Destiny? von abgemeldet (Und plötzlich hieß es Ewigkeit) ================================================================================ Kapitel 5: Training und Beobachtungen ------------------------------------- Als sie am Lager ankamen, schliefen Jaken und Rin noch. Nur Ah-Uhn war schon wach und graste seelenruhig auf der Wiese. Langsam ging Ruan zu dem kleinen Mädchen und setzte sich neben sie. Dabei hob sie auch ihren Bogen und ihren Köcher auf und hängte sich beides um. Nachdenklich ließ sie ihren Blick über ihren Lagerplatz schweifen. In Gedanken fragte sie sich immer wieder, warum sie Sesshoumaru so angeschrieen hatte. Eigentlich hatte sie dazu keinen wirklichen Grund gehabt. Ihr Blick blieb an dem Youkai hängen, der sich etwas abseits von den anderen an einen Baum gelehnt hatte. Er hatte zwar die Augen geschlossen, doch Ruan bezweifelte insgeheim, dass er auch wirklich schlief. Aus irgendeinem Grund hatte sie plötzlich ein schlechtes Gewissen. Er ließ zu, dass sie seine Gruppe begleitete, hatte ihr bei ihrem Training geholfen und sie schrie ihn einfach so an. Da konnte man schon verstehen, dass er wütend geworden war. Dennoch hatte er etwas übertrieben. Schön und gut, dass er wütend geworden war, aber er hätte sie ja nicht gleich fast erwürgen müssen! Langsam begann sich Rin neben ihr zu bewegen. Noch leicht verschlafen öffnete das Mädchen die Augen und blickte Ruan an. Einen Augenblick schien sie verwirrt zu sein, doch dann sprang sie sofort auf und rief freudig: “Guten Morgen, Ruan- chan!” “Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?”, fragte Ruan lächelnd. Zur Bestätigung nickte Rin. “Ja, das habe ich. Ich hab irgendetwas geträumt, aber ich weis nicht mehr, was es war. An dem Fluss da hinten gibt es Beeren. Willst du mit mir welche Pflücken gehen? Wir könnten auch noch schwimmen, wenn du magst?” Angesichts des Tatendrangs des jungen Mädchens konnte Ruan sich kaum vorstellen, dass Rin noch bis vor einer Minute fest geschlafen hatte. Die Kleine war einfach unglaublich. “Das können wir machen.”, meinte sie lächelnd und stand auf. Lachend ergriff Rin daraufhin Ruans Hand und lief los. Nach ein paar Metern blieb sie aber plötzlich stehen, fast so als sei ihr plötzlich etwas eingefallen. “Sesshoumaru-sama, dürfen Ruan- chan und ich zum Bach gehen, schwimmen?”, fragte sie an den Youkai gewandt. Dieser öffnete daraufhin die Augen und sah die beiden scheinbar gleichgültig an. Nach einer Weile, die Ruan wie eine Ewigkeit vorkam, stimmte er zu. “Danke, Sesshoumaru-sama.”, meinte Rin darauf fröhlich und lief weiter, wobei sie Ruan mit sich zog. Die Youkai war froh, über Rins Vorschlag. Sie brauchte dringend etwas Abwechslung, nachdem, was in der Nacht passiert war. Also ließ sie sich widerstandslos von dem kleinen Mädchen mitziehen. Nach kurzer Zeit waren sie dann auch an dem Fluss angekommen, dessen Strömung sehr schwach war. Seine Ufer waren fast vollständig von Gebüsch verdeckt und nur an einer Stelle war ein kleiner, freier Abschnitt und genau zu diesem führte Rin sie nun. “Das ist aber schön hier.”, meinte Ruan anerkennend und sah sich um. Durch das Gebüsch währen sie jedenfalls vor möglichen Spannern sicher und das Wasser sah auch wunderbar klar aus. “Ich hab diese Stelle zusammen mit Jaken-sama gestern entdeckt.”, sagte Rin stolz und sah sich um. “Da vorne ist der Beerenstrauch, von dem ich dir erzählt hab.” Mit ausgestrecktem Finger zeigte die Kleine auf einen nahe liegenden Busch. “Dann lass uns mal frühstücken, nicht wahr?”, schlug Ruan vor und sogleich machten sich die beiden daran, die Früchte zu pflücken und auch zu essen. Die kleinen Früchte schmeckten sehr süß und Ruan fragte sich ernsthaft, ob man von ihnen jemals satt werden konnte. Zu ihrer Verwunderung konnte man das aber doch, da sie als Youkai scheinbar weniger Nahrung benötigte, als es zuvor der Fall gewesen war. Es war Ruan in den letzten Tagen schon aufgefallen, dass sie viel schneller satt wurde als gewöhnlich und das es dann auch länger als normalerweise brauchte, bis sie wieder hungrig wurde. Bisher hatte sie dem noch nie allzu viel Bedeutung zugemessen, doch es war ihr auch noch nie so deutlich aufgefallen wie jetzt. Das führte sie wieder zu einem anderen Thema. Brauchten alle Dämonen nur so wenig Nahrung? Oder gab es da einen Unterschied zwischen den verschiedenen Arten? Soviel sie wusste, aß Jaken auch nur sehr wenig, aber das wollte nichts heißen, schließlich war er auch sehr klein. Ah-Uhn schien jedenfalls immer sehr viel zu fressen und Sesshoumaru… wenn sie ehrlich war, hatte sie den Youkai noch nie essen sehen. Brauchte er etwa keine Nahrung? Oder aß er lieber alleine…? “Komm, Ruan- chan, lass uns schwimmen gehen.”, rief Rin vergnügt und begann damit, ihren Kimono auszuziehen, bevor sie lachend ins Wasser sprang. “Ich komme schon.”, antwortete Ruan ebenfalls lächelnd angesichts des kleinen Mädchens. Als Ruan schließlich ins Wasser stieg wurde sie von Rin auch sogleich zu einer Wasserschlacht aufgeordert. Fröhlich tobten die beiden eine Weile im Wasser, bis Rin keine Lust mehr hatte und sich stattdessen die verschiedenen Fisch im Wasser anguckte. Ruan ließ sich währenddessen einfach nur im Wasser treiben. Sie genoss die friedliche Atmosphäre und die leisen Geräusche, die zu hören waren. Das leise rauschen des Flusses, der Wind, der leicht durch die Sträucher pfiff, all dass wirkte entspannend auf sie. Nach einer Weile meinte sie aber dennoch zu Rin, dass sie sich langsam auf den Rückweg machen sollten. Sie währen schon lange genug fortgeblieben. Rin war zwar leicht enttäuscht darüber, gab aber keine Widerworte. So stiegen sie aus dem Wasser, zogen sich an und machten sich auf den Rückweg zum Lager. Dort angekommen befahl Sesshoumaru auch sogleich den Aufbruch. So gingen sie los. Im vergleich zum Vortag wurden sie aber nicht von irgendwelchen Dämonen angegriffen und, soweit Ruan das erkennen konnte, kamen auch keine überhaupt in ihre Nähe. Ruan war erleichtert darüber. Wenn es nach ihr ginge, würden sie sowieso niemals wieder angegriffen werden. Sie fürchtete sich vor keiner Auseinandersetzung, sie wollte aber auch keine heraufbeschwören. Sie würde es zwar nie zugeben, aber insgeheim wünschte sie sich ihr friedliches Leben aus dem Schloss zurück. Allerdings war sie mittlerweile nicht mehr ganz sicher ob sie wirklich, wenn ihr jemand das anbieten würde, in das Schloss zurückkehren würde. Einerseits wünschte sie sich die Geborgenheit, die sie dort immer hatte, zurück, aber andererseits wollte sie sich auch nicht von ihren Begleitern trennen. Außerdem bezweifelte sie, dass sie dort wirklich ihre Ruhe finden könnte, wenn sie wüsste, was außerhalb der Schlossmauern alles vor sich ging. Warum war nur alles so kompliziert? “Was ist denn los, Ruan- chan? Du siehst so unglücklich aus.”, fragte Rin besorgt. Das Mädchen führte Ah-Uhn am Zügel und ging direkt neben ihr. “Es ist nichts, Rin- chan. Mach dir keine Sorgen.”, antwortete Ruan schnell, um die Sorgen des Kindes zu zerstreuen. Sie konnte der Kleinen unmöglich sagen, dass sie sich nicht sicher war, ob sie lieber bei ihr bleiben würde oder in ihr altes Zuhause zurückkehren wollte. Das würde Rin bestimmt traurig machen und das letzte, was Ruan wollte war im Moment, eine traurige Rin um sich zu haben. Schnell sprang er von Ast zu Ast. Der Schlossherr hatte ihm einen zahmen Drachen zur Verfügung gestellt und so war er schon jetzt in den westlichen Ländern angekommen, was zu Fuß selbst ihm als Youkai bestimmt zwei Tage gekostet hätte. Als er in der Nähe des beschriebenen Aufenthaltsortes der Youkai, die er beschatten sollte, angekommen war, hatte er sein Reittier zurückgelassen und sich selbst auf den Weg gemacht. Der Drache war einfach zu auffällig und die Tatsache, dass er ihn überhaupt erhalten hatte, ließ durchscheinen das dem Schlossherrn diese Sache äußerst wichtig zu sein schien. Einerseits fühlte er sich geehrt, einen solch wichtigen Auftrag erhalten zu haben, andererseits wusste er, dass er sich hier absolut keinen Fehler erlauben durfte. Es war ihm auch klar, dass es keinesfalls einfach werden dürfte, unbemerkt in die Nähe dieser Youkai kommen zu können, ansonsten hätte der Schlossherr bestimmt mehrere Krieger losgeschickt. Mittlerweile war er allerdings schon einen halben Tag lang unterwegs und hatte die Gesuchte immer noch nicht entdecken können. Entschlossen sprang er auf einen großen Baum, der die anderen überragte und spähte aus wachsamen Augen über das Land. Hätte man ihm nicht vorher sagen können, dass die Ostgrenze der westlichen Ländereinen praktisch nur aus Wald bestand? Größere Grünflächen waren hier wirklich selten…. In jedem anderen Teil dieser Ländereinen sah es anders aus, aber diese Youkai musste sich ausgerechnet in dem Teil aufhalten, wo man sie am schwersten finden konnte! Leicht ärgerlich blickte er sich um. Außer Bäumen und ab und zu einer Lichtung konnte er nichts entdecken. Auch dort, wo Flüsse den Wald durchflossen war das Blätterdach geteilt, aber all dass half ihm auch nicht weiter. Stattdessen sprang er wieder von seinem Aussichtspunkt herunter und konzentrierte sich auf die Auren in seiner Umgebung auszumachen. Der Schlossherr hatte schließlich erwähnt, dass diese ominöse Youkai eine ungewöhnliche Aura besaß. Wenn das so war, konnte er sie womöglich dadurch ausfindig machen. Mit halb geschlossenen Augen strecke er seine Sinne aus. Dieser Wald war voller Leben, dass konnte er sofort erkennen, aber die meisten Auren kamen ihm mehr als nur durchschnittlich vor, doch dann stockte er. Er hatte die gesuchte Aura endlich gefunden. Nachdenklich blickte er in die Richtung, in der sich die gesuchte Youkai aufhalten musste. Jetzt hatte er sie zwar gefunden, aber es gab dennoch etwas, worüber er sich Sorgen machte. Ganz nah bei der Gesuchten Youkai hatte er noch eine zweite Aura ausmachen können. Auf den ersten Blick schien diese nichts besonderes zu sein, doch kurzzeitig hatte er gemeint, unterdrücktes Youki zu fühlen, und davon nicht zu knapp. Der Dämon, der die Gesuchte begleitete, musste wirklich mächtig sein. Kurz zögerte er noch, dann sprang er los. Er hatte einen Auftrag und war auch gewillt, diesen auszuführen. Er musste halt noch mehr aufpassen, als eigentlich vermutet. Außerdem war er nicht mehr weit von der gesuchten Youkai entfernt. Jetzt aufzugeben kam für ihn gar nicht in Frage. Die Sonne stand schon tief, als sie die nächste Rast einlegten. Während sie unterwegs gewesen waren, hatte sich Rin auf Ah-Uhn gesetzt, weil sie müde geworden war. Jetzt sprang die Kleine hastig von dem Drachen herunter. Dieser stapfte danach noch ein paar Schritte weiter, lies sich dann aber sogleich auf die Seite fallen und begann zu dösen. “Jaken-sama, da vorne ist eine Blumenwiese! Willst du mitkommen?”, rief Rin fröhlich und deutete mit ausgestrecktem Finger in die Richtung, in der die Wiese sein sollte. “Nein, du dummes Gör! Geh doch allein!”, grummelte Jaken und hockte sich auf den Boden, dabei warf er Ruan einen missmutigen Blick zu. Er verstand seinen Meister noch immer nicht. Warum nur nahm er diese Youkai mit? Sie nützte doch zu nichts! “Jaken, begleite Rin.”, wies Sesshoumaru den grünen Gnom gerade an. Geschockt blickte dieser auf und wollte schon zum Protest ansetzen, als er dem kalten Blick seines Meisters begegnete. Sofort verstummte er wieder, rappelte sich auf und lief dem kleinen Mädchen eiligst hinterher, die schon ohne ihn losgegangen war. Ruan konnte sich ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen, als sie dem kleinen Youkai hinterher blickte. Er war schließlich selbst Schuld. Warum hatte er Rin nicht gleich zugestimmt? Es war schließlich klar gewesen, dass Sesshoumaru ihn so oder so zum Aufpassen mitgeschickt hätte. “Komm mit.”, ertönte plötzlich Sesshoumaru’s kalte Stimme hinter ihr. Erschrocken wirbelte sie herum. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie er hinter sie getreten war. “Musst du mich immer so erschrecken?”, fragte sie leicht säuerlich, doch, wie es zu erwarten gewesen war, schenkte Sesshoumaru ihr keine Antwort. Mit einem weiteren kalten Blick auf sie drehte er sich um und ging los. Nach kurzem Zögern folgte Ruan ihm. Sie würde zu gern wissen, was jetzt im Kopf des Youkais vorging. Wo sie wohl hingingen? Prüfend warf sie einen Blick auf den Youkai, der vor ihr ging und auch an ihm vorbei. Sie konnte jedoch nicht erkennen, was ihr Ziel sein könnte. “Sesshoumaru-sama, wohin gehen wir?”, fragte sie schließlich, als die Neugier sie übermannte. Doch sie erhielt keine Antwort. “Sesshoumaru-sama?”, hakte sie noch einmal nach, doch der Youkai vor ihr zeigte in keinster Weise, ob er ihre Frage überhaupt vernommen hatte. Schweigend und ohne die ihm folgende Youkai zu beachten ging er einfach weiter. Er sah keinen Sinn darin, ihre Frage jetzt zu beantworten. Sie würde es immerhin gleich selbst sehen. Es dauerte auch nicht lange, da hatten sie ihr Ziel erreicht. Eine nicht allzu hohe, zerklüftete Felswand ragte vor ihnen auf. Etwas weiter rechts konnte Ruan das Rauschen von Wasser vernehmen und als sie den Kopf wandte, erblickte sie einen ca. 3 Meter tiefen und recht breiten Wasserfall, der in einen schnell fließenden Fluss mündete. “Und was wollen wir hier…?”, fragte Ruan nach einer Weile. “Du hast erwähnt, dass du deine Kräfte nicht beherrschst.”, antwortete Sesshoumaru kühl. Verwirrt blickte Ruan ihn an. Das hatte sie zwar gesagt, aber sie verstand immer noch nicht, was das damit zu tun hatte, dass sie jetzt hier waren. Plötzlich flog ein Stein knapp an ihrem Ohr vorbei. Sofort richtete sich ihr Blick auf den Inu-Youkai, der bereits den nächsten Stein in der Hand hielt. “Hey, der hätte mich treffen können!”, meinte sie wütend. “Wenn ich dich hätte treffen wollen, hätte ich es getan.”, antwortete Sesshoumaru scheinbar desinteressiert. “Trotzdem wirft man nicht so einfach Steine auf andere Leute!”, regte sie sich auf. “Dann hindere mich daran.”, verlangte Sesshoumaru kalt. Irritiert blickte Ruan ihn an. Was sollte das jetzt bedeuten? Sie sollte Sesshoumaru daran hindern, Steine auf sie zu schmeißen?! Das war doch Unsinn! Davon mal abgesehen bezweifelte sie stark, dass sie Sesshoumaru an irgendetwas hindern konnte. Schließlich war er ein mächtiger Youkai und sie, sie konnte noch nicht einmal mit ihren eigenen Kräften richtig umgehen! Sesshoumaru betrachtete sie unterdessen prüfend. Damit sie ihre Youkaikräfte freisetzen konnte, musste sie irgendein starkes, negatives Gefühl verspüren. Noch konnte sie ihre Kräfte nicht willentlich verwenden, sondern weckte sie nur unbewusst. Das war bei allen unerfahrenen Youkai so und würde auch immer so bleiben. Also musste er sie so lange reizen, bis sich ihre Macht von selbst zeigte, sie aber noch nicht die Kontrolle verlor. Erst wenn sie ungefähr wusste, wie sie ihre Kräfte wecken konnte, konnte das richtige Training beginnen. Also warf er den nächsten Stein. Ruan wich diesem mit einem Schritt zur Seite aus. “Was soll das?!”, fragte sie wütend, bekam aber, wie es zu erwarten gewesen war, keine Antwort. Stattdessen bekam sie einen Stein direkt an den Kopf, da sie kurzzeitig nicht aufgepasst hatte. “Au.”, murmelte sie wütend und rieb sich die Stirn. Er nahm jedoch keine Rücksicht darauf und warf diesmal einen größeren Stein nach ihr. Mit Wut im Bauch blickte Ruan dem faustgroßen Geschoss entgegen. “Lass das endlich!”, rief sie wütend und streckte die Hand aus, um den Stein aufzufangen. Dazu kam es allerdings nicht mehr. Im gleichen Moment, in dem sie ihre Hand öffnete, entstand plötzlich ein Energiewirbel auf ihrer Handinnenfläche, der den Stein in tausend Teile zerspringen ließ. Erschrocken zuckte Ruan kurz zusammen, ehe sie fassungslos ihre Hand betrachtete. Sie sah eigentlich ganz normal aus. Probehalber schloss und öffnete sie diese ein paar mal. Ohne Zweifel, zu vorher bestand nicht der geringste Unterschied. “W… was war das eben?”, fragte sie verwirrt und blickte auf. Sogleich begegnete sie Sesshoumaru’s Blick. “Youki.”, meinte er kühl. Diese Youkai neigte wirklich dazu, unnötige Fragen zu stellen. Schließlich war es mehr als offensichtlich, was sie getan hatte. Innerlich wunderte er sich darüber, dass sie so schnell auf ihre Kräfte hatte zugreifen können, aber das lag bestimmt daran, dass sie schon früher unbewusst auf sie zugegriffen hatte. Unterdessen starrte Ruan noch immer ungläubig auf ihre Hände. Sie hatte eben tatsächlich Youki benutzt, ohne nur im geringsten die Kontrolle zu verlieren! Außerdem konnte sie sich noch genau an das Gefühl erinnern, welches sie dabei gehabt hatte. Es war seltsam gewesen, kaum richtig zu beschreiben. Es war wie, als währe urplötzlich etwas warmes in ihren Arm geflossen, aber es war auch nicht unangenehm gewesen, ganz im Gegenteil. Probehalber streckte sie den Arm erneut aus, aber nichts geschah. Sie versuchte sich das Gefühl noch einmal vorzustellen, dass sie eben noch verspürt hatte und tatsächlich spürte sie daraufhin ein leichtes Kribbeln im Arm, aber das war auch schon alles. Enttäuscht betrachtete sie ihre Hand. Warum hatte es eben funktioniert und jetzt nicht? “Was muss ich machen, damit ich so etwas machen kann, wann ich will?”, wandte sie sich schließlich an Sesshoumaru. “Üben. Das Gefühl, dass du eben hattest, woher kam es?”, fragte Sesshoumaru kalt. “Ich… weis es nicht genau. Aber, ich glaube, es kam irgendwie… aus meinem Herzen…”, antwortete Ruan zögerlich. Woher wusste Sesshoumaru, dass sie so ein seltsames Gefühl gehabt hatte? Verspürte das etwa jeder Youkai? Leicht neigte Sesshoumaru den Kopf, ehe er weiter sprach. “Ja. Konzentriere dich in Zukunft darauf.” “Ich soll mich auf mein Herz konzentrieren…?”, murmelte sie verwirrt und legte unbewusst eine Hand auf dieses. ,Ja und nein.’, überlegte Sesshoumaru, sagte es aber nicht laut. Er hatte ihr die Grundlage gezeigt, jetzt musste sie lernen, ihr Youki jederzeit kontrollieren zu können. Bis sie das nicht perfekt beherrschte, konnte sie auch nichts anderes lernen. “Versuche in der nächsten Zeit immer wieder, dein Youki auf diese Art freizusetzen, wie du es eben getan hast. Wann und wo ist dabei gleich.”, wies er sie noch kalt an, ehe er sich umwandte und sich, ohne ein weiteres Wort zu sagen, auf den Rückweg zum Lager machte. Nach kurzer Zeit ertönten hinter ihm eilige Schritte, die ihm verrieten, dass Ruan ihm folgte. ,So, so. Das ist also diese Youkai…’, überlegte er, während er Ruan mit seinem Blick folgte. Instinktiv hatte er sich gegen den Wind genähert und auch seine Aura verborgen, zum Glück, wie er nun feststellen musste. Er kannte den Youkai, der bei der Gesuchten war, wenn auch nur vom Hörensagen. Wenn er sich nicht so gut auf das Tarnen verstehen würde, wäre er bestimmt schon längst aufgeflogen. Gegen diesen Inu-Youkai hatte er keine Chance. Da war es besser, einen gewissen Sicherheitsabstand zu wahren. Mit Interesse hatte er dem Training der Youkai zugeschaut. Sie war zweifellos mächtig, schien ihre Kräfte aber dennoch nicht zu beherrschen. Für seinen Herren währe diese Information bestimmt wichtig. Auch, dass der Daiyoukai des Westens sich persönlich um diese Youkai kümmerte, war bestimmt nicht unwichtig. Als die beiden Youkai schließlich ihren ,Trainingsplatz’ verließen, folgte er ihnen unauffällig. Es dauerte nicht lange, da kamen sie auf einer Wiese an, auf der ein zweiköpfiger Drache schlief. Am kostbaren Zaumzeug konnte er erkennen, dass es sich wohl um das Reittier Sesshoumaru’s handeln musste. Eigentlich sah der Drache nicht besonders stark aus. Er persönlich hätte ein Wesen vermutet, dass mehr Macht ausstrahlte als dieser Drache es tat. Er war ja nicht einmal besonders groß und wirklich kräftig sah er auch nicht aus. Erneut ließ er seinen Blick über die Lichtung schweifen. Was war das da hinten? Angestrengt kniff er die Augen zusammen. Wenn er sich nicht sehr täuschte, dann war dort ein Menschenmädchen. Was machte die Kleine denn hier? Er hatte nie etwas gegen Menschen gehabt, aber es war für diese schwachen Wesen mehr als gefährlich, in die Nähe von mächtigeren Youkai zu gelangen, vor allem, wenn sie dafür bekannt waren, die Menschen zu verachten. Er warf einen flüchtigen Blick zum Lord des Westens. Entweder dieser hatte das Menschenmädchen noch nicht bemerkt, was er mehr als nur bezweifelte, oder er ignorierte die Kleine. ,Das Kind hat wirklich mehr Glück als Verstand.’, dachte er erleichtert, während er seinen Blick erneut auf die Youkai richtete, die er beschatten sollte. Dabei fiel ihm auch der Bogen auf, den sie über der Schulter trug. Scheinbar war dieser ihre einzige Waffe. Er konnte jedenfalls keine weitere bei ihr entdecken. Ein plötzlicher Ruf ließ ihn aufblicken. “Sesshoumaru-sama!” Glücklich lächelnd kam das kleine Mädchen von eben auf den Youkai zugeraunt, der sich mittlerweile an einem Baum niedergelassen hatte. War dieses Mädchen verrückt geworden?! Sie näherte sich scheinbar ohne Furcht dem gefährlichstem Youkai in diesem Gebiet! Er wollte schon losspringen, um der Kleinen zu helfen, doch dann ließ er sich wieder zurücksinken. Er würde dem Kind sowieso nicht mehr helfen können. Auch wenn er jetzt sofort lossprang, Sesshoumaru währe gewiss schneller da. Das einzige Ergebnis dieser Aktion währe dann gewesen, dass auch er gestorben währe. Umso verwunderter war er, als das Mädchen vor dem Inu-Youkai stehen blieb und dieser noch nicht seine Klauen an ihr geschärft hatte, geschweige denn, dass er einen Hinweis darauf gab, es noch machen zu wollen. Stattdessen betrachtete er das Mädchen nur mit ausdruckslosem Blick, welches ihm nun einen Blumenstrauß hinhielt. “Die habe ich für euch gepflückt.”, berichtete die Kleine strahlend und als der Youkai in keinster Weise reagierte, legte sie die Blumen einfach neben ihn und lief zu der anderen Youkai. “Ruan- chan!”, rief sie glücklich und hielt einen zweiten Blumenstrauß hoch, den sie in der anderen Hand hielt. Bei diesem Anblick wären dem Krieger beinahe die Augen ausgefallen. Da lief ein kleines Menschenmädchen durch das Lager gefährlicher Youkai und beschenkte sie einfach so mit Blumen! Ausgerechnet mit Blumen! Und um alldem noch eins draufzusetzen ließen die Youkai sie gewähren, als sei so etwas selbstverständlich! Das brachte sein gesamtes Weltbild ins Schwanken. Im Schloss war er nicht sehr beliebt, weil er etwas für Menschen übrig hatte und sich gerne um diese schwachen Wesen kümmerte, eigentlich wurde er nur wegen seiner nützlichen Fähigkeiten geduldet und nun konnte er dabei zusehen, wie diese beiden mächtigen Youkai sich um dieses Mädchen zu kümmern schienen! Zumindest die Youkai, die er beobachten sollte, beugte sich nun zu der kleinen hinab und dankte ihr für die Blumen. Dabei schnappte er auch den Namen der Kleinen auf: Rin. Im Kopf fasste er kurz alles zusammen, was er bisher über die Youkai wusste, die er hatte beobachten sollte. Ihr Name war Ruan, ihre einzige Waffe war ein Bogen, sie konnte nicht gut mit ihren Kräften umgehen, wurde vom Lord des Westens, einem kleinen Menschenmädchen Namens Rin und einem Drachen begleitet. Das war schon recht ordentlich, würde seinen Herren aber gewiss nicht zufrieden stellen. Also blieb er in seinem Versteck hocken und beobachtete die ungewöhnliche Gruppe weiter. Im Laufe des Abends kam noch ein kleiner, grüner und vor allem stinkender Gnom mit dem Namen Jaken zum Lager. Offensichtlich war er der Diener von Sesshoumaru, wobei er nicht darum herum kam, sich zu fragen, wie dieser diesen Gestank nur aushalten konnte. Vielleicht hatte er sich ja schon daran gewöhnt? Als Rin begann, sich mit Ruan zu unterhalten, spitzte er die Ohren, um auch ja nichts zu verpassen. Das meiste war zwar unwichtig, dennoch konnte er erkennen, dass Ruan noch nicht lange bei der Gruppe zu sein schien. Einige Themen waren viel zu grundlegend, als dass sie das Mädchen schon länger kennen könnte und das die Kleine schon länger bei Dämonen war, bezweifelte er nicht im geringsten. Als die das Menschenmädchen und die Youkai sich schlafen legten, wartete er noch einen kurzen Augenblick, ehe er sich wegschlich. Sein Bericht würde den Schlossherrn gewiss interessieren. _____________________________________________________________________ OK, ich weis, dass Steine zu schmeißen kein allzu interessantes Trainingsprogramm ist, aber schließlich hat Ruan kaum Ahnung von ihren Fähigkeiten und muss zuerst noch die Grundlagen lernen. In diesem Kap hat man nichts über diesen mysteriösen “Schlossherrn” erfahren. Ob sich das im nächsten Kap ändert? Wer weiß^^ Über Kommis jeglicher Art würd ich mich wie immer ganz, ganz doll freuen^^ Bye, _Corchen_ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)