Sie waren Zwölf von Hotepneith (Der achte Dämonenkrimi) ================================================================================ Kapitel 1: Mord im Schloss -------------------------- Wie versprochen, hier der neue Krimi. Wie immer, bekommt ihr die Hinweise in dem Moment, in dem sie auch der Ermittler bekommt. Allerdings gibt es relativ wenig "handfeste" Indizien. Achtet daher auf die Aussagen der Augenzeugen. Ein Mord unter Dämonen - und Sakura mittendrin. Ob das gut geht? Viel Spaß beim Mitraten. 1. Mord im Schloss Die Aufregung im Schloss des Herrn der westlichen Gebiete an diesem Frühlingsmorgen hatte nur die menschlichen Diener erfasst. Diese suchten sich gute Plätze, um möglichst unauffällig das Eintreffen der Gäste beobachten zu können. Wann hatte man als Mensch schon ein Mal die Gelegenheit gleich zwölf der ranghöchsten Dämonen ganz Japans zu sehen. Natürlich war allen bewusst, dass sie keine Neugier zeigen durften, nun, nicht zu deutlich. Auch Sakura war wissbegierig genug, ans Fenster zu gehen, als die Torwachen dieses öffneten. Ihr Lehrer merkte es: „Du willst die Gäste betrachten?“ „Ja. Ich weiß, hier im Schloss leben genug Dämonen, aber wenn das die stärksten sind?“ „Der mächtigste ist unser Herr, der Inu no Taishou. Er ist auch der Ranghöchste unter diesen zwölf Fürsten. Ein solches Treffen ist natürlich schon etwas Besonderes.“ Neigi kam zu ihr: „Es findet nur alle hundert Jahre statt.“ Sakura nickte etwas: „Darum wurde auch in der großen Halle gedeckt, wie in einem Menschenschloss?“ „Was meinst du?“ „Ich hörte von anderen, dass sie Kissen und Polster im Kreis gelegt haben, für die zwölf Herren, dahinter eine Reihe Kissen für die Begleiter. Und es sollen sogar Becher dastehen.“ „Ach, das meinst du. Ja. Aus Anlass einer solchen Tagung wird Wein gereicht. Zu essen gibt es natürlich nichts, aber sie werden sich mit einem Becher Wein zutrinken. So ist das Ritual.“ „Wart Ihr schon einmal dabei, Sensei?“ „Nein. Aber jeder weiß natürlich so ungefähr, wie das durchgeführt wird. Anwesend sein werden nur die Herren und natürlich ihre Begleiter, zumeist der Erbe. Die Söhne müssen ja lernen, wie so etwas abläuft, sei es an Ritualen oder auch an Diskussionen.“ „Da kommen welche. Sind das auch Hundedämonen?“ „Nein. Hundedämonen sind nur der Inu no Taishou und sein Lord Sesshoumaru.“ Neigi kam an das Fenster: „ Das sind… das müsste Maki sein. Er ist ein Katzendämon und die Nummer drei der Rangfolge. Der neben ihm ist nicht sein Sohn, eher ein Schreiber. Und da kommt ja auch schon die Nummer vier. Fürst Ryou. Er ist auch ohne Sohn da. Soweit ich weiß hat er gar keinen.“ Hinter dem Fürsten ging eindeutig ein menschlicher Begleiter. „Sie kommen in der Reihenfolge der Rangordnung?“ „Ja. Dämonen sind da wohl noch strikter als Menschen.“ Neigi warf seiner Schülerin einen raschen Blick zu: „Du würdest gerne dabei sein, Sakura?“ „Ich weiß es nicht. Soviel Neugier wäre unziemlich und ich würde doch alle anstarren.“ Sie musste lächeln: „Da bleibe ich lieber hier, ehe ich jemanden beleidige.“ „Das wäre tödlich“, gab der Heiler zu: „Dort kommen Fürst Gai und sein Sohn.“ „Also die Nummer fünf der Dämonen? Wie ist das mit den Söhnen?“ „Sie erben im Prinzip den Rang des Vaters, wenn sie selbst stark genug dafür sind. Lord Sesshoumaru ist eine große Ausnahme. Er ist schon in so jungen Jahren stark genug, tatsächlich die Nummer zwei der Rangliste zu sein. Darum wird er bei dieser Runde auch rechts neben seinem Vater sitzen. Eigentlich ist es nicht sehr viel anders als bei Menschen, nicht wahr?“ „Ich weiß sehr wenig über Menschen von Adel, Sensei. Ich lebte zwar in einem Schloss, aber Dienstboten sagt man ja so gut wie nichts.“ „Natürlich. Komm, machen wir uns wieder an die Arbeit.“ Sakura gehorchte. Es war keine Stunde später, als ein dämonischer Diener hereinstürzte: „Neigi-sama! Rasch! Einer der Gäste!“ Der Heiler sprang auf: „Pack meine Tasche, Sakura, und bring sie mir nach!“ Er verließ den Raum, während seine Gehilfin eilig gehorchte. Einer der Gäste? Das war übel. Es galt unter menschlichen Gastgebern schon als Schande, wenn ein Gast erkrankte. Soweit sie wusste, waren Dämonen noch strenger in ihren Sitten. Hoffentlich würde das den Inu no Taishou nicht blamieren. Sie nahm die schwere Tasche und rannte hinüber in den Haupttrakt des Schlosses. Überall herrschte Aufregung. Das sah nicht gut aus. Als sie die Halle betrat, erstarrte sie. Die hochrangigen Dämonen saßen zwar noch auf ihren Plätzen, schienen ungerührt, aber Neigi-san erhob sich gerade von einem von ihnen. Fürst Gai lag auf dem Boden, regungslos. Sein Sohn kniete neben ihm, blickte nun zu dem Heiler. Neigi schüttelte den Kopf: „Er ist tot.“ „Und das ist die Ursache!“ Der neben dem Toten sitzende Dämonenfürst, Sakura erkannte in ihm Ryou, hielt den Becher in der Hand, aus dem Gai wohl eben noch getrunken hatte. „Was meint Ihr?“ Der Heiler nahm den Becher, roch sorgfältig daran: „Wein. Wein und….Gift!“ Erschreckt blickte er zu dem Gastgeber. „Gift?“ wiederholte der Inu no Taishou: „Du bist sicher?“ „Ja, Herr.“ „Mein Vater hätte sich nie selbst getötet“, sagte der Sohn des Verstorbenen: „Das war Mord. Und ich verlange Genugtuung!“ „Das ist dein…Euer gutes Recht, Fürst Hiro.“ Der Herr der Hunde beachtete die neue Würde: „Neigi, bitte überprüfe das Gift. Ist es tödlich für Dämonen?“ „Ja, Herr. Das weiß ich.“ Neigi schien so verlegen zu werden, dass es Sakura wunderte: „Und es ist ein bitteres Gift. Es ist jedoch kaum zu riechen, zumal in einem Becher mit Wein. Ihr alle, edle Herren, trinkt nur alle hundert Jahre einen solchen Becher Wein, so dass der Geschmack wohl nebensächlich war. Nur für jemanden mit der ausgezeichneten Nase eines Hundedämons wäre es möglich, es aus gewisser Distanz herauszufinden.“ Jetzt verstand sie das Problem, zumal alle sofort zu dem Gastgeber blickten - und zu dessen Sohn. „Nun, ich habe weder etwas gerochen, noch hineingetan“, erklärte Sesshoumaru prompt: „Aber natürlich ist solch ein Mord äußerst provokant.“ „In der Tat.“ Fürst Maki nickte: „Und, wenn ich das so recht betrachte, ist es eine ziemlich pikante Lage, edler Inu no Taishou. Es ist Euer Schloss, die Becher standen bereits hier. Und Ihr hattet als Ranghöchster das Recht, Euch einen Sitzplatz zu suchen. Das bedeutete auch, dass Ihr so bestimmen konntet, wer wo sitzen würde.“ „Ihr wagt es…“ begann Sesshoumaru, wurde jedoch durch die erhobene Rechte seines Vaters unterbrochen. „Dessen bin ich mir bewusst, Fürst Maki. Es dürfte daher sinnvoll sein, wenn Ihr die Untersuchung dieser Sache übernehmt. Ich werde alle Dienstboten anweisen, Euch jede Unterstützung zu gewähren.“ „Ich…ich müsste Euch bitten, während dieser Untersuchung in Eurem Zimmer zu bleiben. Ihr seid im Augenblick dringend der Tat verdächtig.“ Sesshoumaru sah unwillkürlich zu seinem Vater. Jeder im Raum wusste sich diesen Blick zu deuten und die Dämonenfürsten spannten sich an. Würden diese beiden sich nun den Weg zur Flucht freikämpfen wollen, hätten sie alle einen schweren Stand. „Ja“, sagte der Hundefürst ruhig: „Und da Recht auch Recht bleiben muss, werden sowohl Sesshoumaru als auch ich in meinen Räumen bleiben. Ich möchte Euch nur bitten, Fürst Maki, dass Ihr Sakura…das Menschenmädchen dort, zu unserer Verteidigung beizieht. Sie ist Heilerin.“ Sakura wurde unwillkürlich etwas rot, als alle Dämonen im Raum prompt sie anstarrten. Du liebe Güte?! Sie sollte die Verteidigung übernehmen? Wie sollte sie das denn machen? Schön und gut, sie wusste, wie Lord Sesshoumaru ermittelte, aber so allein? Fürst Maki nickte jedoch: „Natürlich. Damit hat sie freien Zugang zu Euch. Allerdings niemand sonst, außer mir.“ „Das meinte ich.“ Jetzt erst begriff Sakura. Sie würde für den Hundefürsten und seinen Sohn die Botengänge übernehmen, die beiden würden ihr Aufträge geben. Und da der Inu no Taishou wusste, dass sie schon öfter mit Lord Sesshoumaru ermittelt hatte, hatte er wohl angenommen, dass sie es auch in diesem Fall schaffen würde. Das Vertrauen war sicher sehr ehrenvoll, aber falls sie versagte… Nein. Daran durfte sie gar nicht denken. So ließ sie die Tasche des Heilers zu Boden, kniete sich höflich nieder. Fürst Maki nickte leicht: „Gut. Dann, edler Inu no Taishou, darf ich Euch in Eure Räume begleiten. Und jeder von uns wird einige Wachen herbestellen, um sie davor zu postieren.“ Nicht, dass die viel helfen würden, aber schon, um zu zeigen, wer hier die Verdächtigen waren. „Ich hätte dann gern auch ein Zimmer, um die Verhöre leiten zu können. Und die übrigen Zeugen muss ich bitten, einstweilen hier in diesem Raum zu bleiben. Ach, Heiler, Neigi, untersuche den Fürsten Gai noch einmal gründlich, ob er wirklich an dem Gift starb. – Menschenmädchen, du wirst mich zunächst begleiten, da du ja auch die Informationen benötigst.“ Da der Hausherr sagte: „So sei es!“ wurden diese Anweisungen befolgt. Fürst Maki blickte sich in den Räumen des Fürsten rasch um: „Ich danke Euch, Herr der Hunde. Ich…ich möchte später mit Euch und Lord Sesshoumaru reden.“ „Ich werde Eure Wachen anweisen, Euch vorzulassen.“ Erstes Anzeichen der Verärgerung des Hundefürsten, aber das war natürlich nur zu verständlich. Maki wusste das und verneigte sich höflich: „Danke. Komm, du Mensch. Gehen wir.“ Sakura erhob sich höflich. Wie gewohnt hatte sie sich neben der Tür niedergelassen. Das konnte ja nett werden, wenn sie dieser Dämonenfürst nicht mit ihrem Namen ansprechen wollte. Aber er würde sie kaum von der Untersuchung fernhalten. Der Inu no Taishou ließ sich nieder. Sesshoumaru kam sofort an seine rechte Seite: „Ich verstehe das nicht“, sagte er. „Was? Den Mord oder die Untersuchung, mein Sohn?“ „Dass Ihr Euch hier so einschließen lasst, nicht selbst herausfinden wollt, was geschehen ist.“ „Aber genau das werde ich doch tun. - Sakura.“ „Ich verstehe. Aber dennoch...“ „Sesshoumaru. Ich bin der Oberste Richter hier. Wer, wenn nicht ich, sollte sich an das Gesetz halten. Überdies wären die anderen eher auf mich, auf uns losgegangen.“ „Wir hätten gewonnen.“ „Zu welchem Preis? Alles, was so aufgebaut ist als ein Herrschaftsgebiet, wäre vernichtet. Jede Herrschaft beruht nicht nur auf Macht, sondern auch auf Recht. Und da ich sicher bin, dass weder du noch ich Gai vergiftet haben, werden wir eben herausfinden, wer es gewesen ist.“ „Ja, Herr Vater. Darf ich dennoch eine Frage stellen? Maki hat sofort auf Euch gedeutet, die anderen auch. Niemand hat auch nur zu Ryou oder Ito gesehen, die beide direkt neben Gai saßen. Das ist nicht nur unlogisch sondern beleidigend.“ „Das ist Politik, mein Sohn. Jeder von ihnen rechnet sich in diesem Moment aus, wo er steht, wenn wir beide fallen. Wer es tatsächlich gewesen ist…nun, ich hoffe, das werden wir mit der Hilfe der kleinen Sakura herausfinden.“ Von nun an herrschte Schweigen. Sakura folgte dem Dämonenfürsten in das ihm zugewiesene Zimmer. Vorsichtig ließ sie sich an der Tür nieder, dem Platz einer Dienerin. Maki schüttelte ein wenig den Kopf: „Hierher.“ Er deutete knapp hinter sich. Dieses Menschenmädchen schien überaus höflich zu sein, genau zu wissen, wie man sich einem Fürsten der Dämonen gegenüber verhielt. Der Inu no Taishou schien seine Diener recht gut zu erziehen. „Hast du schon einmal an einer solchen Untersuchung teilgenommen? Du bist Heilerin, sagte der Herr der Hunde.“ „Ja, Fürst Maki. Beides.“ „War hier mal etwas unter Menschen?“ „Nein, Fürst Maki. Mein Auftrag lautete an Lord Sesshoumaru.“ Mehr wollte sie wirklich nicht erzählen. Maki nickte leicht. Er hatte schon gehört, dass der Erbprinz als Vertreter seines Vaters Ermittlungen in Mordfällen anstellte. Erstaunlich, dass er dabei ausgerechnet eine menschliche Heilerin dabei gehabt hatte. Aber nun gut. Dämonische Heiler, wie diesen Neigi gab es relativ selten. Dann war es auch nicht erstaunlich, dass sie solche Höflichkeit zeigte. Lord Sesshoumaru war nicht gerade für seine Geduld gegenüber Fehlern bekannt. Eher war es verwunderlich, dass sie noch am Leben war. „Gut. Dann weißt du ja, dass man Aussagen benötigt. – Wie willst du deine Herren verteidigen?“ „Vergebt, Fürst Maki. Das kann ich Euch erst sagen, wenn ich alle Fakten kenne.“ Oh, da hatte jemand wirklich Training in dämonischen Denkweisen bekommen. Fürst Maki warf einen raschen Blick hinter sich. Sie sah ihn nicht an, wie es die Höflichkeit gegenüber einem Fürsten gebot, aber sie hatte offenbar auch keine übersteigerte Angst vor ihm. So meinte er: „Gut. Kennst du die Namen der einzelnen Fürsten und die Namen der Begleiter?“ „Nein, Fürst Maki.“ „Es waren zwölf Dämonenfürsten in der Halle und zehn Begleiter. Der Inu no Taishou und Lord Sesshoumaru waren zu zweit, hatten aber auf Schreiber verzichtet. Dann, der Reihenfolge nach: Ich, Fürst Maki, und mein Schreiber, Fürst Ryou und sein Schreiber, Fürst Gai, der Verstorbene, und sein Sohn, der nunmehrige Fürst Hiro, Fürst Ito und sein Sohn Itoji, Fürst Akira und sein Sohn Akihito, Fürst Kuro und sein Sohn Yami, Fürst Akado und sein Schreiber, Fürst Gekkou und sein Schreiber, Fürst Hinata und sein Sohn Emi und als letzter Fürst Tamahato und sein Sohn Kyou.“ Ein wenig interessiert betrachtete er das Menschenmädchen. Ob sie sich das alles gemerkt hatte? Sakura war von Lord Sesshoumaru wörtliche Berichte abliefern gewohnt, und auch Neigis Anweisungen und Rezepte musste sie rasch auswendig lernen. So nickte sie etwas: „Danke, Fürst Maki. Darf ich fragen, ob die Schreiber Menschen sind?“ „Nein. Nur Ryou kam mit einem Menschen. Alles andere sind Dämonen.“ Sie schien wirklich gut zu sein. Nun, umsonst hatte der Inu no Taishou kaum ausgerechnet auf dieses Menschenmädchen gesetzt. „Dann fangen wir an.“ ********************************************************** Fürst Maki und Sakura sollen ermitteln, Seine Lordschaft ist jetzt schon ungeduldig. Ob die Verhöre der Augenzeugen viel bringen werden? Wer so nett ist, mitzuraten und mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich, wie gewohnt, eine ENS, wenn das neue Kapitel: Unterhaltung mit Dämonen freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 2: Unterhaltung mit Dämonen ----------------------------------- Sakura soll ermitteln und ihre Herren wollen ihr helfen. Aber ob Interviews mit Dämonenfürsten so hilfreich sind? 2. Unterhaltung mit Dämonen Fürst Maki wandte nicht den Kopf, als er zu Sakura sagte: „Ich beginne mit Fürst Tamahato und seinem Sohn. Sie saßen dem toten Gai mehr oder weniger gegenüber.“ Das Menschenmädchen stutzte für einen Moment. Aber dann war ihr die Sitzordnung klar. Rechts neben dem Herrn der Hunde hatte Sesshoumaru gesessen, links daneben Fürst Maki. Und neben diesem wiederum Ryou, dann Gai und so weiter im Kreis, bis der rangniederste, Fürst Tamahato neben Lord Sesshoumaru Platz genommen hatte. So sagte sie höflich: „Wie Ihr wünscht, Fürst Maki.“ Hatte sie begriffen, wer wo gesessen hatte, oder wagte sie nur nicht zu fragen? Aber der Fürst klatschte nur, um einen Diener zu rufen. Das ging ihn so gesehen nichts an. Er war kein Kinderwärter für Menschenfrauen. Der Inu no Taishou hatte sein Schicksal und das seines Sohnes an sie gebunden, also würde sie ganz gut sein. So saßen bald Fürst Tamahato und etwas zurück sein Sohn Kyou im Raum. Sakura hätte sie gern genau angeguckt, aber sie wagte es nicht. Vermutlich würden sie sie zwar nicht umbringen, aber wer wusste das schon. Und soweit sie überblickte, konnten gerade vornehme Dämonen sehr schnell beleidigt sein. Ein Musterexemplar hatte sie ja oft genug vor Augen. „Wie Ihr wisst, habe ich die Ermittlungen übernommen, alter Freund. Könnt Ihr mir schildern, was Ihr gesehen habt, von dem Moment an, als wir diese Halle betraten, bis zu dem Augenblick, in dem Gai umfiel?“ „Nun, ich werde nichts anderes gesehen haben, als Ihr, mein lieber Maki.“ „Ihr wart derjenige, der dem armen Gai praktisch gegenübersaß.“ „Nein, gegenüber saß mein Nachbar, Hinata.“ „Ich werde auch noch ihn befragen.“ Fürst Tamahato seufzte: „Nun, es muss wohl sein. Wir können schlecht den Herrn der Hunde ohne Beweise verurteilen, oder?“ Da das nach keiner Antwort verlangte, fuhr er fort: „Nun, wie Ihr wisst, betraten wir alle die Halle nach der Begrüßung durch den Inu no Taishou, nacheinander, in der Reihenfolge. Unsere Söhne, und auch die Schreiber, waren an unserer Seite. Natürlich den Schritt zurück. Wie es die Rangordnung verlangte, suchte sich der Gastgeber ein Kissen aus und wir nahmen entsprechend zu ihm Platz. Er begrüßte uns noch einmal und dann tranken wir den Wein. Nur wenige Minuten später fiel Gai mit verzerrtem Gesicht um. Und ehe Ihr fragt, Maki: sonst ist mir überhaupt nichts aufgefallen. Ich habe natürlich auch nicht mit so Etwas gerechnet.“ „Und dir, Kyou?“ „Ich muss gestehen“, meinte der Dämonenprinz: „Dass ich mir mehr den Inu no Taishou angesehen habe und Sesshoumaru. Ich hatte sie ja noch nie getroffen.“ „Du hast dir den Inu no Taishou angesehen. Ist dir etwas aufgefallen? Hat er sich einmal vorgeneigt...nein, “ unterbrach sich Maki sofort: „Er hat nicht an mir vorbeigelangt.“ Außerdem, dachte Sakura unverzüglich, hätte er schon bemerkenswert lange Arme haben müssen, um an gleich zwei Fürsten vorbeizulangen und das Gift unter der Nase des dritten zu platzieren. Der Ermittler fuhr fort: „Könnt Ihr Euch ein Motiv vorstellen, warum Gai sterben musste?“ „Nein, ich habe ihn ja praktisch nicht gekannt. Nur bei diesen Treffen habe ich ihn gesehen.“ „Danke, das war es schon zunächst. Bitte geht wieder in die Halle und schickt mir Fürst Hinata.“ „Müssen wir wieder in die Halle?“ Tamahoto seufzte: „Wie Ihr wisst, vertragen sich der Eine und der Andere von uns nicht so gut.“ „Keinen Streit. Ein Toter ist schon Skandal genug.“ „In der Tat. Da habt Ihr recht.“ Die beiden gingen. Fürst Maki drehte leicht den Kopf, um einen Blick auf das Menschenmädchen zu erhaschen. Aber sie saß nur da, blickte zu Boden. Sie schien schweigsamer und geduldiger zu sein, als man es sonst von einem Menschen erwarten durfte. Kurz darauf kamen Fürst Hinata und sein Sohn, Lord Emi. Sakura war etwas überrascht. Beide trugen nicht Haori und Hakama, sondern Kimono, beide waren unbewaffnet. War das Leben in ihrer Gegend so friedlich? Fürst Hinata bestätigte auf Nachfrage: „Ja, nach der Begrüßung durch den Schlossherrn zogen wir in die Beratungshalle, wie immer. Die Kissen waren schon dort, auch die Becher waren bereits da. Ob sie schon gefüllt waren, weiß ich gar nicht.“ Er sah zu seinem Sohn: „Waren sie?“ „Ja, Herr Vater.“ „Also, Kissen und Becher waren schon da. Der Inu no Taishou blieb dann vor dem Kreis stehen, sah sich kurz um, ob wir alle da wären. Er oder jemand anderer sagte irgendetwas und dann setzte er sich. Und wir anderen taten es auch, die Fürsten im inneren Kreis, die Söhne, oder auch die Schreiber, in den äußeren Kreis. Dann redete der Inu no Taishou und hob dann seinen Becher um uns zuzutrinken. Alles war wie immer, bis Gai umfiel.“ Er dachte noch kurz nach: „Das war es eigentlich schon.“ „Habt Ihr Gai besser gekannt? Könnt Ihr Euch vorstellen, warum er sterben musste?“ „Nein, zu beidem.“ „Danke, Fürst Hinata. - Hast du noch etwas hinzuzufügen, Lord Emi?“ „Nein.“ „Dann geht bitte.“ Und als die beiden draußen waren: „Und nun, Menschenmädchen?“ „Ich verstehe nicht, verzeiht.“ Sie neigte sich höflich etwas weiter vor. „Wie willst du deine Verteidigung aufbauen? Es gibt mindestens drei Hinweise, dass nur dein Herr schuld an Gais Tod gewesen sein kann. Die Kissen und die Becher standen schon da, es ist sein Schloss. Und er hatte natürlich Zugang. Überdies suchte er sich seinen Platz als Erster aus. Da die Reihenfolge feststeht, wusste er auch, wo Gai sitzen würde und konnte ihn so zu dem vergifteten Becher lenken.“ „Wenn das Gift im Becher wirklich schuld hatte“, erwiderte sie prompt, hielt sich hastig die Hand vor den Mund. Immerhin war das auch ein Dämonenfürst und solche patzigen Antworten hätten ihr bei Lord Sesshoumaru sicher schon Ärger eingetragen. Maki nickte leicht: „Du willst darauf hinaus, was das für ein Gift war? Ich habe Neigi - das ist doch dein Lehrer? - ja beauftragt, das Gift zu überprüfen. Er wird es mir - und dir - sicher mitteilen, wenn er das Ergebnis kennt. Dann werden wir auch den Inu no Taishou und Lord Sesshoumaru anhören. - Zunächst aber Fürst Gekkou.“ Dieser kam mit seinem Schreiber, ebenfalls einem Dämon. Nein, auch ihm war nichts Besonderes aufgefallen, allerdings hatte er mit Fürst Akado leise geflüstert, während sie in den Beratungssaal zogen und schon daher nichts weiter mitbekommen. „Könnt Ihr Euch vorstellen, wer etwas gegen Gai gehabt hat? Soweit ich weiß, wart Ihr doch gut bekannt.“ „Ja. Und gerade darum habe ich nicht die geringste Ahnung. Gai war vermutlich einer der friedlichsten unter uns allen. Außer zu diesen hundertjährigen Treffen habe wohl nur ich ihn ab und an gesehen, weil wir direkte Nachbarn sind, äh, waren, und so einiges zu besprechen hatten. Ansonsten lebte er mehr wie ein Einsiedler mit seinem Sohn.“ „Ja, ich habe ihn auch immer nur zu den Treffen gesehen“, gab Maki zu: „Und ich kann Euren Eindruck nur bestätigen.“ Warum also musste er sterben? dachte Sakura, korrigierte sich aber sofort. Wie oft hatte ihr Lord Sesshoumaru gepredigt, nie nach dem Warum sondern immer nach dem Wie zu suchen. Hatte man das Wie der Mord begangen wurde, hatte man das Wer. Als Fürst Gekkou verschwunden war, sah sie fragend zu Fürst Maki. Dieser erhob sich: „Ich gehe zu dem Heiler, was er herausbekommen hat. Du kannst gehen, wohin du willst. Aber ich werde anschließend den Inu no Taishou und Lord Sesshoumaru befragen.“ „Dann werde ich dort sein.“ Sakura wartete höflich, bis der Ermittler das Zimmer verlassen hatte, ehe sie sich zu den Räumen des Hundefürsten begab. Dort waren Wachen aufgestellt worden. Sie nahm nicht an, dass diese zehn Dämonenkrieger auch nur eine Chance gegen Vater und Sohn hätten, falls die beiden tatsächlich ausbrechen wollten. Jedenfalls wussten die Wachen, wer sie war, und ließen sie durch. Sie kniete ehrerbietig neben der Tür nieder, schob diese zu. An der gegenüberliegenden Wand saßen der Herr der Hunde und sein Sohn. „Komm näher, Sakura“, sagte der Inu no Taishou: „Gab es die ersten Aussagen?“ „Ja, Herr.“ Sie rutschte näher: „Wünscht Ihr wörtlichen Bericht?“ „Nur, wenn etwas Wichtiges dabei war.“ Sie war geschmeichelt, dass er ihr zutraute, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, sagte jedoch: „Bislang liegen die Aussagen der Fürsten Tamahato, Hinata und Gekkou vor. Alle drei berichteten, dass ihnen nichts aufgefallen sei. Ihr habt sie begrüßt, dann erfolgte der Einzug in die Beratungshalle. Dann – aber das erwähnte nur Fürst Hinata - sagtet Ihr oder jemand anderer kurz etwas, ehe Ihr Euch einen Sitzplatz suchtet. Anschließend hieltet Ihr eine Rede und nahmt Euren Becher, trankt den anderen zu. Wenige Minuten später fiel Fürst Gai mit Krämpfen um. Fürst Maki befragt auch die Fürsten, ob diese ein Motiv für den Mord an Fürst Gai erkennen konnten, aber bislang alle verneinten es. Auch Fürst Maki erklärte, dass er sich keines vorstellen könnte. Er ist im Augenblick zu Neigi-san gegangen, um zu klären, was es mit dem Gift auf sich habe. Er wird gleich hier herkommen.“ „Motiv“, bedeutete Sesshoumaru verächtlich, schwieg dann aber wieder. Sein Vater nickte leicht. Da er auch nichts mehr sagte, herrschte Schweigen, bis Fürst Maki das Zimmer betrat. Er ließ sich nieder: „Laut Eurem eigenen Heiler ist das Gift ein Dämonengift, nicht unähnlich dem, was die Menschen Strychnin nennen, entwickelt aus dem Samen der Brechnuss. Nur eben andere Dosis und andere Zubereitung. Es wirkt innerhalb von wenigen Minuten tödlich. Und es kann leicht in Alkohol gelöst werden, schmeckt allerdings sehr bitter. Nach den bisher vorliegenden Aussagen hatte niemand Gelegenheit etwas in den Becher zu tun, ab dem Zeitpunkt, zu dem wir alle in die Beratungshalle kamen. Ich möchte Euch bitten, mir zu sagen, wie Ihr das Ganze gesehen habt.“ Der Inu no Taishou klang ruhig: „Ich begrüßte meine Gäste, bat sie dann, mir in die Beratungshalle zu folgen. Die Kissen waren bereits hingelegt, die Becher gefüllt worden. Für solche Tätigkeiten habe ich menschliche Diener und ich wollte meine Gäste nicht damit beleidigen, dass Menschen ihnen den Wein eingießen, sich dabei über sie beugen. Für einen Moment blieb ich stehen, als wir die Halle betraten, um zu überprüfen, ob alles in Ordnung sei. Hinter mir blieben auch die Fürsten halten. Soweit ich mich erinnere, Fürst Maki, kamt Ihr an meine linke Seite, Sesshoumaru rechts, die anderen auch näher.“ „Ja, das ist korrekt.“ „Dann sagte jemand hinter mir, ich solle mir einen schönen Platz aussuchen. Ich weiß nicht, wer es war, aber er schien anzunehmen, dass ich vergessen hätte, dass ich der Erste wäre, der sich setzen muss.“ „Fürst Ryou“, erklärte Sesshoumaru prompt: „Er ist stets ein wenig vorlaut.“ „Möglich. - In jedem Fall nahm ich Platz, alle anderen auch, in der Reihenfolge ihres Ranges. Dann hielt ich die offizielle Begrüßungsrede für das Treffen, nahm meinen Becher. Alle Fürsten - und Sesshoumaru - folgten diesem Beispiel und wir tranken uns zu. Und ich habe nichts, gar nichts, von dem Gift gerochen. Der Wein benebelt die Nase doch ziemlich.“ Fürst Maki nickte leicht: „ Könnt Ihr das so bestätigen, Lord Sesshoumaru?“ „Dass nichts zu wittern war? Ja.“ „Nein, ich meine auch die Reihenfolge der Ereignisse.“ „Ja.“ Der Hundeprinz ließ seinen Blick kurz zu Sakura schweifen. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie sich nicht nur die Aussagen gemerkt hatte, sondern auch versuchte, Schlüsse zu ziehen. Auch, wenn das noch ein wenig früh war. Wie, dachte Sakura. Wie hat der Mörder das hinbekommen? Niemand wusste, wohin sich der Inu no Taishou setzen würde. Niemand, der fremd im Haus war, hatte Zugang zu den Bechern, schon gar keiner der Gäste, die ja alle erst angekommen waren. Alles deutete auf den Herrn hin, aber das war unmöglich. Fürst Maki erhob sich. „Ich werde nun die anderen befragen, ob ihnen etwas aufgefallen ist. Und ich werde in Gais…nun, jetzt Hiros Schloss schicken, um dort die Leute zu befragen. Es muss doch ein Motiv für den Mord geben. Möglicherweise kann Hiro uns da weiterhelfen. Aber im Augenblick, Herr der Hunde, deutet alles auf Euch hin.“ ***************************************** Ach ja? Da hat wohl jemand die zwei Indizien übersehen, die bislang auftauchten ^^.. Wer so nett ist, mitzuraten, dem schicke ich, wie gewohnt, eine Ens, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel on ist. bye hotep Kapitel 3: Verhöre zwischen Fürsten ----------------------------------- Einige von euch scheinen die bisherigen Hinweise gefunden zu haben. Fürst Maki noch nicht. 3. Verhöre zwischen Fürsten Fürst Maki und Sakura setzten sich wieder in dem Zimmer, dass dem Ermittler zur Verfügung gestellt worden war. Das Menschenmädchen kniete wie zuvor einen Schritt hinter dem Fürsten, sah höflich zu Boden. Kurz darauf kam Fürst Akado, in Begleitung seines Schreibers, eines Dämonen. Obwohl sie sich bemühte, sie nicht anzustarren, fand Sakura die beiden faszinierend. Sie hatte noch nie einen Schlangendämon gesehen und irgendwie gruselte es sie ein wenig, als sie die schuppige Haut entdeckte. „Ja“, gab Fürst Akado auf Nachfrage an: „Bei dem formellen Einzug in die Beratungshalle habe ich mit Gekkou geflüstert.“ „Über was?“ erkundigte sich Maki prompt. „Oh, nichts, was Euch etwas angeht.“ „Das ist ein Mordfall. Und wenn wir den Herrn der Hunde des Mordes überführen wollen, muss ich alles wissen.“ Akado sah zu Sakura, die hastig wieder zu Boden blickte: „Du, Menschenmädchen, sollst doch den Inu no Taishou und Lord Sesshoumaru verteidigen, oder?“ „Ja, edler Fürst.“ „Berichtest du ihnen auch über unsere Aussagen?“ „So lautet meine Anweisung.“ „Dann werde ich nichts dazu sagen, Fürst Maki.“ „Oh. - Sakura, wenn es zu Ärger führen kann und nichts mit dem Fall zu tun hat, wirst du schweigen, verstanden.“ „Ja, Fürst Maki.“ Sie erriet schon, was nun kam. „Na ja, wir unterhielten uns über Lord Sesshoumaru. Was er für ein arroganter Hund sei, eingebildet und kalt….“ Fürst Akado betrachtete Sakura: „Aber wie gesagt, du schweigst.“ „Ich habe verstanden“, murmelte sie. Ja, wenn sie dem Hundeprinzen das erzählen würde konnte sich Fürst Akado schon mal einen netten Gedenkstein aussuchen. Außerdem war es klüger, nicht zu widersprechen, wenn man gerade neben zwei Dämonenfürsten saß. Sonst war Akado nichts aufgefallen, auch er konnte sich kein Motiv vorstellen. Fürst Kuro kam in Begleitung seines Sohnes, Lord Yami. Beide trugen Schwerter, die sie beim Hinsetzen abzogen. Der Fürst bestätigte den Ablauf der Ereignisse: „Ja, nach der Begrüßungsrede zogen wir in die Beratungshalle. Dort stockte der feierliche Einzug ein wenig, da der Inu no Taishou stehen geblieben war. Jemand erinnerte ihn daran, dass er sich als Erster einen Platz suchen musste, und das tat er darauf. Dann ließen sich alle nieder, in der Reihenfolge des Ranges, also erst Lord Sesshoumaru rechts von ihm, dann Ihr, Maki, links, dann Ryou neben Euch und dann Gai neben Ryou. Dabei ist mir auch nichts an ihm aufgefallen oder so.“ Er warf einen Blick hinter sich: „Dir, Yami?“ „Nein, Herr Vater. Um ehrlich zu sein, hätte ich, wenn ich an einen Schwächeanfall hätte glauben müssen, eher an Fürst Ryou gedacht. Dieser fiel ja fast in die Kissen, statt sich würdig zu setzen. Fürst Gai war vollkommen ruhig und gelassen, als er Platz nahm, wie es einem Fürsten ziemt.“ „Ja“, nahm Kuro den Faden wieder auf: „Dann setzte sich Ito neben Gai, Akira, ich, Akado, dann Gekkou, Hinata und als letzter Tamahoto. Als alle Fürsten Platz genommen hatten, setzten sich auch die Prinzen und Schreiber in dem äußeren Kreis. – Ehrlich, Maki, ich beneide Euch nicht um Eure Aufgabe. Es ist einfach unmöglich vor den Augen so vieler Personen Gift in einen Becher zu schütten. Das muss schon zuvor passiert sein.“ Fürst Maki schwieg dazu: „Könnt Ihr Euch einen Grund vorstellen, warum Gai sterben musste?“ „Nein. Ich meine, ich kannte ihn immer nur von diesen Treffen her. Mehr nicht. Aber Hiro müsste Euch da eher weiterhelfen können.“ „Ja, danke. Wenn Ihr zurück in der Halle seid, bittet Fürst Akira und Lord Akihito zu mir.“ Er wartete, bis die beiden draußen waren: „Sakura, nach den beiden nächsten werde ich die Boten abschicken, die in Gais Schloss die Leute befragen sollen. Du kannst dann wieder zu deinem Herrn gehen. Ich werde dich dort holen lassen.“ „Wie Ihr wünscht.“ Ob er etwas vorhatte, von dem sie nichts wissen sollte? Oder wollte er ihr Gelegenheit geben, Bericht zu erstatten? Eher letzteres, dachte sie. Er bemühte sich offenbar gerecht zu sein. Auch, wenn sie seine Technik, nach der Rangfolge zu befragen etwas eigen fand. Aber womöglich musste man das bei den Dämonen so tun. Allerdings betonte er bei jeder Gelegenheit, dass er den Herrn der Hunde des Mordes überführen wollte. Und alle anderen schienen der gleichen Ansicht zu sein. Nun gut. Vielleicht wären sie ausnahmslos nur zu froh um einen Sündenbock, gleich, wer es wäre. Überdies würden sie alle in der Rangfolge aufsteigen, fielen der Inu no Taishou und sein Sohn. Fürst Akira und sein Sohn kamen kurz darauf. „Also, was wollt Ihr, Maki? Eigentlich ist die Sache doch klar. Nur einer hatte die Gelegenheit.“ „Und das Motiv?“ „Hm?“ „Warum sollte der Inu no Taishou Gai unter seinem eigenen Dach vergiften?“ Fürst Akira zuckte die Schultern: „Wer weiß schon, was im Kopf eines anderen vor sich geht.“ „Es ist immerhin unser Anführer, Akira.“ „Genau deswegen könnte er ja gedacht haben, mit heiler Haut davon zu kommen.“ Unsinn, dachte Sakura prompt. Wenn der Herr jemanden hätte tot sehen wollen, hätte er nur ein Duell vom Zaun brechen müssen. Dann hätte niemand etwas sagen können. Gift passte nicht zu einem Hundedämon, da war sie sicher. „Bitte, fangen wir von vorne an.“ Maki blieb gelassen: „Wir sollten uns keinen Fehler leisten, nicht wahr?“ „Schön. Wo soll ich anfangen?“ „In der Haupthalle bei der Begrüßung.“ „Da wart Ihr doch auch dabei.“ „Ja. Aber deswegen habe ich sicher nicht alles gesehen.“ „Stimmt. Also, wir marschierten dann in der Rangfolge hinüber in die Beratungshalle. Dort gab es einen kleinen Stau, weil der Herr der Hunde unbegründet stehen geblieben war. Jetzt vermute ich, dass er versuchte, sich zu erinnern, in welchen Becher er das Gift getan hatte, und sich so zu platzieren, dass das Gai bekam. Jedenfalls setzte er sich dann endlich und wir Fürsten nahmen im Kreis Platz, dann die anderen.“ „Ist Euch an Gai irgendetwas aufgefallen?“ „Nein. Um ehrlich zu sein, habe ich ihn praktisch nicht gesehen. Ich meine, er setzte sich, dann Ito und dann ich. Ich guckte erst an Ito vorbei, als Gai umkippte.“ „Und du, Lord Akihito?“ fragte Fürst Maki. „Ich achtete nur auf meinen Herrn und Vater“, erwiderte der Prinz. Das dachte sich Sakura. Fürst Akira machte ganz den Eindruck, als ob er seinen Sohn hart am Zügel hatte. „Ihr habt also auch nicht bemerkt, dass der Herr der Hunde noch einmal aufstand?“ „Nein. Er saß da, hielt die Rede und nahm dann seinen Becher.“ Akira dachte kurz nach: „Nein, da war nichts, und ich hab ihn praktisch nicht aus den Augen gelassen.“ „Danke, das war es schon.“ Der Inu no Taishou nickte, als Sakura kam: „Bitte, berichte Lord Sesshoumaru.“ Es interessierte ihn, zusehen zu können, wie diese seltsame Zusammenarbeit ablief. Sakura kniete daher vor dem Prinzen nieder. Es war ungewohnt für sie, dass er ebenfalls saß. Gewöhnlich stand er, mit dem Rücken zu ihr zumeist: „Wünscht Ihr wörtlichen Bericht?“ Sie blickte jedoch höflich zu Boden. „Ja.“ So gehorchte sie, unterschlug allerdings dabei, über was sich Fürst Akado und Gekkou unterhalten hatten. Falls er nachfragen würde, müsste sie es sagen, dessen war sie sich bewusst. Er konnte ziemlich nachdrücklich werden, wenn er etwas wissen wollte. Beide hörten schweigend zu, ehe der Fürst sagte: „Selbstmord?“ „Unwahrscheinlich, Herr Vater.“ „Natürlich. Warum hier, vor allen Fürsten und in Gegenwart seines Sohnes.“ „Hiro.“ „Hiro.“ Sesshoumaru nickte leicht: „Sakura, achte bei den nächsten Verhören genau auf das, was Hiro tat.“ „Ihr meint, der Sohn hätte den Vater...?“ „Sakura.“ „Verzeiht, Lord Sesshoumaru. Ich werde darauf achten.“ Die Herren hatten Recht. Hiro war direkt hinter seinem Vater gewesen, hatte vielleicht einmal rasch vorbeigelangt, eine Geste, die nur den direkten Nachbarn oder Gai selbst hätte auffallen können. Aber wenn er das während der Rede getan hatte, als aller Augen auf den Inu no Taishou gerichtet waren? Selbstmord war in der Tat unwahrscheinlich. Warum genau hier und zu diesem Zeitpunkt. „Fürst Maki schickt gerade Boten in das Schloss des Ermordeten, um zu versuchen, ein Motiv zu finden.“ „Sein Verstand arbeitet eigenwillig.“ Diese Bemerkung des Hundeprinzen galt seinem Vater. Der Fürst lehnte sich ein wenig zurück: „Ich habe ihn im Verdacht, großmütig zu sein. Er versucht ein Motiv zu finden, um mich zu entlasten.“ „Er geht die Beweise gegen Euch aber von der falschen Seite an.“ „Ja.“ Sakura hörte neugierig zu, sah aber höflich zu Boden. Es ziemte sich sicher nicht, in das Gespräch einzugreifen. Aber es hätte sie doch interessiert, wieso für die beiden Hundedämonen die Suche nach dem Motiv für einen anderen als den Inu no Taishou die falsche Seite war. Kurz darauf kam einer der Wachposten herein, verbeugte sich ehrerbietig tief vor den Gefangenen: „Vergebt, edler Fürst, Lord Sesshoumaru. - Das Menschenmädchen soll wieder zu Fürst Maki kommen.“ „Geh, Sakura“, sagte der Hundefürst unverzüglich. Sie verneigte sich höflich zweimal, ehe sie zu dem Ermittler ging. Dieser erwartete sie in dem Zimmer: „Haben deine Herren etwas Neues in den Berichten erkannt?“ „Keinen anderen Verdächtigen, Fürst Maki.“ Sie sollte schließlich nur darauf achten, was Hiro getan hatte. Niemand hatte ihn bislang als Tatverdächtigen bezeichnet. Und sie hatte keine Lust auf eine Bestrafung, nur weil sie Lord Sesshoumaru vorgegriffen hatte. Überdies war es unschicklich. Wer wusste schon, was die Herren für Pläne hatten. „Ich habe die Boten abgesandt, aber es mag dauern bis sie zurückkehren, bis morgen, womöglich.“ Maki wandte wieder leicht den Kopf „Da fällt mir etwas ein. Du bist ein Mensch.“ „Ja, Fürst Maki.“ „Menschen haben doch solche Eigenheiten: essen, schlafen. Benötigst du etwas davon?“ „Noch nicht. Ich danke Euch, edler Fürst.“ „Sag es. - Gleich kommen Fürst Ito und sein Sohn Itoji.“ „Fürst Ito saß neben dem Ermordeten.“ „Ja, genau.“ Tatsächlich, ihr Gedächnis war ausgezeichnet. Darum wohl hatte der Inu no Taishou sie hierzu befohlen. Kurz darauf saßen der Fürst und der Prinz vor ihnen. Itoji war noch sehr jung, das erkannte sogar Sakura. Nach menschlichen Maßstäben hätte sie ihm höchstens zehn Jahre gegeben. Aber als Dämon war er gewiss älter. Dennoch trug er keine Waffe. Auch Ito bestätigte den bisher beschriebenen Ablauf: „Und dann setzte sich der Inu no Taishou und wir, die Fürsten, gingen entsprechend unserem Rang weiter, um ebenfalls Platz zu nehmen. Ihr selbst, dann Ryou, dann der arme Gai, dann ich, dann Akira….nun, Ihr wart ja selbst dabei.“ „Gewiss. Aber Ihr habt natürlich direkt neben Gai gesessen. Habt Ihr zufällig bemerkt, dass er schon einmal während der Rede des Hundeherrn zu seinem Becher gegriffen hat?“ „Nein. Das wäre doch auch unhöflich gewesen. Ach, ich verstehe. Selbstmord?“ „Nun, das wäre eine Möglichkeit.“ „Nein. Nein, das wäre mir sicher aufgefallen.“ „Hast du etwas bemerkt, Lord Itoji? Du bist hinter deinem Vater gesessen und hinter Fürst Gai?“ „Ja“, sagte der junge Dämon: „neben Lord...nein, Fürst Hiro. Aber mir ist ebenfalls nichts aufgefallen. Während der Rede des Inu no Taishou haben ja alle dorthin geblickt. Auch, wenn ich kaum etwas von ihm sehen konnte. Fürst Gai und Hiro saßen mir ja im Blickfeld.“ „Das tut nichts zur Sache“, verwies ihn sein Vater sofort: „Immer sitzt jemand dazwischen, wenn Ranghöhere da sind. So ist das eben.“ „Ja, mein Herr und Vater.“ Moment, dachte Sakura. Das war aber sicher ein Punkt, der Lord Sesshoumaru und den Fürsten interessieren würde. Itoji hatte den Inu no Taishou nicht sehen können, weil Gai und Hiro ihm die Sicht versperrt hatten. Da wäre ihm doch sicher aufgefallen, wenn Hiro nach vorn gelangt hätte, etwas in den Becher getan hätte. Und auch Fürst Ito…zumindest wäre das Risiko, bemerkt zu werden, unglaublich hoch gewesen. Was, wenn der Junge nur gefragt hätte: was machst du da. Aber die Bewertung müsste sie ihren Herren überlassen. Sie sollte nur Indizien sammeln, Hinweise. Als die beiden gegangen waren, sah Fürst Maki zu Sakura: „Nun kommt Fürst Hiro. Danach würde ich die Befragung für heute beenden. Geh noch einmal zu deinen Herren, dann komme ebenfalls in die Beratungshalle. Du sollst dort mit den Dämonenfürsten die Nacht verbringen.“ Warum das denn? Aber sie sagte nur: „Wie Ihr wünscht.“ Es ziemte sich gewiss nicht, einem Fürsten zu widersprechen. Kurz darauf kam Fürst Hiro, der Sohn des Ermordeten, und selbst für einen Menschen wirkte er deutlich angespannt. „Ich bedauere, dass ich Euch befragen muss, Hiro“, sagte Fürst Maki daher auch prompt: „Aber wir können uns keinen Fehler leisten. Und Ihr saßt zunächst an Eurem Vater.“ „Ich weiß. Ich bin mir bewusst, dass der Prozess gegen den Inu no Taishou ohne jeden Zweifel abgehen muss. Sonst würden gewiss nicht alle Dämonenfürsten dem Prozess oder gar einer Hinrichtung zustimmen. Immerhin ist er ein sehr starker Dämonenfürst und nur, wenn wir alle zusammenhalten, auch unsere Wachen dabeihaben, könnten wir gegen ihn und Lord Sesshoumaru bestehen.“ Das stimmte. Daran hatte Sakura noch gar nicht gedacht. Die beiden mit Gewalt festzuhalten oder gar hinrichten zu lassen, dürfte ein ziemliches Stück Arbeit werden. Maki nickte: „Fangen wir an. Euch ist an Eurem Vater nichts aufgefallen? Wirkte er ein wenig angespannt vielleicht, in der Aussicht auf dieses Treffen?“ „Nein. Er war wie immer. Was sich natürlich auch ziemt. Mein Herr Vater war stets sehr bemüht, die Contenance zu wahren.“ „Natürlich. Bitte, erzählt, wie Ihr hier ankamt.“ „Nun, Ihr selbst, und Ryou waren schon hier, danach kamen die anderen. Der Inu no Taishou begrüßte uns in der Halle, dann zogen wir in der Reihenfolge der Fürsten in die Beratungshalle. Dort blieb der Herr der Hunde kurz stehen, setzte sich dann. Und alle Fürsten nahmen Platz, wir, die Söhne, oder die sonstigen Begleiter dahinter. Mir ist auch da nichts Besonderes aufgefallen, falls Ihr dies fragen wollt.“ „Diener oder so liefen ja keine mehr herum.“ „Nein. Niemand. Und darum bin ich überzeugt, dass das Gift bereits in dem Becher gewesen sein muss. Niemand sonst kam mehr an den Wein heran.“ „Während der Rede blickten alle zum Inu no Taishou.“ „Natürlich. Aber wir saßen doch recht eng beisammen. Wenn jemand zwischen mir und Lord Itoji durchgelangt hätte, hätte er entweder über meine Schulter oder die Itojis fassen müssen, dann zwischen meinem Vater und Fürst Ito hindurch. Oder auf der anderen Seite an Fürst Ryou vorbei.“ „Ich verstehe. Ich habe Boten in Euer Schloss geschickt, aber sie werden sicher morgen früh zurück sein. Sie sollen Eure Leute befragen.“ „Wegen einem Grund für den Mord?“ „Ja.“ „Ich kenne keinen.“ „Ich weiß. Aber wie Ihr selbst schon sagtet, wir dürfen uns keinen Fehler leisten.“ ******************************************************* Sie sind alle so sicher, wer es gewesen ist. Aber was ist wirklich in der Runde passiert? Im nächsten Kapitel "Rätselraten" verzweifelt Fürst Maki. Und Seine Lordschaft hat eine Idee. Wer so nett ist, mitzuraten, erhält, wie gewohnt, eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 4: Rätselraten ---------------------- Hat man das Wie, hat man den Wer, meint Lord Sesshoumaru. Aber was passiert, wenn man das Wie nicht finden kann? 4. Rätselraten Sakura berichtete möglichst wörtlich, was die Fürsten und die Prinzen ausgesagt hatten. Sesshoumaru nickte fast unmerklich. „Dann warten wir bis morgen“, entschied der Inu no Taishou: „Obwohl ich bezweifle, dass sich über Nacht etwas Neues ergibt.“ „Verzeiht, mein Herr“, sagte Sakura vorsichtig: „Darf ich eine Frage stellen?“ „Natürlich. Du sollst mich ja verteidigen.“ „Das Gift war in dem Becher, daran besteht kein Zweifel. Da Ihr das nicht wart, Herr….Dann muss es doch einer der Gäste gewesen sein?“ „Ich stelle fest, dass du mich ausnimmst.“ Sesshoumaru lehnte sich zurück: „Was ist?“ Sie waren beide sehr gnädig zu ihr. Sie sah zu Boden: „Es waren nur ein paar der Gäste, die an dem Platz des Verstorbenen vorbeikamen, nicht wahr? Und nur diese hätten überhaupt die Gelegenheit gehabt. Aber da Ihr alle in der Rangreihenfolge bliebt, saß Fürst Gai schon, und der nunmehrige Fürst Hiro stand noch hinter ihm. Sie hätten es doch bemerkt, wenn sich jemand über Fürst Gai gebeugt hätte.“ Sie hob ein wenig den Kopf, um die Rüstung des Prinzen anblicken zu können: „Vergebt meinen Vorwitz, Lord Sesshoumaru, ich habe nicht vergessen, dass Ihr stets sagt, man solle das Wie eines Mordes finden. Aber…es ist einfach unmöglich!“ Der Inu no Taishou bemerkte mit gewissem Interesse, dass Sakura zum Einen versuchte, wirklich mitzudenken, zum Anderen sein Sohn keinerlei Anstalten traf, sie für ihre Worte zu bestrafen. Stattdessen sagte er: „Das bedeutet nur, dass du etwas übersehen hast.“ Sofort senkte Sakura ergeben den Kopf: „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Was meinte er? Was hatte sie vernachlässigt, das er bereits bemerkt hatte? Sie sollte heute Nacht darüber grübeln. Als einziger Mensch unter lauter Dämonen würde sie sowieso kaum Schlaf finden. Nachdem Sakura den Raum verlassen hatte, sagte der Hundefürst: „Sie ist wirklich anstellig. Und sie hat Recht. Ich sehe auch keine Möglichkeit, wie jemand an den Becher herankommen konnte.“ „Es gibt eine.“ „Und welche?“ „Das weiß ich noch nicht, Herr Vater. Aber da Ihr das Gift nicht hinzugefügt habt, und ich ebenfalls nicht, muss es eine andere geben. Wenn man alle Wege betrachtet, die unmöglichen ausschließt, wird der, der übrig bleibt, der richtige sein.“ „Das ist wahr.“ „Wir bekommen noch die Aussagen von Ryou und Maki selbst. Und wir müssten mit Neigi reden.“ „Das muss Sakura tun. Sie allein hat Zugang zu uns.“ „Tatsächlich?“ „Keine voreiligen Handlungen, mein Sohn. Tun wir so, als ob wir hier wirklich eingesperrt wären.“ „Wie Ihr wünscht, verehrter Vater.“ Sakura zögerte ein wenig am Eingang zum Beratungssaal, aber da ihr Fürst Maki schlicht befahl, sie solle sich dort in das Eck neben der Tür legen, gehorchte sie, platzierte sich mit dem Rücken zu den Dämonen, um nicht in den Verdacht zu geraten, diese beobachten zu wollen. Sie mochten das bestimmt nicht, und sie wollte nicht ausprobieren, wie weit der Schutz ging, den sie als Dienerin des Hausherrn genoss. Die Dämonenfürsten und ihre Begleiter saßen noch immer im Kreis und schwiegen sich mehr oder weniger an. Nur selten fiel ein Wort. Eine Feier unter Dämonenfürsten war ungefähr so fröhlich wie eine Beerdigung. Oder war das nur, weil Gai gestorben war, und sie nicht wussten, wer der Mörder war? Nun, zumindest Fürst Akira war sich ja sicher, dass es der Inu no Taishou war. Und auch die anderen schienen von dieser Möglichkeit angetan zu sein. Warum nur? Hm. Fiel der Inu no Taishou, fiel auch Lord Sesshoumaru. Sie alle würden im Rang um zwei Plätze aufsteigen. Und Fürst Maki wäre der ranghöchste der Dämonen. War das ein Motiv, schlecht zu ermitteln? Sie hatte zwar nicht den Eindruck gehabt, dass er nachlässig sei, und die Herren hatten sogar gemeint, er versuche den Inu no Taishou zu entlasten, aber… Wie, dachte sie und schloss die Augen, um nicht dauernd die Wand ansehen zu müssen. Wie konnte der Mörder das Gift in den Becher tun? Nur das Wie war nötig, um den Mörder zu finden. Zumindest war Lord Sesshoumaru mit dieser Technik sehr erfolgreich. Konnte es vor der Versammlung in den Becher getan worden sein? Von wem? Keiner der menschlichen Diener hatte doch gewusst, wer wo sitzen würde, ja, nicht einmal den Fürsten Gai je gesehen. Das letzte Treffen fand immerhin vor hundert Jahren statt. Überdies war allen Menschen klar, dass das eine ziemlich dumme Selbstmordvariante wäre. Andere Dämonen waren nicht in die Halle gekommen. Der Inu no Taishou und Lord Sesshoumaru kamen auch nicht in Betracht. Nein. Jemand musste das Gift unter aller Augen in den Becher getan haben. Und da blieb nur die Möglichkeit, dass das während der Rede geschehen war. Alle hatten übereinstimmend ausgesagt, dass sie ausnahmslos den Herrn der Hunde angeguckt hatten. Nur: wie? Hatte doch jemand über die Schultern von Itoji oder Hiro gelangt? Wer? Es wäre doch aufgefallen, hätte einer der Männer seinen Platz verlassen? War etwa ein Fremder in den Raum gekommen, unbemerkt von so vielen hochrangigen Dämonen? Auch unwahrscheinlich. Inmitten ihrer Grübelei schlief sie ein, zur gewissen Verwunderung der anderen Anwesenden. Am folgenden Morgen wollte sie sich aus der Küche rasch ein Frühstück holen, ehe sie Fürst Maki folgte. Dieser hatte es ihr freundlicherweise erlaubt. Als sie aus dem Saal auf den Gang trat, sagte hinter ihr jemand: „Entschuldige, Heilerin.“ Sie fuhr herum. Hinter ihr waren lauter Dämonen und von einem so angesprochen zu werden, machte sie nervös. Ein wenig erstaunt erkannte sie jedoch, dass ein Mensch vor ihr stand. Stimmt ja, dachte sie. Das war der Begleiter von Fürst Ryou. Und das war ein Menschenmann, mit langen schwarzen Haaren und dunklen Augen. „Entschuldige“, wiederholte der, da er ihren Schreck bemerkt hatte: „Ich wollte nur fragen, ob du in die Küche gehst, um dir etwas zu essen besorgen. Und ob ich mitgehen darf.“ „Ja, natürlich. Du hast gewiss seit gestern Morgen nichts bekommen.“ „Nein.“ Er schloss sich ihr an: „Aber das bin ich gewohnt, wenn ich mit dem Herrn unterwegs bin.“ Sie nickte leicht: „Es muss schwierig sein, für jemanden, der nichts zu sich nehmen muss, daran zu denken, dass Menschen Essen brauchen.“ „Du kennst das auch? Warst du auch schon mit deinem Herrn auf Reisen? - Mein Name ist Suki. Deiner Sakura, soweit ich mitbekam. Bist du schon lange hier in diesem Schloss? Der Heiler ist doch aber ein Dämon? Bist du dann für die Menschen zuständig?“ „Nein. Ich lerne noch.“ Der redete ja wie ein Wasserfall. Aber sie nahm an, dass er seit Tagen mit Fürst Ryou unterwegs war und wenn der nur halb so wenig sprach, wie Lord Sesshoumaru war Suki sicher kaum dazu gekommen, etwas anderes als: „Ja, mein Fürst“, zu sagen. Mit gewissem Verständnis fuhr sie fort: „Und du bist der Schreiber bei Fürst Ryou?“ Er sah nett aus, war vielleicht dreißig Jahre alt. Sie fand ihn recht sympathisch. „Ja, im Moment schon. Mich wunderte nur, dass eine menschliche Heilerin in einem Dämonenschloss arbeitet und offenbar sehr anerkannt wird, obwohl ein Dämon als Heiler da ist.“ Immerhin war es auffällig gewesen, dass der Inu no Taishou auf sie als Verteidigerin gezeigt hatte, nicht auf den dämonischen Heiler. „Hat Fürst Ryou auch einen menschlichen Heiler?“ Suki verzog das Gesicht: „Das wäre mir lieber gewesen, als den Schreiber machen zu müssen. Aber er hat einen Dämon als Heiler. Fürst Ryou würde sich nie von einem Menschen berühren lassen.“ „Das verstehe ich nicht ganz. Fürst Ryou hat einen menschlichen Schreiber, aber mag Menschen nicht?“ „Nein, aber Heiler müssen doch auch unter Dämonen manchmal ihre Patienten behandeln, berühren. Das würde er nie von einem Menschen zulassen. Darum wunderte ich mich ja so über dich.“ „Oh, die Herren darf ich auch nicht berühren.“ Nun ja, meist. Ihr war klar, dass sie wohl das einzige menschliche Wesen im Schloss war, das beide schon getragen hatten, als sie auf Dämonenart reisten, diese Portale erschufen. „Ja, natürlich. Die meisten Dämonen haben gewisse Vorbehalte gegen Menschen. Nun, es ist auch nicht weiter verwunderlich. In ihren Augen sind wir schwach.“ Suki lächelte ein wenig: „Obwohl: nicht nur in ihren Augen, nicht wahr?“ „Ja, es ist einfach so.“ Mehr wollte sie allerdings dazu nicht sagen und beschleunigte etwas, zumal sie fast die Küche erreicht hatten. Nach einem eiligen Frühstück ging sie in das Zimmer, in dem Fürst Maki bereits saß. „Du hast gegessen“, sagte der Katzendämon nur. „Ja, edler Fürst, danke. Wenn ich fragen darf: kommt nun Fürst Ryou?“ „Ja.“ Auch dieser hatte neben dem Mordopfer gesessen. Vielleicht würde der etwas dazu sagen, was Hiro während der fraglichen Zeit getan hatte. Fürst Ryou kam denn auch kurz danach, ließ sich nieder: „Nun, Maki, was wollt Ihr noch wissen? Die anderen haben Euch doch sicher schon alles gesagt?“ Suki nahm schweigend hinter ihm Platz. „Natürlich. Aber Ihr seid genau neben Gai gewesen. Ist Euch aufgefallen, dass er schon während der Rede zu seinem Becher gegriffen hätte?“ „Nein, so unhöflich war er doch nie.“ „Ach, dann kanntet Ihr ihn gut?“ „Nein, nur von den Treffen her, also alle hundert Jahre habe ich ihn mal gesehen. Aber wir saßen da ja immer nebeneinander und er war nie unhöflich oder so.“ „Fühlt Ihr Euch gut?“ „Was soll die Frage? Ja.“ „Mir wurde gesagt, dass Ihr beim Niedersetzen ein wenig…nun….“ Maki überlegte sichtlich eine höfliche Formulierung. Fürst Ryou warf einen etwas giftigen Blick auf Sakura, meinte aber: „Das hätte ich mir denken können, dass das jemandem aufgefallen ist. Akado oder Gekkou?“ „Keiner von beiden. Nun, ich befürchtete nur, auch Ihr könntet vergiftet worden sein. Es wäre in diesem Fall möglich, dass bereits auf dem Herweg etwas vorgefallen wäre.“ „Das glaube ich nicht. Mir fehlt nichts. Und das beim Hinsetzen…ja…. Ich habe mich vertreten zwischen den Kissen und bin etwas unglücklich…nun ja…“ Ein erneuter Blick zu dem Mädchen. „Ich bin eben gestolpert.“ Für einen Dämonenfürsten musste es ungemein peinlich sein, so etwas in Gegenwart von Menschen zuzugeben. Maki insistierte auch nicht: „Aber Ihr seid Euch sicher, dass Gai nicht zu seinem Becher griff.“ „Ganz sicher. Wieso?“ „Nun, dann war es wohl kein Selbstmord.“ „Stimmt, an Selbstmord hatte ich noch gar nicht gedacht…“ „Habt Ihr zufällig auch Hiro mit im Auge gehabt?“ „Nein, natürlich nicht. Er saß ja rechts hinter mir. Und ich guckte nach links, wo der Inu no Taishou eine Rede hielt.“ „Ein Diener kam auch nicht?“ „Nein. Hört mal, Maki, ich erkenne Euer Bemühen an, alles genau zu überprüfen, und wenn der Inu no Taishou tatsächlich Gai vergiftet hat, soll er dafür bezahlen. Und wenn nicht, freikommen. Aber wo kein Diener und kein Selbstmord war, könnt Ihr auch keinen herzaubern.“ „Ich weiß.“ „Ihr wisst, dass keiner der Dienstboten hier im Schloss, die die Polster hintrugen und servierten, das Ritual unserer Treffen kannte, weil alles Menschen sind?“ „Ja.“ „Und Ihr wisst, dass Gai vergiftet wurde?“ „Ja.“ „Und dass das Gift in seinem Becher war, obwohl diese Becher mitten zwischen uns standen? Im Ernst, Maki, wer sollte so verrückt sein, mal eben ein Tütchen in der Hand zu haben, das über Gais Schulter zu tun und es ihm in den Wein zu schütten? Unter aller Augen?“ „Ich weiß. Aber, Ryou, ich muss eben sicher gehen. Überlegt doch nur, was ist, wenn wir den Inu no Taishou und natürlich Lord Sesshoumaru anklagen…oder gar hinrichten wollen? Wir müssen uns da alle einig und sicher sein. Und selbst dann wird es gewiss Tote unter uns geben.“ „Auch wieder wahr. Na schön. Habt Ihr noch Fragen?“ „Im Moment nicht. Ihr könnt dann zurück in die Halle gehen.“ Als er mit dem schweigsamen Menschenmädchen allein war, sagte Maki: „Er hat Recht. Und das solltest du als Verteidigerin auch wissen.“ „Mein Auftrag lautet, Beweise zu sammeln, Fürst Maki. Die Untersuchung überlasse ich meinen Herren.“ „Hm. Loyal gesprochen. Schön. Ich werde nachsehen, ob die Boten aus Gais Schloss zurück sind. Du kannst ja zu deinen Herren gehen und ihnen berichten, was Ryou gesagt hat. Ich komme dann nach.“ „Wie Ihr wünscht, edler Fürst.“ Zurück im Zimmer des Schlossherrn berichtete sie pflichtgemäß von der ruhigen Nacht in der Halle, dem kurzen Gespräch mit dem menschlichen Schreiber. Anschließend erzählte sie wörtlich alles, was Fürst Ryou ausgesagt hatte. Die beiden Hundedämonen hörten ihr schweigend zu, ohne sich eine Regung anmerken zu lassen. Sakura endete: „Fürst Maki will jetzt dann kommen, und berichten, was seine Boten haben herausfinden können.“ „Du hast also in der Halle geschlafen?“ fragte der Inu no Taishou. „Ja, Herr.“ Ihre Überraschung lag in ihrer Stimme. Warum insistierte er? „Maki versucht wirklich, neutral zu sein. - Du weißt nicht, warum? Wärst du allein gewesen hätte der...hm, der Mörder, versuchen können, dich als Verteidiger auszuschalten. Unter den Augen aller wäre das ein zu riskantes Verfahren gewesen.“ Sie senkte den Kopf noch tiefer. Daran hatte sie noch gar nicht gedacht. Durfte man etwa nach Dämonenrecht keinen neuen Verteidiger bestellen? Aber das konnte sie unmöglich fragen. Sesshoumaru sah zu seinem Vater: „Maki überrascht mich.“ „Er ist zu alt, um nicht zu wissen, dass das Recht beachtet werden muss, will man eine Gemeinschaft haben.“ „Das meinte ich nicht, Herr Vater.“ Dem Hundeprinzen war es unangenehm, vor dem Menschenmädchen solch einen, wenn auch unterschwelligen, Tadel zu bekommen: „Ich dachte daran, dass er die Regel gebrochen hat. Niemand außer den Fürsten und ihrem jeweiligen Begleiter darf sich in der Halle aufhalten, nicht wahr?“ „Ja. Aber außergewöhnliche Ereignisse fordern auch außergewöhnliche Maßnahmen.“ „Ja, Herr Vater.“ Maki kam eine ganze Weile später, ohne dass noch ein Wort gefallen wäre. Sakura war nur zu klar, dass sie ungefragt nicht sprechen durfte und so war sie einfach knien geblieben, hatte zu Boden geguckt und versucht, das Ganze noch einmal zu überdenken. Aber sie fand keine Lösung. Das Wie war einfach unmöglich zu finden. Fürst Maki nahm einen Schritt vor ihr Platz, schon recht nahe an dem Inu no Taishou und dem Erbprinzen: „Meine Ermittler sind aus Gais Schloss zurückgekehrt. Sie haben alle Dämonen dort befragt, ja, sogar die Menschen. Ich will es kurz machen. Hiro hatte nicht den mindesten Grund, seinen Vater zu töten. Das Verhältnis war sehr loyal und von gegenseitigem Respekt geprägt. Überdies ließ Fürst Gai seinen Sohn immer mehr Verantwortungen übernehmen, hatte schon angekündigt, dass ab seinem nächsten runden Geburtstag dieser die Regentschaft übernehmen sollte. Hiro hatte kein Motiv. Gai verließ sein Schloss außer zu diesen hundertjährigen Treffen nur sehr selten, zumeist wenn, dann um mit seinem Nachbarn irgendein Problem zu besprechen. Das Verhältnis zu Fürst Gekkou kann man als sehr freundlich und ruhig bezeichnen. Auch Gekkou hatte kein Motiv ihn zu töten. Und alle anderen Fürsten, mich eingeschlossen, sahen Gai nur bei diesen Treffen. Alle gründlichen Nachfragen auch bei Gais Schreiber ergaben keinerlei Motive für andere Fürsten, ihn zu töten. Das Einzige, was dem Schreiber einfiel war, dass Gai vor diesem Treffen einmal geäußert hatte, dass ihm ein sehr unangenehmes Gespräch mit Euch, Inu no Taishou, bevorstehe.“ „Das genügt Euch als Motiv gegen mich?“ erkundigte sich der Herr der Hunde sachlich. „Es ist der einzige Hinweis, dass er überhaupt etwas bei einer Person unangenehm fand.“ Maki schluckte ein wenig: „Ich gebe mir Mühe, neutral zu bleiben. Aber wenn ich das nicht als Motiv werten soll: worüber wollte Gai mit Euch sprechen?“ „Das weiß ich nicht. Und ich weiß auch nicht, warum das Gespräch für Fürst Gai unangenehm hätte werden sollen.“ „Aber niemand sonst wurde nur negativ erwähnt!“ Maki klang fast ein wenig verzweifelt: „Ich habe einen Ermordeten und finde einfach kein Motiv!“ Für einen Moment herrschte Schweigen, ehe der Dämonenprinz aufsah: „Sakura.“ „Lord Sesshoumaru?“ Sie hob den Kopf ein wenig. „Das Gift, dass Fürst Gai tötete - was weißt du darüber?“ „Nicht sehr viel, Lord Sesshoumaru, leider nur den Namen und wie es bei Menschen wirkt.“ „Frag Neigi und erstatte Bericht. Und frage ihn, ob er an dem toten Fürsten irgendeinen Hinweis darauf finden kann, dass dessen Selbstheilungskräfte nicht oder nicht mehr funktioniert haben.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Sie warf einen raschen Blick zum Schlossherrn. Da dieser nickte, verneigte sie sich kurz höflich und verschwand. Maki starrte den Hundeprinzen an: „Was sollte das? Wolltet Ihr das Menschenmädchen wegschicken?“ „Ich erteile nie unnütze Befehle.“ „Ich verstehe dann nicht, worauf Ihr hinauswollt. Das Gift war im Becher, es hat gewirkt. Es war das Mittel zum Mord. Oder rechnet Ihr jetzt doch mit Selbstmord, weil kein Motiv da ist? Auch für einen Selbstmord bräuchte man einen Grund, zumal zu solch einem Zeitpunkt, genau bei diesem Treffen.“ „Ich sammele Fakten, ehe ich eine Theorie aufstelle, Fürst Maki. Und genau das solltet Ihr auch tun.“ „Ich habe aber nun alle Aussagen. Oder wollt Ihr auch noch hören, was ich gesehen habe? Nicht mehr oder weniger als alle anderen.“ Der Inu no Taishou warf seinem Sohn einen Blick zu, entschied sich aber, nicht einzugreifen. Wenn Sesshoumaru eine Idee hatte, wie man das Rätsel lösen könnte, war es umso besser. Der Hundeprinz nickte: „Also betratet Ihr nach mir die Beratungshalle. Als mein Herr und Vater stehen blieb...“ „Trat ich links neben ihn, ja. Dann ging er weiter und nahm Platz. Ihr wart rechts daneben und ich ging hinter Euch beiden vorbei, um mich an seine linke Seite zu setzen. Dann nahmen die anderen der Reihe nach Platz, also Ryou kam neben mich. Wie Euch das Menschenmädchen sicher berichtet hat, stolperte der, fiel praktisch in die Kissen, so dass er sich abstützen musste, aber er sagte, er sei völlig in Ordnung, er sei nicht vergiftet worden. Dann setzte sich Gai und so weiter. Nichts Auffälliges passierte mehr. Darauf hieltet Ihr, Inu no Taishou, die Rede und nahmt den Becher. Während der Rede sah ich nur Euch an, wie auch alle anderen. Anschließend fiel Gai mit diesen schrecklichen Krämpfen um. Jemand schrie nach einem Diener und Ihr schicktet um Euren Heiler. Aber als der kam, war es schon zu spät.“ Sesshoumaru nickte: „Und Ihr wisst immer noch nicht, wie der Mord geschehen ist?“ „Ich weiß keinen Grund für den Mord, ich weiß keinen Mörder, ich habe keine Ahnung, wie das Gift in den Becher kam.“ Er sah den Hundeprinzen neugierig an: „Wisst Ihr es etwa?“ „Ich habe eine Theorie. Aber ich werde es Euch erst sagen, wenn mit Sakuras Bericht auch das letzte Teil an seinem Platz ist.“ ************************************************************ Was hat Seine Lordschaft wohl für eine Idee gehabt? Kein Motiv, keine Gelegenheit..kein Wunder, dass Maiki kurz davor ist, zu beschliessen, dass es auch keinen Mörder gab. Das nächste Kapitel heisst: Fehler. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, mitzuraten, bekommt, wie immer, eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 5: Fehler ----------------- Ich merke schon, ihr wundert euch über Ryous..äh, Verzeihung Fürst Ryous Stolpern. Aber kann man bei solch einer Aktion tatsächlich Gift in einen Becher tun, wenn das potentielle Opfer direkt hinter einem steht? Fürst Maki rätselt jedenfalls..oder eher, ist kurz vor dem Verzweifeln. Und das muss nichts Gutes bedeuten. Sakura tut dagegen, was sie kann: 5. Fehler Maki starrte Sesshoumaru an: „Ihr habt ...Ihr seht eine Möglichkeit, das hier zu einem Abschluss zu bringen?“ „Ja.“ „Sagt es.“ „Wenn Sakuras Bericht meine Meinung bestätigt, werde ich es Euch sagen, Fürst Maki.“ „Jetzt, gleich. - Lord Sesshoumaru, es bereitet mir kein Vergnügen, dass der Inu no Taishou und Ihr hier sitzt. Wenn Ihr etwas habt, was Eure Unschuld beweisen kann...oder eher, jemand anderen des Mordes überführen kann, sagt es!“ „Wenn ich alle Beweise habe, werde ich Euch den Mörder überführen.“ „Gib ihm einen Hinweis, Sesshoumaru“, befahl der Hundefürst. „Wie Ihr wünscht, mein Herr und Vater. - Nun, Fürst Maki: es gibt kein Motiv, warum jemand Fürst Gai ermorden will? Es gibt keine Gelegenheit, wie jemand das Gift in den Becher getan hat, ehe Fürst Gai daraus trank? Schließt Ihr daraus, dass es keinen Mörder gibt?“ Maki starrte ihn an. Mittel, Motiv und Gelegenheit führen zu einem Mörder, so hatte er es gelernt. Stimmt. Diese ganze Situation war grotesk. Aber was meinte der Hundeprinz? War etwa die Tatsache, dass es kein Motiv gab, wichtig für die Mördersuche? Und die Tatsache, dass es keine Gelegenheit gegeben hatte…hm. „Ich werde darüber nachdenken“, sagte er dann: „Ich danke Euch, Lord Sesshoumaru.“ Er erhob sich: „Ich bitte, mich zu entschuldigen, edler Inu no Taishou. Ich werde später Sakura fragen, was sie Euch berichtet hat.“ „Ich werde sie zu Euch schicken, sobald sie hier fertig ist“, versprach der Hundefürst. Als sie unter sich waren, fuhr er fort: „Die Tatsache, dass niemand ein Motiv hatte, scheint dir einen Hinweis gegeben zu haben.“ „Nun, niemand hatte ein Motiv, Gai zu ermorden.“ Sesshoumaru blickte zu Boden: „Aber ein Motiv ergibt sich immer aus dem Täter selbst. Welchen Erfolg wollte der Mörder erzielen? War es wirklich Gais Tod?“ „Ich verstehe. Die einzige, greifbare Folge ist, dass wir beide hier unter Mordverdacht sitzen. Du glaubst, dass Gai sterben musste, um mich, um uns in Schwierigkeiten zu bringen. Das klingt logisch. Und darum ist dann die Suche in Gais Schloss umsonst gewesen.“ „Nicht ganz, Herr Vater. Ich bin sicher, Makis Leute waren - schon in seinem Interesse - äußerst genau. So können wir sicher sein, dass wirklich niemand ein Motiv hatte. - Ist der Mörder aber darauf aus gewesen, Euch zu diskreditieren, gar hinrichten zu lassen, müssen wir anders denken.“ „Ja. Wer hätte etwas davon, wenn ich aus dem Weg bin. Und du, mein Sohn.“ Er zögerte nur kurz: „Maki, natürlich. Er ist jetzt die Nummer drei. Aber wie sollte er das Gift in den Becher getan haben?“ „Ja, das Wie. Haben wir das Wie haben wir den Wer. Und dann damit auch sein Motiv.“ „So warten wir auf Sakura.“ Diese kehrte erst nach einer halben Stunde zurück, kniete höflich nieder. Sie wollte sich entschuldigen, dass sie so lange gebraucht hatte, aber da sie nicht getadelt wurde, sparte sie es sich. „Dein Bericht?“ fragte Sesshoumaru nur. „Das Gift Strychnin wird aus dem Samen der Brechnuss gewonnen. Es ist recht aufwendig in der Herstellung, zumal wenn das Opfer ein Dämon sein soll. Um einen Dämon damit töten zu können, muss die Konzentration erhöht werden, einige andere Mittel hinzugefügt werden. Wenn es der Dämon trinkt, kommt es innerhalb von fünf bis zehn Minuten zu Krämpfen, die nach weiteren fünf Minuten mit dem Tod enden. Allerdings ist der bittere Beigeschmack selbst in äußerst hoher Verdünnung deutlich. Gelangt das Gift direkt in den Blutkreislauf dauert es nur drei oder vier Minuten, ehe die Wirkung einsetzt.“ „Und wenn es anders in den Körper gelangt?“ „In einen Muskel, Lord Sesshoumaru? Dann dauert es länger. Neigi-san meinte, das hänge davon ab, wo genau die Stelle sei, an der das Gift eindrang. Zum Beispiel durch ein vergiftetes Messer. Aber das wäre die längste mögliche Zeitdauer, gegen zehn Minuten. - Ich richtete Neigi-san auch Eure Frage nach den Selbstheilungskräften aus. Er sagte, Fürst Gai sei in einem einwandfreien körperlichen Zustand gewesen, selbst Narben habe er nicht finden können. Die einzige kleine Verletzung, die noch nicht verheilt war, war noch frisch. Anscheinend hatte sich Fürst Gai auf dem Weg in dieses Schloss durch einen Dornbusch begeben. Ein großer Stachel war durch seine Hose gedrungen und hatte sich in sein Schienbein gedrückt.“ „Wie groß war der Stachel?“ „Gewiss halb so lang wie mein kleiner Finger.“ „Sonst gab es keine Verletzung?“ „Nein, Lord Sesshoumaru. Neigi-san untersuchte den Toten noch einmal, um ganz sicher zu gehen.“ Darum war sie so spät gekommen. Der Inu no Taishou betrachtete sie wohlwollend. Das war ein ausführlicher, sachlicher Bericht. Es wäre schön, wenn alle seine Mitarbeiter so etwas abliefern würden. Kein Wunder, dass selbst Sesshoumaru wenig zum Tadeln an ihr fand. Der Hundeprinz nickte leicht: „Dann gehe zu Fürst Maki und berichte ihm das.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Sie wartete das zustimmende Kopfneigen des Fürsten ab, ehe sie ging. Die Hundedämonen schwiegen. Maki würde sicher gleich kommen. Und dann würde man sehen, ob er es gewesen war. Sakura schob die Tür beiseite: „Fürst Maki?“ Das war zwar unhöflich, aber der gesamte Raum war dunkel. Warum nur hatte der Katzendämon den Fensterladen zugeschoben? „Verzeiht…Fürst Maki?“ War er etwa nicht hier? Aber er hatte doch gesagt, er würde das tun? Sie versuchte in dem Zimmer etwas zu erkennen. Für Menschenaugen war das fast unmöglich. So ging sie zum Fenster, wollte die Verdunkelung beiseite schieben, als sie über etwas stolperte. Sie fuhr herum, starrte zu Boden. Dort lag Maki. Und da er nicht reagiert hatte, als sie das Zimmer betreten hatte, ja nicht einmal, als sie über ihn gestolpert war, ahnte sie Übles. Vorsichtig trat sie zum Fenster, öffnete den Laden nur einen Spalt, ehe sie sich wieder umdrehte. Der Katzendämon lag auf dem Rücken, eine Schnur eng um den Hals gezogen. Sie hatte schon zu viele Tote gesehen, um über einen weiteren in Panik zu verfallen. Aber dennoch hob sie die Hand zum Mund. Denn dass er tot war, konnte nur zweierlei bedeuten. Hatte er Selbstmord begangen, nachdem ihm bewusst wurde, dass Lord Sesshoumaru überblickte, wie er Fürst Gai vergiftet hatte? Oder hatte ihn der Mörder getötet, da er ihm auf die Schliche gekommen war? Sie betrachtete noch einmal sorgfältig den Toten. Sie müsste die Herren unverzüglich davon in Kenntnis setzen. Und Lord Sesshoumaru würde gewiss einen ausführlichen Bericht wollen. Die Seidenschnur war eng um den Hals gewickelt, mehrfach. Beide Enden lagen unter dem Hals, wohl hinten verknotet. Sakura schloss daraus, dass es Mord gewesen war. Aber das müsste sie den Herren überlassen. Vorsichtig schob sie wieder den Laden zu, ehe sie zurückeilte. „Fürst Maki ist ermordet worden“, berichtete sie dennoch als Erstes. Mit gewisser Befriedigung sah sie zum ersten Mal Erstaunen bei den Hundedämonen. „Wie kommst du darauf?“ fragte der Inu no Taishou. „Ich kam in das ihm zugewiesene Zimmer. Dort war alles dunkel und es schien leer zu sein. Ich wollte das Fenster ein wenig öffnen, als ich über etwas stolperte. Es war Fürst Maki. Er liegt auf dem Rücken, eine Seidenschnur eng um den Hals geschlungen. Und beide Enden der Schnur sind unter ihn geschoben worden, vermutlich hinten verknotet, nach der Lage der Bänder. Ich habe ihn nicht bewegt.“ „Dann war er es also nicht, der Gai tötete“, schloss der Herr der Hunde: „Aber nur bei ihm hätte ich das Motiv gesehen, dass er uns aus dem Weg haben wollte. Du hast dich wohl geirrt, mein Sohn.“ „Nicht unbedingt, verehrter Vater.“ Da diese Aussage natürlich bedeutete, dass sich der Hundefürst geirrt hatte, fuhr der Dämonenprinz rasch fort: „Ich gebe allerdings zu, dass auch ich Maki für einen interessanten Kandidaten hielt. Aber nun ist vollkommen klar, was geschehen ist.“ Der Hundefürst nickte leicht: „Maki konnte auf Grund deines Hinweises erraten, wer der Mörder ist. Und statt sich mit uns zu unterhalten, wollte er mit dem Mörder wohl unter vier Augen sprechen. Ein tödlicher Fehler.“ Der Inu no Taishou stand langsam auf: „Nun gut. Du weißt, wer es wie war, der Fürst Gai tötete? Und nun logischerweise auch Maki?“ „Ja.“ Sesshoumaru erhob sich ebenfalls: „Dann gehen wir zu den anderen?“ „Natürlich. Aber bring niemanden um.“ „Sakura.“ Die sah etwas auf. Wollten die beiden hier ausbrechen? Immerhin standen zehn Dämonenkrieger vor der Tür: „Lord Sesshoumaru?“ fragte sie aber höflich. „Warte einen Moment, ehe du uns folgst.“ Wolle er sie schützen? In diesem Befehl konnte sie keinen anderen Sinn entdecken. Die Wachen hätten sicher kein Problem damit, sie, ein Menschenmädchen, zu töten. Bei den beiden Ranghöchsten der Dämonen mochte das anders aussehen. So senkte sie den Kopf, um ihren Gehorsam anzuzeigen, wagte es aber, neugierig wieder aufzusehen. Der Herr der Hunde blieb stehen, nickte etwas zur Tür. Sein Sohn gehorchte und öffnete diese. Die Wachen vor der Tür blickten nur langsam auf, in der Annahme, dieses Menschenmädchen käme wieder. Als sie erkannten, dass es ihre Gefangenen waren, rissen sie ihre Schwerter heraus. Sakura konnte einen leisen Laut des Unwillens des Hundeprinzen hören, ehe sie bemerkte, wie er die Hand hob. Eine dünne, leuchtende Schnur drang heraus, die sie schon zwei Mal gesehen hatte. Mit einer leichten Bewegung des Handgelenks ließ er diese los fliegen. Sie konnte nicht genau erkennen, was dann geschah, aber metallisches Klirren verriet ihr, dass er einem oder mehreren Krieger die Waffe aus der Hand gerissen hatte. „Keine Bewegung!“ befahl der Hausherr knapp: „Oder ich kann für nichts garantieren. Begleitet uns in die Haupthalle.“ Die Krieger mussten nicht nachdenken. Griffen sie weiter an, war es nur zu wahrscheinlich, dass einige oder auch alle von ihnen sterben würden. Begleiteten sie ihre Gefangenen zu ihren Fürsten, war ihr Auftrag nach dem Buchstaben noch immer erfüllt. Sie blieben am Leben und ihre Herren würden sie nicht bestrafen. So wichen sie ein wenig zurück, gaben den Weg frei. Sakura trat vorsichtig aus dem Zimmer, folgte ihren Gebietern, dann schlossen sich die Bewacher an, die einen gewissen Sicherheitsabstand wahrten. In der Halle herrschte Schweigen. Aber trotz der gewöhnlichen Selbstbeherrschung sprangen alle Dämonen auf, als sie erkannten, wer gerade hereinkam, gefolgt von den Kriegern, die sie eigentlich im Zimmer des Hausherrn hätten festsetzen sollen. „Ihr!“ sagte Fürst Tamahato fast entsetzt. „Es gibt wichtige Neuigkeiten.“ Der Inu no Taishou klang gelassen: „Bitte, nehmt wieder Platz. Fürst Maki wurde ermordet.“ Sakura traute sich nicht, die Dämonenfürsten zu genau anzusehen, aber schon die Tatsache, dass sie sich sehr langsam wieder niederließen, zeugte von einem gewissen Schock. Natürlich hätte sie nie gewagt, das laut auszusprechen. Sesshoumaru wandte den Kopf zu ihr, deutete hinter sich, ehe er sich rechts neben seinem Vater auf seinen Platz setzte. Sie gehorchte eilig, kniete nieder, blickte zu Boden. Der einzige andere Mensch im Raum war Suki, der Begleiter von Fürst Ryou. Und auch dieser vermied es, die Dämonen anzusehen. Doch fühlte sie sich im Rücken von Lord Sesshoumaru geschützt. Der Herr der Hunde sah in die Runde: „Fürst Maki sprach kurz zuvor mit mir und meinem Sohn. Dabei erfuhr er, wer der Mörder von Fürst Gai war. Leider wollte er den Verbrecher entweder selbst zur Rede stellen oder unterschätzte ihn. Jedenfalls wurde er erdrosselt.“ „Soll das etwa heißen, dass Ihr meint, jemand aus dieser Runde hätte nun schon zwei Dämonenfürsten getötet?“ fragte Fürst Akado: „Und natürlich weder Ihr selbst noch Lord Sesshoumaru?“ „Nun, dank Eurer Wachen dürfte klar sein, dass keiner von uns beiden das Zimmer verlassen hatte, bevor Maki von der Heilerin Sakura gefunden wurde.“ Noch immer klang der Hausherr gelassen: „Und jedem hier im Raum dürfte bewusst sein, dass der Mord an Maki mit dem an Gai in unmittelbarem Zusammenhang steht. Wir könnten nun überprüfen, woher die Schnur kam, die Maki tötete, ob eine Witterung an ihm ist, ob ein Diener etwas gesehen hat, aber wir können es uns auch sparen. Der Mord an Fürst Gai ist der Schlüssel.“ Fürst Hinata wiegte den Kopf hin und her: „Ich verstehe. Ihr wollt auf diese Art Eure Unschuld beweisen? Aber dennoch: es gibt keine Möglichkeit, wie Gai vor unser aller Augen vergiftet werden konnte. Es muss zuvor passiert sein.“ Sesshoumaru warf einen raschen Blick zu seinem Vater, ehe er für diesen antwortete: „Genau das ist allerdings geschehen, Fürst Hinata. - Fürst Hiro, als Erbe des Ermordeten frage ich Euch: wollt Ihr wissen, wer Euren Vater tötete?“ „Natürlich.“ Der junge Dämonenfürst sah zu ihm: „Ich weiß, dass Ihr schon Morde aufgeklärt habt, Lord Sesshoumaru, und ich zweifle gewiss nicht an Eurem scharfen Verstand. Aber in Anbetracht der gesamten Situation solltet Ihr auch sehr gute Beweise dafür bringen können, wer meinen Vater ermordet hat. Nach allem, was wir ausnahmslos wissen, war es unmöglich, das Gift in den Becher zu tun.“ „Das Gift, ja. - Sakura, wiederhole, was du über das Gift in Erfahrung gebracht hast.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Sie schluckte zwar ein wenig, wiederholte dann aber wörtlich das, was sie von Neigi erfahren hatte. „Und nun?“ fragte Hiro. „Ist Euch noch immer nicht klar, was geschehen ist?“ Sesshoumaru sah zu den mittlerweile zwanzig Wachen an der Tür, Krieger seines Vaters und der Gäste: „Niemand verlässt ohne meine Genehmigung diesen Raum. Und ich werde erklären, wie Fürst Gai zu Tode kam.“ ************************************************* Alles klar, oder? Wer es nicht weiss, befindet sich in der guten Gesellschaft von sieben Dämonenfürsten.*g* Das nächste Kapitel heisst Auflösung. Sakura darf wieder einmal den Monolog Seiner Lordschaft mit anhören und bekommt einen unerwarteten Antrag. Wer so nett ist, mitzuraten, erhält, wie immer, eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 6: Auflösung -------------------- Einige von euch sind wirklich sehr gute Detektive... 6. Auflösung Sesshoumaru sah in die Runde. Alle Dämonen musterten ihn mit gewisser, wenn auch gut verborgener, Neugier. So sagte er: „Der Mord an Fürst Gai geschah hier, in diesem Kreis. Die Verhö..die Unterhaltungen, die Fürst Maki führte, zeigten nur zu deutlich, dass weder den Fürsten, noch den Söhnen, noch den gewöhnlichen Begleitern jemand aufgefallen war, der das Gift in den Becher getan hatte. So lag der Verdacht nahe, dass es bereits zuvor darin gewesen sein musste, was ja zu der Verdächtigung gegen meinen verehrten Vater führte. Aber gewisse Indizien weisen in eine andere Richtung. Maki suchte nach einem Motiv, das jemand in diesem Kreis gehabt hatte, um Gai zu töten. Trotz Suche konnte er nichts finden. Aber das ist auch nicht nötig. Das Motiv eines Mörders liegt immer in diesem selbst und was einen zum Mord treibt, lässt einen anderen kalt. Ich konzentrierte mich daher auf die Frage, wie dieser Mord geschehen konnte. Wenn man weiß, wie eine Tat passiert ist, gibt es gewöhnlich auch nur eine Person, die dies durchführen konnte, gleich, welchen Grund sie hatte. Nach dem Empfang in der Vorhalle durch meinen verehrten Herrn und Vater kamen wir alle hier in diesen Raum. Dieser war schon vorbereitet worden, selbst Wein war bereits eingeschenkt worden. Nach der Rede meines Herrn und Vaters wurde dieser Wein getrunken. Jeder nahm den Becher, der vor ihm stand. Laut Auskunft unseres Heilers kommt es innerhalb von fünf bis zehn Minuten zu Krämpfen, die nach weiteren fünf Minuten mit dem Tod enden, falls ein Dämon dieses spezielle Strychnin trinkt. Allerdings sei der bittere Beigeschmack deutlich. Nun, wir alle trinken den Wein nur alle hundert Jahre, aber ich denke, dass es Fürst Gai aufgefallen wäre, wäre der Wein bitter gewesen. Natürlich war er ein selbstbeherrschter Dämonenfürst, aber er hätte den Becher doch rascher abgesetzt, als ihn halb leer zu trinken. Überdies stimmt der Zeitablauf nicht. Er brach mit Krämpfen zusammen, fast unmittelbar, nachdem er den Wein getrunken hatte. Das hätte viel länger dauern müssen, wäre wirklich das Gift im Wein gewesen.“ Er hob die Hand, als er sah, dass einige zum Protest ansetzen wollten: „Ich bin mir bewusst, dass Gift im Wein war. Später. Aber nicht zu dem Zeitpunkt, an dem Gai daraus trank. Also musste ich nach einer anderen Möglichkeit suchen, wie ihm das Gift verabreicht werden konnte. Bei der gründlichen Untersuchung des Toten fand unser Heiler eine einzige Spur, die darauf hinwies, wie es passiert sein konnte. Ein großer, spitzer Dorn hatte sich in Fürst Gais Schienbein gebohrt. Diese Verletzung hatte er noch, obwohl seine Selbstheilungskräfte ansonsten einwandfrei funktioniert hatten. Neigi ging davon aus, dass sich der Fürst auf dem Weg hier ins Schloss so verletzt hätte, aber warum sollte er den Dorn dann steckengelassen haben? Viel größer war die Wahrscheinlichkeit, dass er sich erst relativ kurz vor seinem Tod diese Verletzung zugezogen hatte. Und zwar hier, in diesem Raum. Fürst Gai war sehr auf seine Ehre bewusst, stolz auf seine Selbstbeherrschung. Wenn er sich beim Niederknien hier in die Kissen diesen Dorn hineingestoßen hätte, hätte er gewiss weder das Gesicht verzogen noch zu erkennen gegeben, dass er sich verletzt hatte, nicht wahr, Fürst Hiro?“ „Sicher. Er hätte sich nie etwas anmerken lassen. Aber ich verstehe immer noch nicht, worauf Ihr hinauswollt.“ „Nicht? Wenn dieser Dorn mit Strychnin und anderen Zutaten getränkt oder gar gefüllt worden wäre, wäre das Gift auf diese Art in seinen Körper gekommen. Nach Auskunft unseres Heilers dauert es so maximal zehn Minuten, ehe die Krämpfe beginnen. Das würde mit der Begrüßungsrede durch meinen verehrten Herrn Vater, dem Trinken des Weines ungefähr zusammenpassen. Damit wäre auch klar, wie der Dorn auf das Kissen kam. Nicht wahr, Ryou? Das angeblich ungeschickte Stolpern war Absicht, um den Dorn dort zu platzieren, in den Stoff zu stecken.“ „Und welchen Grund sollte ich gehabt haben, ihn umzubringen?“ Fürst Ryou klang gelassen: „Ich bitte Euch, Lord Sesshoumaru, Ihr schießt über Euer Ziel hinaus, Euren Vater zu entlasten.“ „Für Euer Motiv gibt es nur ein Indiz: Fürst Gai plante, mit meinem Herrn und Vater zu sprechen. Nach Auskunft seines Schreibers war dem Fürsten dieses Gespräch unangenehm. Nun, er sitzt bei jedem dieser Treffen neben Euch. Ich nehme an, dass ihm bei der letzten Zusammenkunft etwas auffiel, womöglich nur eine Geste, eine Bemerkung, ein Blick, aus dem er schloss, dass Ihr etwas gegen meinen Herrn und Vater unternehmen wolltet. Aber er war sich nicht sicher. Und so hat er vermutlich die hundert Jahre überlegt, ob er einen Mit-Fürsten anzeigen sollte, ohne genaue Beweise. So ehrenhaft, wie Fürst Gai war, wäre dies ein Grund, warum ihm ein solches Gespräch unangenehm sein sollte. Und womöglich setzte er Euch davon in Kenntnis, lieferte Euch auf diese Art sowohl einen Grund, ihn zu töten, als auch eine Gelegenheit, gegen meinen Herrn und Vater vorzugehen. Im Übrigen: Ihr habt bei Gais Tod auch sehr rasch Gift im Wein festgestellt, hattet den Becher als Einziger in der Hand. In der allgemeinen Betroffenheit war es einfach, das Gift unauffällig dort hinein zu geben. Die Dosis war ja nun gleich. Wichtig war Euch nur, dass es in dieser Runde, bei diesem Treffen, in diesem Haus einen Toten gab. Welch elegante Lösung, meinen Herrn und Vater und womöglich auch mich in Unehre zu setzen, möglicherweise des Mordes zu überführen. Und, wie ungemein entgegenkommend, dass Maki sich später allein mit Euch unterhalten wollte. Vermutlich glaubte er, seinen Schlussfolgerungen nicht trauen zu dürfen. So wärt Ihr alle Ranghöheren mit einem Schlag losgeworden, musstet nicht auf Makis natürliches Ableben warten. Oder wolltet Ihr das auch beschleunigen?“ „Nun, Ihr könnt denken, was Ihr wollt, Lord Sesshoumaru. Aber es gibt nicht den geringsten Beweis, dass Ihr mit Eurer Theorie richtig liegt.“ „Das werden wir sehen. Wie überaus passend, dass Ihr einen menschlichen Heiler dabei habt, der sich gewiss mit solchen Giften auskennt.“ Er bemerkte die überraschte Bewegung, die die meisten nicht unterdrücken konnten: „Im Gespräch mit Sakura erwähnte er beiläufig, dass er „momentan“ der Schreiber sei, eigentlich wäre es ihm lieber, wirklich Euer Heiler zu sein. - Ihr seid gewiss so freundlich, Hiro?“ Sesshoumaru sah zu dem Sohn des Ermordeten. Der junge Fürst war genauso alt wie er selbst und sie kannten sich von einigen Übungskämpfen. Ryou fuhr herum, in der Annahme, Hiro würde ihn angreifen wollen. Aber dieser hatte sich bereits Suki gegriffen, hob ihn nun ohne Mühe empor. Der keuchte unter den würgenden Fingern. Gelassen ergänzte Sesshoumaru: „Wollen alle hören, was dieser so genannte Schreiber zu sagen hat?“ „Vergesst es, Ryou!“ warnte der Inu no Taishou, als der Angeschuldigte unwillkürlich zur Tür blickte: „Ihr müsstet an meinen Kriegern vorbei. Abgesehen davon natürlich an meiner Wenigkeit. Und ich kann Euch versichern, dass sowohl mein Sohn als auch ich ein bisschen ungehalten sind.“ Sakura spürte, wie ihr ein Schauder über den Rücken lief. Vater und Sohn redeten gewohnt ruhig, aber sie meinte, die angestiegene dämonische Energie spüren zu können. Und, wenn sie so die anderen Dämonen im Raum vorsichtig beobachtete, irrte sie sich nicht. Diese bewegten sich nicht, ließen die beiden Hunde aber auch nicht aus den Augen. „Sakura“, sagte Sesshoumaru, ohne sie anzusehen. Sie neigte sich eilig vor. Kam jetzt ein Tadel, weil sie Dämonenfürsten gemustert hatte? „Geh.“ Sie gehorchte sofort, nicht, ohne einen mitleidigen Blick auf Suki zu werfen, den Fürst Hiro noch immer an der Kehle hielt. Ganz sicher würde man von ihm nun die Aussage wollen, dass er solches Strychnin hergestellt hatte. Aber sie konnte ihm nicht helfen, durfte ihm nicht helfen. Das war eine Angelegenheit unter Dämonen und sie konnte für ihn nur hoffen, dass zumindest der Inu no Taishou genug Verständnis für die Nöte eines Menschen unter Dämonenbefehl hatte, um ihm wenigstens einen raschen Tod zu geben. Was mit Fürst Ryou geschehen würde…Sie zuckte unwillkürlich ein wenig die Schultern. „Meine Schülerin?“ „Sensei!“ Sie verneigte sich eilig etwas vor Neigi: „Lord Sesshoumaru hat gerade Fürst Ryou des Mordes überführt, befahl mir aber nun, die Halle zu verlassen.“ „Ryou?“ Neigi war überrascht: „Der kannte sich doch noch nie mit Giften und so etwas aus. Schön, er ist stark, und wenn er Fürst Maki überraschend von hinten angegriffen hat…“ „Er hatte einen menschlichen Heiler dabei, der die Rolle des Schreibers spielte.“ „Ich verstehe. Komm. Gehen wir in meine Räume.“ „Darf ich eine Frage stellen?“ „Und?“ „Wie…wie lautet das Gesetz unter Dämonenfürsten, bei Mord?“ Sie bezweifelte eigentlich nicht, dass Ryou schon so gut wie tot war. „Ich...ich frage wegen Suki, das ist der Heiler. Er…er konnte sich doch einem Befehl nicht widersetzen, “ ergänzte sie hastig. „Nun, gerade du solltest wissen, dass einen das nicht vor Strafe schützt.“ Neigi sah sie an: „Aber ich denke, der Herr wird Verständnis für seine Notlage haben, ihn nicht das Schicksal seines Fürsten teilen lassen.“ „Danke.“ Sie wagte nicht zu fragen, was das für ein Schicksal sein würde. Das war eindeutig eine Dämonenangelegenheit. Im Schloss herrschte Ruhe, die Diener, Menschen und Dämonen, gingen ihren gewöhnlichen Beschäftigungen wieder nach. Niemand wusste, was aus Fürst Ryou geworden war oder aus seinem menschlichen Heiler, aber niemand wagte selbstverständlich die Herren zu fragen, oder auch einen der anderen Fürsten, die sich nun in der Halle oder im Park miteinander zumeist in Zweiergruppen unterhielten. Sakura kehrte von einer kranken Frau zurück. Im Garten entdeckte sie ihren Lehrer, der gerade Salbei schnitt. Sie wollte zu ihm gehen, nach weiteren Anweisungen fragen, als sich ein Arm um sie legte. Sie fuhr erschrocken herum, erkannte eine dunkle Rüstung. Erst, als sie emporblickte, bemerkte sie, dass dies Fürst Gekkou war. Sie wollte instinktiv zurückweichen, aber gegen die Kraft eines Dämonenfürsten hatte sie keine Chance. So sagte sie nur: „Bitte, lasst mich, edler Fürst.“ „Du bist offenkundig klug, überaus höflich und ein hübscher Anblick.“ Er betrachtete sie: „Ich bin kein Dämon, der Vorurteile gegen Menschen hat. Ich möchte, dass du mit mir kommst.“ „Dieses Angebot ist sehr freundlich, edler Fürst, aber….“ Was sollte sie sagen? Der Arm um ihre Schultern war sehr fest: „Ich...ich gehöre hierher.“ „Hast du einen Menschenmann hier? Ich bin sicher, wenn du erst einmal einen Dämon auf dem Lager hattest, vergisst du ihn.“ Sein Lächeln ließ keinen Zweifel zu, an wen er dabei dachte. Seine freie Hand strich ihr Haar zurück, liebkoste ihren Hals. „Bitte, lasst mich!“ wiederholte Sakura in gewisser Panik. „Wenn Ihr ihre Dienste wollt, edler Fürst, solltet Ihr Lord Sesshoumaru fragen, ob er sie mit Euch teilt.“ Neigi hatte die Situation bemerkt und war herangekommen. Fürst Gekkou ließ die Hand sinken. Der Heiler bemerkte es zufrieden und fuhr mit täuschender Freundlichkeit fort: „Ihr wisst ja, wie großzügig der Prinz mit seinem Eigentum ist und wie leicht er verzeiht…“ Der Dämonenfürst ließ Sakura los: „Ich verstehe.“ Er wandte sich um und ging. Sie starrte ihm rot geworden kurz hinterher, ehe sie sich umdrehte: „Sensei, ich bin froh, dass Ihr mir geholfen habt…aber musstet Ihr das so sagen? Jetzt werden diese Gerüchte nie verstummen. Und wenn Lord Sesshoumaru das hört….“ Ungehalten wäre dann wohl kaum mehr das passende Wort für seine Laune: „Oh bitte, warum habt Ihr nicht gesagt, dass ich zu Euch gehöre?“ „Du hast noch viel über die Rangfolge von Dämonen zu lernen, meine Schülerin. Hätte ich gesagt, du seiest meine Geliebte, selbst Ehefrau, hätte er dich mir jederzeit abverlangen können. Nur jemand, der im Rang höher ist als er, hat auch höhere Ansprüche. – Nun, ich denke nicht, dass Fürst Gekkou mit dieser neuen Erkenntnis hausieren geht. Es könnte ja sein, dass sich der Prinz erkundigt, woher er das wisse.“ Sakura seufzte ein wenig. Das stimmte. Und sicher wollte Fürst Gekkou nicht ausprobieren, wie Lord Sesshoumaru auf den Versuch reagierte, ihm seine Geliebte auszuspannen. Manchmal hatte es schon etwas für sich, dass diese Gerüchte existierten. Und manchmal hoffte sie, nur ein bisschen, dass es die Wahrheit wäre. Aber sie war zu vernünftig, um nicht zu wissen, dass der Hundeprinz diesbezüglich keinerlei Interesse an ihr hatte. So sah sie nur auf: „Wie lautet meine neue Anweisung?“ „Wir sollen den Leichnam von diesem Suki für den Transport in seinen Heimatort fertig machen.“ Neigi sah zu ihr: „Er hat sicher nicht einmal gemerkt, dass er sterben sollte. Der Herr war wohl so gnädig.“ Sakura atmete durch: „Ich bin so froh, auch, wenn er bei einem Mord mitgeholfen hat.“ „Du willst auch wissen, was aus Fürst Ryou wurde? Das weiß ich nicht. Niemand außer den Fürsten war anwesend, nicht einmal die Prinzen oder Schreiber, außer Lord Sesshoumaru. Und diese kann man nicht fragen.“ „Natürlich.“ Sie folgte ihrem Lehrer. „Sakura.“ Sie fiel noch in der Umdrehung auf die Knie, neigte den Kopf. Was wollte denn der Prinz von ihr? Sesshoumaru betrachtete ihren Rücken: „Was hat Neigi gesagt, als dich Gekkou bedrängt hat?“ Sie wurde rot. Natürlich hatte jemand die Szene beobachtet und es ihm erzählt. Das war ja fast zu erwarten gewesen. Und nun? Sie konnte ihn nicht anlügen, dass wusste sie. So sagte sie langsam, behutsam: „Neigi-san machte Fürst Gekkou darauf aufmerksam, dass er sich an Euch wenden müsse, wenn er Befehle für mich hätte, da ich derzeit in Euren Diensten stünde.“ „Nur das.“ Sie musste ihren Lehrer schützen. Und sie war sicher, dass es der Hundeprinz nicht witzig finden würde, käme ihm ihre angebliche Liebschaft zu Ohren. „Nun, er...er sagte noch…wünscht Ihr es wörtlich?“ „Ja.“ „Er meinte, Fürst Gekkou wisse doch, wie großzügig Ihr mit Eurem Eigentum seid und wie leicht Ihr verzeiht. Daraufhin ging der Fürst.“ Er prüfte die Luft. Nein, sie hatte ihn noch nie angelogen und sie tat es auch diesmal nicht. Warum nur hatte Gekkou dann so unverschämt gesagt, er wisse schon, worin die Brauchbarkeit von Menschenmädchen für Hundedämonen läge? Hatte er tatsächlich nur die Ermittlungen gemeint? Oder war da einem deutlichen Missverständnis aufgesessen? So oder so würde er ein ernstes Wort mit diesem Fürsten reden müssen. Besser, ein kleiner Trainingskampf würde Gekkou zeigen, wo sein Platz war. Sakura dachte kurz nach. Nein, er war sicher nicht eifersüchtig, das erkannte sie nur zu deutlich. Es war einfach die gleiche Reaktion, die er zeigen würde, nähme jemand ein Schwert oder einen anderen Gegenstand, auf den er ein Anrecht hatte. Sie würde wirklich gut daran tun, ihre Träume zu begraben. Vielleicht würde es eines Tages einen Menschen geben, der entweder nichts von den Gerüchten gehört hatte, oder ihr Glauben schenken würde, dass es nie ein Verhältnis gegeben hatte. Möglicherweise würde auch sie eines Tages einen netten Mann ihrer eigenen Art finden. Sie war ja doch erst siebzehn Jahre alt. „Fürst Gekkou braucht dich nicht mehr zu kümmern.“ Er drehte sich um. „Danke, Lord Sesshoumaru.“ Davon war sie allerdings überzeugt. Freilich war sie ebenso sicher, dass er nie einen Gast seines Vaters töten würde. Mit einem leisen Seufzen sah sie ihm nach, ehe sie aufstand, um wieder an ihre Arbeit zu gehen. **************************************************** Der liebe Fürst Gekkou dürfte Glück haben, der Gast des Inu no Taishou zu sein.... Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich eine Info-Ens, wenn der neue Krimi on kommt, was allerdings noch etwas dauern kann, da ich ihn von vorn angefangen habe^^ bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)