Rost in Space von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 12: ------------ „PartyPartyPartyPARTY“ „hide, kann es sein, dass Du irgendwie gute Laune hast?“ „Wer schwer arbeitet, der soll auch schwer feiern. DAS haben wir uns ja wohl voll verdient. Also, ich werde mich betrinken, bis ich nicht mehr stehen kann, und ich ess´ die ganze Sahnetorte alleine und ich will Luftschlangen und Chips und einen Porno. Tröööt“ Zwar war niemandem klar, von was für einer Sahnetorte hide da redete, aber eigentlich interessierte es auch niemanden. Man wartete auf Toshi, dem, weil er ja nun der Frontman und zukünftige Star der Band war, die erste Dusche mit unbegrenztem Heißwasser zustand. Nur mit einem Handtuch und Pantoffeln bekleidet und tropfenden Haaren betrat er eine halbe Stunde später die Kombüse. Seine Freunde, die das Trinken dem Umkleiden vorgezogen hatte, kippten eine unbestimmte, dafür aber hochprozentige Flüssigkeit aus alten Wasserbechern in sich hinein. Das Zeug schien seine Wirkung zu tun. Pata mit Gitarre und Yoshiki grölten bereits ein altes chinesisches Volkslied. „Taiyang wo zai zheli“ wiederholten die beiden immer und immer wieder. Mehr schienen sie von dem Text nicht zu kennen. hide versuchte derweil, die beiden erfolglos zu überreden, doch das andere Lied zu singen, das mit dem roten Tuch. Taiji hatte seinen Job dem Autopiloten überlassen und beschäftigte sich damit, die alkoholische Flüssigkeit mit anderen Flüssigkeiten zu mischen und das Ergebnis einem Geschmacks- und Wirkungstest zu unterziehen. Toshi hatte sich kaum auf dem Spinnennetzsofa niedergelassen und den ersten Schluck durch seine Kehle rinnen lassen, als durch den Lautsprecher eine Stimme dröhnte. „Raumfahrtkontrolle. Verringern sie ihre Geschwindigkeit, docken sie an unser Schiff an und halten sie die Papiere bereit. Andernfalls sind wir berechtigt, direkt das Feuer auf sie zu eröffnen“ Taiji, leicht angenevrt, weil er seinen so sorgsam vorbereiteten Test auf einen späteren Zeitpunkt verschieben musste, stiefelte aus dem Raum. Zwei drei Minuten vergingen, Taiji kam nicht zurück, stattdessen standen plötzlich vier schwer bewaffnete Männer in voller Kampfmontur in der Tür der kleinen Kombüse. „Da haben wir ja die restlichen Früchtchen“ sprach der eine von ihnen, anscheinend der Ranghöchste in der Gruppe, hatte er doch zwei Schulterstreifen mehr als die anderen. „ Andou, überprüfen sie die Identität der Verdächtigen“, wandte er sich an einen seiner Begleiter. Andou warf einen Blick auf sein e-brain. „Cheffe, das könnten die Verdächtigen sein, nur der eine da“, er deutete auf Toshi, „ der sieht irgendwie nicht so aus.“ „Er könnte sich bereits umgezogen haben. Überprüfen!“ war die Antwort seines Vorgesetzten. Der Uniformierte ging zu Toshi hinüber, nahm sein Handgelenk und fuhr mit einem Scanner darüber. „Cheffe, der Name dieses Mannes ist Deyama Satoshi, nicht Toshimitsu; das Geburtsdatum ist aber das Gleiche.“ „Vermutlich der Zwillingsbruder. Mist, dann hat der andere sich schon abgesetzt. Die anderen- verhaften. Die werden uns schon verraten, wo dieser Toshimitsu ist.“ Halt bloß Dein Maul- Patas Blick war eindeutig in seiner Aussage, Toshi verstand ihn. Bei nächster Gelegenheit musste er sich bei Taiji dafür bedanken, dass er sich irgendwann irgendwo mal wieder nicht an seinen richtigen Vornamen erinnert hatte. Mit erschreckender Präzision gingen die Raumfahrkontrolleure ans Werk und so dauerte es keine Minute bis Yoshiki, Pata und hide gefesselt und aus der Kombüse geführt waren. Toshi trabte hinter der Gruppe her, versuchte gleichzeitig mit ihr Schritt zu halten und sein Handtuch nicht zu verlieren. „ Hallo, hey, Moment mal. Was soll das denn? Warum verhaften sie meine Freunde? Wo bringen sie sie hin? Was soll ich nun machen? Ich kann doch nicht mal ein Raumschiff fliegen.“ Abrupt blieb der Anführer der Gruppe stehen und drehte sich zu dem dreiviertel nackten Toshi um. „Was glaubst Du, was es mir am Arsch vorbeigeht, was Du kannst oder nicht. Und wenn Du wissen willst, warum wir diese verkommenen Subjekte verhaften, schau doch auf gww.verbrecherkartei.gal. nach.“ Mit diesen Worten verschwand er in seinem eigenen Raumschiff, die Tür schloss sich hinter ihm und alles, was Toshi blieb, war die Kälte, die sich langsam den Weg in seine Knochen bahnte. Hier mitten im Gang konnte er wohl kaum stehen bleiben, also machte er sich auf den Weg ins Cockpit, immerhin war er ja jetzt -in Ermangelung anderer Personen- so etwas wie der Kapitän des Schiffes. Er setzte sich in Taijis Sitz, unter anderen Umständen wäre so eine Aktion mit einem Hieb auf den Hinterkopf und einem „Ey, Abmarsch!“ quittiert worden. Aber es war niemand da, der ihn hätte anmotzen können. Niemand war da, dessen Gekochtes immer nur nach Schmorgurken schmeckte, niemand, der einen nicht nervte, wenn man mal in Ruhe ein Bier trinken wollte und Yoshiki fehlte ihm auch. Es war kaum eine viertel Stunde her, dass seine Freunde verhaftet worden waren und er vermisste sie schon. Mal ganz davon abgesehen, dass er sich sorgte. Er wollte gar nicht darüber nachdenken, was man mit seinen Freunden anstellen mochte, aber er tat es trotzdem, einfach, weil er nicht anders konnte. Er konnte nur hoffen, dass die Realität nicht so grausam war wie seine Phantasie, sonst- und dessen war er sich einhundertprozentig sicher- würde er keinen der vier jemals lebendig wieder sehen. Er war allein und fühlte sich schrecklich. Etwas streichelte sein Bein. Toshi sah hinunter und blickte in acht tränenverschommene Augen. Thekla gab ein paar Laute von sich, die wie „Hrqschreejblkm“ klangen und wohl „wo ist der rothaarige Dosenöffner?“ bedeuten sollte. Toshi hob die genetisch verunstaltete Webspinne auf seinen Schoß und kraulte sie. Anstelle der üblichen kleinen Seifenblasenherzchen gab Thekla nur einige klägliche, dunkelgraue Minibläschen von sich. Hatte die Spinne etwa verstanden, was hier gerade passiert war? Obwohl Toshi Arachnoiden nicht gerade für vernunftbegabte Tiere hielt -schließlich hatte hide ihm auch mehr als einmal versichert, dass Thekla zu den mental herausgeforderten gehörte- hatte er das Bedürfnis Thekla die Situation näher zu erklären. „Nein, ich weiß nicht, wo hide und die anderen hin sind. Ich weiß auch nicht, was wir jetzt tun sollen. Wir werden sie irgendwie befreien müssen, immerhin sind wir ja eine Band und da muß man schon zusammenhalten. Aber wie? Keine Ahnung, ich weiß ja noch nicht mal, wie man ein Raumschiff bedient. Vielleicht sollten wir mal nach einem Handbuch oder so suchen.“ Thekla zeigte keine Reaktion. Wo würde jemand wie Taiji wohl ein Handbuch für ein Raumschiff hinlegen? Vielleicht in dem kleinen Raum oberhalb des Cockpits, den Taiji häufig als Schlafplatz nutzte. Toshi war noch nie dort oben gewesen, wozu auch, schließlich war er nicht Yoshiki. Wenn er sich auf den Stuhl stellen würde, wäre es überhaupt kein Problem, den Verschlag zu öffnen und sich hinaufzuziehen. Sein Blick ruhte auf der Klappe über ihm. Da stand doch etwas. Er konnte es nicht genau entziffern und beschloss bei nächster Gelegenheit, einen Augenarzt aufzusuchen. Wohl oder übel musste sich Toshi auf den Stuhl stellen, um zu sehen, was auf das Metallschild an der Klappe eingraviert war, seine Neugier war einfach zu groß. Kein Wunder das er das nicht entziffern konnte, das war Arabisch. Toshi sah sich um. Irgendwie war hier alles in Arabisch beschriftet. Warum war ihm das nur zuvor nie aufgefallen? Warum in aller Welt kaufte sich ein Japaner ein arabisch beschriftetes Raumschiff? Taiji mag ja seine Gründe gehabt haben, vielleicht konnte er dieses Geschnörkel sogar lesen, aber das half Toshi jetzt auch nicht weiter. Ein Handbuch würde ihn aller Wahrscheinlichkeit also auch nicht weiterbringen. Also blieb nur eins. Er musste versuchen, sich zu erinnern, was Taiji oder auch Pata gemacht hatten. Wenn er sich recht erinnerte, gab es auch einen Autopiloten. Toshi drückte auf ein paar Knöpfe, zog an ein paar Hebeln, aber nichts passierte, außer dass hin und wieder ein verdächtiges Quietschen aus den Tiefen des Raumschiffs kam. Er versuchte es sogar mit Audioaktivierung, aber auch ein „Raumschiff flieg!“ führte nicht zum gewünschten Erfolg. Er hätte sich selbst noch zwei oder drei Versuche zugestanden, als ein Brummen das komplette Schiff erfüllte, das verdächtig an ein Motorengräusch erinnerte. Geduld führte also auch zum Ziel. Wenn er jetzt noch Gas geben würde, müssten sie früher oder später auf irgendjemanden treffen, der ihm helfen könnte. Toshi drehte den schwarzen Knopf auf der rechten Seite auf 3. Nichts passierte. Der Hebel direkt daneben sah auch nicht schlecht aus. Er zog sanft daran. Das Raumschiff machte einen Sprung nach vorne und raste dann los. Toshi wurde in seinem Stuhl nach hinten gedrückt und schaffte es gerade noch, eines von Theklas Beinen festzuhalten, bevor sie an die Wand geschleudert wurde. Wie bei einem wilden Ritt auf der Achterbahn schoss das Raumschiff durch das All. Allerdings etwas unkontrollierter, mit dem Effekt, das Toshis Fahrt nicht dort endete, wo sie begonnen hatte. Das kleine, rot blinkende Tankkanistersymbol auf dem Bildschirm kündete davon, dass das Raumschiff ab nun nur noch durch die Weiten des Alls treiben würde. Toshi versuchte, sein laut klopfendes Herz unter Kontrolle zu bringen. Wo war er? War er durch ein Raumsprungtor geschossen? Er hatte nicht darauf geachtet, war er doch damit beschäftigt, die zitternde Thekla zu beruhigen, die sich an seinem Arm festklammerte und sich permanent übergab, und alle Götter, die ihm einfielen in allen Sprachen, die er kannte, um sein Leben anzuflehen. Jetzt saß er an einem völlig unbekannten Punkt im Universum, versuchte sich nicht zu übergeben- der Geruch von Buttersäure und Kräuterlikör, der aus der Spinnenkotze hochstieg, war ekelerregend- am liebsten hätte Toshi losgeheult. „Thekelchen, was sollen wir denn jetzt machen? Ich glaube, jetzt haben wir einen echten Notfall.“ Aber anstatt Trost zu spenden, wie man es von einem Haustier in dieser Situation erwartet, sprang Thekla von seinem Schoß und rannte aus dem Cockpit. „Ja, verlass mich auch noch“, rief Toshi ihr hinterher. Er sah aus dem Bullauge in das unendliche Schwarz des Weltalls. Wie kamen sie hier nur jemals wieder weg? So weit das Auge blickte, gab es nichts außer Dunkelheit, durchzogen von einigen blinkenden kleinen Sternen, die aber zu weit entfernt waren, um sie innerhalb der nächsten Jahre zu erreichen. Etwas kitzelte sein Bein. Thekla war zurückgekehrt, hechelte ihn an wie ein Hund und wenn sie einen Schwanz gehabt hätte, hätte sie garantiert damit gewedelt. Zwischen ihren beiden vordersten Beine klemmte eine kleine blaue Dose. Woher hatte die Spinne davon gewusst? Toshi beschloss, die Frage auf später zu verschieben, denn er erwartete von seiner momentanen Begleiterin keine erschöpfende Antwort. Öffne die kleine blaue Dose erst im absoluten Notfall- kamen ihm die Worte seiner Großmutter in den Sinn. Na, wenn das hier kein absoluter Notfall war, was denn dann? „Thekelchen, ich könnte dich küssen“ quietschte Toshi vor Freude, überlegte sich das mit dem Kuss aber noch mal, als er sah, wie Thekla den Boden vollsabberte. Er knuddelte sie stattdessen auf dem Kopf. Die Blasen, die sie daraufhin von sich gab, waren schon ein wenig besser als die einige Minuten zuvor, immer noch grau und mickerig, aber man konnte schon eine Herzform erahnen. Behutsam zog Toshi die kleine blaue Dose zwischen Theklas Beine hervor und öffnete sie behutsam. Eichhörnchentoffees – die gab es nur in der „Allerlei-Welt-Süigkeiten“- Confiserie. Waren die etwa von…? Ja, sie waren, wie Toshi von dem kleinen Zettel erfuhr, der zwischen den Toffees klemmte. Denk an mich und komm vorbei, wenn Du mal wieder in Tokyo bist. Ich vermisse Dich Ayaka P.S. Du hättest Dich ruhig verabschieden können. Ayaka – sie hatte ihn also nicht vergessen. Sie wartete auf ihn und er hockte hier nahe dem Vergessen. Neben seinen verhafteten Freunden war das noch ein weiterer Grund, so schnell wie möglich diesen ungastlichen Ort zu verlassen. Nur wie? Toshi stopfte sich einen Toffee in den Mund. Süßigkeiten halfen ihm meistens beim Denken. Wenn er hier irgendwie aus eigener Kraft weg wollte, musste er sich etwas einfallen lassen. Sowohl als Techniker als auch als Pilot hatte er bewiesener Maßen kläglich versagt. Was also konnte er, wo lagen seine Fähigkeiten? Er stopfte sich ein weiters Toffee in den Mund und fütterte Thekla auf seinem Schoß mit einem anderen Stück. Sollte sie doch kotzen, wenn sie es nicht vertrug. Das ganze Cockpit war so wie so schon mit halbverdautem Dosenfutter verschmiert und das Reinigen würde bestimmt drei Tage in Anspruch nehmen. Ein bisschen Erbrochenes mehr oder weniger störte Toshi jetzt auch nicht mehr. Also, Putzen, da lag eindeutig eine seiner Stärken. Seit die anderen es geschafft hatten, ihm die meiste Dreckarbeit anzudrehen, war er darin richtig gut geworden, aber er bezweifelte, dass er sich bis zum nächsten Flecken menschlicher Zivilisation wischen konnte. „Mach doch auch mal einen Vorschlag. Du sitzt auch nur hier ´rum, sabberst und frisst mir meine Eichhörnchen-Toffees weg.“ Toshi sah dem pinken Spinnentier dabei zu, wie sie sich weitere Toffees aus der Dose fischte. „Wklkdmmmbvafgh“ erwiderte die Spinne. „Auch noch Widerworte geben. Wieso unterhalte ich mich eigentlich mit Dir?“ Weil Du es kannst, sprach eine Stimme in seinem Inneren. Natürlich- das war es. Ich bin Sänger, ich kann meine Stimme benutzen. Er suchte den Notrufsendeknopf, rot musste er sein, mit eingebautem Mikrofon und drei Buchstaben darauf. Es dauerte einige Zeit, dann wurde Toshi fündig. Aus seiner Erinnerung tauchte dunkel die Erinnerung daran auf, dass die drei Buchstaben auf dem Notruf eine englische Abkürzung waren. Musste man dann einen Notruf auch in dieser toten Sprache senden? Er nahm sich Patas e-brain von der Konsole, glücklicherweise hatte sein schweigsamer Freund es nicht für nötig befunden, seinen PC nach der Benutzung herunterzufahren. Er gab seinen Text ein und wartete auf die Übersetzung. Toshi drückte den Notrufsendknopf, beugte seinen Kopf ein wenig herunter, um näher an das Mirko heranzukommen und begann zu sprechen. „S.O.S. , Herupu,herupu! Mi…“, er warf einen Seitenblick auf die genetisch aufgepeppte Spinne neben sich, „…wi bi rostu in spacu.“ Ende? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)