Wenn Legenden wahr werden... von Noctifera ================================================================================ Kapitel 1: 1. Spaziergang mit Folgen ------------------------------------ °Wie kann er nur so etwas sagen!° Schnellen Schrittes bog ich wieder in eine andere Straße. Der Streit saß mir noch in allen Knochen. °Nur weil er mein Vater ist, gibt ihm das noch lange nicht das Recht, so mit mir umzuspringen! Ich bin doch kein kleines Kind mehr!° Auch wenn man meine nachfolgende Reaktion durchaus als kindisch bezeichnen könnte. Ohne lange zu überlegen bin in ich aus seiner Wohnung gestürmt, ohne darauf zu achten, das es bereits mehr als sehr spät war und es draußen nach einem aufkommenden Gewitter aussah. °Du kannst mich mal...° warf ich in Gedanken meinem imaginären Gegenüber an den Kopf. Die kalte Nachtluft schien auch meine Wut abzukühlen und mit der Zeit verlangsamten sich meine Schritte. Erst jetzt fiel mir auf, dass es wohl praktisch wäre sich umzuschauen, vor allem, wenn man merkt, dass es dich in eine ziemlich verlassene und unbekannte Gegend verschlagen hat. Ich war eindeutig nicht auf dem Weg zu mir nach Hause, auch wenn ich ursprünglich vor hatte, dahin zu gelangen °Verdammt....wo bin ich denn hier?° Ich versuchte mich zu orientieren, doch wie der Zufall es so will, war nirgendwo ein Straßenschild zu sehen. °So weit kann ich doch auch nicht gelaufen sein...° Ich lief weiter und hielt Ausschau nach irgendwelchen Geschäften oder Kiosken, wo ich mich eventuell als neu in der Stadt ausgeben (der Stolz hinderte mich daran, zuzugeben, dass ich mich in meiner eigenen Stadt verlaufen habe) und nach dem Weg fragen könnte. Das um die Uhrzeit kaum jemand geöffnet haben wird, darüber machte ich mir im Moment keine Gedanken. Plötzlich drehte ich mich um. °Da war doch was...° ich blickte auf eine völlig leere Straße hinter mir. Doch kaum setzte ich meinen Weg fort, hörte ich schon wieder Schritte. Ohne mich richtig umzudrehen erspähte ich aus einem Augenwinkel, dass ich verfolgt wurde. °Na toll, das hat mir gerade noch gefehlt!° In Gedanken verfluchte ich meinen Vater, wegen dem ich mich jetzt auf dieser gottvergessenen Straße befand. Eine mögliche Überreaktion meinerseits übersah ich großzügig. Ich legte einen Zahn zu, die Schritte hinter mir wurden auch schneller. Ich spürte, wie die Angst ihre eiskalte Hand auf meinen Rücken legte. °Dreh dich bloß nicht um° gab ich mir selbst Anweisungen, so als ob es irgendwie hilfreich wäre. Ich schätzte die Situation ab. Ich war zwar nicht gerade klein und von natur aus kräftig, aber gegen einen paar Zentner schweren Mann sahen meine Chancen nicht gerade goldig aus. Rennen würde nichts nützen, nach höchstens 5 min wäre ich k.o. wenn ich es bis dahin überhaupt schaffen würde. °Vielleicht hätte ich früher doch mehr Sport treiben sollen...° der Gedanke erschien mir angesichts meiner Lage dermaßen lächerlich. Bestimmt erste Anzeichen von Panik. Was soll’s. Ich versuchte mich krampfhaft an die paar Selbstverteidigungsstunden zu erinnern, die wir in der Schule hatten, doch anstatt der Tipps hörte ich nur noch mal, was die Lehrerin uns am Ende gesagt hatte: „Aber machen wir uns doch nichts vor. Wenn wir ganz alleine einem 2m großem Schrank gegenüber stehen, dann, seien wir ehrlich, haben wir nicht die geringste Chance.“ Nicht gerade hilfreich, oder? Ich versuchte abzuschätzen, inwieweit der Typ hinter mir Ähnlichkeit mit einem Schrank hatte, was ich allerdings bereits im nächsten Moment bereute. „Hey du!“ Die Stimme riss mich aus der krampfhaften Anspannung. Ich hörte, wie die Schritte hinter mir noch schneller wurden. Mein Verfolger hatte die stumme Jagd anscheinend satt. Ich erinnerte mich, dass man in einer solchen Situation eine möglichst menschenreiche Gegend aufsuchen und die Aufmerksamkeit auf sich lenken sollte. Das ich nicht lache. Aufmerksamkeit vom wem? In aller meiner Verzweiflung konnte ich mir dennoch nicht vorstellen, dass es ein paar Straßenlaternen kümmern würde, was mit mir passiert. Die Rufe hinter mir erklangen immer bedrohlicher. Na gut, scheiß auf die Kondition, ich fing an zu rennen. Die Person hinter mir anscheinend auch. Keuchend und die letzte Kraft sammelnd bog ich um die Ecke, in der Hoffnung, etwas zu sehen, was mir hilfreicher erscheinen würde. Ein Fehler. Und ein sehr großen dazu. Vor mir erstreckte sich eine Mauer, grau und erbarmungslos hoch, so eine, die nicht selten im Augenfeld eines Helden in einem Actionfilm erscheint. Nur das es sich hier um keinen Film handelte. Es war bittere Realität und ich saß in einer Sackgasse. „Na, sehr weit bist du aber nicht gekommen“ die spöttische Stimme hinter mir ließ außerdem darauf schließen, dass die Person sich nach unserem kleinen Laufmarsch eindeutig in einer besseren Verfassung befand, als ich. Ich drehte mich langsam um. Der Mann war deutlich größer als ich und er kam unerbittlich auf mich zu. „Weißt du nicht, dass es unhöfflich ist, Menschen zu ignorieren?“ Ich konnte seine Gesichtszüge in der Dunkelheit nicht genau erkennen, aber das spöttische Grinsen ließ sich auch so erraten. „Lassen Sie mich in Ruhe!“ Ich wunderte mich selber, wieso ich die Höfflichkeitsform verwendete. Aber ist es nicht egal, wie ich den Typ ansprach? „Na na na, wer wird denn hier gleich vorlaut?“ Ich trat einen Schritt zurück und konnte die Kälte des Steines bereits auf meiner Haut spüren. Ich ließ meinen Blick um mich herum gleiten, auf der Suche nach irgendetwas, was sich vielleicht als eine Waffe erweisen könnte. „Ich glaube, ich sollte dir für deine Unhöfflichkeit eine Lektion erteilen“ Ohne weitere Vorwarnung ging er auf mich los, bevor ich noch irgendetwas unternehmen konnte. Auch wenn ich sowieso nicht in der Lage war, irgendetwas zu unternehmen. „NEIN!“ schrie ich und versuchte mich mit Leibeskräften zu befreien. Das ist der richtige Zeitpunkt, in dem man den Verstand ausschalten und nur auf die Panik in deinem Inneren hören sollte, die sich auch so ihren Weg nach draußen bann. „Sei still!“ zischte der Mann, während er mich mit seiner ganzen Gewichtskraft auf den Boden drückte. Natürlich dachte ich nicht mal daran, seinem Befehl zu folgen. „Still, hab ich gesagt!“ Er schlug mir ins Gesicht. Ohne dem Schmerz Beachtung zu schenken, versuchte ich ihn selbst zu treffen. Plötzlich hörte ich, wie Stoff riss und spürte die unangenehm kalte Luft auf meinem Oberkörper. „Du Schwein!“ Nicht dass die Bemerkung irgendwas gebracht hätte. Meine Gedanken schienen sich langsam zu verknoten. Ein erneuter Schlag traf mich am Kopf und für einen Moment wurde mir schwarz vor Augen. Wenn es bis dahin noch einen winzigen Bereich meines Gehirns gab, der frei war, so ergriff die Angst jetzt die vollständige Kontrolle. Ich spürte sein Gesicht dicht über meinen und mir wurde übel von seinem widerlichen Atem, aus dem man deutlich alkoholische Ausdunstungen vernahm. Endlich gelang es mir einen wundersamen Augenblick auszunutzen und ich trat meinen Peiniger mit gesamter Wucht, die ich nur aufbringen konnte. Was leider bei Weitem nicht die gewünschte Wirkung erzielte. „Du Miststück!“ und noch ein Schlag traf mich mit voller Kraft. Ich weiß nicht, was er in diesem Moment in der Hand hielt, aber es war eindeutig härter als eine Faust und Sekunden später spürte ich, wie etwas Warmes entlang meiner Schläfe rinn. Erneut sah ich Funken vor Augen und für einen Moment schien alles im Nebel zu versinken. Was mich aber mehr entsetzte war die Tatsache, dass auch meine restlichen Muskeln langsam erschlafften und ich auch noch verschwommen wahrnahm, dass der Kerl sich jetzt an meine Hose ranmachte. Auch wenn ich nichts mehr ausrichten konnte, das Letzte was ich wollte war mich kampflos dem Schicksal zu ergeben... Plötzlich vernahm ich eine Bewegung, der ein dumpfes Schlaggeräusch folgte. Der Mann über mir war im nächsten Moment nicht einfach nicht mehr da. Als ich mich mühevoll aufrichtete und mich auf die Ellenbogen stützte, sah ich, dass er ein paar Meter von mir auf dem Boden kauerte, so als ab er plötzlich von einem Windstoß weggetragen wurde. Von einem sehr gewaltigen Windstoß wohlgemerkt. Doch dann sah ich die schattenhafte Gestalt, die sich dem Typ näherte. Wie gebannt beobachtete ich diese Erscheinung. Die Person war beeindruckend groß, die Lichtverhältnisse erlaubten mir nur den langen schwarzen Mantel zu erkennen, der sich jeder Regung seines Besitzers anzupassen schien und doch erfolgte jede Bewegung des Unbekannten völlig lautlos. Mein Verfolger schien sich vom offensichtlichen Schock erholt zu haben und machte Anstalten, sich zu erheben. Da vorführte der Fremde eine schnelle Bewegung, ich konnte nichts erkennen, als ein ersticktes Keuchen und dann erschlaffte der Körper des Mannes und er sank bewegungslos zu Boden. Es geschah alles viel zu schnell, als wenn ich es hätte besser realisieren können. Mein vermeidlicher Retter kniete neben dem Körper so dass dieser von meiner Sicht verdeckt war und verharrte einige Minuten in dieser Stellung. Das Pochen in meinem Kopf wurde immer schlimmer und ich stellte entsetzlich fest, dass meine Glieder sich wie gelähmt anfühlten. Ich unternahm einen verzweifelten Versuch, mich zu erheben, der aber nur dazu führte, dass alle Umrisse um mich herum immer unschärfer wurden. Der Fremde erhob sich langsam und drehte sich zu mir um. Genau in diesem Moment kam der Mond endlich hinter einer Wolke hervor und ich sah in das unglaublich bleiche aber makellose Gesicht, das vom pechschwarzen Haar umrahmt wurde. Woran mein Blick sich aber heftete, war der dünne rote Rinnsal, der von den Lippen des jungen Mannes kam und sogar bei diesem Licht im starken Kontrast zu seiner Hautfarbe stand. Genauso lautlos kam er auf mich zu, eine Tatsache, die in meinem Gehirn wieder den Schalter der Panik auslöste, mein Körper aber definitiv nicht willig war, diesem Signal zu folgen. Dann konnte ich nur noch das schmerzhafte Pochen in meinem Kopf vernehmen und dann war alles schwarz. Ich wurde ohnmächtig. 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