Verzweiflung, Trauer und ein klein wenig Hoffnung von Kyo-chi ================================================================================ Kapitel 2: Auch wenn du mich hasst: Es tut mir leid --------------------------------------------------- Mit einem tiefen Seufzen, welches zugleich Unmut und Angst widerspiegelte, schob er seine letzte Tasche in den kleinen Wagen, in welchem schon seine drei anderen Reisetaschen verstaut waren. Danach schloss er den Kofferraum, hängte sich seine Umhängetasche, die noch immer auf dem kalten Betonboden lag, um und drehte er sich noch einmal herum, betrachtete das große Gebäude hinter sich. Es war schön hier, so relativ. Jedenfalls schöner, als ich es mir vorgestellt hatte. Alle waren nett zu mir und haben sich wirklich um mich gekümmert. Aber es wird Zeit von hier zu verschwinden. Er stieg in das Auto ein und ließ sich auf der Rückbank nieder, rutschte so tief in die Sitze, wie es nur ging. Kurz bevor der Fahrer den Motor startete, blickte der kleine Schwarzhaarige noch einmal zu diesem, nannte ihm nach wenigen Sekunden die Adresse, zu der er wollte. Der Fahrer nickte lediglich, fuhr schließlich los. Was du wohl sagen wirst, wenn ich wieder zurückkomme? Sicher hasst du mich jetzt. Immerhin habe ich dich einfach zurückgelassen und nichts gesagt. Nur den anderen. Aber dir, meinen besten Freund, habe ich gar nichts gesagt, bin einfach abgehauen. Was war er doch für ein Ekel. Nicht ein Sterbenswörtchen war vor fast sechs Monaten über seine Lippen gekommen. Auch nicht, als er sich von seinem Freund verabschiedet hatte, ihm einen kurzen Kuss auf die Wange gehaucht hatte. Und auch nicht, als der Rotschopf ihn mit den Worten „Bis morgen“ verabschiedete. Er biss sich auf die Unterlippe. Ich bin so dumm. Warum hab ich dir nur nichts gesagt? Ja, warum... Weil ich nicht wollte, dass du mir folgst, dass du mich in einem so erbärmlichen Zustand siehst. Es hat schon gereicht, dass du von den Depressionen wusstest. DAS musste ich dir nicht auch noch sagen. Er blickte aus dem Fenster, betrachtete den dunkelroten Himmel und die Sonne, die langsam vom Horizont verschwand. Wie er diesen Anblick doch liebte. Mit seinem Freund hatte er immer die Sonnenunter- und Sonnenaufgänge betrachtet. Nicht jeden Tag, aber so oft es ging. In den letzten Monaten konnte ich das nicht. Und ob du weiterhin jeden Morgen früh aufgestanden bist, um die Aufgänge zu betrachten? Ich denke eher nicht. Das würde dich nur an mich erinnern und das wolltest du sicher nicht. Nachdem ich einfach so weggegangen bin, hasst du mich sowieso. Er blickte auf seine Uhr. Noch eine Viertelstunde, dann würde er wieder zu Hause sein. Jedoch nicht bei sich, sondern bei seinem besten Freund. Oder besser: ehemals besten Freund. Er wollte ihn als Ersten besuchen, sich entschuldigen und hoffen, dass er ihm verzeihte. Auch, wenn er dies nicht glaubte. Er hatte ihn verletzt und das nicht nur einmal. Schon früher hab ich dir nur Ärger bereitet und öfters meine Depressionen an dir ausgelassen. Du hast zwar immer so getan, als würde es dich nicht stören, mich beruhigt und später umarmt, aber das war auch nur geheuchelt. Du kannst mir nicht weißmachen, dass es dich nicht gestört hat. Er wuschelte sich kurz durch seine schwarzen Haare, versuchte sie wieder ein wenig zu richten. Vorhin hatte er kaum Zeit dafür gehabt. Anschließend konzentrierte er sich wieder auf alles, was neben dem Auto geschah. Er betrachtete die anderen Autos, die von ihnen überholt wurden, die vielen Bäume am Straßenrand und den Himmel, der sich langsam dunkelblau färbte. Hoffentlich bist du noch wach, sonst muss ich es mir bis morgen im Wohnzimmer auf der Couch gemütlich machen. Und dir werde ich einen Schock für dein ganzes Leben verpassen, wenn du aufstehst und mich siehst. Er schaute erneut auf seine Uhr. Gleich war er wieder zu Hause, in seinem wirklichen Zuhause. Nicht bei sich, sondern bei seinem Freund. Schon hielt der Wagen an und der Fahrer und er stiegen aus. Für einen Moment tat er gar nichts, außer den Wohnblock vor sich zu mustern, den er mit so viel Gutem verband. Doch schließlich wandte er sich ab, trug zusammen mit dem Fahrer die ganzen Taschen in den zweiten Stock. Ich weiß, du wirst mir nicht verzeihen, aber es tut mir wirklich leid. Ich hätte es dir vielleicht doch sagen sollen. Du hast bestimmt nur von den anderen erfahren, dass ich weggegangen bin und warst danach unendlich verletzt und traurig. Aber jetzt ist es eh zu spät. Nun bin ich wieder da. Er drückte dem Fahrer sein letztes Geld, welches er sich aufgehoben hatte, in die Hand. Der Mann zählte es schnell durch, verschwand danach mit einem glücklichen Lächeln. Er jedoch griff nach dem Zweitschlüssel, den er immer bei sich trug, schloss leise auf und betrat die Wohnung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)