Kagi - Der Schlüssel von Nessera_Noire (UruhaxReita ^_^) ================================================================================ Kapitel 6: Der Schlüssel zur Erkenntnis --------------------------------------- Kagi 06 – Der Schlüssel zur Erkenntnis Autorin: Nessera Noire Fandom: the Gazette Pairing: ReitaxUruha Disclaimer: Gazette gehören nicht mir (zum Glück, denn das wär stressig) und Geld will hierfür eh keiner bezahlen. Aber die Idee, immerhin die ist meins. Kommentar: Huh? Hatte ich nicht angekündigt, dies sei das Final Chapter? Ja, hatte ich. Aber ich hab festgestellt, dass dieses Kapitel dann etwa doppelt so lang geworden wär wie die anderen und das hätte mich gestört. *hust* Außerdem finde ich, dass dann ein bisschen viel auf einmal passiert wäre, so für ein Kapitel. ^^;;; Aber nach diesem Kapitel fehlt wirklich nicht mehr viel…das kommt dann bald in Kapitel sieben. ^_^ ~*~ Es goss in Strömen. Ein Regen, der nicht in Tropfen, sondern Fäden vom Himmel zu fallen schien und einen in Sekundenschnelle bis auf die Haut durchnässte; düstere Wolken, die es so dunkel erscheinen ließen, als wäre es Nacht. Aber es war mitten am Nachmittag, als Reita mit einem knallroten Regenschirm bewaffnet und mehreren Einkaufstaschen unter dem Arm durch den Park hastete. Nur nach Hause, aber schnell, und dann eine warme Dusche und trockene Klamotten! Er verfluchte diese elendiglichen Sandwege in Parks, die sich bei Regen in einen einzigen Morast verwandelten und alle Schuhe in einem fiesen Braun färbten. Er versuchte, noch etwas schneller zu gehen, als er mit einem Mal fürchterlich erschrak und beinahe umgefallen wäre, weil etwas Großes und Hartes seinen Schirm traf und diesem eine Beule zufügte. Der Stein kullerte vor seine Füße und blieb dort unschuldig liegen. Als er aufschaute, sah er in unmittelbarer Nähe auf einer Parkbank einen brünetten jungen Mann in seinem Alter sitzen, der nicht minder erschrocken schien als er selbst. Er musste den Stein geworfen haben. Reita registrierte, dass neben dem Typen ein dunkelroter Rucksack und eine kleine Reisetasche standen, beide anscheinend hastig voll gestopft und deshalb an einigen Stellen ausgebeult. „Sag mal, wirfst du öfters mit Steinen nach Passanten?“ fragte er ihn gereizt. Den Unbekannten machte diese Frage sehr verlegen. „Ähm…ich“, stotterte er und fuchtelte antwortsuchend mit den Händen in der Luft herum. „Tut mir Leid“, entschuldigte er sich schließlich aufrichtig. „Ich war ganz in Gedanken und hab nicht drauf geachtet, wohin ich den Stein werfe. Wirklich! Ich wollte dich echt nicht treffen.“ Er schien es ernst zu meinen. „Schon gut“, murmelte Reita leise. Er registrierte die Tränenspuren auf den Wangen des anderen und dass er völlig durchnässt war. Ihm war deutlich anzusehen, dass es ihm nicht gerade gut ging. Trotz alledem: Was ging ihn dieser Fremde an? Kurz nickte er ihm noch zu, dann setzte er seinen Weg fort und sah zu, dass er schnellstens in seine warme Wohnung kam. Doch als er eine gute halbe Stunde später mit einem Handtuch um den Kopf aus dem Bad trat, dachte er schon wieder an ihn. Er hatte einfach nur dort gesessen und sich nass regnen lassen, ohne Anstalten zu machen, auf dem Weg nach irgendwohin zu sein. Die Reisetasche sprach ebenfalls dafür. Der junge Mann hatte so verloren ausgesehen. Ob er jetzt immer noch dort auf der Bank saß? Reita schüttelte den Kopf, wie um die Gedanken loszuwerden, und setzte sich mit einem Joghurt an den Küchentisch. Er las in einer Musikzeitschrift, während er aß, aber er konnte sich nicht recht darauf konzentrieren. Eine weitere halbe Stunde später schaute er seine Lieblingsserie im Fernsehen, doch selbst das wollte ihn nicht ablenken. Beim Abspann stand er schließlich seufzend auf und ging zum Schlafzimmerfenster, von dem aus man den Park sehen konnte. Worum war es in der Folge gegangen? Er hatte nicht recht drauf geachtet. Aber wieso beschäftigte ihn der Fremde so sehr? Auf diese Frage fand er keine rechte Antwort. Mit einem Schulterzucken zog er die Gardine beiseite und spähte hinaus. Eine hohe Trauerweide versperrte ihm einen Großteil seiner Sicht und doch, die Bank war durch die Zweige zu erkennen, ebenso die Silhouette der Person, die darauf saß und die dunkelrote Farbe des Rucksacks. Er war also immer noch dort, im strömenden Regen. Wenn er noch lange dort draußen bliebe, würde es mit einer einfachen Erkältung nicht getan sein. Es dauerte nicht lange, bis Reita, ohne genau zu wissen, wieso, seinen Entschluss gefasst hatte; die matschig-braunen Turnschuhe und seinen Anorak erneut anzog und sich mit dem signalroten Regenschirm wieder auf den Weg in den Regen machte. „Hey“, machte er nur, weil ihm nichts Besseres zu sagen einfiel, als er den Schirm über den vor Nässe triefenden und zitternden Mann hielt. Dieser sah erstaunt aus seinen Gedanken gerissen auf und ihm ins Gesicht. „Wenn du hier noch lange sitzen bleibst, holst du dir den Tod.“ „Und wenn schon“, erklärte der Brünette gleichgültig, zuckte mit den Schultern. „Ich wüsste eh nicht, wo ich hingehen sollte.“ „Irgendeinen Ort wird es bestimmt geben.“ „Du kannst dich kurz bei mir aufwärmen und trocknen, wenn du mir versprichst, danach an einen Ort zu gehen, wo du nicht erfrierst und nass regnest“, hörte Reita sich dann plötzlich sagen und war selbst ganz erschrocken darüber. Warum um Himmels Willen schlug er einem völlig Unbekannten so etwas vor? Dieser schaute ihn auch so überrascht und misstrauisch an, dass er sofort rot wurde. Wer weiß, was der sich gerade ausmalte, was er für Hintergedanken hatte. Trotzdem nickte der andere nach ein paar Sekunden Bedenkzeit langsam. Gemeinsam gingen sie unter dem großen Regenschirm zurück zu Reitas Wohnung, wo er dem Braunhaarigen ein Handtuch gab. Die nassen Klamotten hängten sie zum Trocknen über die Heizung, der Unbekannte hatte Ersatzsachen in seinen Taschen. Beinahe schweigend, nur ab und zu ein wenig belangloses Zeug redend, tranken sie einen heißen Becher Tee. Nur etwas erstaunte Reita. Als sein Besucher neugierig eine Runde durchs Wohnzimmer drehte und alles betrachtete, blieb er an einer Stelle fast zehn Minuten stehen und besah sich ein Bild von ihm, ein Kinderfoto. Das verstand er nicht, doch machte er sich keine weiteren Gedanken darüber. Im Übrigen würde er den Besuch dieses jungen Mannes bereits einige Monate später vergessen haben und nicht mehr daran denken. Genauso wie seinen Namen, nach dem er aus Höflichkeit fragte, als der andere sich bedankt hatte und dabei war zu gehen. „Kouyou“, antwortete dieser knapp. Die obligatorische Gegenfrage nach seinem Namen stellte er nicht. Er nickte ihm lediglich noch einmal freundlich zu, sagte „auf Wiedersehen“ und zog die Tür hinter sich ins Schloss. „Uruha!“ Mit einem Mal saß Reita senkrecht und mit schreckgeweiteten Augen im Bett. Was war das denn für ein Traum gewesen? Krampfhaft versuchte er die eben gesehenen Bilder festzuhalten und langsam, ganz langsam erinnerte er sich. Das, wovon er eben geträumt hatte, war wirklich geschehen. Wie alt war er da gewesen? Auch ohne zurückzurechnen, war er sich innerhalb weniger Sekunden sicher, dass er 21 Jahre alt gewesen sein musste, genauso wie Uruha. Es konnte nicht anders sein, dieser Tag musste einfach der Tag gewesen sein, an dem Uruha zu Hause bei seinen Stiefeltern rausgeflogen war, kurz nach seinem 21. Geburtstag. Reita selbst hatte diese flüchtige Begegnung im Laufe der Zeit vollkommen vergessen. Sie hatte für ihn damals keine Bedeutung gehabt, außerdem sah Uruha damals mit den längeren braunen Haaren ganz anders aus als heute in blond. Die Tatsache, dass sie sich tatsächlich schon einmal gesehen hatten, bevor der andere vor einiger Zeit plötzlich in seiner Küche gestanden hatte, verblüffte Reita für einige Minuten so sehr, dass er nicht mehr klar denken konnte, bis es ihm plötzlich wie Schuppen von der Augen fiel und er sich mit der flachen Hand vor die Stirn schlug. Deswegen hatte Uruha also gewusst, wo er wohnte! Und…- dieser Gedanke kam ganz plötzlich und unvermittelt mit leiser Stimme - …hatte der Blonde ihn möglicherweise sogar deswegen ausgewählt? Wegen einer winzigen Begebenheit, die bereits mehrere Jahre zurück lag? Es kam ihm selber unwahrscheinlich vor, dass sich einem Menschen eine kleine Nettigkeit, die er von einem Fremden erfahren hatte, so ins Herz brannte, dass er Jahre später zurückkehrte, in der Hoffnung, erneut freundlich behandelt zu werden. Und doch…wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann musste er zugeben, dass Uruha zeitweise so verzweifelt wirkte, als würde er sich nach jeder Zärtlichkeit, die er kriegen konnte, nur so verzerren. Aber das Foto, fiel ihm plötzlich ein, das Foto, was Uruha in seinem Traum so ausgiebig betrachtet hatte…war er dort zusammen mit seinem Vater zu sehen? Vielleicht war es ja auch so gewesen, dass der andere auf diesem Wege per Zufall herausgefunden hatte, dass er der Sohn des Mannes von der Bank war, der ihm so viel Leid zugefügt hatte und später war er einfach zurückgekommen, um sich zu rächen. Reita raufte sich die Haare. Es war beides möglich! Seit er Uruha aus der Wohnung geworfen hatte, war sein Zorn auf ihn immerhin so weit verflogen, dass er wieder klar denken konnte und nun abwog, welche Möglichkeit wahrscheinlicher war. Irgendwo in seinem Innern hoffte er sogar, dass er sich täuschte, dass der andere nicht vorgehabt hatte, sich an ihm stellvertretend für seinen Vater zu rächen. Aber andererseits wollte er auch nicht zugeben müssen, dass er einen Fehler gemacht und voreilige Schlüsse gezogen hatte. Tief seufzend sah er zur Uhr. Es war sieben Uhr am Morgen. Schlafen würde er jetzt eh nicht mehr, dazu war er zu aufgewühlt, also konnte er besser gleich aufstehen. Doch er sollte nicht einmal mehr dazu kommen, in Ruhe zu frühstücken, denn von einer Minute auf die andere überschlugen sich plötzlich die Ereignisse und rückten alles in ein völlig neues Licht. Genau in dem Moment, als er die Kaffeemaschine einschalten wollte, klingelte es Sturm an seiner Wohnungstür. Es war Aoi, der davor stand, und er war ganz offensichtlich gerannt, denn er brauchte eine Weile, bevor sich seine Atmung soweit beruhigt hatte, dass er sprechen konnte. „Reita!“ brachte er schwer keuchend hervor. „Du musst sofort mitkommen, schnell!“ „Was-?“ – „Uruha ist im Krankenhaus! Auf der Intensivstation!“ erklärte der Schwarzhaarige hastig, während er den anderen dazu drängte, seine Schuhe anzuziehen und ihm so schnell wie möglich zu folgen. „Es war purer Zufall, dass ich es erfahren hab. Sie wussten nicht, wen sie benachrichtigen sollten, er hat ja keine Familie, aber eine der Krankenschwestern, die heute Morgen Dienst haben, kennt ihn und mich. Sie hat mich angerufen. Er ist schon gestern eingeliefert worden! Verdammt, Reita, jetzt komm endlich!“ „Was genau ist denn mit ihm?“ fragte der Blonde ängstlich, als sie nebeneinander die Treppen hinunter rannten. „Alles Mögliche“, gab Aoi zur Antwort. „Die Alkoholvergiftung ist noch das Geringste. Anscheinend war er bei seinen Stiefeltern zu Hause und ist da vom Balkon gestürzt. Er hätte tot sein können! Die Krankenschwester hat mir erzählt, dass sein Stiefvater, der den Krankenwagen gerufen hat, getobt hat, weil die halbe Einrichtung seines Hauses in Schutt und Asche lag. Ich hab keine Ahnung, wie Uru das ganz alleine geschafft hat. Jedenfalls hat man mir gesagt, dass sein Zustand kritisch ist, er hat sich wohl so einiges gebrochen, aber Genaueres weiß ich auch noch nicht. Ich bin nach dem Anruf sofort zu dir.“ Sie hatten inzwischen die U-bahnstation erreicht. Die anderen Wartenden schauten sie neugierig an, wie sie erschöpft von ihrem schnellen Lauf erst einmal zu Boden sanken und dort sitzen blieben. „Verdammt noch mal, wieso hat bloß keiner von uns ein Auto!“ fluchte Aoi laut und kaute nervös auf seinem Daumennagel. Er schien nachzudenken, doch nach ein paar Sekunden sah er Reita geradewegs ins Gesicht und sagte: „Du…da ist noch etwas. Deshalb hab ich dich geholt. Sie sagten mir am Telefon, dass man nicht wisse, ob er…ob Uruha von diesem Balkon gefallen ist oder ob er mit Absicht gesprungen ist.“ Reitas Kopf ruckte nach oben. Geschockt sah er Aoi an, suchte nach einem Zeichen dafür, dass das ein Scherz war. „Aber warum…sollte er…“ Seine Stimme brach mitten im Satz ab, doch Aoi wusste auch so, was er sagen wollte. „Ich weiß es nicht, aber wenn es stimmt, dass er sich umbringen wollte, dann bin ich mir sicher, dass es etwas mit dir zu tun hat, Reita. Du hast ihn nicht gesehen, nachdem du ihn rausgeworfen hast, du hast ja keine Vorstellung davon, wie fertig und verzweifelt er war. Wenn es eine Person gibt, die Uruha jetzt helfen könnte, dann bist du das.“ Aoi sagte das so bestimmt, dass er nicht zu widersprechen wagte. Als sie wenige Sekunden später endlich in der U-bahn saßen, war sein Kopf wie leer gefegt. All diese Dinge, über die er sich am Morgen noch Gedanken gemacht hatte, waren plötzlich vollkommen bedeutungslos. Was zählte es jetzt schon, ob Uruha sich tatsächlich hatte rächen wollen oder nicht? Angesichts der Tatsache, dass der Blonde vielleicht sogar im Sterben lag, während er in der Bahn saß und auf dem Weg zu ihm war, erschien ihm das alles nicht mehr wichtig. Das einzige, was ihn noch interessierte, war, dass der andere am Leben blieb. In diesen Minuten voller Sorge und Angst war es Reita unmöglich, seine wirren Gedanken zu ordnen, aber bei all dem Chaos in seinem Kopf begriff er dennoch eines ganz eindeutig: Er wollte Uruha nicht verlieren, weil er sich schon längst in ihn verliebt hatte. Er hatte sich das nie wirklich eingestehen wollen, aber es ließ sich nicht leugnen: Er liebte Uruha. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)