Ich hasse dich von Kyo-chi ================================================================================ Kapitel 1: Es tut mir leid -------------------------- Einsam saß der blonde Sänger in einem - um diese Uhrzeit - menschenleeren Park auf einer Bank und blickte auf den großen See vor sich. Das Mondlicht spiegelte sich in dem kleinen Gewässer und ließ die Oberfläche glitzern. Es war ein schöner Anblick, aber obwohl er die ganze Zeit nur auf den See vor sich blickte, nahm er es kaum war. Seit wann saß er eigentlich schon hier, blickte gedankenverloren auf die Umgebung vor sich und vergaß alles andere um sich herum? Kyo wusste es nicht. Er hatte sein Zeitgefühl schon vor einer ganzen Weile verloren. Das Einzige, was er noch wusste, war, warum er hier saß. Er saß hier wegen einer einzigen Person, nur wegen ihr. Traurig schaute Kyo weiter auf die Oberfläche des Sees, nahm wahr, wie diese sich plötzlich aufraute, als noch einige Schwäne und Enten darüber schwammen und von der Dunkelheit irritiert, einen Schlafplatz suchten. Friedlich schwammen sie in kleinen Gruppen über das Wasser und hielten an einer anderen Uferseite an, legten sich in das weiche Gras und kuschelten sich nah aneinander, damit sie in dieser relativ kalten Nacht nicht froren. Ein bitteres Lächeln legte sich auf Kyos Lippen und innerlich lachte er auf. Er hatte das nicht gekonnt. Er konnte nicht mit dieser Person so glücklich zusammenleben. Immer wieder hatte er sie verletzt. Unabsichtlich, aber manchmal auch mit der vollen Gewissheit, was er da tat - absichtlich. Und das, obwohl diese Person immer bei ihm war, ihn beschützte und auf ihn aufpasste, gar alles für ihn tat. Zitternd senkte Kyo den Kopf, blickte auf den Boden unter sich, auf welchem einige Grashalme im Wind hin und her wehten. Warum hatte er das nur getan? Er liebte diese Person doch. Trotzdem hatte er sie verletzt und diesmal schlimmer als sonst. Es hatte ihm schon immer schmerzhafte Stiche versetzt, wenn er diese Person so erniedrigt hatte, doch diesmal war es anders. Es fühlte sich so an, als würde sein Herz ganz langsam - und deshalb umso schmerzhafter - zerreißen. Er hatte es eindeutig zu weit getrieben. Er hätte das einfach nicht sagen dürfen. Tränen stiegen in Kyo's Augen. Tränen, die er schon lange nicht mehr gehabt, geweint hatte. Er ließ ihnen freien Lauf - das erste Mal seit einer halben Ewigkeit. Früher hatte er nie geweint, es zumindest nicht zugelassen. Vielleicht als kleiner Junge, aber je älter er wurde, umso kälter wurde er, hatte keine Gefühlsregungen mehr gezeigt. Jedenfalls sah es für jeden so aus. In seinem Inneren kämpfte er gegen diese Kälte, gegen die Einsamkeit. Ein Kampf, den er verlor. Einzig diese Person hatte sein wahres Gesicht gesehen. Wirklich nur diese eine Person wusste, wie es unter Kyo's Maske aussah, doch gerade das wollte er nicht zulassen und hatte sie verletzt. Mit tränenbenetzten Gesicht, hob er seinen Blick wieder, schaute dabei direkt in die braunen Augen dieser einen Person. Kyo zuckte zusammen, als er den traurigen, verletzten Blick seines Gegenübers sah. Der Sänger versuchte sich krampfhaft die Tränen wegzuwischen, doch sie liefen unaufhörlich weiter, so, als wollten sie zeigen, wie verletzlich und schwach er war. „Tooru... Was machst du hier? Ich habe dich gesucht“, flüsterte nun die größere Person sanft und ließ sich neben Kyo auf der Bank nieder, sah ihn weiter an. Seine Gedanken kreisten. Was war nur passiert, dass Kyo so bitterlich weinte? Er hatte ihn noch nie so gesehen - so verletzlich und schwach. „Es... tut mir leid, Die.“ Kyo's Stimme zitterte - genau wie der Rest seines Körpers - und er betete, dass der Gitarrist es nicht bemerkte... umsonst. Vorsichtig legte Die seine Arme um den zierlichen Sänger, drückte ihn an sich und strich sanft über seinen Rücken, versuchte ihn zu beruhigen. „Was machst du nur immer für dumme Sachen?“, fragte der Rotschopf leise, drückte Kyo dabei noch näher an sich. Der Kleinere antwortete jedoch nicht. Er weinte nur noch schlimmer und krallte seine Hände in Die's Shirt, wollte ihn nicht mehr loslassen. Jetzt hatte er die Person, die er liebte, so nah bei sich, doch konnte er die Worte, die er gerne sagen würde, nicht aussprechen. Niemals. Es ging einfach nicht. Er wollte nicht noch einmal von jemandem verletzt werden. Nicht von jemanden, der ihm so nah stand und sein wahres Ich kannte. Und er hatte Angst davor abgewiesen zu werden. Angst, dass er ihre Freundschaft, alles, was sie sich aufgebaut hatten, zerstörte. Noch mehr zerstörte als sie es jetzt bereits war. Kyo krallte sich noch fester in Die's Shirt, so dass er seine zitternden Finger schon langsam in der Haut vergrub. Die zog die Luft scharf ein, schmerzte es doch ein wenig, wenn Kyo seine Finger so in seine Haut krallte. Doch es störte Die kaum. Im Gegenteil. Es gefiel ihm wirklich, wie sie hier allein auf der Bank saßen, wie der Sänger sich verzweifelt an ihn krallte. Doch zwei Tatsachen störten ihn. Die eine war, dass Kyo weinte, die andere, dass er nicht wusste, was er von Kyo's Verhalten denken sollte. Vorhin noch war er so unnahbar gewesen, hatte ihn Dinge an den Kopf geworfen, die er so noch nie aus dem Mund des Sängers vernommen hatte. Und sie hatten weh getan, so unglaublich weh getan. Zaghaft schob er den Blonden von sich weg, wischte ihm anschließend die Tränen aus dem Gesicht und blickte eine Weile stumm auf seinen Freund. Er wusste nicht, wie er anfangen sollte und nur ein einziges Wort verließ seine Lippen. „Warum...?“ Er fragte deutlich, dennoch ziemlich unsicher das, was ihm schon die ganze Zeit im Kopf herumspukte. Warum hatte Kyo das gesagt? Warum benahm er sich gerade so? Verwirrt blickte Kyo zu seinem Freund. Er hatte nicht erwartet, dass diese Frage so schnell und so direkt kam. Ängstlich richtete er seinen Blick wieder gen Boden, spielte nervös mit seinen Fingern und überlegte, wie er antworten sollte. Er musste seine Worte mit Bedacht wählen, wollte nicht, dass er sich verriet. Nur entschuldigen und hoffen, dass so alles wieder gut wurde. „Ich... Es tut mir leid... Ich... hätte das nicht sagen dürfen. Ich hätte nicht sagen dürfen... dass ich dich hasse... Es tut mir leid...“ Ein leises Schluchzen war zu vernehmen und Die zwang den Kleineren wieder nach oben zu sehen, indem er seine Hand unter dessen Kinn legte und es sanft nach oben drückte. Leicht lächelnd blickte er nun in das Gesicht Kyo's, welchem schon wieder Tränen über die Wangen liefen. „Ist schon okay. Aber hör auf zu weinen...“ Seine Stimme war nur ein leises Hauchen, doch Kyo verstand die Worte, nickte hektisch und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Diesmal folgten keine neuen. Er zwang sich einfach wieder dazu nicht zu weinen. Als sich der Blondschopf beruhigt hatte, richtete sich Die langsam auf und reichte Kyo seine Hand. „Lass uns nach Hause gehen, okay?“ Der Angesprochene nickte, nahm Die's Hand dankbar an und ließ sich etwas von ihm aufhelfen, ehe sie langsam zu sich nach Hause gingen. Sie wohnten schon lange zusammen. Warum auch nicht? Sie waren Freunde und so konnten sie Geld sparen. Bei ihnen zu Hause angekommen zogen sich beide ihre Stiefel aus, wobei Kyo dabei ziemliche Schwierigkeiten hatte. Er versuchte es zu verstecken, aber er zitterte immer noch. Vielleicht sogar noch schlimmer als zuvor. Ängstlich blickte er zu Die, wollte wissen, ob dieser zu ihm blickte oder ob er noch damit beschäftigt war, seine Stiefel auszuziehen. Erschrocken zuckte er zusammen, als er sah, dass Die's Blick auf ihm ruhte und er ihn ohne eine Emotion anschaute. Kyo wollte gar nicht wissen, was Die jetzt schon wieder wieder von ihm dachte. Am liebsten hätte er sich jetzt in Luft aufgelöst und wäre für immer verschwunden. Nur, um nicht zu wissen, was Daisuke's Blick bedeutete. Doch zu seiner Verwunderung lächelte der Rotschopf plötzlich und hockte sich vor Kyo. „So wie ich das sehe, kann es noch Jahre dauern, eh du aus deinen Stiefeln rauskommst. Ich mach das schon.“ Und sofort begann er die Schnallen zu öffnen, dann die Schnürsenkel aufzuknoten und Kyo aus den schwarzen Teilen rauszuhelfen. Immer beobachtet von dem kleinen Sänger. „So, fertig. Und jetzt lass uns was Warmes trinken. Du zitterst ja immer noch.“ Ein Rotschimmer legte sich hauchzart auf Kyo's Wangen. Hatte Daisuke also doch bemerkt, dass er noch zitterte. Logisch. Das konnte man ja auch nicht übersehen. Und warum hätte er ihm denn sonst die Stiefel ausziehen sollen? Sich krampfhaft auf die Unterlippe beißend folgte er Die, der hinter sich schielte und Kyo kritisch begutachtete. Der Blondschopf benahm sich heute ziemlich seltsam, auch wenn er das eigentlich immer tat. Heute jedoch war irgendetwas anders. Nur was, wusste Die nicht. Und so viel er auch überlegt, ihm fiel nichts ein, was Kyo's Stimmung ausgelöst haben könnte. Aber Die nahm sich vor, dass er dem noch auf den Zahn fühlen würde. Er musste einfach wissen, was mit seinem blonden Freund los war. „Willst du einen Tee?“, fragte Die nun, als er sich an den Küchenschrank stellte und diesen öffnete. Kyo schreckte dabei aus seinen Gedanken auf. „Was?" Kyos Blick war verwundert, hatte er doch nicht verstanden, was Die gesagt hatte. Einen Moment ratterte es förmlich in seinem Kopf, ehe er doch begriff, was der Rotschopf von ihm wollte. "Ah... Tee. Gerne." Er ließ sich lustlos auf einen Stuhl in der Küche fallen und begann sich mit den Finger über den Unterarm zu fahren. Nicht doll, nur so, als würde man sich kratzen, weil der Arm juckte. Die blickte besorgt zu dem Kleineren. Was war nur los mit ihm? Sonst benahm sich der Jüngere doch auch nicht so. Er sah, wie sich dieser langsam über den Unterarm kratzte, immer weiter und weiter. Langsam nahmen schon einige Stellen an seinem Arm eine rote Farbe an. Kopfschüttelnd drehte sich der Gitarrist wieder um, goss Wasser in den Wasserkocher und suchte nach ein paar Teebeuteln. Danach kramte er noch zwei Tassen aus dem Schrank, blickte dabei zu Kyo. Vor Schreck fielen ihm beide Tassen aus der Hand, welche dann laut klirrend in hunderte Scherben zersprangen. Kyo blickte erschrocken auf. „Spinnst du?!“, schrie Die nun aufgebracht und ging zu seinem Freund, blickte auf dessen Unterarm. Etwas Blut quoll aus kleinen Wunden und bahnte sich seinen Weg über die Hand, zu den Fingern und tropfte ab und zu auf die weißen Fliesen auf dem Boden. „Oh“, kam es nur von Kyo und er verfolgte interessiert die Bahnen, die das Blut hinterließ. Er fand, dass es schön aussah. Das tiefrote Blut auf seiner blassen, von kleinen Narben übersäten Haut. „Oh?! Mehr hast du nicht dazu zu sagen?“ Der Gitarrist schnappte sich seinen Freund und zog ihn mit ins Bad, ignoriert dabei dessen Gezeter und Gezerre. Die setzte ihn im Bad auf den Toilettendeckel und suchte suchte Desinfektionsmittel und einen Verband zusammen, kniete sich, als er beides gefunden hatte, vor Kyo. „Warum machst du das? Reicht es nicht, dass du dich schon auf der Bühne verletzt?“, fragte Die zornig, während er die Wunden versorgte und den Verband fest um den Arm wickelte. Er blickte dabei auf die vielen Narben, die bereits den Arm des Sängers zierten. Einige stammten von Auftritten, andere von seinem Ritzen, was er bis vor einiger Zeit immer wieder getan hatte. Die hatte ihn des Öfteren ins Krankenhaus bringen müssen. Aber selbst jetzt, wo sie zusammen wohnten, konnte er Kyo nicht daran hindern, sich selbst zu verletzten. Kyo antwortete nicht. Die verstand das doch eh alles nicht. Niemand verstand ihn. Und es sollte auch keiner. Er kam auch gut allein zurecht. „Ich hab dich was gefragt, also antworte!“ Der Sänger zuckte zusammen. Warum war Die plötzlich so aggressiv? Es konnte ihm doch egal sein. Bis jetzt hatte sich immerhin niemand für ihn interessiert. Plötzlich liefen wieder einige Tränen aus Kyo's Augen, tropften auf die Hände des Größeren. Erschrocken blickte er nach oben in Kyo's Gesicht, ließ das Desinfektionsmittel einfach auf den Boden fallen und zog Kyo zu sich. Er setzte sich auf den Boden und zog den Kleineren auf seinen Schoß, strich ihm schon wie vorhin über den Rücken. „Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht anschreien. Aber ich mach mir Sorgen um dich. Wir sind doch Freunde.“ Er drückte den Blondschopf enger an sich, vergrub sein Gesicht in dessen Halsbeuge. Pah, Freunde!, knurrte Kyo innerlich, doch es auszusprechen, traute er sich nicht. Er hatte einfach zu viel Angst vor Die's Reaktion. Er drückte den Größeren lediglich von sich weg und stand etwas umständlich auf. Der Gitarrist blickte ihn nur verwundert an, brachte keinen Ton heraus. Was war denn nun wieder los? „Lass mich einfach in Ruhe“, knurrte Kyo gefährlich und wollte das Badezimmer verlassen. Es reichte ihm. Was wollte Daisuke eigentlich von ihm? Er sollte ihn einfach in Ruhe lassen. Er konnte selbst auf sich aufpassen. „Nein, ich lass dich ganz sicher nicht in Ruhe! Ich liebe dich, verdammt!“ Seine Stimme klang gereizt, aber dennoch meinte er es ernst. Er war einfach nur mit den Nerven am Ende. Der Sänger blieb abrupt stehen. Hatte er gerade richtig gehört? Hatte Die wirklich gerade gesagt, dass er ihn liebte? Erneut begann Kyo zu zittern. Das konnte doch nicht wahr sein. Gerade jetzt, wo der Gitarrist dies gesagt hatte, versagte sein Körper. Plötzlich schlangen sich zwei Arme von hinten um ihn, hielten ihn fest, stützten ihn. Krampfhaft hielt sich Kyo an Die's Armen fest, versuchte das Zittern zu unterdrücken. Und nach einer Weile beruhigte sich der Blondschopf wieder und hörte auf zu zittern, drehte sich in der Umarmung, so dass er Die nun anblickte. Ohne noch lange zu zögern, drückte er seine Lippen auf die des Älteren, presste sich an ihn und bat mit seiner Zunge um Einlass, den Die ihm sofort gewährte. Zaghaft erkundete Kyo die warme Mundhöhle seines Freundes, stupste schließlich dessen Zunge an und versank mit ihr in einem sanften Spiel, welches erst unterbrochen wurde, als sich die Zwei aufgrund von Luftmangel trennten. „Kyo, was-?“, doch weiter kam er gar nicht, da Kyo ihn erneut küsste. Er ließ seine Zunge wieder in den Mund des Rotschopfs gleiten, spielte mit der fremden Zunge, umgarnte sie. Jedoch beendete Die den Kuss vorzeitig, wollte wissen, was das sollte. „Ich liebe dich“, flüsterte der Kleinere in das Ohr des Gitarristen, knabberte dann sanft daran und küsste sich einen Weg zu Die's Hals. Er saugte kurz daran, löste sich aber wieder von der zarten Haut, blickte den Größeren an. Ein Lächeln schlich sich nun auf Die's Lippen. Er hätte nie gedacht dass dies jemals passieren würde, dass Kyo ihn küsste, ihm seine Liebe gestand. „Im Schlafzimmer ist es bequemer“, flüsterte er verführerisch und nachdem Kyo genickt hatte, nahm er diesen auf seine Arme und trug ihn langsam zu seinem Schlafzimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)