Find your light again von abgemeldet (Folge deinen Träumen, es gibt nichts was du nicht tun kannst!) ================================================================================ Kapitel 5: Tiefe Kluft ---------------------- Where have all the good men gone And where are all the gods? Where’s the street-wise Hercules To fight the rising odds? Isn’t there a white knight upon a fiery steed? Late at night I toss and I turn and I dream of what I need I need a hero I'm holding out for at hero 'till the end of the night He's gotta be strong And he's gotta be fast And he's gotta be fresh from the fight Kapitel 5 Miyako musste an sich halten, um nicht zu Marron zu gehen und sie in den Arm zu nehmen oder sie zu schütteln und nach der Ursache für diese Narben zu forschen. Sie schluckte schwer und lächelte dann schwach. Sie durfte ihre Haltung nicht verlieren. Das Letzte was Marron jetzt gebrauchen konnte war, dass jemand sie bemitleidete. Sie hatte schließlich nicht umsonst versucht, die Narben zu verstecken und sie hatte ihre Gründe dafür, dass sie Niemandem davon erzählte. Unter Aufbietung all ihrer Kraft schaffte sie es, dass ihre Stimme nicht zitterte . „Hi Marron. Ich habe dich gesucht und habe dich hier vermutet. Zieh dich an und dann komm ins Wohnzimmer. Ich muss dir was erzählen.“ Dann trat sie fast schon eilig zurück, durch die Tür und setzte sich auf die Couch. Miyako musste sich erst einmal fassen. Das war also der Grund, warum Miss Harouno Marron mit Samthandschuhen anfasste. Miyako hatte sich schon gedacht, dass Marron irgendetwas erlebt haben musste, etwas anders an ihr war, aber Miyako hatte nicht mit so etwas gerechnet. Wie sollte sie sich jetzt verhalten? Sie wusste doch gar nicht, was Marron wirklich zugestoßen war. Nur die Narben sprachen Bände, aber Miyako durfte sich nicht verleiten lassen, Geschichten zu spinnen. Als Marron aus dem Schlafzimmer zurückkam, trug sie einen hübschen roten Rock und einen schwarzen Pullover. Man sah ihr an, dass sie sich bemüht locker gab, doch ihr blasses Gesicht und ihr verkniffener Mund sprachen Bände. Miyako hatte sich eine freundliche Fassade zurechtgerückt und strahlte ihr entgegen. Marron hatte zunächst einige Minuten wie versteinert an ein und demselben Fleck gestanden und in den Spiegel gesehen. Sie betrachtete die Narben, welche sich über ihren Bauch, Schultern und Rücken erstreckten. Ihr Onkel hatte immer dafür gesorgt, dass nichts zu sehen war. Zigarrenstummel, Stöcke, mal hier eine Gabel oder ein Gürtel hatten sich in ihre Haut gefräst. Marron konnte nicht einmal mehr benennen was wann und wie oft auf sie niedergegangen war. Für sie war es mittlerweile ein Teil ihrer Selbst. Aber Miyakos Gesichtsausdruck hatte sie spüren lassen, wie sehr sie sich von anderen unterschied. Marron war dankbar dafür, dass Miyako ihre Fassung bewahrt und nicht gefragt hatte. Womöglich konnte sie diesem Mädchen ja vertrauen, konnte vielleicht zum ersten Mal jemanden ihre Freundin nennen? Die Frage war nur, ob Miyako mit dem Gesehenen fertig wurde oder sich von ihr abwandte. „Wir sind zu einer kleinen Party eingeladen. Man könnte es so eine Willkommensparty für die Neuankömmlinge nennen, aber selbst wenn keine Neuen da sind, feiern wie an jedem Anfang des Schuljahres.“ Marron nickte, während sie auf ihre ineinander gefalteten Hände starrte. Sie hatte sich gegenüber von Miyako niedergelassen. Sie wollte Miyako so gerne auf das Geschehene ansprechen. „Ich würde mich freuen, wenn du mit mir mitkommst. Sagen wir mal, die Party ist auch für dich.“ Marron rang mit sich und Miyako bemerkte es sofort. „Marron, du brauchst mir nichts zu erklären, okay? Tun wir einfach so als wenn nichts gewesen wäre, wenn dir danach ist.“ Marron schüttelte aber den Kopf und sie merkte wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie hatte mit noch Niemanden über ihre Vergangenheit gesprochen. Deshalb tat es ihr weh, denn sie würde jedes noch so kleine Gefühl der letzten Jahre wieder heraufbeschwören müssen. „Ich muss es erklären. Du bist der erste Mensch, der diese Narben gesehen hat und ich habe das Gefühl ich müsste es dir erklären.“ Miyako erhob sich und setzte sich neben Marron, griff nach ihren Händen und drückte sie. Marron entwich ein schwaches Lächeln. „Ich bin über zehn Jahre lang von meinem Onkel jeden Tag mindestens einmal geschlagen worden. Es hing von seiner Tagesform ab. An manchen Tagen konnte ich mich glücklich schätzen, weil es nur seine Hand war die er gegen mich erhob, an anderen Tagen packte ihn die Experimentierfreude und er nahm das was er gerade in den Fingern hatte.“ Miyako wurde übel und sie kämpfte mit den Tränen. Ihr eigener Onkel! „Erst als ich 16 war hatte ich den Mut mich zu wehren. Seitdem hat er mich nicht einmal mehr berührt, doch die Narben bleiben. Der Anwalt meiner Eltern muss irgendwie davon erfahren haben und hat mich daraus geholt. Deshalb bin ich jetzt hier.“ Marron schloss die Augen und atmete einmal tief ein und wieder aus. Ein Teil ihrer starken und harten Mauer löste sich auf und es tat gut. Sie suchte Miyakos Blick, doch die hatte ihr Gesicht abgewandt. Marron bekam es mit der Angst zu tun. War es doch zu viel gewesen, Miyako davon zu erzählen? Doch dann sah Miyako Marron an und Marron musste feststellen, dass die hübsche Violetthaarige weinte. „Dein eigener Onkel! Oh Gott, Marron! Das tut mir so Leid.“ Marron konnte ein Lachen nicht unterdrücken. „Hätte ich gewusst, dass dich das so mitnimmt, hätte ich lieber nichts gesagt.“ Doch Miyako schüttelte den Kopf. „Du hast genau das Richtige getan. Ich werde dein Geheimnis hüten, aber sei dir sicher, dir wird niemand ein Leid zufügen solange es mich gibt.“ Marron war gerührt. Das war das erste Mal, dass Jemand so freundlich zu ihr war und der erste Mensch dem Marron vertrauen konnte, außer Ashitaka. Die beiden Mädchen fielen sich in die Arme. Und sie wussten, dass sie beide eine Freundin gefunden hatten. Als die beiden Freundinnen dem Gebäude der Jungen näher kamen, drang schon laute Musik ihnen entgegen. Miss Harouno wusste natürlich was hier abging, aber sie gestattete den Jugendlichen diese Party. Sie hatte schon so etwas wie Tradition. Viele Schüler nutzten diese Party auch als so etwas wie eine Singlebörse. Es wurde geprüft, was für Frischfleisch anwesend war und man suchte sich seinen neuen Partner für dieses Schuljahr aus. Als Miyako Marron das erzählt hatte, hatte sie unwillkürlich lachen müssen. „Dann sollen die mich mal unter die Lupe nehmen. Da kommen die nicht weit.“ Alle Apartments standen offen und überall waren Menschen. Die Empfangshalle unterschied sich nicht von der der Mädchen. Man hatte sie nicht großartig geschmückt, nur das Licht heruntergedreht und auf den kleinen Sitzpolstern saßen auch schon die ersten Pärchen. In einer Ecke gab jemand die unterschiedlichsten Getränke aus und daran wie machen Schüler sich bewegten, gab es auch irgendwo eine Alkoholquelle. Inoffiziell natürlich, wie Miyako ihr Naserümpfend zu verstehen gab. Marron beäugte hier und da die unterschiedlichsten Jugendlichen, doch die meisten waren schwer beschäftigt. Miyako zog sie sofort durch zu Yamato, welcher neben dem Getränkestand stand. Yamato unterhielt sich mit einem dunkelhaarigen Jungen, und beide hielten sie einen Becher in der Hand. Bevor Miyako sie begrüßte, lugte sie in die Becher um dann mit einem zufriedenen Nicken die beiden grinsenden Jungen zu umarmen. „Derek, darf ich dir vorstellen: Marron! Sie ist seit gestern hier! Marron, Derek kommt aus England, seine Mutter ist aber Japanerin.“ Marron gab Derek die Hand und strahlte ihn an. Sie hatte sehr gute Laune, seit dem Gespräch mit Miyako und das wollte sie alle sehen lassen. Derek war etwas irritiert, von diesem Strahlen, aber dann erwiderte er es. Als Marron auch Yamato begrüßt hatte, beugte sich Derek zu seinem Freund. „Du hast mir gar nicht gesagt, dass wir so hübschen Neuzugang haben!“ Verwirrt musterte Yamato Marron. „Hab ich wohl nicht dran gedacht.“ Derek schlug ihm auf die Schulter. „Nur Augen für unsere Polizistin?", lachte er. Yamato errötete und wandte sich ab um den Mädchen etwas zu trinken zu holen. Derek schien sich in irgendeiner Weise ermutigt zu fühlen und nahm Marron sofort in Beschlag. Vertraulich legte er ihr einen Arm um die Schulter. Marron hätte ihn am Liebsten abgeschüttelt, doch sie besann sich eines besseren. Sie musste sich so natürlich wie möglich geben. Miyako beobachtete die Situation etwas besorgt und als Marron dies bemerkte, lächelte sie ihrer Freundin zu. Sie würde das auch alleine schaffen. Den ganzen Abend scherzte Marron locker und lässig mit Derek und ein paar anderen Jungs, welche sich sofort um die hübsche Brünette geschart hatten. Marron wusste, dass Miyako ein Auge auf sie hatte und das gab ihr den Mut die Annäherungsversuche zu überstehen und nicht schreiend davonzulaufen. Was Marron auch bemerkte, waren einige giftige Blicke aus der weiblichen Fraktion. Es würde schwer sein, mit solchen Mädchen anzubändeln, aber es war ihr, um ehrlich zu sein, ziemlich egal ob die sie mochten oder nicht. Sie hatte Miyako und das reichte ihr voll und ganz. Miyako schob sich zwischen die Jungs, die sich mit Geschichten zu überbieten versuchten und nahm Marron am Arm. „So, jetzt lasst mir Marron mal eine Weile!“ Die Jungs schienen nicht sehr erfreut zu sein, aber Marron war erleichtert. Heiter lachte sie. „Mein Gott, ich glaube ich wäre gleich gestorben. Was die mir alles erzählt haben.“ Miyako nickte. „Ja, die erfinden die wildesten Geschichten nur damit man sie bewundert. Ich dachte du willst vielleicht mal wieder normale Gesellschaft!“ Miyako führte sie zu Fahrstühlen. „Wir gehen jetzt erst einmal zu Yamato. Er ist in sein Zimmer geflüchtet, weil ihm ein paar Mädels ziemlich bedrängen.“ Marron runzelte die Stirn. „ Stört dich das denn nicht?“ „Warum sollte mich das stören?“ „Ich dachte ihr beiden….“ Miyako lachte. „Du bist gut! Ja, Yamato ist mir ganz bestimmt nicht egal, aber ob ich mit ihm eine Beziehung führen könnte….naja, ich weiß nicht.“ Miyako schlängelte sich an einigen kichernden Weibern vorbei und zog Marron mit sich. Mit dem Fahrstuhl fuhren sie in den sechsten Stock. Im Fahrstuhl waren sie zum ersten Mal alleine. „Sag mir mal, Marron, hast du schon einen Freund gehabt?“ In demselben Moment hätte Miyako sich auf die Zunge beißen können. Doch Marron lächelte beruhigend. „Nein, aber sag mir, wer so etwas verstehen würde?“ Marron breitete die Arme aus und schloß damit sich ein. Miyako schien ernsthaft zu überlegen. „Ich denke, dass es für jeden einen besonderen Menschen im Leben gibt. Deiner würde dich so nehmen wie du bist, mit allen Narben!“ Marorn unterdrückte ein wenig das Bedürfnis zu weinen. Das war eine Vorstellung die ihr zu unerreichbar war. Sie hatte eine solche Hoffnung nicht. In dem Moment ging die Tür des Fahrstuhls auf und Marron blieb Miyako ein Kommentar schuldig. Der Flur des sechsten Stockes war so gut wie ausgestorben. Einige wenige liefen zwischen den einzelnen Zimmern hin und her. Anscheinend suchten sie eher die Abgeschiedenheit. Marron sah auf ihre Armbanduhr, ein Geschenk von Ashitaka zu ihrem siebzehnten Geburtstag. Es war bereits halb zwölf. Miyako klopfte an einer Tür die ziemlich am Ende des Flures war. Man konnte laute Stimmen dahinter hören und Miyako runzelte die Stirn. „Was geht da denn vor?“ Ein gestresst wirkender Yamato öffnete die Tür. Als er Miyako sah, entspannte er sich erleichtert. „Oh, gut dass ihr da seid.“ Miyako spähte an ihm vorbei. Die Stimmen waren lauter geworden und es handelte sich eindeutig um eine hitzige Diskussion, wobei die weibliche Stimme schrill und weinerlich klang. „Was hat Chiaki wieder angestellt? Ist das Mia?“ Yamato nickte betrübt. „Ja, sie ist es und er hat soeben mit ihr Schluss gemacht!“ „Die waren zusammen?“ Irritiert sah Marron von Yamato zu Miyako. War diese Mia das Mädchen vom Mittag? Yamato ging in das Apartment und die beiden Freundinnen folgten auf dem Fuß. Von der Raumverteilung her waren die Zimmer der Jungen ebenfalls mit dem der Mädchen zu vergleichen, doch hier hatten die Bewohner den Räumen ihren eigenen Charme verliehen. Es war sehr ordentlich und sauber, was Marron auf Yamato zurückführte, und überall hingen Bilder von verschiedenen Menschen, womöglich Familieangehörige. Hier und da lagen Sportzeitschriften und über dem Fernseher hing ein Poster auf dem die Hinteransicht einer nackten Frau zu sehen war. °Wer das wohl dahin gehangen hat?°, fragte Marron sich ironisch. Dann sah sie sich nach den Streitenden um. Es handelte sich eindeutig um die Nichte der Direktorin und sie war fuchsteufelswild. Sie war kreidebleich und Tränen der Wut flossen über ihre hübschen Wangen. Während sie die Hände zu Fäusten geballt hatte und stocksteif da stand, lehnte Chiaki lässig in der Tür zum Schlafraum. Beide störten sich nicht wirklich an den Neuankömmlingen und Miyako zog Marron auf die Couch der Jungs, während Yamato sich zwischen die Streithähne stellte. „Du wirfst mich nicht so einfach weg, Nagoya! Andere lecken sich die Finger nach mir.“ Chiaki blieb kühl und gelassen und Marron merkte wie sie Abneigung gegen ihn empfand. Diese Augen, bar jeder Gefühlsregung, jagten ihr einen Schauer über den Rücken. „Dann nimm die, Mia! Wir passen weder zusammen, noch habe ich viel Spaß mit dir. Nimm es hin, wie es ist!“ Am Liebsten wäre Marron aufgesprungen und hätte Chiaki eine Ohrfeige gegeben. Was war das nur für ein Kerl? Wie konnte er so et3was nur sagen? Doch Mia tat ihr den Gefallen augenblicklich. Chiakis Gesicht zeigte keinerlei Regung als Mia zuschlug, nur eine kleine Rötung zeugte von dem was soeben geschehen war. „Du bist das Allerletzte! Ich brauch dich nicht, Chiaki und glaub mir, wenn ich das will, dann setzt du keinen sicheren Fuß mehr vor den anderen, hier im Internat!“ Yamato hob hilflos die Arme. „Mia, bitte beruhig dich doch. Könnt ihr das nicht ohne Streit lösen?“ Mia sah Yamato angewidert an, als ob sie ihn gerade erst entdeckt hätte. „Was willst du? Hast du es nicht satt immer hinter diesem Bastard aufzuräumen, Yamato?“ Yamato war sichtlich irritiert und Marron überkam Mitleid. Chiaki zeigte weiterhin keine Regung und kam Yamato nicht einmal zur Hilfe. Dann stand Miyako auf. Sie nahm Mia sanft am Arm. „Komm Mia, du machst dich hier zum Narren. Das ist der Kerl nicht wert.“ Miyakos Stimme war sanft, ließ aber keinerlei Widerspruch zu. Sie schaffte es Mia ohne weitere Zwischenfälle hinaus zu bugsieren. Sie brachte das Mädchen noch bis zum Fahrstuhl und machte ihr immer wieder klar, dass sie zu schön und zu klug etc für Chiaki war. Kaum waren die beiden aus der Wohnung verschwunden, seufzte Chiaki auf und ließ sich auf einem Sessel gegenüber von Marron sinken. Er schloss die Augen und lehnte den Kopf gegen die Lehne. „Das wäre überstanden.“ Marron blieb der Mund offen stehen. Yamato setzte sich ebenfalls und stützte den Kopf in die Hände. Dann fing Chiaki an zu lachen. „Hast du super gemacht alter Freund. Die Kleine war bisher die Schlimmste!“ Marrons Puls beschleunigte sich und ihr wurde heiß. Diese Beiläufigkeit mit der Chiaki von Mia sprach hatte so etwas…Abwertendes. Wütend funkelte sie Chiaki an. „Was bist du eigentlich für ein Mensch? Hast du Spaß an dem Leid anderer? Du ziehst deinen besten Freund in diesen Mist rein und freust dich wie ein Kind wenn du jemanden vor den Kopf stößt! Ich wünschte, dir würde einmal jemand so wehtun, wie du es mit anderen tust.“ Marron schwirrte der Kopf. Yamato sah sie sprachlos an und blickte dann zu Chiaki, da er eine sofortige Reaktion erwartete. Doch auch Chiaki schien sprachlos. Er starrte die Brünette nur an und beobachtete sie als sie sich erhob und zur Tür wandte. „Yamato, wir sehen uns morgen. Ich geh lieber nach Hause.“ Miyako stand in der Tür. Sie hatte alles gehört und funkelte Chiaki nun ebenfalls wütend an. Marron legte ihr eine Hand auf den Arm. „Bleib bitte hier. Yamato wäre sonst wohl ziemlich enttäuscht. Ich geh rüber, brauch etwas Zeit für mich um mich abzureagieren.“ Miyako nickte vorsichtig. Marron würde das tun, was für sie richtig war. Als sie endlich im Fahrstuhl stand und die Türen sich schlossen, atmete Marron einmal tief durch. Wie konnten manche Menschen nur so skrupellos sein. Natürlich hatte sich diese Mia falsch behandelt gefühlt. Marron hatte die beiden ja schließlich zusammen gesehen und dann einige Stunden später sollte sie dann wie überflüssiges Gepäck weggeworfen werden? Niemand ließ so etwas protestlos über sich ergehen. Und jeder andere Kerl wäre gefühlvoller damit umgegangen. Wenn man nichts mehr füreinander empfand war es nun einmal nicht zu vermeiden, dass alles einmal ein Ende fand. Doch dann brachte man es seinem Partner schonend und freundlich bei. Nicht so widerlich gefühllos wie Chiaki. Marron eilte durch die Vorhalle des Gebäudes, fast ungesehen, da die meisten Leute beschäftigt waren. Draußen war es stockfinster und weit und breit niemand zu sehen. Die Enge in Marrons Brust löste sich ein wenig und ihre Wut verrauchte. Warum mischte sie sich eigentlich ein? Es ging sie nichts an was dieser Nagoya machte. Aber sie wusste es besser. Sie kam einfach nicht damit klar, wenn Menschen einander respektlos und grausam behandelten. Ob körperlich oder seelisch. Chiaki war ähnlich wie ihr Onkel. Ihr Onkel hatte mit ihrem Körper gespielt, hatte seine Macht an ihr erprobt, Chiaki hatte Macht über das Herz der Mädchen und er teste sich an jedem Mädchen, welches ihm über den Weg lief, neu. Solche Menschen, wie die beiden, hatten von ihr nichts weiter zu erwarten als Verachtung. Marron spürte wie ihr Tränen über die Wangen liefen. Verdammter Mistkerl! Chiaki saß noch eine Weile so da, wie Marron ihn zurück gelassen hatte. Noch nie hatte jemand ihn in seine Schranken gewiesen. Nicht, dass er sich nun schlecht fühlte. Er wusste, dass er sich nicht gerade wie ein Gentleman aufgeführt hatte, aber Mia war ihm auf den Wecker gefallen. Viel mehr fragte er sich, wieso sich ein Mädchen wie Marron wegen so etwas ereiferte. Sie hatte sich bisher unnahbar gegeben und an der Situation heute Mittag hatte sie sich sogar sehr uninteressiert gegeben. Warum machte sie ihm dann plötzlich hier eine Szene? Er bemerkte wie eine Art Zorn in ihm erwachte. Miyako kam wutschnaubend herein. „Du Vollidiot. Kannst du mir mal bitte erklären, warum du so ein Arschloch bist?“ Erschrocken wollte Yamato dazwischen gehen, doch ein Blick von Miyako genügte und er saß wieder. „Nicht nur, dass du wieder ein Mädchen mehr auf deiner Liste hast, musstest du auch noch so fies sein? Man kann solche Angelegenheiten auch anders klären.“ Chiaki reagierte nicht darauf. „Sag mal, hörst du überhaupt zu? Ich will, dass du dich bei Mia entschuldigst.“ „Wo ist sie hingegangen?“ „Sie tröstet sich bei ihren Freundinnen unten!“ „Ich meine Marron!“ Miyako runzelte die Stirn. „Was interessiert dich das? Sie hält nicht viel von dir. Aber das sollte dich nicht wundern.“ Chiaki erhob sich. „Das ist mein Ding. Ich suche sie.“ Miyako stellte sich ihm in den Weg. „Bleib wo du bist. Streich sie von deinem Kalender. Ich lass nicht zu, dass du ihr auch nur zu nahe kommst.“ „Ich glaube nicht, dass sie deines Schutzes bedarf, Miyako.“ „Was weißt du schon. Du interessierst dich doch nicht für die Gefühle anderer. Bleib von ihr fern oder du lernst mich kennen.“ Chiaki schüttelte irritiert den Kopf. „Was auch immer mit ihr ist, ich denke ich habe eh keine Chance bei ihr. Trotzdem will ich wissen was sie hat.“ Chiaki schob sich an Miyako beiseite und stürmte aus dem Apartment. Miyako wollte hinterher, aber diesmal mischte Yamato sich ein. „Lass ihn. Marron stutzt ihm die Flügel. Noch nie hat ihm jemand die Meinung gesagt, zumindest niemand, der ihn interessiert hat.“ Miyako fuhr herum. „Sie hat ihn aber nicht zu interessieren. Sie ist nicht eins dieser Püppchen.“ „Eben drum. Sie wird ihn in der Luft zerreißen, wenn es ihr nicht passt. Eins sag ich dir, der Grund für die Szene hier war Marron.“ Verwundert blickte Miyako Yamato an. „Ich kenne Chiaki schon lang genug und wenn er mir gegenüber nur einmal den Namen eines Mädchens erwähnt, ist es schon ein Wunder und seit heute Nachmittag hat er von Nichts anderem mehr gesprochen.“ „Was hat er denn gesagt?“ „Er hat sich Gedanken über sie gemacht. Wer sie ist und er versucht zu verstehen warum sie so ist wie sie ist!“ °Eigenartig!°, dachte Miyako. Trotzdem traute sie ihm nicht über den Weg. Yamato sagte Miyako aber nicht, dass Chiaki ihm hauptsächlich erörtert hatte, mit welcher Methode er gedachte Marron rumzukriegen. Kurz bevor Marron die Gabelung zwischen den beiden Häusern erreichte, hörte sie plötzlich, dass jemand hinter ihr her rannte. Ein Schauer kroch über ihren Rücken. Doch sofort unterdrückte sie dieses Gefühl wieder. Sie war hier nicht in Gefahr, wer sollte ihr denn auch schon etwas Böses wollen? Mit etwas ungeduldiger Miene drehte sie sich um, um zu sehen wer ihr da hinterher lief. „Was willst du denn?“ Ihre Stimme war eiskalt und wäre es nicht dunkel gewesen, hätte ihr Blick ihr Gegenüber sofort umkehren lassen. „Ich glaube nicht, dass wir uns noch etwas zu sagen hätten.“ Chiaki musste erst einmal wieder zu Atem kommen, doch Marron sah, dass auch er zornig war. „Das denkst auch nur du, Liebchen. Was für ein Recht glaubst du zu haben, mich zu kritisieren? Du kennst mich doch gar nicht.“ Sprachlos sah Marron Chiaki an. Was wollte er von ihr? „Du kennst mich auch nicht und nennst mich Liebchen. Und ich kann dich kritisieren wie es mir passt. Du bist ein unreifer Mistkerl und du hast deine Freude daran, mit Frauen zu spielen. Mit so etwas wie dir rede ich gar nicht erst.“ Prompt drehte Marron sich um und stampfte in Richtung der Mädchenapartments. Chiaki war zunächst verdutzt. Sie hatte ihn doch einfach so stehen lassen. Dann rüttelte er sich wach und lief hinterher. Grob griff er nach ihrem Arm um sie zum stehen bleiben zu zwingen. Wie von der Tarantel gestochen fuhr Marron herum und holte zu einem Schlag aus. Reflexartig, jedoch zutiefst erschrocken fing Chiaki Marrons Hand ab. Sie zitterte und er konnte sehen, dass sich ihre Züge zu einer ängstlichen Grimasse verzerrt hatten. Ihre Stimme zitterte ebenfalls, war aber voller Nachdruck. „Lass mich sofort los, Chiaki. Bei Gott, lass mich los oder du wirst es büßen.“ Etwas verwirrt ließ Chiaki Marrons Arm los. Marron rieb ihn gedankenverloren. „Ich weiß nicht, was du hast, Süße! Du solltest dich geehrt fühlen, dass ich dir überhaupt hinterher laufe.“ „Keiner hat dich darum gebeten. Du kannst dich glücklich schätzen, dass ich dich auch nur ansehe, geschweige denn anspreche.“ Chiaki lachte laut. „Du glaubst, ich brauche diesen Zuspruch von dir? Mädchen, wenn ich dich will, dann bekomm ich dich auch!“ Jetzt war es an Marron zu lachen, doch es war ein bitteres Lachen. „Du bist dir deiner aber sehr sicher. Entschuldige, wenn ich dich enttäuschen muss. Du hast keine Schnitte.“ „Das werden wir ja sehen.“ Mit einem Schritt schnellte Chiaki vor, legte eine Hand auf Marrons Nacken, die andere auf ihre Hüfte. Grob zog er sie an sich heran und legte seine Lippen auf die ihren. Alles in Marron schrie. Sie war abgestoßen und wütend. Sie wollte sich wehren doch Chiaki ließ ihr keine Wahl. Sein Griff war eisern. Als er seine Zunge zwischen ihre Lippen schob, biss sie zu. Jaulend ließ er Marron los. „Verdammt….warum hast du das getan?“ Marron atmete schwer, doch ihre Augen sprühten Funken. „Eins solltest du vielleicht sofort lernen, Chiaki. Niemand berührt mich, wenn ich ihn nicht ausdrücklich darum bitte. Und da ich dich mehr als alles andere verachte, werde ich dich auch nie darum bitten.“ Diesmal ließ Chiaki Marron gehen. Zu sehr hatten ihn die Worte von ihr getroffen. Noch nie hatte ihn jemand mit solch einer Verachtung gestraft. Nicht einmal seine verschmähten Geliebten. Er wollte dieses Weib und er war in seinem Stolz gekränkt. Und zum ersten Mal seit langem hatte er wieder etwas bei einem Kuss gespürt. Es hatte ihm Leid getan, dass er sie einfach geküsst hatte, aber um die Hitze, die ihn überkommen hatte, tat es ihm ganz sicher nicht Leid. Dieses Gefühl wollte er nicht missen, er wollte es erneut spüren. Sehnsüchtig blickte er Marron hinterher, welche nun im Gebäude verschwand. Sie war ein Eisschrank, so viel stand fest. Aber er wollte sie und er würde sie bekommen. Den Triumph würde er sich gönnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)