit fremden Federn. Meinen." "Und du glaubst, du kommst damit einfach so durch?", meinte Ibliis, jedoch wirkte sein überhebliches Lächeln sehr aufgesetzt. "Natürlich. Und ich kann dich nicht nur zurücklassen. Ich glaube, es würde gewisse Leute sehr interessieren, dass du mit den ganzen Verschwinden von jungen Männern zu tun hast. Nicht nur, dass du sie getötet hast, nein, du hast etwas getan, worauf hierzulande die Todesstrafe steht. Nicht, dass man dich damit bedrohen könnte, es wäre jedoch unheimlich interessant, das mit zu verfolgen. Sag mal, wächst dir eigentlich ein neuer Kopf wenn dir der alte abgeschlagen wird?", gab Akin cool zurück. "Ich hätte dich kastrieren lassen und verkaufen sollen, aber nein, ich nehme dich auf und behandle dich wie meinen eigenen Sohn", stöhnte sein Schöpfer. "Wirklich, du hast eine sehr merkwürdige Art, mir deine, wie du es damals nanntest, "Liebe" zu zeigen. Ja, ich glaube, du sagtest, du seiest in Liebe zu mir entbrannt, nicht wahr? Pah, sehr groß, diese Liebe, muss ich schon sagen", sagte er überheblich. Das nächste Geräusch war ein lautes Klatschen. Gabriel und Jérôme konnten nur dastehen und fassungslos auf die Szene starren, die sich ihnen darbot. Ibliis hielt sich völlig verdutzt dreinschauend die Wange während Akin ihn wütend und mit Zornestränen in den Augen anblitzte. "Mach keine Witze darüber", zischte er. "Du wagst es, die Hand gegen mich, deinen Meister zu erheben?", sagte Ibliis mit einem bedrohlichen Glitzern in den Augen. Akin schrie ihn an: "Ex-Meister. Im Übrigen: Du kannst an allem zweifeln, Zahir, an mir, an dem was ich tue aber nicht an meiner Liebe. Aber ich habe genug. Ich hab es so satt, um deine Aufmerksamkeit zu betteln wie ein Hund, und das achthundert Jahre lang. Ich rackere mich ab, kämpfe verzweifelt um jedes noch so kleine Zeichen der Zuneigung und wenn es nur ein Lächeln ist. Was hätte ich nicht alles getan für ein freundliches Wort? Ich bin dein Vertrauter, niemand kennt dich so gut wie ich und doch bleibst du mir fremd weil du es einfach nicht fertig bringst, dich mir zu öffnen. Du lässt mich nicht in dein Herz schauen, niemals." Etwas ruhiger fuhr er fort: "Das ist jetzt vorbei. Ich weiß, es wird wehtun, aber es reicht. Ich hab genug von dir. Die Vergangenheit liegt hinter mir, ich muss endlich in die Zukunft schauen und das geht nur ohne dich." "Das sagst du nur, weil ich deinen Plan durchkreuzt habe", behauptete Ibliis. "Nein. Über kurz oder lang wäre ich gegangen. Ich weiß nicht, vielleicht wäre ich den beiden gefolgt. Wusstest du, dass ich ein Fan von Gabriel bin und dass ich ihn niemals umgebracht hätte? Nein, das wusstest du nicht. Es hat dich nie interessiert, ich war dir so egal. Gut, ich werde lernen, dass du mir ebenso egal wirst." Er drehte sich weg, doch Ibliis hielt ihn am Arm fest und drehte ihn wieder zu sich herum. "Das war es also, ja? Hast du alles gesagt, was du zu sagen hast?", fragte er. Akin nickte nur. Von Ibliis kam nur noch ein kurzes: "Gut", und im nächsten Moment verschloss er Akins Lippen mit einem Kuss. Gabriel und Jérôme schauten sich vollkommen perplex an. "Was…?", setzte Gabriel zu einer Frage an, erhielt von Jérôme jedoch nur ein ahnungsloses Achselzucken. "Was soll das?", fragte Akin mit zitternder Stimme als sich Ibliis von ihm löste. "Willst du mich etwas so überzeugen, zu bleiben?" "Ja, irgendwie schon", gab dieser zu. "Warum so plötzlich? Hat ja verdammt lang gedauert…" "Das kann ich dir selbst nicht so einfach sagen. Die Erklärung wäre ziemlich langwierig", antwortete Ibliis etwas unsicher. "Ich hab Zeit", gab Akin zurück. "Wir aber nicht", schaltete sich Jérôme dazwischen. "Wir möchten euch ja nur ungern stören, aber unsereins möchte gerne nach Hause, deswegen würde ich sagen, wir gehen dann mal." "Wer sagt, dass ich euch gehen lasse?", fragte Ibliis ernst. "Zahir", meinte Akin drohend und bohrte ihm einen Finger in die Brust. "Ich wäre der dümmste Mann der Welt, ließe ich zwei solche Schönheiten einfach ziehen." Er grinste fies. "Zusammen mit dem Kleinen hier habe ich meinen eigenen kleinen Harem." Da löste sich Akin schnell aus seinen Armen und stellte sich zu den beiden. "Nun, dann müssen wir wohl kämpfen. Jérôme und ich zusammen sind eine starke Einheit, gegen die nicht einmal du ankommst, Zahir." Er ging in Kampfposition. "Entscheide dich: Entweder mich allein oder keinen von uns." Seine braunen Augen glitzerten gefährlich. "Willst du das wirklich?", grinste der älteste Vampir. "Allerdings. Ich gebe nicht auf. Nicht jetzt. Ich will dich für mich oder gar nicht. Du hast die Wahl." Jérôme war von Akins Kampfgeist beeindruckt. Auch er stellte sich kampfbereit hin. "So sei es. Kämpfen wir um unsere Freiheit. Wenn wir es nicht schaffen, dann sterben wir bei dem Versuch." Ibliis sah misstrauisch zwischen seinen beiden Geliebten hin und her. In ihren Augen strahlte eine Entschlossenheit, die er nie zuvor gesehen hatte. Er wusste, gegen einen allein würde er jederzeit gewinnen, doch zusammen wären sie fast unschlagbar. Er rang mit sich selbst. Weder wollte er den Blonden gehen lassen, noch auf die Liebe seines Lebens verzichten. Und Jérômes schöner Geliebter wäre noch ein wunderbarer Trumpf. Doch er wusste genau, dass er, der alte, etwas eingerostete Vampir, gegen die beiden Jungspunde nicht ankam. So presste er die Lippen zusammen und sagte schließlich düster: "Gut. Einverstanden. Ich gebe auf." "Wirklich?", rief Akin überrascht. "Du lässt uns wirklich gehen?", hakte Jérôme nach. "Habe ich eine andere Wahl?", meinte Ibliis zähneknirschend. "Los, geht, bevor ich es mir anders überlege." Akin musterte ihn durchdringend. "Ist das nun wirklich dein Ernst?" Seine Haltung blieb angespannt. "Ja, verdammt. Und jetzt komm her. Ich habe beschlossen, dass du mir mehr Wert bist als ein Spielzeug, das sich sowieso niemals meinem Willen beugen wird. Obwohl es schade ist. So ein Harem mit lauter schönen Jünglingen hat doch was." Er grinste frech, wobei er Akin an sich zog. Sein Blick richtete sich auf Gabriel. "Los, nimm ihn dir und hau ab. Es sei denn, du willst ihn hier lassen." Das Grinsen war nicht aus seinem Gesicht verschwunden. "Stimmt. Wer sagt, dass ich dich mitnehme?", stimmte Gabriel zu. "Bist du das überhaupt wert?" "Was? Du willst mich nicht wirklich hier lassen, oder? Kuck doch mal, ich bin so lieb. Bitteeeee", bettelte der Blonde und riss seine blauen Augen weit auf. "Überzeug mich. Immerhin bin ich für dich um die halbe Welt gereist und das will schon was heißen", gab Gabriel zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. "Okay. Ich führ den Haushalt", schlug Jérôme vor. "Macht die Putzfrau die einmal pro Woche kommt." "Ich koche." "Bin auf Tour. Da versorgt mich wohl eher MacDo." "Ähm, okay. Hm. Ich liebe dich?" Gabriel überlegte übertrieben. "Okay, überzeugt", sagte er schließlich. "Also dann", sagte Ibliis lächelnd. "Ich seh schon, ich kann dich ja doch nicht halten. Egal, wie viel Zeit vergeht. Du haust immer wieder ab, nicht wahr?", wandte er sich an Jérôme. "Stimmt. Und ganz ehrlich: Du hast da jemanden im Arm, der viel besser zu dir passt als ich." Er zwinkerte Akin verschmitzt zu. "Dennoch, irgendwie würde mich deine Erklärung schon interessieren… Wozu hast du mich gebraucht, wenn du ihn doch liebst?", fügte er nachdenklich hinzu. "Das geht dich aber gar nichts an", erklärte Gabriel tadelnd. "Nun, nicht ganz, er ist immerhin mittelbar davon betroffen", antwortete Ibliis und fuhr fort: "Gut, dann kommt mit. Wir werden das bestimmt nicht hier im Flur besprechen." Er legte seinen Arm um Akin und bedeutete Jérôme und Gabriel, ihm zu folgen. Sie schlugen den Weg zu seinen Gemächern ein. Dort führte er sie zu einem kleinen Raum, der sehr schlicht eingerichtet war. Auf dem Boden lag ein dicker, flauschiger, dunkelroter Teppich mit vielen Sitzkissen darauf. Die Fenster, die der Silhouette nach die Form von Zwiebeltürmchen hatten, waren mit leichten bunten Stoffen verhängt und in einer Ecke machte Gabriel eine Wasserpfeife aus. "Setzt euch", bat Ibliis und sie leisteten seiner Aufforderung folge. "Es ist schwierig…", begann er. "Ich habe keine rechte Ahnung, wo ich anfangen soll." "Sag mal, Akin nannte dich vorhin bei einem anderen Namen. Er nannte dich Zahir. Ist das dein richtiger Name?", fragte Jérôme interessiert. "Ja. Stimmt, ich habe ihn dir nie gesagt. Also, mein richtiger, vollständiger Name ist Zahir Umar Ibn Dirar Ibn Bakr Al-Kharj Ibliis. Du weißt ja, dass Ibliis nur ein Spitzname ist, nicht wahr? Jedenfalls hat nur ein Mensch auf der ganzen Welt das Recht, mich mit meinem richtigen Vornamen anzusprechen und der sitzt neben mir." Er lächelte Akin zärtlich zu, welcher augenblicklich rot wurde. "Ich glaube, ich fange an dem Tag an, an dem ich Akin fand…" Er sammelte sich kurz, dann begann er, zu erzählen: "Es war zu einer Zeit, als ich mich gerade von meinem Erschaffer getrennt hatte. Wir waren viele Jahre zusammen gewesen, doch irgendwann war er meiner anscheinend überdrüssig geworden. Zu meinem Glück hatte er mich nicht völlig mittellos ziehen lassen. Er gab mir einige Kamele und ein paar Leute zur Seite. In kurzer Zeit konnte ich daraus eine ziemlich erfolgreiche Karawane aufbauen. Eines Tages erreichten wir ein Dorf, das heißt, das, was noch davon übrig war. Die Häuser waren nur noch Ruinen, völlig ausgebrannt. Die Bewohner fanden wir entweder erschlagen oder verbrannt vor, sofern wir überhaupt noch etwas von ihnen fanden. Im Grunde machten wir uns keine Hoffnungen, noch Überlebende zu finden und die Menschen, mit denen ich unterwegs war, hätten auch bestimmt niemanden gefunden, doch ich, der ich bessere Sinne als alle anderen hatte, hörte plötzlich ein ganz leises Wimmern. Diesem Wimmern folgte ich und sieh an, in einem kleinen Haus am Rande des Dorfes fand ich, begraben unter seiner toten Mutter, einen kleinen Jungen, kaum älter als sechs oder sieben Jahre." "Das war ich, stimmt' s?", fragte Akin. "Stimmt, das warst du. Du warst völlig am Ende mit deinen Kräften und doch hattest du einen solch starken Überlebensdrang, dass ich dich einfach bewundern musste. Wie es schien hattest du dort tagelang ausgehalten. Ich wusste, in dir steckte ein Kämpfer. Zugegebenermaßen dachte ich zuerst daran, was du mir einbringen würdest. Doch dann öffnetest du deine Augen. Ich war so fasziniert, dass ich nichts anderes mehr um mich herum wahrnahm. Weißt du noch, wie du mich damals genannt hast?" Akin schüttelte den Kopf, woraufhin Ibliis lächelte. "Du hast mich Engel genannt." "Das hab ich gemacht?", fragte Akin und errötete leicht. "Ja. In dem Moment ging mir das Herz auf. Ich glaube, schon in dem Moment spürte ich zum ersten Mal so etwas wie Liebe zu dir. Die Liebe zu einem Sohn, versteht sich. Ich zog dich also wie meinen Sohn auf. Doch je älter du wurdest, desto schwerer wurde es für mich, einen Sohn in dir zu sehen. Du wurdest erwachsen und dein Körper zu dem eines Mannes, das konnte ich nicht mehr ignorieren. Ich stellte fest, dass meine Gefühle zu dir den normalen, familiären Rahmen längst überschritten hatten. Wenn ich deine Stimme hörte, wurde mir ganz heiß und wenn ich deine Augen sah, konnte ich mich kaum noch beherrschen. Damals leistete ich vor mir selbst einen Schwur. Ich schwor mir, dich, mein ein und alles, meinen reinen, unschuldigen Engel, niemals zu berühren. Dann kam die Nacht, in der du mir deine Liebe gestanden hast. Mein Gott, im ersten Moment war ich so unsagbar glücklich, ich hätte die Welt umarmen können. Doch ich wusste auch, dass ich als unreine Lebensform niemals gut genug für dich sein würde. Trotzdem hoffte ich, dass genug von dem Kämpfer in dir steckte, um dennoch das Risiko zu wagen. Doch du hast aufgegeben. Das hatte ich, ehrlich gesagt, nicht erwartet. Meine Erwartung war, dass du nicht einfach kuschen sondern kämpfen und dich gegen mich durchsetzen würdest. Deshalb war ich damals so enttäuscht. Dennoch war es schwer für mich, mich dir nicht zu nähern. Der Zufall wollte es, dass wir in der Wüste einen verletzten, jungen Templer fanden, der mich von dir ablenkte." Mit einem Lächeln wandte er sich an den Blondschopf. "Jérôme, du warst anders. Eine, zumindest in unserem Land, exotische Schönheit mit einem starken Willen, hoher Intelligenz und ungezügeltem Temperament. Das wirkte anziehend auf mich. Ob du es glaubst oder nicht, ich habe dich geliebt und irgendwie tue ich es immer noch. Aber es war nie die Liebe, die ich Akin entgegenbrachte." "Warum? Warum hast du mir das nicht früher gesagt?", fragte Akin den Tränen nahe. "Ich hatte gehofft, dass Jérômes Kraft und Mut auf dich abfärben würden und dich dazu veranlassen würden, wenigstens einmal auf den Tisch zu hauen. Ich war richtig enttäuscht, dass du das alles über dich hast ergehen lassen, ohne dich jemals zu beschweren, die Benachteiligungen, die Demütigungen, die Tatsache, dass ich dich mit Verachtung gestraft habe. Im Grunde wollte ich nie etwas anderes als einen Partner, der mir ebenbürtig ist und ich wusste, dass du dazu in der Lage warst. Heute hast du endlich gezeigt, dass du mir die Stirn bieten kannst." "Das war alles?", fuhr Akin auf. "Sag mal, spinnst du?" Er sprang auf und lief wütend im Zimmer auf und ab. "Ich kann doch nicht riechen, dass du willst, dass ich dir eins auf die Fresse gebe, oder? Meine Güte, du hast echt nicht mehr alle Tassen im Schrank, Zahir", schimpfte er. Dieser zuckte nur mit den Achseln. "Ich gebe ja zu, meine Technik war vielleicht nicht die beste, aber schließlich hat sie ja doch funktioniert, oder?" "Also weißt du, ich hätte nicht unübel Lust, dir die ganzen achthundert Jahre heimzuzahlen", meckerte Akin weiter. "Und wie willst du das machen?", grinste ihn Ibliis an. "Da mach dir mal keine Sorgen, mir fällt schon was ein", gab der junge Mann zurück. "Vielleicht hab ich ja jeden Tag Kopfschmerzen." "Gute Ausrede, wirklich. Also, wenn das der Fall sein sollte, was äußerst unwahrscheinlich ist, dann werde ich jeden Tag mit einem Aspirin neben deinem Bett stehen, mein Süßer", gab Ibliis verschmitzt zurück. "Ach Mensch, Zahir, musst du aber auch auf alles eine Antwort haben?", stöhnte Akin resigniert. "Ja. Sonst wäre ich ja nicht der Boss hier." Jérôme kicherte leise. "Entschuldigt, aber ihr beide benehmt euch schon wie ein altes Ehepaar", sagte er. "Na ja, wenn man so lange zusammen ist wie wir beide, dann ergibt sich das wohl irgendwie zwangsläufig", erklärte Akin. "Wenn ihr wollt, dann bringe ich euch jetzt nach draußen. Nachdem mein schöner Plan aufgeflogen ist, können wir jetzt ebenso gut den Haupteingang benutzen. Dort wird auch dieser Öko-Futzi warten. Wer ist das eigentlich?", wollte er wissen. "Oh, mein Schwager. Er hat mir die Visitenkarte übersetzt und mich hierher gebracht", erklärte Gabriel. "Ach deshalb warst du so schnell hier. Gut, wenn man solche Bekannte hat, was?", lächelte Akin und ging zu einer Tür am anderen Ende des Zimmers. "Folgt mir", forderte er sie auf. Gabriel folgte seiner Anweisung sofort, doch Jérôme blieb noch einen kurzen Moment zurück. "Dann ist das jetzt wirklich das Ende?", fragte er Ibliis ernst. "Ja. Ich gebe dir mein Wort, dass ich dich von nun an in Ruhe lassen werde. Ich wünsche dir und deinem Geliebten viel Glück", gab der Araber zur Antwort. Unvermittelt zog er den Blonden noch einmal in seine Arme und ließ bei dieser Gelegenheit einen kleinen Gegenstand in dessen Tasche fallen. "Hey, was…?", wollte Jérôme wissen, doch Ibliis gab ihm einen sanften Abschiedskuss und hauchte: "Du wirst es noch brauchen." "Ich glaub, ich seh' nicht Recht! Da kehrt man dir nicht einmal eine Minute den Rücken zu und du…! Argh, ich fass es nicht, Zahir!" "Entschuldigung", murmelte Ibliis betreten und ließ Jérôme gehen. Vor dem Tor verabschiedeten sie sich von Akin. "Die Limousine holt euch gleich ab. Deine Sachen sind schon darin untergebracht, Jérôme. Insbesondere deine Schlafgelegenheit. Ihr fliegt mit dem Privatjet, wie ausgemacht", sagte er in sachlichem Ton. "Ich wünsche dir alles Gute, Akin", sagte Jérôme und drückte den Araber kurz an sich. "Ich dir auch", flüsterte dieser. Zu den beiden gewandt sagte er: "Ihr könnt mir schreiben, wenn ihr wollt. Meine Adresse habt ihr ja noch. Ich würde mich sehr über Post freuen." "Das machen wir", versprach Gabriel. David stand auf der anderen Seite des Tors und schwätzte mit dem Wärter. Dieser hatte anscheinend gerade einen sehr lustigen Witz gemacht, denn der Journalist lachte laut auf. "Oh Mann, was für ein Tag. Jetzt sehe ich David sogar noch lachen", freute sich Gabriel. "Da seid ihr ja!", rief ihnen David entgegen. "Und, was ist jetzt los?", fragte er neugierig. "Erklär ich dir im Flugzeug, ja?", antwortete Gabriel mit einem zufriedenen Lächeln. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)